NR. 12 JA NUA R 2017 ULI RICHTER Ein Leben für die Mode VOIL À VOL ANTS Kleider zum Davonfliegen INTERVIEW BE R L IN DA S M AGA ZIN ZUR Sevil Uguz über ihr LNFA-Konzept FA SHION W EEK C U R AT E D T O I N S P I R E 17 – 19 JANUARY 2017 IN BERLIN THE CONFERENCE ON THE FUTURE OF FASHION w w w . p r e m i u m g r o u p . b e r l i n V UE NO.12 INHALT 16 SEVIL UGUZ Die LNFA-Inhaberin über das hart umkämpfte Modebusiness 05 NEWS & TIPPS Anlaufstellen für Modebegeisterte 20 FOTO Joachim Baldauf für RICHERT BEIL, ASSISTENZ Julian Hemelberg HAARE & MAKE-UP Miriam Jochims, ASSISTENZ Kevin Kunz MODELS Marie Bossen, Jonas Fährmann BERLIN IS BLACK 10 SUMMER DREAM Diese Düfte wecken Sehnsucht nach Sommer 06 GO WEST Neueröffnungen am Kurfürstendamm 30 VOILÀ VOLANTS Mit diesen Kleidern kann man der Realität entfliehen 12 ULI RICHTER 08 WEITERBILDUNG Das Kunstgewerbemuseum ehrt den Berliner Couturier mit einer Ausstellung AMD Akademie Mode & Design mit neuem Fotokurs 34 QUADRATLATSCHEN Stylish und bequem – im Sommer können Füße aufatmen IMPRESSUM VUE/Berlin ist ein Produkt der Berliner Verlag GmbH, www.vueberlin.de GENERAL MANAGERS Michael Braun, Jens Kauerauf ADVERTISING DIRECTOR Andree Fritsche ADDRESS Postfach 02 12 84, 10124 Berlin ADVERTISEMENTTel. +49 30 23 27–55 18, [email protected] PRODUCTION Raufeld Medien GmbH Tel. +49 30 69 56 65–0, [email protected], www.raufeld.de EDITOR-IN-CHIEF Wolfgang Altmann OBJECT MANAGER Katrin Schreiber MANAGING EDITORS Arne Gniech, Marcus Jürgens FASHION & BEAUTY EDITOR Elisa Gianna Gerlach ART DIRECTION Lotte Rosa Buchholz PRINT Eversfrank Berlin GmbH, Ballinstraße 15, 12359 Berlin 3 EDITORI A L BERLIN IS BLACK In schwierigen Zeiten sehnt man sich nach Zerstreuung. Da ist die Mode ein sehr geeignetes Ventil. Schon seit einigen Saisons trotzen die Designer dem düster-globalen Stimmungsbild mit Entwürfen, die die 70er-Jahre hochleben lassen: Rüschenblusen, Bluejeans mit Schlag und die obligatorische Fransentasche prägen das Straßenbild. Nun haben die Designer beim Durchstöbern der Fotoalben ihrer Hippie-Eltern ein neues Versatzstück entdeckt: den Volant. Der luftige, locker fallende Stoffbesatz ziert im Sommer Blusen, Röcke und Abendkleider. Doch war früher wirklich alles besser, so wie es uns die aktuelle Mode verheißen mag? Uli Richter, der mitt lerweile letzte Berliner Couturier, würde diese Frage mit Ja beantworten. Der 90-Jährige kennt Berlin noch aus der Wirtschaftswunderzeit. Seine Modelle waren damals nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt gefragt. Dreh- und Angelpunkt war der Kurfürstendamm. Die elegan ten Salons der Couturiers sind heute längst internationalen Textilketten gewichen. Glücklicherweise gibt es Alternativen, die dem kommerziellen Einheitsbrei Paroli bieten, wie den Concept-Store LNFA im Bikini-Haus. Dort führt Inhaberin Sevil Uguz über 90 internationale Designerlabels. Etwa die Hälfe kommt aus der Hauptstadt. Nostalgie ist für die Berliner Designer aber keine Option, sondern sie sehen mit ihrer düster-puristischen Mode der Realität ins Auge: Berlin is black. Viel Spaß beim Lesen der neuen VUE/Berlin IHR WOLFGANG ALTMANN Chefredakteur BR ILLEN IN BERLIN Sportlich-elegant für Sie. Cooles Understatement für Ihn. Sonnenschutz der besonderen Art – Gläser aus mineralisch gehärtetem Glas, optional mit verspiegelter Glasoberfläche in verschiedenen trendigen Farben, auch polarisierend für hervorragendes Kontrastsehen beim Autofahren, z.B. speziell beim Befahren von Alleen, an und auf dem Wasser oder im Schnee. Handgefertigt. Made in U.S.A./Massachusetts. Bötzowstr. 27 10407 Berlin-Prenzlauer Berg Tel.: (030) 49780321 Mo.–Fr. 10–20 Uhr, Sa. bis 16 Uhr augenoptik-in-berlin.de www.augenoptik-in-berlin.de Zu erhalten bei BRILLEN IN BERLIN – Ihrer augenoptischen Kompetenz in der Hauptstadt. NE W S & TIPP S FASHION WEEK NEWS Foto: Birgit Kaulfuß Dreizehn Jahre gibt es das Label Esther Perbandt nun schon. Aus diesem Grund macht die Berlinerin mal wieder eine große Bühnensause. Adäquater Schauplatz ist, wie es sich für die Avantgarde-Designerin gehört, die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Ihr Bühnen bild entwarf der vor anderthalb Jahren verstorbene Bert Neumann. Eine Hommage – nicht nur an ihn, sondern auch an die deutsche Stummfilmzeit, die den Betrachter in das Berlin der 20er- und 30er-Jahre entführt. Zoran Bihać, der bekannte Musikclip-Regisseur, setzt die Show düster-theatralisch in Szene, musikalisch untermalt vom zweifachen Echo-Preisträger Sven Helbig. Nach der Show geht es im Sternfoyer mit einer Party weiter. VOLKSBÜHNE Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte Di 17.1., 20 Uhr Eintritt: ab 15 € www.volksbuehne-berlin.de Foto: Projektgalerie SCHAUKAUF Seitdem es die Fashion Week gibt, gibt es auch die Projektgalerie. Dieses Event hat sich in der Berliner Kreativszene fest etabliert. Denn dort kann man nicht nur Mode gucken, sondern auch kaufen. Mehr als 30 nationale und internationale Designer r äumen dafür ihre Lager aus und bieten ihre Sachen zu Topkonditionen an. Mit dabei sind so klangvolle Namen wie Augustin Teboul, Maiami und Boessert/Schorn. Es gibt aber auch viele unbekannte Labels, die es dort zu entdecken gilt: etwa Davide Bazzerla, Rene Gurskov oder Blank Etiquette. Wer also noch ein cooles Outfit für die Fashion Week sucht, wird hier bestimmt fündig. PROJEKTGALERIE Gormannstraße 23, Mitte Mo 16.1. – So 22.1., 11–21 