Sonderbeilage zum Andruck

DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
SONDERBEILAGE Die Mediengruppe Mitteldeutsche Zeitung startet mit neuer Drucktechnik ins Jahr 2017.
Liebe Leserinnen,
liebe Leser !
chwarz auf weiß, das gedruckte Wort –
seit Jahrhunderten stehen Begrifflichkeiten wie diese als feste Synonyme für
Wahrheit und Wissen, für Verbindlichkeit, für die Abbildung und Beschreibung der
Realität in einer aufgeklärten Gesellschaft. Menschen erhalten ihre Informationen seit jeher aus
Büchern und aus der Zeitung. Sie können nachlesen, sie verstehen besser, was um sie herum geschieht, was wichtig ist und wichtig wird. Auch
wenn Buchstaben im digitalen Zeitalter als virtuelle Zeichen abgebildet sind, so hat das gedruckte
Wort immer noch seinen Platz und seinen Wert.
Die Tageszeitung genießt in unserer Gesellschaft
quer durch alle Altersgruppen hindurch noch immer das allergrößte Vertrauen. Sie ist in Zeiten
oft undurchsichtiger Gemengelagen, diffuser
Quellen sowie komplexer Sachverhalte ein wichtiger Wegweiser.
Diesem Erbe, dieser Tradition fühlen wir uns
als Herausgeber der Mitteldeutschen Zeitung
verpflichtet. Mit relevanten Inhalten wollen wir
Sie immer und überall erreichen, bei der Lektüre
Ihrer Tageszeitung, unterwegs auf dem Smartphone, dem Tablet oder zu Hause vor dem Laptop.
Auch künftig werden wir Sie als Leserinnen und
Leser stets unabhängig informieren, wir werden
S
Impuls für
die Zukunft
Isabella Neven DuMont,
stellvertretende Vorsitzende
des Aufsichtsrates
der DuMont Mediengruppe
und Herausgeberin der MZ
Christian DuMont Schütte,
Vorsitzender des Aufsichtsrates
der DuMont Mediengruppe
und Herausgeber der MZ
kritisch nachfragen, recherchieren, einordnen
und kommentieren – so, wie Sie es gewohnt sind.
Wir sind nah dran an den Themen, die Sie beschäftigen. Das ist unser Versprechen, da gilt das
gedruckte Wort.
Fast punktgenau 25 Jahre nach dem Start des
Druckzentrums für die damals neue „Mitteldeutsche Zeitung“ investiert die DuMont Mediengruppe am Standort Halle in die Qualität Ihrer Tageszeitung. Mithilfe der neuen Druck- und Versandtechnik, die wir Ihnen in dieser Ausgabe näherbringen wollen, machen wir Ihre Mitteldeutsche Zeitung noch besser. Die neue Technik ermöglicht der Redaktion neue Darstellungsformen, schafft innovative Lösungen für unsere
Werbepartner und ist ein guter Schritt für die
Umwelt – die neue Maschine benötigt weniger
Energie und weniger Farbe. Sie ist auch Basis für
künftige Kooperationen mit unseren Druckpartnern. Diese Investition ist ein klares Bekenntnis
zur Wirtschaftsregion Sachsen-Anhalt, zum
Standort Halle und, liebe Leserinnen und Leser,
zu Ihrer Mitteldeutschen Zeitung.
Isabella Neven DuMont
Christian DuMont Schütte
Fertig! Die neue König & Bauer-Maschine hat die MZ gedruckt. Nun wird sie gefaltet und zum Versand transportiert.
FOTO: ANDREAS STEDTLER
2
DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
VON REINER HASELOFF,
MINISTERPRÄSIDENT
VON SACHSEN-ANHALT
ie Mitteldeutsche Zeitung ist fest im mitteldeutschen Raum etabliert. Sie zählt zu den
großen Arbeitgebern in SachsenAnhalt und ist eine ganz starke
und bekannte Marke in der Region. Als Ministerpräsident und Leser der MZ freue ich mich über die
Einweihung der neuen Druck- und
Versandtechnik. Denn diese Investition ist ein eindeutiges Bekenntnis zu den Printmedien im
digitalen Zeitalter und zum Standort Halle sowie der Region Mitteldeutschland.
Die MZ ist aus unserer Zeitungslandschaft nicht wegzudenken. Mit einer Auflage von rund
185 000 Exemplaren erreicht sie
täglich ca. 513 000 Leserinnen
und Leser. Neben der überregionalen Berichterstattung, die auch
bundesweit geschätzt wird, hat
die MZ natürlich für die regionale
Berichterstattung eine sehr große
D
Bekenntnis
zur
Region
Reiner Haseloff
FOTO: KLITZSCH
Bedeutung. Für viele Leser ist der
Lokalteil die wichtigste Nachrichtenquelle überhaupt. Hier erhalten sie umfassende Informationen über die eigene Umgebung,
werden auf Missstände hingewiesen und auf regionale Initiativen
aufmerksam gemacht. Für eine
aktive Bürgergesellschaft ist der
Lokalteil einer Zeitung eine ganz
wichtige Voraussetzung.
Zeitungen sind das Spiegelbild
einer Gesellschaft. Pluralismus
und Demokratie sind ohne Medien nicht denkbar. Sie vor allem
stellen Öffentlichkeit her. Der
Journalismus hat in unserer Gesellschaft einen hohen Rang. Die
Pressefreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert. Die Presse
gilt als vierte Gewalt. Sie soll die
Tätigkeit der staatlichen Stellen
unabhängig beobachten, Fragen
stellen und sich mit den Entscheidungen der drei Staatsgewalten
kritisch auseinandersetzen. Das
gehört zu ihren Aufgaben, und die
MZ erfüllt sie mit großem Engagement und Sachverstand.
Langzeituntersuchungen haben
gezeigt: Die regionalen und überregionalen Tageszeitungen werden in den Augen der Bevölkerung
ihrer unabhängigen und kritischen Funktion durchaus gerecht.
Tageszeitungen werden als das
glaubwürdigste Medium bewertet. Sie gelten als besonders anspruchsvoll, kompetent, sachlich
und kritisch. Dafür ist die Mitteldeutsche Zeitung ein herausragendes Beispiel.
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
ANDRUCK
Neue Technik
für altes Gewerbe
Mehr zu diesem Thema im 360-Grad-Video:
www.mz.de/druckhaus
Hier steht die neue
Druckmaschine der
Mitteldeutschen
Zeitung, die gestern
in Betrieb genommen wurde. Ganz
rechts arbeitet die
zweite Maschine,
die 2001 neu installiert wurde. Seite 4
Belichtung der
Zeitungsdruckplatten
Steuerung und
Über wachung
der Belichtungsgeräte
Belichter
Rollenlager
Zeitungs-
MZ Mediengruppe hat neue Druck- und Verarbeitungstechnik in Betrieb
❱❱ Die
genommen. Über die Perspektiven der Branche sprachen wir mit Stefan Hütwohl,
2
Entwickler
Plattenherstellung
Farbwerke
3
Finanzvorstand der DuMont Mediengruppe. Das Gespräch führte Steffen Höhne.
Aufgerollte Druckprodukte vor der
maschinellen Weiterverarbeitung
Weiterverarbeitung
err Hütwohl, viele Zeitungshäuser gehen davon aus, dass die digitale Berichterstattung der gedruckten Tageszeitung nicht nur Konkurrenz macht,
sondern sie auch irgendwann komplett ablöst.
Nun investiert die DuMont Mediengruppe am
Standort Halle in neue Druck- und Versandtechnik. Ist das Geld gut angelegt?
Hütwohl: Auf jeden Fall. Erstens glauben wir
trotz der rasanten digitalen Entwicklung, die
wir bei unseren eigenen Medienmarken erleben, auch auf absehbare Zeit an die gedruckte Tageszeitung. Zweitens haben wir den Anspruch, die Produkte für unsere Leserinnen
und Leser qualitativ so gut und effizient herzustellen wie möglich. Aber auch für unsere
Werbepartner ist dies ein sehr positives Signal – die neue Maschine macht attraktive,
bisher nicht von uns vermarktete Werbeformate möglich. Häufig werden Medienhäuser
übrigens wegen der Bekanntheit der Marke
auf ihre Tageszeitungen reduziert, bei denen
die Auflagenentwicklung rückläufig ist. Doch
wir drucken beispielsweise auch große Anzeigenblätter mit stabilen Auflagen- und steigenden Beilagenvolumina. Unser Wochenspiegel und der Super Sonntag erreichen
zweimal die Woche alle Haushalte im Verbreitungsgebiet der Mediengruppe Mitteldeutsche Zeitung. Der überwiegende Anteil
davon wird am Standort in Halle produziert.
H
Dennoch bleibt die Tageszeitung das wichtigste
Produkt. Ohne diese geht es nicht, oder?
Hütwohl: Die Mitteldeutsche Zeitung ist
über Sachsen-Anhalt hinaus eine sehr angesehene Medienmarke mit vielen Auszeichnungen, die den Menschen in der Region sehr
nah ist und nah geht – deshalb ein ganz klares Ja. Studien belegen, dass Tageszeitungen
immer noch das größte Vertrauen aller Medien und Kanäle quer durch sämtliche Bevölkerungsschichten genießen. Die MZ erfährt hohe Beachtung und ist fester Bestandteil in der
Gesellschaft – das können Sie auch daran
festmachen, dass Ministerpräsident Reiner
Haseloff es sich hat nicht nehmen lassen, die
FOTO: MAX GRÖNERT
Stefan Hütwohl (52) ist seit November 2015 Finanzvorstand (CFO)
der DuMont Mediengruppe. In dieser Funktion ist er auch verantwortlich für den Druckbereich. Hütwohl
hat an der Bamberger Otto-Friedrich-Universität Business Administration studiert, war zuletzt CFO bei
COMPO, Hersteller von biologischchemischen Produkten für Haus und
Garten und Spezialdüngemitteln. Er
verfügt über eine mehr als 20-jährige Berufserfahrung im Finanzbereich national und international tätiger Unternehmen. Zu seinen Stationen zählen die börsennotierte Ströer Media AG, die Lafarge Roofing
GmbH und die Deutsche Bank.
Maschine selbst einzuweihen. Wir sind überzeugt, dass es Tageszeitungen auch weiterhin
geben wird, in welcher Form und mit welchem Konzept auch immer. Die Investition in
die neue Drucktechnik ist für die nächsten
zehn bis 15 Jahre angelegt. Das ist der Zeitraum, für den wir aktuell planen.
Welche ökonomischen und vielleicht auch ökologischen Vorteile hat die neue Drucktechnik?
