Der Pfaffenhofener Ausgabe 1 / KW 4 FREITAG, 27. JANUAR 2017 Preis: gratis! Neue Medien Hungerturm und Bunker Seit acht Monaten regiert Stephan Ligl die Welt der Bücher in der Kreisbücherei Die Stadtführungen erfreuen sich großer Beliebtheit und verzeichnen Gästezuwachs Seite 3 Seite 5 JUBILÄUM Als einzigartiger Kunsttempel feiert das Finanzamt die 50. Ausstellung Seite 4 AUTISMUS Kunst trifft Inklusion in einer Gruppenausstellung im Haus der Begegnung Seite 6 VORWÄRTS Seit dem Drei-KönigsTreffen der SPD ist die Zeit der Feierabend-Sozis endgültig vorbei Seite 7 BLAUE STUNDE Rückblick auf eine Ausstellung des Kunstkreises über eine besondere Tageszeit Seite 8 Das Jahr geht ja schon wieder gut weiter von Lorenz Trapp Man weiß ja selten, warum einem urplötzlich, wie aus heiterem oder bewölktem Himmel, geflügelte Redewendungen in den Sinn kommen – um sich dann tagelang nicht mehr aus dem Staub zu machen. Und manches Mal ist die Lösung, wie auf dem Präsentierteller überreicht, so offensichtlich wie in meinem Fall: „Wenn’s dem Esel zu wohl wird, begibt er sich aufs Eis“. Kaum also ist dieses Jahr gerade mal ein zwölftel Jahr alt, sieht es zwar weiterhin so aus, als verzichte die Welt auf den gravierenden Ruck, den der kürzlich verstorbene ehemalige Bundespräsident Roman Herzog schon vor Jahren gefordert hat, doch scheinen wir uns weiterhin wohl zu fühlen. Der aktuelle Winter, der nach eher behäbigen Vorgängern endlich wieder zeigt, dass er auch Nägel mit Köpfen machen kann, leistet der oben zitierten Prophezeiung auch noch Vorschub. Zugefroren sind Weiher und kleine Seen, die Kinder schlüpfen in die Schlittschuhe, die Großen packen ihre Eisstöcke am Stutzl – und alle passen sie brav auf, dass sie den Eseln, falls jene sich tatsächlich aufs Eis begeben, nicht in die Quere kommen. Irgendjemand wird sich schon finden, der „die Kuh dann vom Eis holt“. Die Kuh? Lange keine Kuh mehr gesehen, die sich bei diesen Temperaturen aufs Eis begibt. Apropos Eis: Ist der kleine Lago d’Iseo am Fuße der norditalienischen Alpen, nun endlich wieder raus aus den Schlagzeilen, ebenso zugefroren wie der Scheyerer Inselweiher? Sie erinnern sich: Im Sommer des letzten Jahres schuf der Künstler Christo dort die „Floating Piers“, ein begehbares, in Orange gehaltenes temporäres Kunstwerk. Es sollte den Menschen die Möglichkeit geben, über Wasser zu laufen, eine Aussicht, die einen Stadtrat und andere Prominente aus unserer kleinen Stadt dazu verführte, dorthin zu pilgern, um dieses einmalige Gefühl am eigenen Leib zu erleben. Jeder ist schließlich in Künstler. Warum also sollte man sich da nicht des großzügigen Christo Werk erwählen als Ziel einer sommerlichen Wallfahrt, noch dazu mit einem Abstecher zur Privatinsel der italienischen Waffenschmiededynastie Beretta? Jedem, der Künstler ist, kann man eben nicht nachlaufen. Über brüchiges, trügerisches Eis zu laufen vermittelt vermutlich dieselben Eindrücke, die Jesus damals hatte, als er übers Wasser lief, die „Floating Piers“ jedoch hatten den Vorteil, nicht an unser gegenwärtiges, meist düsteres und kaltes Winterwetter gekoppelt gewesen zu sein. Wären sie auch tauglich als brüderliche Brücke übers Mittelmeer, von Afrika nach Europa auf Orange? Eher nicht. Zu kurz und schmächtig. Nun zurück zur Realität: Wir befinden uns im Wahljahr. Im wonnigen Monat Mai dürfen wir zur Landratswahl an die Urnen schreiten. Zwei Kandidaten stehen schon am Ring: Martin Wolf (CSU) und Franz Niedermayr (FDP). Nachdem der amtierende Landrat Martin Wolf nach langem Hin und Her bekanntgegeben hatte, bei Wiederwahl das Amt nur für die nächsten drei Jahre – bis zur nächsten regulären Kommunalwahl – auszuüben, verzichteten SPD und Freie Wähler auf die Aufstellung eines eigenen Kandidaten. Anscheinend läuft alles bestens. Die FDP allerdings zeigt sich kampfbereit: Die Liberalen nominierten den langjährigen Stadtrat Franz Niedermayr als Landratskandidaten, der allerdings – frech und selbstbewusst – im Falle des Wahlsieges doch wieder sechs Jahre amtieren möchte. Mit „Tschakka“ (Barack Obama hätte gesagt: „Yes, we can!“) kom- mentierte Stadtrat Markus Käser auf Facebook die Meldung, dass der ehemalige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz bei der Bundestagswahl für die SPD als Kanzlerkandidat gegen Angela Merkel antreten wird. Im September dieses Jahres, liebe Wählerinnen und Wähler, dürfen Sie entscheiden, ob Angela Merkel alternativlos ist. Lassen Sie sich aber bei Ihrer Entscheidung in diesem postfaktischen Zeitalter nicht von alternativen Fakten beeinflussen; die Plausibilitätsstruktur manipulierter Wirklichkeitsdefinitionen ist nicht zu unterschätzen. Auch heute schon haben Sie die Wahl: Entweder Sie greifen zu Schnapsflasche und Eisstock und begeben sich aufs Eis, oder Sie stürzen sich in die Hitze des gerade zu Hochform auflaufenden Faschings – ein gutes Tanzparkett ist glatt wie Eis. Doch bitte vermeiden Sie, sich als Kuh oder Esel zu kostümieren. STADTKULTUR Seite 2 | Der Pfaffenhofener Vorsatz und Nachsicht Liebe Pfaffenhofenerinnen und Pfaffenhofener, im Februar erhalten Sie Post von der Stadt Pfaffenhofen: Wir führen eine Bürgerbefragung zum Hallenbad-Neubau durch und laden Sie ganz herzlich zum Mitmachen ein. Sagen Sie uns Ihre Meinung und teilen Sie uns mit, welche Wünsche Sie mit dem neuen Hallenbad verbinden, welche Attraktionen und Ausstattungen für Sie Priorität haben. Dass wir im Schulzentrum am Gerolsbach, auf dem Gelände der bisherigen Theresia-GerhardingerSchule, ein neues Hallenbad bauen wollen, ist längst bekannt. Und damit geht endlich ein langgehegter Wunsch vieler großer und kleiner Pfaffenhofener in Erfüllung. Beim Bürgerentscheid am 23. Oktober vergangenen Jahres haben Sie, die Bürgerinnen und Bürger, mit deutlicher Mehrheit (63,2 Prozent) dafür votiert, dass wir kein reines Schulund Sportbad errichten, sondern uns ein kleines Familienbad leisten, das auch für Familien mit Kindern attraktiv ist. Freitag, 27. Januar 2017 Gute Vorsätze und ihre geringe Halbwertszeit von Claudia Erdenreich „Es gibt bereits alle guten Vorsätze, wir brauchen sie nur noch anzuwenden“, wusste schon der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal im 17. Jahrhundert. Seither dürften noch ein paar ganz neue Vorsätze weltweit und in Pfaffenhofen dazu gekommen sein. Blaise Pascal kannte