Fachtagung Familien Begleiten – Trauma bewältigen Was ist

Fachtagung
Familien Begleiten – Trauma bewältigen
Was ist essenziell in der Begleitung von traumatisierten Familien?
17. Januar 2017
Workshop
Trauma und Bindung
Sebastian Zollinger
Psychotherapeut
Institut für Heilpädagogik und Psychotherapie IHP
Workshop 5
Sebastian Zollinger
Psychotherapeut, Institut für Heilpädagogik und Psychotherapie IHP
Ausbildung:
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Klinische Psychologie, Kinder- und Jugendlichen Psychopathologie, Kriminologie, ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel
Systemische Beratung, Therapie am Institut für systemische Studien, Hamburg
Meilener Konzept und Familientherapie, Institut Meilen in Zürich (IM)
Systemisch-lösungsorientierte Therapie, Weiterbildungsinstitut für lösungsorientierte Therapie und
Beratung in Lenzburg (wilob)
Tätigkeitsbereich:
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Psychotherapie mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
Gruppentherapie mit Kindern und Jugendlichen
Familientherapie
Traumazentrierte Psychotherapie
Berufserfahrung:
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2013 - heute IHP Luzern, Psychotherapeut
2013 - 2015 KJPD Luzern, Psychotherapeut
2010 - 2013 Schul- und Ausbildungsheim Stiftung Albisbrunn, Psychotherapeut
2008 - 2010 Psychosozialer Dienst Lydia Buchfink in Hamburg, Psychologe
Trauma und Bindung
Eine sichere Bindung zu einer primären Bezugsperson ist ein wichtiger Faktor für eine gesunde
psychische Entwicklung und erhöht die Resilienz. Was geschieht auf der Bindungsebene zur Bezugsperson bei einem traumatisierten Kind? Wie verändern sich Bindungsmuster bei einem traum atisierten Kind und wie können wir damit umgehen? Was geschieht auf der Bindungsebene mit dem
Kind bei einem traumatisierten Elternteil? Wie kann die Verstärkung ungünstiger Bindungsmuster
durch Bezugspersonen vermieden werden? Wie kann es gelingen, den Kindern korrigierende Bi ndungserfahrungen zu ermöglichen? Der Workshop wird praxisnah gestaltet.
Fachtagung
Familie begleiten – Trauma bewältigen
Workshop: Trauma und Bindung
Sebastian Zollinger
Fachpsychologe für Psychotherapie FSP, Institut für Heilpädagogik
und Psychotherapie Luzern
Fallbeispiel
Simon ist 5 Jahre alt und seit zwei Jahren bei Pflegeeltern. Durch sein Verhalten sei er für andere
Kinder und die Pflegeeltern sehr schwierig und herausfordernd. Die Pflegemutter beschreibt, er
sei oft unruhig, nervös und habe oft starke Stimmungsschwankungen. Er verweigere sich und
wolle bestimmen. Wenn es nicht nach ihm gehe, werde er wütend. Er bekomme dann einen
«harten» Gesichtsausdruck, schlage um sich, beisse und kratze sowohl sein Gegenüber als auch
teilweise sich selbst. Danach sei er traurig, weine für sich. Sie könne ihn dann meist nicht trösten,
er wende sich ab oder verstecke sich in seinem Zimmer. Wenn er dann wieder raus komme, habe
er oft sein Plüschbernhardiner in Begleitung. Dieser helfe und gebe ihm Kraft. Abends suche er
körperliche Nähe, sei gerne auf ihrem Schoss oder werde gerne umarmt.
Simon habe seit frühester Kindheit physische und psychische Vernachlässigung und Gewalt durch
seine leiblichen Eltern erfahren.
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Stress-Toleranzfenster
„Window of Tolerance“
Übererregung / Dissoziation
Sympathikus
(z.B. Schreien, Toben, Ausrasten, Weglaufen,
Verkrampfen Erstarren)
Panik, Verlassenheitsangst
Todesangst (diffuses
Grauen)
Aktiviertes Bindungssystem
+
Untererregung / Dissoziation
Parasympathikus
(z.B. Abschlaffen, Wegtreten, Abschalten, „nicht da sein, im Nebel, in Watte sein, sich nicht spüren etc“,
Erschöpfungsschlaf)
© Zptn-Lutz Besser
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Erkenntnisse der Bindungstheorie:
Veranschaulichung mit Tieren (nach Alfons Aichinger)
Babys sind verschieden, aber zwei Handlungssysteme sind immer angelegt:
Das Bindungsverhaltenssystem: Bedürfnis nach Sicherheit/Geborgenheit (Küken)
Das Explorationsverhaltenssystem: Bedürfnis nach Erkundung/Exploration (Füchslein).