Hütwohl: Für die Investition hat aus Sicht
des Vorstands naturgemäß die Effizienz eine
entscheidende Rolle gespielt. Die neue Maschine ist deutlich schneller und kostengünstiger - sie spart beispielsweise Strom, Papier
und Druckfarbe. Das senkt natürlich unsere
Kosten, hilft gleichzeitig aber auch der Umwelt. Die Druckplatten müssen nicht mehr
per Hand eingelegt werden, das erfolgt künftig automatisch. Das spart viel Zeit beim Andruck. Die Mitteldeutsche Zeitung wird künftig auf zwei Maschinen gedruckt, bisher benötigten wir dafür drei. Und sie ermöglicht
uns nach dem Druck auch eine bessere und
deutlich flexiblere Weiterverarbeitung – das
war angesichts der Herausforderung, die sich
durch den Mindestlohn ergibt, zwingend.
Können Sie die Vorteile zur Veranschaulichung
an einem Beispiel deutlich machen?
Hütwohl: Die Mitteldeutsche Zeitung hat viele unterschiedliche Lokalausgaben. Bei jeder
Ausgabe, in der Lokalseiten eingehängt werden, findet in einem zeitlich sehr engen
Wechselfenster ein sogenannter Andruck
statt, bei dem die Maschine jedes Mal genau
eingestellt wird. Bisher wurden beim Anlauf
des jeweiligen Produkts mehr als 1 000 Exemplare gedruckt, die aufgrund unseres Qualitätsanspruchs nicht an unsere Kunden ausgeliefert werden und unbrauchbar sind. Drucker sprechen dabei von Makulatur. Mit der
neuen Maschine senken wir die sogenannte
Makulatur auf etwa 250 Zeitungen. Hochgerechnet aufs Jahr ergibt sich allein dabei
schon eine beachtliche Menge.
Wie viele Zeitungen können auf der neuen Maschine künftig gedruckt werden?
Hütwohl: Innerhalb einer Stunde können bei
voller Geschwindigkeit und ohne Halt 45 000
Exemplare mit bis zu 32 Seiten produziert
werden. Bisher waren rund 30 000 möglich.
Bei bis zu 16-seitigen Anzeigenblättern können wir künftig sogar 90 000 Exemplare in
2
Bündeln der Zeitungen
Zeitungsverladung
Zeitungstransporter
Das MZ-Druckhaus in Halle
(vereinfachte Darstellung)
GRAFIK: RITA BÖTTCHER
Einfahrt
der Stunde drucken. Das macht uns natürlich
noch attraktiver für künftige Partner und
Kunden.
Mehr Effizienz bedeutet, dass am Ende auch
weniger Mitarbeiter benötigt werden?
Hütwohl: Eine neue, hochmoderne Maschine, die einfacher zu bedienen ist – das heißt
naturgemäß auch, dass wir weniger Personal
benötigen. Alles andere wäre unrealistisch.
In der Rotation beschäftigen wir künftig nur
noch ausgebildete Drucker. Hilfskräfte, die
bisher die Druckplatten manuell eingelegt
haben, werden an der neuen Maschine nicht
mehr arbeiten. Wir haben aber die Möglichkeit, den betroffenen Mitarbeitern eine Weiterbeschäftigung an anderen Arbeitsplätzen
anbieten zu können.
Es ist eine Sache schneller zu drucken, was
bringt der Zeitgewinn?
Hütwohl: Wir haben in Halle deshalb ebenfalls in zwei neue Weiterverarbeitungsmaschinen investiert. Auch hier liegt das Augenmerk auf mehr Effizienz – das hat sich aus
dem Mindestlohn heraus ergeben, der in dieser Form hier insgesamt gesehen Existenz
bedrohend war. Künftig werden Beilagen unserer Kunden maschinell in die Zeitungen
eingesteckt. Damit reduzieren wir die Verteilung von Hand deutlich – und damit auch
wieder die Kosten.
Es wird viel Geld in die Hand genommen. Wie
entwickelt sich der Druckmarkt in Deutschland
denn insgesamt?
Hütwohl: Das muss man sehr unterschiedlich betrachten. In unserem Segment, dem
Tageszeitungsdruck, ist das Volumen wie nahezu überall rückläufig. Positivere Entwicklungen sieht man im Digital- und Verpackungsdruck. Bei Letzterem spielt auch der
wachsende Online-Handel eine Rolle. Dort
wird viel bedruckte Pappe zur Verpackung
benötigt.
Die DuMont Mediengruppe, zu der auch die
MZ gehört, verfügt über vier große Zeitungsdruckereien. Wie erfolgreich sind diese?
Hütwohl: Außer am Standort Halle drucken
wir noch in Berlin, Köln und Bernburg in unterschiedlichen Formatgrößen. Künftig wird
es noch wichtiger werden, in unseren Häusern nicht nur die eigenen Zeitungen zu produzieren, sondern auch für Dritte. In Berlin
wird das schon in beträchtlichem Umfang
umgesetzt, in Köln haben wir erst 2016 damit
angefangen. Wir wollen unsere Kapazitäten
durch den Druck von Fremdaufträgen optimal auslasten. Ob uns das gelingt und ob sich
unsere Positionierung in diesem hart umkämpften Markt stabilisiert und verbessert,
hängt neben einer modernen, bedarfsgerechten Technik auch von gut ausgebildeten, motivierten und unternehmerisch denkenden
Mitarbeitern auf allen Ebenen ab. Klar ist
aber, dass die neue Technik in Halle neue
Chancen eröffnet und Basis ist für neue Kooperationen mit Partnern.
Macht DuMont mit den Druckereien denn Gewinne?
Hütwohl: Unsere Druckereien produzieren
nicht nach Gewinn, sondern Kostendeckung.
Sie haben ein jährliches Budget einzuhalten.
Produzieren wir für weitere Kunden und erzielen Erlöse, wird das Budget entlastet.
In vielen Industrie-Branchen ist ein Trend zu
beobachten: weg von der Massenproduktion,
hin zu individuellen, kundenspezifischen Waren. Ist das auch im Druckgeschäft so?
Hütwohl: Es gibt durchaus immer mal wieder Ansätze, personalisierte Elemente in periodisch erscheinende Printprodukte wie Tageszeitungen aufzunehmen. Mir ist allerdings nicht bekannt, dass sich eine personalisierte, digital gedruckte Tageszeitung im
Markt durchgesetzt hat. Vielleicht bietet die
Technik da auf absehbare Zeit attraktivere
Lösungen. Einfacher umsetzbar wäre dies sicherlich in reinen E-Paper-Ausgaben.
Jeder Zeitungsleser bekommt dann seine eigene
Zeitung mit einem individuellen Sport- oder
Wirtschaftsteil?
Hütwohl: Wir haben uns bereits mit Konzepten einer personalisierten Zeitung im Digitaldruck beschäftigt. Es wäre denkbar, Kunden
definierte Themen-Pakete anzubieten, ähn-
lich wie dies beispielsweise Bezahlfernsehsender heute machen. Entscheidend wird allerdings sein, wie sich das Mediennutzungsverhalten unserer Leser und Nichtleser entwickelt. Sollte es wirklich einen Bedarf und
damit einen Markt für individuell zugeschnittene Zeitungen geben, dann müssen wir über
entsprechende Produkte nachdenken. Die
Herstellung – wenn wir bei der Betrachtung
jetzt mal die Kosten außen vor lassen – wird
ohne Zweifel möglich sein, die personalisierte Zustellung wäre eine weitere Herausforderung.
Und ausgebildete Drucker werden auch in zehn
oder 15 Jahren noch gebraucht?
Hütwohl: Davon bin ich überzeugt. Ich bin
aber auch davon überzeugt, dass dann die
Ausbildung der Drucker eine völlig andere
sein wird. Sie muss mit der technologischen
Entwicklung und Handhabung der neuen
Maschinen Schritt halten. Dann spricht man
wahrscheinlich nicht mehr von „Druckern“,
vielleicht ist es dann ein „Operator“, der eine
Druckmaschine steuert. Der Druck ist jedenfalls nicht am Ende.
Ist Halle ein Modell für die weiteren Druckereien, die für DuMont produzieren?
Hütwohl: Nein, so kann man das nicht sehen. Jeder Standort hat seine eigene Herausforderung und seine eigene Historie mit unterschiedlichen Maschinen. Da lässt sich
nicht alles über einen Kamm scheren. Wir
schauen uns genau an, ob und wenn ja, welche Investition sich für die Dienstleistung
Druck pro Standort rechnet. Da hatten wir in
Halle sicherlich den größten Handlungsdruck, weil wir auch Prozesse optimieren
mussten.
22
Rollen Zeitungspapier mit einer
Breite von 1,40
Metern werden jede
Nacht für die
Herstellung der
Mitteldeutschen
Zeitung gebraucht.
Im unteren Teil der Druckmaschine werden die Papierrollen gelagert und von dort
zur Maschine transportiert. Das Einhängen der 1,4 Tonnen schweren Rollen geht
an der neuen Maschine schneller und leichter (oben). Für eine Ausgabe der MZ
werden im Schnitt, abhängig von der Seitenzahl, 22 Rollen benötigt. Teilmodernisiert wurde die Anlage zur Herstellung der Druckplatten, auf die die Zeitungsseiten übertragen werden (unten).
In den Containern im unteren
Maschinenbereich (links oben)
sind die vier Farben Schwarz,
Blau, Gelb, Rot enthalten, die in
die Maschine gepumpt werden.
Die Druckplatten werden nach
dem Einhängen in die Maschine
automatisch auf die Druckzylinder gespannt (rechts oben).
IMPRESSUM
Verleger: Mediengruppe Mitteldeutsche
Zeitung GmbH & Co. KG,
Delitzscher Straße 65, 06112 Halle
Geschäftsführer: Tilo Schelsky
Chefredaktion: Hartmut Augustin
Anzeigen: Heinz Alt
Konzept und Layout: Hans-Ulrich Köhler
Titelfoto: Andreas Stedtler
Druck: MZ Druckereigesellschaft mbH,
Fiete-Schulze-Straße 3, 06112 Halle
3
Die neue MZ-Druckmaschine, die gestern in Betrieb genommen wurde. Sie ist 13 Meter hoch und wurde von der Firma König & Bauer gebaut und in Halle
montiert. Auf ihren Druckzylindern, die 1,40 Meter breit sind, können gleichzeitig vier Seiten nebeneinander vorn und hinten bedruckt werden. Die Maschine
verbraucht im Vergleich zur alten Anlage weniger Papier beim Anfahren des Aggregats und 30 Prozent weniger Strom.
FOTOS: ANDREAS STEDTLER
Vom Leitstand (links) wird der
Druck gesteuert. Mit einer speziellen Technik können Papierbahnen so aneinander geklebt werden, dass vier Seiten nebeneinander mit einem einzigen Bild
oder mit einer großen Anzeige
bedruckt werden können.
Von Leitständen aus
werden die Maschinen gesteuert. Hier
kontrollieren die
Drucker während
der Andruckphase,
ob alle Farben korrekt wiedergegeben
sind und ob sich alle
zu druckenden Teile
exakt auf den Zeitungsseiten befinden. Seiten 7, 8, 9
3
Über Transportketten an der Decke gelangen die Zeitungen
in die sogenannte
Weiterverarbeitung.
Die Technik wurde
komplett neu eingebaut und ermöglicht
nun, in gleicher Zeit
mehr Beilagen einzufügen. Möglich
sind bis 36 000 Beilagen pro Stunde.