sicher noch keine Fitness-Studios, in denen man sich mit Weihnachtsbonus anmelden konnte, keine Low-Carb-Diäten, keine Yoga-Übungen und ganz sicher kein Internet und Handy. Aber er kannte Schwermut, Hoffnung, Ärger in der Familie und Spaziergänge an der frischen Luft. Also im Prinzip alles, was auch den modernen Menschen bewegt. Und er erfand eine Rechenmaschine. Ganz ohne es zu ahnen leistete er damit einen klitzekleinen Anteil an jenen elektronischen Spielzeugen, die heute aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind. Die uns so sehr dominieren, dass Schüler sie nur unter Strafandrohung im Unterricht ausschalten, dass ernsthaft überlegt wird, Warnschilder in den Boden zu integrieren, um die Dauerdaddler noch zu erreichen. Es ist ein wenig aus der Mode gekommen, Mathematiker, die auch noch Philosophen sind, ernst zu nehmen. Aber im Prinzip hatte er recht, der altehrwürdige Herr Pascal, der uns noch beim Reifendruckmessen begegnet: Alle guten Vorsätze gibt es schon, vielleicht heute in manch neuer Variante, aber sie sind da. Nur mit der Anwendung, da wird es schnell mühsam. Die ersten guten Vorsätze, von Rauchstopp bis Handypause, gehen schon im lauten Silvesterfeuerwerk unter. Weitere werden mit stillem Seufzen spätestens nach dem Nachmittagsnickerchen an Neujahr verabschiedet. Andere halten ein wenig länger. Nie trainieren so viele Menschen in den Studios wie in den ersten Januarwochen. Danach dünnt es aber auch schon wieder merklich aus, und die Vorsätze werden zu Karteileichen. Zu lukrativen, für die Studios. Diätclubs verzeichnen auch selten so viele Mitglieder oder eher Mitgliederinnen, die unbedingt bei frostiger Kälte und Neuschnee eine Bikinifigur zaubern wollen. Nie ist man dem Bikini ferner als im eiskalten Januar, vielleicht erscheint er deswegen so dringend erstrebenswert. Wir haben jetzt ja auch reichlich Zeit, über diese ganzen Vorsätze nachzudenken, das Jahr ist noch jung, das Wetter kalt und die Tage immer noch erbärmlich kurz. Aber die Wintersonnenwende haben wir schon hinter uns, ganz ganz langsam wird es heller. Unmerklich noch, aber schon unsere Großeltern wussten: „… und zu Maria Lichtmess a ganze Stund“. Eine Stunde länger hell, das merkt man deutlich. Und dann ist auch schon Februar, Fasching und sowieso nicht mehr weit bis zur Sommerzeit. Ab da dauert es nur noch gefühlt Stunden, bis die Biergärten ausschenken, die Eisdielen ihre Tische nach draußen stellen und das Freibad öffnet. Dann haben wir zwar noch immer keine Bikinifigur, aber das macht nichts, wir hatten gute Vorsätze. Auf die eine oder andere Art, und das zählt auch. Blaise Pascal hatte ganz bestimmt auch den guten Vorsatz, seine Rechenmaschine noch weiter zu entwickeln. Das haben dann letztlich andere für ihn getan, irgendwer wird also sicher auch unsere Vorsätze umsetzen. Reife- und Spätwerk des Meisters eigentlich nur noch aus Verslein nach dem Vorbild von Hans Sachs; alles Frühere – sofern Goethe es nicht eigenhändig vernichtete – galt schon damals als peinliches Zeugnis einer überwundenen, kolonialen Geisteshaltung. Man sprach und spricht nicht gern davon. Und so bekommt man heute in Berlin keine Laugenbreze mehr, und wer französisches Parfüm schätzt, muss sich schon persönlich nach Paris begeben – muss sich aber auch fragen lassen, warum er die Menschen dort nicht einfach in Ruhe lässt. Und hier kommt jetzt der Bruch. Denn während ich diese Kolumne vor einiger Zeit erkennbar in der Absicht begonnen habe, um mich über die cultural-appropriation-Kritiker lustig zu machen, sehe ich jetzt, dass diese Leute verdammt Recht haben, und dass man sie unterstützen muss. Denn es gibt ja tatsächlich kaum was Dämlicheres als die ganzen Traumfänger, Gartenbuddhas und Savannenzebras vor Sonnenuntergang auf dreiteiliger Leinwand, oder, anders gefragt: Kennen Sie das betretene Gefühl, irgendwo auf der Welt zugegen zu sein, wo gerade … bairische Volkskultur imitiert, ein „Oktoberfest“ abgehalten wird? Plötzlich fühlt man sich als Vertreter des echten Oktoberfests, das man doch eigentlich für einen kriminell-größenwahnsinnigen Schwachsinn hält, auf den man aber plötzlich stolz ist. Jetzt ist es bei uns aber noch was anderes, weil wir nicht unterprivilegiert sind. Auch versuche ich immer wieder, mir vorzustellen, wie dämlich sich ein Gang durch die Gartenabteilung eines Baumarktes für einen praktizierenden Buddhisten anfühlt. Die Garten-Buddhas. Er fühlt gar nicht. Gefühle sind unvorteilhafte Anhaftungen. Aber eins ist dann doch komisch. Nämlich dass es zu jedem vernünftigen Anliegen immer „Aktivisten“ oder „Netzaktivisten“ gibt, junge Menschen, die sich voll und ganz dieser einen Sache widmen, täglich darüber schreiben in schicken Cafés in schicken Großstädten, wo sie mit ihren Smartphones an RetroApfelsaftkisten sitzen und der Welt beweisen, dass es noch möglich ist, an das Gute zu glauben. Und sie sind entspannt, denn es geht ihnen gut, und sie werden in der Presse zitiert, eben als „Aktivisten“, und trinken Tee, und warum kann ich, zum Beispiel, nicht auch so ein Aktivist sein. Ich habe vor Aktivisten immer einen Heidenrespekt, denn sie sind alles, was man selbst gern wäre, essen vegan um elf Uhr vormittags und schwingen sich dann aufs Rad, um das Gute zu fördern. Sie leben total kreativ und bewusst, während man selbst bloß zur Arbeit geht und sich von einem mühsam ausgehandelten Kompromiss zum nächsten durchquält. Das Leitbild des Netz-Aktivisten. Wie ist man selber so unwürdig. Ich halte es für möglich, dass Netzaktivsten eine Erfindung der Medien sind. Damit man diese Medien konsumiert, weil dann … ein kleines bisschen Glanz des Aktivisten auch auf einen selber fällt. Sie haben damit den Stadtrat in seiner Meinung bestätigt und einer Investition von maximal 15 Millionen Euro für ein neues Hallenbad zugestimmt. Um dieses Kostenlimit einhalten zu können, sind natürlich bei weitem nicht alle denkbaren Ausstattungen möglich. Immerhin sind aber doch ein paar Attraktionen über die reine Grundausstattung hinaus machbar. Die Basis bilden ein wettkampfund breitensporttaugliches Sportund Schulbad mit einem 25-MeterSportbecken mit fünf Bahnen sowie ein Kleinkinderbecken. Darüber hinaus sind verschiedene Attraktionen denkbar, die jetzt ausgewählt werden müssen, bevor es an die detaillierte Planung des Hallenbades gehen