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KVProfi Thorulf Müller zur Tarifwechselberatung in der PKV
„Erhebung von Tarifwechsel-Entgelten durch Versicherungsmakler
ist rechtswidrig“
KVProfi Thorulf Müller nimmt in seinem Kommentar kritisch Stellung zur Tarifwechselberatung in der PKV
und zu den teils rechtswidrigen Entgelten, die Versicherungsmakler, Versicherungsvertreter und
Versicherungsberater im Zusammenhang mit dieser Dienstleistung nehmen.
Zu diesem Kommentar hat Rechtsanwalt Jürgen Evers eine Replik verfasst. Und Thorulf Müller hat auf
diese Replik eine neue Replik verfasst.
Endlich, sage ich – endlich geht eine Institution gegen die rechtswidrige Erhebung von Entgelten für
Tarifwechsel durch Versicherungsmakler vor. Aber der Reihe nach.
Versicherungsvertreter vertreten die Interessen des Versicherers, sind also verpflichtet die Kunden im
Auftrag des Auftraggebers, für den sie tätig sind, zu beraten und den Tarifwechsel auch umzusetzen.
Die Kardinalspflichten des Versicherungsmaklers ergeben sich aus der EU-Verordnung, der
Gewerbeordnung (GewO) und dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG).
Man kann auch das aktuelle Urteil zum Thema Schadenregulierung durch Versicherungsmakler des
Bundesgerichtshofs (BGH-Urteil vom 14. Januar 2016, Aktenzeichen I RZ 107/14) nehmen und findet
dort eine relevante Aussage, die sich auch auf ältere BGH-Urteile bezieht:
Rn 34 (6) Gegen die Annahme einer Nebenleistung im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG spricht im Streitfall
schließlich, dass für die Tätigkeit auf dem Gebiet der Schadenregulierung keine Rechtskenntnisse
benötigt werden, die für die Haupttätigkeit als Versicherungsmakler erforderlich sind.
Diese Haupttätigkeit umfasst die Vermittlung und den Abschluss von Versicherungsverträgen sowie die
laufende Betreuung und Verwaltung dieser Verträge für den Versicherungsnehmer. Dafür sind
vertragsrechtliche Kenntnisse erforderlich und keine näheren Kenntnisse des Haftpflichtrechts.
Solcher haftpflichtrechtlicher Kenntnisse bedarf es auch nicht im Zusammenhang mit der sachkundigen
Beratung des Kunden im Schadenfall, insbesondere dessen Unterstützung durch sachgerechte
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Schadensanzeigen, die noch der Haupttätigkeit des Versicherungsmaklers zugerechnet werden
könnten (vgl. Dörner in Prölss/Martin aaO § 59 Rn. 52).
Versicherungsberater sind eben keine Versicherungsvermittler und werden für Beratung bezahlt und
nicht für die Vermittlung. Hier ist die Ähnlichkeit mit dem rechtsberatenden Berufen, wie zum Beispiel
dem Rechtsanwalt zu beachten, die wir auch in den Bundestags-Drucksachen zum
Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG; 623/06 vom 01.09.2006) finden.
Auch das Urteil vom Bundesverfassungsgericht vom 05.05.1987 (1 BvR 981/81) ist hier wegweisend.
Was ist nun eine Rechtsdienstleistung?
§ 2 Abs. 1 RDG
Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche
Prüfung des Einzelfalls erfordert.
Und wofür dient das Gesetz?
§ 1 Abs. 1 RDG
Dieses Gesetz regelt die Befugnis, außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Es dient
dazu, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten
Rechtsdienstleistungen zu schützen.
§ 3 RDG
Die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang
zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.
§ 4 RDG
Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht
haben können, dürfen nicht erbracht werden, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der
Rechtsdienstleistung gefährdet wird.
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Verbotsgesetz
Das RDG ist ein Verbotsgesetz. Es verbietet Rechtsdienstleistung, mit Ausnahme der Ausnahmen (§ 1
Abs. 3 RDG) und dem, was ausdrücklich erlaubt (§ 1 Abs. 2 RDG und § 3 RDG) ist.
§ 2 abs. 3 RDG
(3) Rechtsdienstleistung ist nicht:
1. die Erstattung wissenschaftlicher Gutachten,
2. die Tätigkeit von Einigungs- und Schlichtungsstellen, Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern,
3. die Erörterung der die Beschäftigten berührenden Rechtsfragen mit ihren gewählten
Interessenvertretungen, soweit ein Zusammenhang zu den Aufgaben dieser Vertretungen besteht,
4. die Mediation und jede vergleichbare Form der alternativen Streitbeilegung, sofern die Tätigkeit nicht
durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift,
5. die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von Rechtsfragen und Rechtsfällen in
den Medien,
6. die Erledigung von Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen (§ 15 des
Aktiengesetzes).
und
§ 1 Abs. 2
Regelungen in anderen Gesetzen über die Befugnis, Rechtsdienstleistungen zu erbringen, bleiben
unberührt.
und
§ 3 RDG
Die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang
zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.
Dem Versicherungsvermittler ist die Rechtsdienstleistung als Annexleistung erlaubt, soweit sie für die
Erfüllung seiner Tätigkeit notwendig sind.
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Honorar für Vermittlung
Ein Honorar für die Vermittlung ist erlaubt. Hier hat der BGH aber klar geurteilt, dass die Voraussetzung
für ein Vermittlungshonorar die Vermittlung eines Nettotarifes ist. (BGH-Urteil vom 12.12.2013,
Aktenzeichen: III ZR 124/13).