Seite 5
4
DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
ANDRUCK
Riesige Seiten und kleine Löcher
Mit der neuen Maschine können Seiten unterschiedlich kombiniert werden. Hier eine
Flying Page, die andere
Seiten von außen umhüllen kann, wie bei
dieser Beilage.
Einzelne Seiten lassen
sich künftig perforieren, Seitenteile damit
leicht abtrennen.
Zeitung im XXL-Format ist möglich. Fotos
oder Anzeigen können
so breit wie vier Seiten
nebeneinander bedruckt werden.
Die Maschine der Koenig & Bauer Group kann Bilder oder Anzeigen drucken,
die so groß sind wie vier Seiten nebeneinander. Und sie kann Zeitungspapier perforieren. So lassen sich etwa Leser-Gutscheine leicht abreißen.
Die bedruckten Zeitungsbahnen aus den Druckwerken werden ganz oben
längs geschnitten und entsprechend der späteren
Seitenfolge gedreht. Auf einer 1,40 Meter breiten Papierbahn sind vier
Zeitungsseiten gedruckt.
Die Druckmaschine Commander CL wurde von Koenig & Bauer maßgeschneidert nach den Wünschen
der Mitteldeutschen Zeitung gebaut. Der Kern sind
die senkrecht stehenden
acht Druckwerke (weiße
Verkleidung) in zwei sogenannten Drucktürmen. Die
Maschine ist 13 Meter hoch
und 6,5 Meter breit. Sie
wiegt 210 Tonnen.
In den Druckwerken drehen
sich die Druckzylinder und
es werden die Farben über
Gummiwalzen auf die
Druckplatten übertragen.
Diese Metallplatten - aufgespannt auf Druckzylinder übertragen die Farbe auf
Gummidrucktücher, von
dort kommt sie auf das
Zeitungspapier.
Vollautomatisch werden
die Rollen mit dem Zeitungspapier eingehängt.
Von hier unten läuft es
durch die einzelnen Druckwerke nach oben. Schrift
und Fotos werden im Offset-Verfahren aufgetragen.
Für 15 000 Zeitungsexemplare - das entspricht etwa
der Zeitungszahl für die
Ausgabe Dessau - werden
zwei Rollen gebraucht.
Vier Farbcontainer mit den
Farben Schwarz, Blau,
Gelb, Rot stehen im unteren Bereich der Maschine.
Aus ihnen werden die Farben in die Druckmaschine gepumpt und auf die
Druckplatten übertragen.
Die neue MZ-Druckmaschine in verGRAFIK: KBA
einfachter Darstellung
Der FaIzapparat bringt die
Zeitung in Form. Dort werden die Papierstränge quer
geschnitten und gefalzt, so
wie die Zeitung später im
Briefkasten steckt. Danach
bringen Transportketten
die MZ zum Versand in eine
Halle direkt neben den
Druckmaschinen.
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
ANDRUCK
5
?
Wenn Sie die Seiten dieser
Beilage aufmerksam lesen, haben Sie hier die Chance im
MZ-Quiz 50 Euro zu gewinnen.
Aus den richtigen Einsendungen ziehen wir zehn Gewinner.
1
Die neue Druckmaschine der MZ ist 13 Meter hoch
und 6,5 Meter breit. Wieviel
Tonnen wiegt sie?
A - 210 Tonnen
B - 326 Tonnen
C - 108 Tonnen
2
Wie viele Briefe verteilt
der Briefdienst der MZ Mediengruppe jedes Jahr?
An Transportketten (oben im Bild) werden die Zeitungen in die Weiterverarbeitung befördert. Hier werden Beilagen eingelegt und die Zeitungen für den Versand fertig gemacht.
VON ALEXANDER SCHIERHOLZ
ber dem Arbeitsplatz von
Ronald Stahl liegt ein steter Geräuschpegel. Es
brummt, es rattert, und
manchmal klingelt sein Telefon dann läuft irgendwo irgendwas
nicht wie es laufen soll, und er
muss los, nach dem Rechten sehen.
Willkommen in der Weiterverarbeitung. Komische Bezeichnung,
denn wenn die Zeitungen in dieser
Halle des MZ-Druckzentrums ankommen, sind sie schon fertig gedruckt - ob die MZ, der Wochenspiegel oder der Super Sonntag.
Stahl, 49, ist hier Schichtleiter, und
er kann erklären, was es damit auf
sich hat: „Hier kommt die Werbung
in die Zeitung.“ Hier wird komplettiert, was der Leser am Ende im
Briefkasten vorfindet: das druckfrische Blatt einschließlich der Beilagen vom Discounter, vom Möbeloder vom Autohaus.
Bestimmt wird das Bild in der
Weiterverarbeitung von an der Decke verlaufenden Förderketten, die
druckfrische Zeitungen scheinbar
kreuz und quer durch die Halle
transportieren.
Das Herzstück aber ist etwas Anderes. Ronald Stahl führt zu einer
Maschine von der Größe eines Gartenhäuschens, viel Stahl, viel Glas,
gewölbte Abdeckung. „Das ist die
Trommel“, sagt er. Hier werden die
Werbeprospekte in die Zeitungen
eingelegt, nachdem beide mittels
verschiedener Förderketten und
Förderbänder hierher transportiert
worden sind.
Klingt ganz einfach, ist auch alles vollautomatisch. Aber wie
kommt, wie Stahl sagt, „die richtige Werbung in die richtige Zeitung“? Wenn, sagen wir, der Inhaber eines kleinen Supermarktes
via MZ nur in seinem Dorf Wer-
Ü
FOTOS: ANDREAS STEDTLER
Kaum
gedruckt,
schon
verpackt
❱❱
In der Weiterverarbeitung
wird die Zeitung
komplettiert: Beilagen
werden eingesteckt.
bung verteilen lassen will, also nur
in einem kleinen Teil der Lokalausgabe? Zwei neue Weiterverarbeitungs-Linien machen es möglich.
Sie gingen erst im Juli und im November vorigen Jahres in Betrieb.
„Jetzt können wir bis auf Postleitzahlbasis runtergehen“, sagt Stahl.
Die Maschine sortiert die Werbung
entsprechend ein. Ihr „Hirn“ ist der
„Navigator“, ein Computerprogramm, das den gesamten Prozess
einer Versandlinie vollautomatisch
steuert und die richtige Zuordnung
der Beilagen sicherstellt. Damit das
3
Jede Nacht werden im
Schnitt 22 Rollen Papier für eine MZ-Ausgabe bedruckt.Wie
breit sind diese Papierrollen?
A - 2,10 Meter
B - 1,65 Meter
C - 1,40 Meter
4
Zur MZ Mediengruppe
gehört TV Halle. Wieviel Zuschauer erreicht der Regionalsender täglich?
A - 21 000
B - 50 000
C - 12 000
Ronald Stahl ist verantwortlich für eine der beiden Weiterverarbeitungslinien.
Einstecken der diversen Beilagen
effizient erfolgt, wurde für die Produktionsplanung das Programm
„Optimizer“ angeschafft. „Im Arbeitsablauf ist das alles eine enorme Erleichterung“, sagt Ronald
Stahl.
Er weiß, wovon er spricht. In diesem Jahr feiert der gelernte Maschinen- und Anlagenmonteur 25
Jahre Betriebszugehörigkeit. Stahl,
der im Oktober 1992 als Hilfskraft
anfing, hat sich hochgearbeitet und
jede technische Weiterentwicklung
mitgemacht. Die neuen Anlagen
können wesentlich mehr als ihre
Vorgänger. Statt maximal acht Beilagen können jetzt mehr als das
Doppelte automatisch eingesteckt
werden - bis zu 36 000 in der Stunde. Bisher mussten die Mitarbeiter
manuell eingeben, was in welcher
Menge wo beigelegt wird. Nun
rechnet der Computer das anhand
der jeweiligen Aufträge selbst aus,
und er schlägt Alarm, wenn am Ende irgendwo eine Beilage fehlt.
Ganz ohne Handarbeit geht es
trotzdem nicht: Die später der Zeitung beigelegte Werbung wird sta-
pelweise auf Paletten angeliefert.
Mitarbeiter bestücken mit den
Prospektstapeln Einlegestationen,
in denen eine Förderkette Prospekt
für Prospekt aufnimmt und zur bereits erwähnten Trommel transportiert. Dort werden sie in die Zeitungen eingesteckt. In der Weiterverarbeitung herrscht Hochbetrieb: Je
nach Beilagenaufkommen hat Ronald Stahl pro Schicht bis zu 60
Leute um sich. Trotz des hohen
Grades an Automatisierung hat er
genug zu tun: „Ich muss immer alles im Blick haben.“
Tag und Nacht unterwegs in Sachsen-Anhalt
Eine stattliche Flotte von 360
Fahrzeugen setzt sich da seit
knapp zwei Jahren täglich in Bewegung, um nicht nur die Mitteldeutsche Zeitung, sondern auch
das Anzeigenblatt Wochenspie-
Autos vom MZ-Briefdienst
gel zu den Lesern zu bringen. Außerdem werden täglich auch noch
jede Menge Briefe eingeholt und
zugestellt: immerhin über 50 Millionen MZ-Exemplare und über
40 Millionen Briefe im Jahr!
A - 8,5 Millionen
B - 21 Millionen
C - 40 Millionen
Die MZ-Fahrzeuge sind an 17
dezentrale Logistikdepots im Verbreitungsgebiet
angebunden.
Von dort aus starten sie schon in
den Nachtstunden zur Auslieferung und Verteilung der Mitteldeutschen Zeitung in ihrer jeweiligen Region.
Später am Tag werden rund
3 500 gewerbliche Kunden angefahren, die ihre Postsendungen
zur Zustellung in ganz Deutschland aufgeben. Zudem werden an
über 400 Annahmestellen die
Briefsendungen
gewerblicher
und privater Kunden entgegengenommen und für die Versendung
vorbereitet.
Zu den Fahrzeugboten gesellen
sich Zusteller, die per Fahrrad
oder zu Fuß unterwegs sind, damit alles, was befördert werden
muss, pünktlich an den Leser,
Kunden oder Adressaten kommt.
Immerhin rund 2 300 fleißige
Frühaufsteher sind von Montag
bis Sonnabend für die MZ-Zustellgesellschaft unterwegs und
noch einmal 1 800 Boten am Wochenende, die als eigene Organisation den Super-Sonntag und
seine Prospekte verteilen. Gebiete und Touren sind präzise geplant, dazu kommt die Zuverlässigkeit der Zusteller - nur so
klappt alles reibungslos.
Manche der Verteiler sind nur
wenige Stunden im Monat unterwegs, andere kommen auf eine
Vollzeitbeschäftigung mit 40
Stunden pro Woche - vor allem
dann, wenn sie neben dem Austragen der Tageszeitung noch andere Leistungen übernehmen.