kann. In diese Auswahl wollen wir Sie, liebe Pfaffenhofenerinnen und Pfaffenhofener, gern mit einbeziehen, ganz nach dem Motto unseres Aktionsprogramms PAF und DU: „Mitwissen, Mitreden, Mitgestalten“. Auf dem Fragebogen, den Sie alle per Post erhalten, stehen verschiedene Ausstattungen und Attraktionen zur Wahl, so etwa ein Familienbecken, ein Ganzjahresaußenbecken, Sauna, Dampfbad, Rutsche und Wasserspielgeräte sowie Ruhe- und Aufenthaltsbereiche. Zusätzlich können Sie uns Ihre Meinung zu einer möglichen Gastronomie im Hallenbad sagen. An unserer Befragung teilnehmen kann übrigens jeder einzelne Pfaffenhofener. Füllen Sie also ruhig auch mit Ihren Kindern bzw. für Ihre Kinder je einen Fragebogen aus. Um aber zu vermeiden, dass jemand mehrmals abstimmt, bitten wir Sie, Ihren Namen und Ihre Anschrift anzugeben. Die ausgefüllten Fragebögen geben Sie dann bitte im Bürgerbüro im Rathaus ab. Oder Sie füllen den Fragebogen direkt online unter www.pafunddu.de/ buergerbefragung aus. Mit den Ergebnissen der Bürgerbefragung wird sich dann der Stadtrat befassen. Außerdem werden natürlich auch die Fachorganisationen sowie die Schulen als künftige Nutzer des Hallenbades mit in die Auswahl der Ausstattungsmerkmale eingebunden. Ich hoffe, Sie machen alle mit bei unserer Befragung, damit wir ein möglichst umfassendes Stimmungsbild bekommen und unser „richtiges“ Hallenbad planen und bauen können. Ich bin gespannt auf Ihre Meinung und freue mich auf Ihre Rückmeldung! Herzlich Ihr Thomas Herker, Bürgermeister von Roland Scheerer An einem Tag im Februar 1965 sagte Keith Richards zu Eric Clapton, er werde jetzt damit aufhören, amerikanische Bluesaufnahmen zu studieren und nachzuspielen, denn er habe verstanden, dass der Blues die genuine Ausdrucksform minderprivilegierter Afroamerikaner sei, und dessen Aneignung sei ein weiterer Akt kultureller Überheblichkeit, indem man diese Leute, die schon ihrer Rechte beraubt worden seien, nun auch noch ihrer Musik beraube. Ab diesem Zeitpunkt spielten die Rolling Stones nur noch englische Seemannslieder (Shantys) in hell erleuchteten Hafenkneipen. Und Eric Clapton, der das nicht einsehen wollte und eine Zeitlang versuchte, weiterzumachen, als wäre nichts, wurde in einer Flashmob-Aktion bürgerlich-liberaler Aktivisten bei einem Auftritt in der Royal Albert Hall 1968 endlich dermaßen ausgebuht, dass er nie mehr eine Bühne betreten hat. Damals begann auch der Niedergang der Krawatte. Als sich herumsprach, dass es sich dabei, wie der Name schon sagt, um ein ursprünglich kroatisches Nationalaccessoire handelt, und man mutmaßte, ihre Erfinder könnten sich durch die weltweite Verbreitung des Produkts kulturell enteignet von den eigenen Wurzeln entfremdet fühlen. Und wenn sich damals einige von ihnen zu Wort meldeten und sagten, man solle ruhig weitermachen, es würde sie gar nicht stören, im Gegenteil, sie würden sich geehrt fühlen, so zeigte das nur, wie weit diese ehemalige Hochkultur schon damals vom Gift des marktglobalen Nihilismus angefressen war. Bereits am 12. Januar 1794 hatte der Dichter Johann Wolfgang Goethe in einem Brief an seinen Freund, den Herzog Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach, festgestellt, die Fülle an Zuschriften entrüs- teter AktivistInnen, in der er sich wie in einem „Netz“ gefangen fühle, habe ihn zu einer Neubewertung veranlasst. Er, Goethe, sei in sich gegangen und sehe jetzt, dass man die Kultur der alten Griechen und Römer, die sich dagegen nicht mehr wehren könnten, weil sie tot seien, viel zu lange durch Überhöhung vereinnahmt habe. Und dass er von ihren Hexametern, Junobüsten und Säulenordnungen, die zum Maßstab für menschliche Zivilisation auszurufen er und andere sich mit der Deutungshoheit der Nachgeborenen angemaßt hätten, künftig die Finger zu lassen gelobe. Und so besteht das DIE SEITE 3 Freitag, 27. Januar 2017 Der Pfaffenhofener | Seite 3 W er die Kreisbücherei betritt, spürt sofort die besondere Atmosphäre eines Raumes voller Bücher. Es ist hell und luftig, still und ein wenig geheimnisvoll. Menschen, die noch nie der Faszination durchgelesener Nächte, verträumter Nachmittage mit Buch und zwischen den Zeilen ergründeter Geheimnisse erlegen sind, empfinden das eher als langweilig. Getragene Stille, Licht und Bücherreihen. Nach Themen sortiert, oben die lichten Leseplätze, vorne die Ausleihtheke, seitlich die Kinderecke. So war es irgendwie schon immer und trotzdem ist es hier modern und vertraut zugleich. Mehr als 56.000 Medien stehen bereit, darunter rund 10.000 Romane, 20.000 Sachbücher, dazu Hörbücher und DVDs. Auch fremdsprachige Literatur ist vorhanden, Kinderbücher, Zeitungen und Zeitschriften und sogar Comics ergänzen das umfangreiche Angebot. Die Kreisbücherei an der Scheyerer Straße steht allen Interessierten offen, Benutzung und Ausleihe sind kostenlos. Welt der Bücher Neue Medien ergänzen die Bücherreihen Stephan Ligl leitet seit Mai die Kreisbücherei Dazu verfügt die Kreisbücherei nun über WLAN, Online-Nachschlagewerke und eBooks. Der Katalog kann online eingesehen werden, Fernleihe gehört selbstverständlich auch zum Angebot. von Claudia Erdenreich und zwei Aushilfen um Besucher, Bücher und Medien. So werden die fünf Öffnungstage von Dienstag bis einschließlich Samstagmittag abgedeckt. Die Besucher sind bunt gemischt. Natürlich kommen zu Schulzeiten die Schüler des nahen Schulzentrums, sie lesen, lernen, machen Hausaufgaben, schmökern. Manche ziehen sich auch in die Kinderecke zurück, eine gemütliche Ecke mit Spielen, Tafel, Kinderbüchern und Sitzsäcken. Stephan Ligl ist selbst erstaunt, wie viele ältere Schüler hier mit Begeisterung ganz altmodische Brettspiele spielen. Schüler liegen ihm besonders am Herzen, er führt Schulklassen gerne durch die Bücherei, veranstaltet Bücherrallyes und Rechercheschulungen. Auch Asylbewerber führte er schon, um ihnen den Einstieg in die Institution Bücherei zu erleichtern. Wenn Stephan Ligl umsichtig, wissend und ein klein wenig stolz durch die Bücherei führt, an Regalreihen entlang, ordnet er noch schnell hier ein Fach, stellt dort ein Buch auf. Seit Mai 2016 leitet der gebürtige Weidener die Kreisbücherei. Er entdeckte früh die Faszination für und Liebe zu Büchern. Stephan Ligl studierte in Regensburg Informationswissenschaft und allgemeine Wissenschaftsgeschichte. Schon dort genoss er die Möglichkeiten einer Unibibliothek, die weite Welt der Bücher und Information. Einer der Zielberufe dieses Studiengangs ist die Arbeit in Bibliotheken. Nach einer Station in Pforzheim kam er nach Pfaffenhofen. Obwohl er die Stadt vorher nicht kannte, fühlte er sich hier sofort wohl. Er mag die Kleinstadt, das kulturelle Angebot. Natürlich hat er schon Lesungen besucht, Poetry Slam wird in Zukunft in der Bücherei stattfinden. Dort findet nun auch einmal monatlich am Samstag die „Brezenrunde“ statt, bei der lokale Autoren bei Kaffee und Brezen ihre Werke vorstellen. Das kommt bestens an, und nicht nur Stephan Ligl ist begeistert, wie viele unterschiedliche Autoren die Region zu bieten hat. Stephan Ligl genießt die kulturelle Vielfalt der Stadt Besonders fasziniert ihn auch das Lutz-Literaturstipendium. „Toll, dass die Stadt sich das leistet!