Finanzierung & Entgeltsystem Gut sortiert Thomas Mache Gemeinsam mit der AG Psychiatrie und Psychosomatische Medizin hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus das Betreuungsintensitätsmodell einheitlicher gestaltet. Psychiatrien sollen in der Kostenträgerkalkulation mit diesem Schlüssel die Residualgröße auf den Stationen möglichst verursachungsgerecht zuweisen können. Das neue Modell hat gegenüber seinem differenzierteren Vorgänger sowohl Vor- als auch Nachteile. Eine Analyse. Z um Datenjahr 2013 hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) in einer Änderung des Kalkulationshandbuchs zum pauschalierenden Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) die Auswahlmöglichkeiten für die Verwendung des BIM eingeschränkt. Das neue einheitliche Betreuungsintensitätsmodell (BIM 2013) weist einen deutlich niedrigeren Differenzierungsgrad auf. Dies lässt erwarten, dass es dadurch zu einer geringeren Streuung zwischen den einzelnen Behandlungstagen kommt und den Fällen gewisserma- ßen einheitliche Kosten zugewiesen werden. Diese These konnte jedoch auf Basis der Daten nur bedingt bestätigt werden. Die Residualgröße beinhaltet die Personal- sowie Sach- und Infrastrukturkosten im Stationsbereich, die sich nicht anhand einer Leistungsdoku- Foto: Fotolia 1058 f&w 11/2014 Finanzierung & Entgeltsystem Kosten drei Merkmalen und Ausprägungen zuordnen Ausgenommen vom neuen, zum Datenjahr 2013 entwickelten Modell sind die Kinder- und Jugendpsychiatrien (KJP), für die weiterhin ein gesondertes BIM zu verwenden ist, sowie jene Häuser, die die Leistungserfassung und Prozessdokumentation im Gesundheitswesen (LEP) anwenden. Im einheitlichen BIM sind täglich drei Bereiche mit je drei möglichen Ausprägungen zu bewerten: ■ der psychisch begründete Aufwand, ■ der somatisch begründete Aufwand, ■ der sozial begründete Aufwand. Letzterer weist eine geringere Gewichtung auf. Diese drei Bereiche müssen täglich in eine der drei möglichen Ausprägungen ■ kein erhöhter Aufwand, ■ deutlich erhöhter Aufwand, ■ stark erhöhter Aufwand eingestuft werden. Da das BIM als Schlüssel zur Verteilung eines hohen Anteils der Kosten dient, lohnt ein Blick darauf, welche Änderungen sich durch die Umstellung auf das einheitliche BIM ergeben haben. f&w 11/2014 Abb. 1: Boxplot BIM 3,00 Relation zum Mittelwert mentation oder als Einzelkosten direkt dem Patienten zuordnen lassen. Diese Kosten, mit Ausnahme der Infrastrukturkosten, werden, gewichtet nach der BIM-Einstufung, auf die Patiententage verteilt. Die Infrastrukturkosten auf den Stationen hingegen werden nach InEK-Vorgaben anhand der Pflegetage verteilt. Der Anteil der Residualgröße an den Gesamtkosten beläuft sich nach Redcom-Erfahrungswerten zwischen 79 und 87 Prozent, wobei 45 bis 60 Prozent der Gesamtkosten über das BIM verteilt werden. Dies bedeutet, dass in den Psychiatrien nur 13 bis 21 Prozent der Kosten über dokumentierte Leistungen oder Einzelkosten direkt zugeordnet werden können. Ziel ist es, einen möglichst hohen Anteil der Kosten direkt zuzuordnen, da das BIM nur als Schlüssel zur Verteilung gilt und die Kosten nur näherungsweise verursachungsgerecht verteilen kann. 2,50 2,00 1,50 1,00 0,50 0,00 Altes Modell Um diese herauszuarbeiten, wurden die Daten aus der Kalkulation 2012 mit denen zweier Häuser aus dem ersten Halbjahr 2013 verglichen, die noch 2012 ein ähnliches BIM verwendet hatten. Für das erste Datenjahr 2012 wurde das Vorgängermodell BIM 2012 verwendet, das in einer Einrichtung um die Merkmalsausprägung „somatischer Aufwand“ ergänzt wurde. KJP-Patienten waren von der Analyse ausgenommen. Das neue Modell unterscheidet sich vom alten vor allem in der Anzahl der zu bewertenden Bereiche: BIM 2012 wies elf verschiedene Bereiche mit bis zu sechs Ausprägungsmöglichkeiten auf. Das einheitliche Modell bietet, wie bereits beschrieben, nur noch drei Bereiche mit je drei