Hollywood erzählt Mythen

Hollywood
erzählt Mythen
Über das Buch:
Mythen bilden die Grundlage des erfolgreichen HollywoodKinos. Autoren in Hollywood haben die Kraft alter Mythen entschlüsselt und auf moderne Geschichten übertragen. Erst mit
Hilfe von Mythen verstehen Sie eine Geschichte auf ihrer tiefen
Ebene. Dadurch können Sie das Potenzial Ihres Romans oder
Filmdrehbuchs voll ausschöpfen und zur idealen Entfaltung
bringen. „Hollywood erzählt Mythen“ liefert Ihnen in diesem
Band den erzählerischen Kern des Liebesfilms. Dieses Buch ist
einerseits ein Nachschlagewerk, andererseits kann es Ihnen wertvolle Hilfe leisten, eine Geschichte zu gestalten.
Über den Autor:
Jürgen Mohring arbeitete als Lektor für eine große Filmproduktionsfirma und gibt Seminare über das Drehbuch-Schreiben. Seine
wichtigsten Fachbücher beschäftigen sich mit der Erzähltheorie
und damit, wie Geschichten über ihre Tiefenstruktur besser verstanden werden. Es geht bei Erzählungen immer auch um Mythen und um wiederkehrende Muster, die Jürgen Mohring in
seinen Büchern ausführlich beschreibt. Der Autor studierte zuerst
Literaturwissenschaft und diplomierte an der Filmhochschule
Babelsberg im Fach „Film- und Fernseh-Dramaturgie“.
Jürgen Mohring
Hollywood
erzählt Mythen
Teil 1: Das Geheimnis
erfolgreicher Liebesgeschichten
Copyright © 2017 Jürgen Mohring
Cover-Foto © „serhiibobyk“/Fotolia.com
Lektorat und Korrektorat: V. Lavrynovska
2. erweiterte und verbesserte Auflage
Verlag: tredition, Hamburg
ISBN 978-3-7345-8847-1 (Paperback)
ISBN 978-3-7345-8848-8 (Hardcover)
Inhaltsverzeichnis
Einführung ....................................................................................................... 9
Grundlegende Gedanken über Liebesgeschichten ......................................... 12
A. Mythische Themen .............................................................................. 18
1. Verbotene Liebe ......................................................................................... 33
2. Liebe & Eifersucht ...................................................................................... 40
3. Die heimliche Liebesbeziehung .................................................................. 45
4. Liebe auf Umwegen ................................................................................... 51
5. Die Liebesintrige ........................................................................................ 56
6. Liebeslügen ................................................................................................ 62
7. Obsession ................................................................................................... 69
8. Liebesentdeckungen .................................................................................. 74
9. Rache nach Trennung ................................................................................ 79
10. Trennungsduell ........................................................................................ 84
11. Liebe wird belastet................................................................................... 90
12. Die zweite Chance .................................................................................... 95
13. Der heimliche Verehrer .......................................................................... 101
14. Aufstieg oder Abstieg durch Liebe ......................................................... 107
15. Käufliche Liebe ....................................................................................... 113
16. Schwierige Partnerwahl ......................................................................... 119
17. Verwandlung ......................................................................................... 125
18. Den Geliebten in Not retten ................................................................... 131
19. Wachgeküsst werden ............................................................................ 136
20. (Lieben) lernen durch Verwechslung ..................................................... 143
B. Mythische Figuren ............................................................................. 150
Der Protagonist ........................................................................................... 152
Die Hauptfiguren......................................................................................... 153
Die Nebenfiguren ........................................................................................ 154
