Südkurier 14.01.2017

SÜDKURIER NR. 11 | UE
SAMSTAG, 14. JANUAR 2017
20
Überlingen
·· Meersburg
S20
AÜ M
D KS U
T ARGIÜberlingen
E, R1 4N. RJ. A1N1U |A RU E2 0 1 7
Meersburg
AM RANDE
NACHR ICHTEN
TIMO VOLLBRECHT
VON
S T EFA N H I L S ER
Jazz im
Augustinum
Verdreht
E
s gehört zu den schwierigsten Aufgaben, kleinen Kindern zu erklären,
warum die Leute in Australien nicht
aus der Welt fallen. Wir oben auf dem
Globus, die unten, da muss man doch
kopfüber ins Weltall purzeln. Und wenn
die Schwerkraft ganze Planeten in ihren Bann zieht, wenn dieser Magnet so
stark ist, dass er den Mond festhält, warum kann ich dann trotzdem Seilhüpfen? Kinderfragen.
Die Gravitationskraft, sagte Isaac
Newton schon vor fast 350 Jahren, ist
eine Kraft, die zwei Körper oder Massenpunkte aufeinander zubewegt. So
ähnlich, wie sich im November die
Masse der Überlinger und Jan Zeitler,
der massenhaft Plakate von sich an die
Laternen klebte, zubewegten. Wie auf
einer Planetenumlaufbahn kreiste Zeitler erst ein paar Jährchen um das Zentralgestirn Überlingen, zog von hier aus
Annette Stoll in seine Bahn, und wurde
von den Überlingern am 27. November
endgültig angezogen.
Jetzt also steht die feierliche Amtseinsetzung auf dem Terminplan: 2. Februar, 18.30 Uhr, im Kursaal am See.
Zeitler, der neue OB. Die Stadt hat ein
schickes Einladungskärtchen gedruckt.
Mit einem Bild, das stark an Überlingen erinnert, aber Überlingen nicht
sein kann. Denn auch hier geht die
Sonne im Westen unter und laufen die
Uhren im Uhrzeigersinn. Das Bild auf
der Karte, man meint, den Münsterturm zu erkennen, muss irgendwo an
einem anderen Ort dieser Galaxie aufgenommen worden sein. Was ist da los?
Erwachsenenfragen.
Doch halt. Das ist Überlingen! Das
Bild ist nur spiegelverkehrt gedruckt,
auf den Kopf gestellt, frei aller Erdanziehungskräfte hat da ein Grafiker die
ganze Stadt um die eigene Achse gedreht und die Abendsonne in den Osthimmel verschoben. Wenn das kein gutes Omen ist für die neue Amtszeit, in
der vom neuen Rathauschef verlangt
wird, Überlingen neu zu denken.
Verkehrt herum: Bild auf der Einladungskarte, das die Stadt verschickt.
AM RANDE
VON
S T EFA N I E N O S S W I T Z
Geschenkt
Z
war ist Weihnachten und damit die
Geschenke-Hochphase vorbei, doch
um zu schenken gibt es das ganze Jahr
über viele weitere Anlässe. Manch einer
braucht vielleicht auch gar keinen Anlass, um anderen Menschen eine Freude zu machen. So wie meine Nachbarin.
Die beschenkt in regelmäßigen Abständen alle Hausbewohner mit Dingen,
die sie wohl nicht mehr braucht, beziehungsweise nie gebraucht hat. Aber anstatt sie wegzuwerfen, sollen sie einen
Platz in einer neuen Wohnung bekommen. Immer wieder stehen auf einer
Ablage bei uns im Hausflur also Gegenstände mit einem kleinen Zettel, der mit
der Aufschrift „Zu Verschenken“ versehen ist. Das reicht von Porzellantassen
über Servicedeckchen, von Schreibtischlampen über Christbaumkugeln,
vom Kaffeekännchen bis zur Blumenvase. Englische Wissenschaftler haben
ja herausgefunden, dass Schenken nicht
nur glücklich macht, sondern auch gesund hält. Schenken als Selbstzweck.
Der Saxophonist Timo Vollbrecht
ist im Augustinum zu hören. B I L D : T.
