Ergebnisse der Tieftemperaturforschung. I. Die

Ergebnisse der Tieftemperaturforschung.
I. Die Molwärme des Lithiumfluorids zwischen 18° und 2 7 3 , 2 ° abs.
Von
KLAUS
CLUSIUS
Aus dem Physikalisch-chemischen Institut der Universität München
(Z. N a t u r f o r s c h g . 1, 70—82 [1946]; e i n g e g a n g e n a m 18. D e z e m b e r 1945)
Die Molwärme des Lithiumfluorids wurde zwischen 18° und 273,2° abs nach der Methode
des Vacuumcalorimeters gemessen. Es zeigt sich im Sinne der von B l a c k m a n ausgeführten
Rechnungen, daß die D e b y e s c h e Kontinuumstheorie nur qualitativ gültig ist, da eine einzige charakteristische Temperatur Q D zur genauen Beschreibung des Verlaufs der Molwärme nicht ausreicht. Die 0 f l - W e r t e durchlaufen bei 80° abs ein Minimum von 607° und
steigen einerseits auf 648° bei 0° Cel, andererseits nach tiefen Temperaturen auf 752° bei
18° abs an. Dabei sinkt die durchschnittliche Atomwärme, die bei L i F mit der halben Molwärme identisch ist, auf 0,0065 cal/g-Atom. Das ist etwa der tausendste Teil des Wertes bei
Zimmertemperatur, ohne daß das eigentliche Gebiet des D e b y e s c h e n T 3 -Gesetzes erreicht
wäre. Lithiumfluorid ist bei weitem das geeignetste Versuchsmaterial, um die Anwendbarkeit der B o r n s c h e n Gittertheorie auf die Molwärme der Ionenkrystalle zu prüfen.
1. Bereits seit längerer Zeit hatte ich eine systematische Untersuchung über den Verlauf der Molwärme von Ionenkrystallen
bei tiefen Temperaturen abgeschlossen, deren Auswertung wegen
ihres Umfangs immer wieder unterblieb. Dies
konnte in letzter Zeit nachgeholt werden, so daß
nunmehr die Ergebnisse für die Salze RbJ, RbBr,
KJ, KBr, KCl, NaCl und LiF vorliegen. Das interessanteste Resultat sei heute herausgegriffen.
Im folgenden ist unter Atomwärme stets die
durchschnittliche Atomwärme zu verstehen, die
sich bei Krystallen vom Steinsalztyp auf die halbe
Molmenge bezieht; bei Lithiumfluorid also auf
Va (6,94 + 1 9 , 0 0 ) = 12,97 g, in denen gerade
6,023.10 23 Atome enthalten sind. Es ist stets von
wahren, nie von mittleren Atomwärmen die Rede.
2. Zur Darstellung des Verlaufs der Atomwärme bei tiefen Temperaturen benutzt man mit
Vorliebe die D e b y e sehe Theorie. Sie hat vor allem
den Vorzug der Einfachheit, indem sie die gegenseitige Beeinflussung der harmonischen Oscillatoren des Gitters in der Weise summarisch berücksichtigt, daß sie die atomare Struktur durch ein
Kontinuum ersetzt. Das „Spektrum" der Eigenschwingungen des festen Körpers erhält dann eine
einfache Form; die Intensitätsverteilung beginnt
mit v2dv und steigt monoton bis zu einer Grenzfrequenz v/) an, bei der das Spektrum abrupt abbricht. Der Charakter der Verteilungsfunktion bedingt bei tiefsten Temperaturen einen Anstieg der
Atomwärme proportional der dritten Potenz der
Temperatur. Dieses T 3 -Gesetz soll bei Werten für
die Atom wärme kleiner als 0,3 cal/g-Atom einsetzen, eine Forderung der Theorie, die bei verschiedenen Metallen, wie Silber und Kupfer, zutrifft.
3. B l a c k m a n hat nun nachgewiesen, daß der
wahre Verlauf des Schwingungsspektrums komplizierter sein muß, als ihn die D e b y e s c h e Kontinuumsvorstellung liefert. Unter Zuhilfenahme
der B o r n s c h e n Gittertheorie erhält er statt eines
monotonen Anstiegs der Verteilungsfunktion schon
bei einem ilächenhaften Gitter zwei Maxima und
beim räumlichen Gitter, das dem wirklichen Krystall entspricht, hat man gar drei Maxima zu erwarten 1 . Es findet also eine Verdichtung der Schwingungsintensität in gewissen Spektralbereichen statt
und damit mag es zusammenhängen, daß seinerzeit
N e r n s t und L i n d e m a n n durch eine einzelne
„Spektrallinie" und ihren Oberton rein empirisch
die Versuchsergebnisse bei manchen Festkörpern
innerhalb beschränkter Temperaturgebiete ganz
gut darstellen konnten.
