Abschlussbericht über ein zweimonatiges Praktikum im Bereich der Forschung über marine Säugetiere bei Sea Search Africa in Muizenberg bei Kapstadt Im Lehramtsstudium hat man relativ wenige Möglichkeiten, den Arbeitsbereich eines Wissenschaftlers kennenzulernen. Ich nahm während meines Biologie- und Chemiestudiums für das Lehramt an Gymnasien einmal die Möglichkeit wahr, an einer zweiwöchigen meeresbiologischen Exkursion mit Herrn Prof. Melzer teilzunehmen. Nach den Prüfungen des ersten Staatsexamens hat man im Lehramtsstudium 4 bis 5 Monate frei. Ich wollte diese Zeit nutzen, um ein Praktikum mit biologischem Hintergrund zu absolvieren. Ich habe mein Examen im Herbst geschrieben, das heißt, meine Freizeit war von Oktober bis Februar. Um ein möglichst warmes Klima in dieser Zeit zu genießen, wollte ich am liebsten auf der Südhalbkugel ein Praktikum machen. Das erwähnte meeresbiologische Praktikum hat mein Interesse an Waltieren geweckt. Außerdem hat mich Herr Prof. Melzer in meinem Entschluss bestärkt, in diesem Bereich ein Praktikum zu machen. Er stellte auch den Kontakt zu einer ehemaligen Studentin her, die mir den Ablauf von Praktika in meeresbiologischen Stationen erklärte. Mein Praktikum bei Sea Search Africa fand ich auf der Internetseite workingabroad.com. Dort wurden mehrere Praktika mit meeresbiologischem Hintergrund angeboten. Für Sea Search Africa entschied ich mich letztendlich, weil die Büroräume in der Nähe von Kapstadt sind und der Preis, den man zahlen muss, um dort arbeiten zu dürfen, noch relativ günstig ist (ca. 800 € für 2 Monate). Wenn man bei einer nicht-universitären Organisation in diesem Bereich arbeiten will, muss man immer dafür zahlen. Dies gehört zum Finanzierungsplan solcher Organisationen. Auf das Praktikum habe ich mich durch den Online-Kurs „English for studying, working and living abroad“ der VHB (virtuelle Hochschule Bayern) vorbereitet. Dieser ist sehr zu empfehlen. Man muss wöchentlich Aufgaben online bearbeiten und nach jedem Modul online einen Test absolvieren. Die Zeiteinteilung ist dabei völlig frei. Außerdem habe ich am Fachtag „Sprache und Kultur“ des MZL (Münchner Zentrum für Lehrerbildung) teilgenommen. Dabei ging es um länderspezifische Verhaltensweisen und wie man darauf eingeht. Vom Praktikum habe ich mir erwartet, über Waltiere, die an der südafrikanischen Küste vorkommen, zu lernen und insgesamt das Arbeitsspektrums eines Biologen kennenzulernen und in alle Bereiche hineinzuschnuppern. Bei Sea Search Africa hat man die Möglichkeit, im Vorfeld zu sagen, dass man an einem bestimmten Projekt mitarbeiten will. Diese Möglichkeit nahm ich nicht wahr. Denn ich wollte möglichst viele verschiedene Arbeitsbereiche ausprobieren. Dies ermöglichten mir die Direktoren der Organisation. Am Anfang hielten fast alle Mitarbeiter einen kurzen Vortrag über ihren Arbeitsbereich und aktuellen -stand. Außerdem wurde mir ein Fachbuch ausgeliehen, mit dessen Hilfe ich mich selbst grob über die vorkommenden Waltiere informieren konnte. Im Anschluss daran musste ich anderen Studentinnen helfen, die aufgeschriebenen Daten eines „Shark Watching“ Bootes in eine Excel-Tabelle einzugeben. Dabei lernte ich, unstrukturierte Notizen so zu sortieren, dass sie zukünftig gewinnbringend und vergleichend verwendet werden können. Darüber hinaus habe ich am „Muizenberg Festival“ teilgenommen. Dies ist ein einwöchiges Festival, in dem die Bevölkerung über die Tiere und Umwelt in ihrer Umgebung informiert wird. Dieses Festival zielt v.a. auf Schulkinder ab. Anschließend war es meine Aufgabe, die von Sea Search Africa bei Bootstouren gemachten Fotos zu „taggen“. Das bedeutet, dass ich mit Hilfe eines Bildbearbeitungsprogrammes, die Fotos von Walen und Delfinen mit dem abgelichteten Körperteil und der Tierart markiert habe. Dies erleichtert die Identifikation der Individuen und das Wiederfinden spezieller Fotos. Während meines zweiten Praktikumsmonats beschäftigte ich mich mit akustischen Aufnahmen von großen Tümmlern aus Namibia. Dabei musste ich Tonaufnahmen durchgehen und auf menschliche und tierische Geräusche untersuchen und dabei v.a. Klicks und Pfeiftöne von Delfinen suchen. Außerdem durfte ich sieben Mal mit dem Boot aufs Meer fahren. Dabei lernte ich, das Be- und