Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 Eine Gemeinschaftsstudie mit der und der Marketinggesellschaft der niedersächsischen Land- und Ernährungswirtschaft e. V. auf der Grundlage der Datenreihen des ifo Instituts — Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. (ifo) Autoren Dr. Christian Janze Prof. Dr. Ludwig Theuvsen Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 511 8508 26945 [email protected] Georg-August-Universität Göttingen Telefon +49 551 39 4851 [email protected] Dr. Christian Schmidt Johannes Meyer Marketinggesellschaft der niedersächsischen Land- und Ernährungswirtschaft e. V. Telefon +49 511 34879 20 [email protected] Georg-August-Universität Göttingen Telefon +49 551 39 4869 [email protected] Inhalt 1 2 3 4 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Der ifo-Index als Konjunkturindikator. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Das Agribusiness in Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Die Landtechnikindustrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Wirtschaftliche Bedeutung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Rückblick auf das Jahr 2016. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Ausblick auf das Jahr 2017. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Die Ernährungsindustrie.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Wirtschaftliche Bedeutung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Rückblick auf das Jahr 2016. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Ausblick auf das Jahr 2017. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 4.1 Die Fleischwirtschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Wirtschaftliche Bedeutung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Rückblick auf das Jahr 2016. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Ausblick auf das Jahr 2017. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4.2 Die Molkereiwirtschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Wirtschaftliche Bedeutung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Rückblick auf das Jahr 2016. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Ausblick auf das Jahr 2017. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 5 Fazit.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Ansprechpartner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 3 Die Niederlassung Hannover der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und der Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre des Agribusiness der Georg-August-Universität Göttingen blicken auf eine nunmehr fast 10-jährige Zusammenarbeit bei der Analyse von Strategien und Geschäftsentwicklungen im deutschen Agribusiness zurück. Mit der vorliegenden Studie Konjunkturbarometer Agribusiness 2017 setzen die Partner diese erfolgreiche Kooperation fort. 4 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 1 Einleitung Das Agribusiness ist eine der bedeutendsten Branchen der deutschen Wirtschaft. Für einige Bundesländer gilt dies in ganz besonderer Weise. So ist das Agribusiness beispielsweise in Niedersachsen nach der Automobilindustrie der zweitwichtigste Wirtschaftszweig. 29 Vertreter dieser Branche unter den 100 umsatzstärksten niedersächsischen Unternehmen im Jahr 2015 belegen diese wichtige Stellung in eindrucksvoller Weise. Allerdings müssen hier wie überall die Agribusiness-Unternehmen nach Jahren des Umsatzwachstums seit 2014 Umsatzrückgänge in Kauf nehmen. Diese sind insbesondere auf die zwischenzeitlich deutlich gesunkenen Preise für viele landwirtschaftliche Produkte zurückzuführen. Diese Preisrückgänge schlagen sich auch in den Umsätzen der Unternehmen des Agribusiness nieder — teils weil die unter Einkommenseinbußen und Liquiditätsschwierigkeiten leidenden landwirtschaftlichen Betriebe weniger investieren, teils weil die Verkaufspreise der Lebensmittelverarbeiter analog den Preisen der landwirtschaftlichen Rohstoffe nachgeben. Eine Chance, zugleich aber auch eine Herausforderung stellt für die Unternehmen des Agribusiness die zunehmende Internationalisierung der Märkte dar. Führend in dieser Hinsicht sind im Agribusiness die Landtechnik-, die Saatzucht-, die Pflanzenschutz- und die Düngemittelindustrie, deren Globalisierung bereits vor Jahrzehnten begonnen hat und mittlerweile sehr weit vorangeschritten ist. Diese Teilbranchen des Agribusiness mussten, wie auch andere Bereiche der deutschen Wirtschaft, leidvoll erfahren, wie beispielsweise aufgrund des Handelsembargos Russlands oder anderer politischer Krisen in kürzester Zeit ganze Märkte weggebrochen oder die Umsätze auf diesen Märkten zu- mindest stark zurückgegangen sind. Inzwischen steht auch die Ernährungswirtschaft, deren Exportanteil in den vergangenen Jahren stetig angestiegen ist, vor ähnlichen Problemen. Viele Unternehmen des Agribusiness, speziell solche mit hohen Exportanteilen, dürften daher mit einem gewissen Unbehagen die aktuellen politischen Entwicklungen beobachten, die mit einer immer stärkeren Abkehr vom Freihandel und einem zunehmenden Protektionismus einhergehen könnten. Aber auch gesellschaftliche Entwicklungen stellen das Agribusiness vor immer größere Herausforderungen. So kämpfen insbesondere die landwirtschaftliche Nutztierhaltung und mit ihr die Fleischwirtschaft mit erheblichen Akzeptanzproblemen. Große Teile der Verbraucher halten die Tierwohlstandards in der Nutztierhaltung für defizitär. Einige, allerdings noch kleinere gesellschaftliche Gruppierungen lehnen eine Nutzung von Tieren inzwischen sogar gänzlich ab. Wieder andere Teile der Gesellschaft sehen den Export von Lebensmitteln als „Übel“ an, das die Landwirtschaft speziell in Entwicklungsländern schwächt und die dortige wirtschaftliche Entwicklung bremst. Darüber hinaus macht sich in der Bevölkerung ein zunehmendes Unbehagen über den Einsatz moderner Technologien breit, das inzwischen die Zukunftsfähigkeit weiter Teile des Agribusiness infrage stellt. Aus diesem Unbehagen resultierende Proteste haben in vielen Fällen Gehör in den Medien und in der Politik gefunden, mit der Folge, dass inzwischen die Agrarbranche fast schon unter Generalverdacht steht und zum Gegenstand zahlreicher kritischer gesellschaftlicher Diskussionen, einer mehrheitlich negativ grundierten medialen Berichterstattung sowie vieler politischer Initiativen geworden ist. Die vorliegende Studie gibt einen Überblick über die ökonomische Bedeutung, die wirtschaftliche Lage und die konjunkturelle Entwicklung im Agribusiness. Dies geschieht auf der Grundlage statistischer Daten zu Umsätzen, Beschäftigtenzahlen, Investitionen und Ausfuhren in ausgewählten Teilbranchen sowie mithilfe der Konjunkturdaten des ifo Instituts — Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. Letztere geben die in Unternehmensbefragungen geäußerten Einschätzungen von Unternehmen hinsichtlich der aktuellen Geschäftslage sowie der weiteren Geschäftserwartungen wieder. Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 5 Einleitung Der ifo-Index als Konjunkturindikator Der ifo-Index wird seit vielen Jahren als ein zuverlässiger vorlaufender Indikator für die weitere konjunkturelle Entwicklung in Deutschland geschätzt. Dies gilt in besonderer Weise für den Geschäftsklimaindex der gewerblichen Wirtschaft. Der ifo-Index findet daher breite Beachtung in Unternehmen, bei politischen Entschei- dungsträgern und in den Medien. Auch zahlreiche Unternehmen des Agribusiness werden regelmäßig im Zuge der Ermittlung des ifo-Index befragt. Er vermittelt deshalb interessante Einblicke in die konjunkturelle Entwicklung dieser für die deutsche Wirtschaft bedeutenden Branche. Der ifo-Geschäftsklimaindex ist ein Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. Seit 1972 ermittelt das ifo Institut — LeibnizInstitut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. den Index monatlich basierend auf den Meldungen von rund 7.000 Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, des Bauhauptgewerbes sowie des Groß- und Einzelhandels. Verbreitet ist in den Medien die Wiedergabe der Indexwerte, die sich ergeben, wenn die jeweils aktuelle Einschätzung des Geschäftsklimas zu der im Jahr 2005 in Beziehung gesetzt wird. Abb. 1 zeigt beispielhaft die Indexwerte der Geschäftslage, der Geschäftserwartungen und des Geschäftsklimas für die gewerbliche Wirtschaft in Deutschland für den Zeitraum von 2008 bis Ende 2016. Die Darstellung der Indexwerte ist aufgrund der Bezugnahme auf das Basisjahr 2005 nicht sehr anschaulich. In den weiteren Ausführungen, zum Beispiel in Abb. 2, werden daher überwiegend die Saldendarstellungen bevor- 6 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 zugt, da sie dem Betrachter ein anschaulicheres Bild von der konjunkturellen Lage und der weiteren Konjunkturentwicklung vermitteln. Positive Saldenwerte oberhalb der Nulllinie ergeben sich aus einer mehrheitlich positiven Einschätzung der Konjunktur durch die an den Befragungen des ifo Instituts teilnehmenden Unternehmen, während negative Werte eine mehrheitlich negative Stimmungslage signalisieren. Die von den Unternehmen geäußerten Geschäftserwartungen laufen erfahrungsgemäß sehr oft der späteren Beurteilung der Geschäftslage voraus. Abb. 1 verdeutlicht dies am Beispiel der Indexwerte und Abb. 2 anhand der Saldendarstellungen für die gewerbliche Wirtschaft. Der erkennbar werdende, relativ enge Zusammenhang zwischen den geäußerten Geschäftserwartungen und der tatsächlichen späteren Geschäftsentwicklung erklärt den guten Ruf des ifo-Geschäftsklimaindex als konjunktureller Frühindikator. Einleitung ifo-Index Geschäftslage Zur Beurteilung der Geschäftslage werden die Unternehmen in der Befragung durch das ifo Institut gebeten, ihre Lage mit „gut“, „befriedigend“ oder „schlecht“ zu kennzeichnen. Darüber hinaus werden die Entwicklungen der Produktionstätigkeit und der Nachfragesituation im vorangegangenen Monat abgefragt. ifo-Index Geschäftserwartungen Ergänzend zur Erhebung der aktuellen Geschäftslage werden die Unternehmen gebeten, ihre Erwartungen an die Entwicklung der Geschäftslage in den nächsten sechs Monaten anzugeben. Die erwartete Entwicklung kann mit „günstiger“, „gleich bleibend“ oder „ungünstiger“ gekennzeichnet werden. Ergänzend werden die Unternehmen um eine Einschätzung gebeten, wie sich ihrer Ansicht nach die Produktionstätigkeit und die Inlandsverkaufspreise in den nächsten drei bzw. sechs Monaten entwickeln werden. ifo-Index Geschäftsklima Sowohl die Angaben der Unternehmen zur Geschäftslage als auch ihre Erwartungen hinsichtlich der weiteren Geschäftsentwicklung werden saldiert, indem die negativen von den positiven Einschätzungen subtrahiert werden. Die jeweils mittlere Kategorie („befriedigend“ bzw. „gleich bleibend“) bleibt unberücksichtigt und beeinflusst das Ergebnis nicht. Die beiden Einzelsalden können dementsprechend zwischen −100 und +100 liegen. Das Geschäftsklima ist dann ein Mittelwert aus beiden Salden. Zur Veranschaulichung folgende Beispielrechnung: Schätzen 45 % der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage als gut, 30 % als befriedigend und 25 % als schlecht ein, so lautet der Saldo für die Geschäftslage: 45−25 = 20. Analog wird die Einschätzung der Geschäftserwartungen ermittelt. Abb. 2 zeigt exemplarisch die Salden für die Geschäftslage und die Geschäftserwartungen sowie — als Mittelwert — für das Geschäftsklima des verarbeitenden Gewerbes im Zeitraum 2008 bis Ende 2016. Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 7 Einleitung Abb. 1: Geschäftslage, Geschäftserwartungen und Geschäftsklima in der gewerblichen Wirtschaft (Indexwerte) ifo-Index 130 120 –Geschäftsklima gewerbliche Wirtschaft 110 –Geschäftslage gewerbliche Wirtschaft 100 –Geschäftserwartungen gewerbliche Wirtschaft 90 80 70 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: eigene Darstellung nach ifo Institut 2016 Abb. 2: Geschäftslage, Geschäftserwartungen und Geschäftsklima in der gewerblichen Wirtschaft (Saldendarstellung) ifo-Salden 60,0 50,0 40,0 30,0 –Geschäftsklima gewerbliche Wirtschaft 20,0 10,0 –Geschäftslage gewerbliche Wirtschaft 0,0 −10,0 –Geschäftserwartungen gewerbliche Wirtschaft −20,0 −30,0 −40,0 −50,0 −60,0 2008 2009 2010 2011 Quelle: eigene Darstellung nach ifo Institut 2016 8 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 2012 2013 2014 2015 2016 Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 9 Das Agribusiness in Deutschland Das Agribusiness ist in Deutschland nach dem Fahrzeug- und dem Maschinenbau die drittgrößte Branche innerhalb des verarbeitenden Gewerbes. 2016 setzte die Branche trotz niedriger Agrarpreise nach vorliegenden Schätzungen erneut über 210 Mrd. € um. Das entspricht einem Anteil von rund 12 % am Gesamtumsatz des verarbeitenden Gewerbes. Gemessen am Umsatz gehören die Lebens- und die Futtermittel-, die Getränke-, die Landtechnik-, die Pflanzenschutz- und die Düngemittelindustrie sowie der Großhandel mit Getreide, Saatgut, Futtermitteln und anderen Produkten zu den bedeutendsten Teilbranchen des deutschen Agribusiness. 