Es wird aber beim Tarifwechsel kein Nettotarif vermittelt. Es gibt zudem keine Nettotarife im Sinne der
BGH-Rechtsprechung, denn der BGH fordert um unmittelbare Abschlusskosten befreite Tarife.
In der PKV gibt es nur bei drei Gesellschaften rabattierte Tarife und nur in
Gruppenversicherungskonstruktionen: Inter, Mannheimer (heute Continentale) und Nürnberger.
Dass für die Vermittlung eines Minder- oder Minusbeitrag keine Provision/Courtage gezahlt wird, ergibt
sich aber aus den Courtagezusagen oder Provisionsvereinbarungen. Deswegen ist auch die
Vermittlung von Beiträgen an bestimmte Versicherer, die nicht mit Versicherungsmaklern
zusammenarbeiten (Debeka, Huk, LVM, Mecklenburgische) oder bei Vermittlung zur Öffnungsaktion für
Beamte und Angestellte keine Nettovermittlung. Man erhält schlicht keine Courtage/Provision. Kalkuliert
ist sie und der Kunde bezahlt die auch so lange der Vertrag läuft, gegebenenfalls lebenslang.
Honorar für Beratung
Nur was ausdrücklich erlaubt ist, darf an Rechtsdienstleistung erbracht werden. Beratung ist
Rechtsdienstleistung. Die Beratung ist die Kardinalspflicht, die zur Vermittlung oder zur Betreuung der
Verträge gehört.
§ 34d GewO regelt, wann er gesondertes Entgelt nehmen darf:
... Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen gegen gesondertes Entgelt rechtlich zu beraten;
diese Befugnis zur Beratung erstreckt sich auch auf Beschäftigte von Unternehmen in den Fällen, in
denen der Versicherungsmakler das Unternehmen berät. ....
Da sich dies aus dem RDG ableitet und das RDG ein Verbotsgesetz ist, also nur erlaubt ist, was
ausdrücklich genannt ist, ist alles andere verboten.
Ein Tarifwechsel ist selbst dann eine Rechtsdienstleistung gegenüber einem Verbraucher, wenn der
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Kunde an sich Unternehmer wäre. Die Definition was ein Verbraucher und was ein Unternehmen ist,
findet sich in §§ 13; 14 BGB.
Ein Honorar für Beratung ist unzulässig, weil es nicht erlaubt ist.
Honorare zurückbekommen
Die Kunden können die Honorare, die Sie Versicherungsmaklern für Tarifwechsel gezahlt haben zurück
verlangen. § 134 BGB ist da unerbittlich.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem
Gesetz ein anderes ergibt.
Auf jeden Fall alle ab 01.01.2014, weil hier die normale Verjährung noch nicht eingesetzt hat. Darüber
hinaus sollte man sich von einem Rechtsanwalt beraten lassen.
Vorgehen des Bunds der Versicherten (BdV)
Ich kenne die Unterlassung des BdV nicht im Detail, vermute aber, dass der BdV exakt so argumentiert.
Das ist im Prinzip auch die Kette des LG Saarbrücken.
Versicherungsberater dürfen Honorar nehmen, aber eigentlich nicht Erfolgshonorare
Versicherungsberater bekommen ihre Entschädigung für ihre Dienstleistung für die Beratung und nicht
die Vermittlung. Das ist der Punkt, an dem es immer wieder Missverständnisse gibt. Vermittler sagen
dann gerne: „Ich berate aber doch auch!“
Ja, aber die Beratung ist Annexleistung und nicht Kernleistung (Haupttätigkeit) und unentgeltlich zu
erbringen. Der Versicherungsberater darf auch vermitteln, aber dafür eben kein Entgelt nehmen.
Und bei Erfolgshonoraren, was ja viele Versicherungsberater bei Tarifwechsel wohl auch machen, sehe
ich erhebliche Bedenken, denn es gibt § 4a RVG. Aber das ist eine andere Baustelle um die wir uns
noch kümmern müssen und werden.
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Referentenentwurf IDD
Im Prinzip ist das, was der Gesetzgeber aktuell plant, eine Klarstellung exakt dieser Position, wobei die
Grenze insoweit neu gezogen wird, als dass die Honorarvermittlung gestrichen wird. Ich denke, dass
das der Tatsache geschuldet ist, dass die Kunden auch in dem Bereich scheinbar zweimal abgekocht
werden. Die guten ehrlichen Vermittler leiden hier unter einer nicht unbeträchtlichen Zahl von
Vermittlern, die Verbraucher abzocken.
Über den Autoren
Thorulf Müller ist der KVProfi, anerkannter Fachmann und langjähriger Unternehmensberater der
großen PKV-Versicherer. Heute einer der führenden Versicherungsberater im Bereich der
biometrischen Versicherungen, wie Kranken-, Pflege-, Krankentagegeld-, Zusatzversicherung,
Rücktritt/Anfechtung, GKV-Rückkehr, und spezielle Formen der Arbeitskraftsícherung.
Rechtsdienstleistung im Sinne von außergerichtlicher Durchsetzung der Rechte und Ansprüche. Ab 1.
Januar 2017 bietet er auch qualifizierte Rechtsdienstleistung als Versicherungsberatung im Bereich
Sachversicherung.
www.der-versicherungsberater.com
www.versicherungsberatung-sachversicherung.de
http://www.der-kvprofi.de/
Dieser Artikel erschien am 10.01.2017 unter folgendem Link:
http://www.pfefferminzia.de/kvprofi-thorulf-mueller-zur-tarifwechselberatung-in-der-pkv-erhebung-von-tarifwechsel-entgelten-durch-versicherungsma
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