Entladen des Bootes, Datenblätter richtig und effektiv auszufüllen, die akustischen Geräte zu bedienen und ins Wasser zu lassen, Fotos von Tieren zu machen, das Verhalten auf dem Boot und die Wartung des Bootes. Ich durfte also ein breites Spektrum an Aufgabenbereichen kennenlernen. Der Direktor der Organisation, Dr. Simon Elwen, hat allerdings immer nur sehr spontan meine Aufgaben bereitgestellt. Er hat sich im Vorfeld nicht mit mir abgesprochen, sondern immer nur kurzfristig gesagt, was am nächsten Tag zu tun ist. Da ich keine Arbeit und kein Paper schreiben musste, war das kein Problem und ich habe mich über die verschiedenen Anforderungen gefreut. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass es anstrengend sein kann, wenn man eine Arbeit schreiben muss und keine vorausschauende Betreuung bekommt. Andererseits muss man betonen, dass er sehr offen für Vorschläge war und sich den Problemen der anderen Studenten, die Arbeiten zu schreiben hatten, angenommen hat. Es kam allerdings vor, dass sie etwas mehrfach verbessern mussten, bis Dr. Elwen letztendlich all seine Ideen und Ansprüche kommunizierte, sodass sie manchmal etwas in Zeitnot kamen. Da ich wie erwähnt, keine Arbeit zu schreiben hatte, konnte ich es genießen, immer etwas Neues zu lernen. Dr. Elwen achtete darauf, mir einen Einblick in wirklich jeden Bereich zu bieten. Analyse von akustischen Daten Fotografieren von Buckelwalen vom Boot aus Ich lernte also viel Neues, allein schon über die Datenauswertung. Die Studenten und Mitarbeiter von Sea Search Africa waren sehr geduldig und hilfsbereit. Die offiziellen Bürozeiten wurden eingehalten. Ich war ausgelastet, aber nicht überlastet. Insgesamt bleibt zu Muizenberg zu sagen, dass der Ort relativ unsicher ist. Die Mitarbeiter der Organisation wollten mich am Anfang auf die Unsicherheit des Ortes aufmerksam machen, weshalb mir jeder seine Geschichte von einem Raub oder Überfall erzählte. Das machte mich sehr ängstlich. Im Laufe der Zeit lernt man allerdings, damit umzugehen. Man muss zum Beispiel darauf achten, nie nach Einbruch der Dunkelheit auch nur die kürzesten Strecken zu Fuß zu laufen. Wenn man Wertgegenstände bei sich trägt, sollte man auch tagsüber keine noch so kleine Strecke zu Fuß laufen. Ein Mietwagen ist sehr praktisch, Uber funktioniert aber auch gut. Man sollte auch in seiner Wohnung seine Kreditkarte und sein Bargeld verstecken. Einbrüche kommen häufig vor. Mir wurde an einem Geldautomaten meine Kreditkarte samt PIN gestohlen. Die Geldautomaten funktionieren wie in Deutschland, man darf sich wirklich nicht anreden lassen, sondern im Zweifel den Abhebevorgang abbrechen und weggehen. Man sollte immer darauf achten, nur bei bewachten Geldautomaten Geld abzuheben. In diesem Zusammenhang finde ich es erwähnenswert, dass sowohl die DKB als auch das Visa-Kreditkarten-Institut sehr zuvorkommend und schnell auf den Diebstahl reagiert haben und ich dadurch in kürzester Zeit Notfallgeld und Notfallkreditkarte erhalten habe. Außerdem wurde mir das von den Dieben abgehobene Geld zurückerstattet. Es ist keine Seltenheit, dass einem in Südafrika die Kreditkarte gestohlen wird. Man sollte sich also im Vorfeld schon darüber informieren, was man in so einer Situation machen muss (Kreditkarte sperren über Sperrnotruf oder online, Anzeige bei der nächsten Polizeistation aufgeben, Meldung an die Bank erstatten). Es fiel mir schwer, außerhalb der Organisation Kontakte zu knüpfen. Dafür ist Muizenberg vielleicht auch nicht der richtige Ort und man sollte lieber nach Kapstadt gehen und über die Universität ein Praktikum machen. Da mein Praktikum allerdings nur zwei Monate dauerte und ich es zusammen mit einer Kommilitonin machte, war das für mich nicht so schlimm. Das Gute an Muizenberg ist, dass man mit dem Auto überall relativ schnell ist (Kapstadt, Kap der guten Hoffnung, Weingüter von Stellenbosch,…). Es war relativ kompliziert, eine SIMKarte zu bekommen. Als Tourist erhält man nur Prepaid-Karten, die auch gut funktionieren, wenn man sie erst einmal hat. Um eine zu bekommen, muss man allerdings seinen Reisepass und eine Bescheinigung über den Wohnsitz vorzeigen. Wenn man sich das ersparen will, kann man sich aber auch schon nach Deutschland im Vorfeld eine SIM-Karte