Uhr www.projektgalerie.net www.designschule-berlin.de 5 NE W S & TIPP S DER ELEKTRONISCHE SCHNEIDER Chic muss nicht gleich teuer sein – einen Anzug gibt es schon ab 290 Euro o: At el ie r NA ATELIER NA Kurfürstendamm 173, Charlottenburg Mo–Sa, 10–19 Uhr www.atelierna.com Foto: Boris Kralj Fo t Im Dezember eröffnete das Atelier NA seine erste deutsche Filiale am Kurfürstendamm. François Chambaud und Nicolas Wolfovski, die bereits in Paris und Benelux verschiedene Läden betreiben, bieten dort Maßanfertigung zu unverschämt günstigen Preisen an: Ein Anzug kostet ab 290 Euro. Wie das geht? Durch modernste Technik in Form eines 3D-Body-Scanners. Wie ein Schneider messen elektronische Sensoren den Körper an mehr als 200 Punkten aus. Ein Kreativteam entwickelt anschließend daraus den Schnitt – nicht nur für Anzüge, sondern auch für Hemden oder Smokings, die man innerhalb von vier bis sechs Wochen abholen kann. Den Kunden kostet das höchstens eine halbe Stunde Zeit: Er geht in den Shop, sucht sich die Stoffe aus, lässt sich scannen – fertig. Mal eben in der Mittagspause einen konfektionierten Maßanzug zu kaufen, ist jetzt also kein Problem mehr. CAFÉ COOL Wer das Café Kranzler am Kurfürstendamm noch von früher kennt, wird sich verwundert die Augen reiben: Die Bistrotische samt Lederbestuhlung sind weg. Dafür säumen jetzt karge Holztische die berühmte Rotunde. Als Mobiliar dienen e infache Holzhocker. Statt Kännchen gibt es „brewed coffee“. Und auch die S chwarzwälderkirschtorte ist von der Karte verschwunden. Dafür gibt es dasselbe Gebäck, das Inhaber Ralf Rüller auch in seinen anderen Berliner Coffeeshops anbietet. Vor einem Monat hat er im alten Kranzler seine dritte The-Barn-Filiale eröffnet. Mit dem Café, das dort Johann Georg Kranzler 1932 aufgemacht hat, hat es nicht mehr viel gemein. Nostalgiker werden den alten Charme vermissen. THE BARN X CAFÉ KRANZLER Kurfürstendamm 18, Charlottenburg Mo–So, 10–20 Uhr www.thebarn.de Purismus statt Oma-Flair im neuen alten Kranzler 6 130 n ade Ark ps Sho a., o.–S et M fn r geöf 1 Uh 10 –2 A PLACE FOR SHOPPING Food and Drink, Entertainment and Culture POTSDAMERPLATZ.de Restaurants, Bars und Cafés Events, Kinos, Nightlife und Weltstadtflair Museen, KUNST, Konzertsäle, Staatsbibliothek PROMOTION „DER FOTOKURS RICHTET SICH AN ALLE KREATIVEN KÖPFE“ Modefotografin ANGELA ELBING über ihren Kurs, den die AMD BERLIN im kommenden April startet Frau Elbing, an wen richtet sich Ihr Fotokurs? Der Kurs richtet sich an alle kreativen Köpfe! In erster Linie an Modedesigner, Stylisten und Modeblogger, die ihre Plattform qualitativ aufwerten möchten. Angela Elbing ist seit zwölf Jahren erfolgreiche Modefotografin Für welche Zwecke kann man die entstandenen Bilder verwenden? Die Ergebnisse, die am Ende des Kurses präsentiert werden, sind Basis für Lookbooks, Blogs oder für den Aufbau eines eigenen Portfolios. mit den Wünschen der Teilneh mer abstimme. Die Konzepte sind also nicht vorgegeben, sondern werden gemeinsam erarbeitet. So kann es durchaus passieren, dass von Haute Couture über Sport bis hin zum „daily business“ die unter schiedlichsten Kleidungsstile abgebildet werden. Sind beim Kurs auch Models, Stylisten und Hair-/Make-upArtists beteiligt? Selbstverständlich wird eine realitätsnahe Kulisse geschaffen, vor der ich als Referentin und die Teilnehmer gleichermaßen als Fotografen agieren. Dazu g ehört natürlich auch der Einsatz von Models, Stylisten und Hair-/ Make-up-A rtists, die in Abstimmung mit mir die Mode fotos produzieren. Lehrt der Kurs auch, wie man anschließend die Bilder bearbeitet? Ja, Bildbearbeitung ist fester Bestandteil des Kurses. Dafür ist es jedoch relevant, Grundwissen mitzubringen. Hat man das nicht, kann an der AMD ein Grundkurs im Voraus gebucht werden. Welche Kleider werden fotografiert? Das ist pauschal so nicht zu beantworten. Im Kurs gehe ich auf Trends, Zeitgeist und saisonale Themen ein, die ich 8 Wann beginnt Ihr Kurs und wie teuer ist er? Start ist der 21. April 2017. Der Kurs findet in den Räumlichkeiten der AMD Berlin immer freitags und samstags an vier aufeinanderfolgenden Wochenenden statt. Der Gesamtpreis liegt bei 1 295 Euro. Weitere Infos unter www.amdnet.de/ weiterbildung-modefotografie AMD AKADEMIE MODE & DESIGN BERLIN Pappelallee 78/79, Prenzlauer Berg Ansprechpartnerin: Marlene Scheffel Tel. +49 30 58 58 308-26 Email: [email protected] www.amdnet.de Fotos: Suzanna Holgrave, Angela Elbing Die AMD Akademie Mode & Design bietet nicht nur Studien gänge in den Bereichen Modedesign, Designmanagement und Modejournalismus an. Es gibt auch Weiterbildungsprogramme, etwa einen StylingKurs, den die private Hochschule seit Jahren erfolgreich offeriert. Dabei kam heraus, dass sich viele Stylisten auch Einblicke in die Arbeitsweise eines Modefotografen wünschen. Diesem Wunsch wird die AMD Berlin nun gerecht und erweitert ihr Bildungs angebot mit einem Fotokurs, der auf bereits erworbene Kenntnisse und Kompetenzen im kreativen Bereich auf baut. Im Frühjahr 2017 geht er erstmalig an den Start. Referentin ist Angela Elbing (www.angelar aab.de), die seit zwölf Jahren freiberuflich als Fotografin tätig ist. Nach ihrer Fotolehre studierte sie in Dortmund Fotodesign. 