10 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 2 Im Jahr 2015 setzte das verarbeitende Gewerbe in Deutschland insgesamt 1,79 Bio. € um. Den größten Anteil daran hatten mit einem Umsatz von 407,2 Mrd. € (22,8 %) die Hersteller von Kraftfahrzeugen. An zweiter Stelle folgte der Maschinenbau mit einem Umsatz von 235,6 Mrd. € (13,2 %); das Agribusiness belegte mit einem Umsatz von 219 Mrd. € (12,3 %) Platz 3 (Abb. 3). Das Agribusiness ist damit in Deutschland von wesentlich größerer wirtschaftlicher Bedeutung, als dies der auf nur noch 0,55 % im Jahr 2014 zurückgegangene Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt zunächst vermuten lässt. Viele Agribusiness-Unternehmen sind in ländlichen Regionen ansässig, wo sie oftmals einer der wichtigsten Arbeitgeber sind. Einige Regionen profitieren in besonderer Weise vom Agribusiness; dort erreichen der Anteil der Beschäftigten im Agribusiness an der Gesamtzahl der Beschäftigten sowie die Zahl der Agribusiness-Unternehmen in Relation zur Gesamtzahl der Unternehmen in der Region überdurchschnittlich hohe Werte. Diese auf die Agrar- und Ernährungswirtschaft spezialisierten Regionen werden oft auch als „Agribusiness-Cluster“ bezeichnet. In ihnen haben sich Unternehmen bestimmter Teilbranchen des Agribusiness, deren Zulieferer und Abnehmer, spezialisierte Dienstleister, Ausbildungseinrichtungen und Berater sowie andere Institutionen in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander angesiedelt. Beispielhaft sei auf das nordwestliche Niedersachsen verwiesen. Aus einer ehemals außerordentlich strukturschwachen Region ist durch den Aufbau einer intensiven landwirtschaftlichen Nutztierhaltung und die Ansiedlung von Unternehmen vor- und nachgelagerter Wertschöpfungsstufen eine Vorzeigeregion geworden, die sich wirtschaftlich Abb. 3: Anteile einzelner Branchen am Gesamtumsatz des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland im Jahr 2015 12,3 % 35,4 % 10,2 % 13,2 % 6,1 % 22,8 % Agribusiness Hersteller von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen Maschinenbau Kfz-Hersteller Hersteller von Metallerzeugnissen Andere Quelle:eigene Darstellung nach Destatis 2016 Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 11 Das Agribusiness in Deutschland und demografisch deutlich positiver als die meisten anderen ländlichen Räume in Deutschland entwickelt und in der Begriffe wie „Landflucht“ und „Überalterung“ Fremdwörter sind. Weitere Beispiele für Agribusiness-Cluster finden sich in Niederbayern, im Allgäu und in einigen Sonderkulturregionen in Rheinland-Pfalz. Diese Cluster haben in den letzten Jahren von dem — trotz der jüngsten Umsatzrückgänge — vergleichsweise krisensicheren Agribusiness profitiert. So sind allein die Investitionen der Ernährungsindustrie von 4,9 Mrd. € im Jahr 2013 auf 5,4 Mrd. € im Jahr 2014 angestiegen. In Relation zu den Zahlen des Jahres 2008 bedeutet dies sogar einen Anstieg um 24,6 %. Nach Angaben des DLG-Trendmonitors 2015 planen fast alle befragten Unternehmen der Lebensmittel- und Getränkeindustrie weitere Investitionen in die Produktion, aber auch in andere Unternehmensbereiche und die weitere Verbesserung der Lebensmittelsicherheit. Wichtige 12 Investitionsmotive sind notwendige Ersatzinvestitionen, Kapazitätserweiterungen, Effizienzsteigerungen durch weitere Automatisierung, etwa den verstärkten Einsatz von Robotern, sowie die Hervorbringung von Innovationen. Ungeachtet des in den vergangenen Jahren positiven Investitionsklimas sind von dem jüngsten Preisrutsch auf nahezu allen wichtigen Agrarmärkten auch weite Teile des Agribusiness betroffen. So bekommt beispielsweise die Landtechnikindustrie gerade den starken Rückgang der Getreide- und anderer Agrarpreise und die damit verbundene geringere Investitionsbereitschaft ihrer landwirtschaftlichen Kunden zu spüren. Unternehmen der Milch- und Fleischwirtschaft wiederum haben die sich verhaltener als erwartet entwickelnde Nachfrage auf wichtigen Exportmärkten und der damit einhergehende Preisverfall erheblich zugesetzt. Darüber hinaus verschlechtert sich fort- | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 laufend die Verhandlungsposition vieler Unternehmen der Lebensmittelindustrie aufgrund der weiter voranschreitenden Konsolidierung des Lebensmitteleinzelhandels. Diese Entwicklung hat sich mit der Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch EDEKA und andere Unternehmen des deutschen Lebensmitteleinzelhandels weiter fortgesetzt. Den daraus erwachsenden Preisdruck reicht die Lebensmittelindustrie nach Möglichkeit an die Landwirtschaft weiter. Dementsprechend ist der Anteil der Landwirtschaft an den Endverbraucherpreisen in den meisten Produktgruppen in den vergangenen Jahrzehnten fast kontinuierlich gesunken. Ein weiteres, in der jüngsten Vergangenheit stark an Bedeutung gewinnendes Problem des Agribusiness sind der fortgesetzte Verlust an Akzeptanz in der Bevölkerung und der zunehmende Gegenwind, der der Branche aus der Politik entgegenbläst. Diese Entwicklung betrifft Das Agribusiness in Deutschland vor allem Unternehmen der Fleischwirtschaft, der Pflanzenschutzmittel- und der Saatzuchtindustrie, aber auch die Milcherzeugung und -verarbeitung ist bereits in den Fokus entsprechender Diskussionen geraten. Wie weitreichend die Konsequenzen eines gesellschaftlichen Akzeptanzverlusts sein können, lässt sich vor allem an der Fleischwirtschaft ablesen. Die Branche ist nicht nur mit einer ganz überwiegend negativ gefärbten Medienberichterstattung konfrontiert, sondern auch mit einem Imageverlust ihrer Produkte, einer Hinwendung der Verbraucher zu fleischärmeren Ernährungsstilen sowie zunehmenden Konflikten um den Neubau von Ställen und Schlachthöfen. Diese Entwicklung ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Zu den wichtigsten Gründen zählen eine zunehmende Entfremdung weiter Teile der Bevölkerung von der landwirtschaftlichen Produktion, ein damit einhergehender grundlegender Wandel der Einstellungen in der Gesellschaft zu Tieren sowie das Wirken von Tierschutzorganisationen, die die erheblichen finanziellen Mittel, die ihnen zur Verfügung stehen, für eine intensive Einflussnahme vor allem auf die Öffentlichkeit, die Medien, den Lebensmitteleinzelhandel, Hersteller von Markenartikeln sowie politische Entscheidungsträger nutzen. Strukturell ist das Agribusiness durch zahlreiche mittelständische Unternehmen geprägt. In der Lebensmittelindustrie zum Beispiel arbeiteten 2015 58,9 % der Beschäftigten in Betrieben mit bis zu 249 Mitarbeitern, die 55,7 % des Branchenumsatzes erwirtschafteten. Die größte Einzelgruppe bildeten Unternehmen mit 100 bis 249 Mitarbeitern, auf die im betrachteten Jahr 27,5 % der Beschäftigten und 31,6 % des Umsatzes entfielen (Abb. 4). Daneben gibt es insbesondere in der Landtechnik-, der Pflanzenschutzmittel-, der Düngemittel- und der Saatzuchtindustrie, zunehmend aber auch in der Ernährungsindustrie international tätige Konzerne mit einem erheblich höheren Umsatz, einer deutlich höheren Mitarbeiterzahl und zahlreichen ausländischen Tochtergesellschaften. Viele Unternehmen des Agribusiness zeichnen sich durch eine erhebliche Innovationskraft und hohe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aus und haben sich — vielfach weitgehend unbemerkt von der breiteren Öffentlichkeit — zu „hidden champions“ entwickelt. Darunter versteht man oftmals inhabergeführte, mittelständische Unternehmen, die dank Technologieführerschaft in ihren jeweiligen Nischen führende Positionen auf dem Weltmarkt innehaben. Abb. 4: Anzahl der Beschäftigten in der Lebensmittelindustrie nach Betriebsgrößen im Jahr 2015 Anzahl der Beschäftigten 160.000 140.000 120.000 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 Mitarbeiter je Unternehmen 0 20–49 50–99 100–249 250–499 500–999 ≥1000 Quelle: eigene Darstellung nach Destatis 2016 Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 13 Die Landtechnikindustrie Wirtschaftliche Bedeutung Die deutsche Landtechnikindustrie konnte sich der Fortsetzung des weltweiten Abschwungs der Branche nicht entziehen. Für das Gesamtjahr 2016 wurde ein Umsatzrückgang um etwa 5 % auf rund 7 Mrd. € erwartet. Seit dem Allzeithoch 2013 mit einem Umsatz von 8,39 Mrd. € hat die Branche mit erheblichen Einbrüchen zu kämpfen. 2014 bereits gingen die Erlöse um 8,4 % zurück, 2015 dann nochmals um weitere 4 %. 2016 wurde trotz des erneuten Umsatzrückgangs mit einer weitgehend stabilen Beschäftigung in der Branche gerechnet. 14 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 3 Im Jahr 2015 setzte die Landtechnikindustrie nach Angaben des Fachverbandes Landtechnik im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer e. V. (VDMA) weltweit etwa 91 Mrd. € um. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutete dies einen deutlichen Rückgang der Umsätze um 10 Mrd. € bzw. knapp 10 %. Die Branche entfernte sich damit weiter von ihrem Allzeithoch aus dem Jahr 2013, als weltweit ein Umsatz in Höhe von 103 Mrd. € erzielt werden konnte. Zugleich beschleunigte sich der Umsatzrückgang damit ganz erheblich, da das Minus im Vorjahr nur knapp 2 % betrug. Der weltweite Umsatz mit Landtechnik war damit 2015 wieder auf dem Niveau des Jahres 2011 angekommen. 2016 setzte sich der Abschwung mit Rückgängen, die teils im zweistelligen Prozentbereich lagen, auf wichtigen Absatzmärkten fort; erst für 2017 wird eine Stabilisierung der Lage erwartet. Die Landtechnikindustrie ist Hersteller technisch hoch entwickelter Produkte für die Landwirtschaft. Sie umfasst einerseits Hersteller von Außentechnik, beispielsweise von Traktoren, Erntemaschinen und Bodenbearbeitungsgeräten, und andererseits Anbieter von Technik für die Innenwirtschaft. Zu Letzterer zählen beispielsweise die Melk-, die Kühl- und die Fütterungstechnik. Nach Angaben des Fachverbandes Landtechnik im VDMA entfallen etwa 10 % des Umsatzes auf die Innentechnik. Sowohl die Hersteller von Außentechnik als auch diejenigen von Innentechnik sind von der Investitionsbereitschaft und -fähigkeit ihrer landwirtschaftlichen Kunden abhängig. Diese wiederum wird wesentlich durch die auf den Märkten erzielten Preise für landwirtschaftliche Produkte bestimmt. Der Preisverfall für viele Agrarprodukte, der Mitte 2013 einsetzte, hat daher auch die Landtechnikindustrie mittelbar hart getroffen. Die deutschen Hersteller von land- und forstwirtschaftlichen Maschinen erwirtschafteten im Jahr 2015 einen Umsatz von 7,38 Mrd. € und damit etwa 8,1 % des weltweiten Landtechnikumsatzes. Die sinkenden Preise für landwirtschaftliche Produkte hinterließen auch bei den deutschen Herstellern deutliche Spuren. So erreichte der Umsatz 2013 mit 8,39 Mrd. € noch ein Allzeithoch, dem ein starker Anstieg des Branchenumsatzes um 2,9 Mrd. € bzw. 52,9 % seit dem Jahr 2010 vorausgegangen war. Bereits 2014 ging der Umsatz dann deutlich um 707 Mio. € bzw. 8,4 % zurück. Im Jahr 2015 setzte sich der Umsatzrückgang weiter fort; der Umsatz sank um weitere 304 Mio. € bzw. 4 %. Der Umsatz der Branche lag mit 7,38 Mrd. € im Jahr 2015 damit sogar wieder unter dem Umsatz des Jahres 2008, als Erlöse in Höhe von 7,5 Mrd. € erwirtschaftet wurden. Ein Trost für die Unternehmen mag in dieser Lage sein, dass ihr ein vergleich- Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 15 Die Landtechnikindustrie bar starker Einbruch wie im Jahr 2009, als der Umsatz um 1,9 Mrd. € (−25,2 %) zurückging, erspart geblieben ist. Die Fortsetzung des Abwärtstrends im Jahr 2016 lässt sich an den Umsatzzahlen der Hersteller von land- und forstwirtschaftlichen Maschinen mit mehr als 50 Mitarbeitern in den ersten drei Quartalen des Jahres 2016 ablesen. Die Umsätze gingen um weitere 3 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum zurück. Während im ersten Quartal 2016 der Umsatz der Branche noch um 1,4 % über dem des Vorjahres lag, hat die Landtechnikindustrie die Umsätze des Vorjahreszeitraums in den dann folgenden beiden Quartalen deutlich verfehlt. Auch für das Gesamtjahr muss mit einem Umsatzrückgang um 5,1 % auf rund 7 Mrd. € gerechnet werden. Die deutsche Landtechnikindustrie ist schon seit Langem durch einen hohen Internationalisierungsgrad gekennzeichnet (Abb. 5). So wurden vom Gesamtumsatz in Höhe von 7,38 Mrd. € im Jahr 2015 nur 2,05 Mrd. € (27,8 %) im Inland, aber beachtliche 5,33 Mrd. € (72,2 %) im Ausland erwirtschaftet. Damit erreicht die Landtechnikindustrie einen der höchsten Auslandsanteile am Umsatz im gesamten Abb. 5: E ntwicklung der Umsätze und des Auslandsgeschäfts in der deutschen Landtechnikindustrie von 2008 bis 2016 Umsatz in Mrd. € Exportanteil (%) 80 9 8 70 7 60 6 5 50 4 40 – Export – Inlandsumsatz – Exportanteil 3 30 2 20 1 0 10 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: eigene Darstellung und Berechnung nach VDMA 2016; Zahlen für 2016 geschätzt Agribusiness. Gleichwohl bedeuten die aktuellen Werte einen Rückgang gegenüber dem Jahr 2008, als 75 % des Gesamtumsatzes im Ausland erwirtschaftet wurden. Doch 2009 brachen nicht nur die Umsätze ein, sondern auch die Exportquote sank auf 69,7 % und damit den niedrigsten Wert der jüngeren Vergangenheit. Nach der Erholung der Auslandsmärkte stabilisierte sich der Auslandsanteil am Umsatz in der deutschen Landtechnikindustrie bei Werten um 72 %. 16 Folgt man den Angaben des Statistischen Bundesamtes, so war im Jahr 2015 Frankreich das wichtigste Abnehmerland für deutsche Landtechnik; dort wurden 15,6 % der gesamten Exporterlöse erwirtschaftet. An zweiter Stelle folgten die USA mit einem Anteil an den Exporten in Höhe von 12,1 %. Mit deutlichem Abstand folgte auf Platz drei das Vereinigte Königreich; hierhin gingen 6,7 % der gesamten Ausfuhren der deutschen Landtechnikindustrie. Trotz des politisch verursachten Handelsstreits | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 zwischen der Europäischen Union und Russland und den daraus resultierenden beiderseitigen Sanktionen nahm Russland mit einem Exportanteil von 4,2 % 2015 den siebten Platz in der Außenhandelsstatistik der Landtechnikindustrie ein. Allerdings lag der Anteil der Ausfuhren nach Russland 2008 noch bei 9,1 %; seither gingen die Landtechnikexporte nach Russland um insgesamt 53,4 % zurück. Ob die alten Spitzenwerte des Exports nach Russland je wieder erreicht werden, muss Die Landtechnikindustrie bezweifelt werden, da einzelne Hersteller mit dem Aufbau einer lokalen Produktion auf das Handelsembargo reagiert haben. Die mit Abstand wichtigste Exportregion für die deutsche Landtechnikindustrie war 2015 die Europäische Union, auf die 63,6 % des Gesamtexportwertes entfielen. Innerhalb der Europäischen Union ist Polen inzwischen mit einem Anteil von 8,3 % der Abb. 6: A nteile einzelner Regionen und Länder an den Gesamtexporten der deutschen Landtechnikindustrie 2015 13,6 % EU-27 Nordamerika 1,2 % 1,3 % 2,5 % Russland Ozeanien China 4,2 % Mercosur 63,6 % Rest 13,7 % Quelle: eigene Darstellung und Berechnung nach Destatis 2016 Ausfuhren in das europäische Ausland der drittgrößte Abnehmer deutscher Landtechnik nach Frankreich (24,5 %) und dem Vereinigten Königreich (10,5 %). Nach der EU-27 ist der NAFTA-Raum mit einem Anteil von zusammen 13,7 % die wichtigste Exportregion. Innerhalb dieser Region dominieren die USA mit einem Anteil von 89 % an den Gesamtexporten deutlich. Auf den Plätzen folgen mit erheblichem Abstand Kanada (8,9 %) und Mexiko (2,1 %). Insgesamt machen die Exporte in die EU-27 und nach Nordamerika 77,3 % der Gesamtausfuhren der deutschen Landtechnikindustrie aus. Alle weiteren Exportregionen sind — mit Ausnahme von Russland — von vergleichsweise geringer Bedeutung (Abb. 6). Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren 2015 in den 178 Unternehmen der deutschen Landtechnikindustrie mit mehr als 20 Mitarbeitern 35.273 Menschen beschäftigt. Im Vergleich zum Vorjahr ist damit trotz des erheblichen Umsatz- Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 17 Die Landtechnikindustrie Abb. 7: Entwicklung der Anzahl der Unternehmen in der Landtechnikindustrie Anzahl Unternehmen 200 180 160 140 120 –Unternehmen mit > 20 Mitarbeitern 100 –Unternehmen mit > 50 Mitarbeitern 80 60 40 20 0 2008 2009 2010 2011 Quelle: eigene Darstellung und Berechnung nach Destatis 2016 18 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 2012 2013 2014 2015 2016 Die Landtechnikindustrie rückgangs die Anzahl der Unternehmen ab 20 Mitarbeiter um 2,3 % und die der von ihnen beschäftigten Mitarbeiter sogar um 4 % oder 1.371 Beschäftigte angestiegen (Abb. 7 und 8). Von 2008 bis 2015 hat sich die Anzahl der Mitarbeiter damit um fast ein Viertel von 28.766 auf 35.723 Beschäftigte und die Zahl der Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern von 158 auf 178 (+12,7 %) erhöht. Überwiegend entfiel der Zuwachs auf Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten, deren Zahl um 16 von 98 Unternehmen im Jahr 2008 auf 114 im Jahr 2015 und damit um 16,3 % zunahm, während in der Größenordnung von 20 bis 50 Beschäftigten im selben Zeitraum nur vier neue Unternehmen (+4 %) gezählt wurden. 2015 hatten 64 % der Unternehmen in der deutschen Landtechnikindustrie mehr als 50 Mitarbeiter; sie beschäftigten 93 % der Mitarbeiter und erwirtschafteten 96,3 % des Umsatzes in der Branche. In diesen Zahlen spiegelt sich der vergleichsweise hohe Konzentrationsgrad wider, der die gesamte Branche kennzeichnet. So vereinen allein die vier global tätigen „Fullliner“ Deere & Company sowie AGCO aus den USA, CNH Industrial mit Hauptsitz in den Niederlanden sowie CLAAS aus Deutschland etwa 40 % des weltweiten Landtechnikumsatzes auf sich. Für das Jahr 2016 kann nach den vorliegenden Zahlen trotz des Umsatzrückgangs in der Branche mit einer unveränderten Zahl der Unternehmen und einer weitgehend stabilen Beschäftigung gerechnet werden. (190,4 Mio. €) verdeutlicht. Hierin spiegeln sich insbesondere Kapazitätserweiterungen und Ersatzinvestitionen wider, denn 83,4 % der Investitionen im Jahr 2014 flossen in Maschinen. Aber auch die zunehmende Digitalisierung und der dadurch ausgelöste Trend zum Precision Farming spielen für das Investitionsverhalten in der Branche eine Rolle. Die Investitionen der deutschen Landtechnikindustrie beliefen sich im Jahr 2014 auf 282,8 Mio. €; sie gingen damit gegenüber dem Vorjahr um 5,5 Mio. € bzw. 1,9 % zurück (Abb. 8). Im Vergleich zum bisherigen Spitzenjahr 2012, als 323,7 Mio. € investiert wurden, bedeutete dies sogar einen Rückgang um 40,9 Mio. € oder 12,6 %. Im langjährigen Vergleich wird allerdings in der Landtechnikindustrie gegenwärtig immer noch viel investiert, wie das weiterhin starke Plus gegenüber dem Jahr 2008 Abb. 8: Entwicklung der Investitionen und der Beschäftigtenzahl in der Landtechnikindustrie Investitionen in Mio. € Beschäftigte 40.000 350 35.000 300 30.000 250 – Investitionen 25.000 200 20.000 150 15.000 100 – Beschäftigte in Unternehmen mit > 20 Mitarbeitern – Beschäftigte in Unternehmen mit > 50 Mitarbeitern 10.000 50 5.000 0 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: eigene Darstellung und Berechnung nach Destatis 2016 Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 19 Die Landtechnikindustrie Das Jahr 2016 begann mit einer starken Eintrübung der Stimmung in der deutschen Landtechnikindustrie. So rutschte im Januar der Saldo der Beurteilung der Geschäftslage von 19,2 Punkten im Dezember 2015 auf −30,3 Punkte ab. Bis zum März war zwar wieder ein Anstieg auf 2,8 Punkte festzustellen, doch sollte dies im weiteren Verlauf des Jahres der einzig positive Wert und damit auch der Jahreshöchstwert bleiben. Bis Mai fiel der Saldo erneut auf −39,8 Punkte; im September wurde dann mit −46,5 Punkten der niedrigste Stand des Jahres 2016 erreicht. Auch danach erholte sich die Beurteilung der Geschäftslage nur leicht auf −40,4 Punkte im November. Die deutlich verschlechterte Einschätzung der Geschäftslage zum Beginn des Jahres wurde begleitet von einem noch stärkeren Rückgang bei der Einschätzung der Geschäftserwartungen auf −60,4 Punkte im Januar. Im April wurde dann mit −71,3 Punkten ein mehrjähriger Tiefststand erreicht. Da die Geschäftserwartungen der tatsächlichen Rückblick auf das Jahr 2016 Entwicklung der Geschäftslage um einige Monate vorauslaufen, kam die im Laufe des Jahres 2016 dauerhaft schlechte Stimmung in der Branche nicht überraschend. Bis zum November 2016 stieg der Saldo der Geschäftserwartungen dann auf zwar immer noch mäßige, jedoch im Jahresvergleich vergleichsweise gute −1,8 Punkte. Hierin kommt ohne Zweifel die Aussicht auf eine Stabilisierung der Lage im Laufe des Jahres 2017 zum Ausdruck. Insgesamt wird trotz der leichten Aufhellung zum Jahresende eine deutlich krisenhafte Stimmung in der Landtechnikindustrie erkennbar. Ein Grund dafür ist das sich erst allmählich erholende Niveau der Preise für landwirtschaftliche Produkte. Die lange Zeit sehr niedrigen Preise haben sich sehr negativ auf die Investitionsbereitschaft der landwirtschaftlichen Kunden ausgewirkt und zu sinkenden Umsätzen und Unterbeschäftigung in der Branche geführt. Abb. 9 verdeutlicht anhand des Getreide- und Ölsaatenpreisindex des Abb. 9: Entwicklung der ifo-Indizes für die Landtechnikindustrie und des Getreide- und Ölsaatenpreisindex ifo-Salden Getreide- und Ölsaatenpreisindex 350 100 80 300 60 250 –Geschäftslage land- und forstwirtschaftliche Maschinen 200 –Geschäftserwartungen land- und forstwirtschaft150 liche Maschinen 40 20 0 −20 −40 100 −60 50 −80 −100 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle: eigene Darstellung nach ifo Institut 2016 und International Grain Council 2016 20 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 2014 2015 2016 –Getreide- und Ölsaatenpreisindex Die Landtechnikindustrie International Grain Council den Einfluss der Erzeugerpreise auf die Beurteilung der Geschäftslage und der Geschäftserwartungen in der Landtechnikindustrie. Nach Angaben des VDMA wurden im ersten Halbjahr 2016 Maschinen im Wert von 4,2 Mrd. € hergestellt, was gegenüber dem Vorjahr einem Plus von 1,5 % entspricht. Der deutschen Landtechnikindustrie machte in diesem Zeitraum vor allem das schwache Inlandsgeschäft zu schaffen; hier ging der Umsatz im betrachteten Zeitraum um weitere 14 % zurück. Diese ungünstige Entwicklung konnte nach Angaben des VDMA durch das wieder anziehende Exportgeschäft etwas abgefedert werden. So entwickelt sich das Geschäft mit Frankreich, dem wichtigsten Abnehmer deutscher Landtechnik im Ausland, positiv; hier betrug das Plus der deutschen Anbieter im ersten Halbjahr des Jahres 2016 immerhin 25 %. Leicht positive Signale kommen derzeit aus Russland, sodass sich die Ausfuhren in diesen einstmals sehr wichtigen Markt von dem derzeit niedrigen Niveau allmählich wieder erholen könnten. Insgesamt wird aber für die im Europäischen Dachverband der Landmaschinenindustrie Cema zusammengefassten Länder (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Spanien, Vereinigtes Königreich) für 2016 von einer weiterhin schwachen Marktentwicklung ausgegangen. Insgesamt wird ein Minus von 3,3 % erwartet. Vor allem die Ver- käufe von Traktoren und Mähdreschern entwickelten sich weiterhin schwach. Das einzige stabile Marktsegment war 2016 die Pflanzenschutztechnik. Neben der generell schwierigen Marktlage dürfte sich im Jahr 2016 auch der niedrige Auftragseingang dämpfend auf die Einschätzung der Geschäftserwartungen ausgewirkt haben. So gaben beispielsweise nur 9 % der deutschen Landwirte an, im zweiten Halbjahr 2016 in Neumaschinen investieren zu wollen. Der VDMA erwartet nach vorläufigen Angaben für 2016 einen Umsatz von etwa 7 Mrd. €. Dies würde im Vergleich zum Vorjahr ein weiteres Minus von 380 Mio. € bzw. 5,1 % und zugleich den dritten Umsatzrückgang in Folge bedeuten. Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 21 Die Landtechnikindustrie Ausblick auf das Jahr 2017 Das Jahr 2017 steht weiterhin unter dem Einfluss niedriger Getreidepreise. Dagegen ist am Milchmarkt eine Besserung der Preise in Sicht, die Schweinepreise notierten wiederholt fester, und auch die Rapsnotierungen sind aufgrund der schlechten Ernte verhältnismäßig hoch. Zumindest bei den Getreidepreisen ist aber auf absehbare Zeit keine deutliche Besserung zu erwarten, da nach den vorliegenden Schätzungen die anstehende Ernte auf der Südhalbkugel gut ausfallen soll. Die Einkommen der Ackerbauern dürften sich daher auch im laufenden Jahr nicht wesentlich erholen; ihre Investitionsneigung wird daher vergleichsweise gering bleiben. Viele Milcherzeuger wiederum werden zunächst einmal eine deutliche Verbesserung ihrer Liquiditätslage abwarten müssen, ehe sie wieder in erheblichem Umfang in Landtechnik werden investieren können. Positiv werden sich dagegen vermutlich die gestiegenen Schweinepreise auswirken. In der Summe wird sich die Investitionsbereitschaft der Landwirte aber allenfalls verhalten positiv entwickeln. Für die stark vom Export abhängige deutsche Landtechnikindustrie gibt es darüber hinaus noch zwei weitere Entwicklungen, die ihre Geschäftsaussichten eintrüben dürften. Zum einen ist dies ein aller Voraussicht nach stärker protektionistischer 22 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 Kurs in den Vereinigten Staaten, die nach Frankreich der zweitwichtigste Markt für deutsche Landtechnik sind. Nach Aussage eines führenden Managers der Landtechnikindustrie könnten hiervon besonders mittelständische Unternehmen betroffen sein, die — anders als viele der größeren Unternehmen — über keine eigene Produktion in den Vereinigten Staaten verfügen. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die nach dem „Brexit“-Votum ungeklärte Ausgestaltung der zukünftigen Handelsbeziehungen mit Großbritannien, dem drittwichtigsten Exportmarkt für deutsche Landtechnik. Zu den wenigen positiven Vorzeichen gehört, dass in vielen Märkten der Landtechnikindustrie in den letzten Jahren aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen wenig investiert worden ist. Der aufgelaufene Investitionsstau in diesen Ländern muss allmählich aufgelöst werden; hieraus könnten positive Marktsignale resultieren. Trotzdem wird auch 2017 ein wirtschaftlich schwieriges Jahr für die Landtechnikindustrie werden, in dem die Umsätze insgesamt kaum das Niveau des Vorjahres überschreiten dürften. Einige Unternehmen haben auf die aktuelle Situation bereits reagiert und — auch angesichts weiterhin vergleichsweise hoher Investitionen bei tendenziell rückläufigen Umsätzen — Einstellungsstopps verhängt. Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 23 Die Ernährungsindustrie Wirtschaftliche Bedeutung Die Ernährungsindustrie erwirtschaftete im Jahr 2016 einen Umsatz von rund 170 Mrd. €; sie war damit gemessen an den Erlösen die größte Teilbranche des Agribusiness. Der Ernährungsindustrie zugerechnet werden die Schlacht- und Fleischverarbeitungsunternehmen, die Fischverarbeitung, die Obst- und Gemüseverarbeitung, die Herstellung von pflanzlichen und tierischen Ölen und Fetten, die Milchverarbeitung, Mahl- und Schälmühlen sowie die Hersteller von Stärke und Stärkeerzeugnissen, die Hersteller von Back- und Teigwaren, die Futtermittelindustrie, die Getränkeindustrie sowie die Hersteller von sonstigen Nahrungsmitteln. 24 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 4 2015 erwirtschaftete die Ernährungsindustrie einen Umsatz von 168,6 Mrd. €. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag der Umsatz der Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern in den ersten drei Quartalen des Jahres 2016 mit 112,2 Mrd. € um 1,1 Mrd. € (+1 %) über dem Umsatz des Vorjahreszeitraums. Im ersten Quartal 2016 lag der Umsatz noch um 200 Mio. € bzw. 0,5 % unter dem des ersten Quartals 2015. Im zweiten und dritten Quartal 2016 konnten die Umsätze dann aber im Vergleich zum Vorjahr zulegen, sodass sie zum Ende des dritten Quartals in der Summe über denen des Vorjahres lagen. Auch für das Gesamtjahr ist mit einem leichten Plus beim Umsatz auf rund 170 Mrd. € zu rechnen. In dieser Entwicklung schlagen sich vor allem die allmähliche Erholung der Preise für Agrarprodukte und der Aufschwung im Außenhandel nieder. Abb. 10: A nteile der einzelnen Sektoren am Gesamtumsatz der Ernährungsindustrie 2015 11,9 % Schlachten und Fleischverarbeitung Fischverarbeitung 23,5 % Obst- und Gemüseverarbeitung 5,9 % Hersteller von pflanzlichen und tierischen Ölen und Fetten Milchverarbeitung 1,3 % 18,3 % 6,0 % 3,5 % Mahl- und Schälmühlen, Hersteller von Stärke und Stärkeerzeugnissen Hersteller von Back- und Teigwaren Hersteller von sonstigen Nahrungsmitteln Hersteller von Futtermitteln 14,6 % 11,5 % Getränkehersteller 3,4 % Quelle: eigene Darstellung nach Destatis 2016 Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 25 Die Ernährungsindustrie Gemessen am Umsatz ist der Sektor Schlachten und Fleischverarbeitung die größte Teilbranche der Ernährungsindustrie. Im Jahr 2015 erwirtschafteten die diesem Sektor zugerechneten Unternehmen einen Umsatz in Höhe von 39,7 Mrd. €; dies waren 23,5 % des Gesamtumsatzes der Ernährungsindustrie (Abb. 10). Auf dem zweiten Platz rangierte die Milchverarbeitung, auf die 14,6 % des Umsatzes in der Ernährungsindustrie entfielen (24,6 Mrd. €). Auf den nächsten Plätzen folgten die Getränkeindustrie (11,9 %) sowie die Hersteller von Backund Teigwaren (11,5 %). Die kleinste Teilbranche war mit einem Umsatz von 2,16 Mrd. € (1,3 %) die Fischverarbeitung. Die große Vielfalt der Branche verdeutlicht die Kategorie der Hersteller von sonstigen Nahrungsmitteln, die 2015 einen Umsatz von 30,9 Mrd. € erwirtschafteten; dies waren 18,3 % des Umsatzes der gesamten Ernährungsindustrie. Die Entwicklung des Umsatzes in der Ernährungsindustrie hängt von zahlreichen Einflussgrößen wie beispielsweise der Branchenkonjunktur, den Weltagrarpreisen, der demografischen Entwicklung im In- und Ausland, den Wechselkursentwick- 26 lungen, Handelspolitiken sowie der Verfassung der Exportmärkte ab. Nach dem deutlichen Rückgang des Umsatzes um 8,3 Mrd. € bzw. 5,3 % im Jahr 2008 stiegen die Erlöse von 2009 bis 2013 kontinuierlich um insgesamt 27,5 Mrd. € bzw. 18,6 % an. Das Jahr 2013 war mit Erlösen in Höhe von 175,2 Mrd. € das bislang umsatzstärkste Jahr der Ernährungswirtschaft überhaupt. Dann ging der Umsatz um insgesamt 6,6 Mrd. € bzw. 3,8 % auf 168,6 Mrd. € zurück; ausschlaggebend dafür waren vor allem die zwischenzeitlich stark gesunkenen Agrarpreise, die sich in der Ernährungsindustrie nicht nur in geringeren Rohstoffkosten, sondern auch in Preisrückgängen niederschlagen. Die jüngsten verfügbaren Umsatzzahlen lassen Umsatzzuwächse im zweiten und dritten Quartal 2016 erkennen und deuten auf eine Trendumkehr hin. Je nach Teilbranche ist die Entwicklung im betrachteten Zeitraum sehr unterschiedlich verlaufen. Den stärksten Zuwachs beim Umsatz verzeichneten die Hersteller von Futtermitteln, die ein Wachstum der Erlöse um 29,5 % von 7,65 Mrd. € im Jahr 2008 auf 9,9 Mrd. € im Jahr 2015 realisieren konnten. Das zweitstärkste Wachstum verzeichneten die Hersteller von sonstigen Nahrungsmitteln mit einem Plus von 16,1 %, gefolgt von Schlacht- und Fleischverarbeitungsunternehmen mit einem Umsatzplus von 13,3 %. Den stärksten Umsatzrückgang im Zeitraum von 2008 bis 2015 erlitten die Mahl- und Schälmühlen und die Hersteller von Stärke und Stärkeerzeugnissen. Ihr Umsatz sank um 8,5 % auf 5,8 Mrd. €. Den zweitstärksten Umsatzrückgang von 6,45 Mrd. € im Jahr 2008 auf 5,97 Mrd. € im Jahr 2015 (−7,5 %) mussten die Hersteller von pflanzlichen und tierischen Ölen und Fetten hinnehmen. An dritter Stelle folgen die Fischverarbeiter mit einem Umsatzrückgang um 6,7 % bzw. 157 Mio. €. | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 Wie bereits frühere Studien von EY und der Universität Göttingen zeigen konnten, haben im vergangenen Jahrzehnt die Auslandsmärkte für die deutsche Ernährungsindustrie erheblich an Bedeutung gewonnen (Abb. 11). Ausländische Direktinvestitionen, z. B. in Form des Erwerbs von Tochtergesellschaften oder der Errichtung eigener Werke im Ausland, sind gleichwohl immer noch eher die Ausnahme. Attraktiv erscheinende Auslandsmärkte werden stattdessen weiterhin überwiegend über Exporte bedient. Die Unternehmen folgen dabei einem Ansatz der „konzentrischen Internationalisierung“, in deren Rahmen zunächst geografisch nahe gelegene und kulturell eng verwandte Märkte erschlossen werden und erst später auch durch größere räumliche und kulturelle Distanzen gekennzeichnete Märkte nach und nach in den Blick rücken. So ist im Zuge der fortschreitenden Internationalisierung der Branche der Exportanteil seit 2008 (26,5 %) kontinuierlich um insgesamt 6 Prozentpunkte auf 32,5 % im Jahr 2015 gestiegen. Betrachtet man den Anteil am Gesamtumsatz, den die Unternehmen direkt, also ohne Einschaltung von Zwischenhändlern, im Ausland erzielen, so wird deutlich, dass der Internationalisierungsgrad der verschiedenen Teilbranchen der Ernährungsindustrie sehr unterschiedlich ist. Den größten Anteil am Gesamtumsatz macht der inländische Markt bei den Herstellern von Back- und Teigwaren aus; er lag 2015 immer noch bei 91,8 %. An zweiter Stelle folgen die Getränkehersteller mit einem Anteil des Inlandsumsatzes von 87,9 %, gefolgt von den Futtermittelherstellern mit einem Anteil des Heimatmarktes am Umsatz von 86 %. Vorreiter der Internationalisierung sind dagegen die Hersteller von pflanzlichen und tierischen Ölen und Fetten. Der Anteil des Auslandsumsatzes lag bei ihnen im Jahr 2015 bei 43,1 %. Die Ernährungsindustrie Abb. 11: Entwicklung der Umsätze und des Auslandsgeschäfts in der Ernährungsindustrie von 2008 bis 2016 Umsatz in Mrd. € Exportanteil (%) 200 35 180 160 30 140 120 25 – Exporte – Inlandsumsatz 100 – Exportanteil 80 20 60 15 40 20 0 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: eigene Darstellung und Berechnung nach Destatis 2016; Daten für 2016 geschätzt An zweiter Stelle folgten die Mahl- und Schälmühlen und Hersteller von Stärke und Stärkeerzeugnissen mit einem Anteil des Auslandsumsatzes von 32,7 %. Bei den Herstellern von sonstigen Nahrungsmitteln wurden 2015 28,8 % des Umsatzes im Ausland erzielt. Im Einklang mit dem Konzept der „konzentrischen Internationalisierung“ ist die Europäische Union der mit Abstand wichtigste Auslandsmarkt der deutschen Ernährungsindustrie. Hierhin gingen nach Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) im Jahr 2015 78,8 % der Exporte im Wert von 43,6 Mrd. €. Obwohl der Anteil der EU-Mitgliedstaaten an den Gesamtexporten damit im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 Prozentpunkte zurückgegangen ist, ist die Europäische Union weiterhin die mit Abstand wichtigste Zielregion für deutsche Lebensmittelausfuhren. Der bedeu- tendste Abnehmer waren 2015 die Niederlande, die deutsche Lebensmittel im Wert von 7,3 Mrd. € importierten, dies entsprach 16,7 % der Exporte ins europäische Ausland. Hierin kommt nicht nur die Nachfrage niederländischer Kunden zum Ausdruck, sondern auch die bedeutende Rolle des Landes als internationale Logistikdrehscheibe, über die Ausfuhren in zahlreiche andere Länder abgewickelt werden. Auf den weiteren Plätzen hinter den Niederlanden folgen Frankreich mit 11,7 % und Italien mit 10,7 % der Lebensmittelexporte in die Europäische Union. Nach der Europäischen Union ist Asien mit einem Anteil von 7,8 % die zweitwichtigste Exportregion für die deutsche Ernährungswirtschaft. Hierhin gingen im Jahr 2015 Ausfuhren im Wert von 4,3 Mrd. €. Der wichtigste Abnehmer in dieser Region ist China mit einem Anteil an den Asienexporten von 39 %. Dies Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 27 Die Ernährungsindustrie Abb. 12: Entwicklung der Investitionen und der Beschäftigtenzahl in der Ernährungsindustrie Investitionen in Mrd. € Beschäftigte 600.000 6 580.000 5 560.000 4 540.000 – Investitionen 520.000 – Beschäftigte in Unternehmen mit > 20 Mitarbeitern 500.000 3 480.000 2 460.000 – Beschäftigte in Unternehmen mit > 50 Mitarbeitern 440.000 1 420.000 400.000 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: eigene Darstellung nach Destatis 2016; Zahlen für 2016 geschätzt entspricht Exporten in Höhe von knapp 1,7 Mrd. €. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil Asiens an den Gesamtexporten um 0,6 Prozentpunkte gestiegen. Europäische Länder, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind, waren 2015 der drittwichtigste ausländische Absatzmarkt der deutschen Ernährungsindustrie. Auf sie entfielen Ausfuhren im Umfang von 3,5 Mrd. €; dies waren 6,4 % der Gesamtexporte. Die mit Abstand wichtigsten Einzelmärkte waren die Schweiz mit einem Anteil von 41 % und Russland mit einem Anteil von 20,8 % der Exporte in europäische Nicht-EU-Länder. 2015 gingen nach Nord- und Südamerika 4,2 % der Gesamtexporte der Ernährungsindustrie. Hier waren die USA mit 69,1 % der Exporte der mit Abstand wichtigste Handelspartner, gefolgt von Kanada (10,6 %) und Brasilien (5,5 %). Afrika ist trotz eines starken Bevölkerungswachs- 28 tums unverändert ein vergleichsweise unbedeutender Absatzmarkt. 2015 wurden dorthin Waren im Wert von lediglich knapp 1,2 Mrd. € (2,1 % der Gesamtausfuhren) exportiert. Die wichtigsten Abnehmer in Afrika waren Ägypten, Marokko und Südafrika. Die Anteile Amerikas und Afrikas an den Exporten der Ernährungsindustrie legten 2015 jeweils um 0,3 Prozentpunkte zu. Der Anteil Ozeaniens an den Gesamtexporten ist erwartungsgemäß vernachlässigbar und liegt bei lediglich 0,6 %, was einem Wert von etwas mehr als 0,3 Mrd. € entspricht. Mit 86,4 % entfiel davon der allergrößte Teil auf Australien. Die Ernährungsindustrie ist in Deutschland ein wichtiger Arbeitgeber. Im Jahr 2015 beschäftigte sie fast 570.000 Mitarbeiter in mehr als 5.800 Betrieben (Abb. 12 und 13). Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der Betriebe damit geringfügig um 0,3 % bzw. 12 Betriebe gesunken, während die Anzahl der Mitarbeiter um knapp 9.400 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 oder 1,7 % angestiegen ist. Auch für 2016 weisen die Zahlen auf einen weiteren Beschäftigungsaufbau hin. Trotz des in den gegenläufigen Entwicklungen von Betriebsund Mitarbeiterzahlen zum Ausdruck kommenden Trends zu wachsenden Betriebsgrößen ist die Zahl der Betriebe seit 2008 praktisch konstant geblieben. Die Anzahl der Beschäftigten ist von 2008 bis 2015 sogar kontinuierlich um insgesamt 7 % von 531.697 auf 569.162 angestiegen. Alles in allem sind diese Zahlen ein Beleg für die insgesamt gute Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Ernährungsindustrie, die ihren Platz auf Inlands- und Auslandsmärkten gegenüber Wettbewerbern, die zum Teil deutliche Lohnkostenvorteile aufweisen, erfolgreich verteidigt hat. Die meisten Betriebe werden erwartungsgemäß im Bereich der Herstellung von Back- und Teigwaren gezählt; im Jahr 2015 umfasste dieser Bereich 2.483 Betriebe. Auf Platz zwei rangierten die Schlachter Die Ernährungsindustrie und Fleischverarbeiter mit 1.345 Betrieben, gefolgt von den Getränkeherstellern mit 554 Betrieben. Die meisten Beschäftigten, nämlich 187.000, waren im Jahr 2015 ebenfalls in der Back- und Teigwarenindustrie tätig. Dies entsprach fast 33 % der Beschäftigten in der gesamten Ernährungsindustrie. Auf Platz zwei folgten die Schlachter und Fleischverarbeiter, bei denen 2015 über 108.000 Beschäftigte und damit 19 % der Mitarbeiter in der Ernährungsindustrie beschäftigt waren. Auf Platz drei rangierten die Hersteller von sonstigen Nahrungsmitteln mit insgesamt knapp 100.000 Arbeitnehmern. Von 2008 bis 2015 hat die Zahl der Betriebe — wenn auch von einem niedrigen Niveau aus — am stärksten bei den Herstellern von pflanzlichen und tierischen Ölen und Fetten zugenommen. Ein Anstieg der Zahl der Unternehmen von 31 auf 47 bedeutet immerhin ein Plus von 51,6 %. Auch die Zahl der Mitarbeiter nahm in dieser Teilbranche mit einem Zuwachs von 3.753 auf 5.332 Beschäftigte (+42,1 %) am stärksten zu. Entgegengesetzt verlief die Entwicklung im Bereich der Fischverarbeitung. Von 2008 bis 2015 schieden 12 bzw. 18,5 % der Betriebe aus der Produktion aus. Auch der Rückgang der Zahl der Beschäftigten war in dieser Teilbranche mit 17,2 % auf 6.556 Beschäftigte am größten. Ebenfalls rückläufige Entwicklungen bei der Anzahl der Betriebe gab es in den Bereichen Milchverarbeitung (−10,3 %), Getränkeherstellung (−10,8 %) und Herstellung von Back- und Teigwaren (−1,5 %). Während gleichzeitig die Zahl der Beschäftigten bei den Getränkeherstellern um 1,5 % auf rund 61.600 Beschäftigte zurückging, steigerten die Molkereien und die Back- und Teigwarenhersteller die Anzahl ihrer Beschäftigten um 13,7 bzw. 6,3 %. Trotz zwischenzeitlich rückläufiger Umsätze stiegen die jährlichen Investitionen der deutschen Ernährungsindustrie von 2008 bis 2014 kontinuierlich an. Im Jahr 2014 investierten die Unternehmen der Ernährungsindustrie 5,4 Mrd. €, das sind 10,9 % mehr als im Vorjahr und sogar 24,6 % mehr als 2008 (4,3 Mrd. €). Mit 83,7 % der Gesamtinvestitionen wurde mit Abstand am meisten in Maschinen investiert; 14,1 % der Investitionen flossen in Grundstücke und Bauten. Abb. 13: Entwicklung der Anzahl der Betriebe in der Ernährungsindustrie Anzahl der Unternehmen 7.000 6.000 5.000 –Unternehmen mit 4.000 > 20 Mitarbeitern –Unternehmen mit > 50 Mitarbeitere 3.000 2.000 1.000 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: eigene Darstellung und Berechnung nach Destatis 2016; Zahlen für 2016 geschätzt Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 29 Die Ernährungsindustrie reshöchstwert bedeutete. Trotz eines leichten Rückgangs lag der Wert mit 18 Punkten im Oktober immer noch auf einem verhältnismäßig hohen Niveau. Rückblick auf das Jahr 2016 Die Beurteilung der Geschäftslage konnte zu Beginn des Jahres 2016 zunächst zulegen und erreichte im Januar ihren vorläufigen Höhepunkt mit 13,9 Punkten. Anschließend setzte eine Verschlechterung der Stimmungslage ein und die Beurteilung der Geschäftslage fiel bis April auf ihren Jahrestiefststand von 2,4 Punkten. Bis September bewegte sich die Beurteilung der Geschäftslage dann auf niedrigem Niveau seitwärts mit Werten zwschen 5,6 und 8,5 Punkten. Im September machte die Beurteilung der Geschäftslage dann im Einklang mit der insgesamt freundlichen Marktentwicklung einen deutlichen Sprung auf 26,4 Punkte, was gleichzeitig den Jah- Die Geschäftserwartungen waren über das ganze Jahr hinweg weniger gut (Abb. 14). Nach 4,6 Punkten zu Beginn des Jahres bewegten sie sich bis zum Juli auf einem niedrigen Niveau zwischen −2 und 5,9 Punkten. Dann trübten sich die Erwartungen ein, sodass die Geschäftserwartungen im August bei −7,8 Punkten ihren vorläufigen Jahrestiefststand erreichten. Analog der besseren Beurteilung der Geschäftslage legten dann jedoch auch die Geschäftserwartungen im September deutlich zu und erreichten ihren Jahreshöchstwert von 12,9 Punkten. Zwar war dies deutlich weniger als die zum selben Zeitpunkt erreichten 18 Punkte bei der Beurteilung der Geschäftslage, allerdings sanken die Geschäftserwartungen im Oktober auch lediglich um einen Punkt auf 11,9 Punkte und damit deutlich weni- ger stark als die Bewertung der Geschäftslage. Die verbesserte Beurteilung der Geschäftslage und der Geschäftserwartungen dürfte nicht zuletzt auf den Anstieg des Preisindex für Nahrungs- und Futtermittel zurückzuführen sein, der ab Mitte des Jahres 2016 einsetzte. Auf positive Preissignale hatte vor allem die Milchwirtschaft schon seit Längerem gewartet. Ferner