“ In der Bücherei wurden ein paar Regale umgestellt, der Bereich Medizin ist nun unten und damit ohne Treppen erreichbar, dafür wanderte Technik ein Stück im Raum nach hinten. Geschichte wurde auch neu sortiert, weil das Thema boomt. Auch historische Romane werden gern gelesen. Filme sind jetzt alphabetisch sortiert und nicht mehr nach Genre und damit leichter auffindbar. Mit Stephan Ligl kümmern sich auch fünf Teilzeit-Mitarbeiterinnen Kreisbücherei Pfaffenhofen Scheyerer Straße 51 85276 Pfaffenhofen Tel. 08441 859946 www.kreisbuecherei-paf.de Eine Bücherei ist für alle da, das ist ihm wichtig. „Schon meine Vorgängerin hat sehr viel angestoßen“, betont Stephan Ligl. Auch Hans-Peter Schratt hat er kennengelernt und findet es toll, was er geschafft hat in der Bücherei. Nach acht Stunden in der Bücherei hat Stephan Ligl keinesfalls genug von Büchern, er liest leidenschaftlich gerne Krimis und regionale Autoren, sogar Jugendbücher. Daneben gehören kooperative Gesellschaftsspiele, Musik und Geschichte zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Der neue Leiter der Bücherei wird sich natürlich auch Pfaffenhofen weiter ansehen, das kulturelle Angebot genießen, das er so in einer Kleinstadt gar nicht erwartet hätte: „Eine tolle Leistung aller Beteiligten“, findet er und freut sich auf den Sommer mit Saitensprung und Kunstnacht draußen. KULTUR Seite 4 | Der Pfaffenhofener Freitag, 27. Januar 2017 Ein einzigartiger Kunsttempel feiert Jubiläum 50. Ausstellung im Finanzamt Pfaffenhofen von Hellmuth Inderwies K unst im öffentlichen Raum“ hat sich in den letzten zwei Jahrhunderten zu einem traditionellen Phänomen auf Straßen und Plätzen unserer Städte entwickelt, um das Leben aller Menschen durch die Begegnung mit einem kulturellen Angebot zu bereichern. Amtsgebäude mit „Kunst am Bau“ zu schmücken, ist durch die Weimarer Verfassung vom 11. August 1919 zu einem öffentlichen Auftrag geworden, als man nach dem 1. Weltkrieg die wirtschaftliche Not bildender Künstler lindern wollte. Dass jedoch staatliche Behörden, die mit solchem Metier nur wenig oder allenfalls indirekt zu tun haben, ihre Besucher mit der Präsentation von Kunst beglücken, ist eine noch sehr junge Installation unserer Zeit. Das Finanzamt Pfaffenhofen gehört ohne Zweifel zur Avantgarde derartigen Fortschritts und ist in seiner Art der Vermittlung hierzulande wohl einzigartig. Kulturtempel seit 2004 Als das neue Gebäude 2004 an der Schirmbeckstraße 5 fertiggestellt war, hatte man nicht nur der Raumnot der in dieser Dienststelle arbeitenden Staatsdiener Abhilfe geschaffen, sondern auch einen Kulturtempel errichtet und damit der Kreisstadt Pfaffenhofen in ihrem Mangel an Präsentationsmöglichkeiten für bildende Kunst einen außerordentlich wichtigen Dienst erwiesen. Denn diese verfügte bis dahin ja nur über wenig geeignete und allenfalls sporadisch nutzbare hernd gleichkommt: Umfangreiche Wandflächen in den großzügigen Foyers und breiten Gängen von vier Etagen, günstige Lichtverhältnisse, ein vorzüglich ausgestatteter Vortragsraum, ein heller, geschmackvoll angelegter Innenhof und ein weites Gartengelände für Skulpturen, genügend Parkplätze für Besucher usw. Das sind die Voraussetzungen dafür, dass nun im dreizehnten Jahr nach Bezug dieses Gebäudes mit der 50. Kunstausstellung ein Jubiläum gefeiert werden kann. Für den gegenwärtigen stellvertretenden Amtsleiter Franz Peter, Initiator und Kurator dieses Projekts, und seinen Kunstkreis aus Kolleginnen und Kollegen sollte die Organisation dieses Events im Laufe der Zeit zu einem Akt der Selbstbestätigung ihrer außerdienstlichen gemeinnützigen Arbeit geworden sein. Sie müssen sich seit langem nicht mehr darum bemühen, Künstlerinnen und Künstler in ein Finanzamt zu locken. Der ausgezeichnete Ruf, der den Ausstellungen, die jährlich viermal über die Bühne gehen, vorauseilt, hat zu einem Überangebot von Interessierten geführt. Wenn auch nach wie vor bei deren Auswahl Landkreis und Region besondere Berücksichtigung finden, so gastierten im Laufe der Zeit auch immer wieder international bedeutende Protagonisten aus ganz Europa, ja der ganzen Welt mit ihren Werken in der Schirmbeckstraße in Pfaffenhofen. Neben hiesigen Schulen, Kunst- und Fotokreisen präsentierten Nachwuchskünstler und profilierte Kunstschaffende aus Ungarn und Italien ihre Werke, Manuela Clarin: „Moderne Kommunikation“ Klassenräume im Erdgeschoss einer ehemaligen, bis heute sehr vielseitig genutzten Mädchenschule, die 1979 in „Haus der Begegnung“ umgetauft worden war. Erst 2006 gelang es auf Grund vielseitiger druckvoller Initiativen, einer großzügigen Spende der Sparda-Bank und der Eigenleistung von Künstlern, da etatmäßige Mittel nicht genehmigt wurden, einen dieser Klassenräume in eine ständige städtische Galerie umzuwandeln. Trotz einer für die Kultur aufbereiteten Fabrikhalle gibt es bis zum heutigen Tag in Pfaffenhofen kein einziges Gebäude, das den im neuen Finanzamt vorhandenen vorzüglichen Bedingungen für die Präsentation bildender Kunst nur annä- eine internationale Künstlergemeinschaft führte unter dem Neologismus „Orgtecnocity – Ambiente und Gemeinschaft“ eine Baustelle von visionären Ideen einer utopischen Stadt mit ihren zukünftigen Lebensverhältnissen vor Augen. Diese Wanderausstellung nahm von hier aus ihren Weg durch die ganze Welt. Akribische Vielfalt der Genres „Bildende Kunst“ und „Fotografie“ kennzeichnete allenthalben die Vergangenheit. Die 50. Kunstausstellung steht demzufolge auch unter dem Thema „Pfaffenhofen, mitten in Bayern und mitten in Europa“ und versteht sich somit als eine Art von Rückschau, Synthese und Bilanz vergangener Präsentationen. 