2010 zog sie nach Berlin und arbeitete lange Zeit für den OnlineAnbieter Zalando, für den sie zahlreiche Fotoshootings auf der ganzen Welt realisierte – sowohl für dessen Website als auch für Printprodukte. T H E M A R K E T P L AC E F O R FA S H I O N A N D L I F E S T Y L E 1 7 – 1 9 J A N U A RY 2 0 1 7 W W W. PA N O R A M A- B E RL I N .C O M BE AUT Y SUMMER DREAM Düfte von exotischen Blüten und tiefen Nadelwäldern wecken die Sehnsucht nach einem lang anhaltenden Sommer REDA K T ION ELISA GI A NN A GERL ACH 1 7 Eau de Toilette Marc Jacobs Eau de Parfum Jusbox 4 Eau de Parfum Teresa Helbig 8 Eau de Parfum Diana Vreeland 2 Eau de Parfum 27 87 Perfumes Barcelona 9 5 Eau de Parfum Frau Tonis Parfum Eau de Parfum Amouage 3 Eau de Toilette Joop! 6 10 Eau de Parfum Bottega Veneta 1 Fruchtpunsch Schwarze Johannisbeere, Pink Grapefruit und saftige Ananas sorgen im „Daisy Dream“-Mix für einen fruchtig-sommerlichen Damenduft. 2 Globetrotter Marokkanische Minze, Shiso-Blätter und Anis entführen in fremde, exotische Länder – für Männer und Frauen, die von der „Wanderlust“ gepackt sind. 3 Tiger im Mann Bergamotte, Karda mom und Veilchenblätter erschaffen einen eleganten, recht kräftigen „Wow!“-Effekt, der berauschend wirkt und die Instinkte weckt. 4 Haute Couture Diesen pudrigen Damenduft aus Vanille, Muskatnuss, Patschuli und Vetiver widmete die Designerin ihrem ständigem Begleiter im Atelier. 5 Hauptstadt Im Unisex-Duft „Bogota Berlin“ vereinen sich Feige mit Bergamotte und gipfeln in einer Duftsymphonie aus würzigem Zedern 10 holz, Pfeffer und Vetiver. 6 Waldmeister Heuballen, Tannenzapfen und Kiefernnadeln in Kombination mit maskulinem Leder ergeben den Signature-Duft „Pour Homme“. 7 Beat Generation Cognac, Tabak, Leder und Zedernholz spiegeln die Wärme der Musik von Bob Dylan wider – ein duftendes Unisex-Erlebnis mit dem Spirit der 60er-Jahre. 8 Mode-Ikone Bei „Full Gallop“ verbinden sich Schwertlilie, Amber und marokkanischer Jasmin zu einem leidenschaftlich-floralen Unisex-Duft. 9 Hippie Style „Bracken“-Frauen erleben Sommernächte voller Freiheit – dank wilder Beeren, rauchigem Leder, Narzisse und Birke. 10 Ägypten Mandarine, Iriswurzel und Weihrauch – „Alizarin“ spricht alle Frauen an, die einen orientalisch-holzigen Duft in alter Parfümtradition mögen. Fotos: Beautypress.de (3), PR (7) Eau de Parfum Penhaligon’s only the best out west CONTEMPORARY FASHION, FABULOUS FOOD AND GREAT DESIGN Adddress Gallery | American Vintage | AM+ | Artek | Azizi | Bensimon | Closed | Labo.Art | Mykita | Odeeh | P.a.r.o.s.h. | Premiata | Samsøe & Samsøe | Studio 183 | Teufel / Raumfeld … and many more exceptional stores and pop up boxes. wonderful to wander bikini berlin Budapester Str 42 – 50 10787 Berlin www.bikiniberlin.de HOMM AGE ZUM TEE BEI ULI RICHTER Der BERLINER COUTURIER ist inzwischen der letzte seiner Zunft, der noch erzählen kann, wie glamourös die Westberliner Mode in den 50er- und 60er-Jahren war. Sein sportlich-eleganter Look, heute würde man sagen „Cool Chic“, begeisterte damals nicht nur Frauen in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt. Zu seinem 90. GEBURTSTAG im vergangenen Dezember widmet ihm das Kunstgewerbemuseum nun eine SONDERAUSSTELLUNG, die alle Facetten seines Schaffens zeigt. Wir folgten gerne seiner Einladung zum Tee und blieben länger als gedacht V ON WOLFGA NG A LTM A NN Für die Ausstellung ließ Uli Richter das Kleid mit Originalstoff aus den 50er-Jahren nachschneidern 12 HOMM AGE F. C. Gundlachs berühmte Modefotografie von 1963 ist ein Dokument der Berliner Nachkriegszeit Fotos: Markus Wächter, F.C. Gundlach ’63, aus „German Fashion Design“, Distanz Verlag Der Alt-Couturier residiert standesgemäß in einer Villa in Grunewald. Im Treppenaufgang hängen wie in einer Galerie Werke der bekanntesten Mode fotografen aus den 50er- und 60er-Jahren. Darunter auch die berühmte Schwarz-Weiß-Aufnahme von F. C. Gundlach, auf dem ein Model vor der eingerüsteten Gedächtniskirche steht. Mit jedem Schritt, den ich dem Couturier entgegentrete, gehe ich einen Schritt zurück in das Westberlin der Nachkriegszeit. Oben an der Treppe steht ein lächelnder Uli Richter. Sein graues Haar ist sorgsam zurückgekämmt. Zur dunkelgrauen Wollhose trägt er ein zartblau gestreiftes Hemd, dazu ein beiges Halstuch im Fischgrätmuster: Dass Uli Richter ein besonderes Farbgespür hat, zeigt sich auch bei seinem Look. Er geht voran durch das gediegen eingerichtete Wohnzimmer in den Wintergarten, wo der Tisch schon mit feinem englischem Porzellan gedeckt ist. „Essen Sie auch so gerne Blätterteig?“, fragt er und guckt auf die mit Aprikose und Apfel belegten Tartes. Dann gießt er den Tee in die mit Blumen verzierten Tassen. Richter erzählt, dass er anfangs mit dem Titel der Ausstellung nicht recht einverstanden war: „‚Uli Richter Revisited‘ – pah! Ich bin doch nicht tot!