konnten nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Ernährungsindustrie dank florierender Exporte Absatz und Umsatz im zweiten und dritten Quartal gesteigert werden. Auch dies trug im Herbst 2016 zur deutlichen Stimmungsaufhellung in der Branche bei. Einschränkend weist der Bundesverband der Deutschen Ernährungsindustrie darauf hin, dass nicht absehbar sei, wie lange diese positive Entwicklung anhalten werde, und dass die wirtschaftliche Situation vieler Unternehmen trotz des Zwischenhochs weiterhin angespannt sei. Ein wesentlicher Grund hierfür sei unter anderem der starke Preisdruck im Auslandsgeschäft. Abb. 14: Entwicklung der ifo-Indizes für die Ernährungsindustrie und des Nahrungs- und Futtermittelpreisindex ifo-Salden Preisindex Nahrungs- und Futtermittel 40,0 120 30,0 115 20,0 110 10,0 105 0,0 100 −10,0 95 −20,0 90 −30,0 −40,0 85 2008 2009 2010 2011 Quelle: eigene Darstellung nach ifo Institut 2016 und Destatis 2016 30 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 2012 2013 2014 2015 2016 –Geschäftslage Hersteller von Nahrungs- und Futtermitteln –Geschäftserwartungen Hersteller von Nahrungs- und Futtermitteln –Preisindex Hersteller von Nahrungs- und Futtermitteln Die Ernährungsindustrie Ausblick auf das Jahr 2017 Die Entwicklungen zum Ende des Jahres 2016 wecken Hoffnungen auf eine Fortsetzung des positiven Trends im Jahr 2017. Allerdings kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ernährungsindustrie weiterhin vor großen Herausforderungen steht. Auf der einen Seite sieht sie sich mit einem zunehmend gesättigten, in Teilbereichen sogar rückläufigen Binnenmarkt konfrontiert, dessen Verbraucher bei weiterhin überwiegend sehr geringer Zahlungsbereitschaft immer höhere Anforderungen an die Qualität, Rückverfolgbarkeit und Nachhaltigkeit der Produkte stellen. Unternehmenswachstum kann daher fast nur noch durch steigende Exporte generiert werden. Auf der anderen Seite kommen aufgrund des Mindestlohngesetzes und der in vielen Regionen angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt auf die Unternehmen steigende Löhne zu, die tendenziell die Produktionskosten erhöhen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit reduzieren. Zugleich nimmt im Ausland die Konkurrenz um Absatzmärkte spürbar zu, was sich in einem steigenden Preisdruck niederschlägt. Die Bewältigung der genannten Herausforderungen ist eine der zentralen Aufgaben für die deutsche Ernährungsindustrie. Positive Einflüsse auf die Stimmungslage der Bevölkerung und den privaten Konsum in Deutschland gehen hingegen gegenwärtig von den historisch niedrigen Zinsen und dem Allzeithoch bei der Beschäftigung aus. Auch das durch die Flüchtlingskrise ausgelöste Bevölkerungswachstum wirkt sich momentan absatzfördernd aus; es dürfte beispielsweise zum Anstieg des Geflügelfleischkonsums um 1,8 % im ersten Halbjahr 2016 beigetragen haben. deutung gewonnen hat und zur Grundlage der weiteren geschäftlichen Entwicklung geworden ist. Daraus resultieren erhebliche Unsicherheiten für die Branche. So ist noch völlig ungeklärt, wie die Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien nach dem „Brexit“-Votum zukünftig ausgestaltet sein werden. Auch der Ausgang der Wahl in Amerika spricht nicht dafür, dass Handelshemmnisse, die dem Export der deutschen Ernährungsindustrie beispielsweise im Bereich der Milchprodukte gegenwärtig noch im Wege stehen, abgebaut werden. Hinzu kommt, dass aufgrund politischer Spannungen, wie sie beispielsweise seit der Krim-Krise das Verhältnis zu Russland prägen, der Handel durch Sanktionen und Strafzölle erschwert oder teilweise sogar gänzlich unterbunden wird. Über die beschriebenen Herausforderungen hinaus birgt die zunehmend protektionistische Politik vieler Länder eine Gefahr für eine Industrie, in der der Export in der jüngeren Vergangenheit ständig an Be- Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 31 Die Ernährungsindustrie/Fleischwirtschaft 4.1 Die Fleischwirtschaft Wirtschaftliche Bedeutung Mit einem Umsatz von 39,7 Mrd. € war die Fleischwirtschaft im Jahr 2015 die umsatzstärkste Branche innerhalb der Ernährungsindustrie. In diesem Jahr wurden 1.345 Schlacht- und Verarbeitungsunternehmen mit mehr als 108.000 Beschäftigten gezählt. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2016 wurden in den Schlacht- und Verarbeitungsunternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 21,6 Mrd. € Umsatz erwirtschaftet. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Anstieg um 535 Mio. € bzw. 2,5 %. Die Umsätze der ersten drei Quartale des Jahres 2016 lagen allesamt leicht über denen des Vorjahreszeitraums, sodass für die gesamte Branche 2016 ein leichter Umsatzanstieg auf wieder mehr als 40 Mrd. € erwartet werden kann. Hierfür sprechen auch die seit einiger Zeit deutlich anziehenden Preise für Schlachtschweine. Neben der Produktion von Frischfleisch für nicht selbst schlachtende Metzgereien sowie die Bedien- und SB-Theken des Lebensmitteleinzelhandels ist die Herstellung von Wurstwaren für die deutsche Fleischwirtschaft von großer Bedeutung. Im Jahr 2015 wurden in Deutschland in Fleischverarbeitungsbetrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern insgesamt 1,66 Mio. Tonnen Fleischprodukte aus Schweinefleisch erzeugt. Den mengenmäßig größten Anteil machte dabei mit einem Produktionsvolumen von 904.000 Tonnen Brühwurst aus. Das entspricht 54,5 % der produzierten Menge. 429.000 Tonnen (25,9 %) entfielen auf Rohwurst, 209.000 Tonnen (12,6 %) auf Schinken vom Schwein und 118.000 Tonnen (7,1 %) auf Kochwurst (Abb. 15). 32 Die Umsätze in der Fleischwirtschaft stiegen von 35 Mrd. € im Jahr 2008 auf 40,8 Mrd. € im Jahr 2013 (Abb. 16), das damit das bislang umsatzstärkste Jahr der Branche markierte. Das Plus von 5,8 Mrd. € im betrachteten Zeitraum entspricht einem Anstieg um 16,5 %. Anschließend waren die Umsätze rückläufig. Im Jahr 2014 ging der Umsatz der Unternehmen der Fleischwirtschaft um 1,6 % bzw. 700 Mio. € zurück; 2015 setzte sich der Umsatzrückgang mit einem weiteren Rückgang der Erlöse um nochmals 500 Mio. € (−1,2 %) auf 39,7 Mrd. € fort. Maßgeblich dafür waren vor allem sinkende Preise für Schlachttiere, die — ähnlich wie die sinkenden Milchpreise in der Molkereiwirtschaft (vgl. Abschnitt 4.2) — nicht nur bei den Landwirten, sondern auch bei den Verarbeitungsunternehmen Umsatzrückgänge auslösten. 2016 war in den ersten drei Quartalen mit einem Plus von 2,5 % eine Trendumkehr zu beobachten, die für das Gesamtjahr einen moderaten Umsatzzuwachs erwarten ließ. der Jungmasthühnerschlachtungen im Jahr 2015 um 6,7 Mio. auf 627,8 Mio. (−1,1 %); gleichwohl war zwischen 2010 und 2015 ein deutlicher Anstieg um 6,2 % bzw. 36,5 Mio. Schlachtungen zu verzeichnen. Diese positiven Entwicklungen im Schweine- und Geflügelbereich stabilisierten die Umsätze der Unternehmen. Sie überkompensierten zugleich den weiteren Rückgang der Zahl der Bullenschlachtungen, deren Zahl von 2008 bis 2015 um 0,2 Mio. (12,4 %) auf nur noch 1,4 Mio. Stück gesunken ist. Die Bullenmast ist in Deutschland eng mit der Milcherzeugung verknüpft. Trotzdem konnte das wirtschaftlich oftmals schwierige Produktionsverfahren der Bullenmast nicht von der in den letzten Jahren weitgehend stabilen oder sogar leicht steigenden Zahl der Milchkühe in Deutschland profitieren. Untersuchungen zum Einfluss des ErneuerbareEnergien-Gesetzes auf traditionelle landwirtschaftliche Produktionsverfahren haben gezeigt, dass die Bullenmast zu Dass der Umsatz in den Jahren 2014 und 2015 trotz sinkender Preise für Schlachttiere nicht stärker zurückgegangen ist, ist auf die nach einem zwischenzeitlichen Rückgang zuletzt wieder gestiegene Zahl der Schweine- und Geflügelschlachtungen zurückzuführen. So wurden im Jahr 2015 in Deutschland 59,4 Mio. Schweine geschlachtet. Im Vergleich zum Vorjahr legte die Anzahl der geschlachteten Tiere damit um 0,5 Mio. bzw. 0,8 % zu. Preisrückgänge konnten damit zum Teil kompensiert werden. Seit 2008 ist die Zahl der Schweineschlachtungen sogar um 4,7 Mio. bzw. 8,2 % angestiegen. Zum anderen wurde im Jahr 2014 im Bereich Geflügel mit 634,5 Mio. geschlachteten Jungmasthühnern ein Höchstwert erreicht. Jungmasthühner machen mit fast 88 % den mit Abstand größten Teil der Schlachtungen im Geflügelbereich aus. Zwar sank die Anzahl Abb. 15: Anteile der verschiedenen Schweinefleischprodukte an der Gesamtproduktion der Fleischverarbeiter 2015 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 7,1 % 12,6 % 54,5 % Brühwurst Rohwurst Schinken vom Schwein Kochwurst Quelle:eigene Darstellung und Berechnung nach AMI 2016 25,9 % 2016 1.370 fleischverarbeitende Betriebe mit mehr als 110.000 Mitarbeitern; Beschäftigungsaufbau hält an jenen Betriebszweigen gehört, die häufig durch die zwischenzeitlich deutlich lukrativere Biogasproduktion verdrängt worden sind. Allerdings ist auch der Ausbau der Biogasproduktion seit 2012 in Deutschland fast zum Erliegen gekommen. Von den 39,7 Mrd. € Umsatz, die die Fleischwirtschaft im Jahr 2015 erzielte, entfielen 10,3 Mrd. € auf den Export (Abb. 16). Den größten Anteil an diesen Exporten hatte Fleisch (ohne Geflügelfleisch) mit einem Wert von 6,7 Mrd. € (65,6 %), gefolgt von verarbeitetem Fleisch (2,4 Mrd. € bzw. 23,7 %) und Geflügelfleisch (1,1 Mrd. € bzw. 10,6 %). Von 2008, als Fleisch und Fleischwaren im Wert von 8,6 Mrd. € ausgeführt wurden, bis 2013 haben sich die Exporte um 2,3 Mrd. € erhöht; dies entspricht einem Anstieg um 26,7 %. Seither sind sie preisbedingt um 5,7 % oder 0,6 Mrd. € auf 10,3 Mrd. € gesunken. Damit sind die Exporte in den letzten beiden Jahren stärker zurückgegangen als die Inlandsumsätze, die nur um 1,7 % rückläufig waren und nach 29,9 Mrd. € im Jahr 2013 im Jahr 2015 immer noch 29,4 Mrd. € erreichten. Die vergleichsweise ungünstige Entwicklung der Exporte hat verschiedene Ursachen. So ist die Ausfuhr von Schweinefleisch nach Russland bereits seit 2014 praktisch gänzlich zum Erliegen gekommen, nachdem 2013 noch mehr 90.000 Tonnen dorthin exportiert worden sind. Auch die Ausfuhren von Fleisch und Fleischwaren in EU-Mitgliedstaaten waren überwiegend rückläufig. So gingen die Ausfuhren in die wichtigen Exportmärkte Italien und Niederlande 2015 um je 2,7 % zurück. Großbritannien (−3,3 %), Tschechien (−7 %), Österreich (−13,5 %) und Dänemark (−15 %), alle unter den Top 10 der Exportdestinationen der deutschen Schweinefleischwirtschaft vertreten, nahmen 2015 ebenfalls weniger Fleisch und Fleischwaren aus deutscher Produktion ab. Der leichte Anstieg der Exporte nach Polen (+0,7 %) und das kräftige Plus in China (+76,8 %), der Menge nach mittlerweile nach Italien der zweitwichtigste Zielmarkt für deutsches Schweinefleisch, konnten die Rückgänge in anderen Märkten nicht kompensieren. In jüngster Zeit entwickelte sich das Auslandsgeschäft allerdings wieder etwas freundlicher, sodass für 2016 wieder ein leichter Anstieg der Exportquote zu erwarten ist. 40,4 Mrd. € Umsatz der deutschen Fleischwirtschaft; umsatzstärkste Teilbranche der Ernährungsindustrie (23,3 % des Gesamtumsatzes) 10,9 Mrd. € Exportumsatz mit Fleisch und Fleischwaren aus deutscher Produktion; die wichtigsten Handelspartner sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Zahlen für 2016 geschätzt) Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 33 Die Ernährungsindustrie/Fleischwirtschaft Abb. 16: Entwicklung der Umsätze und des Auslandsgeschäfts in der deutschen Fleischwirtschaft von 2008 bis 2016 Umsatz in Mrd. € Exportanteil (%) 45 28 40 26 35 24 30 22 25 20 – Inlandsumsatz 20 18 – Exportanteil 15 16 10 14 5 12 – Exporte 10 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: eigene Darstellung und Berechnung nach Destatis 2016; Zahlen für 2016 geschätzt Italien war 2015 mit einem Exportvolumen von 997,6 Mio. € der wichtigste Abnehmer von deutschem Rind- und vor allem Schweinefleisch, gefolgt von den Niederlanden (903,7 Mio. €) und China (602 Mio. €). Allein diese drei Länder stehen für 37,1 % der Exporte von Fleisch (ohne Geflügelfleisch) mit einem Ausfuhrwert von 2,5 Mrd. €. China ist mit einem Ausfuhranteil von 8,9 % der wichtigste außereuropäische Abnehmer; mit weitem Abstand folgen Südkorea mit Ausfuhren im Wert von 181,8 Mio. € (2,7 %) und Hongkong (136,6 Mio. € bzw. 2 %). Mit Ausnahme von China kommen die zehn größten Abnehmer von Rind- und Schweinefleisch ausnahmslos aus der EU-27. Der wichtigste Abnehmer von verarbeitetem Fleisch war im Jahr 2015 mit einem Exportvolumen von 414,4 Mio. € das Vereinigte Königreich, gefolgt von Frankreich (353,3 Mio. €) und den Niederlanden 34 (242,4 Mio. €). Allein diese drei Länder vereinen 41,4 % der Exporte von verarbeitetem Fleisch auf sich. Insgesamt ist die Europäische Union für die Exporte von verarbeitetem Fleisch von enormer Bedeutung. So sind die zehn wichtigsten Exportländer für diese Produktkategorie allesamt Mitglieder der EU-27; 2015 nahmen sie Waren im Wert von 2 Mrd. € und 82,5 % der gesamten Exporte von verarbeitetem Fleisch aus Deutschland ab. Bedeutsamster Abnehmer von Geflügelfleisch waren 2015 die Niederlande mit einem Exportvolumen von 259,5 Mio. € vor Österreich (136,4 Mio. €) und Frankreich (126,1 Mio.). Insgesamt nahmen diese drei Länder 47,7 % der deutschen Geflügelfleischexporte auf. Ähnlich wie beim verarbeiteten Fleisch spielt die Europäische Union auch beim Geflügelfleisch eine herausragende Rolle, denn die zehn wichtigsten Abnehmerländer für Geflügel- | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 fleisch waren 2015 ausnahmslos EU-Mitglieder. Sie importierten Geflügelfleisch im Wert von 855,8 Mio. €, was 78,2 % der gesamten Exporte entspricht. Sieht man von den Schweinefleischausfuhren nach China ab, die durch die schiere Größe des dortigen Marktes — das Land hält fast 50 % aller Schweine weltweit — und spezielle Konsumvorlieben, die den Export der in Europa nahezu unverkäuflichen „Schwänzchen, Schnäuzchen und Öhrchen“ erlauben, bedingt sind, so folgen die Ausfuhren von Fleisch und Fleischwaren dem bereits an anderer Stelle skizzierten Modell der „konzentrischen Internationalisierung“. Zudem wird erneut die bedeutsame Rolle der Niederlande als Logistikdrehkreuz deutlich, über das beispielsweise ein Großteil des dorthin gelieferten Geflügelfleischs weiter exportiert wird. Die Ernährungsindustrie/Fleischwirtschaft Im Jahr 2015 beschäftigte die deutsche Fleischwirtschaft direkt, also nicht über Werkverträge oder als Leiharbeitskräfte, mehr als 108.000 Mitarbeiter (Abb. 17). Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Beschäftigten damit um 1.870 bzw. 1,8 % an; der zwischenzeitliche Beschäftigungsrückgang — 2013 wurden nur knapp 106.000 Beschäftigte gezählt — wurde damit wieder ausgeglichen. Von den mehr als 108.000 Beschäftigten arbeiteten über 25.000 bzw. 12,3 % in Unternehmen mit 20 bis 50 Mitarbeitern und fast 83.000 (76,6 %) in Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Zahl der Beschäftigten in Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern um 1.086 bzw. 1,3 % zu, während in den kleineren Betrieben 784 bzw. 3,2 % mehr Menschen beschäftigt wurden. Dieser Trend setzte sich 2016 nach den vorliegenden, noch vorläufigen Zahlen beschleunigt fort. Bereits seit 2008 findet damit ein deutlich kräftigerer Beschäftigungsaufbau in Unternehmen mit 20 bis 50 Mitarbeitern statt. Während hier von 2008 bis 2015 die Mitarbeiterzahl um 1.509 auf 25.279 Beschäftigte angestiegen ist (+6,3 %), bauten die Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten 1.423 Arbeitsplätze ab (−1,7 %). Damit steht die Entwicklung der Anzahl der Beschäftigten in den verschiedenen Unternehmensgrößenklassen in der Fleischwirtschaft in deutlichem Gegensatz zu vielen anderen Teilbranchen der Ernährungsindustrie, in denen die Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern bei der Zahl der Beschäftigten meist stärker zugelegt haben. Abb. 17: Entwicklung der Investitionen und der Beschäftigtenzahl in der Fleischwirtschaft Investitionen in Mio. € Beschäftigte 800 115.000 700 110.000 600 105.000 500 100.000 400 90.000 300 85.000 200 80.000 100 75.000 – Investitionen – Beschäftigte in Unternehmen mit > 20 Mitarbeitern – Beschäftigte in Unternehmen mit > 50 Mitarbeitern 70.000 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: eigene Darstellung nach Destatis 2016; Zahlen für 2016 geschätzt Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 35 Die Ernährungsindustrie/Fleischwirtschaft Abb. 18: Entwicklung der Anzahl der Betriebe in der Fleischwirtschaft Anzahl der Unternehmen 1.600 1.400 1.200 1.000 –Unternehmen mit > 20 Mitarbeitern 800 –Unternehmen mit > 50 Mitarbeitern 600 400 200 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: eigene Darstellung und Berechnung nach Destatis 2016, Zahlen für 2016 geschätzt Ein ähnliches Bild ergibt sich mit Blick auf die Anzahl der Betriebe (Abb. 18). Insgesamt ist die Zahl der Unternehmen von 2008 bis 2015 um 2,4 % von 1.313 auf 1.345 Unternehmen angestiegen. Die Zahl der Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern ist seit dem Jahr 2008 rückläufig; sie sank bis 2015 um 15 auf 536 Unternehmen (−2,7 %). Im selben Zeitraum stieg die Zahl der Unternehmen in der Größenklasse von 20 bis 50 Mitarbeitern von 762 auf 809 an (+6,7 %). Für 2016 ist eine ähnliche Entwicklung zu erwarten. Insgesamt hatten 2015 60,1 % der Unternehmen 20 bis 50 Mitarbeiter und 39,9 % der Betriebe mehr als 50 Mitarbeiter. Der in vielen anderen Branchen zu beobachtende „Verlust der Mitte“ ist damit auch bei der Betrachtung der Beschäftigtenzahlen in der Fleischwirtschaft nicht festzustellen. 36 Im Zeitraum von 2008 (491,9 Mio. €) bis 2014 (510,4 Mio. €) blieben die Investitionen in der Fleischwirtschaft relativ konstant. Ausreißer waren lediglich die Jahre 2011, als mit 670,7 Mio. € der bis dato höchste Wert erreicht wurde, und 2012. Von den 510,4 Mio. €, die im Jahr 2014 in Investitionen flossen, entfielen 431,7 Mio. € oder 84,6 % auf die Erneuerung und Erweiterung des Maschinenparks, der Rest auf Grundstücke und Gebäude. Das Spitzenjahr 2011, in dem 27,4 % der Investitionen für den Erwerb von Grundstücken mit Bauten bestimmt waren, sticht — aus allerdings nicht näher bekannten Gründen — auch hier heraus. | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 2015 2016 Die Ernährungsindustrie/Fleischwirtschaft Bereits seit Langem fallen die Beurteilungen der Geschäftslage und der Geschäftserwartungen in der Fleischwirtschaft deutlich schlechter aus als in vielen anderen Teilbranchen der Ernährungsindustrie. Dieser Trend setzte sich auch 2016 fort (Abb. 19). So waren erneut die Einschätzung der Geschäftslage und die Geschäftserwartungen fast durchgängig negativ. Die Beurteilung der Geschäftslage stieg zwar zum Jahresbeginn im Januar zunächst auf einen Saldo von −3,3 Punkten, sackte dann allerdings deutlich auf −27,9 Punkte im Februar und sogar auf −39,5 Punkte im März ab. Damit war der niedrigste Stand im Jahr 2016 erreicht. Nach nur zögerlichen Erholungen bis zum Juni, als −25,4 Punkte erreicht wurden, und im September und einem erneuten Rückgang bis zum Oktober (−37,5 Punkte) setzte sich erst im November eine deutlich verbesserte Beurteilung der Geschäftslage durch. Mit einem Saldo von 3,5 Punkten wurde der bis dato einzig positive Wert Rückblick auf das Jahr 2016 des Jahres 2016 erreicht. In der beschriebenen Entwicklung schlagen sich die Anfang des Jahres noch sehr niedrigen Schweinepreise nieder, die angesichts der großen Mengen- und Umsatzbedeutung von Schweinefleisch für das Stimmungsbild in der Branche außerordentlich wichtig sind. Die deutliche Verbesserung bei der Beurteilung der Geschäftslage ging dann 2016 nicht ganz zufällig mit der verbesserten Marktlage und dem deutlichen Anstieg der Schweinepreise ab Mitte des Jahres einher. Die Schweinepreise erreichten im September 2016 mit einem Preisindex von 119,1 Punkten den höchsten Abb. 19: Entwicklung der ifo-Indizes in der Fleischwirtschaft und ausgewählter Fleischpreisindizes Preisindex Schwein/Geflügel/Bulle ifo-Salden 100,0 160 80,0 140 60,0 120 40,0 100 20,0 0,0 80 −20,0 60 –Geschäftslage Schlachten und Fleischverarbeitung –Geschäftserwartungen Schlachten und Fleischverarbeitung –Preisindex Schwein –Preisindex Geflügel −40,0 40 −60,0 –Preisindex Bulle 20 −80,0 −100,0 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: eigene Darstellung nach ifo Institut 2016 und Destatis 2016 Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 37 Die Ernährungsindustrie/Fleischwirtschaft Wert seit dem Juni 2014; der Aufwärtstrend setzte sich auch danach weiter fort. Dieser Aufschwung ist vor allem auf gestiegene Drittlandexporte, insbesondere nach China, und ein knapperes Angebot an Schlachtschweinen zurückzuführen. Die Geschäftserwartungen entwickelten sich 2016 insgesamt noch schlechter als die Beurteilung der Geschäftslage. Der Höchststand wurde bereits im Februar mit einem Saldo von −1,2 Punkten erreicht. Im Anschluss stürzten die Geschäftserwartungen bis Mai auf einen Saldo von −40,7 Punkte ab, um nach einer kurzen Erholung im Juni bis August weiter auf −55,4 Punkte zurückzugehen. Damit war der niedrigste Wert seit Oktober 2009 erreicht, als — nicht zuletzt infolge der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise — ein außergewöhnlich schlechter Wert von −63,4 Punkten ausgewiesen wurde. Zum Ende des Jahres erholte sich die 38 Einschätzung der Geschäftserwartungen auf −21,2 Punkte immerhin ein wenig. Trotzdem gilt: Nicht zu einem einzigen Zeitpunkt des Jahres wurden positive Werte erreicht! Die seit vielen Jahren trübe Stimmung in der Fleischwirtschaft hat verschiedene Gründe, die einzelne Unternehmen, zum Teil aber auch die gesamte Branche treffen. Eine Ursache ist die geringe Profitabilität der Branche, die es — von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen — bislang nicht geschafft hat, den Endverbrauchern Produkte anzubieten, die eine deutliche Mehrzahlungsbereitschaft am Point of Sale auslösen. Aktuelle Anstrengungen zur Etablierung eines Tierwohl-Labels, mit dem Fleisch und Fleischwaren ausgezeichnet werden können, die von Tieren stammen, die nach höheren Tierwohl-Standards gehalten wurden, verdeutlichen die Schwierigkeit dieser Aufgabe. Trotz guten Willens | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 aller Wertschöpfungspartner, des Deutschen Tierschutzbundes und der beteiligten Wissenschaftler ist das Projekt bislang nicht über allererste Schritte hinausgekommen und weit von einer nennenswerten Marktdurchdringung entfernt. Ähnliche Schwierigkeiten sind auch in anderen Marktsegmenten zu beobachten, sodass der deutsche Fleischmarkt weiterhin im Wesentlichen ein preis- und kostengetriebener Commodity-Markt ist. Hinzu kommen die hohe Wettbewerbsintensität, der die Unternehmen vor allem auf internationalen Märkten ausgesetzt sind, sowie politisch verursachte Schwierigkeiten, etwa der Handelsstreit zwischen der Europäischen Union und Russland, der zum Wegbrechen des russischen Marktes geführt hat. Bislang aus der Europäischen Union stammende Importe werden in Russland durch Einfuhren aus anderen Ländern ersetzt; zudem wird dort der Aufbau der inländischen Produktion mittlerweile deutlich forciert. Gleichzeitig kämpft die deutsche Fleischwirtschaft mit einem zunehmenden Akzeptanzverlust in weiten Teilen der Bevölkerung und einer vorwiegend negativen medialen Berichterstattung. Die Kritik entzündet sich dabei vorrangig an den Haltungsbedingungen der Nutztiere, aber auch an den vorherrschenden Beschäftigungsmodellen und -bedingungen bei Schlachtern und Verarbeitern. Die Branche reagiert auf diese Entwicklung unter anderem mit der 2015 ins Leben gerufenen Initiative Tierwohl, Anstrengungen zur Verbesserung der Transparenz der Produktion sowie verschiedenen Initiativen im Bereich der Corporate Social Responsibility. Die Ernährungsindustrie/Fleischwirtschaft Ausblick auf das Jahr 2017 Zum Ende des Jahres 2016 hat sich die Beurteilung der Geschäftslage in der Fleischwirtschaft nicht zuletzt unter dem Einfluss höherer Schweinepreise deutlich verbessert. Ungeachtet dieser zuletzt wieder positiveren Entwicklung des Marktes steht die Branche weiterhin vor großen Herausforderungen. So ist der Fleischverzehr in Deutschland weiter rückläufig und zum Beispiel im Jahr 2015 von 60,9 auf 59,9 kg pro Kopf gesunken. Diese Entwicklung trifft vor allem den Schweinefleischbereich, während der Konsum von Rind- und Geflügelfleisch leicht zulegte. Wichtige Gründe für diese Entwicklung sind der kontinuierlich steigende, zum Teil wenig fleischaffine Außer-Haus-Konsum, eine alternde Gesellschaft, deren Nahrungsmittelbedarf sinkt, und eine 2015 aufgrund des durchwachsenen Sommers eher enttäuschend verlaufene Grillsaison. Hinzu kommt, dass die Schweinefleischproduzenten kaum von dem Bevölkerungszuwachs aufgrund des Zustroms von Flüchtlingen profitieren werden, da bei vielen dieser Menschen Ernährungstabus dem Verzehr von Schweinefleisch entgegenstehen. Die rückläufige Nachfrage im Inland in Kombination mit der Ausdehnung der Produktion hat in der Vergangenheit den Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch deutlich ansteigen lassen. In der Folge haben die Exporte erheblich zugenommen. Auf den Exportmärkten wächst jedoch die Konkurrenz durch andere Produzenten; zugleich mehren sich protektionistische Tendenzen, die vor allem den Absatz deutschen Schweinefleischs erschweren. Die daraus resultierenden Probleme können auch an dem leicht zurückgegangenen Exportanteil abgelesen werden. Prognosen des United States Department of Agriculture (USDA) gehen von einer weiter steigenden Produktion in den USA, Brasilien und Russland aus. Auch die chinesische Produktion werde sich erholen, während das USDA für die Europäische Union von einer gleichbleibenden Produktion ausgeht. Sich vor allem auf den asiatischen Märkten auch in Zukunft gegen die Konkurrenz aus Übersee durchzusetzen wird einer der Schlüsselerfolgsfaktoren für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der deutschen Fleischwirtschaft sein. Negativ könnte sich der Ausbruch der Geflügelpest Ende 2016 auf die Geflügelwirtschaft auswirken. Neben den direkten Auswirkungen vor Ort in Form der Tötung der Tiere, Quarantänemaßnahmen usw. hat der Ausbruch der Geflügelpest auch Auswirkungen auf den internationalen Handel. So hat die Ukraine bereits ein Importverbot für Geflügel und Geflügelprodukte aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein verhängt, wo die Geflügelpest als Erstes festgestellt wurde. Allerdings dürften die Handelsbeschränkungen nach den neuesten Funden des Virus auch auf andere Regionen ausgeweitet werden. Auf nationaler Ebene wird sich zeigen, inwieweit die zwischenzeitlich ergriffenen Maßnahmen, etwa die bereits lancierte Initiative Tierwohl oder das für die nahe Zukunft in Aussicht gestellte staatliche Tierwohl-Label, Wirkung zeigen und den Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung entgegenwirken werden. Ungeachtet dessen wird auch 2017 ein herausforderndes Jahr für die Fleischwirtschaft bleiben. Die Einschätzungen der Geschäftslage und der Geschäftserwartungen werden daher auch im Jahr 2017 verhalten bleiben. Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 39 Die Ernährungsindustrie/Molkereiwirtschaft 4.2 Die Molkereiwirtschaft Wirtschaftliche Bedeutung Die Molkereiwirtschaft ist 2015 mit einem Umsatz von knapp 24,6 Mrd. € nach der Fleischwirtschaft die zweitgrößte Teilbranche der deutschen Ernährungsindustrie gewesen. Im Jahr 2015 zählte die Branche 210 Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern, die insgesamt über 41.600 Menschen beschäftigten. In den ersten neun Monaten des Jahres 2016 lag der Umsatz der milchverarbeitenden Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei 17,2 Mrd. €. Das ist ein Minus von 898 Mio. € bzw. 5 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Allerdings ist eine leichte Besserung in Sicht. So übersteigen seit August 2016 die Umsätze der Branche die Erlöse des jeweiligen Vorjahreszeitraums. Im August 2016 betrug das Plus gegenüber dem Vorjahr immerhin 70 Mio. € (+3,5 %), im Septem- ber 20 Mio. € (+1,2 %). Die Rückgänge des ersten Halbjahres können damit nicht mehr vollständig ausgeglichen werden; eine Trendwende ist jedoch geschafft und lässt für das Jahr 2017 auf steigende Umsätze in der Branche hoffen. gezahlt. Neben der in diesem Zeitraum guten Geschäftslage, auch dank eines florierenden Exports, trugen auch die Mengen- und Preisentwicklungen beim wichtigsten Rohstoff erheblich zum Umsatzwachstum der deutschen Molkereien bei. Die Umsätze in der Molkereiwirtschaft stiegen von 2009 bis 2013 um 31,6 % von 21,5 auf 28,3 Mrd. € an. In dieser Entwicklung schlug sich zum einen der Anstieg der angelieferten Milchmengen von 29,8 Mio. Tonnen im Jahr 2009 auf 30,3 Mio. Tonnen im Jahr 2013 nieder. Hinzu kamen die deutliche Erholung des Milchmarktes und der damit verbundene kräftige Anstieg der Milchpreise nach dem Ende der Milchmarktkrise der Jahre 2008 und 2009, während derer der Milchpreis im bundesweiten Mittel unter 25 Cent — und bei vielen Molkereien sogar noch weit darunter — gefallen war. 2011 wurden dagegen im Durchschnitt 34,8 Cent und 2013 sogar 37,7 Cent je Kilogramm Milch Nach dem zwischenzeitlich erreichten Allzeithoch des Milchpreises setzte 2014 ein zunächst moderater und sich dann deutlich beschleunigender Preisrückgang ein, der auch in den Büchern der Molkereien in Form sinkender Umsätze seine Spuren hinterlassen hat. Im Jahr 2014 ging der Umsatz infolge dieser Preisentwicklung um 2,6 % bzw. 740 Mio. € auf rund 27,6 Mrd. € zurück. Im darauffolgenden Jahr fiel der Umsatz deutlich stärker um knapp 3 Mrd. €, was einem Rückgang um 10,8 % auf 24,6 Mrd. € entsprach. Einen stärkeren Umsatzrückgang gab es bis dato nur im Jahr 2009 auf dem Höhepunkt der seinerzeitigen Milchmarktkrise, als die Erlöse im Vergleich zum Vorjahr Abb. 20: Entwicklung der Umsätze und des Auslandsgeschäfts in der Molkereiwirtschaft von 2008 bis 2016 Umsatz in Mrd. € Exportanteil (%) 35 30 25 30 20 25 – Inlandsumsatz 15 20 10 15 5 10 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle: eigene Darstellung und Berechnung nach Destatis 2016; Zahlen für 2016 geschätzt 40 – Exporte | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 2014 2015 2016 – Exportanteil 2016 209 milchverarbeitende Unternehmen mit mehr als 40.000 Mitarbeitern, die Milch von über 70.000 Milcherzeugern verarbeiten um 3,7 Mrd. € bzw. 14,8 % auf 21,5 Mrd. € nachgaben. Die Umsätze der Molkereien lagen im Jahr 2015 unter denen des Jahres 2008; geringere Erlöse wurden lediglich in den Jahren 2009 und 2010 erwirtschaftet. Aus heutiger Sicht war der scharfe Umsatzrückgang des Jahres 2015 ein Vorbote des lang andauernden Preistiefs auf dem Milchmarkt. Mittlerweile scheint die Krise aber überwunden und für 2017 wird ein Anstieg der Milchpreise auf Werte über 30 Cent je Kilogramm prognostiziert, die dann auch die Umsätze der Molkereien wieder ansteigen lassen werden. Vom Gesamtumsatz des Jahres 2015 in Höhe von 24,6 Mrd. € entfielen 23,74 Mrd. € oder 96,6 % auf Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern. Lediglich 844 Mio. € Umsatz (3,4 %) erwirtschafteten kleinere Molkereien mit 20 bis 50 Mitarbeitern. Von 2008 bis 2014 ist der Anteil der Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern am Gesamtumsatz der Molkereiwirtschaft fast kontinuierlich von 92,6 % auf 98,7 % gestiegen. Der deutlichste Zuwachs von 94,5 % auf 98,7 % war von 2013 auf 2014 zu verzeichnen. In dieser Entwick- lung kommen die erheblichen strukturellen Veränderungen der Molkereiwirtschaft zum Ausdruck, die — ähnlich wie die Milcherzeugung — durch einen lang anhaltenden Konzentrationsprozess gekennzeichnet ist. Im Jahr 2015 ging der Anteil der größeren Molkereien am Gesamtumsatz der Branche allerdings wieder auf 96,6 % zurück. Es scheint, als hätten die größeren Molkereien damit ihrer stärkeren Abhängigkeit von den in Zeiten der Milchmarktkrise schwierigeren Auslandsmärkten Tribut zollen müssen. Die Molkereiwirtschaft hat sich zu einer exportstarken Branche gemausert. Dementsprechend ist die Exportquote von 2008 bis 2014 kontinuierlich von 26,6 % auf 32,9 % und damit auf ihren bislang höchsten Stand gestiegen (Abb. 20). Mit Ausfuhren von Milch und Milcherzeugnissen im Wert von 9,1 Mrd. € wurde 2014 ein Rekordwert erzielt. 2015 ging der Anteil der Exporte am Gesamtumsatz der Molkereiwirtschaft im Vergleich zum Vorjahr leicht um 0,8 Prozentpunkte auf 32,1 % zurück; verstärkt durch die Preiskrise am Milchmarkt sank der Wert der 24,4 Mrd. € Umsatz der Molkereiwirtschaft mit Milch und Milcherzeugnissen; zweitgrößte Teilbranche der deutschen Ernährungsindustrie mit 15,4 % des Gesamtumsatzes 7,8 Mrd. € Exportumsatz deutscher Molkereien; 32,1 % Exportanteil; wichtigste Handelspartner sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Zahlen für 2016 geschätzt) Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 41 Die Ernährungsindustrie/Molkereiwirtschaft Ausfuhren auf nur noch 7,9 Mrd. €. Trotzdem sind die Auslandsmärkte angesichts eines Selbstversorgungsgrads Deutschlands beispielsweise bei Frischmilcherzeugnissen von mittlerweile mehr als 120 % von eminent großer Bedeutung für die Milchwirtschaft. Schaut man auf die Anzahl der Betriebe, so werden — ähnlich wie bereits bei der Betrachtung der Umsatzanteile in der Branche — die strukturellen Veränderungen in der Molkereiwirtschaft deutlich. So ist von 2008 bis 2015 die Gesamtzahl der Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitern kontinuierlich um insgesamt 10,3 % von 234 auf 210 gesunken (Abb. 21). Dieser Rückgang erfolgte überproportional zulasten der kleineren Molkereien mit 20 bis 50 Mitarbeitern, deren Zahl von 75 im Jahr 2008 auf 49 Unternehmen im Jahr 2015 sank (−34,7 %). Im selben Zeitraum ging die Zahl der von diesen Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter um 480 oder 18,8 % und der Umsatz um mehr als 55 % von 1,87 Mrd. € auf nur noch 840 Mio. € zurück. Im Gegensatz dazu ist die Anzahl der Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern im selben Zeitraum leicht von 159 auf 161 (+1,3 %) gestiegen. Diese größeren Molkereiunternehmen sind mittlerweile für 96,6 % des Branchenumsatzes verantwortlich und beschäftigen 95 % der insgesamt mehr als 41.600 Mitarbeiter der Molkereiwirtschaft. Eine Fortsetzung dieses Trends zeichnete sich auch 2016 ab. mittel in neue Maschinen und Anlagen. 2008 lag der Anteil der Investitionen in diese Gegenstände des Anlagevermögens bei 90 %, 2014 immerhin noch bei 86,7 %. Angesichts des zwischenzeitlich starken Anstiegs der in Deutschland angelieferten Milchmengen waren Kapazitätserweiterungen in der Molkereiwirtschaft, etwa die Errichtung neuer Pulvertürme oder der Ausbau von Käsewerken, zu erwarten; Trotz der 2014 im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufigen Umsätze (−2,6 %) investierte die Molkereiwirtschaft in diesem Jahr beachtliche 807 Mio. € (Abb. 22). Dies bedeutet einen neuen Spitzenwert und zugleich einen Anstieg um 44,9 % oder 250 Mio. € gegenüber dem Vorjahr. Im Vergleich zu 2008, als nur 410 Mio. € investiert wurden, haben sich die Investitionen damit sogar mehr als verdoppelt. Ganz überwiegend fließen die Investitions- Abb. 21: Entwicklung der Anzahl der Betriebe in der Molkereiwirtschaft Anzahl der Unternehmen 260 240 220 200 –Unternehmen mit > 20 Mitarbeitern 180 –Unternehmen mit > 50 Mitarbeitern 160 140 120 100 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle: eigene Darstellung und Berechnung nach Destatis 2016; Zahlen für 2016 geschätzt 42 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 2014 2015 2016 Die Ernährungsindustrie/Molkereiwirtschaft trotzdem überrascht das zwischenzeitliche Tempo der Entwicklung. Zugleich wurde damit die Grundlage für neue Arbeitsplätze in der Branche geschaffen. Allerdings scheint die Aufwärtsentwicklung bei der Beschäftigung in der jüngsten Milchmarktkrise bei einigen Unternehmen zum Stillstand gekommen zu sein, wie die Ankündigung eines Arbeitsplatzabbaus zur Reduzierung der Kosten bei einzelnen (Groß-)Molkereien andeutet. Insgesamt deuten die vorliegenden Zahlen aber auf einen weiteren Beschäftigungszuwachs im Jahr 2016 hin. Im Jahr 2015 wurden in Deutschland knapp 32,7 Mio. Tonnen Milch produziert, von denen fast 31,5 Mio. Tonnen an die Molkereien geliefert wurden. Damit setzte sich ein Trend fort, der seit 2008 (27,5 Mio. Tonnen) zu einem Anstieg der an die Molkereien gelieferten Milch um 4 Mio. Tonnen (+14,6 %) geführt hat. Angesichts der zuletzt sehr niedrigen Milch- preise, die zahlreiche Milcherzeuger zum Ausstieg aus der Produktion oder zumindest zur Drosselung der erzeugten Milchmengen veranlasste, betrug der Zuwachs im Jahr 2015 aber nur noch 94.000 Tonnen bzw. 0,3 %. Auch aufgrund der zwischenzeitlich gewährten finanziellen Anreize kam es 2016 sogar zu einer Einschränkung der Produktion — eine Entwicklung, die sich im Herbst 2016 verstärkt hat, und zwar so deutlich, dass die EU-Kommission im November 2016 ankündigte, zwischenzeitlich eingelagerte Magermilchpulverbestände angesichts der deutlich verringerten Exportmenge der Europäischen Union wieder auf den Markt zu werfen. Abb. 22: Entwicklung der Investitionen und der Beschäftigtenzahl in der Molkereiwirtschaft Investitionen in Mio. € Beschäftigte 44.000 900 800 42.000 700 40.000 600 500 38.000 400 36.000 300 34.000 – Investitionen – Beschäftigte in Unternehmen mit > 20 Mitarbeitern – Beschäftigte in Unternehmen mit > 50 Mitarbeitern 200 32.000 100 30.000 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: eigene Darstellung nach Destatis 2016; Zahlen für 2016 geschätzt Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 43 Die Ernährungsindustrie/Molkereiwirtschaft Aus der in Deutschland angelieferten Milch wurden im Jahr 2015 knapp 5,1 Mio. Tonnen Konsummilch hergestellt. Sie stellt damit mit einem Anteil von 38,1 % an der Ausbringungsmenge das wichtigste Produkt deutscher Molkereien dar (Abb. 23). Hierbei haben H-Milch und sterilisierte Milchprodukte mit einem Produktionsvolumen von 3,4 Mio. Tonnen einen deutlich höheren Anteil als pasteurisierte Milchprodukte, vor allem Frischmilch, die auf ein Produktionsvolumen von 1,5 Mio. Tonnen kommen. Auf Platz zwei folgen Milchfrischprodukte mit einer Produktion von knapp 3,1 Mio. Tonnen (23 %). Dicht dahinter auf Platz drei rangiert Käse mit einer Produktionsmenge von knapp 2,5 Mio. Tonnen (18,7 %). Hart-, Schnitt- und Weichkäse sind hierbei mit einem Produktionsvolumen von 1,1 Mio. Tonnen die mengenmäßig bedeutsamsten Käsearten, gefolgt von Speisequark und Frischkäse mit einem Produktionsvolumen von 844.000 Tonnen. Bedenkt man, dass für die Herstellung von einem Kilogramm Schnittkäse rund 10 Liter Milch erforderlich sind, wird deutlich, dass die Käseherstellung für die deutsche Milchwirtschaft von enorm großer Bedeutung ist. Bereits seit rund einem Jahrzehnt ist Deutschland Exportweltmeister bei Käse. 2012 zum Beispiel wurden brutto 1,12 Mio.Tonnen Käse exportiert; das war rund die Hälfte der seinerzeitigen inländischen Produktion. Nach Abzug der mengenmäßig ebenfalls erheblichen Einfuhren (680.000 Tonnen) verblieben 2012 Nettoausfuhren von immerhin 440.000 Tonnen. Bis 2015 sind die Käseausfuhren weiter leicht auf 1,17 Mio. 44 Abb. 23: Anteile der verschiedenen Warengruppen an der Gesamtproduktion der Molkereiwirtschaft 2015 11,0 % 18,7 % 38,1 % 3,9 % 4,3 % 1,0 % 23,0 % Konsummilch Butter Buttermilch Käse Milchfrischprodukte Dauermilcherzegnisse Sahne und Sahneerzeugnisse Quelle:eigene Darstellung nach MIV 2016 Tonnen angestiegen. Auch in diesem Jahr machten die Käseexporte nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums den größten Teil der deutschen Ausfuhren von Milchprodukten aus. Die stärksten Anstiege der Produktionsmengen waren im Jahr 2015 beim Vollmilchpulver mit einem Plus von 19,3 % bzw. 39.000 Tonnen sowie beim Magermilchpulver, dessen Produktionsmenge im Vergleich zum Vorjahr um 58.000 Tonnen bzw. 16,3 % wuchs, zu beobachten. Insgesamt wurden 2015 241.000 Tonnen Vollmilch- und 415.000 Tonnen Magermilchpulver produziert. Beide Produkte werden | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 den sogenannten Dauermilcherzeugnissen zugerechnet, die im Export neben Käse, Joghurt und Butter eine wichtige Rolle spielen. So wurden etwa 2015 mehr als 425.000 Tonnen Voll- und Magermilchpulver exportiert, davon mehr als 168.000 Tonnen in Länder außerhalb der Europäischen Union. Der drittstärkste Anstieg der Produktion war bei Butter zu verzeichnen, von der 27.000 Tonnen mehr (+5,5 %) erzeugt wurden. Im Jahr 2015 wurden in Deutschland damit insgesamt 517.000 Tonnen Butter produziert. Der deutliche Anstieg der Butter- und Magermilchpulverproduktion im Jahr 2015 ist auch damit zu erklären, dass aufgrund der Milchpreiskrise die Einlagerung in Interventionsläger erheblich zugenommen hat, um den Markt zu entlasten. Die in der Europäischen Union eingelagerte Buttermenge stieg von 20.500 Tonnen im Jahr 2014 auf 51.100 Tonnen zum Ende des Jahres 2015 an (+149,3 %). Der Interventionsbestand bei Magermilchpulver erhöhte sich von 16.000 Tonnen zum Ende des Jahres 2014 auf 62.000 Tonnen Ende 2015, was einem Anstieg um 288 % entspricht. Die Ernährungsindustrie/Molkereiwirtschaft schen Absturz erlebte die Einschätzung der Geschäftslage dann jedoch einen ebenso rasanten Aufstieg. Bis August kletterte die Beurteilung der Geschäftslage dann unter dem Einfluss positiver Marktsignale auf 25,5 Punkte und gelangte damit erstmals im Jahr 2016 in den positiven Bereich. Das Jahr 2016 war angesichts der vor allem in den ersten Quartalen unvermindert schwierigen Situation auf dem Milchmarkt durch eine insgesamt verhaltene Entwicklung der Stimmungslage gekennzeichnet (Abb. 24). Nachdem der Saldo der Beurteilung der Geschäftslage bereits im Dezember 2015 auf −7,6 abgerutscht war, setzte sich die Talfahrt Anfang des Jahres bis auf −17,3 Punkte fort. Bis April hellte sich die Einschätzung der Geschäftslage wieder etwas auf, blieb mit einem Saldo von −7 Punkten aber immer noch im negativen Bereich. Anschließend fiel der Saldo der Beurteilung der Geschäftslage drastisch um 40,6 Punkte, sodass im Mai mit −47,6 Punkten der niedrigste Wert seit Beginn der Erhebung dieses Index im Januar 1991 erreicht wurde. Hieran ist deutlich