19 Mitglieder der Hermann Kreileder: „Finanzamt“ „Vereinigung Bildender Künstlerinnen und Künstler – Fachgruppe Bildende Kunst in ver.di Bayern“ (VBK), die in München beheimatet ist und sich mit ihrer Initiative „Kunst, Kultur, Respekt“ gegen jeglichen Rassismus wendet, werden mit etwa 50 Exponaten vertreten sein. Die Organisation obliegt ihrem Kontaktmann Serio Digitalino, dessen Werk bereits in mehreren Ausstellungen in der Kreisstadt zu sehen war. Zuletzt begeisterte er Viertklässler der hiesigen Grundschulen mit seinem Projekt „Kunst schafft Gemeinschaft“, wobei von den Kindern Bilder zu ihrer Heimatstadt geschaffen und hernach im Rathaus vorgestellt wurden. Seit 1977 lebt der vielseitige Süditaliener aus Matera (Provinz Basilicata) in München. Eine zweite Abteilung werden ca. 75 Künstlerinnen und Künstler aus dem Landkreis, aus Bayern, Europa und anderen Kontinente bilden, die in den letzten zwölf Jahren an den Ausstellungen im Finanzamt beteiligt waren. Da finden sich zahlreiche allenthalben bekannte Namen darunter, die seit Jahren zur Pfaffenhofener Kunstszene gehören: Gabriele Beer, Max Biller, Beatrix Eitel, Clemens Fehringer, Barbara Hantel-Gaugler, Robert Herzog, Ernst Hillisch, Helga John, Ingrid Kreidenweis, Alexander und Hermann Kreileder, Gerhard Kreitmair, Rita Möderle, Doris Prütting, Anton Ritzer, Rainer Schlamp, Angelika Schweiger, Sophie Spieß, Susanne Spieß-Geiser, Klaus Tutsch, und nicht zuletzt Heike und Manfred Habl u. v. a. Da begegnet man mit Joachim Graf, einem Holz- und Linolschneider aus München, mit dem Grafikdesigner Peter Syr und der Malerin Christine Nkrumah in Pfaffenhofen ganz neuen Namen. Mit Gemeinschaftsarbeiten sind Regens Wagner und die Grundund Mittelschule aus Hohenwart, die Realschule Manching und das Schyren-Gymnasium vertreten. Sie präsentieren dem Besucher neu entstandene Werke zum o. a. Rahmenthema. Dass es bei solcher Vielzahl auch an der Vielfalt von Motiven und Stilformen nicht fehlt, versteht sich. Eine nicht ganz leichte Aufgabe für die einstigen Kunsterzieher am Schyren-Gymnasium, Manfred Leeb und Heribert Washuber, selbst aktive Künstler, für diese Jubiläumsausstellung eine adäquate Komposition und Anordnung der Exponate zu finden! Die neue Amtsleiterin, Eva Ehrensberger, die im Juni letzten Jahres ihren Dienst in Pfaffenhofen antrat, hat nicht nur eine Finanzbehörde mit 130 Mitarbeitern, sondern zugleich ein Haus übernommen, in dem nicht nur die Verwaltung von Steuern, sondern auch Kunst und Kultur zwi- Ernst Hillisch: „180° Pfaffenhofen“ schenzeitlich zu einem Emblem geworden sind. Über seine grundsätzliche Funktion hinaus unterbreitet es der Öffentlichkeit mit seinen Ausstellungen ein verlockendes und anregendes Angebot. Für manchen Besucher werden damit vielleicht auch gewisse Barrieren abgebaut, wenn er es betritt. Mit Sicherheit leistet es aber einen Beitrag bei der Zusammenführung und Integration von Menschen in Pfaffenhofen und über die bayerischen Grenzen hinaus bis nach Europa, wenn durch die Kunst vielfältiges kulturelles Gedankengut vermittelt wird. Bei der Eröffnung durch die Amtsleiterin und durch den früheren Kulturreferenten der Stadt Pfaffenhofen, Hellmuth Inderwies, wird gerade das Rahmenthema der Jubiläumsausstellung sicherlich eine besondere Rolle spielen. Dauer der Ausstellung: 27.01.2017 bis 31.03.2017. Sie kann ansonsten zu den üblichen Öffnungszeiten des Servicezentrums des Finanzamts, werktags von 7.30 Uhr bis 14.30 Uhr, am langen Donnerstag bis 17.30 Uhr und am Freitag bis 12.30 Uhr oder zusätzlich nach telefonischer Anmeldung und Absprache besucht werden. Barbara Hantel-Gaugler: „Pfaffenhofen“ STADTKULTUR Freitag, 27. Januar 2017 A m Anfang überwogen die Zweifler: Wer will denn bitte Pfaffenhofen sehen? Und was gibt es da überhaupt zu sehen? Dann wurden zwei Touren ausgearbeitet. Die klassische Stadtführung, „Pfaffenhofen-Tour“ führt über Bau- tenweg führt direkt in den Kalten Krieg, macht klar, was atomare Bedrohung und militärische Kommunikation bedeutet haben. In über 40 Räumen wird unter meterdickem Stahlbeton nicht nur die Technik der 60er Jahre erlebbar, sondern vor Dabei wollen Pfaffenhofener mehr über ihre Stadt erfahren, sie ihren Freunden zeigen oder die Hochzeitsoder Geburtstagsgesellschaft unterhalten. Vereine nehmen teil, Firmen und Schulklassen, sogar Kindergartengruppen. Dazu kommen „Frem- Von Kirchturm bis Bunker 20 Prozent Gästezuwachs bei den Stadtführungen von Claudia Erdenreich werke, Ereignisse und Jahreszahlen und ist keineswegs trocken. Geschichte wird dabei lebendig, greifbar und erlebbar. Mit der „Kuriositäten-Tour“ geht es zu den lustigen, grausamen, frivolen und spannenden Details der Stadt, von der letzten Hinrichtung über den Aufstand der Weiber bis zum Ferkelmarkt. Dazu kam noch die „Bunker-Tour“. Der Fernmeldebunker am Heimgar- Hauptplatz mit Marienbrunnen 1975 B is auf den letzten Platz ausverkauft war das Rathauskonzert mit den Schlagzeugern der Münchner Philharmoniker. Die klassikerprobten Gäste und Abonnenten erwartete ein äußerst ungewöhnliches und herausforderndes Konzert von modernen Komponisten, gespielt mit absoluter Perfektion, Konzentration und Körpereinsatz. Kulturreferent Peter Feßl begrüßte wie bei jedem Konzert der Reihe kurz die Gäste und stimmte sie ein auf ungewohnte Klänge und ein durchaus gewagtes Programm. Die Musiker Stefan Gagelmann, Sebastian Förschl und Jörg Hannen- allem auch die ganze Akribie, mit der ein atomarer Krieg verwaltet werden sollte. Seit nunmehr fünf Jahren laufen die Stadtführungen erfolgreich und verzeichnen Jahr für Jahr Zuwächse. Letztes Jahr nahmen über 2.000 Menschen an knapp 150 Führungen teil. Damit sind sowohl die frei besuchbaren samstäglichen Turnusführungen gemeint, als auch individuell buchbare Führungen. de“, die man heute eher Gäste nennt, echte Touristen wollen vermehrt Pfaffenhofen sehen. Acht qualifizierte Gästeführerinnen und Gästeführer zeigen dabei die Stadt, die Gebäude und Geschichte. Rathaus und Stadtmauer, noch stehende Türme, der Standort der vier Stadttore oder die Mariensäule lassen Pfaffenhofen plötzlich in ganz neuem Licht erscheinen. 