Mit Hilfe der Dienstfahrzeuge,
die im Unterschied zu ihren Fahrern rund um die Uhr im Einsatz
sein können, sollen künftig weitere Logistikleistungen durch die
MZ-Zustellgesellschaft übernommen werden. So wird zum Beispiel der Aufbau des Paketgeschäfts als neuer Service schon
vorbereitet.
IST
5
Wie viele Leser informieren sich durchschnittlich
pro Monat bei MZ.de?
A - 1 495 000
B - 850 000
C - 1 750 000
6
In welchem Jahr nahm
das neue Druckhaus der MZ
seine Arbeit auf?
A - 1990
B - 2016
C - 1992
Bitte senden Sie ihre Lösungen per E-Mail an die folgende
Adresse:
[email protected]
Betreff: Druckhaus
Einsendeschluss: 23. Januar
2017, 00.00 Uhr. Bitte Namen,
Adresse und Telefonnummer
angeben.
Die Ermittlung der Gewinner erfolgt unter
Ausschluss des Rechtsweges. Mitarbeiter
der DuMont Mediengruppe sind von der
Teilnahme ausgeschlossen.
6
DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
ANDRUCK
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
Die Alte geht, die Neue kommt
Platz da für die Neue:
Die alte Druckmaschine verlässt im Juli
2016 das Druckhaus
und wird anschließend
verschrottet (oben).
Rechts ist die Konstruktion zu sehen,
auf der die neue Maschine ruht. Mitte September wird der erste
Teil der neuen Maschine ins Druckhaus bugsiert (unten).
FOTOS: TV HALLE / W. GEUTHNER
Als im Oktober 1992 das neue MZDruckhaus in Betrieb geht, wird
dort mit der modernsten Technik
gedruckt, die es gibt. Der Neubau
ist damals das größte Bauvorhaben in Sachsen-Anhalt. 250 Millionen Mark steckt der Verlag M.DuMont Schauberg Köln - heute Teil
der DuMont Mediengruppe - in
den Neubau.
Doch irgendwann wird auch die
modernste Technik alt. Deshalb
wird Ende August 2016 begonnen,
eine neue Druckmaschine aufzubauen, die jetzt in Betrieb genommen wurde. Damit werden die MZ
und weitere Produkte nun auf
zwei Maschinen gedruckt - auf einer vom Baujahr 2001 und auf der
neuen Druckmaschine von 2017.
Anfang Juni 2015 gibt der Aufsichtsrat der Mediengruppe grünes Licht für neue Technik im halleschen Druckhaus. Im Dezember
des Jahres sind die Verträge mit
den beiden wichtigsten Partnern
unter Dach und Fach. Der traditionsreiche Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer (KBA) sowie die Firma Ferag, Spezialist für
die Weiterverarbeitung von Zeitungen, werden die Druck- und
Versandtechnik der MZ komplett
erneuern.
Im Januar 2016 wird begonnen,
die Technik zu demontieren, die
die Zeitungen für den Versand vorbereitet. Im März beginnt die Montage dieser Anlage, im November
sind die Arbeiten abgeschlossen.
Im Juni 2016 werden von den drei
vorhandenen zwei Maschinen ausgebaut und dann verschrottet. Am
30. August beginnt der Einbau der
neuen Maschine, eine Commander CL von KBA. Im Dezember
2016 wird erstmals zu Testzwecken mit der neuen Maschine gedruckt (siehe auch Seite 4).
Die untere „Etage“ der 13 Meter hohen Druckmaschine
steht, nun wird der obere Teil eingepasst (oben und links).
Monteure installieren im Inneren Drucktechnik (oben).
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
ANDRUCK
7
nutzt, um Handarbeit weiterhin abzulösen. „Gedrucktes Wort und digitale Revolution gehören zusammen“, sagt Marco Friedrich. Bestes
Beispiel: So kann der Wechsel der
Druckplatten nun innerhalb von
drei Minuten automatisch erfolgen
- auf Knopfdruck. Noch vor einigen
Jahren habe das nach den Worten
des Instruktors gut 20 Minuten gedauert. Das ist aber bei weitem
nicht der einzige Fortschritt im
Vergleich zu vorherigen Anlagen.
Friedrich ist überzeugt: „Wenn die
Drucker das neue Maschinensystem kennen und verstehen, eröffnen sich völlig neue technische
Möglichkeiten.“ Weil dabei Regelsysteme eine wichtige Rolle spie-
Gefragter Starthelfer
❱❱ Marco Friedrich
bringt in vielen
Ländern der Welt
neue Druckmaschinen zum
Laufen. Das hat
der Instruktor
auch in Halle
gemacht.
13
Meter hoch ist
die neue Druckmaschine der MZ.
VON RALF BÖHME
ur sechs Wochen hat sein
Gastspiel in Halle gedauert. Nicht mehr, aber
auch nicht weniger Zeit
geben sich Hersteller und Investor
für die Einarbeitung des Personals.
Danach müssen die hiesigen Drucker auftretende Probleme möglichst allein erkennen und lösen.
Nach der Theorie kommt die Praxis
samt Probelauf und Feintuning.
Als Instruktor macht Marco Friedrich das Personal dafür fit.
Von seiner Arbeit hängt wesentlich der Erfolg des gesamten Vorhabens ab. Millionen von Euro, die
für die Neuanschaffung ausgegeben werden, sollen letztendlich
auch guten Gewinn bringen. Die
neue Technik für die Mitteldeutsche Zeitung gehört international
zur absoluten Spitzenklasse. Das
erklärt auch, warum Lieferant Koe-
N
Das ist der Mann von Koenig & Bauer, der die neue Druckmaschine in Halle zum Laufen gebracht hat: Marco Friedrich.
nig & Bauer einen besonders versierten Fachmann an die Saale
schickt. Wie für Instruktoren
selbstverständlich, kennt Friedrich
die Großanlage natürlich bis ins
Detail. Was ihn aber extra auszeichnet, sind seine weltweit gesammelten Erfahrungen von Inbetriebnahmen bei ausgedehnter Reisetätigkeit. Und er kennt das Ge-
werbe von den Grundlagen her.
Nach einer Druckerlehre in Thüringen, wo seine Wurzeln sind, findet
Friedrich die nächste Herausforderung in der Druckerei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Dort
lernte ich den Faktor Zeit erst richtig ermessen.“ Beispielsweise am
11. September, als in New York
nach einem Terroranschlag die
Twin Tower zusammenfallen. Unmittelbar danach druckt Friedrich
das erste farbige Bild, das jemals
auf einer Titelseite der FAZ erschienen ist. Hinzu kommen erfolgreiche Projekte im gesamten deutschsprachigen Raum und nicht zuletzt
in den USA und Kanada. Dazwischen gibt es viele Stationen von
Israel bis Ekuador, von den Nieder-
FOTO: ANDREAS STEDTLER
landen bis nach Fernost. Kein
Wunder, sein Auftraggeber ist
nicht irgendein Druckmaschinenproduzent. Das Würzburger HighTech-Unternehmen ist Weltmarktführer. Die Systeme, die in Halle eine lichte Höhe von 13 Metern erreichen, sind rundum auf die Bedürfnisse der Druckerei zugeschnitten.
Neueste Innovationen werden ge-
len, steht dieser Teil der Ausrüstung unter den Kollegen im Mittelpunkt des Interesses. So verfüge
die neue Linie über Kapazitäten,
die zwei ältere Maschinen praktisch überflüssig mache.
Perfekte Farbigkeit, höchste
Passgenauigkeit und ungeahntes
Tempo, das sind Merkmale, die der
Druckexperte hervorhebt. Davon
könnten die Ausgaben der MZ und
weitere Erzeugnisse der Mediengruppe profitieren, eindrucksvoll
sichtbar für jeden Leser. Unter anderem habe er den halleschen Kollegen gezeigt, wie mit einem speziellen Verfahren repräsentative Anzeigen bis zu einer Breite von
1, 40 Meter produziert werden können. Dabei handelt es sich um eine
verlockende neue Qualität der Präsentation, wie nicht nur MarketingStrategen auf den ersten Blick bemerken.
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DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
ANDRUCK
Mit Blei fing alles an
VON RALF BÖHME
orsicht! Das muss man
ganz behutsam in die
Hände nehmen. Klar,
das Papier ist schon lange vergilbt. Es fühlt sich spröde
und empfindlich an. Freilich, es
sind gerade einmal 20 Seiten,
nur mit einer schlichten Klammer geheftet: Schmal ist das kleine Heftchen mit den großen Regeln zur Zeitungsherstellung, es
stammt von 1970. Für DruckereiGeschäftsführer Jürgen Kistner
gehören die Blätter aber zu den
kostbarsten Stücken seiner historischen Sammlung.
Das Exponat weckt bei ihm Erinnerungen an eine ziemlich lange zurückliegende Zeit. Vor mehr
als viereinhalb Jahrzehnten beginnt Kistner hier am Standort
seine Lehre. Offsetdrucker will er
V
1970
JÜRGEN KISTNER
ist heute Geschäftsführer
der MZ-Druckgesellschaft
mbH. Er beginnt als Drucker
bei der „Freiheit“, als noch
schwere Bleiplatten das
Zeitungspapier bedrucken.
werden - ein Beruf mit Zukunft,
wie es damals im Druckhaus
„Freiheit“ heißt. Im Vergleich zu
manch anderen Sprüchen aus jenen Tagen erweist sich das nicht
als leeres Versprechen. Denn in
der Drucker-Zunft findet Kistner
bis heute, wie er sagt, alles, was
ihn auch an seinen beiden anderen Berufswünschen gereizt hätte: Da wäre beispielsweise die Genauigkeit eines Kartographen zu
erwähnen. Aber auch das exakt
berechnete Zusammenspiel der
Technik, die einen Maschinenbauer schwärmen lässt, zieht ihn
in den Bann.
Mit seiner Entscheidung für
die Druckerei gehört Kistner zu
einer Handvoll junger Leute, die
seither trotz vieler schwieriger
Umbrüche oft großes Glück haben. Seine Erklärung für die berufliche Erfolgsgeschichte: „Prägend war vielleicht, dass ich als
junger Mensch einen ersten technologischen Schub miterlebt habe. So etwas weckt die Neugier
auf Veränderungen.“ Dabei verschweigt Kistner nicht, wie eng
zu DDR-Zeiten die Grenzen gesteckt gewesen sind. „Vieles blieb
Jürgen Kistner hat viele technische Entwicklungen miterlebt und mitgestaltet.
FOTO: ANDREAS STEDTLER
Plan und Wunschdenken“, so
Kistner. Wer in den alten Ausgaben der Bezirkszeitung „Freiheit“ blättert, ahnt, was der Zeitzeuge damit meint. So findet man
vergleichsweise wenige Fotos,
natürlich immer nur in SchwarzWeiß. Ausnahmsweise gibt es
farbig unterlegte Schlagzeilen:
„Ja, das war das Höchste der Gefühle, aus Kostengründen.“ Kein
Wunder, das Land und die Betriebe leiden bis 1989 unter chronischer Devisenknappheit.
