Botschaft von Präsident Jean-Claude Juncker

Europäische Kommission - Erklärung
Botschaft von Präsident Jean-Claude Juncker anlässlich des Tags des
Gedenkens an den Holocaust 2017
Brüssel, 26. Januar 2017
© European Union 2017
In diesem Jahr erinnern wir an den 75. Jahrestag der Wannsee-Konferenz, bei der die Nazi-Führung in
kalter, bürokratischer Präzision die Ermordung der europäischen Juden plante. Je weiter dies
zurückliegt, desto größer ist unsere Pflicht, uns Zeit zu nehmen und uns zu erinnern: "Die Erinnerung
ist zur heiligen Pflicht aller Menschen guten Willens geworden" - dies ist das Vermächtnis, das uns der
Nobelpreisträger Elie Wiesel, der im vergangenen Jahr gestorben ist, mit auf den Weg gegeben hat. Er
selbst hat sein Leben der Aufgabe gewidmet, den Überlebenden der menschlichen Grausamkeit der
Shoa eine Stimme zu verleihen.
Unsere Pflicht wird mit jedem Jahr bedeutender, weil wir mit jedem Jahr weniger Überlebende und
direkte Zeugen des Holocaust unter uns haben. Es ist nun die Verantwortung der jungen Generation,
die Botschaft weiterzutragen, die an Kraft nichts einbüßen darf. Wir werden nie aufhören zu sagen:
"Wir erinnern uns!"
Es ist auch der erste Jahrestag, an dem wir des Holocausts gedenken, ohne dass der frühere deutsche
Bundespräsident Roman Herzog, der kürzlich verstorben ist, anwesend ist. Er war es, der 1996 den 27.
Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus eingeführt hat. Dies hat auch
bewirkt, dass die Vereinten Nationen im Jahr 2005 diesen Tag zum Internationalen Tag des Gedenkens
an die Opfer des Holocaust erklärt haben, in Erinnerung an den 60. Jahrestag der Befreiung des NaziKonzentrationslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 1945.
Die Europäische Union ist ein Projekt, das tief in der Geschichte des europäischen Kontinents
verwurzelt ist und die Pflicht des Erinnerns uneingeschränkt teilt. In diesen schwierigen Zeiten ist
Erinnerung nicht nur ein Rückblick auf die Vergangenheit, sondern auch ein Wegweiser für die Zukunft.
Wir dürfen nicht die gleichen Fehler wiederholen und in die gleichen Fallen tappen, wie damals, als
Diskriminierung und Hass sich verbreiten konnten. Elie Wiesel erkannte, welch gefährliche Samen
durch wachsenden Hass gesät wurden. Er erkannte die Bedrohung dieser neuen Strömung und erhob
frühzeitig – lange vor vielen anderen – seine Stimme gegen Antisemitismus, der sein hässliches
Gesicht – in neuen Formen – wieder in Europa zeigte.
Die Geschichte warnt uns, dass Hass schnell zu Hetze und Gewalt führen kann. Aus diesem Grund hat
die EU es zu ihrer Priorität gemacht, Hass und Hassreden anzugehen – dort, wo sie entstehen. Die
Europäische Kommission hat im Mai 2016 einen Verhaltenskodex mit den größten IT-Unternehmen und
Plattformen sozialer Medien vereinbart, um illegale Hassreden zu überwachen und zu entfernen –
spätestens 24 Stunden, nachdem sie signalisiert wurden. Dies ergänzt die bereits bestehende, von der
Europäischen Kommission durchgesetzte Gesetzgebung, welche Handlungen und Worte kriminalisiert,
die den Holocaust öffentlich billigen, leugnen oder grob trivialisieren.
Besonders heute, wo "fake news" leicht verbreitet werden können, darf es keine Nachlässigkeit
gegenüber Holocaustleugnungen geben. Dies gilt ungeachtet der Form, in welcher diese getarnt sind:
sei es als "harte" Holocaustleugnung, welche abstreitet, dass der Holocaust jemals stattgefunden hat
und welche per Gesetz unter Strafe steht – oder sei es als heimtückische "weiche" Holocaustleugnung,
welche das Ausmaß und den Abgrund des Bösen der Shoa herunterspielt, die Bedeutung des Holocaust
für die heutige Welt infrage stellt oder versucht, den Holocaust durch Verweise auf andere Situationen
zu verharmlosen.
Angesichts des wachsenden Antisemitismus und anderer Formen des Hasses, angesichts des
Wiederauflebens von Vorfällen angestachelt durch Gewalt, ist die Europäische Kommission
entschlossen, Antisemitismus in all seinen Formen zu verhindern und zu bekämpfen sowie
sicherzustellen, dass alle Juden in Europa das Leben führen können, das sie sich wünschen. Europa
wird weiterhin ein Ort des Friedens und der Toleranz sein, wo wir Brücken bauen und wo wir uns
Intoleranz und Diskriminierung widersetzen.
Jean-Claude Juncker
Präsident der Europäischen Kommission
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