“, schimpft der noch quicklebendige alte Herr. Mit der Schau an sich und den drei Bereichen, in die sie aufgeteilt ist, sei er jedoch zufrieden. Der erste Teil zeigt die wichtigsten Entwürfe seiner Karriere, eingerahmt von Zeichnungen und Modefotografien. Teil zwei widmet sich seiner Zeit als Professor an der damaligen HdK: Outfits, die er zusammen mit seinen Studenten entwickelt hat, werden gezeigt. Im dritten und interessantesten Teil interpretieren neun Berliner Modedesigner alte Modelle neu. Ein besonders schöner Entwurf ist Steinrohner gelungen. Das Modeduo inspirierte sich an einem mit Perlen besetzten Rosenkleid, das Richter 1957 entworfen hat. Inna Stein und Caroline Rohner verwendeten für ihre Neuinterpretation Reflektorperlen, wie sie auch im Straßenbau für Zebrastreifen zum Einsatz kommen – und übertragen so die liebliche Eleganz des Originals in die Gegenwart. Richter, der aus einer Potsdamer U nternehmerfamilie stammt, sollte eigentlich den pharmazeutischen Betrieb seiner Eltern übernehmen. Durch eine Kriegsverletzung kam alles ganz anders. Nach seinem Diplom als Textilkaufmann begann er ein Volontariat beim Modehaus Horn – 1948 die exquisiteste Adresse 13 der Stadt. Als er dort anfing, war er g erade 21 Jahre alt. Doch Verkaufen war nicht sein Ding. Heimlich entwarf er „Marcelle“, ein knielanges Tageskleid aus dunkelblauem Wollgeorgette mit plissiertem Rock und kleinen Ärmelchen. Eine Schnittdirektrice ließ es im Atelier nähen und schmuggelte es in die Kollektion. Unglaublich, aber wahr: Das Kleid w urde zum Verkaufsschlager und Rolf Horn beförderte Richter zum Entwerfer. Er konnte zwar weder zeichnen noch nähen, aber er konnte sich die Mode vorstellen. Ein Talent, das damals ebenso wichtig war. In den 50er-Jahren bestimmte eine Handvoll Coutu riers, was in Berlin angesagt war: Aribert Schwabe war bekannt für seine wunderschönen Mäntel. StaebeSeger machten die extravagantesten Cocktailkleider. Hermann Schwichtenberg galt als Perfektionist in Sachen Kostüm. Doch mit deren Art von steifer Damenmode hatte Richter wenig am Hut. Und auch nicht mit dem damals vorherrschenden „Total Look“. Zu jener Zeit drehte sich alles ums Kostüm, auf das jedes Accessoire fein säuberlich abgestimmt werden musste: die Handtasche, die Schuhe, die Handschuhe und der Hut. Diesem Dresscode widersetzte sich Uli Richter und entwarf Einzelteile, die man individuell zusammenstellen kann. Im Schaufenster von Horn waren plötzlich Tweed-Röcke zu sehen, kombiniert mit Seidenblusen, kleinen Jacken oder Westen – im biederen HOMM AGE Neun Berliner Designer holen Uli Richters Stil in die Jetztzeit Nachkriegsdeutschland unerhört. „Die Leute drückten sich die Nasen platt“, freut sich der alte Couturier und verspeist genüsslich seine Apfel-Tarte. Froboess und Lilli Palmer für die Filmfestspiele ein. Seine Salonshows im achten Stock waren jedes Mal ein gesellschaftliches Happening. Richters Können sprach sich in Berlin herum: 1952 folgte er auf Heinz Oestergaard als Chefstilist beim Konfektionär Hermann Eggeringhaus, der bei Weitem nicht so angesagt war wie Horn. Richter ging – aber nur unter einer Bedingung: dass er zur Inspiration in die USA reisen durfte. Für die anderen Couturiers war damals das Nonplusultra Paris. Richter dagegen liebte den American Way of Life. Das, was die New Yorkerin trug, wollte er nach Deutschland ü bertragen. Lange bevor die „Queen of less“ Jil Sander die FashionBühne betrat, erkannte Richter, dass ein „Weniger ist mehr“ nicht weniger Eleganz bedeuten würde. Und sein schlichter, sportlicher Stil wurde bald zu seinem Markenzeichen. 1962 lancierte er seine Prêt-à-porter-Linie „uli richter special“. Ein Geniestreich. Denn damit finanzierte er seine teure Maßkonfektion, während dieser Geschäftsbereich für die anderen Berliner Couturiers bald unrentabel wurde. Infolgedessen verschwanden immer mehr Modesalons vom Kurfürstendamm. Richter dagegen expandierte weiter und eröffnete Shops in München und Düsseldorf. Seine Prêt-à-porter-Kollektion verkaufte sich in Kapstadt, Sydney und New York. Selbst nach dem Mauerbau pilgerte die westdeutsche Hochfinanz in sein Atelier: Ignes Ponto, Aenne Burda und Marie Cécile von Preußen waren Stammkundinnen. Bei Staats besuchen entzückte Kanzlergattin Rut Brandt im türkisfarbenen Abendmantel. Ihr verdankte er den Ruf als „Botschafter der deutschen Mode“. 1959 machte er sich zusammen mit seiner langjähri gen Weggefährtin Dorothea Köhlich selbstständig. Ein Jahr darauf eröffnete er seinen Salon. Natürlich am Kurfürstendamm, wo sogleich die Prominenz Schlange stand: Bei Uli Richter kleideten sich Conny Wenn Uli Richter in seinen Erinnerungen schwelgt, jagt eine Anekdote die andere. Kein noch so kleines Detail bleibt unerwähnt. Der liebe Gott scheint es mit seinem Gedächtnis gut gemeint zu haben. Gewiss erinnert er 14 Fotos: Kunstgewerbemuseum / Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker (2), Staatliche Museen zu Berlin, Kunstgewerbemuseum / Fotostudio Bartsch, Berlin; Inna Stein, Caroline Rohner Die Ausstellung zeigt einen Schaffensquerschnitt des Couturiers Skizze der Neu interpretation von Steinrohner Dieses perlbestickte Etuikleid von1957 nahm sich das Modeduo Steinrohner zum Vorbild sich auch noch an Hildegard Knef und ihren absonderlichen Wunsch, als sie 1977 sein Atelier betrat. Für ihre Hochzeit mit Freiherr von Schell benötigte sie die passende Ausstattung. Es kam aber nur Schwarz infrage, erzählt Richter, worauf er ihr entgegnete: „Aber Frau Knef, Sie gehen doch nicht auf eine Beerdigung.“ Und was hat sie schließlich getragen? „Ein elfenbeinfarbenes Kostüm aus Kaschmirflanell, rosa gepaspelt, und einen großen weißen Filz-Flapper“, erzählt Richter und strahlt. Einen Flapper? Der Couturier springt auf und holt vom Bücherregal an der Fensterfront ein Modebuch an den Tisch. Er weiß genau: Irgendwo muss ein Foto davon sein. Langsam blättert er Seite für Seite durch und kommentiert jedes einzelne Bild: „Das ist eine Kappe. Das ist eine Toque. Das ein Capuchon. Warum trägt man überhaupt Hüte?“, möchte er von mir wissen und verrät sofort die Antwort: „Weil sie schmeicheln. Sie machen einen viel jünger.