15 Stationen stehen zur Verfügung, die natürlich nicht alle Hungerturm mit Stadtmauerresten Löwengebrüll und Eselsgebiss Schlagzeuger mit „Schlag acht“ beim dritten Rathauskonzert von Claudia Erdenreich Die Schlagzeuger in vollem Einsatz mit zahlreichen Instrumenten Der Pfaffenhofener | Seite 5 innerhalb einer Tour umfangreich gezeigt werden. Selbst mancher alteingesessene Pfaffenhofener kommt dabei ins Staunen und entdeckt Gässchen und Details, die er noch nie gesehen hat. Ein Blick in die Kirche oder in den Festsaal des Rathauses fasziniert vor allem Gäste aus anderen Städten, aber etwa den Hungerturm kennen auch die wenigsten Pfaffenhofener von innen. Das Angebot ergänzen derzeit die weihnachtlichen und stimmungsvollen Fackelstadtführungen, die begeistert angenommen werden. Passend zum Napoleon-Jahr 2015 führte Frieder Leipold auf den Spuren der napoleonischen Epoche durch die Straßen, weitere Themenführungen sind in Planung. In diesem Jahr wird es im Rahmen der Gartenschau natürlich einen enormen Zuwachs an Führungen geben, zahlreiche Besucher werden auch die Stadt sehen wollen. Pfaffenhofen ist bestens gerüstet, gerade starten die Gartenschau-Gästeführer ihre Ausbildung und lernen dabei natürlich auch die Stadtgeschichte kennen. Stadtführungen buchbar über: Wirtschafts- und Servicegesellschaft Pfaffenhofen Frauenstraße 36 85276 Pfaffenhofen Tel. 08441 405500 www.stadtfuehrungenpfaffenhofen.de Bunkergelände in den 60er Jahren bach wurden ergänzt durch Michael Leopold. Der Pfaffenhofener Kulturpreisträger von 2009 ist erst seit wenigen Monaten Schlagzeuger bei den Münchner Philharmonikern. Im Publikum befanden sich natürlich viele seiner Fans, Freunde und frühere Musikerkollegen. Komponisten wie John Cage, Steve Reich und Minoru Miki standen auf dem Programm, dargeboten mit einer Fülle von Schlaginstrumenten, bekannten wie höchst ungewöhnlichen. Neben klassischen Pauken und Schlagzeug tönten auch „Löwengebrüll“ und „Eselsgebiss“, dazu leere Bierfässer und Pastetendosen. So viele Instrumente hatten die vier Musiker mitgebracht, dass nach jedem Stück umgebaut werden musste, die Bühne im Festsaal des Rathauses war einfach zu klein für alle Instrumente gleichzeitig. Die Musiker entschuldigten sich lachend dafür, dass sie ausgerechnet in der Hallertau kein einheimisches Blech-Bierfass verwenden. Die Schlagzeuger legten zwar nicht „Schlag acht“, aber wenige Minuten danach schwungvoll los. Sie spielten mit beeindruckender Präzision und entlockten den Instrumenten stets neue, überraschende Klangvielfalt. Faszinierend besonders das „phasing“ der Instrumente im zweiten Stück von Steve Reich, das im 6/4Takt an afrikanische Trommeln erinnerte, mit lauten, intensiven, teils quälenden Rhythmen. „Schön wenns so klappt“, kommentierten die Musiker lapidar; sie spielten die verwegensten Partien scheinbar locker aus dem Handgelenk. Hier wurde allen Zuschauern klar, welche Konzentration und Übungszeit hinter den Stücken steckt. Wer an dem Abend ein eher gefälliges, klassisches Konzert erwartete, wurde enttäuscht und hart herausgefordert mit Klängen und Werken, die man so nie zu hören bekommt. Aufgelockert wurde durch eine TonLicht-Show und erklärende Kommentare der Musiker. Trotz aller Begeisterung dachte mancher Besucher nach dem Konzert an Wilhelm Busch: „Musik wird störend oft empfunden, weil stets sie mit Geräusch verbunden“. Die letzten beiden Rathauskonzerte der Saison im Februar und März bieten dann wieder klassische Kost am Klavier. Kulturreferent Peter Feßl STADTKULTUR Seite 6 | Der Pfaffenhofener Kulturtermine Bier „Alles über den Durst“ zeigt die Comic-Ausstellung von Comicaze e.V. 2016 war ein Jubiläumsjahr für den legendären Gerstensaft. Eine gute Gelegenheit, sich mit seiner Geschichte, die ja auch eine Kulturgeschichte ist, auseinanderzusetzen – noch bis zum 4. März in den Ausstellungsflächen im Foyer und im ersten Stock des Rathauses. Freitag, 27. Januar 2017 „Autismus ist das Gefängnis des denkenden Menschen“ Inklusion und Kunst ab 27. Januar 2017 in einer Gruppenausstellung im Haus der Begegnung D er Autismus ist das Gefängnis des denkenden Menschen“. Ein Satz, ein Konzept: Die Organisatoren vom AK Inklusion nehmen den Satz als Ausgangspunkt einer künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema Autismus. Für die Ausstellung in der Städtischen Galerie wurden verschiedene Künstler gebeten, auf den Satz zu reagieren und ihn in ihre Arbeit einfließen zu lassen. Dieser Satz kann auf vielerlei Weise ausgesprochen und gemeint sein. Er kann sich auf eine Politik beziehen, Inklusion Zahlreiche lokale Künstler setzen sich mit dem Thema Autismus auseinander, Vernissage am 27.1. um 19.30 Uhr in der Städtischen Galerie (siehe nebenstehenden Artikel). Kabarett Maxi Schafroth aus dem Allgäu spielt sein aktuelles Programm „Faszination Bayern“ am 28.1. ab 20 Uhr im Festsaal des Rathauses. Kunst Erneut können Werke der Städtischen Kunstsammlung am 2.2. zwischen 15 und 18 Uhr in der Artothek ausgeliehen werden. der jegliche Empathie abgesprochen wird. Er kann einen Menschen attackieren, dem Ignoranz oder Egozentrik unterstellt wird. Er kann jede/n von uns in Frage stellen. Aber dann wird er beliebig. Deshalb ist es für diese Ausstellung von Bedeutung, dass dieser Satz von niemandem stammt, der den Begriff „Autismus“ instrumentalisiert. Er stammt von einer jungen Frau mit einer Autismusstörung, die sich stimmlos über Lyrik und Prosa mitteilt. Das aus dem Griechischen stammende Wort „Autismus“ bedeutet ursprünglich „Selbstbezogenheit“ und gilt nach der WHO als tiefgreifende angeborene Entwicklungsstörung, in deren Zentrum eine Beeinträchtigung der Beziehungs- und Kommunikationsfähigkeit steht. Grund ist die veränderte Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitung des Gehirns. Autistische Menschen nehmen ihre Umwelt überdurchschnittlich intensiv wahr, mit unzähligen Eindrücken, die als Chaos empfunden werden können, das bewältigt werden muss. Gelingt das nicht, können Jazz Das Christopher Rumble Duo spielt Jazz, Beat und Klangwelten am 3.2. ab 21 Uhr in der Künstlerwerkstatt. Veränderungsängste, Panikzustände, Zorn oder der totale Rückzug in sich selbst die Folge sein. Deshalb wirken betroffene Menschen häufig, als lebten sie in einer eigenen Welt, die für Außenstehende verschlossen scheint. Ziel der