schicken lassen. Mein Wohnsitz war ein kleines Cottage im Garten des Hauses, in dem sich Institut und Wohnung der beiden Direktoren befinden. Das Cottage besteht aus Küche, Schlafzimmer und Bad und ist ausreichend für zwei Personen, die sich gut verstehen. Ich war sehr zufrieden mit meiner Unterkunft, auch wenn sie für die Verhältnisse in Muizenberg relativ teuer ist (500 € pro Monat). Von einer anderen Praktikantin habe ich erfahren, dass man über Airbnb anscheinend eine günstigere Unterkunft finden könnte. Ich habe mich aber im Cottage wohlgefühlt, auch weil die beiden Direktoren, ihre beiden Kinder und ihr Hund täglich bei uns vorbeigeschaut haben. Wenn einem das zu viel wird, sollte man sich aber besser eine andere Unterkunft suchen. Denn der Garten wird gemeinschaftlich genutzt und man kann sich nicht aus dem Weg gehen. Cottage mit kleiner Terrasse Südafrikas Landschaft ist wirklich atemberaubend. Hinter jeder Ecke schaut die Umgebung wieder anders und wieder wunderschön aus. Ich kann nur jedem empfehlen dieses Land einmal zu besuchen. Blick vom Lion’s Head auf Tafelberg mit „Tischdecke“ Am besten in den nächsten Jahren bevor es sehr touristisch wird. So kann man zum Beispiel auf jedem Parkplatz kostenlos parken. Man sollte sich allerdings einen Parkplatz mit „carguard“ suchen. Das ist jemand, der auf die geparkten Autos aufpasst und beim Ein- und Ausparken hilft. Dafür sollte man ihm ca. 5 Rand (also 33 Cent) geben. In Südafrika findet sich für jeden etwas, vom Wandern, über Surfen bis zum „food market“ und den „wine tastings“ in den Weingütern. Da ist wirklich für jeden etwas dabei! Auffallend dabei ist jedoch, dass diese Unternehmungen meist nur von Weißen gemacht werden. Es muss einem bewusst sein, dass die Einkommensschere in Südafrika riesig ist und dass es meist immer noch so ist, dass die Weißen die Wohlhabenderen sind und die schwarze Bevölkerung ärmer ist. Armut in dieser Form gibt es in Deutschland nicht. Südafrika hat kein richtiges Sozialsystem. Daher steigt die Kriminalitätsrate enorm. Dessen muss man sich bewusst sein, bevor man sich für einen Aufenthalt in diesem Land entscheidet. Außerdem ticken die Uhren in Südafrika etwas anders. Im Nachbarort von Muizenberg wird zum Beispiel seit 10 Jahren ein Straßenabschnitt ausgebessert. Im Supermarkt an der Kasse darf man nicht in Eile sein. Weder Kassiererin noch Tüteneinpacker werden sich beeilen. In der Bank sind zu Stoßzeiten nur zwei von 15 Schaltern besetzt, da muss man dann eben einfach zwei Stunden warten. Die Südafrikaner stören sich daran allerdings nicht und nehmen alles sehr gelassen. Auch im Straßenverkehr sind sie recht entspannt und lassen einen immer einfädeln oder abbiegen. Das Fahren ist also kein Problem, wenn man sich an den Linksverkehr, verrückte Motorradfahrer und die grundsätzliche Vorfahrt von Fußgängern, die immer über die Straße laufen, ganz egal was die Ampel sagt, gewöhnt hat. Südafrika hat 11 Landessprachen, Englisch ist eine davon. Damit kommt man aber überall durch. Jede Sprache hat allerdings einen Einfluss auf das gesprochene Englisch. Am Anfang war es relativ schwer, das sehr schnell gesprochene Englisch zu verstehen. Das hat sich aber ziemlich schnell verbessert. Außerdem waren alle sehr geduldig, wenn ich nachgefragt habe. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass ich die Zeit in Südafrika wirklich genossen habe. Die Landschaft ist einfach einzigartig. An den Sicherheitsaspekt musste ich mich erst gewöhnen und ich bin froh, dass ich nicht für immer da leben muss, aber in meiner begrenzten Zeit dort, konnte ich mit damit arrangieren. Ich kann auch Sea Search Africa für weitere Praktikanten empfehlen. Der freundschaftliche Umgang mit allen Mitarbeitern ist schön, man lernt viel. Wenn man allerdings eine Arbeit über seine dortige Forschung zu schreiben hat, bin ich mir nicht sicher, ob nicht vielleicht eine etwas strukturiertere Betreuung angenehmer wäre. Man muss jedoch auch festhalten, dass alle Studenten ihre Arbeiten rechtzeitig und mit gutem Ergebnis einreichen konnten. Ich würde jederzeit wieder ein Praktikum bei Sea Search Africa machen und bin froh, diese für mich einmalige Chance im Leben genutzt zu haben.
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