VO LLBRECHT
Überlingen – Zu einem Konzert treten Timo Vollbrecht
(Saxofon/Klarinette), Keisuke Matsuno (Gitarre/Effekte),
Matthias Pichler (Bass) und
Sebastian Merk (Schlagzeug)
am Sonntag, 22. Januar, 18 Uhr,
im Theatersaal des Wohnstifts Augustinum auf. Vor fünf
Jahren gründete Timo Vollbrecht die Band „Fly Magic“ in
New York. Reservierung unter
Telefon 0 75 51/940-0.
ERWACHSENENBILDUNG
Meditationsbänkchen
selber schreinern
Überlingen – Die Evangelische Erwachsenenbildung im
Kirchenbezirk ÜberlingenStockach bietet einen Kurs Meditationsbänkchenbau. Interessierte treffen sich am Dienstag,
31. Januar, von 18 bis 20 Uhr in
Überlingen im Pfarrhaus am
See. Jonas Rosenow, Zimmermann, aus Immenstaad, leitet den Kurs an. Das Rohmaterial wird gestellt. Der Kurs
inklusive Material kostet 10
Euro. Anmeldung bis 25. Januar bei der Evangelischen Erwachsenenbildung, Telefon
0 75 51/95 37 32, oder [email protected]
UNFALL
Baum entwurzelt und
unverletzt geblieben
Überlingen – 12 000 Euro Schaden entstand bei einem Unfall
am Donnerstag gegen 23 Uhr
bei der Reutemühle. Als ein mit
seinem Skoda auf der Kreisstraße von Bambergen in Richtung der Füllenwaid fahrender 20-Jähriger erkannte, dass
kurz vor ihm eine 54-Jährige mit ihrem Ford vom Reuteweg auf die Kreisstraße einbog, konnte er durch Bremsen
und Ausweichen nach rechts
verhindern, dass er frontal gegen die Fahrertüre des Ford
stieß. Er prallte jedoch gegen
das Heck des Ford, worauf der
Skoda wie eine Billardkugel
nach rechts abgewiesen wurde und eine Böschung hinabfuhr. Hier prallte er so stark
gegen zwei Bäume, dass ein
Baum entwurzelt wurde. Die
Fahrer kamen mit dem Schrecken davon, heißt es im Pressebericht der Polizei. Am älteren
Skoda entstand wirtschaftlicher Totalschaden in Höhe
von etwa 6000 Euro, am Ford
etwa 3000 Euro Schaden. Auf
3000 Euro beziffert die Polizei
den Flurschaden.
„Wir brauchen einen
Strategieplan 2030“
Meersburg wählt: Kandidat
Robert Scherer spricht im Interview über die brennenden
Themen und über seine Pläne
im Falle seiner Wahl
Wenn Sie gewählt werden, was sehen
Sie als Ihre erste wichtige Aufgabe
2017?
Die Grundlagen für eine fruchtbare
Kommunikation mit dem Gemeinderat
wiederherstellen und die Mitarbeiter
mit ins Boot nehmen, damit sie wieder
motiviert sind, eigenständig und eigenverantwortlich zu arbeiten.
Wie machen Sie das konkret?
Zuerst werde ich eine Versammlung
einberufen und dann persönlich mit
den Amtsleitern und jedem einzelnen
Mitarbeiter reden, möchte die Probleme
hören und ihnen einfach Vertrauen entgegenbringen. Das ist jetzt nichts, das
man nach einem System macht, sondern mit persönlichen Gesprächen.
Was steht ansonsten auf Ihrer Prioritätenliste ganz oben?
Der Strategieplan 2030.
Können Sie das ein bisschen näher erläutern?
Im Strategieplan 2030 werden Ziele erarbeitet gemeinsam mit der Bürgerschaft, dem Gemeinderat und der Verwaltung. Und ich möchte 2017 noch
einen Bürgerworkshop oder eine Bürgerversammlung anbieten. Denn die
Ziele sollen von allen definiert werden,
nicht nur vom Bürgermeister oder einigen wenigen. Wir brauchen eine Vision,
wohin sich die Stadt bis 2030 entwickelt.
Was für ein Verwaltungschef werden Sie
sein?