Noch vor seiner Ausbildung
wandert der geschichtsträchtige
Bleisatz, wie ihn 1440 der legendäre Johannes Gutenberg als Erfinder des Drucks mit beweglichen Lettern hervorbringt, ins
Museum. Neue Maschinen, um
ein Vielfaches leistungsfähiger,
lösen in diesem Bereich mehr
und mehr Handarbeit ab. Ein
Meilenstein dieser Neuausrichtung in Halle ist die Anschaffung
einer Hochdruck-Rotationsmaschine, Baujahr 1959. Andere Investitionen folgen, darunter Offset-Anlagen. Die Technik, die in
jener Zeit internationale Vergleiche nicht scheuen muss, stammt
aus traditionsreichen Betrieben
in Plauen und Radebeul. Jürgen
Kistner: „Das war für mich eine
sehr spannende Zeit.“
Seither bestätigt sich mit jeder
neuen Herausforderung eine alte
Erfahrung: Der Druckprozess
reagiert sehr empfindlich auf
kleinste Unstimmigkeiten. Deshalb ist es entscheidend, dass alle Parameter aufeinander abgestimmt sind. Nach 46 Berufsjahren mit verschiedenen Anlagen
will Kistner dem nichts weiter
hinzufügen: „Das kann ich unterschreiben.“ Genau in diesem Sinne sei das Drucken mehr denn je
Präzisionsarbeit.
Alexander Lemm erlebt nach 1989 den Aufschwung.
FOTO: ANDREAS STEDTLER
Umstieg von
TrabantaufPorsche
te Offset-Fachmann. Über Nacht,
darin stimmen Macher und Leser
achsen-Anhalts moderns- damals völlig überein, ist die Welt
tes Druckzentrum in Be- der Zeitung besser und bunter getrieb genommen - das ist worden. Trotzdem sieht sich der
schon einmal eine Schlag- junge Drucker zunächst fast als
zeile wert gewesen, im Oktober Seiteneinsteiger.
1992. Gemeint ist damals der Start
Zuvor an einer alten, verschlisseder ersten Offsetdruckmaschine ei- nen Anlage mit der Herstellung
ner völlig neuen Maschinengene- von Prospekten und Katalogen beration in Halle - Teil
schäftigt, wechselt
eines 250-Millionener auf einen LeitMark-Investitionsstand. Via Bildprogramms von M.
schirm
können
DuMont Schauberg.
dort viele ProzesDabei gewesen bei
se überblickt und
ALEXANDER LEMM
diesem Ereignis ist
per Knopfdruck
arbeitet heute als Schicht- gesteuert werden.
Alexander
Lemm,
heute Schichtleiter
Angesichts
der
leiter. Als Drucker ist er
im MZ-Druckhaus.
kreativen
Mögdabei, als im neuen
„Für mich war das
lichkeiten, die sich
wie der Umstieg von
ihm und dem
MZ-Druckhaus modernTrabant auf Porsche“,
Team bieten, gerät
ste Offsetmaschinen ihre
erinnert sich der innicht nur Lemm
zwischen 45 Jahre al(Fortsetzung Seite 9)
Arbeit beginnen.
VON RALF BÖHME
S
1992
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
(Fortsetzung von Seite 8)
anfangs geradezu ins Schwärmen.
Stichwort Farbe: Nun kann endlich
jede Zeitungsausgabe auf den einzelnen Seiten variiert werden. Störungen werden erstmals digital erfasst und gemeldet. Das spart viel
Zeit, die vorher oft für die Fehlersuche erforderlich gewesen ist. Ein
Trainingsprogramm in Druckereien in Aachen und in den Niederlanden widmet sich unter anderem
dieser Frage. Schon nach kurzer
Zeit - den Druckern aus Halle wird
übrigens eine beispielhafte Motivation bescheinigt - können sie die
Maschine selbst bedienen, eigenständig Druckwalzen einbauen
und justieren. Auch das Aufziehen
der Gummitücher, über die das Papier letztlich die Farbe erhält, beherrscht die Truppe schnell.
Nach Worten sucht Lemm, als er
die veränderten Arbeitsbedingungen beschreibt. Die Technik der
1990er Jahre stellt auch da eine
neue Epoche dar. Den Unterschied
habe man wie zwischen Tag und
Nacht empfunden. Ein leicht vorstellbares Beispiel: „Zuvor musste
man sich im Druckhaus fast anbrüllen, liefen die Aggregate auf
Hochtouren.“ Plötzlich ist aber eine
Unterhaltung in annähernd normaler Lautstärke möglich.
Sieben Tage pro Woche und das
23 Jahre lang - so habe die jetzt „alte“ Ausrüstung ihre Leistung gebracht und damit erst ermöglicht,
dass er und viele andere damit ihre
Brötchen verdient haben. Drucker,
Maschinenführer, Meister und
Schichtleiter: „Meine persönliche
Entwicklung, aber auch die der Familie, mit Frau und Kindern, ist
mit der Anlage verbunden.“ Insofern habe er es mit einem lachenden und einem weinenden Auge
gesehen, wie der technische Fortschritt sich jetzt erneut durchsetzt.
Im Gegensatz zur alten Maschine
gehörten die Mitarbeiter aber nicht
zum alten Eisen. „Wir stellen uns
der neuen Herausforderung, weil
es auch künftig keinen Tag ohne
MZ geben soll.“
DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
ANDRUCK
9
Start in Gutenbergs Zukunft
VON ANTONIE STÄDTER
ie genau das Drucken
mit Bleiplatten funktioniert, das einige seiner
Kollegen im Druckhaus
der Mitteldeutschen Zeitung noch
nutzten? Natürlich, das hat Johannes Hebald während seiner Ausbildung gelernt - in der Theorie. Richtig erlebt hat er das aber erst im
Museum für Druckkunst in Leipzig, das er vor einigen Jahren mit
seiner Berufsschulklasse besuchte,
erzählt der junge Mann. Kein Wunder: Als der Bleisatz im halleschen
Zeitungshaus von der neuen Technik abgelöst wurde, war Johannes
Hebald noch ein Kleinkind. Und so
sagt der 25-jährige MZ-Drucker im
Hinblick auf die frühere Art, die Inhalte von Zeitungen aufs Papier zu
bringen: „Das ist komplett etwas
Anderes als heute. Gewissermaßen
aus einer anderen Zeit.“
Johannes Hebald wollte einen abwechslungsreichen Beruf erlernen,
„keinen Bürojob“, wie er sagt. Es
war vor rund sieben Jahren, als er
auf ganz klassische Art auf die
Ausbildung im Druckhaus der Mitteldeutschen Zeitung stieß: über eine Anzeige in eben jener. Dass er
sich damals - er hatte auch andere
Ausbildungszusagen - für diesen
Bereich entschied und im Anschluss auch übernommen wurde,
darüber ist er heute noch froh. „Ich
finde es spannend, neue Technik
kennenzulernen und faszinierend,
was technisch möglich ist“, sagt
der junge Drucker.
Dabei gestaltet sich der Alltag eines Druckers heute ganz anders
als einst. Zum Beispiel: „Früher
war das Drucken nicht nur lauter,
sondern auch dreckiger, als zum
Beispiel die Farbkästen teilweise
mit der Hand befüllt wurden.“ Zudem übernehmen die Maschinen
W
Johannes Hebald findet die neue Technik spannend. Er gehört zu den
jüngsten Druckern bei der Mitteldeutschen Zeitung und arbeitet
künftig auch an der neuen Maschine.
FOTO: ANDREAS STEDTLER
heute immer mehr Prozesse selbst.
Und: „Neben technischem Verständnis braucht der Drucker
längst auch PC-Kenntnisse, da er
etliche Prozesse am Computer regelt“, berichtet Johannes Hebald.
Vieles läuft dann automatisch. Und
das mit der neuen Maschine im
MZ-Druckhaus noch mehr als
schon zuvor. „Sie macht einiges
einfacher und nimmt dem Drucker
bestimmte Arbeitsschritte ab“, erzählt der junge Mann, der aus Gim-
2017
JOHANNES HEBALD
gehört zu der jüngsten
Generation der MZ-Drucker
und arbeitet an der neuen
Druckmaschine, die gestern
in Betrieb genommen wurde.
ritz bei Wettin im Saalekreis
stammt und seit einigen Jahren in
Halle lebt. Und er nennt einige Beispiele. „Bei der bisherigen Maschine werden etwa die Druckplatten
einzeln per Hand in den Plattenzylinder eingespannt - jede einzelne
Seite für jede der vier Zeitungsfarben Gelb, Schwarz, Blau und Rot.
Bei der neuen Anlage hängt man
nur noch den Plattenstapel hinein
und der Rest wird am Monitor geregelt beziehungsweise funktioniert
automatisch.“ Manuell greife man
nur ein, wenn etwas nicht funktioniere. Genauso wie etwa bei der
Aufnahme der Papierrolle in die
Maschine. Das bedeutet natürlich
eine Zeitersparnis. Auch die Über-
prüfung, ob der Probedruck in Sachen Farbe der Vorlage entspricht,
regelt die neue Maschine künftig
selbst. „Natürlich kontrolliert der
Drucker das Ergebnis trotzdem
und kann nachregeln, falls es noch
nicht optimal ist.“ Manche Dinge,
die schon früher so waren, bleiben
eben auch. Das menschliche Auge
ist weiterhin entscheidend: „Wir
überprüfen auf jeder Zeitungsseite
visuell, ob der Druck einwandfrei
ist“, sagt der Drucker - oder, wie es
heutzutage heißt „Medientechnologe Druck“.
Sicher: Moderne Geräte bieten
nicht nur Erleichterungen, zu denen im Falle der neuen Druckmaschine auch gehört, dass die Säuberung dank verschiedener Waschprogramme beschleunigt wird.
Sondern sie stellen auch weitere
Anforderungen an die, die mit ihnen arbeiten. Es stecke viel Technik in der neuen Druckmaschine,
„die auch gepflegt und überwacht
werden muss“, sagt Johannes Hebald. „Sie ist sensibler.“ Doch er
und seine Kollegen haben zahlreiche Schulungen absolviert, in denen sie in Theorie und Praxis
gründlich in die Besonderheiten
der neuen Drucktechnik eingeführt wurden.
Ob nun Drucker oder Medientechnologe Druck: Eine Sache hat
sich ebenfalls nicht geändert - und
zwar, was die Arbeitszeiten angeht.
Zeitungen werden auch am Sonntag gedruckt. Und wie eh und je vor
allem in der Nacht. Johannes Hebald aber hat sich längst daran gewöhnt. Und auch wenn der Mittzwanziger zu der jüngsten Generation im Team der MZ-Drucker gehört, erzählt er: „Ich persönlich lese die Zeitung nicht nur deswegen
in Printform, weil es mein Job ist sondern ich bevorzuge auch sonst
die Papiervariante.“
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DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
ANDRUCK
❱❱ Das wird einmal
Zeitungspapier für die
MZ (Foto oben). Hergestellt wird es in der
Stora Enso Sachsen
GmbH, einer Papierfabrik in Eilenburg.
