Zukunftswerkstatt Südpark: Debatten zu Sicherheit

Zukunftswerkstatt Südpark: Debatten zu
Sicherheit, Sauberkeit und neuen Ideen
Mehr als lokale Medien interessieren sich normalerweise nicht für die
Zukunftswerkstätten in der Stadt Halle. Das war am Donnerstag im Südpark
anders. Kamerateams von ARD und ZDF waren anwesend. Schließlich gilt der
Südpark als Brennpunkt, insbesondere seit der Flüchtlingskrise hatten sich
hier kritische Stimmen gemehrt, es gab und gibt Konflikte zwischen deutschen
und ausländischen Bewohnern. Und so waren auch Polizei und Ordnungsamt
präsent und kontrollierten akribisch jeden Bürger, der zur Zukunftswerkstatt
wollte. Ob die nationalen Medien auf den „Knall“, die „Sensation“ gewartet
haben? Die jedenfalls gab es nicht, dank einer klaren Gliederung der
Veranstaltung.
Die wurde eröffnet und moderiert von Oberbürgermeister Bernd Wiegand. Man
wolle „in die Zukunft gerichtet“ sprechen, sagte er. Sorgen und Probleme gibt
es einige im Viertel, das weiß auch die Stadt. Doch es mangelt am Kontakt
zwischen Stadtverwaltung und Anwohnern. „Nach wie vor versuchen wir,
gemeinsam mit Ihnen eine Bürgerinitiative aufzustellen, die es uns
erleichtert, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen“, sagte Wiegand. Mit dem
Dienstleistungszentrum Bürgerengagement soll dieses aufgebaut werden.
Sicherheit
„Ich hoffe doch, dass Ihnen unsere Maßnahmen nicht verborgen geblieben sind“,
sagte Tobias Teschner, Fachbereichsleiter Sicherheit der Stadtverwaltung und
wies auf eine verstärkte Streifentätigkeit seit den Hinweisen bei der letzten
Zukunftswerkstatt hin. Auch habe man eine Bürgersprechstunde eingerichtet,
die immer donnerstags um 16 Uhr in der Telemannstraße stattfindet. „In der
ersten Woche kam niemand“, so Teschner, offenbar hätten die Einwohner
abwarten wollen, ob es dieses Angebot der Verwaltung wirklich gibt.
Anschließend habe es einige Wochen lang eine rege Anteilnahme gegeben. In den
vergangenen Wochen sei das Interesse wieder abgeflaut, die letzten Male sei
niemand gekommen. Das könnte natürlich auch an den Temperaturen und der
Tatsache liegen, dass die Bürgersprechstunde im Freien stattfindet. 300
Personen hätten Polizisten seit Oktober kontrolliert, so Teschner.
Verkehr
Bei der letzten Zukunftswerkstatt hatte es Kritik an kaputter
Straßenbeleuchtung und dunklen Ecken gegeben. „Alle offiziellen Straßen sind
beleuchtet“, sagte Teschner. In der Mendelssohn-Bartholdy-Straße habe man
neue leuchten mit höherer Leistung eingebaut. Für den Verbindungsweg zwischen
Telemannstraße und Mendelssohn-Bartholdy-Straße sei ein neues
Beleuchtungskonzept in Planung. Defekte Fußwege will die Stadt im zweiten
Quartal reparieren. Jetzt lasse es die Witterung noch nicht zu.
Eines der Hauptthemen für die Anwohner ist derzeit offenbar das Parken.
Gleich mehrere Anwohner meldeten sich diesbezüglich zu Wort. Laut Teschner
achte man derzeit insbesondere auf widerrechtliches Parken in der
Offenbachstraße und der Mendelssohn-Bartholdy-Straße im verkehrsberuhigten
Bereich. Es handele sich um Feuerwehrzufahrten, auch würden hier Kinder
spielen. Man habe zunächst die Autofahrer mit Zetteln auf ihre Verstöße
hingewiesen. Seit Dezember würden diese nun auch mit Knöllchen geahndet. Aber
noch nicht umfassend genug, befanden einige Anwohner. „Wenn man das
Ordnungsamt anruft, kommt keiner“, meinte ein Mann. Seit drei Wochen stehe
ein Auto unbewegt in der Offenbachstraße, nichts passiere, Knöllchen würden
ignoriert. „Den Rumänen ist das scheißegal“, meinte er den Grund für die
Milde bei Falschparkern erkannt zu haben. „Langsam fühlen wir uns verarscht.
Die dürfen parken wo sie wollen.“ Teschner beruhigte sogleich. „Es spielt
keine Rolle, wer woher kommt. Ein Auto ist ein Auto.“ Allerdings machte er
deutlich, dass man nicht immer gleich abschleppen könne. Da müssten schon
Gefährdungen oder Behinderungen vorliegen.
Auch parkende Kleintransporter stören Anwohner. Da habe man keine Sicht,
meinte ein Mann. Teschner machte aber deutlich, dass Transporter auf ganz
normalen Stellplätzen stehen dürfen. Doch der Anwohner sieht ein
grundsätzliches Problem. „Man wird provokativ zugeparkt von denen“, sagte er
und meint damit die rumänischen Bürger. Das habe er schon mehrfach erlebt.