Ich bin ein Teamplayer. Ganz wichtig
sind mir flache Hierarchien, Verantwortung zu übergeben. Und Kommunikation.
Wie vermitteln Sie auf kontinuierlicher
Basis Bürgernähe?
Zum Beispiel durch Transparenz bei
den Beschlüssen aus den Gemeinderatsitzungen.
Die der Bürger dann auch einsehen
kann?
Ja. Zum Beispiel auf Meersburgs Homepage. Und Kontinuität ist ganz wichtig:
Ich bin präsent, ich bin ansprechbar,
auch am Sonntag auf der Straße. Ich bin
das ja schon gewohnt in Uhldingen, und
ich finde das in Ordnung. Mir ist jeder
Bürger wichtig, egal mit welchem Anliegen. Ich bin auch Sprachrohr zu den
Amtsleitern.
Bürgersprechstunden?
Bürgersprechstunde, wenn sie gewünscht wird, ja. Ansonsten anrufen,
einen Termin machen und kommen.
Gehen wir in die Sachthemen. Welche
konkreten Schritte unternehmen Sie, um
das Parkplatzproblem zügig anzugehen?
Fakten prüfen, die Finanzsituation gemeinsam mit der Kämmerei prüfen und
dann eine gemeinsame Lösung erarbeiten. Da findet man einen Weg, weil es
sein muss. Die Parkplatzprobleme sind
elementar, das betrifft die ganze Stadt,
auch die Teilorte. Und auch unsere Gäste.
Man muss also der ganzen Stadt helfen?
Der ganzen Stadt. Und ich habe da
schon konkrete Ideen im Kopf, die ich
dem Gemeinderat vorschlagen möchte. Aber warten wir mal ab, ob es soweit
kommt. Im Moment möchte ich meinen
Mitbewerbern keine Stichworte liefern.
Was genau werden Sie als Bürgermeister dafür tun, dass der Ausbau der B31
in einer auch für Meersburg annehmbaren Form erfolgt?
Schnell auf die Hinterfüße stehen. Wir
müssen den zuständigen Behörden zeigen, dass es da eine Stadt gibt, die mit
einer Stimme spricht, die sich durchzusetzen weiß. Das wurde bisher versäumt. Nun müssen wir den angerichteten Schaden begrenzen, aber das ist
möglich. Eine Lösung muss her, mit der
wir leben können, die die elementare
Interessen Meersburgs respektiert. Dafür müssen wir jetzt schnell sein.
Was heißt Schadensbegrenzung? Eine
andere Trassenführung?
Wenn irgend möglich, ja. Und wenn es
nicht mehr möglich ist, müssen wir aus
den gegebenen Bedingungen das Beste herausholen. Es gibt ja auch Überlegungen, die mehrere Varianten zulassen. Aber wie auch immer: Wir müssen
unbedingt zeigen, dass wir uns nicht alles gefallen lassen. Wir müssen auf die
Hinterfüße stehen, sonst läuft uns das
davon. Das Regierungspräsidium ist
transparent, das muss man ihm zugutehalten. Aber die Zeit läuft uns weg. Und
darum finde ich es hervorragend, dass
der MIK einen Termin durchgesetzt hat
bei Verkehrsminister Hermann. Ansonsten herrscht ja Funkstille.
Der Meersburger Initiativkreis zur B 31.
Ja. Sie konnten etwas bewegen, und
das will ich nun aufgreifen und schnell
Druck machen. Und zwar nicht etwa
nur reagieren, auf das, was man uns serviert, sondern von uns aus aktiv werden.
Je mehr Unterstützung wir haben, umso
mehr Druck können wir auf bauen.
Was können und werden Sie für die bauliche Entwicklung der Stadt tun? Zum einen mit Blick auf städtebauliche Aspekte, Stichwort Bauleitplanung. Das zweite
Thema wären natürlich preiswerte Wohnungen und Baugrundstücke.