Vom Papierbrei
zur Riesenrolle
VON ANTONIE STÄDTER
apier über Papier. In großen Bergen liegen Lkw-Ladungen von bunt bedruckten Blättern und Heften in
der Halle, ein paar Schritte weiter
Ballen von gepressten Papierabfällen. Wobei „Abfall“ nicht das richtige Wort ist. Hier, in der Papierfabrik der Stora Enso Sachsen GmbH
in Eilenburg, ist Altpapier ein
wichtiger Rohstoff. Daraus wird
neues Papier gemacht - auch das
für die MZ. Was so einfach klingt,
ist ein ausgeklügelter Prozess.
Das fängt damit an, dass Papier
nicht gleich Papier ist: Da wären etwa die unverkauften Exemplare,
die Remittenden. „Sie sind weniger
verschmutzt als gemischtes loses
Altpapier“, sagt Betriebsingenieur
Felix Daetweiler. „Doch gerade bei
ihnen sind oft für uns störende Folien enthalten - etwa, wenn ein Magazin eingeschweißt wurde.“ Derlei Material wird vom Papier getrennt, wenn dies nicht bereits bei
den Entsorgern, von denen man beliefert wird, oder der eigenen Sortieranlage geschehen ist.
Das Altpapier stamme vor allem
aus der Region, „teils aber auch aus
skandinavischen Ländern“, berichtet Daetweiler. Das hat nicht unbe-
P
dingt damit zu tun, dass die Fabrik
zum finnisch-schwedischen Konzern Stora Enso gehört, einem der
größten Papierhersteller weltweit.
Sondern mit der Struktur von Papier. Dazu muss man wissen: „Papierfasern können bis zu sieben
Mal wiederverwendet werden“, erklärt der Produktionsingenieur,
der in erster Linie für die Papiermaschine zuständig ist. „Doch dafür braucht es stets auch einen Anteil an Frischfasern, die im verglichen mit Deutschland weniger oft
recycelten Altpapier aus Skandinavien mehr enthalten sind.“
Im Altpapierlager wuchtet ein
Radlader Nachschub auf die Bänder. Zeitungen, Klatschblätter, zwischendrin ein Buch. Hin und wieder taucht auch ganz anderes auf,
wie Daetweiler erzählt: „Es wurde
schon mal ein halber Motor gefunden.“ Weil ein bestimmter PapierMix nötig ist, werden vor der Aufbereitung die Eigenschaften des
Ausgangsmaterials erfasst - „etwa
Aschegehalt, Feuchte oder Weißgrad“ - und je nach Erfordernissen
andere Sorten Altpapier beigefügt.
Neben Zeitungsdruckpapier werden an dem Standort mit über 200
Mitarbeitern Papiere etwa auch für
Werbeprospekte und Telefonbuchpapier aus Altpapier hergestellt.
Am Anfang steht
das Altpapier,
das per Radlader
auf Bänder geladen wird (l.). Daraus entstehen
am Ende riesige
Papierrollen (o.).
In der Kontrollwarte (u.)
werden die verschiedenen Arbeitsprozesse gesteuert und überwacht.
Bei der sogenannten Flotation werden
die Papierfasern von der Druckfarbe
getrennt. Die Farbpartikel setzen sich
in einem dunklen Schaum (o.) ab.
„Über 300 000 Tonnen Papier können wir hier pro Jahr erzeugen“, so
der Geschäftsführer der Stora Enso
Sachsen GmbH, Dirk Schwarze.
Und das beginnt stets in der Deinkinganlage, wo die Druckfarben
entfernt werden. Der 33-jährige Felix Daetweiler erklärt: „Zuerst wird
das Altpapier mit Wasser und Chemikalien aufgelöst. Die gelösten Fasern durchlaufen dann eine Siebzone, in der Fremdstoffe vom groben
Stein bis zur kleinen Klammer aussortiert werden.“ Der wässrige Brei
gelangt in die sogenannte Flotation: „Hier geschieht letztlich nichts
anderes als in einer Waschmaschine: Nach Zugabe von Seife und Luft
entsteht ein dunkler Schaum, der
die alte Druckfarbe enthält und von
den Fasern getrennt wird.“ Auch
Wenn die Papierrollen fertig verpackt sind, gelangen sie über Förderbänder ins Papierlager und zum Abtransport.
FOTOS: ANDREAS STEDTLER
klebrige Partikel, „etwa von Buchrücken“, werden entfernt. Am Ende
des Deinkingprozesses ist ein heller Faserbrei entstanden. Das für
die Papierherstellung nötige Wasser stammt übrigens aus der Mulde. „Es wird nach aufwendiger Reinigung in unserem Klärwerk zu-
rückgeführt.“ Das Eilenburger Papier trägt den blauen Umweltengel.
In der Halle mit der Papiermaschine ist es laut. Was genau in der
117 Meter langen und zehn Meter
breiten Anlage vor sich geht, lässt
sich von außen nur erahnen. Vom
Papierbrei kann in der Siebpartie
Wasser abfließen. In der sogenannten Pressenpartie wird dann der
Trockengehalt weiter erhöht. „Das
Wasser wird mit Walzen herausgedrückt. Es entsteht erstmals eine
Papierbahn mit einer Eigenfestigkeit und einem Trockengehalt von
50 Prozent“, so Daetweiler. „Das ist
natürlich noch viel zu feucht.“
Also muss das „Bügeleisen“ ran:
„Das Papier läuft im Trockenende
über eine heiße Walze, das Wasser
verdampft“, erklärt er. Ein Messrahmen erfasst dessen Eigenschaften wie Flächengewicht, Feuchte,
Dicke. Und: „Ein Lochdetektor erkennt auch Mini-Fehler.“ Gesteuert
und kontrolliert werden die Prozesse in den Kontrollwarten, je für bestimmte Bereiche. „Mit Kameras in
der Papiermaschine können beispielsweise Ursachen für eventuelle Papierabrisse ermittelt werden“,
sagt der Produktionsingenieur und
deutet auf den Monitor. In Labors
wird die Papierqualität überprüft.
Schließlich hebt ein Kran die aufgewickelte Papierbahn in den Rollenschneider: „Die gut 9,20 Meter
breite Mutterrolle wird in Rollen
der gewünschten Größe geschnitten“, so Felix Daetweiler. Vom Altbis zum Recyclingpapier dauere es
circa vier Stunden, „mitunter aber
deutlich länger, da der Stoff teils
zwischengelagert wird“. Am Ende,
im Fertigpapierlager, dasselbe Bild
wie am Anfang: Papier über Papier.
Doch statt großer Papierberge stapeln sich hier mächtige Papierrollen-Türme. Fertig für neue Inhalte.
Video zum Thema unter:
www.mz.de/papierfabrik
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
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Viele Wege zu Text und Bild
Wie aus
Schilf
Papier
wurde
HOCHDRUCK
Das ist das älteste Druckverfahren und seit Johannes Gutenberg als der klassische Buchdruck bekannt. Die druckenden Teile sind erhaben: Abgedruckt werden nur die hochstehenden Linien, Stege oder Flächen der
Druckform. Das spiegelverkehrte Druckbild wird zunächst eingefärbt und dann
gegen den Bedruckstoff (das Papier) gepresst. Es ist ein direktes Druckverfahren,
das heißt die Druckform gibt die Farbe di-
Fragmente einer 4 000 Jahre alten Schrift auf Papyrus
VON KAI AGTHE
ass Papier geduldig ist,
weiß eine sprichwörtliche Redensart, die vermutlich in deutschen
Beamtenstuben ersonnen wurde,
in denen sich Berge von Formularen stapelten und der Abarbeitung harrten. Papier war, bis zur
Erfindung digitaler Medien, über
Jahrhunderte der wichtigste Datenträger und Wissensspeicher.
Liebhaber des gedruckten Wortes
schwören darauf, dass es ein ungleich höheres, weil haptisches,
also den Tastsinn betreffendes,
Vergnügen sei, eine Zeitung oder
eine Dichtung in Papierform zu
lesen.
Papier war nicht der erste, aber
ein in wenigen Arbeitsschritten
und kostengünstig herzustellender Schriftträger. Wir verdanken
diese Innovation dem alten China.
Um 105 nach Christus wurde die
Papierherstellung erstmals von
einem Beamten des Kaiserhofes,
der bezeichnenderweise der Behörde für Fertigung von Instrumenten und Waffen angehörte,
detailliert beschrieben. Viele Jahrhunderte früher nahmen die alten
D
DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
ANDRUCK
FOTO: ST. WORRING
Ägypter die Blätter der am Nil der Preis des Schriftträgers. Dies
wachsenden Schilfpflanzen zur und die steigende Qualität des PaGrundlage ihrer Aufzeichnungen. piers trugen später wesentlich
Vom Wort Papyrus, das auch im zum Erfolg des von Johannes GuRömischen Reich neben Wachsta- tenberg erfundenen Buchdrucks
feln als Textträger benutzt wurde, bei. Bücher, die bis dato für die
leitet sich unsere Bezeichnung meisten Menschen unerschwing„Papier“ ab.
lich waren, wurden zwar nicht soSo traditionsreich die Papier- fort zum Massenprodukt, blieben
herstellung in China auch war, aber nicht allein mehr einer Klidas Wissen um die Herentel aus vermögenstellung des Schreibmaden Adligen und Kirterials gelangte erst im
chenfürsten vorbehal11. Jahrhundert nach
ten. Mehr noch: Ohne
Europa, wo man Texte
das auf Papier genach
von zentraler Bedeudruckte Wort, vor alChristus
tung wie Urkunden und
lem in Form von FlugHeiligenviten auf Pergablättern, wäre ein
wurde in
ment, also auf besonJahrtausend-Ereignis
China
ders präparierte, durch
wie Martin Luthers
ihr HerstellungsverfahReformation kaum so
Papier
ren aber sehr teure
schnell durchsetzbar
hergestellt. gewesen. Flugblätter
Tierhäute, fixierte.
Bereits im 13. Jahrenthielten Nachrichhundert konnte das Anfertigen ten, die in früheren Jahrhundervon Papier durch wassergetriebe- ten als „Zeitungen“ bezeichnet
ne Papiermühlen in die Massen- wurden. Heute verstehen wir die
produktion überführt werden. Die Summe an Neuigkeiten als Zeierste in ihrer Art auf dem Gebiet tung, die seit gut 500 Jahren auf
des heutigen Deutschland wurde Papier gedruckt wurde und, trotz
1390 bei Nürnberg in Betrieb ge- zunehmender
Digitalisierung,
nommen. Und je ökonomischer noch lange auf Papier gedruckt
die Herstellung, desto günstiger werden wird.
105
GRAFIKEN: THOMAS BÖHM
rekt auf das Zeitungspapier zum Beispiel ab. Das Druckbild ist erkennbar
an den Quetschrändern der Buchstaben und an der Schattierung auf der
Rückseite des bedruckten Bogens, auf
dem ein kaum merkliches Relief fühlbar ist.