möglichen Ausprägungen. Geringere Differenzierung gleich geringere Streuung? Verschiedene Ansätze untersuchten, ob die geringere Differenzierung im einheitlichen Modell auch zu einer geringeren Streuung der Tageskosten und somit zu mehr oder weniger einheitlichen Kosten führt. Ein Ansatz errechnete für die beiden Einrichtungen auf Tagesebene die durchschnittliche Abweichung der BIM-Einstufung zum Tageskosten-Mittelwert auf Stations- und auf Hausebene. Die Auswertung auf Stationsebene erfolgte vor dem Hintergrund, die Ergebnisse um den möglichen Einfluss einer stationsbezogenen, unterschiedlichen Interpretation des BIM zu bereinigen. Die BIM-Tageswerte im alten Modell Neues Modell weichen in den beiden Modelleinrichtungen im Schnitt auf Stationsebene um 19,49 beziehungsweise 22,14 Prozent und auf Hausebene um 28,25 beziehungsweise 29,03 Prozent vom Mittelwert ab. Im neuen Modell hingegen zeigt sich eine höhere durchschnittliche Abweichung von 31,80 und 32,17 Prozent auf Stationsebene sowie 45,79 und 46,21 Prozent auf Hausebene. Die durchschnittliche relative Abweichung vom Mittelwert ist trotz reduzierter Bewertungsmöglichkeiten deutlich gestiegen. Dies lässt sich dadurch erklären, dass eine abweichende Ausprägung in einem weniger differenzierten Modell, relativ gesehen, eine größere Auswirkung hat. Eine Erhöhung der BIM-Eintragung um den Wert eins (zum Beispiel der sozial begründete Aufwand erhöht sich von „kein erhöhter Aufwand“ auf „deutlich erhöhter Aufwand) hat im einheitlichen Modell, bezogen auf die durchschnittliche Ausprägungshöhe (4,12), eine relative Erhöhung von 24,3 Prozent zur Folge. Im alten Modell 7.1 beträgt die Erhöhung um einen BIMPunkt dagegen nur 5,6 Prozent bei einer durchschnittlichen Ausprägungshöhe von 17,87. Ebenso ist zu beachten, dass im einheitlichen Modell in zwei der drei Aufwandsdimensionen (psychisch und somatisch begründeter Aufwand) eine höhere Einstufung eine Erhöhung um den Wert zwei zur Folge hat. Um die größere Streuung im neuen Modell grafisch abzubilden, eignet sich ein Boxplot-Diagramm (Abbildung 1). Die Daten beider Modelle von einer 1059 Finanzierung & Entgeltsystem Abb. 2: Prozentuale Verteilung BIM 2013 80 70 Anteil der Kalkulationstage 60 50 Haus 1 Haus 2 40 30 20 10 0 3 4 5 6 7 8 BIM-Punktwert 9 10 11 12 13 Abb. 3: Prozentuale Verteilung BIM 2012 Anteil der Kalkulationstage (in Prozent) 16 14 12 10 Haus 1 Haus 2 8 6 4 2 0 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 BIM-Punktwert Einrichtung auf Tagesebene werden darin in Relation zum Mittelwert gebracht und miteinander verglichen. Dabei zeigt sich, dass die Box – begrenzt vom oberen und unteren Quartil – im neuen Modell deutlich breiter ist. Das neue Modell wird besser angenommen Des Weiteren haben die Analysen ergeben, dass die beiden Einrichtungen durch das neue (weniger komplexe) Modell deutlich mehr Änderungen der Einstufungen auf Fallebene vornehmen. Während es im alten Modell nur an 10,92 beziehungsweise 16,95 Prozent der Tage auf Fallebene zu Ände- 1060 35 37 39 41 43 45 47 49 rungen in den Einstufungen kam, war dies im neuen Modell an 17,52 und 21,39 Prozent der Tage der Fall. Dass es nicht etwa in einem differenzierteren Modell zu häufigeren Änderungen kommt, ist möglicherweise damit zu begründen, dass das neue Modell besser angenommen wird, da es schneller auszufüllen ist. Deutlich häufiger erfolgen Änderungen in den Tageseinstufungen. In einem komplexeren Modell neigen Mitarbeiter gegebenenfalls dazu, die Einstufungen nur fortzuschreiben. Eine geringere Streuung der BIMPunkte und damit der Kosten zeigt sich jedoch in der Betrachtung der prozentualen Verteilung der einzelnen Punktwerte. Im BIM 2013 wurden 66,52 beziehungsweise 41,50 Prozent der Kalkulationstage mit der Minimalbewertung von drei Punkten (Abbildung 2) versehen. Dieser Wert wird erreicht, wenn in keiner der drei Aufwandsdimensionen