Zum einen: Die Altstadt, die ja wunderschön ist, hat doch Nachholbedarf, was
die Substanz angeht, auch die Optik. Da
lässt sich einiges machen und ich möchte mit den städtischen Gebäuden beginnen. So können wir sicher auch private Eigentümer dazu bewegen, dass sie
mitziehen, nicht zuletzt durch Fördermittel vom Land. Das Zweite ist die
Stadtentwicklung: Ich bin überzeugt,
wir müssen für den Wohnraum junger
Familien Flächen ausweisen, damit sie
es sich leisten können, entweder hierzubleiben oder wiederzukommen. Das ist
Aufgabe der Kommune und nicht von
Privateigentümern. Und da muss man
eben mit privaten Grundstücksbesitzern reden und sich nicht nur auf städtische Grundstücke verlassen.
Die Stadt selbst hat ja kaum noch Flächen.
Ja, aber man kann ja auch welche kaufen oder im Tausch erwerben. In anderen Kommunen ist das üblich, nur nicht
in Meersburg. Man muss halt mit den
Leuten reden! Und meistens findet man
eine Lösung. Bauleitplanung – da sind
manche Dinge unglücklich gelaufen,
das muss man einfach so sagen. Eine
Kommune hat die Planungshoheit und
die muss sie nutzen. Aber man muss
auch aufpassen. Wenn man merkt,
dass eine Verdichtung stattfindet, dann
muss sie verträglich sein für das Stadtbild. Und dass kann man über die Bauleitplanung erreichen. Und bei einem
vorhabenbezogenen Bebauungsplan
trägt die Kosten der Bauträger, nicht die
Stadt. Und dennoch haben wir Einfluss
auf die Nutzung des Grundstückes oder
des Gebietes. Ohne Bauleitplanung ist
das eigentlich bei größeren Vorhaben
nicht zu machen.
Was für einen Sinn macht es, noch einen
Bebauungsplan über ein stark bebautes
Gebiet drüberzulegen?
Viel. Planen wir mit den jetzigen Gegebenheiten für die Perspektiven der
Zukunft, können wir Weichen für eine
geordnete Entwicklung stellen, die
Meersburgs elementaren Interessen
auch in 20 oder 30 Jahren dient.
Man kann also noch eindämmend wirken?
Genau. Und das verursacht natürlich
Kosten. Deshalb müssen wir sukzessiv
vorgehen, also im Sinn einer mittelfristigen Planung.
Haben Sie Ideen für ein städtisches
Gebäudemanagement? Ich nenne mal
Stichworte wie Alte Post. Daran hängen
natürlich Meersburg-Tourismus und die
Bibelgalerie. Dann haben wir die Alte
Wache, Ratskeller, Zollhaus. Dann brauchen wir neue Räumlichkeiten fürs DRK,
der Umbau Feuerwehrgerätehaus steht
an.
Ich greife die Stichworte „DRK“ und
„Feuerwehrhaus“ auf. Ich bin sehr dafür, dass man die Überlegungen aufgreift, sowohl das DRK im Feuerwehrgebäude anzusiedeln als auch die
Feuerwehr zu erweitern. Dann sind die
Einsatzkräfte beieinander, die ja sowieso immer enger zusammenarbeiten. Daraus ergeben sich auch fruchtbare Synergien. Zum einen schaffen
wir ein besseres Gebäudemanagement,
weil auch der Unterhalt wirtschaftlicher
wird, und zweitens können die beiden
Hilfsorganisationen effektiver kooperieren. Bei der Feuerwehr ist etwa die
Schaffung getrennter Sanitärräume für
Männer und Frauen längst überfällig.
Den ganzen Komplex Feuerwehr-DRK
könnte man in einem Zug in geordnete
Bahnen bringen, und das wäre sinnvoll.
Weitere Stichworte: Zollhaus, Gred, Alte
Wache.
Das sind schöne Gebäude, die sollte
man wieder aktivieren, eventuell umnutzen. Die Gred steht ja teilweise leer.
Und da würde ich gerne mit der BSB reden, ob sie vielleicht in ein anderes Objekt ziehen, sodass man die Gred dann
umnutzen könnte. Einfach mal darüber
reden. Nur dann haben wir die Möglichkeit, etwas zu verändern, zu verbessern.
Was ist mit der Alten Post?
In diese Bäume an der Reutemühle
in Überlingen prallte der Skoda eines 20-Jährigen. Er blieb unverletzt.