„Sie werden wohl von Transportern verfolgt“, scherzte Teschner.
Auch Autorennen gebe es, trotz Hinweisen bei der letzten Zukunftswerkstatt,
weiterhin, meinte ein Anwohner aus den Franz-Liszt-Bogen. „Die Jugendlichen
sammeln sich an der alten Videothek.“ Quietschende Reifen und Lärm seien
insbesondere im Sommer ein Problem. Teschner erklärt, wenn das so sei,
handele es sich um Ordnungswidrigkeiten oder sogar Straftaten, das werde man
weiter kontrollieren. „Polizei wird weiterhin der Sache auf dem Fuße folgen.“
Sauberkeit
Die zunehmende Vermüllung war Thema der letzten Zukunftswerkstatt. Auch hier
hat die Stadt reagiert. „Die Erfüllung der Anliegerpflichten wurde
kontrolliert.“ Die Verunreinigungen auf städtischen Flächen habe man
beseitigt. Es sei „sehr viel passiert“, so Teschner, Sträucher seien
verschnitten und Grünflächen entrümpelt wurden. Teschner lobte zudem die
Anwohnerinitiative, durch die herrenlose Einkaufswagen im Viertel
eingesammelt wurden. Eine „tolle Geschichte“. Die Hundewiese im Südpark sei
neu beschildert und die Hundetoilette repariert worden. Hundebesitzerin
Yvonne äußerte den Wunsch, dann die Wiese noch durch einen Zaun abgesichert
werde. „damit die Hunde sich austoben können.“ Problematisch sei aber, dass
die Hundewiese im Sommer zum Grillplatz verkomme, meinte Frau Kotte. „Die
Ausländer grillen da den ganzen Sommer.“ Der Müll werde zurückgelassen, „und
unsere Hunde lecken an Müll und Kohlen und werden krank.“ Teschner sagte
Kontrollen zu.
Über „Schikane“ schimpfte Anwohner Daniel, meinte damit insbesondere die
Polizeikontrollen. Im tiefsten Hallesch und mit Kraftausdrücken garniert,
beklagte er die Situation. So habe er sich bis auf die Unterhose ausziehen
müssen, Polizisten hätten seine Sachen einfach auf den Boden geworfen. Den
konkreten Fall will Polizeiobermeister Andreas Dockhorn prüfen lassen. Die
Personenkontrollen verteidigte er aber, „die gehören zu unserem Konzept.“ So
wolle man sich „den ein oder anderen uns mal näher anschauen, ob der hier her
gehört.“ Die Kontrollen seien nötig, um Straftaten zu verhindern oder auch
aufzuklären.
Um die alte Pfannkuch-Kaufhalle an der Ecke Ernst-Hermann-Meyer-Straße /
Johann-Sebastian-Bach-Straße geht es nun. „Es gibt einen Investor“, gab Petra
Sachse von Dienstleistungszentrum Wirtschaft bekannt. Der Bauantrag sei
gestellt, Bäume im Umfeld wurden schon gefällt. Ein „Nahversorger“ werde sich
ansiedeln, sagte sie, ohne konkreter einzugehen – trotz Nachfragen. Und so
hörte man etwas von „deutschen Geschäften“ murmeln – denn die Anwohner
wissen, dass es sich um einen orientalischen Markt handeln wird. Ein Anwohner
gab der Polizei den Tipp, dort nach der Eröffnung öfter mal vorbeizuschauen,
damit sich nicht wie einst dort viele Alkoholiker versammeln und es zu
Schlägereien kommt.
Kritik kam noch auf, dass Ordnungsamt und Polizei Grünflächen und Wege mit
ihren Autos zerfahren hätten, überall sei Schlamm. Den Schaden wolle er als
Steuerzahler nicht berappen.
Kinder und Familie
Eine Reihe von Investitionen in diesem Bereich sind vorgesehen. So wird der
Bolzplatz für 132.000 Euro erneuert, der Spielplatz am Kirchteich für 69.000
Euro erneuert. Zudem soll für 288.000 Euro im kommenden Jahr ein neuer
Quartiersspielplatz für 0 bis 12 Jahre alte Kinder errichtet werden. Für alle
Projekte wurden Fördermittel aus dem Programm „Soziale Stadt“ beantragt,
Bewilligungen gibt es aber noch für kein Projekt. Der von Hochwasser 2013
beschädigte Tennisplatz wird abgerissen, die Fläche noch in diesem Jahr
begrünt.
260.000 Euro werden für neue Räume der Schulspeisung an der SalzmannFörderschule und der Grundschule Kirchteich ausgegeben, im Sommer sollen die
Maßnahmen starten. Zudem werde man, so Bildungsdezernentin Judith Marquardt,
für 900.000 Euro den Brandschutz am Schulkomplex verbessern und einen zweiten
Rettungsweg schaffen.