C. Motivationsmythen ........................................................................... 156
Das Want-und Need-Modell ....................................................................... 158
D. Mythische Eigenschaften ................................................................. 161
Mit dualen Paaren einen Charakter finden ................................................. 164
E. Mythische Handlungen .................................................................... 168
Figuren positionieren über Handlung ......................................................... 170
Wendepunkte.............................................................................................. 173
F. Mythische Gegenstände ................................................................... 175
Gegenstände fördern Liebe oder wirken trennend ..................................... 177
Erinnerungen wecken.................................................................................. 178
Gegenstände charakterisieren Figuren ....................................................... 178
G. Mythische Orte .................................................................................. 180
Mit Orten Figuren charakterisieren ............................................................ 182
Orte erzeugen Nähe oder Ferne .................................................................. 182
H. Das mythische Erzählmodell .......................................................... 184
Das 3-Akt-Schema ....................................................................................... 186
Das Modell der zehn dramatischen Teile .................................................... 187
Plots erschaffen .......................................................................................... 195
Zusammenfassung Liebesgeschichten ......................................................... 201
Mythen und ihre praktische Anwendung..................................................... 204
Schlusswort: Über Mythos und Wahrheit .................................................... 206
Film-Index .................................................................................................... 209
Literaturangaben ......................................................................................... 213
Quellenangaben .......................................................................................... 214
Einführung
Schon Tausende Autoren vor Ihnen haben die Kraft der Mythen
erkannt und in ihren Geschichten eingesetzt. Über das Verständnis von Mythen gelangt ein Autor auf die tiefere Ebene einer Geschichte. Dort findet er den Kern der Story. Wenn Sie als Autor
wissen, worum es geht, können Sie viel gezielter Ihre Geschichte
gestalten.
Dieses Buch macht Ihnen die wichtigste Aufgabe des Schreibens leichter: Sie lernen, wie Sie den essentiellen Kern Ihrer Geschichte finden. Mythen gibt es nicht wie Sand am Meer. Mögliche Mythen zu erkennen und richtig einzusetzen, ist wichtig, um
eine Geschichte erfolgreich zu gestalten.
Nur wenige Erzählungen überdauern Jahrhunderte oder gar
Jahrtausende. Nur diejenigen Erzählungen haben eine Chance
Zeiten zu überdauern, die einem Mythos folgen. Ich möchte
Ihnen mit diesem Buch zeigen, wie Sie die Mythen hinter einer
Geschichte erkennen können. Das soll Ihr kreatives Wissen um
Geschichten, und wie vielfältig man sie erzählen kann, erweitern.
In diesem Buch werden Sie außerdem erkennen, dass es viele
Varianten gibt, eine Geschichte zu erzählen. Sie sollen aber auch
verstehen, dass es nicht unendlich viele Wege und Möglichkeiten
gibt, Menschen mit Geschichten emotional anzusprechen und zu
berühren.
Hollywood hat es erkannt, dass man mit Mythen nicht nur Millionen von Menschen erreichen, sondern auch Geld verdienen
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kann. Mythen sind die Grundlage des Hollywood-Kinos und
bilden den Mythos „Hollywood“.
Hollywoods Autoren haben die Kraft alter Mythen und Archetypen entschlüsselt und auf moderne Geschichten übertragen.
Mythen und Archetypen sind es, die kulturübergreifend von
allen Menschen dieser Welt verstanden werden.
Es gibt verschiedene Arten von Mythen, die dieses Buch behandeln wird. Es gibt geschichtliche oder erzählerische Mythen,
wie Sagen, Legenden und Märchen. Daraus leitet dieses Buch
sogenannte „mythische Themen“ ab. Mythische Themen sind
etwa „Rache nach Trennung“, „Die Liebesintrige“ oder „verbotene Liebe“. Mythische Themen zeichnen sich dadurch aus, dass sie
immer wieder und über Jahrhunderte hinweg in Erzählungen
vorkommen.
