Das vollständige Programm - Evangelisches Dekanat Darmstadt

lyrischematinéen
Frühjahr 2017
lyrischematinéen lyrischematinéen
Frühjahr 2017
LyriKart (gültig für alle Fühjahrslesungen: 50 Euro
(erm. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 30 Euro) zzgl. VVK-Gebühr
Titel: Zsuzsa Bánk © Gaby Gerster
Vorverkauf:
online: www.stadtkirche-darmstadt.de
Gemeindebüro, An der Stadtkirche 1; Darmstadt-Shop, Luisencenter;
Buchhandlung Büchergilde, Marktplatz; Kirche & Co, Rheinstraße 31
und online über ztix an vielen Vorverkaufsstellen.
Freikarten
Die Publikumsinitiative »Teil-Mit« stellt ein Kontigent an Freikarten zur
Verfügung, um die man sich unter Angabe eines Grundes (z.B. Teilhabecard) unter [email protected] bewerben kann.
Die »Lyrischen Matinéen« sind eine Veranstaltungsreihe der Stadtkirche
Darmstadt und des Evangelischen Dekanats Darmstadt-Stadt.
Verantwortlich: Pfarrer Martin Schneider
Veranstaltungsort:
Evangelische Stadtkirche,
Kirchstraße 11, 64283 Darmstadt
www.stadtkirche-darmstadt.de
Frühjahr 2017
31.01. 19.30h
Reinhard Kaiser-Mühlecker »Fremde Seele, dunkler Wald«
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01.02. 19.30h
Andel Müller trifft Michel Friedman
7
02.02. 19.30h
Silke Scheuermann »Wovon wir lebten«
9
03.02. 19.30h
Wilfried F. Schoeller »Franz Marc«
11
21.02. 19.30h
Klaus Modick »Ein Bild und tausend Worte«
13
22.02. 19.30h
Aleida Assmann »Formen des Vergessens«
15
24.02. 19.30h
Franz Schuh »Fortuna. Aus dem Magazin des Glücks«
17
26.02. 17.00h
Zsuzsa Bánk »Schlafen werden wir später«
19
08.03. 19.30h
Martin Walser »Statt etwas oder Der letzte Rank«
23
10.03. 19.30h
Fatma Aydemir »Ellbogen«
25
17.03. 19.30h
Karl-Heinz Bohrer »Jetzt«
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20.03. 19.30h
Julia Zange »Realitätsgewitter«
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21.03. 19.30h
Berni Mayer »Rosalie«
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22.03. 19.30h
Barney Norris »Hier treffen sich fünf Flüsse«
33
24.03. 19.30h
Shida Bazyar »Nachts ist es leise in Theran«
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27.03. 19.30h
Chris Kraus »Das kalte Blut«
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»Wie er aus der hilflosen Stummheit, die seine Protagonisten anfällt, Literatur
macht, ist virtuos.« Christoph Schröder, Zeit Online
Reinhard Kaiser-Mühlecker schreibt die Geschichte zweier Brüder und ihrer Heimat in
Oberösterreich – ein mit biblischer Wucht erzählter Roman um Missverständnisse, Tötungen, Familientragödien und Befreiungsversuche.
Alexander kehrt von seinem Auslandseinsatz als Soldat internationaler Truppen in die
Heimat zurück. Seine Unruhe treibt ihn bald wieder fort. Sein jüngerer Bruder Jakob führt
398. Lyrische Matinée Dienstag 31.1. 19.30 Uhr
Reinhard Kaiser-Mühlecker »Fremde Seele, dunkler Wald«
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Foto: Jürgen Bauer
unterdessen den elterlichen Hof. Als sich sein Freund aufhängt, wird Jakob die Schuldgefühle nicht mehr los. Der Vater fabuliert von phantastischen Geschäftsideen, während
er heimlich Stück für Stück des Ackerlandes verkaufen muss. Mit großer poetischer Ruhe
und Kraft erzählt Reinhard Kaiser-Mühlecker von den Menschen, die durch Verwandtschaft, Gerede, Mord und religiöse Sehnsüchte aneinander gebunden sind. Es ist die
Geschichte zweier Brüder, die dieser Welt zu entkommen versuchen – eine zeitlose und
berührende Geschichte von zwei Menschen, die nach Rettung suchen.
