Ausführliche Analyse mit Tabellen und Grafiken

11. Januar 2017
Moderater Aufschwung setzt sich fort
Nachdem das BIP im Euroraum im Q4 2016 wohl um +0,4% gestiegen ist, dürfte es mit derselben Wachstumsrate auch
in den ersten beiden Quartalen im Jahr 2017 expandieren. Haupttreiber dieses moderaten Aufschwungs wird ein stetes
Wachstum des privaten und öffentlichen Konsums sein. Mit steigender Beschäftigung und höheren Nominallöhnen
dürften die verfügbaren Einkommen weiter zunehmen, trotz eines stärkeren Preisauftriebs, der die Zugewinne über die
Zeit abschmelzen lässt. Zudem ist angesichts der weiterhin günstigen Finanzierungsbedingungen mit einer etwas
dynamischeren Entwicklung der Investitionen zu rechnen. Die weltweite wirtschaftliche Erholung der fortgeschrittenen
Volkswirtschaften und der Schwellenländer dürfte ferner die externe Nachfrage beleben.
Positive externe Impulse
Im Q3 2016 expandierte die Weltwirtschaft mit der höchsten
Rate seit mehreren Quartalen. Unter den fortgeschrittenen
Volkswirtschaften verzeichnete die USA den stärksten
Zuwachs. Positive fiskalische Impulse in Japan, China und
Indien sowie die Entschärfung der Rezession in Russland
trugen zu dieser globalen Entwicklung bei. Der Außenhandel
dürfte daher das BIP-Wachstum der Eurozone im
Prognosezeitraum nicht länger verlangsamen, da die
zunehmende
Nachfrage
aus
den
USA
und
den
Schwellenländern den Export begünstigt.
Moderates Wachstum
Bislang zeigte sich die Wirtschaft im Euroraum widerstandfähig
gegenüber der hohen politischen Unsicherheit, die im Zuge der
Referenden in Großbritannien und Italien entstand. Nach einem
Abschwächen des BIP-Wachstums in der Eurozone im Q2
2016 (+0,3% nach +0,5% im Q1 2016) nahm die aggregierte
Wirtschaftsleistung auch im Q3 2016 nur moderat (+0,3%) zu.
Dabei wuchs die Industrieproduktion im zweiten und dritten
Quartal 2016 mit 0,4%. Der private und öffentliche Konsum
waren die Haupttreiber der Zunahme des Bruttoinlandsprodukts
im Q3 2016, trotz eher geringem Wachstum des privaten
Konsums (+0,3%, nach +0,2% im vorangegangenen Quartal).
Die Investitionstätigkeit kam im Q3 2016 fast zum Stillstand
(+0,2% nach 1,2% im Q2 2016). Außerdem entwickelte sich der
Außenhandel nur mäßig, sodass er keinen nennenswerten
Beitrag zum Wachstum leisten konnte.
Prognoseübersicht 2016/17, Veränderung in %
(Saison-und arbeitstäglich bereinigte Werte)
ggü. Vorquartal
ggü. Vorjahr
Industrieproduktion
BIP
Konsum
Investitionen
Inflation
Q4 - 2016 Q1 - 2017 Q2 - 2017
Schätzung
0.3
Prognose
0.4
1.2
0.4
0.4
0.4
0.4
1.6
0.7
1.5
1.5
1.6
0.4
1.4
0.8
Abbildung 1 | Industrieproduktion Eurozone
(saison- und arbeitstäglich bereinigt)
6%
4%
8%
2%
4%
0%
0%
-2%
-4%
-4%
-8%
-6%
-12%
-8%
-16%
-10%
Q1 2007
2016
1.5
0.6
2.4
2.9
2.3
0.7
1.5
1.5
12%
Prognose
Q1 2009
ggü. Vorquartal (li. Achse)
0.4
0.8
1.6
0.4
Prognose
Vergleich zu Q3 2016. Im weiteren Verlauf wird erwartet, dass
sich die Expansion der Industrieproduktion im Q1 und Q2 2017
leicht erhöhen wird (jeweils +0.4%). Der private Konsum dürfte
im Q4 2016 moderat zugenommen haben (+0,4%), ehe er in
den ersten beiden Quartalen 2017 weiter im gleichen Tempo
zunimmt. Diese Prognose deckt sich mit einem Anstieg des
Verbrauchervertrauens, das aus den letzten verfügbaren
Umfragedaten ersichtlich wird. Im ersten Halbjahr 2017 dürfte
der anhaltende Beschäftigungszuwachs den Konsum der
Haushalte durch eine stete Zunahme der verfügbaren
Einkommen weiter antreiben. Die Zuwächse bei den
Nominallöhnen werden voraussichtlich ebenfalls kräftiger
ausfallen als in den zurückliegenden Quartalen. Die erwartete
Zunahme der Inflation über den Prognosezeitraum dürfte zwar
den Anstieg der Realeinkommen etwas dämpfen. Allerdings
wird die Kaufkraft wohl weiter ansteigen. Die Staatsausgaben
dürften im Prognosezeitraum mit einer ähnlichen Quartalsrate
wie in Q3 2016 zulegen.
Q1 2011
Q1 2013
Q1 2015
Q1 2017
-20%
ggü. Vorjahr (re. Achse)
1.2
Quelle: Eurostat und ifo-Insee-Istat Prognosen
1.6
Des Weiteren dürfte sich das Wachstum der privaten
Investitionen wieder beschleunigen. Aufgrund einer steigenden
Zahl von Baugenehmigungen ist davon auszugehen, dass die
Bauinvestitionen wieder zulegen, nachdem sie sich im Q3 2016
wenig dynamisch gezeigt hatten. Solch ein Anstieg der
Bautätigkeit zeichnet sich insbesondere in Deutschland,
Frankreich und Italien ab. Zudem haben sich die freien
Produktionskapazitäten der Unternehmen weiter verringert. Im
Q3 2016 erreichten sie den niedrigsten Stand seit acht Jahren.