“ Endlich hat er das Foto gefunden: „Da ist er ja, der Flapper. Die Knef sah toll damit aus. Es waren überhaupt keine Augenschatten zu sehen.“ Draußen ist es schon dunkel, der Tee ist längst kalt. Doch Richter kommt jetzt erst richtig in Fahrt – wie 15 früher, als er als junger Couturier die Nacht zum Tag machte. Nicht, um sich auf Partys zu amüsieren, sondern um zu arbeiten. Zum Scherz nannte man sein Büro „ewige Lampe“. Doch irgendwann gingen auch dort die Lichter aus. Am Silvesterabend 1982 verabschiedete er sich als letzter der Berliner Couturiers vom Kurfürstendamm. Treue Kundinnen empfing er von da an in seinem Privatsalon. Heute entwirft Richter nur noch zum Spaß. Als es dann doch langsam ans Verabschieden geht, hält er mich noch einmal zurück und zeigt seine letzten Entwürfe. Eine Skizze ist besonders hübsch: Sie zeigt einen langen, grünen Abendrock, dazu eine seitlich geknotete mit Blumen bedruckte T unika. Trotz seines Alters hat es der alte Herr nicht verlernt. Einmal Couturier, immer Couturier. ULI RICHTER REVISITED – MODEDENKER, LEHRER, INSPIRATION Kunstgewerbemuseum Matthäikirchplatz, Tiergarten Fr 2.12. – So 5.3., Di–Fr, 10–18 Uhr Sa+So, 11–18 Uhr Eintritt: 8 €, ermäßigt 4 € www.smb.museum INTERV IE W „WER ÜBERLEBEN WILL, MUSS PROFESSIONELL SEIN“ Vor knapp zwei Jahren eröffnete das BIKINI BERLIN als Deutschlands erste Concept Mall gegenüber der Gedächtniskirche. Von Anfang an dabei ist SEVIL UGUZ (33) mit ihrem Shop LNFA. Auf 670 Quadratmetern bietet sie Berliner Newcomern eine Plattform. Wir trafen sie in ihrem Store und sprachen mit ihr über ihr Konzept, Courtney Love und warum es für junge Labels oft so schwierig ist V ON WOLFGA NG A LTM A NN Wie so viele kam Sevil Uguz über einen Umweg zur Mode. Es ist der Klassiker schlechthin: In Solingen als Kind türkischer Einwanderer geboren, studierte sie ihren Eltern zuliebe Jura. Nach dem ersten Staatsexamen kurz vor ihrem 30. Geburtstag folgte die Sinnkrise. Wollte sie wirklich Juristin werden? Um das herauszufinden, nahm sie im Frühjahr 2010 eine Praktikumsstelle bei einer Berliner PR-Agentur an. Zurückrudern konnte sie schließlich immer noch. Es gab kein Zurück. Sevil Uguz verliebte sich in die Stadt und in die Mode und rief zwei Jahre später ihre Eventreihe LNFA als Plattform für Berliner Jungdesigner ins Leben. Was mit drei Newcomern begann, ist heute eine Agentur mit über 90 internationalen Designerlabels und einer Verkaufsfläche im Bikini Berlin. Frau Uguz, wie war die Stimmung, als Sie vor sechs Jahren nach Berlin gekommen sind? Es war eine sehr aufregende Zeit. Ich er innere mich noch gut an meine erste Fashion Week, die ich als sehr glamourös ICH WAR SCHON IMMER DIEJENIGE, DIE ANDERS AUSGESEHEN HAT wahrgenommen habe. Damals schien alles nach vorne gerichtet zu sein. Eine Aufbruchstimmung, die gut in meine Lebenssituation passte. Mit den Einblicken, die ich mittlerweile habe, sehe ich das Ganze natürlich etwas nüchterner. 16 Bereuen Sie es, dass Sie Ihr Jura studium aufgegeben haben? Keinesfalls. Mode ist meine Leidenschaft. Von allen Jurastudenten war ich immer diejenige, die anders ausgesehen hat. Mit 30 noch mal ein Modedesignstudium anzufangen, hätte ich trotzdem nicht gewagt. Das wäre mir dann doch etwas zu unsicher gewesen. Aber Organisation mit ein bisschen Kreativität, so, wie ich das heute mache, konnte ich mir vorstellen. Das macht mir Spaß und das passt auch gut zu meinem Charakter. Wie kamen Sie auf die Idee, B erliner Jungdesignern eine Plattform zu bieten? Durch meine Arbeit in der PR-Agentur und einige Nebenjobs – ich arbeitete damals auch noch im Customer-Service INTERV IE W und bei einem Online-Magazin – l ernte ich immer mehr Designer kennen. Zusammen mit ein paar Frauen, die ich ebenfalls neu kennenlernte, hatte ich die Idee zu LNFA. Was heißt das eigentlich? Life Network Fashion Art. (lacht) Ja, das ist auf meinem Mist gewachsen. Im Namengeben bin ich leider ganz schlecht ... Aber gut, wir hatten damit angefangen und so blieb es auch. Die erste Veranstaltung fand 2011 in der „Kunztschule“ am Checkpoint Charlie statt. Sie war als Network-Event gedacht, bei dem wir Berliner Kreative zusammenbringen wollten. Welche Designer waren mit dabei? Ivanman, Thomas Hanisch und Lauren Victoria Craig. Zum ersten Event kamen fast nur Berliner Szeneleute. Die zweite Veranstaltung in der Platoon K unsthalle war dann schon professioneller. Den Durchbruch hatten wir ein Jahr darauf mit unserem dritten Event im Kaufhaus Jandorf. Fotos: Gintare Adomaityte / LNFA Wie sind Sie schließlich im Bikini Berlin gelandet? Ich wusste, dass das Bikini Berlin, das damals noch in der Bauphase war, ein Ort sein würde, wo man sein musste: hip und fancy. Ich hatte mich eigentlich bei den Betreibern nach einer Veranstaltung erkundigt. Doch die boten uns direkt diese Fläche an. Wir haben sofort zugesagt. Acht Tage später sind wir eingezogen und LNFA ist seit der Eröffnung des Bikini Berlin ein sichtbares Projekt. Wie lautet Ihr Konzept? Wir verstehen uns als Plattform für junge Designerlabels, deren Kollektionen wir hier auf Kommission verkaufen. Aber nicht nur. Wir sind auch Anlaufstelle für Fotografen und Stylisten, die sich bei uns Sachen für ihre Fotoshootings ausleihen können. Im Grunde kann man uns als Showroom für neue Talente verstehen. Modefirmen wie Zalando haben hier auch schon Designer für ihre eigenen Kollektionen entdeckt. Mit seinen Palettenmöbeln, dem un verputzten Beton und den Neonleuchten erinnert