Reinhard Kaiser-Mühlecker wurde 1982 in Kirchdorf an der Krems geboren und
wuchs in Eberstalzell, Oberösterreich, auf. Für sein Werk wurde er mit zahlreichen
Preisen ausgezeichnet, darunter dem Preis der Jürgen-Ponto-Stiftung, dem Kunstpreis Berlin, dem Österreichischen Staatspreis u.a. »Fremde Seele, dunkler Wald«
stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2016.
Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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Es gibt in Deutschland nicht viele Namen, zu dem viele Menschen sofort eine Meinung
äußern: Michel Friedman gehört zu ihnen. Vor allem seine spezielle Art, mit der er in
seiner eigenen Talkshow (»Vorsicht! Friedman«, derzeit bei N24 »Studio Friedman«) die
Moderatorenrolle wahrnimmt, hat ihn immer wieder ins Gespräch gebracht. 2003 ist er
nach einem in die Öffentlichkeit getragenen Skandal aus seinem Privatleben von allen
Ämtern und Funktionen zurückgetreten. Michel Friedman stand bis dahin in vielfältiger
399. Lyrische Matinée Mittwoch 1.2. 19.30 Uhr
Andel Müller trifft Michel Friedman
Verantwortung: beispielsweise seit seiner Jugend in jüdischen Organisationen – bis hinauf
in den Zentralrat – und als unkonventionelles Mitglied in der CDU – bis hinauf in den Bundesvorstand – sowie in zahlreichen weiteren Organisationen. Auch nach seinem »Neustart'« 2004 überdecken öffentlichkeitswirksame Funktionen Michel Friedmans seine
weniger bekannten Aktivitäten. So hat er sich mit zwei herausragenden Arbeiten sowohl
einen juristischen wie einen philosophischen Doktortitel erworben und ist seit 2016 am
Center for Applied European Studies der Frankfurt University Professor. Er engagiert sich
seit Jahrzehnten konsequent für Europa, gegen Rechtradikalismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, war Sachbuch-Herausgeber beim Aufbau Verlag, ist vielfältig kulturell
aktiv und führt seit 2004 mit der Moderatorin Bärbel Schäfer und mittlerweile zwei Söhnen ein Leben als Familienvater. Zu seinen größten Leistungen gehört es, all seine Aktivitäten tatsächlich in einem Terminplan unterzubringen. Umso mehr freuen wir uns, ihn am
1. Februar in Darmstadt in der Gesprächsreihe mit Andel Müller begrüßen zu können und
seine Gedanken zu den aktuellen Entwicklungen in Politik und Gesellschaft zu hören.
Karten: 12 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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Große Erwartungen an das Leben hat Marten nicht. Er stammt aus einem problematischen Elternhaus und wächst in einem Umfeld auf, das von illegalen Geschäften, Schlägereien und Sex beherrscht wird. Beim Drogenentzug trifft er Peter, einen ehemaligen
Restaurant- und Clubbesitzer. Peter entdeckt Martens Talent zum Kochen.
Als die beiden gemeinsam das Edellokal Happy Rabbit eröffnen, kommt es zu einem
Wiedersehen mit Martens Jugendliebe Stella, die ihre Bilder in der Galerie des Re-
400. Lyrische Matinée Donnerstag 2.2. 19.30 Uhr
Silke Scheuermann »Wovon wir lebten«
staurants ausstellen soll. Von einer reichen Tante großgezogen, scheint sie ihm unerreichbar. Jetzt aber drehen sich die Vorzeichen um: Während Stella um Anerkennung
für ihre Kunst kämpfen muss, avanciert Marten zum angesagten Fernsehkoch – bis das
kriminelle Milieu ihn wieder einzuholen droht.
Eindringlich und authentisch erzählt Silke Scheuermann von fragilen Lebensträumen.
Ihr packender Entwicklungsroman führt unerschrocken in menschliche Abgründe. Doch
»Wovon wir lebten« ist auch eine Liebesgeschichte, in der sich am Ende unerwartete
Zusammenhänge aufdecken.
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Foto: Albrecht Fuchs
Foto: Alexander Paul Englert
Silke Scheuermann, geboren 1973 in Karlsruhe, lebt bei Frankfurt am Main. Für ihre
Gedichte, Erzählungen und Romane erhielt sie zahlreiche Stipendien und Preise, unter anderem das Stipendium der Villa Massimo in Rom (2009). Im Wintersemester
2012/13 hatte sie die Poetikdozentur in Wiesbaden inne. Zuletzt wurde sie mit dem
Bertolt-Brecht-Preis 2016 und dem Robert Gernhardt Preis 2016 ausgezeichnet.
Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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Mit Franz Marc zog die moderne Kunst auf Postkarten und Postern in Deutschlands
Wohnzimmer ein. Gelbe Kühe, weiße Hunde, rote Rehe, blaue Pferde: ein künstlerischer
Aufbruch sondergleichen. Wer aber war dieser Franz Marc, der vor einem Jahrhundert,
gerade einmal 36 Jahre alt, im Krieg ums Leben kam? Was trieb ihn dazu, die Welt ganz
neu zu sehen und zu malen? Wilfried F. Schoeller erzählt in seiner großen Biographie
von einem Selbsterschaffer, aber auch von der Tragödie europäischer Jugend, die den
künstlerischen Aufbruch wagte und sich durch den Ersten Weltkrieg um alle Hoffnungen
401. Lyrische Matinée Freitag 3.2. 19.30 Uhr
Foto: Martin Schoeller
Wilfried F. Schoeller »Zwischen Paradies und Apokalypse Der Maler Franz Marc in neuer Sicht«
betrogen sah. Er holt Franz Marc aus dem langen Schatten, den seine anhaltende Popularität wirft: er räumt den Legendenschutt weg, der auf ihn gehäuft ist, unterbricht
die Wiederholungsschleifen des Kunstbetriebs, zeigt den Maler in seinem lebenslangen
Konflikt mit dem Christentum. Der in Deutschland beliebteste Maler des 20. Jahrhunderts wird mit seinen intimen Geheimnissen, aber auch in seinem geistesgeschichtlichen
Rahmen gemustert.
Wilfried F. Schoeller begründete und moderierte »Bücher, Bücher«, des älteste Literaturmagazin im deutschen Fernsehen. Er schrieb u.a. Monografien über Heinrich Mann,
Michail Bulgakow und Oskar Maria Graf, dessen Gesamtwerk er auch herausgab. Er
verfasste die grundlegende Biographie über Alfred Döblin. Schoeller lehrte als Professor
für Literatur des 20. Jahrhunderts, Literaturkritik und Medien an der Universität Bremen.
Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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Klaus Modick gewährt mit seinem neuen Buch einen Blick auf seinen Schreibtisch,
erklärt dem Leser die Entstehungszusammenhänge seiner erfolgreichsten Werke und
lässt ihn teilhaben an der Inspiration, die den Schreibprozess auslöst und vorantreibt.
Beinahe dreißig Jahre liegen zwischen dem Schreibtagebuch zum Roman »Das Grau
der Karolinen« (1986) und der ersten Idee zu »Konzert ohne Dichter« (2015), die
402. Lyrische Matinée Dienstag 21.2. 19.30 Uhr
Foto: Isolde Ohlbaum
Klaus Modick »Ein Bild und tausend Worte«
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dem Autor beim Ausfüllen der Steuererklärung kam. Dreißig Jahre, in denen sich
Klaus Modick immer auch Gedanken über das eigene Schreiben macht. Er erinnert
sich an den Zauber der ersten Karl-May-Lektüre in der Kindheit, seine Anfänge als
Schriftsteller, definiert seine Position als postmoderner Autor und bestimmt das Verhältnis von Erfahrung und Literatur. Dabei erweist er sich als kenntnisreicher Leser
angloamerikanischer Klassiker, als kluger Kommentator der jüngeren deutschen Literaturgeschichte und als versierter Übersetzer. Und immer auch als feiner Beobachter
seiner selbst.
Die vorliegenden Betrachtungen bieten spannende und erhellende Einblicke in die
Arbeit an und mit Literatur. Und wecken die Lust am Lesen und Wiederlesen. Der
im Rahmen einer Poetikvorlesung entworfene Entstehungsbericht zu seinem großen
Bestseller »Konzert ohne Dichter« eröffnet neue Zugänge zu diesem Roman und
bereichert die Lektüre.
Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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Angesichts der gegenwärtigen Dominanz der Auseinandersetzung mit Erinnerung
haben wir das Vergessen anscheinend vergessen. Tatsächlich ist aber nicht das Erinnern, sondern das Vergessen der Grundmodus menschlichen und gesellschaftlichen
Lebens. Für das Erinnern bedarf es einer aktiven Anstrengung, Vergessen hingegen
geschieht lautlos und scheinbar unspektakulär.