Druckträger sind entweder Einzellettern oder Klischees. Die Einzellettern
sind aus Blei (Bleisatz) oder Holz. Klischees aus Stahl, Blei oder Kunststoff.
FLACHDRUCK
Der Rollenoffsetdruck (Flachdruck) kommt für große Auflagen im Zeitungsdruck zum Einsatz, ihn
verwendet auch die MZ. Aufgrund der
Schnelligkeit und durch den hohen Automatisierungsgrad sind die Kosten besonders bei hohen Auflagen gering. Deshalb
werden die Druckstraßen nicht nur für
Zeitungen, sondern ebenso für Bücher
und viele andere Druckereierzeugnisse
wie Broschüren oder Kataloge in hohen Auflagen eingesetzt. Das moderne und hochtechnisierte Verfahren
ermöglicht das Bedrucken verschiedenster Papier- und Kartonarten in
monochromer und mehrfarbiger
Qualität. Der Vorteil fürs Druckbild
sind randscharfe Ausdrucke ohne
Quetschränder und glatte Rückseiten ohne Schattenbildung.
TIEFDRUCK Er ist ein Druckverfahren bei dem linien,- punkt- oder flächenartige Vertiefungen (Näpfchen) auf
einer blanken Metallfläche mit Druckfarbe gefüllt werden und ein aufgepresstes
in die Vertiefungen gezwungenes Papier
diese Druckfarbe aufnimmt. Die Näpfchen können zum Beispiel durch Ätzung
oder Gravur erreicht werden. Das Tiefdruckverfahren wird heute vor allem für
großvolumige Druckaufträge ab 100 000
Exemplaren verwendet. Des Weiteren gibt
es den Dekordruck, Textildruck und
Wertpapierdruck. Alle Grafiken die
mittels einer Tiefdrucktechnik erstellt werden, haben als Erkennungszeichen einen durch den Druck in das
feuchte Papier entstandenen Plattenrand (Facette), der sich in das Papier
einprägt und auch auf der Rückseite
des bedruckten Papiers eine Erhöhung bewirkt. Die fertigen Drucke
sind feucht und müssen dann noch
getrocknet werden.
DURCHDRUCK
sind offen, sie bilden so den Durchlasskanal. Dies wird dann als Schablone, Drucksieb oder Druckform bezeichnet. Bei dem eigentlichen Druckvorgang wird die Farbe mit der sogenannten Rakel durch die offenen Stellen im Gewebe auf das Druckgut gedrückt und bildet auf diesem das
Druckmotiv ab. Nach dem Druckvorgang wird der Siebrahmen wieder angehoben, das Druckgut entnommen
und getrocknet.
Die Druckform
des Durchdrucks/Siebdrucks besteht aus
einem Rahmen und einem Gewebe, welches auf den Rahmen aufgespannt ist.
Über die Gewebedicke und das Farbdurchlassvolumen des Gewebes und die
Beschichtungsdicke des Gewebes wird eine definierte Schichtdicke erzielt und
wiederholgenau gewährleistet. Teile des
Gewebes sind abgedeckt. Die Sperrschicht besteht aus einer belichteten, fotosensiblen Schicht. Die druckenden Teile
12
DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
ANDRUCK
Erfindung im Geheimen
Um 1440 entwickelte Johannes
❱❱ Gutenberg
in Mainz das Drucken mit
beweglichen Lettern und bereitete
den Boden für eine Medienrevolution.
schen der Öl- und der Druckpresse
in der Beschaffenheit der Platte
er Anblick einer moder- oder des „Tiegels“, der aus biegenen Zeitungsdruckma- festem, absolut plan aufliegendem
schine lässt kaum jeman- Metall zu sein hatte. Das war zweiden unbeeindruckt, erst fellos eine bedeutende Erneuerung
recht nicht, wenn sie auf Hochtou- einer uralten Technik, und das hatren läuft. Welchen Eindruck die te etwas mit dem rauen, auch etwas
Zeitgenossen Johannes Gutenbergs dicken, hadernhaltigen Papier zu
von dessen erster Buchdruckpres- tun, das in Europa üblich war: Das
se hatten, ist so wenig überliefert konnte man zwar schon vorher auf
wie Abbildungen der Maschine einem Block liegend durch Reiben
oder gar diese selbst. Aber ein des Papiers bedrucken, aber eben
„Nachbau“ auf der Grundlage ver- nur einseitig, das Drucken ging
schiedener Quellen ist seit 1925 ei- auch erheblich schneller.
ne Attraktion im Mainzer GutenGutenberg ist aber auch der Erberg-Museum, und dort steht man finder des Setzens mit beweglichen
vor
einem
Lettern. Er zerwuchtigen, gut
legte die Schrift
anderthalb
sozusagen in ihmannshohen
re
Einzelelehölzernen Mömente,
die
bel von einBuchstaben
dringlich
(„Lettern“) und
selbsterklärenZeichen, fertigder Form, gete dafür Stemnauso wie bei
pel von einheitdessen Urtyp
licher
Größe,
aus frühesten
die in Metall geMenschheitssenkt wurden,
zeiten, der Öl- Nachbau einer Gutenberg-Presse im
was wiederum
und Weinpres- Gutenberg Museum Mainz
die Negativform
se. Zwei senkfür den Bleirechte Streben werden durch Quer- guss der Lettern ergab. Da er auch
streben verbunden, in die eine eine geeignete Druckerschwärze
Spindel eingehängt ist, die durch entwickelte und die Druckpresse
einen Holm mittels Muskelkraft funktional verfeinerte, wird vergedreht wird. Sie hält an ihrem un- ständlich, warum Gutenberg zu der
teren Ende eine flache Platte, die epochalen Gestalt wurde, die das
den eigentlichen Druck ausführt, Medienzeitalter einläutet. Die in
den auf das Papier auf der einge- Holz geschnittene feste Druckplatfärbten Druckform. Weil beim te war außer für den künstleriBuchdruck nicht Obst zerquetscht, schen Gebrauch passé, und das
sondern ein scharfes, sauberes Buchwesen von der zeitraubenden
Druckbild erzeugt werden soll, be- Schreibarbeit befreit. Steht man
stand der Hauptunterschied zwi- wie in Mainz oder in anderen Mu-
Hat Gutenberg
so ausgesehen?
Niemand weiß
es. Es sind keine
Darstellungen
überliefert, die
zu seinen Lebzeiten angefertigt
wurden. Viele
bekannte Bilder
sind erst nach
seinem Tod entstanden. Dieses
Bild zeigt ein
Ölgemälde des
Künstlers Dietmar Gross aus
dem Jahr 2001.
Gutenberg wurde etwa 1400 in
Mainz geboren,
wo er 1468 auch
starb.
VON GÜNTER KOWA
D
FOTOS: GUTENBERG
MUSEUM MAINZ
seen vor der aufgeschlagenen 42zeiligen „Gutenberg-Bibel“, hält
man wie die damaligen Zeitgenossen einen Moment lang den Atem
an, angesichts ihrer Schönheit von
Schriftbild und Typografie. Beides
ist an mittelalterliche Vorbilder angelehnt, aber von absoluter Gleichförmigkeit in Zeilenstand, Schrifthöhe und Satzspiegel. Dieses Meisterwerk trat anscheinend unvermittelt ins Licht der Öffentlichkeit.
Die Nachfrage explodierte und
war überhaupt nicht zu befriedigen. So berichtet es Enea Silvio Pic-
colomini, damals Sekretär König
Friedrich III. und der spätere Papst
Pius II., am 12. März 1455 in einem
Brief an Kardinal Juan de Carvajal
in Rom, dem er aus Frankfurt mitteilen musste: „Vollständige Bibeln
habe ich nicht gesehen, vielmehr
einige Quinternen (das sind Bindelagen mit je fünf Blättern - d.A.)), in
höchst sauberer, korrekter Schrift
ausgeführt, nirgendwo fehlerhaft,
deine Gnade würde sie mühelos
und ohne Brille lesen können.“ Er
nennt Gutenberg „jenen in Frankfurt gesehenen erstaunlichen
Mann“, über den „mir nichts Falsches geschrieben worden ist“, und
weiß, dass 158 Bände fertiggestellt
worden seien, vielleicht sogar 180,
und dass sie alle vorbestellt waren.
Der Brief, der erst 1982 wissenschaftlich bekannt wurde, trug dazu bei, den Druck der Bibel auf spätestens Oktober 1454 zu datieren,
legt man die Zeit für das Binden zugrunde. Aber Gutenberg ist und
bleibt ein großer Unbekannter, von
dem Quellen nur spärlich, Bildnisse überhaupt nicht überliefert sind.
Geboren wurde er als Johannes
Gensfleisch um 1400 in Mainz oder
auf dem Familiengut in Eltville und
wuchs in einer mittlerweile hoch
verschuldeten Kaufmanns- und Bischofsstadt auf, in der die Bürger
um größere Freiheiten rangen. Gutenberg scheint geflohen zu sein;
1434 bis 1440 ist er in Straßburg.
Dort wird er erstmals greifbar als
das, was er hauptsächlich war: ein
Erfinder, der seine Neuerungen
kommerziell verwertete. So fanden
seine „Pilgerspiegel“ unter Aachen-Wallfahrern reißenden Absatz. Man hörte zudem von einem
„Aventur und Kunst“- Projekt.
Offenbar ging es ums Drucken.
Einer der Gesellschafter der Spiegel-Werkstatt besaß eine Papiermühle, das könnte den Anstoß gegeben haben. Als Gutenberg spätestens 1448 nach Mainz zurückkehrte, richtete er einen voll ausgerüsteten Druckereibetrieb ein, allerdings mit einem sehr hohen
Kredit. Das weiß man aus Akten eines Prozesses, den der Kreditgeber
und spätere Teilhaber der Druckerei, Johann Fust, gegen ihn führte.
Entgegen aller Legenden hat er ihn
aber nicht ins Unglück gestürzt.
Vielmehr wurde, sagt Kuratorin
Cornelia Schneider vom Mainzer
Museum unter Verweis auf neuere
Forschungen, das Betriebsvermögen gerecht geteilt. Damit konnte
Gutenberg als Drucker weiter arbeiten. Aufgrund einer der beiden
von ihm entworfenen Typen, die
Fust selbst nicht weiter nutzte, ist
es sehr wahrscheinlich, dass eine
Anzahl der damit gedruckten Publikationen in seiner Werkstatt
entstanden. So epochal Gutenbergs
Erfindung war, für ihren Durchbruch zur „Medienrevolution“
brauchte es erst einen, der die „Publizistik“ erfand – Martin Luther.
Von lateinischen Bibeln und frommer Andachtsliteratur konnten
Drucker auf Dauer nicht leben. Erst
der Reformator mit seinen streitlustigen Pamphleten und seiner
„lesbaren“ deutschen Bibel sorgte
für Massenauflagen. Und im 17.
Jahrhundert entstand das Medium,
das den täglichen Durst nach Neuigkeiten stillte: die Zeitung.
