Wer stahl wem die Bücher? - Historische Kommission für Thüringen

Frank-Joachim Stewing (Erfurt)
Wer stahl wem die Bücher?
Die Bibliothek des Amplonius, gestohlene Handschriften, falsche
Verdächtigungen, eine zum Auszug entschlossene Hochschule und die
Anfänge des Studiums des römischen Rechtes an der Erfurter Universität
Donnerstag • 19. Januar • 19.00 Uhr
Kleiner Sitzungssaal, Rosensäle
Fürstengraben 27, 07743 Jena
Verein für Thüringische Geschichte
Vortragsreihe 2017
Referent:
Frank-Joachim Stewing
Thema:
Wer stahl wem die Bücher?
Die Bibliothek des Amplonius, gestohlene Handschriften,
falsche Verdächtigungen, eine zum Auszug entschlossene
Hochschule und die Anfänge des Studiums des römischen
Rechtes an der Erfurter Universität
Datum:
19. Januar 2017
Ort:
Kleiner Sitzungssaal, Rosensäle
Fürstengraben 27, 07743 Jena
Beginn:
19.00 Uhr
Im Jahr 1412 übereignete der berühmte Büchersammler Amplonius Ratinck aus Rheinberg dem Kolleg Zur Himmelspforte seine Büchersammlung. Die in greifbäre Nähe gerückte Eröffnung des Kollegs überschattete 1432 ein Bücherdiebstahl. Schnell gerieten
zwei Universitätsangehörige in Verdacht, die wertvollen Handschriften gestohlen zu haben. Der Sohn des Stifters, selbst Universitätsangehöriger, intervenierte beim Erfurter
Rat. Die Rechte der Hochschule mißachtend, ließ daraufhin der Rat die angeblichen Diebe
inhaftieren. Was folgte, war eine in dieser Form bislang unbekannte Auseinandersetzung
zwischen der Universität und der Stadt. Die Hochschule griff zum äußersten Mittel und
drohte, Erfurt zu verlassen. Ein Kompromiß glättete die Wogen. Die beiden Hochschulangehörigen wurden entlassen, ein namentlich unbekannter Geistlicher wegen falscher
Verdächtigungen zur Verantwortung gezogen und durch das Basler Konzil verurteilt, als
Sühne an der Erfurter Hochschule einen Lehrstuhl zu stiften. Das berichtet die Chronik
von Hartung Cammermeister. Neues Licht auf den Bücherdiebstahl wirft eine bislang von
der Forschung übersehene Quelle. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, den tatsächlichen Hergang der Ereignisse zu rekonstruieren, die sich, freundlich ausgedrückt, als Justizskandal
entpuppen. Damit läßt sich nicht nur ein differenziertes Bild der Vorgänge gewinnen, das
Rückschlüsse auf die Interessenlage der hier involvierten Personen und Körperschaften
gestattet, sondern der Bogen kann weiter gespannt werden. Denn es resultieren daraus
neue Erkenntnisse, die es erlauben, die Entwicklung der juristischen Fakultät an der Erfurter Hochschule in den dreißiger und vierziger Jahren des 15. Jahrhunderts differenzierter
zu betrachten. Werden weitere, bislang ebenfalls der Forschung unbekannte Zeugnisse
herangezogen, ist es davon ausgehend möglich, die Anfänge des Studiums des römischen Rechtes an der Erfurter Universität über den bislang skizzierten Forschungsstand
hinaus zu fassen.
Zum Vortrag ist wie immer – neben den Vereinsmitgliedern – die interessierte
Öffentlichkeit eingeladen. Der Eintritt ist frei.