In Folge dessen sollten die Investitionen der Unternehmen
solide wachsen. Die erwartete Zunahme der externen
Nachfrage dürfte sich ebenfalls positiv auf die Investitionen
auswirken. Für Haushalte und Unternehmen werden die
1.7
2.9
0.2
Quelle: Eurostat und ifo-Insee-Istat Prognosen
Im Q4 2016 dürfte die Industrieproduktion weiter gestiegen sein
(+0,3%), allerdings mit einer geringeren Zuwachsrate im
EIN GEMEINSCHAFTSPROJEKT VON DREI EUROPÄISCHEN INSTITUTEN
www.ifo.de
www.insee.fr
www.istat.it
11. Januar 2017
Finanzierungsbedingungen weiterhin günstig sein. Trotz der
jüngsten Anstiege der Renditen für Staatsanleihen ist damit zu
rechnen, dass die Zinssätze im Privatsektor sehr niedrig
bleiben. Daher dürften sich die gesamtwirtschaftlichen
Investitionen, nach dem enttäuschenden Q3 2016 (+0,2%), im
Q4 2016 (+0,7%) und Q1 2017 (+0,8%) wieder erholen, ehe
sich ihre Expansion im zweiten Quartal 2017 leicht
abgeschwächt fortsetzt (+0,6%).
Dollar pro Euro notieren wird. Für die Kerninflation kann bis
Mitte 2017 mit einer ähnlichen Rate wie 2016 – etwa +0,9%
gegenüber dem Vorjahr – gerechnet werden.
Abbildung 3 | Inflation Eurozone (HICP)
(Veränderung ggü. Vorjahr)
4.0%
Prognose
3.5%
Abbildung 2 | Bruttoinlandsprodukt Eurozone
(saison- und arbeitstäglich bereinigt)
3.0%
2.0%
2.5%
4.0%
Prognose
2.0%
1.5%
q1.0%
2.0%
1.5%
0.5%
1.0%
0.0%
Gesamtrate
Kernrate
0.0%
0.5%
-0.5%
0.0%
-1.0%
-2.0%
-0.5%
Q1 2007
-1.5%
-2.0%
Q1 2009
Q1 2011
Q1 2013
Q1 2015
Q1 2017
Quelle: Eurostat und ifo-Insee-Istat Prognosen
-4.0%
-2.5%
-3.0%
Q1 2007
Q1 2009
ggü. Vorquartal (li. Achse)
Q1 2011
Q1 2013
Q1 2015
Q1 2017
Risiken
-6.0%
ggü. Vorjahr (re. Achse)
Ausgehend
von
der
Ungewissheit
bezüglich
der
wirtschaftspolitischen Maßnahmen der neuen US Regierung
sowie der Unklarheit hinsichtlich der Implementierung des
Brexit und der Konsequenzen des Referendums in Italien
verbleibt die politische Unsicherheit auf hohem Niveau. Sie
dürfte sich aufgrund der anstehenden Wahlen in Frankreich,
Deutschland und den Niederlanden im Prognosezeitraum nicht
maßgeblich verringern. All diese Ereignisse könnten sich
negativ auf die Investitionsbereitschaft im Euroraum auswirken.
Quelle: Eurostat und Ifo-Insee-Istat Prognosen
Alles in Allem dürfte sich der moderate Aufschwung des
Bruttoinlandsprodukts in der Eurozone fortsetzen. Die
Wirtschaftsleistung sollte sich im Q4 2016 um +0,4% erhöht
haben und dieses Tempo im Q1 und Q2 2017 beibehalten.
Diese Entwicklung wird vor allem von einem stabilen Wachstum
des privaten Konsums und der Staatsausgaben getrieben.
Inflation zieht wieder an
Die Veränderung des harmonisierten Verbraucherpreisindex
(HICP) nahm mit +0,3% im Q3 2016 wieder etwas Fahrt auf,
nach einem leichten Rückgang im Q2 2016 (-0,1%). Im
Prognosezeitraum dürften sich die Inflationsraten auf 0,7% im
Q4 2016 und 1,5% im Q1 und Q2 2017 deutlich erhöhen.
Dieser Preisauftrieb rührt von der Energiekomponente her, die
nicht mehr dämpfend wirkt, seitdem sich die Energiepreise
wieder normalisiert haben. Der Inflationsprognose wird
unterstellt, dass der Preis von Rohöl der Sorte Brent bei etwa
56 Dollar pro Fass liegen und der Wechselkurs bei ca. 1,05
Anmerkungen
Diese Publikation ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem ifo Institut, dem Insee und dem Istat. Die Schätzungen und Prognosen
werden unter Zuhilfenahme statistischer Prognoseverfahren durch die drei Institute erstellt. Im Mittelpunkt des Projekts steht die
gemeinsame Schätzung (für das abgelaufene Quartal) und Prognose (für das laufende und das folgende Quartal) des realen
Bruttoinlandsprodukts, des Konsums, der Investitionen, der Industrieproduktion und der Inflationsrate in der Eurozone. Weitergehende
Konjunkturprognosen für die Länder Deutschland, Frankreich und Italien:



ifo Konjunkturprognose, ifo Institut Stefan Lautenbacher +49 (0) 89 92 24 1265
Conjoncture in France, Insee
Jean-Cyprien Héam
Istat
Roberto Iannaccone +39 06 46 73 64 09
+33 (0) 1 41 17 57 57
Nächste Ausgabe: 11. April 2017 | Nächster Prognosezeitraum: 2017 Q3
2