Was ist krebserregend am Erionit? - Friedrich-Schiller

URL: http://www.uni-jena.de/Forschungsmeldungen/FM170113_Erionit.pdf
Was ist krebserregend am Erionit?
Mineralogen liefern neue Erkenntnisse über karzinogenes Silikat
Foto: Kilian Pollok/FSU
Fasern des Minerals Erionit mit anhaftenden Partikeln, aufgenommen mit einem
Transmissionselektronenmikroskop am Institut für Geowissenschaften.
Das Mineral Erionit gilt als hochgradig krebserregend. Die Weltgesundheitsorganisation führt es
auf ihrer Liste karzinogener Stoffe. In der Türkei musste vor einigen Jahren sogar ein ganzes Dorf
umgesiedelt werden, da in seiner Umgebung der Stoff sehr verbreitet war und jeder zweite
Einwohner an einer bestimmten Krebserkrankung starb, die durch das Einatmen von
Erionitpartikeln ausgelöst wurde. Bisher vermutete man, dass das Element Eisen als Bestandteil
des Minerals Erionit der Grund für die krebserregende Wirkung sei. Doch Mineralogen der
Friedrich-Schiller-Universität Jena fanden jetzt gemeinsam mit Kollegen von der Universität
Modena (Italien) heraus, dass das Metall in der Kristallstruktur von Erionit gar nicht vorkommt.
Eisen ist kein Bestandteil von Erionit
"Erionit ist - ähnlich wie Asbest - aus Fasern zusammengesetzt, die über die Atemwege in die
Lunge gelangen und dort erheblichen Schaden anrichten können, da sie zu lang sind, um von den
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körpereigenen Abwehrkräften beseitigt zu werden", erklärt Dr. Kilian Pollok von der Universität
Jena. "In beiden Fällen machten Mediziner bisher vor allem das Eisen in den Mineralen für die
Krebserkrankungen verantwortlich, da das Metall den Übergang von einer Entzündung zur
Tumorbildung begünstigt." Doch nach den aktuellen Forschungsergebnissen muss diese Annahme
präzisiert werden: Denn anders als bei den meisten unter dem Sammelbegriff Asbest
zusammengefassten Stoffen ist Eisen kein Bestandteil der Kristallstruktur von Erionit.
"Mit einem Transmissionselektronenmikroskop haben wir Erionitproben von der Größe weniger
Mikrometer hochauflösend untersucht", informiert Prof. Dr. Falko Langenhorst. "Dabei stellten wir
fest, dass Eisen ausschließlich in angelagerten Begleitmineralen auftritt und nicht im Erionit selbst."
In der Regel gelingt es den körpereigenen Fresszellen, solche Eisenpartikel erfolgreich zu
bekämpfen, der direkte Kontakt zu den Fasern könnte dies aber verhindern. Das Silikat, das durch
Verwitterungsvorgänge entsteht, findet sich in verschiedenen vulkanischen Gebieten weltweit. Der
Eisengehalt des anhaftenden Begleitmaterials kann sich aber je nach Umgebung und Region
erheblich unterscheiden. So weisen verschiedene US-amerikanische Proben hohe und niedrige
Konzentrationen des Metalls auf, die mit der Toxizität zu korrelieren scheinen.
Erionit als Straßenschotter
Die neuen Erkenntnisse der Mineralogen werfen also neue Fragen auf, die es zu beantworten gilt:
Hat Erionit alleine durch seine asbestartige Form eine karzinogene Wirkung oder wird diese nur in
Kombination mit den eisenhaltigen Partikeln entfaltet? Denn obwohl das Material keine konkrete
Nutzung erfährt oder erfahren hat - wie Asbest -, so landet es doch immer wieder auch in der Nähe
des Menschen. In den USA zum Beispiel wurde erionithaltiges Tuffgestein als Straßenschotter
verwendet.
"Als Mineralogen können wir natürlich auf anstehende medizinische Fragen keine Antworten
geben, dank der hervorragenden technischen Ausstattung hier in Jena ist es uns allerdings
möglich, durch Grundlagenforschung wichtige neue Informationen zu den karzinogenen
Mechanismen zu liefern", sagt Langenhorst. "Und es zeigt einmal mehr, wie vielseitig Mineralogie
als Wissenschaft ist."
Kontakt:
Prof. Dr. Falko Langenhorst, Dr. Kilian Pollok
Institut für Geowissenschaften der Universität Jena
Carl-Zeiss-Promenade 10, 07745 Jena
Tel.: 03641 / 948733
E-Mail: [email protected], [email protected]
Mineralogen liefern neue Erkenntnisse über karzinogenes Silikat
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