Robert Scherer im
Wahlkampf, hier im
Clubheim des TuS vor
jungen Leuten. B I L D :
B I L D : ST EF A N H I LS ER
S Y LV I A FL OE TE ME YE R
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Meersburg 21
Meersburg 21
Rober t Scherer mag den Dr.-Moll-PPlat z in
M e e r s b u r g g a n z b e s o n d e r s , w e il m a n v o n
h i e r e i n e n t o ll e n B l i c k a u f d i e A l t e B u r g h a t
und die Stadt, in der er 1967 auf die Welt
k am . B I L D : S Y L V I A F L O E T E M E Y E R
Private Momente: Robert Scherer und seine Frau Tina auf einem Spaziergang durch die
Weinberge. Mit den beiden gemeinsamen Kindern, dem 16-jährigen Yannik und der 14-jährigen Fabienne kamen sie überein, dass sie aus dem Wahlkampf draußen bleiben. B I L D : PR IV AT
Den Blick nach vorne gerichtet
Die Alte Post gehört für mich in den
Strategieplan Stadtentwicklung hinein.
Sie gehört der Stadt, und der Vorplatz
ist alles andere als eine Visitenkarte
für Meersburg, die ganze Situation dort
nicht. Da brauchen wir eine durchdachte, sorgfältige Planung.
Soll Meersburg Tourismus dahin umziehen?
Ja. Aus mehreren Gründen: Dann kann
sich die Bibelgalerie ausweiten. Sie wird
sehr gut besucht und platzt räumlich
aus allen Nähten. Meersburg Touristik ist aus meiner Sicht an dieser Stelle
nicht optimal platziert, weil sie wegen
des starken Gefälles der Kirchstraße
nur beschwerlich erreichbar ist, also
nicht barrierefrei sein kann. Meersburg
wird nun einmal auch von eher älteren
Menschen besucht. Das ist ja auch ein
Kapital, dem muss man entgegenkommen. Ein neuer Standort muss natürlich auch den Interessen Meersburgs
dienen. Dieses Thema möchte ich noch
in diesem Jahr angehen. Der Gemeinderat wird mitmachen, davon bin ich
überzeugt.
Wie stehen Sie zu dem Wunsch nach
einem festen Ansprechpartner bei der
Stadt für Handwerk und Gewerbe?
Das unterschreibe ich sofort. Das muss
ja keine Vollzeitkraft sein. Und ich bin
auch der Meinung, dass ein Runder
Tisch sehr wichtig ist. Und dieser Runde Tisch umfasst nicht nur Handwerk,
Einzelhandel und Tourismus, die müssen sowieso alle an einem Strang ziehen, aus meiner Sicht gehören da auch
die Vereine dazu. So dass jeder über
seinen eigenen Tellerrand hinaussieht,
und erfährt, was für den anderen wichtig ist, welche Sichtweise der hat. Die
sich daraus ergebende Schnittmenge,
die offenbaren dann komplexe Aufgaben, die man gemeinsam lösen kann.
Davon profitieren alle.
Wie oft soll diese Runde tagen?
Auf jeden Fall regelmäßig. Das heißt
nicht jede Woche, aber vielleicht alle
vier Monate. Man wird sehen, wie es
läuft. Und dann müssen die einzelnen
Teilnehmer die Ergebnisse in ihren jeweiligen Kreis hineintragen und dort
diskutieren. So schaffen wir eine stadtumfassende Transparenz, jeder kann
teilhaben und sich einbringen. Es kann
nicht ausschließlich Aufgabe der Verwaltung sein, jedes Detail in die Breite
zu vermitteln. Das muss in einem Miteinander aller erfolgen. So können wir
Ziele festlegen, die sowohl kurz- und
mittelfristig als auch auf lange Sicht
wichtig und umsetzbar sind. Ich halte das für enorm wichtig. Denn nur so
bekommen wir den Status quo, unsere Ziele und die Wege dorthin auf den
Tisch.
Würden Sie die städtische Jugendarbeit
wieder beleben? Und wenn ja, in welcher
Form?
Die städtische Jugendarbeit – ein spannendes Thema. Eine zielgerichtete Jugendarbeit halte ich für unabdingbar.
