BRAUCHSALON, 14. Jänner 2017, 15.00-17.00 zur Ausstellung „Matthias tanzt. Salzburger Tresterer on stage“ Österreichisches Museum für Volkskunde, 1080 Wien, Laudongasse 15-19. Das Buch zur Ausstellung: MATTHIAS TANZT. SALZBURGER TRESTERER ON STAGE. Kunst und Wissenschaft im Dialog. Ulrike Kammerhofer-Aggermann (Hg.), Anna Magdalena Kasper (Red.), Matthias Klos (Layout, Satz). (=Salzburger Beiträge zur Volkskunde 24, Kataloge des Österreichischen Museums für Volkskunde 102). Salzburg Wien 2017. 176 Seiten, 125 Abb. Euro 23,--. SAMSON-Druck, St. Margarethen/ Lungau, ISBN-13: 978-3-902381-54-5, EAN: 9783902381545 und ISBN13: 978-3-901681-16-5, EAN: 9783901681165. Gedruckt auf umweltfreundl. Recyclingpapier, RecyStar Polar. Buchpräsentation (Ulrike Kammerhofer-Aggermann) Ich freue mich, dass ich Ihnen heute das Buch zur Ausstellung vorstellen darf. Es ist, als ein Gemeinschaftswerk und daher in zwei Buchreihen erschienen, nämlich als „Katalog des Österreichischen Volkskundemuseums Nr. 102“ und als „Salzburger Beiträge zur Volkskunde Nr. 24“. Das Buch hat 176 Seiten mit 125 Abbildungen. Das Lektorat und die gesamte Redaktion des Buches hat Anna-Magdalena Kasper gewissenhaft und geduldig durchgeführt. Sie war auch an der Recherche wesentlich beteiligt. Matthias Klos hat das Layout des Buches unterstützt von Thomas Hörl konzipiert und durchgeführt. Man kann dieses Buch nicht präsentieren ohne über das dahinterstehende Projekt zu erzählen. Das Buch enthält die die Bilder und Textbeiträge der nachfolgend vorgestellten Mitwirkenden. Dieses Ausstellungsprojekt „Matthias tanzt. Salzburger Tresterer on stage“, stellt eine Zusammenarbeit über zwei Institutionen sowie mehrerer Fachbereiche der Kunst und der Wissenschaften dar. Im Vorfeld standen über Jahre weitere Einzelprojekte von Thomas Hörl und Ulrike Kammerhofer mit anderen Institutionen, die hier eingeflossen sind. Auch in den Beiprogrammen und Vermittlungen sind weitere Institutionen beteiligt. Als Veranstalter fungieren das „Österreichische Museum für Volkskunde“ und das „Salzburger Landesinstitut für Volkskunde“. Der wesentliche Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft wird mit Thomas Hörl geführt, der die Kunstuniversität am Schillerplatz in Wien absolviert hat und derzeit an der Kunstuniversität Linz unterrichtet. Entsprechend breit waren die Zugänge, und entsprechend unterschiedlich auch die Fragestellungen zum Thema Trestererbräuche im Lande Salzburg: Thomas Hörl setzt sich seit Jahren in seinem international renommierten und vernetzten Werk mit Salzburger Bräuchen auseinander. Für ihn sind die performativen, ästhetischen und emotionalisierenden Aspekte der Bräuche interessant. So hat er auch die filmische Dokumentation der Trestererschritte von 1939 zum Anstoß genommen, sich mit dem Tänzer Matthias Eder, mit seinem Kostüm, mit dem ursprünglichen bunten Brauchgeschehen am Lande und mit der Schönheit und Erotik des Tanzes wie des Tänzers auseinander zu setzten. Und, er hat auch die historischen Dokumente des Tanzes in Collagen interpretiert. Damit schlägt er einen Bogen von seinen gegenwärtigen Arbeiten zu den historischen Bildern und Texten, die ja ihrerseits bereits Interpretationen des Brauchgeschehens sind. Ein einziges Foto in der Ausstellung, aus Zell am See, von 1909, ist nicht retuschiert und montiert, ist auch keine künstlerische Bearbeitung, sondern NUR eine Fotografie. Wobei auch das NUR fotografierte bereits eine Hervorhebung und positive Bewertung darstellt, die den Verlauf der Geschichte des Brauches jeweils verändert hat. Anders Ulrike Kammerhofer-Aggermann von Salzburger Landesinstitut für Volkskunde, die seit Jahren die Diskrepanz zwischen populärer Meinung und wissenschaftlicher Erkenntnis verfolgt und auch von ihr verfolgt wird. Sie ist einerseits anhand der wenigen Quellen der Geschichte des Trestererbrauches, seiner Verwendung und Bewertung nachgegangen. Andererseits hat sie die Zuschreibungen der ausübenden Vereine wahrgenommen. Auch die Bewertung des Tanzes als identitätsstiftendes Element der Salzburger Bevölkerung wie der Politik ist seit 1898 von großer Bedeutung für die Erhaltung und Wahrnehmung des Brauches. Die Ausstellungsarchitektin Lisi Breuss hat das historische Material an Bildern, Buchseiten und Zeitungsartikel in ansprechende Form