der Shop ein bisschen an den Dover Street Market. Ist das Absicht? IM GRUNDE K ANN MAN UNS ALS SHOWROOM FÜR NEUE TALENTE VERSTEHEN Ja. Denn die Leute sollen direkt beim Hereinkommen merken, dass es sich hier um junge Mode dreht. Hier ist alles ein bisschen schief: die Schilder, die Lampen. Das ist Teil unseres Konzeptes. Denn dann haben die Kunden nicht so viel Scheu davor, sich die Kollektionen anzusehen. In manchen Designerboutiquen traut man sich nicht, die Sachen anzufassen, weil man das Gefühl hat, ein Gemälde zu zerstören. Zudem agieren wir als PR-Agentur – nicht nur für unseren Shop, sondern auch für die Designer, die hier verkaufen. Für alle? Fast. Etwa zehn Prozent sind in anderen Agenturen. Den Rest vertreten wir. Sind das ausschließlich Berliner Designer? Nein, wir haben zwar mit Berlinern angefangen. Gut 50 Prozent unserer Labels sind jetzt aber international – aus Italien, Japan, der Schweiz, Frankreich, Dänemark, den Niederlanden und Ungarn. Seitdem das Pfund schwächelt, kommen auch immer mehr Londoner in unsere Agentur. Das spüren wir hautnah. Einer der letzten Neuzugänge ist das Menswear-Label Labrum London. Eine tolle Kollektion. wie Anke Engelke, Joy Denal ane, Wilson Ochsenknecht, aber auch Iris Berben. Die zahlen wie jeder a ndere Kunde auch. Da machen wir kein Tamtam. Wenn Sie sich die Entwicklung Berlins in den letzten Jahren anschauen: Wie kreativ ist Berlin heute? Die Kreativität hat trotz Gentrifizierung und steigender Mieten nicht abgenommen, sondern sie nimmt eher noch zu. Obwohl es für manche wirtschaftlich schon eng wird. Viele Designer geben auf, kleine Geschäfte schließen – und ein Ende ist nicht in Sicht. Wer heute überleben will, muss professionell sein. Das Klischee vom Hinterhofdesigner, der irgendwas zusammenbastelt, ist überholt. Sind also die Zeiten des Ausprobierens vorbei? Nein. Ausprobieren ist in Berlin immer noch in Ordnung. Aber man muss es besonnen tun. Es ist nicht nur die Idee, die zählt, sondern man muss auch die Umsetzung und das Finanzielle im Blick behalten. Wie in jeder anderen Branche Wie wichtig ist Bikini Berlin als Standort? Sehr wichtig. Anfangs hatten wir auch darüber nachgedacht, etwas in Mitte zu suchen. Aber Fakt ist, dass die Kaufkraft in der City West einfach größer ist. Das, was es hier zu kaufen gibt, wird in hoher Qualität oft in kleinen Serien produziert. Und das hat natürlich seinen Preis. So teuer wie Prada sind wir zwar nicht, so günstig wie H&M aber auch nicht. Auch wenn der Shop nicht so aussehen mag: Unsere Kunden sind um die 40 und es sind auch viele Touristen dabei. Die kommen hier rein und sagen: Das ist Berlin. Lassen sich hier auch Promis blicken? Ja, Courtney Love war kürzlich da, eine echt coole Persönlichkeit, die sich für ihren Lebenswandel wahnsinnig gut gehalten hat. Es kommen aber auch Deutsche 17 Der LNFA-Store bietet das für Berlin typische Underground-Feeling INTERV IE W Was muss man als junges Label mitbringen, um erfolgreich zu sein? Meine Devise ist immer: Zwei sind besser als einer. Im besten Falle sind es also zwei Personen, die sich die Aufgaben teilen. Während sich der eine um das Kreative kümmert, sorgt sich der andere um die Finanzen. Auch sollte man für seine Vision brennen, als würde man in die Schlacht von Waterloo ziehen. Einen schönen Rock zu entwerfen und ihn in drei Farben anzubieten, ist leider zu wenig. Ich hatte mir das als Händlerin anfangs auch leichter vorgestellt. Aber ein paar Pflanzen im Laden und ein bisschen schönes Licht reichen nun mal nicht aus, um erfolgreich zu sein. Was braucht man noch? Bodenhaftung, ganz wichtig! Und das Wissen, dass sich der Erfolg nicht über Nacht einstellt. Sonst funktioniert es nämlich gar nicht. Firmament, Bobby Kolade, DYN – trotz bester Voraussetzungen geben viele Designer auf. Warum? Das Problem ist, dass Textilketten wie H&M und Zara immer besser werden. Sie kaufen sich die besten Designer ein und entwerfen Mode zu Preisen, die einfach unverschämt sind. Hinzu kommt, dass sie jede Woche in ihren Läden etwas Neues anbieten. Dieses Überangebot führt letztlich dazu, dass viele Konsumenten ihre Sachen nur einige Male anziehen. Und wieso sollte man für etwas mehr bezahlen, wenn man es ohnehin Wie würden Sie den Stil der Berliner Designer beschreiben? (überlegt) Das ist sehr schwierig. Denn es gibt schon große Unterschiede. Aber was man generell festhalten kann, ist, dass die Berliner Mode eher nordischskandinavische Züge hat. Der Stil ist immer ein bisschen heruntergefahren und „laid-back“. BERLINER MODE IST IN DEUTSCHLAND UNTERREPRÄSENTIERT Auch sehr reduziert? Ja, das ist auch ein immer stärker werdender Trend, den ich aber ganz gut finde. Denn so ist Mode auch tragbar. Die Ber liner beherrschen diese kleinen Nuancen perfekt. Der Avantgarde-Begriff spielt natürlich auch immer eine Rolle. Berlin ist sehr schwarz, was mir sehr entgegenkommt, weil ich auch gerne Schwarz trage. Das ist der Bequemlichkeit geschuldet. Wenn man jeden Tag etwas Vernünftiges anziehen muss, ist Schwarz einfach am besten. nur dreimal trägt? Ein weiterer Grund ist, dass Berliner Mode generell sehr unter repräsentiert ist. In Berlin gibt es noch drei, vier weitere Shops, die junge Labels anbieten. In ganz Deutschland sind es vielleicht 50. Und im Ausland wird es auch nicht großartig anders sein. Warum funktioniert Ihr Konzept trotzdem? Unsere Kunden gehen zum Glück bewusster mit Mode um. Viele fragen