403. Lyrische Matinée Mittwoch 22.2. 19.30 Uhr
Aleida Assmann »Formen des Vergessens«
Foto: Jespah Holthof
Dass Vergessen aber auch ein aktiver Prozess sein kann, zeigt Aleida Assmann in
ihrer zweigeteilten Untersuchung. Im ersten Teil beschreibt sie neben sieben konkreten
Techniken für das Vergessen dessen verschiedene Ausprägungen: vom selektiven Vergessen zur Fokussierung auf bestimmte Erinnerungen, über defensives Vergessen etwa
als Selbstschutz der Täter, bis hin zum konstruktiven Vergessen als umfassendem
Neubeginn. Im zweiten Teil liefert Assmann sieben Beispiele zu den zuvor beschriebenen Formen des Vergessens. Dabei geht sie unter anderem auf die Unsichtbarkeit
von Denkmälern (deren eigentliche Aufgabe das Erinnern sein sollte), das Vergessen
von Menschenrechtsverbrechen »im Schatten des Holocaust« (wie dem Genozid an
den Herero) oder die (Un-)Möglichkeit des Vergessens im Internet ein.
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Aleida Assmann ist emeritierte Anglistin und Kulturwissenschaftlerin. Sie lehrte Anglistik und
Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Konstanz und nahm Fellowships am
Wissenschaftskolleg zu Berlin und am Aby-Warburg-Haus Hamburg wahr. Gastprofessuren
führten sie an die Universitäten Rice, Princeton, Yale, Chicago und Wien.
Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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»Ich schreibe über das Glück«, schreibt Franz Schuh, »erstens weil ich Glück hatte,
und zwar so viel, dass ich damit dem unvermeidlichen Unheil trotzen kann. Zweitens
404. Lyrische Matinée
Freitag 24.2. 19.30 Uhr
Franz Schuh »Fortuna. Aus dem Magazin des Glücks«
weil ich den Eindruck habe, dass das Glücksstreben alle Menschen gemeinsam haben, dass aber das Glück die Menschen auch voneinander trennt, weil nicht alle,
wahrscheinlich nur die wenigsten Menschen halbwegs glücklich sind.«
Im Wort »Glück« fließt vieles von dem ineinander, was man von der menschlichen Existenz wissen kann und vielleicht sogar wissen sollte. Von der Ablehnung des Wortes
bis zu seiner spekulativen Ausbeutung und zur endgültigen Banalisierung reicht die
Bandbreite dieser Betrachtungen zur Philosophie des Glücks.
Foto: K.Pauls
Franz Schuh, geboren 1947 in Wien, studierte Philosophie, Geschichte und Germanistik.
Er ist Lehrbeauftragter an der Universität für Angewandte Kunst in Wien und Kolumnist
für Zeitschriften und Rundfunkstationen. Er erhielt u.a. 2006 den Preis der Leipziger
Buchmesse und 2011 den Österreichischen Kunstpreis. Bei Zsolnay erschienen zuletzt
»Der Krückenkaktus. Erinnerungen an die Liebe, die Kunst und den Tod« (2011) und
»Sämtliche Leidenschaften« (2014). Im Frühjahr 2017 folgt sein neues Buch »Fortuna.
Aus dem Magazin des Glücks«.
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Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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g
Premierenlesun
»Was fangen wir noch an mit diesem Leben, jetzt, nachdem wir die halbe Strecke
schon gegangen sind?« Zsuzsa Bánk
405. Lyrische Matinée
Sonntag 26.2.
17 Uhr
Zsuzsa Bánk »Schlafen werden wir später«
Zsuzsa Bánks langerwarteter neuer Roman feiert das große Fest der Freundschaft
zweier Frauen: Die Lehrerin Johanna lebt allein in einem kleinen Ort im Schwarzwald. Die Künstlerin Márta wohnt in einer Großstadt und hat drei Kinder und einen
Mann. Beide kennen sich seit Kindheitstagen, in Briefen und E-Mails von großer
Tiefe und Offenheit halten sie engen Kontakt.
Jetzt, mit Mitte vierzig, herrscht der Alltag, und ein Richtungswechsel scheint in
ihrem Leben nicht mehr vorgesehen. Aber Johanna und Márta kämpfen: um ihre tägliche Selbstbehauptung, um ihre Freiheit, ihren Lebensmut, ihr Glück. Ihr Austausch
ist aufrichtiger Lebensbericht, bewegende Beichte, Beweisstück einer langen Freundschaft und eines unstillbaren Lebenshungers. Was ist gewesen in ihrem Leben.