ein deutlich erhöhter Aufwand festgestellt wird. Die Häufigkeit dieser Minimalbewertung ist insoweit nicht verwunderlich, da es die Vorgabe gibt, in Grenzfällen immer die niedrigere Stufe zu wählen. Zum Vergleich wurde der Punktwert mit den häufigsten Eintragungen im alten Modell nur an 12,82 beziehungsweise 14,98 Prozent der Kalkulationstage gewählt (Abbildung 3). Dadurch wird ein Großteil der Kalkulationstage im neuen Modell mit einem Einheitspunktwert und einheitlichen Kosten im Stationsbereich bewertet. Ergibt sich jedoch bei einem Patienten eine höhere Einstufung aufgrund einer Auffälligkeit, so hat dies, relativ gesehen, im neuen Modell eine größere Auswirkung auf die Kostenzuordnung. Die Ansätze untersuchten ebenfalls, ob ein höherer durchschnittlicher BIMPunktwert in Korrelation zur Höhe der Personalkosten auf den Stationen steht. Tatsächlich gibt es in den beiden Einrichtungen keinen klaren Zusammenhang zwischen der Höhe des BIMPunktwerts und den Personalkosten pro Aufenthaltstag. Dies stellt die Verursachungsgerechtigkeit des Betreuungsintensitätsmodells infrage, da aufwendigere Patienten mit einer höheren Personaldichte und somit höheren Personalkosten einhergehen sollten. Jedoch muss hierbei beachtet werden, dass auch die subjektiv unterschiedlichen Einschätzungen der Mitarbeiter und Auslastungsunterschiede Einfluss auf das Ergebnis haben. Das neue Modell verändert auch die relativen BIM-Eintragungen einiger Hauptdiagnosegruppen (HDG) deutlich. Die HDG F10 (Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol), F11–19 (Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Drogen) und F2 (Schizophrenie/wahnhafte Störungen) erhalten durchschnittlich in beiden Einrichtungen mitunter deutlich höhere relative BIM-Einstufungen. Auffällig ist hierbei jedoch, dass sich die Höhe der Abweichungen in f&w 11/2014 Finanzierung & Entgeltsystem den beiden Einrichtungen stark unterscheidet. Bei den Hauptdiagnosegruppen F3 (Affektive Störungen), F5 (Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren) und F6 (Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen) hingegen sinkt die durchschnittliche relative BIM-Punktzahl im neuen Modell. Für die HDG F0 (Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen) ergibt sich in beiden Einrichtungen kein einheitliches Bild, wohingegen die restlichen HDG eine zu geringe Fallzahl für eine fundierte Analyse aufweisen. Trotz der geringeren Differenzierung weist das BIM 2013 eine höhere durchschnittliche Abweichung zum Mittelwert auf. Jedoch führt das neue Modell auch dazu, dass ein großer Anteil der Tage mit der Minimalbewertung versehen wird. Dadurch werden den Patienten an vielen Kalkulationstagen im Stationsbereich Einheitskosten zugeordnet. Ein Zusammenhang zwischen der Höhe der BIM-Punkte und der entsprechenden Personalkosten auf den Stationen war nicht nachzuweisen. Eine Aussage bezüglich einer gestiegenen Verursachungsgerechtigkeit kann auf Basis der Daten nicht getroffen werden. Positiver Effekt der Umstellung ist jedoch, dass sich die Beteiligten auf ein einheitliches Modell geeinigt haben, das gut angenommen wird. Dies vereinfacht auch dem InEK die Vergleichbarkeit der Daten und trägt somit zur Entwicklung des Entgeltsystems bei. www.BibliomedManager.de Was unsere Besucher in den letzten vier Wochen am meisten interessierte: ßen? News: orte schlie d n a t s ik n li 195 K Fachartike l: Kasseler Erk lärung Anschrift des Verfassers: Thomas Mache Account Management REDCOM Unternehmensberatung im Gesundheitswesen GmbH Karl-Ludwig-Straße 23 68165 Mannheim oche: Story der W -Daten Geo Im Sog der Sie haben Fragen? Gerne stehen wir Ihnen zur Verfügung. Petra Volk, Bibliomed Medizinische Verlagsgesellschaft mbH Stadtwaldpark 10, 34212 Melsungen Tel.: 0 56 61 / 73 44-79, E-Mail: [email protected] f&w 11/2014 1061
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