Wenn Sie die mythischen Themen verstehen, dann erkennen
Sie leichter, woraus viele Erzählungen in ihrem Inneren aufgebaut sind. Doch es gibt noch weitere Bausteine, aus denen Erzählungen bestehen. Es gibt Gegenstände, die von großer Bedeutung
sind, wie zum Beispiel ein Schatz, um den gekämpft wird. Im
Bereich der Liebesgeschichten sind diese wichtigen Gegenstände
Botschaften der Liebe, wie etwa Briefe, Geschenke für den Geliebten oder ein Ring, der für ein Versprechen steht.
Es gibt seit Tausenden Jahren bestimmte Gegenstände, die in
Sagen, Märchen und Erzählungen immer wieder eingesetzt werden und eine bestimmte Funktion besitzen. Diese Gegenstände
können auch als „mythische Gegenstände“ bezeichnet werden.
Geschichten sind aus weiteren Komponenten aufgebaut. Es gibt
zum Beispiel mythische Orte, wie Höhlen, Berge, Schlösser und
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Schatzkammern. Orte können - wie Gegenstände auch - einen
mythischen Charakter besitzen. Ich werde Ihnen in diesem Buch
mehrere mythische Elemente vorstellen, aus denen Geschichten
aufgebaut sind. Mythische Elemente sind die bereits erwähnten
„Themen“, aber auch „Handlungen“, „Orte“, „Figuren“ und
noch vieles mehr. Mythische Elemente sind Grundbestandteile
oder wesentlichen Essenzen von erfolgreichen Erzählungen, Romanen und Kino-Filmen.
Dabei sind mythische Elemente nichts Abstraktes. Sie sind
meistens ganz konkret: ein Liebesbrief, ein Blick in die Augen, ein
Kuss auf den Mund. Mit Hilfe dieser Elemente können Sie Ihre
Erzählung aufbauen und erschließen. Sie lernen in diesem Buch,
welche mythischen Elemente Liebesfilme und Liebesgeschichten
besitzen.
Mythen können Sie einsetzen, wie Bausteine aus einem Baukasten. Geschichtenerzählen ist Handwerk. Für jedes Handwerk gibt
es Werkzeuge und Materialien. Auch für den Bau von Liebesgeschichten.
Das Ihnen vorliegende Buch ist einerseits ein Nachschlagewerk.
Andererseits kann Ihnen dieses Buch als praktische Hilfe zur
Gestaltung Ihrer Geschichten dienen. Sie können die Erkenntnisse nicht nur für Filmdrehbücher, sondern auch für Romane, Erzählungen und Theaterstücke verwenden.
Mit diesem Buch lernen Sie die erfolgreichsten Bestandteile von
Love-Storys kennen. Mythische Elemente sind die Grundlagen
der erfolgreichsten Geschichten dieser Welt. Lernen Sie, damit
umzugehen, zu variieren und zu spielen. Und Ihre Geschichte
wird in Zukunft eins besitzen: Die Kraft eines Mythos.
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Grundlegende Gedanken
über Liebesgeschichten
Bevor wir uns mit dem Hauptteil des Buches näher beschäftigen werden, möchte ich vorab verschiedene Aspekte und Gedanken darstellen, die zum Liebesfilm beziehungsweise zu einer
Love-Story gehören.
Im Liebesfilm geht es um Nähe und um Gefühle zwischen zwei
Menschen. Liebesgeschichten handeln aber auch davon, dass sich
das Leben völlig verändert, sobald sich einer in einen anderen
verliebt. Mit dem Verliebt-Sein öffnet sich eine neue Welt. Ein
Mensch beginnt anders wahrzunehmen, anders zu handeln, zu
denken und zu fühlen.
Das Gefühl, „Schmetterlinge im Bauch“ zu haben, ist nicht einfach darzustellen. Eine Person kann bei der Arbeit abwesend sein
und Fehler machen. Sobald die Person jedoch mit ihrem Geliebten zusammen ist, hat sie nur noch Augen und Ohren für den
anderen. Ein Liebender vergisst alles andere auf der Welt – er
lebt allein für seine Liebe.