Mir ist wichtig, unseren Jugendlichen
zu zeigen, wie ernst wir sie nehmen, sie
an Meersburg zu binden, ihnen auch
Perspektiven zu bieten. Den Vereinen,
die ja sehr gute Jugendarbeit leisten,
möchte ich unter die Arme greifen, junge Mitglieder einzubinden. Den Jugendtreff habe ich jetzt bei meinem Jugendgespräch nicht als vordergründiges
Problem herausgehört. Wir sprachen
eher über Zukunftsthemen wie Familie, Spielplätze für die Kleinen oder auch
wie behindertengerecht die Stadt ist.
Aber man kam ja zum Schluss: Man
möchte kein Stadtmuseum, man macht
ein Weinbaumuseum.
Ins Gespräch bringen würde ich’s trotzdem gerne. Ich sage ja nicht, dass es sein
muss, ich sage nur „nachdenken“. Die
Stadt lebt in und von ihrer eigenen Tradition. Das Vineum beschäftigt sich ja
mit der ganzen Region, das ist ja auch in
Ordnung. Ich denke an das für Meersburg Spezifische, etwa Mesmer und
Droste-Hülshoff. Und ich denke keinesfalls an ein Riesenobjekt. – Sowohl Vineum als auch Stadtmuseum, ich sehe
da keinen Widerspruch. Reden wir mal
drüber.
Wobei Jugendliche auch sagen, man
kann sich in Meersburg nirgendwo treffen.
Ja, dazu will ich auch noch etwas sagen.
Warum etwa nicht im Ratskeller? Man
könnte ihn doch auch für Einzelveranstaltungen nutzen, für Vereine, für Jugendliche überhaupt. Wenn also unsere
Jungs und Mädchen eine Fete machen
wollen, warum nicht diese Räumlichkeiten zur Verfügung stellen?
Wo könnte das Stadtmuseum dann zum
Beispiel rein?
Das weiß ich noch nicht. Jetzt sind wir
an einem Punkt, wo ich sage: Wenn die
Idee schlecht ist, sich nicht durchsetzt,
dann begraben wir sie. Ist sie aber gut,
verfolgen wir sie weiter, dann ergibt sich
eines aus dem anderen, dann finden wir
Wege, sie zu realisieren. Vorwärts entwickeln wir uns aber nur, wenn jemand
Ideen auf den Tisch legt. Wenn die Idee
Stadtmuseum sich nicht durchsetzt –
weg damit.
Einen festen Jugendtreff halten Sie also
nicht unbedingt für das wichtigste Thema?
Bis jetzt erkenne ich das nicht. Sollte es
bei künftigen Jugendgesprächen, die ich
schon heute anbiete, jedoch gewünscht
werden, dann werden wir hierüber zusammen nachdenken.
Wie würden Sie sich Tourismus in Meersburg 2030 wünschen?
Nachhaltig und qualitativ hochwertig.
Wie stellen Sie sich das vor?
Zuallererst: Alle touristischen Maßnahmen müssen zu uns passen. Dann müssen sie sich nach den gegebenen Rahmenbedingungen richten. Beispiel:
E-Mobilität. Elektroautos werden zukünftig den Individualverkehr bestimmen. Also bieten wir doch schon jetzt
Elektrotankstellen. Das offensiv zu vermarkten, ist gut für unser Image, sorgt
dafür, dass wir an der Spitze dieser Entwicklung stehen und davon einen nachhaltigen Vorsprung generieren. Und auf
Dauer will ich auch städtische Elektrofahrzeuge.
Was fehlt noch in Meersburg?
Der Stadtbus zum Beispiel sollte in Zukunft regelmäßig und ganzjährig verkehren und vor allem auch die Teilorte einbinden. Diesen Wunsch habe ich
häufig gehört, und ich halte das auch für
sinnvoll. Was den genauen Bedarf angeht, möchte ich im Rahmen einer Bürgerbefragung erfassen.
Wo hat die Stadt sonst noch Nachholbedarf?
Ja, zum Beispiel Kleinkunst, regelmäßige Veranstaltungen auch Open Air,
ohne elektronische Verstärker, ausgesuchte, liebevolle Darbietungen. Das
passt hierher, belebt die Stadt. Das dient
auch dem Tagestourismus, nicht zuletzt in der Nebensaison, aus dem dann
vielleicht auch ein Kurzurlaub wird, ein
Wochenendaufenthalt.