Als praktische Konsequenz der B l a c k m a n schen Überlegungen ergibt sich, daß speziell bei
Ionenkrystallen vom Steinsalztyp eine eigentliche
Grenzfrequenz v^, die einheitlich über den ganzen
Temperaturbereich die Atomwärme wiedergibt, gar
1 M. B l a c k m a n ,
Proc. Roy. Soc. [London] 148,
365, 384 [1935]; 149,117 [1935]; s. auch eine kurze Darstellung bei A. E u c k e n , Lehrbuch der chemischen
Phvsik, A k a d . V e r l a g s g e s e l l s c h a f t . 2. Aufl.
1944, Bd. II, 2, S. 662—671.'
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nicht existiert. Trotzdem ist es zur Beschreibung
der Tatsachen bequem, am Begriffe der Grenzfrequenz festzuhalten und die Messungen der Atomwärme C v so auszuwerten, daß man zu jedem
Wertepaar C v , T den zugehörigen v fl -Wert aufsucht, was an Hand der tabellierten D e b y e Funktion leicht geschehen kann. Ließe sich die
Atomwärme des untersuchten Körpers in dem ganzen Temperaturbereich mit einer D e b y e - F u n k tion wirklich darstellen, so würde für jedes Wertepaar C v , T derselbe v/>-Wert gefunden werden, andernfalls geben die gefundenen Abweichungen eine
Vorstellung davon, wie weit das wahre Spektrum
des Körpers vom D e b y e sehen verschieden ist. Gewöhnlich benutzt man übrigens den Parameter
hvß/k = @ß statt vß, der die Dimension einer Temperatur hat, ein Gebrauch, dem wir uns hier anschließen.
Der rationeller erscheinende Weg, das Spektrum
unmittelbar nach der Gittertheorie zu berechnen
und aus ihm die Atomwärme abzuleiten, stößt
wegen der äußerst umfangreichen und umständlichen Rechnungen auf größte Schwierigkeiten. Er
ist allgemein jedenfalls nicht gangbar und wurde
erfolgreich erst kürzlich von E. W. K e l l e r m a n n 2
für NaCl und von R. J o n a 3 für KCl beschritten.
Aber auch dann ist die Darstellung der Ergebnisse
durch die Temperaturabhängigkeit der ©z>-Werte
am übersichtlichsten.
4. Das auffälligste Resultat der B l a c k m a n schen Rechnungen besteht darin, daß die ©n~
Werte in Abhängigkeit von der Temperatur im allgemeinen ein Minimum durchlaufen. In der Gegend
des Minimums ist ein Pseudo-T 3 -Gesetz vorgetäuscht, wovon man sich überzeugen kann, wenn
man die Messungen zu noch tieferen Temperaturen
vortreibt. Dann nehmen die 0 / r Werte wieder zu,
wras sich in der Atomwärme durch einen rascheren
Abfall bemerkbar macht, als dem T 3 -Gesetz entspricht. Bei noch tieferen Temperaturen soll allerdings auch nach B l a c k m a n der ©zrWert schließlich konstant werden, womit das echte T 3 -Gebiet
erreicht ist.
F'nsere sorgfältigen Messungen haben am NaCl
die Existenz des B l a c k m a n sehen Minimums bei
2 Philos. Trans. Roy. Soc. 238, 513 [1910] u. Proc.
Roy. Soc. [London] 178,17 [1941].
3 Phys. Rev. 60,822 [1941].
4 Die Ergebnisse für NaCl wurden als Diskussionsbemerkung zu einem Vortrag von W . H. K e e s o m auf
der Physikertagung in Bad Pyrmont mitgeteilt. Z.
techn. Physik 15, 519 [1934].
40°abs nachgewiesen 4 . K e l l e r m a n n fand bei diesem Salz wirklich 3 Maxima der Verteilungsfunktion und konnte als erster den experimentell gefundenen Verlauf der ©zr Werte theoretisch berechnen,
was als ein großer Erfolg der Gittertheorie anzusehen ist. Dasselbe gilt für KCl, bei dem J o n a aus
der Theorie das Minimum bei etwa 15° abs findet, in
Übereinstimmung mit Versuchen von S o u t h a r d
u. N e l s o n 5 , W . H. K e e s o m u. C. W. C l a r k 8 sowie älteren von W . N e r n s t u . F . A . L i n d e m a n n 7 .