Von der Liebe geht eine Kraft aus, die Menschen vollkommen
verändern kann. Was tun Menschen nicht alles aus Liebe? Für
den Ehepartner und die geliebten Kinder allein leben viele Menschen. Und viele Menschen setzen sogar ihr Leben für ihre Familie aufs Spiel, sobald diese in Not gerät.
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Vermutlich ist die Liebe die stärkste Antriebskraft für Lebewesen auf diesem Planeten. Folgender Leitgedanke könnte Sie deshalb als Autor eines Liebesfilms leiten oder führen…
Ein möglicher Leitgedanke
von Liebesfilmen
Die Macht der Liebe kann das Leben eines Menschen
vollkommen verändern.
Die Zuschauer wollen in einem Liebesfilm das Wirken der Liebe sehen. Alle Menschen glauben bewusst oder unbewusst an die
Kraft und an die Macht der Liebe. Wie stark diese Liebe belastbar
ist oder wie weit sie gehen kann, das sollten Sie als Autor mit
Ihren Figuren erkunden.
Natürlich können Sie auch ohne einen Leitgedanken und ohne
ein Leitmotiv auskommen oder sich einen eigenen Leitgedanken
vornehmen. Letztendlich kommen Sie weniger vom Weg und
von Ihrer Geschichte ab, wenn Sie sich einer solchen Idee verpflichten.
Verstehen Sie diese Vorschläge über Gedanken und Aspekte
des Films nicht als „Muss“ oder als Notwendigkeiten, sondern
als „Kann“ und als Möglichkeiten, sich einem Thema zu nähern.
Ein guter Liebesfilm beinhaltet außerdem zwei Aspekte der
Liebe: Er zeigt, wie eine Liebe entsteht und eine Beziehung vergeht oder umgekehrt.
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Die zwei Aspekte des Liebesfilms
Eine Liebe entsteht und eine Liebe vergeht.
Diese simple Erkenntnis, dass Liebe entsteht und Liebe vergeht,
ist die zentrale Handlungsanweisung für alle Liebesfilme. Als
Autor sollte man nicht nur eine wachsende und entstehende Liebe darstellen und wie die Liebenden füreinander kämpfen. Ab
einem bestimmten Punkt sollte die Liebe brüchig werden, belastet werden oder vergehen. Erst wenn eine Liebe auch das Vergehen aushält, wird sie zu etwas Großem und Einzigartigem. Der
Zuschauer will Liebesbeziehungen sehen, die Hindernisse bewältigen und Raum und Zeit überdauern.
In den meisten Liebesfilmen wird zuerst eine entstehende Beziehung gezeigt, die am Ende eine Bewährungsprobe mit einer
Trennung durchläuft. Sie können aber auch eine vergehende Liebe am Anfang zeigen und dann in eine entstehende neue Liebesbeziehung überleiten.
Liebesgeschichten erzählen von der Macht der Liebe. In ihrem
Zentrum geht es um zwei Menschen, die sich entweder näher
kommen oder sich voneinander entfernen. So funktioniert in groben Zügen eine Love-Story.
Am Anfang einer jeden Geschichte steht immer eine spannende
Situation, aus der sich eine Frage ergibt. Wie erschafft man derartige Situationen? Aristoteles hat ein Konzept dafür in seiner „Poetik“ bereits vor über 2000 Jahren beschrieben: Man lässt eine Situation vom Glück ins Unglück kippen. Dadurch erhält man eine
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spannungsvolle Ausgangslage, die man weiter ausbauen und
gestalten kann.
Aristoteles bezog sich allerdings nur auf Tragödien. Natürlich
kann man auch eine Situation vom Unglück ins Glück kippen
lassen. Beide Varianten sind gleichermaßen möglich. Immer ist es
jedoch ein wesentlicher Handlungsumschwung, der den Anlass
oder den Anfang einer Geschichte markiert.
