Deutsches Ärzteblatt 1977: A-2021

Die Information:
Bericht und Meinung
AUS ALLER WELT
ÖSTERREICH
Autosteuer und
Selbstbeteiligung
Trotz der Sommerferien kommt die
Diskussion über die Defizite der
Krankenhäuser in Österreich jetzt
auf volle Touren.
Das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT berichtete über „Kreisky in der DefizitKlemme" in Heft 31/1977 auf Seite
1946 — und Bundeskanzler Kreisky
nahm nun einen Anlauf, um aus dieser Klemme herauszukommen: Er
schlug vor, eine Sondersteuer von
zehn Prozent auf den Preis aller neu
gekauften Autos einzuführen, mit
deren Ertrag die Krankenhäuser saniert werden sollen. Da Österreich
keine Autos produziert, wäre die Erhebung einer solchen Steuer einfach: Sie könnte von den Importeuren kassiert werden, Kreisky begründete. diesen Vorschlag damit, daß
die Autofahrer dadurch, daß sie Unfälle bauen, zur Spitalsmisere beitrügen — deshalb sollten sie nun
auch das Defizit decken.
Dieser Vorschlag stieß bei den Genossen in Kreiskys sozialistischer
Partei auf ärgerliche Verblüffung,
bei der Volkspartei hingegen auf hämisches Grinsen. Denn vor Jahren
hatte die Volkspartei, als sie selbst
noch an der Regierung war, einen
ähnlichen Vorschlag gemacht und
durchgesetzt — und dies war seinerzeit der Hauptgrund dafür gewesen,
daß sie die nächsten Wahlen verlor
und in die Opposition wanderte. Daß
der jetzige Regierungschef bereit
ist, denselben Fehler zu machen,
konnte natürlich nur vorgezogene
Schadenfreude verursachen. Die
Autofahrer sind übrigens durch die
Einführung eines Bonus-Malus-Systems nach deutschem Muster bei
der Haftpflichtversicherung gerade
gebeutelt worden.
Zahlreiche Sozialisten äußerten
dann auch Kritik, und der Bundeskanzler beeilte sich, zu versichern,
daß dies nur eine private Idee sei, die
die Partei nicht binde. Wenige Tage
später allerdings hatte er seinen Fi-
nanzminister Androsch in gleicher
Weise zu rügen und für die Partei
eine Distanzierung auszusprechen:
Androsch nämlich ventilierte den
Vorschlag, von den Krankenhauspatienten eine Kostenbeteiligung zu
fordern. Er nannte diese Beteiligung
„Haushaltsbeitrag", weil die Spitalspatienten ja die heimische Verpflegung einsparen, und er nannte den
Betrag von 50 bis 100 Schilling pro
Tag — etwa 7,15 bis 14,30 DM. Nur für
Langzeitpatienten und bestimmte
andere sozial definierte Fälle sollte
eine Befreiung ausgesprochen werden — je nach dem Ausmaß dieser
Befreiungen könnten damit 800 Millionen bis 1,2 Milliarden Schilling
eingenommen werden (das Gesamtdefizit der österreichischen Krankenhäuser liegt allerdings bei rund
5,5 Milliarden Schilling).
Zwei Verbündete hat Androsch bisher für diesen Vorschlag. Der eine
ist Gesundheitsreferent Gallob in
der Kärntner Landesregierung, auch
ein Sozialist — er hatte vor einiger
Zeit bereits eine Beteiligung von 40
Schilling pro Tag vorgeschlagen.
Der Gesundheitssprecher der Freiheitlichen Partei, Chefarzt Dr.
Scrinzi, fand das Prinzip eines
Selbstbehaltes ebenfalls für richtig,
forderte aber, daß gleichermaßen
nach Einsparungsmöglichkeiten im
Krankenhauswesen gesucht werden
müsse. Die Volkspartei hingegen
hält sich zurück — sie will die „Roten" im eigenen Saft schmoren lassen, was um so erfolgversprechender ist, als Androsch gefordert hat,
eine solche Selbstbeteiligung könne
nur eingeführt werden, wenn sie von
allen Parteien getragen werde. Sozialminister Weissenberger, Sozialist, zog sich auf den Gewerkschaftsstandpunkt zurück, daß jede Selbstbeteiligung abzulehnen sei, und der
Gesundheitssprecher der Volkspartei brachte das Verwirrspiel auf die
Spitze, indem ausgerechnet er behauptete, es sei nachweislich falsch,
daß ein Patient bei einem Spitalsaufenthalt etwas spare.
Mit Spannung wartet man nun auf
den Herbst, in dem all die bisher
aufgelassenen Versuchsballons eingesammelt werden müssen ... p
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
ITALIEN
Zigarettenautomaten
verboten
Von einem Tag auf den anderen ist
in Italien der Zigarettenverkauf aus
Automaten verboten worden. Veranlaßt hat dies Francesco Lalla, Prätor
der Provinz Genua, der die Klage
eines Rechtsanwaltes, Nino Musio
Sale, für berechtigt fand: Der Avvocato Sale („Salz") hatte behauptet,
daß der Verkauf von Zigaretten aus
Automaten gegen einen Artikel des
Strafgesetzbuches verstoße, der den
Verkauf von Zigaretten an Minderjährige unter 14 Jahren verbietet. Es
ist eine Eigenart des italienischen
Rechts, daß eine solche Rechtserkenntnis eines Prätors in einer Provinz automatisch für das ganze Land
gilt, solange dies nicht auf dem
Rechtswege angegriffen wird. Ein
paar andere Prätoren haben denn
inzwischen auch die Automaten in
ihren Provinzen wieder in Gang setzen lassen.
Der Beschluß des Genueser Prätors
wird allerdings keine allzugroßen
Auswirkungen auf die Rauchgewohnheiten der Italiener haben. Zigarettenwerbung ist ohnehin nicht
erlaubt, und der Zigarettenverkauf
ist durch das Staatsmonopol beschränkt auf etwa 60 000 Tabakgeschäfte und 18 000 Cafös mit einer
Verkaufslizenz für Tabakwaren.
1958 war diesen lizenzierten Verkäufern durch ein Gesetz zugestanden
worden, auch Zigarettenautomaten
zu betreiben, wobei jeder einzelne
Automat vom Staatsmonopol genehmigt werden mußte — infolgedessen gibt es in ganz Italien nur etwa
7000 Automaten im Vergleich zu
rund 800 000 in Deutschland.
Niemand weiß, wie hoch der Umsatz
dieser Automaten war — er ist noch
behindert zum einen dadurch, daß
ein Teil von ihnen ohnehin nicht
funktioniert und daß außerdem die
erforderlichen 100-Lire-Stücke außerordentlich knapp sind. Immerhin:
die Tabakhändler wollen das Verbot
anfechten, da sie immerhin einiges
Geld in die Aufstellung der Automaten investiert haben. CS
Heft 33 vom 18. August 1977 2021