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Prävention
Fachtagung der GKV und KZV
Alterszahnmedizin verstehen
Im Oktober hat die Kassenzahnärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KZVWL) Vertreter der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in das
Zahnzentrum Münsterland zu einer Fachtagung eingeladen, um die Anforderungen an die zahnmedizinische Versorgung von Pflegebedürftigen zu besprechen.
I
m August wurden die Ergebnisse der
Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V) präsentiert – Deutschland
belegt hierbei die Spitzenposition in der
Mundgesundheit. Deutlich zeigt die DMS V
aber auch, dass aufgrund des demografischen Wandels die Versorgung noch stärker auf Ältere und Menschen mit Pflegebedarf fokussiert werden muss. Denn, fast jeder dritte Untersuchte mit Pflegebedarf
benötigt Hilfe bei der Mundhygiene. Die
DMS V zeigt, dass der Mundgesundheitszustand von älteren Senioren mit Pflegebedarf schlechter ist als bei den älteren Senioren ohne Pflegebedarf. Bei den pflegebedürftigen Menschen war jeder Zweite
zahnlos, aber nur jeder dritte in der Altersgruppe der älteren Senioren. Pflegebedürftige Menschen verfügen über nur noch
knapp fünf primär gesunde oder restaurierte, funktionstüchtige Zähne; bei den älteren Senioren sind es doppelt so viele
Zähne. Knapp die Hälfte der pflegebedürftigen älteren Menschen sind laut der Studie
jedoch normal bzw. mit leichten Einschränkungen zahnmedizinisch behandelbar.
Dr. Karin Schauließ und Dr. Stephanie Helms betreuen im
Zahnzentrum Münsterland insgesamt neun Pflegeheime
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Thomas Hamacher, Leiter der KZV-Vertragsabteilung, begrüßte die Teilnehmer der Fachtagung
Die KZVWL organisierte aufgrund dessen eine Fachtagung, bei der Erfahrungsberichte von Zahnmedizinern, die regelmäßig pflegebedürftige Senioren in Pflegeheimen behandeln, sowie einen Besuch
eines Pflegeheims und die Begleitung einer
Behandlung dort, auf dem Programm standen. Dr. Stephanie Helms und Dr. Karin
Schauließ betreuen im Zahnzentrum Münsterland insgesamt neun Pflegeheime und
haben auch die Praxis in einigen Behandlungszimmern altersgerecht eingerichtet.
Dazu gehören extra breite Türen, eine
ebenerdige Praxis und Behandlungsstühle,
die ein leichtes umsteigen vom Rollstuhl
ermöglichen. Helms berichtete, dass ihr
Team schon bei der Terminvergabe gewisse
Parameter beachtet, wie zum Beispiel regelmäßige Tageszeiten beizubehalten, die
Patienten mit den gleichen Behandlern
und Helferinnen zu betreuen und die Ter-
mine vorzugsweise auf den Vormittag zu
legen. Wichtig sei bei der Behandlung auch
der stetige Austausch mit dem Hausarzt,
um über die exakte Medikamentenvergabe
im Bilde zu sein.
Unterdessen zeigte sich im Pflegeheim
direkt, mit welchen Hürden eine Untersuchung vor Ort teilweise einhergeht. Karin
Schauließ hatte zwar eine Liste vom Pflegeheim erhalten, welche Patienten eine Untersuchung benötigen, jedoch musste sie
die Patienten teilweise selbst erst einmal
suchen und in ihr Zimmer bringen. „Wenn
ich bei einem jungen, gesunden Patienten
eine Vorsorgeuntersuchung durchführe
benötige ich oftmals nicht länger als 15 Minuten“, so Schauließ. Im Pflegeheim sehe
die Situation aber deutlich anders aus. Man
müsse die Patienten erst einmal finden und
könne sie dann auch nicht direkt untersuchen. Eine vertrauensvolle Atmosphäre sei
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essenziell, da man auch mit dementen Patienten zu tun habe, die sich nicht direkt auf
eine Untersuchung einlassen. Auch sei es
wichtig, dem Pflegepersonal immer wieder
zu zeigen, wie die Zahnprothesen richtig
eingesetzt und gereinigt werden, denn ein
Großteil der Pflegebedürftigen kann dies
nicht selbstständig erledigen.
„Die Zahnpflege ist ein wichtiger Teil
der Lebensqualität pflegebedürftiger Menschen. Druckstellen im Mund können so
schnell dafür sorgen, dass ein Patient plötzlich aufhört zu essen oder zu sprechen. Erkrankungen im Mund haben zusätzlich
Auswirkungen auf den allgemeinen Gesundheitszustand. Ganz abgesehen von
verschiedenen Medikamenten, die beispielsweise dazu führen, dass der Mund
extrem trocken wird und Zahnprothesen
plötzlich nicht mehr richtig halten.“, erklärt
Dr. Helms.
Der Tag in Hörstel zeigte allen Teilnehmern deutlich, wie besonders und individuell eine Untersuchung im Pflegeheim ist
und wie viel Geduld dabei benötigt wird.
Auch die Vertreter der Krankenkassen
machten deutlich, dass ihnen der Besuch
viel Neues vermittelt hat und zogen ein
durchweg positives Fazit. Gleichwohl appellierte das Team des Zahnzentrums noch
an die Zahnärzte, wie wichtig es ist, dass
diese in die Pflegeheime fahren und sich
dieser Aufgabe stellen. Die Lebensqualität
der Senioren könne man so um ein Vielfaches steigern. Helms: „Wir sollten schon
heute anfangen, Strukturen zu schaffen,
um menschenwürdige Pflege auch im
zahnmedizinischen Bereich zu schaffen. Es
gibt viel zu tun.“
AKK
Dr. Stephanie Helms zeigte die Besonderheiten eines Behandlungsstuhls für Patienten im Rollstuhl
Bilder: KZVWL
Die Teilnehmer machten sich in einem Pflegeheim ein Bild über die Untersuchung vor Ort von Pflegebedürftigen
KZV und GKV zogen ein durchweg positives Feedback
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