Der Anfang einer Liebesgeschichte
Eine Situation kippt vom Glück ins Unglück
oder vom Unglück ins Glück.
Es gibt verschiedene Bezeichnungen für den ersten Handlungsumschwung einer Story. Der amerikanische Drehbuchlehrer Syd Field bezeichnet den Punkt als „Plot Point 1“. Andere
bezeichnen diese Stelle als „erregendes Moment“ (Gustav
Freytag) oder als „ersten Wendepunkt“ (Linda Seger).
Ich möchte Ihnen den ersten Wendepunkt anhand des Films
„Titanic“ (1997) erklären. Rose will sich das Leben nehmen und
trifft dabei auf Jack. Das ist noch kein Umschwung oder Wendepunkt. Es ist die Ausgangslage. Erst nachdem sie Jack in die feine
Gesellschaft einführt und sie sich in ihn zu verlieben beginnt,
kippt die Lage und die Mutter von Rose sagt: „Du wirst diesen
Jungen nicht wiedersehen!“ Hier beginnt der zentrale Konflikt
und man fragt sich als Zuschauer: Kommen die beiden Liebenden zusammen? Die Situation kippt hier vom Unglück (der An-
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fangslage) zum Glück, das Rose in den nächsten Stunden mit Jack
erleben wird.
Kommen wir zu einem weiteren Punkt, der Erzählperspektive.
Filme werden in den allermeisten Fällen von einer Art „allwissendem Erzähler“ erzählt. Das heißt, Filme können in der Perspektive von einer Handlung zu einer anderen und von einer
Person zur nächsten springen. Warum ist das für einen Autor
eine wichtige Information?
Die Erzählperspektive
Bleiben Sie immer nah an den Liebenden.
Als Autor können Sie zwischen den einzelnen Figuren eines
Films hin und her springen. Dadurch können Sie Spannung
durch Wissensvorsprünge erzeugen. Ich möchte Ihnen das wieder anhand des Films „Titanic“ erläutern. Hockley, der Verlobte
von Rose, beabsichtigt Jack, als Dieb zu entlarven. Der Film
springt weg von der Handlung zwischen den beiden Liebenden
und hin zum Antagonisten1 Hockley und seinem Helfer, dem
Butler. Dadurch erst wird die Handlung für den Zuschauer
spannend. Denn Hockley und der Butler planen eine Intrige. Der
Zuschauer weiß bald mehr als Jack und Rose. Jack ahnt überhaupt nicht, dass ihm ein Diebstahl untergeschoben werden soll
und er das Opfer einer Intrige werden wird.
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Antagonist = der mögliche Gegner in einer Geschichte
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Der Zuschauer befindet sich mit Hockley und dem Butler in einem Informations- oder Wissensvorsprung. Die Erzählperspektive kann also gezielt dazu verwendet werden Spannung zu erzeugen.
Sie wissen jetzt, dass Sie eine Erzählung aus den verschiedensten Perspektiven beleuchten können. Sie können eine Liebesgeschichte aber auch ganz privat und nur zwischen den beiden
Liebenden erzählen, und das sollten Sie vorwiegend auch tun.
Zu Beginn dieses Buches haben Sie einen kurzen Überblick
über Bestandteile von Liebesgeschichten bekommen. Wir werden
dies im weiteren Verlauf noch vertiefen. Im ersten Kapitel lernen
Sie „mythische Themen“ kennen. Je intensiver Sie sich mit Geschichten beschäftigen, umso mehr werden Sie feststellen, dass es
nur ein paar wenige wirklich publikumswirksame Themen gibt.
Für mich ist das Kapitel über „mythische Themen“ das Wichtigste des Buches, denn es hilft Autoren, ihre Ideen einzugrenzen
und zu finden. In den weiteren Kapiteln geht es darum, Ideen zu
gestalten und zu strukturieren. Der Aufbau des Buches folgt dem
System, dass man an eine Idee zuerst allgemein herangeht und
dann immer konkreter wird.