gebracht. Die meisten Bilder existieren nur als Reproduktionen der Reproduktion. Es ist ihr gelungen die Brüche und Neubewertungen im Laufe der Jahrhunderte optisch deutlich sichtbar zu machen. Kathrin Pallestrang als Kuratorin am Österr. Museum für Volkskunde, die auch und besonders für Textilien zuständig ist, hat die Kostüme des ÖMV — die ja die ältesten erhaltenen überhaupt sind — bearbeitet und ihre Geschichte erforscht. Sie hat sogar das Alter der Stoffe nach Art der verwendeten Farbe untersuchen lassen. Eine spannende Sache, denn die dafür verwendete neue Chemiefarbe hat die Kostüme ins letzte Drittel des 19. Jahrhunderts datiert. Mit ihr hat Monika Maislinger Kostüme, Federkappen und Bänder aufwändig restauriert und das moderne Kostüm nach Entwürfen von Th.Hörl angefertigt. Wir freuen uns, dass das Salzburg-Museum ein 1939 gekauftes Kostüm und die AlpiniaTresterer ein in den 1960ern nach Vorbild von 1911 erneuertes Kostüm zur Verfügung gestellt haben. Besonders erfreulich an diesem Projekt war, dass sich im Laufe der Arbeit alle Bereiche miteinander verschränkt haben. Daraus wurde eine neue Schau, die Erklärungen liefert, neue Entwicklungen als Rezeptionen hervorgebracht hat und Impulse zum persönlichen Weiterdenken gibt. DAHER sind wir bei der Konzeption des Begleitbuches vom ursprünglichen Gedanken, drei Aufsätze zu drucken, aber keinen Katalog zu machen, wieder abgewichen. Wir haben uns dafür entschieden, das Buch zu einer Dokumentation der Ausstellung zu machen. Sie finden daher viele Raumeindrücke, Fotos der Vitrinen und Tableaus im Buch und können das Zusammenspiel von Kunst und Wissenschaft nachvollziehen. Sie werden sehen, dass das Buch zwar Fotos und Texte zu allen Objekten der Ausstellung enthält, aber dennoch kein katalogisches Verzeichnis ist. Sehr dominant steht die gesamte Ausstellung mit ihren Raumeindrücken, mit den Inszenierungen und Interpretamenten im Zentrum des Buches. Damit wollen wir auch den notwendigen neuen und kritischen Umgang mit dem Themenbereich Brauch und Brauchforschung aufzeigen. Vor etwas mehr als hundert Jahren, als die ersten Schritte einer wissenschaftlichen Brauchforschung begannen, sammelten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler alles, was ihnen nicht städtisch, „alterthümlich“ und ländlich vorkam. Sie interpretierten und nahmen auch Interpretationen der Bevölkerung auf, die selbst nicht mehr viel über das von ihnen auch schon als veraltet abgelegte Brauchgeschehen wusste. Daraus entstanden die Anfänge volkskundlicher Brauchforschung und wurden verquickt mit politischer wie gesellschaftspolitisch intentierter „Heimat- und Brauchtumspflege“ der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Erst die Brauchforschung der Gegenwart erteilte der oft ideologisch oder zumindest romantischen Phänomenologie wie den nationalen Urquelltheorien eine Absage. In Kombination von Schrift- und Bildquellen, von Rechnungsbüchern und Gerichtsakten, etc. lässt sich heute eine europaweite Verbindung zwischen Bräuchen, Religionen- und Wirtschaftsgeschichte aufzeigen, die faszinierend und weitreichen ist. Aus solchen kulturellen Verknüpfungen sind dann kleinräumig Ableitungen und Interpretationen entstanden, die wir heute als regionale Traditionen kennen und schätzen. So sind die heutigen Pinzgauer Tresterervereine in Zell am See, Stuhlfelden und Unken bei Lofer weithin bekannte Attraktionen. Solche Maskenläufe können SIE am 26.Jänner um 18.00 bei unserem Filmabend im Österr. Volksliedwerk in 1010 Wien, Operngasse 6, bewundern. Die Salzburger Tresterer mit den unterschiedlichen Bühnen ihrer historischen und gegenwärtigen Entwicklung sind dafür ein ideales Lehrbeispiel: Sie haben ihre Wurzeln in höfischen Moresken und Handwerkertänzen des ausgehenden Mittelalters, in den Wirtschaftskontakten zwischen Venedig und Nürnberg und den alten Straßen des Saumhandels über die Alpen, sowie in den ländlichen Faschingsläufen der Alpentäler. Die Salzburger Alpinia steht für jene bildungsbürgerliche Entwicklung, die um 1900 vergehende ländliche Bräuche auf die Bühnen städtischer Kultur gehoben hat. Erst dadurch haben sich viele Bräuche, besonders auch der Tresterertanz, bis heute erhalten. Alles weitere können Sie, meine Damen und Herren, im Buch nachlesen.
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