Peter Femfert: Rede zur Eröffnung der Ausstellung

Peter Femfert
Rede zur Eröffnung der Ausstellung
Nummeriert und handsigniert.
Ausgewählte Graphik und Skulptur
DIE GALERIE, Frankfurt am Main
25. Januar 2017
Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Freunde von DIE
GALERIE,
es fing alles damit an, dass ich es als Manager eines
amerikanischen Unternehmens leid war, in diesem
Haifischbecken des Turbokapitalismus zu schwimmen und
mich deshalb entschloss, 1978 ein Sabbatical Jahr zu
nehmen. Während ich also durch Asien trampte und später
Teile des Pazifiks durchsegelte, kam mir die Idee mit Kunst;
schließlich war dies schon vorher eine Passion für mich und
ich hatte privat das eine oder andere Mal Graphiken ediert.
Ich fand einen Partner, der Verbindungen zu Künstlern hatte
und seinerseits einen marketingorientierten Partner suchte,
und so gründeten wir 1979 DIE GALERIE. Gemeinsam
entwickelten wir die Idee Kunst für alle, also Editionen mit
hoher Auflage, um so die Stückkosten zu senken und mit
sehr günstigen Verkaufspreisen neue, vorher von
zeitgenössischer Kunst nicht beleckte Kunden zu finden. Ein
Konzept, welches besonders einem Künstler sehr entgegen
kam, dessen Interesse es immer war, alle Menschen mit
seiner Kunst anzusprechen und zu begeistern: Friedensreich
Hundertwasser. Er war sozusagen der Gegenentwurf zu
einem elitären Künstler. Ich hatte Hundertwasser einige
Jahre vorher im Hafen von Granada in der Karibik
kennengelernt, ich als Skipper auf einem gecharterten
Segelschiff, er als Kapitän auf seiner Regentag, einem
ehemaligen Salzfrachter aus Venedig, den er restauriert
hatte, und nun war er auf der Überführung seines Schiffes
von Italien über den Atlantik, in die Karibik, durch den
Panamakanal nach Neuseeland, wo er sein Paradies in der
Bay of Islands gefunden hatte.
Mich dieser Bekanntschaft mit Hundertwasser erinnernd,
habe ich 1979 direkt Kontakt aufgenommen und bald danach
verabredeten wir eine erste Edition miteinander. Aber auch
andere Künstler ließen sich begeistern von der Idee Kunst für
alle, weil wir bereit waren, nicht unerhebliche Honorare zu
bezahlen, und mit einem hohen Werbeaufwand eine große
Distribution stemmen konnten, was seinerseits wieder mit
der Vergrößerung des Bekanntheitsgrades eines Künstlers
einherging.
Das waren die Anfänge von DIE GALERIE. Ich habe dann
mehr als zehn Jahre lang insgesamt über 350.000 Graphiken
ediert und auch verkauft, anfänglich tatsächlich in Auflagen
von jeweils 10.000 Exemplaren, nummeriert und
handsigniert – sehr zum Ärger der Kollegen aus dem
traditionellen Handel –, später dann in kleineren Editionen
von nur noch 999, die sich im Laufe der Jahre allerdings dann
auch noch auf maximal 100 Exemplare reduzierten. Ich
könnte viele schöne Geschichten erzählen, wie Künstler und
Verleger gemeinsam eine solche Editionen bewerkstelligt
haben: Mit Valerio Adami zum Beispiel fuhr ich in die
Druckerei nach Dielsdorf bei Zürich, dort, wo sein
Originallitho vom Stein gedruckt wurde, genauso wie es der
Offenbacher Alois Senefelder 1796 entwickelt hatte, also das
Flachdruckverfahren vom Solnhofer-Schiefer, einem
speziellen Stein, der von den Künstlern so bearbeitet wurde,
das bestimmte bemalte Bereiche die Farbe annahmen und
andere diese abstießen. Allein das Procedere der Signierung
und Nummerierung dauerte Tage. Ich hatte uns einen
Kassettenrekorder gekauft, dazu zwei Sets an Kopfhörern
und Beethovens Neunte sowie Fidelio. Valerio saß am Tisch
vor mir und hatte den Stapel seiner Originallithographien vor
sich, er signierte und ich zog Stück für Stück das signierte
Blatt vor ihm weg auf den Stapel bei mir. Dazu hörten wir die
wunderbare Musik von Beethoven, während der drei Tage
langen Signatur, bestimmt jeweils dreimal.
Eine andere schöne Geschichte ist die von Esteban Fekete,
einem Holzschnittmeister, mit dem wir ebenfalls eine
10.000er Graphikauflage edierten, in diesem Fall einen
Originalholzschnitt. Nie hatte eine Druckerei einen
Holzschnitt in dieser Auflagenhöhe bewerkstelligt, nicht
einmal zu Zeiten von Albrecht Dürer, aber Esteban sagte
ganz lapidar, macht nichts, wenn der Holzstock bricht, dann
fertige ich einfach einen neuen. Aber tatsächlich, der
Holzstock hielt die gesamte Auflage. Holzschnitttechnik ist
ein Hochdruckverfahren, so wie wir früher in der Schule
Linolschnitte gemacht haben.