Ausstellung ist es also, sich mit den Mitteln der künstlerischen Wahrnehmung und Ausdrucksweise dieser individuellen Welt anzunähern und auf die eigene kreative Art eine Brücke zu schlagen zwischen den vielfältigen Wahrnehmungsweisen. An dem Ausstellungsprojekt nehmen als ausstellende Künstler Manfred Mensch Mayer, Bruni & Tatti Auberer, Richard Kienberger, Ulrike Blechschmid, Helene Charitou, Nathalie Ponsot, Kiki Mittelstaedt, die AG Hohe Warthe, Tita Heydecker, Caroline Jung, Stefan Egerer, Wacky Singer, Günter Merkl und Habl Kunst teil. Die Ausstellung „Der Autismus ist das Gefängnis des denkenden Menschen“ wird am Freitag, 27. Januar 2017, um 19 Uhr mit der Laudatio von Anna-Maria Schirmer, Kunstlehrerin am Schyren-Gymnasium, eröffnet. Sie dauert bis einschließlich 12. Februar 2017. Die Öffnungszeiten der Städtischen Galerie sind: Montag bis Freitag von 9 bis 12 Uhr und 13.30 bis 16.30 Uhr sowie Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Musik Im Rahmen der Winterbühne spielt am 5.2. um 20 Uhr „Names“ aus Salzburg ein Konzert in der Spitalkirche. Gesang „Public Singing“ mit Hits, Oldies und Schlagern zum Mitsingen für alle am 10.2. ab 20 Uhr im intakt Musikinstitut. Konzert Das Wiener Klaviertrio spielt am 12.2. ab 20 Uhr Musik von Mozart und Schubert beim vierten Rathauskonzert im Festsaal des Rathauses. Geschichte Dr. Katrin Marth berichtet am 17.2. um 19.30 Uhr im Rentamtssaal des Rathauses über den Erhalt historischer Dokumente. Gesichter Die Künstlerin Tatjana Lee zeigt mit „Free your mind“ ihre Werke ab 18.2. in der Städtischen Galerie. IMPRESSUM Verlag/Herausgeber/Herstellung: KASTNER AG – das medienhaus, Schloßhof 2–6, 85283 Wolnzach, Telefon 08442/9253-0 V.i.S.d.P.: Kilian Well E-Mail: [email protected] Redaktion: Claudia Erdenreich, Kilian Well, Hellmuth Inderwies, Lorenz Trapp Layout: Monika Lang Anzeigen: Claudia Scheid Telefon: 0 84 42 / 92 53-7 04 Erscheinungsweise: monatlich Der Pfaffenhofener erhalten Sie in der Buchhandlung Osiander, der Buchhandlung Kilgus, bei Schreibwaren Daubmeier, Schreibwaren Prechter, Tabak Bergmeister, Tabak Breitner etc. Nächste Ausgabe voraussichtlich Freitag, 24. 02. 2017 „Gefährliche Empfehlungen“: Tom Hillenbrand liest G efährliche Empfehlungen“, der neue Roman des SpiegelBestsellerautors Tom Hillenbrand, hat vor wenigen Tagen seine Buchpremiere in Luxemburg gefeiert. Schon im März stellt der Autor seinen kulinarischen Krimi auch in Pfaffenhofen vor: Am Donnerstag, 16. März 2017, um 20 Uhr liest er auf der Pfaffenhofener Lesebühne im Theatersaal im Haus der Begegnung. Frankreichs legendärer Gastroführer „Guide Gabin“ lädt zu einem rauschenden Fest in seinem neuen Firmenmuseum in Paris, und der Luxemburger Koch Xavier Kieffer ist mittendrin. Während der Feier verschwindet eines der Exponate – die extrem seltene Ausgabe des „Guide Bleu“ von 1939, von der nur wenige Exemplare existieren. Kieffer beginnt, Nachforschungen anzustellen. Bald erfährt er, dass wegen der Sternebibel bereits mehrere Menschen sterben mussten. Aber was ist so gefährlich an einem über 70 Jahre alten Restaurantführer? Für Kieffer beginnt ein bedrohliches Wettrennen um ein Geheimnis, das weit bis in den Zweiten Weltkrieg zurückreicht und an dem auch verschiedene Geheimdienste großes Interesse zeigen. Tom Hillenbrand gelingt ein außerordentlich spannender Krimi, gespickt mit historischen Fakten, fulminanten Wendungen und kuriosen Einfällen, mit einer Schnitzel-Jagd, die es in sich hat und die seinen Helden aus dem Grande-Ducale neben Luxemburg auch nach Paris, Berlin und Lothringen führt. Und ganz nebenbei und sehr elegant erzählt Hillenbrand in „Gefährliche Empfehlungen“ die Geschichte der französischen Küche von ihren Anfängen über Escoffier und Bocuse bis heute und nimmt dabei die moderne „Plastikbrasserie“ aufs Korn. Tom Hillenbrand, geboren 1972 in Hamburg, studierte Politik, volontierte an der HoltzbrinckJournalistenschule und war Ressortleiter bei Spiegel Online. Seine Sachbücher und Romane – darunter die kulinarischen Krimis mit dem Luxemburger Koch Xavier Kieffer als Ermittler – haben sich bereits Hunderttausende Male verkauft, wurden in mehrere Sprachen übersetzt und standen „Ich liebe die bayerische Küche“ Ein Vortrag mit dem Autor, Papst-Versteher und Vatikan-Insider Andreas Englisch im Kloster Scheyern auf der Spiegel-Bestseller- sowie der Zeit-Bestenliste. Für seinen Roman „Drohnenland“ wurde er u. a. mit dem Friedrich-Glauser-Preis für den besten Kriminalroman des Jahres 2015 ausgezeichnet. Der Kartenvorverkauf für die Lesung in Pfaffenhofen startet am Freitag, 27. Januar. Karten gibt es bei der Buchhandlung Osiander, beim Pfaffenhofener Kurier, bei Elektro Steib, beim intakt Musikinstitut sowie online unter www.okticket.de zum Preis von 10 bzw. ermäßigt 8 Euro im Vorverkauf. An der Abendkasse kostet der Eintritt 12 bzw. 10 Euro. Auf Einladung der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) spricht Andreas Englisch am Montag, den 27. März, 19.30 Uhr, im Kloster Scheyern. Karten gibt’s in den Pfaffenhofener Buchhandlungen Kilgus und Osiander sowie im Klosterladen. Der Reinerlös geht an das TansaniaProjekt der KAB. Andreas Englisch lebt seit 30 Jahren als Korrespondent in Rom und schreibt Enthüllungs-Bücher über den Vatikan. Ein Nestbeschmutzer ist er aber nicht. Eher ein Nutznießer. Der gelernte Journalist weiß, wie man gute Geschichten verkauft. Aus seinem Mund klingen selbst Skandale nicht anklagend, sondern unterhaltsam. In seinen Vorträgen bringt er die Zuhörer immer wieder zum Lachen, ohne die Kirche der Lächerlichkeit preiszugeben. Richtig glücklich ist er mit dem neuen Pontifex: Franziskus I. bietet viel Stoff für neue Bücher. STADTKULTUR Freitag, 27. Januar 2017 Der Pfaffenhofener | Seite 7 „Die Zeit der Feierabend-Sozis ist vorbei!“ Drei-Königs-Treffen der SPD in Wolnzach von Heinz Hollenberger „Wer sich immer nur raus hält, ist auch schuld, wenn wir in einer Welt aufwachen, die wir so gar nicht haben wollen!