auch nach, wer hinter den Kleidungsstücken steckt und wo sie produziert werden. Dazu können wir natürlich beherzt Auskunft geben: Wir wissen genau, wer die Sachen entworfen hat und ob sie made in Berlin oder made in Italy sind. Haben Sie ein Lieblingslabel? Ja. Eben dadurch, dass ich viel Schwarz trage, mag ich Esther Perbandt sehr gerne. Ich habe kurzes Haar, bin eher der burschikose Typ – da ist das Hoch geschlossene eher meins. Ich in einem rosa Spitzenkleid – das wird so schnell nicht passieren. (lacht) Was macht Berlin heute aus? Gutes Essen. Und Mode, die man sonst nirgends kaufen kann. Ich kann das be urteilen. Denn ich komme aus einer Stadt, wo es nichts gibt. Und natürlich besticht Berlin durch seine supertolle Kultur: Kunst, Musik, Architektur – das ist das, was Berlin ausmacht. Was mögen Sie persönlich an Berlin? Mein persönlicher Hotspot im Sommer ist der Klunkerkranich in Neukölln. Über den Dächern Berlins in den lila Himmel schauen – das ist schon toll. Generell mag ich die Grenzenlosigkeit Berlins. Dass die Leute hier einfach machen und es immer irgendwie weitergeht. Und dass es hier quasi keine Öffnungszeiten gibt. Das ist für deutsche Verhältnisse schon sehr südländisch. Coole Mode auf schrägen Stangen – das improvisierte Shopdesign ist Teil des LNFA-Konzeptes 18 Foto: Gintare Adomaityte / LNFA braucht man auch hier als Modeschaffen der einen Plan. Es wäre absurd, sich da ausgenommen zu fühlen. THE CONFERENCE ON THE FUTURE OF FASHION JANUARY 18, 2017 KÜHLHAUS STATION-BERLIN www.fashiontech.berlin ESTHER PERBANDT BERLIN Fotos: Birgit Kaulfuß IS BLACK MYKITA Fotos: Mykita, Gerhard Eckardt ALEKS KURKOWSKI 24 Fotos: Joachim Baldauf, K1X RICHERT BEIL K1XPM TRIPPEN Fotos: Trippen, das cape mädchen DAS CAPE MÄDCHEN Foto: Sarah Staiger FRIEDERIKE HALLER STUDIO WWW. BR I GHTTR ADE SHOW. C OM 1 7 . - 1 9 . J AN UA RY 2 017 Marcel Ostertag Foto: Kristian Schuller TREND REP ORT TREND REP ORT VOILÀ VOLANTS Die Romantikwelle reißt auch im Sommer nicht ab. Nach Rüschen haben die Designer nun Volants entdeckt und präsentieren Kleider zum Davonfliegen V ON WOLFGA NG A LTM A NN Falbeln – im Rokoko. Besonders Hofdamen und Prinzessinnen trugen gerne große, voluminöse Kleider mit ausgepolsterten Röcken aus Stoffdrapagen und Volants. Stilikone jener Zeit war die französische Königin Marie Antoinette. Mit ihrer Herrschaft endete jedoch auch ihr höfischer Einfluss auf die Mode. Danach bestimmte das Bürgertum, was up to date ist – und das waren zunächst keine modischen Eskapaden. Erst in der Biedermeier-Zeit gegen Mitte des 19. Jahr hunderts wurden Kleider wieder mit Rüschen und Schleifen verziert, zur Jahrhundertwende dann mit Volants. Sie wurden vor allem am Hintern der feinen Damen auf dem Cul de Paris platziert. Ein Relikt aus der Monarchie, das Coco Chanel stets verabscheute, wie sie überhaupt alles Schmückende aus ihrer Mode in den 20er-Jahren verbannte. Schon seit einigen Saisons trotzen die Designer dem düster-globalen Stimmungsbild mit nostalgischen Rüschenkleidern und -Blusen. Für den Sommer haben sie nun ein neues Versatzstück entdeckt: den Volant. Dass die große Schwester der Rüsche bezaubernd ist und K leidern ein romantisches Aussehen verleiht, wusste schon Christian Dior. Dorothee Schumacher scheint dies ebenfalls zu finden und verziert die Schulterpartie i hrer Blusen üppig mit Volants. Ebenso Marcel Ostertag, der seine hauchdünnen Oberteile über und über mit dem locker fallenden Stoffbesatz schmückt. Volants an Ärmeln, Säumen und Krägen, so wie wir sie heute kennen, haben ihren Ursprung in den 30erJahren. In der Nachkriegszeit gab Christian Dior mit seinen mit Volants besetzten Abend- und Cocktail kleidern den Ton an. 1954 sorgte Hubert de Givenchy mit seiner weißen „Bettina-Bluse“ mit schwarz-weißen Ärmelvolants für Aufsehen. 1971 zeigte Yves Saint Laurent taillierte Taftkleider mit schmalen Volants. „Volants sind eines der ältesten modischen Gestaltungselemente“, weiß die Berliner Kulturforscherin Sandra Pravica, die kürzlich deren flatterhaftes Wesen im Rahmen eines Projekts zu Kleiderordnungen untersuchte. „Volants waren erstmals in der kretischminoischen Kultur als übereinandergesetzte Stoffstücke an Fest- und Zeremonialkleidung anzutreffen“, sagt die promovierte Philosophin. Populär wurden Volants – damals noch unter der Bezeichnung Und auch in den Achtzigern waren sie gefragt: Vor allem italienische Designer, wie Armani und Gianfranco Ferré, entwarfen Kostümjacken mit volantartigen Schößchen. 1999 zeigte Emanuel Ungaro als einer der 31 TREND REP ORT Lana Mueller Lena Hoschek Dorothee Schumacher „fliegend“. Es sei also kein Zufall, dass gerade beim Standardtanz Kleider mit ausladenden Volants über das Parkett wirbeln, stellt die Wissenschaftlerin Pravica fest. Entscheidend für den Schwung ist der Diagonalschnitt. Schneidet man ein Kleid schräg zum Fadenlauf zu, gleitet der Stoff fließend über den Körper. Diese Technik wird auch beim Zuschnitt eines Volants angewandt. Er besteht aus einem Stoffstreifen, der spiralförmig zugeschnitten und glatt eingenäht wird. So fallen Volants – im Gegensatz zur gekräuselten Rüsche – wellig-weich. Letzten lange Röcke mit dem romantisch schwingenden Besatz. Dann verabschiedete man sich langsam davon. Zu Beginn des neuen Millenniums galten Volants als zu trutschig. Doch jetzt entdeckt sie eine neue Designergeneration wieder. Wie die Grazerin Lena Hoschek, die damit