Nachhaltig und qualitativ – was außer EMobilität kann man da noch tun?
Ich kann und will hier keine fertigen
Konzepte präsentieren, will zum kollektiven Nachdenken anregen. Zum
Beispiel über ein Stadtmuseum. Wir
haben zwar viele Museen, aber keines
für die reiche Geschichte und Kultur
Meersburgs.
Wobei es ja an Tagestouristen nicht
mangelt in Meersburg.
Natürlich. Aber wie gesagt, ich denke auch an die Nebensaison und uns
selbst. Und qualitativ hochwertige
Kleinkunst lockt auch Übernachtungsgäste an, die seit einiger Zeit weniger
werden. Ich sehe zwei grundsätzliche Aufgaben: Mehr Gäste übers ganze Jahr und mehr Betten für die Hauptsaison. Dafür brauchen wir Investoren,
auch Bürger, die private Zimmer anbieten. Und wir müssen Tourismus im
Zusammenhang mit Stadtentwicklung
und Stadtmarketing sehen. Das ist alles
eine große Einheit, die große Chancen
bietet. Wir müssen es nur gemeinsam
und konsequent angehen.
Aber es gibt doch jetzt das Vineum?
Ja, das ist aber kein Stadtmuseum.
FRAGEN:
S Y LV I A F L O E T E M E Y E R
Etwa einen Shuttlebus?
Ja, zum Beispiel. Ich bin begeistert von
E-Mobilität. Das ist unsere Zukunft.
Wenn Robert Scherer einen einzigen
Trip mit einer Zeitmaschine machen
könnte, entschiede er sich für die Zukunft. „Ich bin ein Zukunftsmensch“,
sagt er. Allerdings würde er als Ziel
kein fernes Jahrhundert eingeben,
sondern „maximal 20 Jahre“ weiter
reisen. Warum? „Dann wüsste ich,
wie die Zukunft noch in meiner Generation ausschaut – und ich könnte
nach der Rückkehr von meiner kurzen
Zeitreise die Gegenwart entsprechend
gestalten.“
Gestalten, das ist ein Lieblingswort
Scherers. Das möchte er als Bürgermeister von Meersburg, so er denn
gewählt wird, gemeinsam mit dem
Gemeinderat und den Bürgern, wie er
stets im gleichen Atemzug betont.
Entspannung auf der Harley
Wirft man einen Blick in seine Vita,
dann zeigt sich, dass Scherer auch sein
bisheriges Leben stets aktiv gestaltet
hat. Nach dem Hauptschulabschluss
absolvierte er eine Maurerlehre, machte dann auf dem zweiten Bildungsweg
Mittlere Reife und Fachhochschulreife, studierte danach Bauingenieurwesen und brauchte dafür, inklusive Einser-Diplomarbeit, gerade mal vier Jahre.
Er wollte schnell fertig werden, auch aus
finanziellen Gründen. Weil das Geld
knapp war, verkaufte er, als er nach der
Lehre wieder die Schulbank drückte,
seine Enduro. Heute cruist Scherer, der
seit seinem 16. Lebensjahr Motorräder
fährt und liebt, mit einer Harley Davidson durch die Gegend, am liebsten
mit Freunden durchs Hinterland, etwa
zum Pfrungener Ried. „Da kann ich total entspannen.“ Früher spielte er erst
aktiv Fußball, brachte es bis zum südbadischen Auswahlspieler und träumte durchaus davon, Profifußballer zu
werden, wie er verschmitzt gesteht.
Prompt räumt er ein: „Aber in der BJugend war klar, dass ich zu klein bin
– und zu schlecht.“ Scherer wechselte zum Handball und arbeitete später
auch ehrenamtlich in beiden Sportarten als Jugendtrainer.