“ Der SPD-Kreisvorsitzende Markus Käser beschwört im Hopfenmuseum den „Geist von Wolnzach“. Schließlich habe das Drei-Königs-Treffen der SPD in den letzten sechs Jahren immer wieder Impulse für die Politik im gesamten Landkreis gebracht. Käser verweist unter anderem auf die Koordination ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer, auf sozialen Wohnungsbau und auf den vierten Rettungswagen für den Landkreis, den der Bürgermeisterkandidat der Wolnzacher SPD, Werner Hammerschmid, gefordert hatte und der demnächst sogar um ein fünftes Fahrzeug ergänzt werden soll. Der Auftakt des Jahres 2017 stand bei der Landkreis-SPD ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit. Nicht zuletzt wegen der umstrittenen Erweiterung der Hühnermastanlage im Ortsteil Eschelbach. Die Sozialdemokraten hatten Micha Lohr vom Bund Naturschutz eingeladen, der über das Vorhaben ausführlich informierte. Auch weitere Umweltaktivisten wie Dr. Peter Bernhart waren ins Hopfenmuseum gekommen, persönlich begrüßt vom SPD-Kreisvorsitzenden, der an die vielen Protestaktionen in bunten Kostümen erinnerte und sich für dieses langjährige Engagement bedankte. Micha Lohr nannte viele Gründe, warum der Bund Naturschutz die geplante größte Hähnchenmastanlage Bayerns in Eschelbach verhindern will. 2016 wurden nach seinen Angaben 35 Mastbetriebe untersucht. In jeder einzelnen seien multiresistente Keime in der Abluft, im Abwasser und im Mist gefunden worden. Multiresistente Keime bereiten der Medizin zunehmend große Probleme, weil es keine Medikamente gegen solche Erreger gibt und davon befallene Patienten oft sterben. Experten machen den massenhaften Einsatz von Antibiotika in Tiermastanlagen für immer häufiger auftretende multiresistente Keime verantwortlich. Micha Lohr berichtete auch über unzureichende Brandschutzmaßnahmen in den eingereichten Planungsunterlagen. Danach müssten die 144.600 Hähnchen bei einem Feuer in der Anlage verbrennen. Doch nach Einschätzung des Wolnzacher BN-Ortsvorsitzenden verstößt eine solche Planung gegen geltendes Recht. Gesetzlich erlaubt ist jedoch eine Fläche von gerade mal einem DIN A5-Blatt Papier und einem Bierdeckel als definiert ausreichender Lebensraum für ein Masthähnchen. Markus Käser bestätigte, dass das Landratsamt beim Genehmigungsverfahren für die Erweiterung der Anlage in Eschelbach allein nach der Gesetzeslage entscheiden muss. „Schließlich leben wir in einem Rechtsstaat. Aber wir machen die Gesetze“, erinnerte Käser an ein Grundprinzip der parlamentarische Demokratie. Seit Jahren versuche die SPD die Gesetzeslage so zu verändern, dass Kommunen und Bürger beim Bau von Großmastanlagen nicht nur gehört werden, sondern verbindlich darüber abstimmen dürfen. Doch das scheitere immer wieder an den CSU-Ministern in Berlin, so Käser, der Ramsauer, Aigner und Schmidt namentlich erwähnt. Das Bundesumweltministerium unter der SPD-Ministerin Hendricks dagegen versucht seit geraumer Zeit zu erreichen, dass Kommunen und Bürger direkt über Großmastanlagen entscheiden können. Dazu zählen laut Markus Käser alle Ställe mit mehr als 15.000 Legehühnern, 600 Rindern oder 1.500 Mastschweinen, auch im landwirtschaftlich privilegierten Außenbereich. In Eschelbach seien mittlerweile auch schon Tatsachen geschaffen worden, berichtet Micha Lohr. Denn das Landratsamt habe einen vorzeitigen Baubeginn zugelassen und der Antragssteller bereits größere Mengen Erde bewegt und faktisch mit der Vorbereitung der Baumaßnahme begonnen. Doch die Gegner der Betriebserweiterung sammeln nach wie vor Unterschriften gegen die Maßnahme, auch unter den Genossen beim Drei-Königs-Treffen in Wolnzach. Letztendlich gehe es um einen Bewusstseinswandel, darin war man sich einig. Die SPD fordert, schon Schulkindern klarzumachen, dass gute Ernährung auch mit der artgerechten Aufzucht der Tiere zu tun hat – und konsequent nur nachhaltige Produkte in Schulkantinen anzubieten. Bei der kleinen Landesgartenschau Natur in Pfaffenhofen 2017 ist genau dies geplant. Übrigens zum ersten Mal in der Geschichte der Veranstaltung. Nachhaltigkeit wird sich dabei laut Markus Käser nicht nur auf die Gastronomie beziehen, sondern z. B. auch auf saubere Quellen für den dort benötigten Strom. ANSICHTEN Seite 8 | Der Pfaffenhofener Freitag, 27. Januar 2017 Blaue Stunde Ausstellung des Kunstkreises über eine besondere Tageszeit von Claudia Erdenreich D ie Zeit zwischen Tag und Dunkelheit hat seit jeher Künstler inspiriert. Jene kurze Phase, wenn der Himmel sich tiefblau färbt, wenn die Kontraste weich werden, die Stimmung melancholisch. Eine Spanne zwischen Traum und Realität, hellem Alltag und verheißungsvoller Nacht. Eine halbe Stunde hält dieses besondere Licht in unseren Breitengraden an, maximal eine Stunde. Auch der frühe Morgen würde diese blauen Stunden bieten, sie wirkt aber offenbar gleich nach dem Aufstehen auf die meisten Menschen bei wei- tem nicht so mystisch und sinnlich. Dichter haben das vielfältig beschrieben, Maler versuchten es mit allen Techniken einzufangen, zu interpretieren, auch Fotografen nut- zen das Licht immer wieder für eindrucksvolle Aufnahmen. „Blaue Stunde“ lautete das Motto der diesjährigen Ausstellung des Kunstkreises in der Städtischen Galerie. Fünfzehn Künstlerinnen und Künstler stellten insgesamt 21 Werke im Haus der Begegnung aus. Dabei gehen sie ganz unterschiedliche an das Thema heran. Titel wie etwa „Abendspaziergang“ oder „Flusslandschaft“ zeigen den Inhalt auf, „Leuchtendes Blau“ greift die Farbe auf. Die Formate sind vorgegeben, daher wirkt die Ausstellung trotz ganz unterschiedlicher Techniken und Materialien ruhig und klar. Die meisten Werke sind abstrakt, viele greifen das intensive Blau als Hauptfarbe in ihrem Bild auf, Öl und Aqua- rellfarben werden von den meisten Künstlern verwendet. Der Rohrbacher Kunstschmied Ernst Eder zeigt als Gastaussteller zudem faszinierende Edelstahlfiguren als seine Interpretation der blauen Stunde. Die Bilder und Objekte laden ein zum Betrachten und Entspannen, die ausliegende Preisliste verlockt mit sehr moderaten Preisen dazu, sich eins der Werke für die eigene Wohnung auszuwählen. Dorothee Bornemann eröffnete als neue Vorsitzende des Kunstkreises die Ausstellung und freute sich über die zahlreichen Gäste, darunter viele der ausstellenden Künstler und weitere Künstler aus der Region. Kulturreferent Reinhard Haiplik setzte die „Blaue Stunde“ in den Kontext von alt und neu, Vergangenheit und Zukunft. Er erinnerte an Gottfried Benn und Ingeborg Bachmann, die über diese besondere Stunde schrieben und ging dann auf die ausstellenden Künstler und ihre Werke ein.
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