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Foto: Gaby Gerster
Zsuzsa Bánk, geboren 1965, arbeitete als Buchhändlerin und studierte anschließend
in Mainz und Washington Publizistik, Politikwissenschaft und Literatur. Heute lebt sie
als Autorin mit ihrem Mann und zwei Kindern in Frankfurt am Main. Für ihren ersten
Roman »Der Schwimmer« wurde sie mit dem aspekte-Literaturpreis, dem Deutschen
Bücherpreis, dem Jürgen-Ponto-Preis, dem Mara-Cassens-Preis sowie dem Adelbertvon-Chamisso-Preis ausgezeichnet. Für die Erzählung »Unter Hunden« erhielt sie den
Bettina-von-Arnim-Preis. Zuletzt erschien ihr Roman »Die hellen Tage«.
Karten: 10 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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Anne Enright aus »Rosaleens Fest«
»Mit der Unwahrheit ein Glückskunstwerk zu schaffen, das ist die menschliche
Fähigkeit überhaupt.« Wer sagt das? Seine Frau nennt ihn mal Memle, mal Otto,
mal Bert, er versucht zu erkennen, wie aus Erfahrungen Gedanken werden. Den
Widerstreit von Interessen hat er hinter sich gelassen, Gegner und Feinde auch, sein
Wesenswunsch ist, sich herauszuhalten, zu schweigen, zu verstummen. Am liebsten
starrt er auf eine leere, musterlose Wand, sie bringt die Unruhe in seinem Kopf zur
Ruhe. »Mir geht es ein bisschen zu gut«, sagt er sich dann, »zu träumen genügt«.
406. Lyrische Matinée Mittwoch 8.3. 19.30 Uhr
Martin Walser »Statt etwas oder Der letzte Rank«
Foto: K.Pauls
»Statt etwas oder Der letzte Rank« ist ein Roman, in dem es in jedem Satz ums Ganze
geht – von größter Intensität und Kraft der Empfindung, unvorhersehbar und schön.
Ein verwobenes Gebilde, auch wenn es seine Verwobenheit nicht zeigen will oder
sogar versteckt. Ein Musikstück aus Worten, das dem Leser größtmögliche Freiheit
bietet, weil es von Freiheit getragen ist: der Freiheit des Denkens, des Schreibens, des
Lebens. So nah am Rand der Formlosigkeit, ja so entfesselt hat Martin Walser noch
nie geschrieben. Das fulminante Porträt eines Menschen, ein Roman, wie es noch
keinen gab. Ein Höhepunkt in Martin Walsers Alterswerk: Summe und Bilanz zugleich.
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Martin Walser, 1927 geboren, erhielt für sein literarisches Werk zahlreiche Preise,
darunter 1981 den »Georg-Büchner-Preis«, 1998 den »Friedenspreis des deutschen
Buchhandels«. Außerdem wurde er mit dem Orden «Pour le Mérite» ausgezeichnet
und zum «Officier de l’Ordre des Arts et des Lettres» ernannt.
Karten: 12 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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Sie ist siebzehn. Sie ist in Berlin geboren. Sie heißt Hazal Akgündüz. Hazal ist verletzlich und zornig, voller Energie und unnütz selbst in Billig-Jobs, überschäumend
vor Hoffnungen und Ängsten. Eigentlich könnte sie eine ganz gewöhnliche junge Frau
sein. Nur dass ihre aus der Türkei eingewanderten Eltern sich in Deutschland bis heute fremd fühlen. Und dass Hazal auf ihrer Suche nach Heimat fatale Fehler begeht.
407. Lyrische Matinée Freitag 10.3. 19.30 Uhr
Fatma Aydemir »Ellbogen«
Erst ist es nur Diebstahl. Dann Gewalt. Hazal hat es satt, auf das Leben zu warten.
Sie will sich verlieren und verlieben, sie weiß nicht, wohin mit ihren Gefühlen, die
genauso aus ihr hervordrängen wie ihr atemloses Erzählen. Als die Polizei wegen
Totschlag hinter ihr her ist, flieht sie in das zum Zerreißen angespannte Istanbul,
wo sie noch nie in ihrem Leben war. Warmherzig und wild erzählt Fatma Aydemir
von den vielen Menschen, die zwischen den Kulturen und Nationen leben. Man will
Hazal helfen, man will mit ihr durch die Nacht rennen, man will wissen, wie es mit
ihr und mit uns allen weitergeht.