Leidenschaft für Kleinkunst
Mit seiner Frau Tina teilt Scherer, der
Zur Person
Robert Scherer kam 1967 in Meersburg
zur Welt. Er ging in Uhldingen-Mühlhofen
zur Schule und erwarb anschließend auf
dem zweiten Bildungsweg die Mittlere
Reife und die Fachhochschulreife. Danach studierte er Bauingenieurwesen
an der Fachhochschule Konstanz. Nach
dem Abschluss arbeitete er zunächst als
Angestellter und stieg später als Teilhaber
in ein Uhldinger Büro für Bauwesen ein.
Seit Januar 2013 leitet er das Bauamt von
Uhldingen-Mühlhofen, 2014 begann er
parallel zu dieser Tätigkeit ein Aufbaustudium an der Verwaltungsfachhochschule
in Kehl, an dessen Ende er vor kurzem
seine Masterarbeit einreichte. Robert
Scherer ist seit rund 22 Jahren mit seiner
Frau Tina verheiratet. Gemeinsam haben
Fördermitglied der „Alten Fabrik“ in
Mühlhofen ist, die Leidenschaft für
„Kleinkunst“, vor allem Kabarett. Der
Fußballverrückteste in der Familie ist
heute der 16-jährige Sohn Yannik, während die 14-jährige Tochter Fabienne
gern malt, einige ihrer Bilder schmücken das Wohnzimmer des Eigenheims,
das Scherers in Unteruhldingen bewohnen.
Umziehen müsste Scherer nicht,
wenn er Bürgermeister würde. „Ich
brauche von Schiggendorf länger zum
Meersburger Rathaus als von hier aus.“
Er finde es auch ganz wichtig, dass
ein Bürgermeister nicht nur erreichbar, sondern auch schnell präsent sein
könne, betont er. Der Wunsch, Bürgermeister zu werden, sei während seines
Verwaltungsstudiums entstanden, an
dessen Ende er soeben seine Masterarbeit eingereicht hat. Für das Studium,
neben seiner Arbeit als Bauamtsleiter
von Uhldingen-Mühlhofen, entschied
er sich, „weil ich mein Fachwissen verbessern wollte und auf Augenhöhe mit
Vertretern übergeordneter Behörden
reden möchte.“
Seine Masterarbeit schrieb Scherer
zum Thema: „Optimierungsmöglichkeiten kommunaler Bauhöfe“. Das sei
auch spannend, weil man auf interkommunaler Ebene sehr viel machen
könne, etwa Maschinen gemeinsam
anschaffen und nutzen, was Uhldingen-Mühlhofen und Meersburg bereits
praktiziert hätten. Die beiden Gemeinden gehören dem gleichen Verwaltungsverband an. Auch deshalb kennt
sich Scherer in seiner Geburtsstadt
Meersburg gut aus.
„Ich trete für 16 Jahre an“
Vor seiner Tätigkeit als Bauamtschef leitete Scherer 18 Jahre lang ein Ingenieurbüro für Bauwesen. Warum gab er die
Selbstständigkeit für den kommunalen
Posten auf? „Wir arbeiteten viel für Gemeinden und ich fand die Aufgaben der
Rathäuser so spannend, dass ich mal
auf der anderen Seite gestalten wollte.“
Künftig will er in Meersburg gestalten –
und leiten. „Für mich ist das die ideale
Stadt“, findet Scherer. Und fügt hinzu:
„Ich trete für 16 Jahre an.“ (flo)
sie einen 16-jährigen Sohn, Yannik, sowie
eine 14-jährige Tochter, Fabienne.
Weitere Termine: Persönlich treffen kann
man Robert Scherer nächste Woche noch
bei mehreren Wahlkampfveranstaltungen. Am kommenden Dienstag, 17. Januar, 19.30 Uhr, ist er zum Bürgergespräch
im Hotel Jufa, am Mittwoch, 18. Januar,
19.30 Uhr, stellt er sich im Kulturzentrum
des Winzervereins den Wählern. Und am
Donnerstag, 19. Januar, 14.30 Uhr, ist
er zu Gast beim Seniorenclub St. Urban.
Außerdem freut er sich auf dem Wochenmarkt am Freitag, 20. Januar, wieder auf
Gespräche. Robert Scherer im Internet:
www.robert-scherer.org (flo)
.
Alle Informationen zur Bürgermeister-Wahl in Meersburg
finden Sie im Internet unter
www.sk.de/exklusiv