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG
VON HARTMUT AUGUSTIN
Kein Anfang
und
kein Ende
DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
ANDRUCK
ie Mitteldeutsche Zeitung hat
sich im vergangenen Jahr zu einer ganz starken multimedialen
Marke weiter entwickelt. Es ist
genau ein Jahr her, da haben wir die Eröffnung unseres Newsrooms in Halle gefeiert. Zum ersten Mal in der Geschichte unseres Medienhauses entstehen journalistische Beiträge, Fotos und Filmbeiträge für
die Mitteldeutsche Zeitung, das OnlinePortal MZ.de und den Fernsehsender TV
Halle in einem Raum. Praktisch wird nun
fast rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr
produziert, es gibt also keinen Anfang und
kein Ende mehr.
D
Im Sommer haben uns tausende Leserinnen und Leser beim Tag der offenen Tür
besucht und waren beeindruckt von der
Ausstattung des neuen Newsrooms und
davon, wie heute moderne Medien gemacht werden.
Der Lohn für unsere Arbeit ließ nicht
lange auf sich warten. Wir sind sehr stolz
darauf, wie intensiv unsere medialen Angebote genutzt werden. Aktuell lesen täglich 513 000 Leserinnen und Leser die gedruckte Ausgabe und das E-Paper der Mitteldeutschen Zeitung. Das hat die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse vor wenigen
Monaten ermittelt. Damit sind wir die
Nummer zwei im Osten Deutschlands. Unser Online-Angebot auf MZ.de hat es ge-
Hartmut Augustin,
MZ-Chefredakteur
FOTO: A. STEDTLER
schafft, die Spitzenposition unter den ostdeutschen regionalen Medienhäusern zu
erreichen und inzwischen den Vorsprung
vor den Mitbewerbern weiter ausgebaut.
Ein ganz herzliches Dankeschön an alle
Leserinnen und Leser, Usererinnen und
User für das in uns gesetzte Vertrauen.
In diesem Jahr arbeiten wir weiter daran, unsere Angebote zu verbessern.
Nachdem wir 2016 unser Online-Portal
aufgefrischt haben, wird nun das Layout
der MZ überarbeitet. Wir möchten das Leseerlebnis noch angenehmer gestalten.
Wir entwickeln neue Rubriken für die einzelnen Ressorts und werden das Lese-Angebot auch für Kinder deutlich ausbauen.
Künftig werden unsere jüngsten Leser täglich ihre Zeitung in der Zeitung finden.
Diese Weiterentwicklung ist nun möglich,
weil unser Unternehmen in neue Drucktechnik investiert hat. Lassen Sie sich einfach weiter von uns täglich überraschen!
VON TILO KRIPPENDORF
er Arbeitstag beginnt mit
einem Kaffee und dem
Blick auf die riesige Mediawand im neuen Newsroom der Mitteldeutschen Zeitung.
Noch ehe der Computer startklar
ist, verschaffe ich mir dort einen
Überblick über die Nachrichtenlage, die Zugriffszahlen von MZ.de
und die Themen, die die Konkurrenzmedien bewegen. Die Kollegen
der Online-Redaktion sind immerhin schon mehrere Stunden bei der
Arbeit und versorgen die Leser
stets mit den wichtigsten und neuesten Nachrichten.
Die Themenvielfalt ist groß. Für
mich spielt zunächst keine Rolle,
ob die Nachricht einen großen
Brand in Halle, einen Flugzeugabsturz in Kirgisistan oder die neueste Personalie in der Landesregierung von Sachsen-Anhalt betrifft.
Denn am Anfang des Tages steht alles zur Verhandlung. Als sogenannter „Producer Print“ bin ich
mit meinen Kollegen für den
Hauptteil der MZ zuständig, den so
genannten Mantel. Diesen Job und
meinen Arbeitsplatz gibt es erst
seit rund einem Jahr.
Der neue Newsroom ist die zentrale Schnittstelle des Medienhauses. Hier laufen alle Informationen
aus unseren 17 Lokalredaktionen
und aus aller Welt zusammen, und
hier wird entschieden, welcher
Text wann auf welchem Kanal zur
Verfügung gestellt wird. Denn
Nachrichten werden heute auf
mehreren Ebenen veröffentlicht.
Zum einen gibt es die Internetseite
MZ.de für schnelle Rund-um-dieUhr-Informationen und multimediale Angebote. Zum anderen wird
die klassische Zeitung produziert,
die Hintergründe, Analysen und
ebenfalls die relevantesten Nachrichten transportiert. Und wir haben im Newsroom ein integriertes
Fernsehstudio, wo die Kollegen von
TV Halle tagtäglich Sendungen
produzieren.
In vielen kleinen Absprachen
gibt es dabei einen steten Austausch auf verschiedenen Ebenen.
Ausgangspunkt ist die Redaktionskonferenz um 10.15 Uhr. Hier sprechen die Regiodesks, die den Draht
zu den Lokalredaktionen halten,
per Telefonschalte mit der Chefredaktion und den Ressortleitern.
Am Ende steht ein erster Kurs des
Tages fest. Doch im Laufe des Vor-
D
Tilo Krippendorf hat vor Jahresfrist sein MZ-Volontariat beendet
und startete seine Journalisten-Laufbahn als Redakteur mit einem Job, den es noch nicht gab, als er Volontär wurde: Er arbeitet als „Producer Print“, baut mit anderen Kollegen täglich Seiten im MZ-Hauptteil zusammen.
Jan Berger ist einer von zwei Chefs vom Dienst Digital (CvD). Er
koordiniert in ständiger Abstimmung mit dem CvD Print und
dem CvD Regional, was auf die Website der MZ muss und vertieft
mit seinem Team Themen der gedruckten Zeitung mit speziellen
Online-Angeboten.
Immer in Bewegung
❱❱ Im Newsroom der MZ bearbeiten Zeitungsredakteure, Online-Mitarbeiter
und Kollegen von TV Halle gemeinsam die Nachrichten des Tages.
Christian Kadlubietz wird als Moderator und Reporter bei
TV Halle täglich in rund 50 000 Haushalten gesehen. Wenn er
nicht vor der Kamera steht, arbeitet er mit seinen
TV-Kollegen im MZ-Newsroom, wo es eine ständige Abstimmung
zwischen Fernsehen, Zeitungs- und Online-Angeboten gibt.
Gert Glowinski leitet als Chef den sogenannten Regiodesk in
Halle, an dem Redakteure die Lokalausgaben für Halle, Merseburg, Weißenfels und Zeitz herstellen und für die regionalen Online-Angebote sorgen. Die Texte und Fotos dafür liefern die Kollegen aus den Lokalredaktionen.
FOTOS: ANDREAS STEDTLER
13
mittags schickt ein Fotograf vielleicht schon neue Bilder vom Feuerwehreinsatz in Halle in den
Newsroom. Die landen sofort online. Als Print-Producer stimme ich
mich kurz mit dem Regiodesk ab.
Welches Foto druckt der Lokalteil
Halle? Welches Foto können wir in
den Mantel nehmen?
Die Online-Kollegen geben derweil den Hinweis, dass die Nachrichtenagenturen erste Hintergründe und Bilder des Flugzeugabsturzes senden. Nach kurzer Absprache mit dem zuständigen Chef
vom Dienst bitte ich unseren Grafiker eine Karte des Unglücksortes
zu erstellen. Dann kann auf der Panorama-Seite ein erstes Layout entstehen.
Aus Magdeburg ruft der Landeskorrespondent den Chef vom
Dienst Print an. Zur Politiker-Personalie kann er wahrscheinlich am
Nachmittag ein Interview führen,
er benötigt also Platz auf der Seite 2 oder 3. Kurz darauf schreibt er
aber bereits eine kurze Meldung
für MZ.de.
Im Laufe des Tages füllt sich auf
diese Weise die Zeitung. Um
15.30 Uhr wird es konkreter. Dann
sprechen die Chefredaktion und
die Ressortleiter über die Seite 1.
Ist der Aufmacher fertig recherchiert? Was wird die Spitzenmeldung? Und welches Foto kommt auf
die Titelseite?
Im Gegensatz zu den Online-Kollegen haben wir Print-Leute einen
klassischen Nachteil: die Deadline.
Die ist bei uns zunächst 19 Uhr,
weil dann die Frühversion der Zeitung in elektronischer Form produziert wird, das sogenannte E-Paper.
Die Uhr tickt also.
Zu dem Großfeuer übermittelt
die Polizei noch mal Neuigkeiten
zur Brandursache - die Texte werden online und im Print also aktualisiert. Auch zum Flugzeugabsturz
gibt es neue Fakten, die in die Beiträge einfließen. Und das Interview
mit der Politikerin ist nun ebenfalls fertig. Doch dafür gibt es online eine Sperrfrist, es ist erst am
nächsten Tag im Netz zu finden.
Gegen 19 Uhr werden die Seiten
vom Chefredakteur geprüft und abgenommen. Dann ist aber noch lange nicht Schluss. Denn noch bis
23.30 Uhr können Änderungen an
den verschiedenen Ausgaben der
Mitteldeutschen Zeitung vorgenommen werden, bevor sie morgens im Briefkasten steckt.
Exemplare der
Mitteldeutschen
Zeitung werden
täglich verkauft.
2300
eigene Zusteller hat die
Mitteldeutsche Zeitung und
über 400 eigene Briefkästen
und Annahmestellen.
kleine Lieferwagen gehören
zum MZ-Briefdienst, der
jährlich 40 Millionen
Sendungen zustellt.
Leser hat der Internet-Auftritt MZ.de
2016 durchschnittlich pro Monat
erreicht und damit innerhalb eines
Jahres 400 833 neue Leser gewonnen.
1 495 000
1300000
Exemplare werden jede
Woche von den Anzeigenblättern Wochenspiegel und
Super Sonntag gedruckt.
Zuschauer verfolgen
täglich die Sendungen
des 1998 gegründeten
Senders TV Halle.
FOTO: ANDREAS STEDTLER
50000
terverarbeitung zeigt. Der Mann ganz links
ist quasi der oberste Chef dieser Kolleginnen und Kollegen: Der Hallenser Bernd
Preuße ist in der DuMont Mediengruppe
zuständig für alle Druckereien in Köln,
Berlin, Bernburg und Halle.
ANDRUCK
360
lich. Deshalb haben wir zwei Foto-Shootings gemacht. Die linke Hälfte des Fotos
wurde am Tag aufgenommen, die rechte
Seite spätabends. Am Computer wurde
daraus dieses Foto, das einen großen Teil
der Mitarbeiter aus Druckhaus und Wei-
DONNERSTAG, 19. JANUAR 2017
185000
❱❱
130 Mitarbeiter in Druckerei und Versand
sorgen täglich dafür, dass Ihre MZ pünktlich im Briefkasten steckt oder Wochenspiegel und Super Sonntag Sie zuverlässig
erreichen. Für ein Foto alle Kollegen unter
einen Hut zu bekommen, ist nicht mög-
Wir drucken und versenden Ihre Zeitung
14
MITTELDEUTSCHE ZEITUNG