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Foto: Bradley Secker
Fatma Aydemir wurde 1986 in Karlsruhe geboren. Sie studierte Germanistik und
Amerikanistik in Frankfurt am Main. Seit 2012 lebt sie in Berlin und ist Redakteurin
bei der taz. Als freie Autorin schreibt sie daneben für zahlreiche Zeitschriften, unter
anderem für Spex und das Missy Magazine.
Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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Karl Heinz Bohrer gilt als einer der streitbarsten deutschen Intellektuellen. Wann
immer er in den letzten Jahrzehnten das Wort ergriff, meist in direkter Konfrontation
408. Lyrische Matinée Freitag 17.3. 19.30 Uhr
Karl-Heinz Bohrer »Jetzt. Geschichte meines
Abenteuers mit der Phantasie«
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Foto: Jürgen Bauer
mit dem Mainstream – die höchste Aufmerksamkeit, häufig auch Erregung seiner Zeitgenossen war ihm sicher. Als Leiter des Literaturteils der FAZ im eigenen
Haus umstritten, als Herausgeber des Merkur für Reaktionsschnelligkeit und kühne
Thematik berüchtigt, als Hochschullehrer eine Gegenfigur der Linken, als Wissenschaftler mit seiner zentralen Theorie der Plötzlichkeit eine Herausforderung für alle,
die es gewohnt sind, sich geschichtsphilosophische Sinnhorizonte zurechtzubiegen.
In neun Kapiteln spannt Bohrer mit »Jetzt« den Bogen seiner Lebensgeschichte seit
den späten sechziger Jahren: vom Konflikt mit der FAZ und seiner Freundschaft mit
Ulrike Meinhof über die realistisch-hochsubjektiven Erfahrungen seiner langjährigen
Aufenthalte und universitären Engagements in Frankreich, England, den USA bis hin
zum kompromisslosen Rundumblick auf die augenblickliche »Lage«. Scharf geschnittene Porträts von Weggefährten und Freunden, erbitterten Gegnern und geliebten
Frauen wechseln mit intellektuellen Abenteuern und erotischen Eskapaden. Es ist
die Sucht nach Fremdheit und »Differenz«, die den Erzähler vorantreibt, unbeirrbar in
seiner Erwartung, dass die banale Gegenwart umschlägt in das phantastische Jetzt.
Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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»Das kann nur Julia Zange: Alle zehn Jahre ein Buch schreiben, das man nicht mehr
vergisst!« Maxim Biller
409. Lyrische Matinée Montag 20.3. 19.30 Uhr
Julia Zange »Realitätsgewitter«
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Foto: Christian Werner
Marlas Leben ist ein einziges Realitätsgewitter. Wenig Sex, viel iPhone. Viel Bewegung, wenig Sicherheit. Sehr globalisiert, aber immer noch ganz schön deutsch.
Marla funktioniert perfekt. Sie hat immer die richtige Maske auf. Doch plötzlich
bekommt ihr hochglänzender Panzer kleine Brüche. Plötzlich ist da eine schwere
Traurigkeit, die langsam von ihrem Bauch nach oben spült. Um nicht zu ertrinken,
macht sie sich auf den Weg zurück in ihr Heimatdorf. Und landet schließlich auf
Sylt. Eine Reise ins Erwachsenwerden und zu sich selbst. »‘In der Nordsee ist nichts
gefährlich!‘, sagt er. Und rennt Richtung Strandkörbe. Ich ziehe mich ganz aus und
gehe vorsichtig ins Wasser. Die Wellen werfen mich fast um.«
Julia Zange, 1983 in Darmstadt geboren, lebt und arbeitet seit 2006 in Berlin.
2005 gewann sie den Literaturwettbewerb Open-Mike, 2008 veröffentlichte sie ihren ersten Roman mit dem Titel »Die Anstalt der besseren Mädchen«. Sie ist Teil
der Web-Serie Translantics. Sie arbeitet als Redakteurin bei »L’Officiel« und schreibt
regelmäßig für »Zeit Online« und »Fräulein«. In Philip Grönings Film »Mein Bruder
Robert«, der 2017 Kino-Premiere feiert, hat sie als Hauptdarstellerin debütiert. Außerdem organisiert sie regelmäßig die Veranstaltungsreihe »Dead Poets Society« im
Soho House Berlin.
Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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Nach vielen Jahren kehrt Konstantin in den Ort seiner Kindheit zurück, nach Praam
an der Schwarzen Laaber, tief in der bayrischen Provinz. Er hat immer unter der Enge
gelitten, aber auch seine erste große Liebe hier erlebt – zu Rosalie, einer Außenseitergestalt wie er. Plötzlich ist alles wieder da: die Erinnerungen an das Erwachsenwerden
auf dem Land. Und an die Schatten dieser Zeit, denn neben der magischen ersten
Romanze gab es auch ein düsteres Ereignis, das sein Leben tief erschüttert hat.
410. Lyrische Matinée Dienstag 21.3. 19.30 Uhr
Berni Mayer »Rosalie«
Berni Mayer erzählt von einer heimlichen Liebe, die immer mehr zur Verschwörung
wird gegen die autoritäre Welt der Eltern und der Kirche. Und er erzählt, wie ein
Leichenfund in einem heruntergekommenen Wasserschloss alles verändert. Denn
die Geschichte, die hinter diesem Toten steckt, führt tief hinein in die Vergangenheit
und offenbart die Verstrickung der alteingesessenen Dorfbewohner in ein sorgfältig verdrängtes NS-Verbrechen. Am Ende müssen Konstantin und Rosalie sich entscheiden: für jeweils eine Seite und für oder gegen das Schweigen.
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Foto: Birte Filmer
Berni Mayer, geboren 1974 in Mallersdorf, Bayern, lebt als Journalist, Musiker und
Übersetzer in Berlin. Er war Redaktionsleiter bei MTV- und VIVA-Online und hat für
das Label Virgin Records gearbeitet. Heute schreibt er u.a. für den Rolling Stone und
bloggt auf bernimayer.de über Fußball, Filme und die Räudigkeit der Welt. 2012 bis
2014 erschien seine dreibändige Krimireihe um den arbeitslosen Musikjournalisten und
Detektei-Erben Max Mandel (Heyne Hardcore). »Rosalie« ist sein literarisches Debüt.
Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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»Wonderful... I was hooked from the first page. It's the real stuff.« Michael Frayn
»Deeply affecting« The Guardian
»Barney Norris is a rare and precious talent« The Evening Standard
411. Lyrische Matinée Mittwoch 22.3. 19.30 Uhr
Barney Norris »Hier treffen sich fünf Flüsse«
In Salisbury, einer Kleinstadt südwestlich von London, in der sich fünf Flüsse kreuzen, kommt es zu einem Unfall. Ein Mann fährt eine Frau auf einem Motorrad an
– und drei Menschen sehen zu. Fünf Schicksale kollidieren. Diese fünf Personen
erzählen: von dem Unfall, ihrer Stadt, ihrem Leben. Eine Floristin, ein Schüler, ein
verwitweter Farmer, die Frau eines Offiziers im Afghanistan-Einsatz, ein Nachtwächter – sie alle sind Einsame wie Suchende, die sich angesichts des Unfalls ihren
eigenen, ganz privaten Katastrophen stellen müssen.
Der junge Brite Barney Norris schafft Figuren, die einem mit ihrem Leben gefährlich
nahe kommen. Die Dramen des Alltags überführt er in einen berührenden, wundervollen Roman, der sich mit den großen und kleinen Tragödien unseres Lebens
beschäftigt, ohne je pathetisch zu werden. »Hier treffen sich fünf Flüsse« zeigt, dass
Barney Norris zu den wichtigsten Stimmen seiner Generation zählt.
Foto: Jay Brooks
Barney Norris wurde 1987 in Sussex geboren und ist in Salisbury aufgewachsen.
»Hier treffen sich fünf Flüsse« ist sein Debütroman.
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Bianca Schamp moderiert und liest den deutschen Text.
Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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Vier Familienmitglieder, vier Jahrzehnte, vier unvergessliche Stimmen. Aufwühlend und
anrührend erzählt Shida Bazyar eine Geschichte, die ihren Anfang 1979 in Teheran
nimmt und den Bogen spannt bis in die deutsche Gegenwart.
412. Lyrische Matinée Freitag 24.3. 19.30 Uhr
Foto: Joachim Gern
Shida Bazyar »Nachts ist es leise in Teheran«
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1979. Behsad, ein junger kommunistischer Revolutionär, kämpft nach der Vertreibung
des Schahs für eine neue Ordnung. Er erzählt von klandestinen Aktionen, funkenschlagender Hoffnung und davon, wie er in der literaturbesessenen Nahid die Liebe seines Lebens findet. Zehn Jahre später in der deutschen Provinz: Behsad und Nahid sind nach der
Machtübernahme der Mullahs mit ihren Kindern geflohen. Stunde um Stunde verbringen
sie vor dem Radio und hoffen auf Neuigkeiten von den Freunden, die untertauchen mussten. Sie wollen zurückkehren, unbedingt, und suchen zugleich eine Heimat in der Fremde.