Mit Klaus Böttger, einem Wiesbadener Künstler haben wir
Radierungen ediert und auch hier hat die Kupferplatte
durchgehalten. Bei einer Auflage von 10.000 Exemplaren.
Allerdings mehrmals verstählt. Die Radierung ist ein
Tiefdruckverfahren, d.h. die Kupferplatte wird eingefärbt und
anschließend abgewischt und die Farbe in den vom Künstler
in die Kupferplatte gekratzten Furchen wird mit hohem
Druck auf das Papier gedrückt.
Hier in unserer Ausstellung haben wir nicht nur 38 Künstler,
sondern auch alle Techniken, die in der Originalgraphik
verwendet werden: Originallithographie, Radierung in allen
Varianten, Holzschnitt und Serigrafie. Hundertwasser zum
Beispiel benutzte verschiedene Techniken gleichzeitig für
eine Graphik, Lithographie für den Hintergrund, Serigraphie
für die kräftigen, deckenden Farben und schließlich auch
Metallfolie für seine speziellen, reflektierenden oder
leuchtenden Effekte. Er arbeitete immer mit den besten
Könner eines Fachs zusammen, seine Holzschnitte zum
Beispiel realisierte er mit japanischen Meistern, deren
Druckstempel dann auch auf Hundertwassers Graphik
Aufnahme fanden.
Die Originalgraphik ist erfunden worden, um tatsächlich
Bildwerke und Kunst einem größeren Kreis von Menschen
zugänglich zu machen. Seit Gutenberg in Büchern, später als
eigenständige Kunstrichtung, immer im Gegensatz zur
Unikatkunst, zu der Zeichnung, dem Aquarell oder der
Gouache auf Papier. Albrecht Dürer hat seine Betenden
Hände von verschiedenen Platten gedruckt, immer wenn die
Vertiefung in der Kupferplatte abgenutzt war, hat er schnell
eine neue radiert. Es gibt einen Brief von ihm an seine Frau,
er war auf einer Messe und verkaufte seine Blätter, in dem er
sie bittet, schnell weitere Exemplare seiner Radierung zu
drucken, denn die Nachfrage sei so groß.
Holzschnitt, Linolschnitt und Radierung sind die zuerst
erfundenen Drucktechniken, die Lithographie und dann auch
die Serigraphie kamen später dazu. Alle diese Techniken
haben sich zu eigenständigen Ausdrucksformen entwickelt
und große Meister der Kunst haben diese perfektioniert.
Toulouse Lautrec zum Beispiel hat sein Blatt Mademoiselle
Lender, auch schon in hoher Auflage, ich glaube es wurden
3000 Exemplare, gedruckt und damals der Zeitschrift Pan
beigelegt. Der Chefredakteur verlor auf Grund dieser
„frivolen“ Beilage allerdings seinen Job.
Die expressionistischen Zeitschriften Anfang des 20.
Jahrhunderts hatten Beilagen mit Originallithographien und
mein Großonkel Franz Pfemfert edierte in seiner Zeitschrift
Die Aktion Blätter von Felixmüller zum Beispiel.
Große Künstler wie Picasso und Chagall waren Meister in
ihrer Technik, wobei sie wegen der großen Nachfrage das
Zeichnen auf den Stein nach ihrer Vorlage auch schon das ein
oder andere Mal ihrem Drucker überließen. Die Radierfolge
Suite Vollard von Picasso hat heute einen Wert von zwei bis
drei Millionen Euro und auch Blätter von Edvard Munch, die
Holzschnitte Ernst Ludwig Kirchners aus der Zeit des
Expressionismus oder auch Andy Warhols Marilyns erzielen
hohe Preise im hohen sechsstelligen Bereich.
Ausstellungen mit druckgraphischer Kunst gab es in den
ersten Jahren hier im Grüneburgweg häufiger,
Hundertwasser, Max Ernst, Calder und weitere, in den letzten
Jahren allerdings nur noch sporadisch. Nun holen wir dies mit
einem „Paukenschlag“ nach, in aller Breite und Fülle, mit
über 100 Exponaten. Mit unserer Ausstellung wollen wir
Ihnen einen kleinen Überblick geben über Originalgraphiken
der Künstler, mit denen wir zum Teil seit 37 Jahren arbeiten.
Es ist uns eine Freude, Ihnen hier ein großes Spektrum zu
präsentieren, wundervolle Blätter zum Teil zu günstigen
Preisen, eben weil natürlich bei einer Auflage, sei es 10, 50,
100 oder 1000 Exemplare die Stückkosten niedriger sind.
DIE GALERIE beschäftigt sich heute selten mit Graphik,
aktuell präsentieren wir zum Beispiel auf der BRAFA in
Brüssel Gemälde von Max Ernst, André Masson, allen
Künstlern der CoBrA-Gruppe und als jungen Künstler aus
unserem Portfolio den 75-jährigen Alain Clément. Nur
Unikate. Hier zeigen wir erstmals seit über 25 Jahren ein
anderes Spektrum und ich bin sicher, es wird Ihnen gefallen.