die außerordentlich schwierige Lage der Milchwirtschaft als Folge eines ungewöhnlich lang anhaltenden Preistiefs abzulesen. Im Anschluss an den histori- Rückblick auf das Jahr 2016 Die Beurteilung der Geschäftslage folgte damit der bereits früher deutlich nach oben weisenden Entwicklung der Einschätzung der Geschäftserwartungen. Letztere trübten sich ebenfalls seit Ende des Jahres 2015 ein; der Saldo fiel bis Februar 2016 um 28,7 Punkte auf −19,7 Punkte. Anschließend stieg die Geschäftserwartung zunächst analog der verbesserten Beurteilung der Geschäftslage. Im Gegensatz zu Letzterer setzte sich die positive Entwicklung bei der Wahrnehmung der Geschäftsaussichten auch im Mai weiter fort, sodass bereits im Juli ein Saldo von 31 Punkten erreicht wurde. Nach einer kurzen Eintrü- Abb. 24: Entwicklung der ifo-Indizes in der Molkereiwirtschaft und des Milchpreisindex ifo-Salden Milchpreisindex 100 160 80 140 60 120 40 100 20 80 0 60 −20 40 −40 20 −60 0 −80 −20 −100 –Geschäftslage Molkereiwirtschaft –Geschäftserwartungen Molkereiwirtschaft –Milchpreisindex −40 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: eigene Darstellung nach ifo Institut 2016 und Destatis 2016 Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 45 Die Ernährungsindustrie/Molkereiwirtschaft bung im August stieg der Saldo der Geschäftserwartungen bis zum September auf sein Jahreshoch von 41,2 Punkten. Damit war die Grundlage auch für die dann mit einiger Verzögerung einsetzende deutliche Verbesserung der Einschätzung der Geschäftslage geschaffen. Zurückzuführen ist der positive Trend seit der Mitte des vergangenen Jahres auf die Wende bei den Milchpreisen, die 2016 ihren Abwärtstrend gestoppt haben und auf eine deutliche Besserung der Branchensituation hoffen lassen. In den anziehenden Preisnotierungen schlugen sich die aufgrund schlechter Auszahlungspreise und staatlicher Anreize zur Produktionskürzung in vielen wichtigen Erzeugerländern zurückgegangenen Milchanlieferungen und eine steigende Nachfrage nach Milchprodukten nieder. Im Oktober gaben dann allerdings sowohl die Geschäftserwartungen als auch die Beurteilung der Geschäftslage wieder stark nach. Der Saldo der Beurteilung der 46 Geschäftslage fiel um 43 Punkte auf −1,8 Punkte, die Beurteilung der Geschäftslage um 20,4 Punkte auf 3,5 Punkte. Im November 2016 war dann wieder eine Aufhellung der Stimmungslage festzustellen; sowohl die Beurteilung der Geschäftslage als auch die der Geschäftserwartungen besserten sich erneut deutlich. So schloss die Beurteilung der Geschäftslage im November bei einem Saldo von 22,2 Punkten. Die Geschäftserwartungen stiegen noch deutlicher und erreichten im November einen Saldo von 28,6 Punkten. | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 Die Ernährungsindustrie/Molkereiwirtschaft Ausblick auf das Jahr 2017 Das tiefe Preistal im Milchmarkt scheint mittlerweile dank der beschriebenen Entwicklungen auf der Angebots- und der Nachfrageseite durchschritten zu sein. Das lässt für die Zukunft hoffen. Wurde Milch am Spotmarkt zu Beginn des Jahres 2016 noch für unter 20 Cent je Kilogramm gehandelt, wurden zum Ende des Jahres 2016 für freie Mengen teilweise bereits 40 Cent je Kilogramm erzielt. Wichtige Frühindikatoren wie der Kieler Rohstoffwert Milch lassen für 2017 Milchpreise von deutlich über 30 Cent je Kilogramm erwarten. Dennoch bleibt unklar, wie stark der Preisanstieg letztlich tatsächlich ausfallen und wie lange die Erholungsphase der Preise anhalten wird. Da der Preisanstieg nach Angaben des MilchindustrieVerbandes (MIV) in erster Linie aus den reduzierten Anlieferungen aufgrund von Betriebsaufgaben und des Schlachtens von Altkühen resultierte, die offensichtlich eine Reaktion auf die geringen Auszahlungspreise und staatliche Anreize für Produktionseinschränkungen waren, ist unklar, wie die verbliebenen Betriebe auf höhere Milchpreise reagieren werden. Da die finanziellen Löcher, die die Milchpreiskrise in die Kassen der landwirtschaftlichen Betriebe gerissen hat, wieder gestopft werden müssen, bestehen bereits bei geringfügig höheren Preisen deutliche Anreize zur erneuten Ausweitung der Produktion, da jedes Kilogramm Milch zur Stabilisierung der Liquiditätslage der Betriebe beiträgt, selbst dann, wenn es noch nicht vollkostendeckend produziert werden kann. Ferner bleibt abzuwarten, ob die von einigen Seiten geforderten Änderungen, z. B. bei der Ausgestaltung der Andienungspflicht der Milcherzeuger oder der Milchlieferverträge, etwa der dort festgeschriebenen Kündigungsfristen, tatsächlich umgesetzt werden und wie sich diese Veränderungen auf den Milchmarkt auswirken werden. Angesichts dieser Unwägbarkeiten dürfte es nicht überraschen, wenn die Nervosität in der Molkereiwirtschaft noch einige Zeit anhalten würde, mit der Folge, dass der ifo-Index noch einige Male starke Schwankungen zeigen wird. Für die Molkereiwirtschaft, die fast jeden dritten Euro durch den Absatz ihrer Produkte im Ausland verdient, wird es darüber hinaus darauf ankommen, wie sich die Exportmärkte in näherer Zukunft entwickeln werden. Wie für die anderen Teilbranchen der Ernährungsindustrie, so sind auch für die Molkereiwirtschaft zahlreiche Unbekannte zu konstatieren. Speziell die politischen Rahmenbedingungen, etwa die Entwicklung des Verhältnisses zu Russland sowie die Einfuhrpolitik Chinas, waren in der Vergangenheit kaum zuverlässig zu prognostizieren und werden es auch in der Zukunft nicht sein. Darüber hinaus sind die Exportmärkte hart umkämpft, sodass zwar möglicherweise die exportierten Mengen bei einigen Produkten ansteigen werden, die dabei erzielten Preise aber nicht notwendigerweise auskömmlich sein müssen. Der Milchindustrie-Verband gibt an, dass die Exportmengen für einige Käsesorten innerhalb eines Monats um 30 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind, die Preise allerdings um 20 % niedriger waren. Hinzu kommt, dass bei Einsetzen einer Erholung des Milchmarktes die Intervention von Milchprodukten zurückgeführt wird und bereits auf Lager genommene Mengen wieder ausgelagert werden müssen. Mit einer entsprechenden Ankündigung hat die EU-Kommission bereits im November 2016 die Märkte überrascht. Da erhebliche Mengen eingelagert wurden, ist der von Auslagerungen ausgehende Preisdruck möglicherweise beträchtlich. Es ist daher keinesfalls auszuschließen, dass sich die Stimmung in der Branche wieder etwas eintrüben könnte. Ungeachtet dessen sind die Aussichten für das Jahr 2017 aber alles in allem deutlich positiver, als sie es für das Jahr 2016 waren. Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 47 Im deutschen Agribusiness hat die Mitte 2013 einsetzende Abwärtsbewegung bei den Agrarpreisen zu rückläufigen Umsätzen geführt. Auch 2016 dürften nach den vorliegenden Prognosen die Umsätze in den meisten Teilbranchen nochmals niedriger als im Vorjahr ausgefallen sein. Diese Tatsache spiegelt sich auch in den Beurteilungen der Geschäftslage durch die Unternehmen wider. Sie wurde speziell in der ersten Jahreshälfte 2016 sowohl in der Landtechnikindustrie als auch in der Milch- und Fleischwirtschaft nochmals — zum Teil deutlich — schlechter als im Vorjahr eingeschätzt. Positive Signale im Hinblick auf die Entwicklung der Preise wie auch des Auslandsgeschäfts bewirkten dann jedoch, dass zumindest in der Milch- und der Fleischwirtschaft ab Mitte bzw. Ende des Jahres wieder eine deutlich positivere Beurteilung der Geschäftslage zu verzeichnen war. Dagegen ist die Stimmung in der Landtechnikbranche nach wie vor schlecht und bewegt sich auf dem niedrigsten Stand seit 2009. 48 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 5 Fazit Mit Blick auf die weitere Entwicklung im Jahr 2017 ist für die Milch- und die Fleischwirtschaft Licht am Ende des Tunnels zu sehen. So lässt beispielsweise der Kieler Rohstoffwert Milch, ein viel beachteter Frühindikator für die Preisentwicklung auf dem Milchmarkt, Preise von teilweise deutlich über 30 Cent je Kilogramm Milch erwarten. Auch andere vorlaufende Indikatoren weisen für 2017 im Hinblick auf die Entwicklung des Milchpreises in eine ähnliche Richtung. Dazu hat ein in vielen wichtigen Erzeugungsregionen aufgrund der zwischenzeitlich außerordentlich niedrigen Preise zurückgegangenes Angebot beigetragen. Die Exporte haben sich dagegen zuletzt weiterhin uneinheitlich entwickelt. Zwischenzeitlichen Einbußen bei Magermilchpulver und Kondensmilch standen Zuwächse bei den Ausfuhren von Butter und Käse gegenüber. Insgesamt sind die Marktsignale aber deutlich positiver, als dies über eine lange Zeit der Fall war. Auch die Schlachtschweinepreise bewegen sich seit Mitte 2016 deutlich über den Vorjahreswerten und notierten zuletzt erneut fester. Der monatlich festgestellte AMI-Agrarrohstoff-Index, in den zahlreiche landwirtschaftliche Erzeugerpreise in Deutschland einfließen, signalisierte Ende 2016 einen an Fahrt gewinnenden Aufschwung der Preise. Entsprechend hat sich die Stimmung in der Ernährungswirtschaft trotz einiger Wermutstropfen, etwa im Hinblick auf die Entwicklung der Getreidepreise, in der jüngsten Vergangenheit deutlich verbessert. Der Ausblick auf das Jahr 2017 stimmt daher für die Milch- und die Fleischwirtschaft insgesamt leicht positiv. Die Aussichten für die Landtechnikbranche sind hingegen zunächst einmal noch deutlich durchwachsener. Viele landwirtschaftliche Betriebe müssen sich nach dem (weitgehenden) Ende der Niedrigpreisphase zunächst einmal finanziell konsolidieren, ehe sie zu ihrer alten Investi- tionsstärke zurückfinden können. Auf dem wichtigen US-amerikanischen Absatzmarkt beispielsweise ist 2016 der Umsatz mit Landtechnik um etwa 15 bis 20 % eingebrochen. Für 2017 wird das Erreichen der Talsohle beim Absatz prognostiziert; die Umsätze werden nach den Ergebnissen einer Befragung von Landtechnikhändlern in den USA nicht weiter absinken, sondern auf dem niedrigen Niveau des Jahres 2016 verharren. Ähnliche Einschätzungen wie für die USA liegen auch für wichtige europäische Landtechnikmärkte vor. Mittelfristig ist die Branche dagegen wieder positiver gestimmt, auch deshalb, weil viele Landwirte in näherer Zukunft dringend notwendige Ersatzinvestitionen werden tätigen müssen. Insgesamt ist die zukünftige Entwicklung der Agrar- und Ernährungswirtschaft wie die fast aller anderen Branchen auch durch erhebliche Unsicherheit geprägt, die sich auch auf die Stimmungslage der Unternehmen niederschlagen dürfte. So ist gegenwärtig noch nicht absehbar, welche Auswirkungen die Tendenz zu vermehrtem Protektionismus und die daraus möglicherweise resultierenden Handelshemmnisse auf die Branche haben werden. Wie wichtig das Exportgeschäft ist, lässt sich derzeit gut an der Fleisch- und Milchwirtschaft ablesen. Während der inländische Markt stagniert, ist die Produktion in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Entsprechend ist es in den vergangenen Monaten neben einem knapperen Angebot vor allem die steigende Nachfrage aus dem Ausland gewesen, die für die Wende zum Positiven auf den Märkten gesorgt hat. Weitere Unsicherheiten resultieren unter anderem aus dem „Brexit“-Votum, dessen konkrete Umsetzung weiterhin unklar ist, und dem jüngst abgehaltenen Referendum in Italien, das Europa daran erinnert hat, dass sich die Europäische Union in der schwersten Krise seit ihrer Gründung befindet und die europäische Finanzkrise keineswegs vollständig ausgestanden ist. Insgesamt sind somit die Aussichten für das Agribusiness durchwachsen. Teilweise hoffnungsvoll stimmenden Marktentwicklungen auf der einen Seite stehen Unsicherheit schürende politische Entwicklungen auf der anderen Seite gegenüber. Für die Unternehmen bedeutet dies, dass sie auch weiterhin „auf Sicht fahren“ und strategisch und operativ ausreichend flexibel bleiben müssen, um auf unerwartete positive wie auch negative Entwicklungen rasch reagieren zu können. Für die ifoWerte zu den Geschäftserwartungen und zur Geschäftslage und damit das Geschäftsklima im Agribusiness bedeutet dies: Überraschende Entwicklungen können trotz einer insgesamt überwiegend wieder positiveren Grundstimmung nicht ausgeschlossen werden. Umso wichtiger wird auch im Jahr 2017 eine aufmerksame Beobachtung der Entwicklung des Stimmungsbildes im deutschen Agribusiness sein. Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 49 50 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 Ansprechpartner Fokus Agribusiness bei EY Keine Branche ist wie die andere; jede einzelne ist so individuell wie die Unternehmen und Menschen, die sie prägen. Um der Bedeutung und den Besonderheiten der Agribusiness-Branche gerecht zu werden, gibt es bei EY Menschen, die sich speziell der Betreuung von Mandanten dieser Branche widmen. Sprechen Sie uns an! Leitung Agribusiness-Team Dr. Christian Janze, M.Sc. agr. oec. Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Telefon +49 511 8508 26945 [email protected] Impressum Herausgeber Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Bestellung Britta Dettmer [email protected] Gestaltung Medienmassiv, Stuttgart Bildnachweis iStockphoto LD. Wir danken für die Unterstützung: ifo Institut — Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. (ifo) Niedersächsisches Wirtschaftsforum Agrar — Handwerk — Industrie e. V. (nifa) Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 | 51 52 | Konjunkturbarometer Agribusiness in Deutschland 2017 EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory Die globale EY-Organisation im Überblick Die globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen — für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“. Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com. In Deutschland ist EY an 21 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2017 Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft All Rights Reserved. GSA Agency BKL 1701-093(16) ED None EY ist bestrebt, die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten. Diese Publikation wurde daher auf FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt, das zu 60 % aus Recycling-Fasern besteht. 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