Wenn in den ersten Jahren beide
Bedürfnisse hinreichend erfüllt
sind, entwickelt sich eine sicher
Bindung. Sicherheit entsteht durch
die Interaktion mit einer
feinfühligen Bindungsperson
(Henne), die präsent ist, beruhigt,
reguliert, hilft Stress abzubauen
UND vertrauensvoll ermutigt zu
erkunden, dabei als sichere Basis
verfügbar ist, überwacht und
Schrecken auffängt. Die
Bindungsmuster kommen meist in
Mischformen vor.
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2
Bindungsqualitäten des Säuglings mit 12 Monaten
• Sicher
(ca. 60-65%)
• unsicher
– vermeidend
(ca. 20-25%)
– ambivalent
(ca. 5-10%)
– desorganisiert (Zusatzmuster) (ca.10-15%)
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Erkenntnisse der Bindungstheorie:
Veranschaulichung mit Tieren (Alfons Aichinger)
Henne
feinfühlige Bindungsperson (BP)
Rabe
BP ist mit eigenen Problemen beschäftigt
Igel
BP ist schnell emotional überfordert
Drache
traumatisierte BP
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3
Erkenntnisse der Bindungstheorie:
Veranschaulichung mit Tieren (Alfons Aichinger)
unsicher-ambivalent
Die BP ist nur zeitweise feinfühlig und taucht als
Henne auf. Manchmal ist sie von eigenen Sorgen
eingenommen und erscheint als herumflatternder
Rabe.
Inneres Arbeitsmodell des Kindes: Wenn es nett
und ruhig ist, taucht bei der BP der Rabe auf.
Wenn es übertreibt, die BP auf «Trab» hält,
kommt die Henne eher.
Küken ist im Vordergrund und überwachsam.
Diese Kinder wissen nicht, wie sich in einer Gruppe verhalten und wie die Welt erkunden.
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Erkenntnisse der Bindungstheorie:
Veranschaulichung mit Tieren (Alfons Aichinger)
unsicher-vermeidend
Die BP freut sich und taucht als Henne auf,
wenn das Kind selber spielt oder etwas für sich
macht. Wenn sich das Kind ängstlich und
verunsichert um Trost und Zuwendung an die
BP wendet, kommt eine BP, die selber Angst
und Schmerz nicht regulieren kann (Igel) und
das Kind zurückweist.
Inneres Arbeitsmodell: Die bedürftige Seite (das
«Küken») darf nicht gezeigt werden: „ Du
machst wieder Theater“. Nur für die
selbständige Seite «Fuchs» werde ich gesehen.
Bindungsbedürfnisse wird hinter einer coolen Fassade versteckt.
Sie zeigen sich selbständig und angepasst.
Unsicher-vermeidend gebundene Kinder brauchen Unterstützung für die Küken-Seite, weil diese
unterernährt ist.
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Erkenntnisse der Bindungstheorie:
Veranschaulichung mit Tieren (Alfons Aichinger)
desorganisierter, desorientierter Typ
Die BP hat eine gute Henne und einen
täteridentifizierten Teil (Drache) in sich.
Die BP wird in der Interaktion mit dem Kind von
einer alten Traumageschichte angetriggert.
Plötzlich wird die Henne zum feindseligen
Drachen, der auf das Kind losgeht. Diese Gefahr
aktiviert beim Kind das Bindungssystem. Das
Küken ist voller Angst und Schrecken. Es will in
den sicheren Hafen, aber vor dem Hafen sitzt
der Drache. Das Küken geht näher und muss
fliehen. So pendelt das Küken zwischen
Annäherung und Vermeidung hin und her. Ein
unlösbares Dilemma, weil es keine Nähe und
keinen Schutz gibt. Mit der Zeit erschöpft sich
das Küken bis zur Erstarrung.
kein Arbeitsmodell: Sicherer Hafen ist zugleich Quelle des Schreckens
Folgen sind Bindungs- (das Gehirn schafft es nicht, das Chaos mit Symptomen auf der
körperlichen, emotionalen Ebene zu stabilisieren) und später Persönlichkeitsstörungen
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Frage
1.
Was geschieht auf der Bindungsebene zur Bezugsperson bei einem traumatisierten Kind?
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5
Frage
2.
Was geschieht auf der Bindungsebene mit dem Kind bei einem traumatisierten Elternteil?
11
Frage
3.
Wie kann die Verstärkung ungünstiger Bindungsmuster durch Bezugspersonen vermieden
werden und wie kann es gelingen, den Kindern korrigierende Bindungserfahrungen zu
ermöglichen?
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