1999 reist deren Tochter Laleh gemeinsam mit ihrer Mutter nach Teheran. Zwischen
»Kafishaps«, Schönheitsritualen und geflüsterten Geheimnissen lernt sie ein Land kennen, das sich nur schwer mit den Erinnerungen aus der Kindheit deckt. Ihr Bruder Mo
beobachtet ein Jahrzehnt später belustigt die pseudoengagierten Demos der deutschen
Studenten. Doch dann bricht die Grüne Revolution in Teheran aus und stellt seine Welt
auf den Kopf.
Shida Bazyar gelingt ein dichtes, zartes und mitreißendes Familienmosaik. Und ein hochaktueller, bewegender Roman über Revolution, Unterdrückung, Widerstand und den unbedingten Wunsch nach Freiheit.
Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 6 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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»Ohne Lügen würden alle Familien untergehen. Und auch alle Staaten.«
Das kalte Blut erzählt die Geschichte zweier deutschbaltischer Brüder im Strudel des
20. Jahrhunderts, ein Drama von Verrat und Selbstbetrug, das von Riga über Moskau,
Berlin und München bis nach Tel Aviv führt. Hub und Koja Solm sind einander in aufrichtiger Bruderliebe zugetan: strahlend-extrovertiert der ältere, empfindsam der jüngere.
Koja möchte wie sein Vater als Künstler leben, doch politische Umbrüche und finanzielle
Sorgen machen ihm einen Strich durch die Rechnung. Und so lässt sich Koja in den
413. Lyrische Matinée Montag 27.3. 19.30 Uhr
Chris Kraus »Das kalte Blut«
dreißiger Jahren von seinem großen Bruder Hub in die NS-Bewegung in Lettland und
später in Berlin hineinziehen. Beiden Brüdern gemeinsam ist die leidenschaftliche
Liebe für ihre Adoptivschwester Ev. Als sich herausstellt, dass Ev jüdische Wurzeln
hat, kann Koja, inzwischen Obersturmführer der SS, sie vor der Vernichtung bewahren.
Nach dem Krieg und seiner Rückkehr aus sowjetischer Gefangenschaft muss sich
Koja neu erfinden und verstrickt sich als Doppelagent immer mehr in Verrat und Lüge.
Selbst Ev gegenüber, mit der er nach Israel zieht und die nur noch eines will: die reine
Wahrheit über die Täter von damals zu Tage fördern.
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Foto: Maurice Haas
Chris Kraus ist Filmregisseur, Drehbuchautor und Romancier. Seine Filme wurden vielfach ausgezeichnet, »Vier Minuten« mit Monica Bleibtreu und Hannah Herzsprung gewann 2007 den Deutschen Filmpreis als bester Spielfilm. Sein neuer Film, die Tragikomödie »Die Blumen von gestern« kommt im Januar 2017 ins Kino.
Karten: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr. Schüler/Studenten bis 30 Jahre: 8 Euro zzgl. VVK-Gebühr.
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Gestatten, mein
Name ist Mit,
TEIL-MIT!
Wer mich füttert
ist ein
MACH-MIT,
weil er denen einen
Lesungsbesuch ermöglich, die es sich
nicht leisten
können.
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Ein Konzertbesucher hatte die Idee
zu dieser Initiative. Das Jazz- und
Literaturpublikum hat sie begeistert aufgenommen. Das Ziel: Auch
denen die Teilnahme an Konzerten
und Lesungen zu ermöglichen,
die es sich finanziell nicht leisten
können.
Das Ergebnis: Unser Sparschweinchen "Mach-Mit" wurde im Herbst
so eifrig gefüttert, dass für alle
Konzerte und
Lesungen des Frühjahrs ein Kontingent an
Freikarten
zur Verfügung steht.
Schicken Sie uns eine Mail ([email protected] /
Betreff: Freikarte), nennen Sie uns
den Grund, weshalb Sie eine Freikarte brauchen (Teilhabecard, Studentin, Student - was auch immer).
Wir verlosen unter den eingehenden
Anträgen die zur Verfügung stehenden Karten.
lyrischematinéen
Frühjahr 2017