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A. Mythische Themen
I. Was sind „mythische Themen“?
„Rache nach Trennung“, „Liebesduell“, „Intrige“ und
„verbotene Liebe“ sind dramatische Themen.
Wenn ein Thema in der Erzählgeschichte über
Hunderte von Jahren immer wieder auftaucht und
von Autoren häufig verwendet wird, erhält das Thema
eine mythische Wirkung und wird zu einem
„mythischen Thema“.
II. Welche psychologische Funktion erfüllen
mythische Themen?
Ein Filmdrehbuch oder ein Roman hat in seinem
Zentrum ein einziges Thema. Doch es gibt noch weiteren Themen. Wenn ein Film zum Beispiel im Zentrum
eine „Liebesintrige“ besitzt, handelt er meist auch davon, dass sich zwei Menschen ineinander „verlieben“,
einer den anderen belügt und schließlich eine „Trennung“ stattfindet. Mehrere Themen dienen immer
dazu, dass eine Geschichte mehrdimensional und
abwechslungsreich erscheint.
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III. Welche dramaturgische Funktion erfüllen
mythische Themen?
Mythische Themen helfen Ihnen dabei, ein Thema von
einem anderen Thema abzugrenzen.
Mythische Themen helfen außerdem, Ideen zu
konkretisieren. Dadurch lässt sich der Kern einer
Geschichte leichter finden.
IV. Welche Funktion in Bezug auf die Figuren
erfüllen mythische Themen?
Da in einer Geschichte immer mehrere Themen behandelt werden (Zusammenfinden, Trennung, usw.),
beleuchten Themen eine Figur von verschiedenen
Seiten. Welche Themen Sie als Autor wählen, führt also
auch dazu, in welchem Licht eine Figur erscheint.
V. Welche tiefere Bedeutung können
mythische Themen besitzen?
Ein bestimmtes Thema sollte immer auch eine Herausforderung für einen der Liebenden sein.
Wenn einer die Wahrheit liebt und sich in einen
Lügner verliebt, dann muss sich der Liebende
extrem überwinden, um seine Liebe gegenüber
dem Lügner zu bewahren.
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Mythische Themen und Strukturen
Eine kurze Einführung
Je öfter Sie Filme betrachten, umso mehr werden Sie feststellen,
dass es zwischen ihnen Gemeinsamkeiten gibt. Die meisten Menschen haben nur ein Gefühl dafür, dass sich Filme einander ähneln. Sie können aber nicht sagen, was der Grund hierfür ist.
Liegt es vielleicht am Genre, weshalb Filme Ähnlichkeiten vorweisen? Genres sind etwa „Western“, „Abenteuerfilm“ oder
„Liebesfilm“. Sicherlich mag das ein Grund sein, denn das Genre
gibt Auskunft über den Inhalt.
Das Genre des Liebesfilms handelt von Liebe. Liebesfilme gibt
es zwar Tausende, doch es gibt Liebesfilme, die sich einander
und auf einer tieferen Ebene gleichen. Manche Liebesfilme besitzen zum Beispiel das Thema von „Cinderella“. Das ist das Märchen von Aschenputtel, in dem die eifersüchtige Stiefmutter die
Liebe zwischen Cinderella und dem Prinzen zu verhindern versucht. Es gibt viele Filme, die genau dieses Thema erzählen, wie
zum Beispiel „Cinderella Story“ (2004) und „Auf immer und
ewig“ (1998).
Wenn man das Cinderella-Thema noch genauer betrachtet,
dann erkennt man, dass sich auf einer noch tieferen Ebene ein
noch größeres Thema verbirgt. Es handelt sich um das Thema
„Liebe & Eifersucht“.
Bei „Liebe & Eifersucht“ geht es darum, dass sich zwei verlieben und ein eifersüchtiger Dritter im Weg steht. Diese Figuren-
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