Maßnahmen fanden und finden auch am Jugendzentrum Roxy statt. Eine
zusätzliche Beleuchtung für mehr Sicherheit sei angebracht worden, sagte OBGrundsatzreferent Oliver Paulsen. Zudem werde ein Streetballplatz errichtet.
Am Beachvolleyballfeld wird der Sand ausgetauscht, zudem wird ein neues Netz
angebracht.
Investitionen
Einige Investitionen im Viertel könnten anstehen. Pläne gebe es einige,
konkret untersetzt sind aber erst wenige. So solle das Viertel durchlässiger
werden, die Sackgassen in der Telemannstraße und Am Kirchteich zur ErnstHermann-Meyer-Straße werden aufgehoben. Auch werde die ÖPNV-Anbindung dadurch
verbessert, Busse könnten weiter ins Viertel hinein fahren. Neue
Wegeverbindungen mit Brücken – die sind nötig wegen der S-Bahn-Trasse,
untersucht die Stadt vom Südpark aus in Richtung der Sportanlagen an der
Naumburger Straße, beispielsweise zum FSV 67. Wiegand bringt sogar ein
mögliches Konzept eines „Aktiv-Boulevards“ ins Gespräche. Dieser könnte als
Anziehungspunkt für Anwohner und Gäste dienen, eine Anbindung an kommunale
Einrichtungen sei denkbar.
Fragen und Hinweise
Eine Frau äußerte den Wunsch nach mehr behindertengerechten Fußwegen. Sorgen
äußerte ein Mann, dass die geplanten Investitionen wohl nicht lange dem
Vandalismus standhalten werden. Die Treppenanlage in der Offenbachstraße
müsste verbessert werden, meinte Herr Thomas. Mehr behindertengerechte
Wohnungen wünschte sich ein anderer Mann. Laut Oliver Paulsen sind
tatsächlich einige Investitionen geplant, genauer könne er noch nicht werden.
„Es ist wunderbar, was die Stadt vor hat“, meinte ein weiterer Bürger, der
jedoch auch die Wohnungsunternehmen in der Pflicht sieht und fragt, welchen
Druck die Stadt hier ausübt. Seit die Wohnungsgesellschaft und –
Genossenschaften wegen der Altschuldenproblematik ihre Häuser verkaufen
mussten und obskure Unternehmen gekommen seien, gehe es mit dem Viertel
bergab. Diese hätten kaum etwas an ihren Häusern gemacht, würden auch die
Grünanlagen nicht pflegen. OB Wiegand konnte berichten, dass man erstmals
alle Wohnungsunternehmen aus dem Viertel an einen Tisch holen konnte. Einen
fehlenden Fußweg nach Angersdorf beklagte ein weiterer Bürger.
Ein Anwohner beklagte parkende LKW. „Das Ordnungsamt fährt vorbei und
unternimmt nichts.“ Tobias Teschner erläuterte daraufhin, dass LKW durchaus
auf PKW-Stellflächen stehen dürften, nur nicht dauerhaft, dies werde man
einmal überprüfen.
Zweimal sei er von Flüchtlingen angegriffen worden, erklärt der kleine Justin
mit aufgeregter Stimme, wurde von Steinen am Kopf getroffen. Er wünscht sich,
dass die Polizei auch da ist, „wenn es hell ist.“ Seine Mutter ergänzte, dass
zwar Anzeigen gemacht wurden, in einem Fall die Polizei erst nach einer und
im anderen Fall sogar erst nach zwei Stunden vor Ort gewesen sein. „Das kann
ich nicht verstehen.“ Sie äußerte zudem den Wunsch, dass sich das Jugendamt
auch einmal mit den ausländischen Familien in Verbindung setzt. „Es tut mir
leid, dass es so gelaufen ist“, sagte Polizeiobermeister Andreas Dockhorn.
„Das soll und darf so nicht passieren.“
Anwohnerin Frau Dietrich sprach ebenso die Polizeipräsenz an, die spürbar
zugenommen habe. Problem sei aber, dass oft drei Polizeiautos nebeneinander
stehen. Das nütze nichts. Sie wünsche sich eine bessere Verteilung. Die
Polizei solle gezielter gucken. Als Beispiel nannte sie einen Brand im Keller
des Wohnhauses ihres Sohnes. Der sei ausgebrochen, kurz nach dem die Polizei
weg war. Laur Andreas Dockhorn sollen die Beamten auch zu Fuß unterwegs sein.
Man werde den Kollegen noch einmal die Erwartungshaltung mitteilen.
Ein Anwohner sagte, die Stadt solle die Vermieter darauf drängen, gemeinsam
Sicherheitsunternehmen zu engagieren, die Streife laufen. Tobias Teschner
will die Idee aufgreifen und mit den Wohnungsunternehmen sprechen. Bezüglich
der zahlreichen Brandstiftungen im Viertel appellierte er aber auch, darauf
zu achten, dass die Türen zugezogen sind. Oft würden sie offen stehen. „Es
ist viel zu einfach in die Blöcke reinzukommen“, sagte er.
Damit blieb OB Wiegand nur noch, sich zu verabschieden. Im Herbst soll die
nächste Zukunftswerkstatt stattfinden.
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