ihr rotes Cocktailkleid verziert. Wie Volants mit menschlicher Bewegung korrespondieren, zeigt sich besonders in der Tanzkunst der Amerikanerin Loïe Fuller, deren Leben letztes Jahr verfilmt wurde. Schlüsselszene im Film „Die Tän zerin“ ist ihr berühmter „danse serpentine“, eine Art Schleiertanz, den sie 1892 in den Pariser Folies Bergère uraufführte. „Ihre Kleider waren“, so Sandra Dass Volants mit dem Tanz eng verbunden sind, da rauf weist schon die Bedeutung des französischen Wortes hin, „volant“ heißt übersetzt „beweglich“ oder 32 INDEX TREND REP ORT 27 87 PERFUMES 2787perfumes.com ACNE STUDIOS acnestudios.com ALEKS KURKOWSKI alekskurkowski.com AMD BERLIN amdnet.de AMOUAGE amouage.com ANCIENT GREEK SANDALS ancient-greek-sandals.com ATELIER NA atelierna.com BEAUTYPRESS beautypress.de BIKINI BERLIN bikiniberlin.de BOTTEGA VENETA bottegaveneta.com CHATELLES mychatelles.com DAS CAPE MÄDCHEN dascapemaedchen.com DIANA VREELAND dianavreeland.com DOLCE & GABBANA mytheresa.com Dorothee Schumacher DOROTHEE SCHUMACHER dorothee-schumacher.com DR. MARTENS drmartens.com ESTHER PERBANDT estherperbandt.com FABIO RUSCONI fabiorusconi.it FRAU TONIS PARFUM frau-tonis-parfum.com FRIEDERIKE HALLER STUDIO friederikehaller.com GUCCI luisaviaroma.com JOOP! joop.com JUSBOX jusboxperfumes.com K1XPM k1xpm.com KUNSTGEWERBEMUSEUM smb.museum/home.html Lana Mueller LANA MUELLER lanamueller.com LENA HOSCHEK shop.lenahoschek.com LNFA lnfa-shop.de MARCEL OSTERTAG marcelostertag.com MARC JACOBS marcjacobsfragrances.com MARNI mytheresa.com MERCEDES-BENZ FASHION WEEK BERLIN fashionweek-berlin. mercedes-benz.de MYKITA mykita.com PATRICK MOHR patrick-mohr.com Fotos: Mercedes-Benz Fashion Week Berlin FS17 PATRIZIA PEPE patriziapepe.com PENHALIGON’S penhaligons.com Pravica, „von riesenhaftem Ausmaß und bestanden aus mehreren Lagen dünnem Seidenstoff, den sie mithilfe von Armverlängerungen aus Bambus bis zu sechs Meter in die Luft schleuderte.“ Wie ein Falter breiteten sich wellenförmig ihre Flügel auf der Bühne aus, die Tänzerin wurde so selbst zum Volant. Vom Tanz inspiriert scheint auch die aktuelle Sommer kollektion von Lana Mueller zu sein. Die Berliner Newcomerin entwarf hauchzarte, mit Volants besetzte Abendkleider aus Chiffon – und zeigt so, was Mode derzeit ist: ein textiler Traum, mit dem man wie ein Schmetterling der Wirklichkeit entfliehen kann. RICHERT BEIL richertbeil.com PROJEKTGALERIE projektgalerie.net TERESA HELBIG teresahelbig.com THE BARN thebarn.de TRENDFORTREND trendfortrend.com TRIPPEN de.trippen.com VOLKSBÜHNE volksbuehne-berlin.de WILLIAM FAN williamfan.com 33 ACCE S SOIRE S QUADRATLATSCHEN Einfach reinschlüpfen und los geht’s in den Sommer – mit diesen hübschen Schlappen können Füße stilsicher aufatmen REDA K T ION ELISA GI A NN A GERL ACH 7 4 Mules Chatelles Pantolette Acne Studios 1 Peeptoes Dolce & Gabbana über mytheresa.com 8 Pantolette Gucci über luisaviaroma.com 2 Sommerschuh Patrizia Pepe 9 5 Puschen William Fan Schläppchen Ancient Greek Sandals 10 Sandale Fabio Rusconi 6 3 Slide Sandal Dr. Martens Riemensandalen Marni 1 Goldmarie Das rautengemusterte Leder mit Blütenapplikation ist bei diesen „Bianca Slip-ons“ ein pompöser Hingucker. 2 Öko-Chic Die ergonomische Sohle bekommt zusätzlichen Komfort durch gep olsterte Stoffriemen – Pretty in Pink mit Nägeln in derselben Farbe. 3 Glam Rock Durch Klettverschlüsse sind die gesteppten Satins andalen einfach zu handhaben. Die Kristall-Deko ist ein ge konnter Stilbruch zur Gummisohle. 4 Volltreffer Die Leders chlappen mit Nieten und weißen Schnürsenkeln sind ein Stilmix aus Sneaker und marokkanischem Spitzschuh. 5 Tierfreund Puschel aus weichem Kunstfell machen diese Puschen besonders kuschelig. Die Gummis ohle sorgt für Halt auf dem Asphalt. 6 Meeresrauschen Die bequeme Sohle ist das einzig Typische an diesen „Docs“ mit breiten R iemen und einem Fußbett in Sky Blue. 7 Futurologie Für einen Ausflug auf den Mond viel zu schade: Die metallisch glänzende Optik sorgt bei diesem weichen Lederschuh für einen urbanen Touch. 8 Ziervogel Das fili grane Papageienmuster über dem GG-Monogramm ist bei diesen „Princetown“-Mules die optimale Sommer tarnung. 9 Natur-Fan Das zarte Rosé ist tonangebend bei diesen cleanen Lederschühchen. Durch seine Form im Nullerjahre-Stil wirkt der breite Pony-Steg noch viel exquisiter. 10 Purple Party Zur Profilsohle aus Gummi mischt sich das auffällige Ponyfell. Eine kleine Schleife verleiht dem Schuh niedliches Girly-Flair. 34 Fotos: Trendfortrend.com (5), PR (4), Detlef Eden (1) über mytheresa.com Aus Berlin für Berlin: zuverlässige Entsorgungslogistik seit 1921 Altpapier, Holz, Folie und andere Abfälle zur Verwertung. - seit 1921 Entsorgungsfachbetrieb Bartscherer & Co. Recycling GmbH Montanstraße 17-21 | 13407 Berlin Telefon (030) 40 88 93-0 | Fax (030) 40 88 93-33 E-Mail: [email protected] www.bartscherer-recycling.de Find your Inspiration WAND- UND BODENFLIESEN, SANITÄR, MÖBEL, ACCESSOIRES… www.fliesen.de BERLIN ATALA Berlin Weißensee Berliner Allee 270, 13088 Berlin - Tel.: (030) 96 24 10 - [email protected] | ATALA Berlin City Lietzenburger Straße 44-46, 10789 Berlin - Tel.: (030) 2 12 85 - [email protected] ATALA Berlin Neukölln Saalestraße 5-6, 12055 Berlin - Tel.: (030) 68 28 60 - [email protected] | ATALA Luckenwalde Gottower Straße 22 b, 14943 Luckenwalde - Tel.: (03371) 60 50 - [email protected]
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