Unsere unveröffentlichten Daten für KCl bestätigen
diesen Sachverhalt aufs beste, worüber im Zusammenhang an anderer Stelle berichtet werden soll8.
Bei beiden Salzen ist der Effekt zwar deutlich, aber
doch verhältnismäßig bescheiden; sie wurden von
den Theoretikern behandelt, weil hier am ehesten
Messungen bekannt waren. Das wahre T 3 -Gebiet
ist experimentell weder bei NaCl noch bei KCl mit
Sicherheit erreicht worden; es muß bei Natriumchlorid unter 10° abs, bei Kaliumchlorid vielleicht
in der Gegend von 4° abs beginnen.
5. Die experimentelle Untersuchung der Frage
wird erleichtert, wenn man ein Salz mit hohem
©zr Wert benutzt, da dann die Molwärme zeitig abfällt und das wahre T 3 -Gebiet schon oberhalb von
Heliumtemperaturen liegen sollte. Von allen Alkalihalogeniden muß das Lithiumfluorid die günstigsten Eigenschaften haben. Denn die Eigenfrequenz
im Gitter ist proportional der Wurzel aus der Direktionskraft dividiert durch die Masse. Die Direktionskraft ist nun bei allen Alkalihalogeniden von
derselben Größenordnung, wie schon qualitativ
daraus hervorgeht, daß alle etwa bei Rotglut
schmelzen. Andererseits ist Lithiumfluorid aus den
leichtesten Ionen aufgebaut, so daß sein ©zr Wert
von sämtlichen Alkalihalogeniden am größten sein
sollte. Das Experiment bestätigt diese Erwartung.
W a s freilich nicht ohne wreiteres vorauszusehen
war, ist die Feststellung, daß beim Lithiumfluorid
das Pseudo-T 3 -Gesetz weitaus am schönsten unter
allen untersuchten Salzen in Erscheinung tritt.
Es stand uns ein klarer, rißfreier LithiumfluoridKrystall von 16,038 g Gewicht zur Verfügung, der
aus der Schmelze gezogen war und den wir der
Güte von Hrn. Prof. R . W . P o h l , Göttingen, verdanken. Er wurde mit einer Wicklung von KonJ. Amer. Chem. Soc. 55. 4865 [1933].
Physica 2, 698 [1935]; Commun. Kamerlingh Onnes
Lab. Univ. Leiden. Nr. 238 c.
7 Ber. Kgl. Pr. Akad. Wiss. 1911. 494; 1912. 1160.
8 Z. physik. Chem., im Druck.
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stantan zur elektrischen Heizung und einer solchen aus Bleidraht zur Temperaturmessung versehen und nach der Methode des Vacuumcalorimeters gemessen. Die Wärmekapazität der Meßorgane wurde rechnerisch berücksichtigt. Ferner
wurden die für konstanten Druck gültigen Messungen auf die Atomwärme konstanten Volumens
umgerechnet. Diese Korrektur spielt jedoch unterhalb 80° abs keine Rolle mehr. Die Ergebnisse sind
für die einzelnen Meßpunkte auf Abb. 1 in ein
©z>,T-Diagramm eingetragen und in Tab. 1 für
glatte Temperatur werte zusammengestellt. Man erkennt, wie beim Lithiumfluorid die ©ß-Werte im
Sinne B l a c k m a n s ein ausgeprägtes Minimum
T°
abs
Temperatur
ev
Atomwärme
in cal/g Atom
18
20
30
40
50
60
70
80
90
100
150
200
250
273
0,0065
0,0092
0,0372
0,105
0,229
0,418
0,662
0,935
1,22
1,52
2,91
3,815
4,39
4,57
0D
D e b y e s charakteristische Temperatur
752
741
696
659
633
617
609
607
610
612
615
627
641
648
T a b . 1. Durchschnittliche Atomwärme ( = halbe Molwärme) C v des Lithiumfluorids.
durchlaufen, das bei 75° abs liegt. Von da erfolgt
nach hohen Temperaturen zu ein allmählicher,
nach tiefen hin ein viel steilerer Anstieg. Das Verhalten oberhalb des Minimums entspricht dem anderer Salze des regulären Systems, bei denen im
allgemeinen ein um so größerer Gang der ©zr Werte
mit der Temperatur beobachtet wrird, je stärker das
Massenverhältnis der Ionen von 1 abweicht9. Infolgedessen zeigt Lithiumfluorid ( F : Li —2,74)
einen größeren Gang als etwa Natriumchlorid
9 Näheres bei A. E u c h e n , Energie- und Wärmeeinhalt, Handbuch der Experimentalphysik Bd. 8, 1. Teil.
A k a d . V e r l a g s g e s e l l s c h a f t 1929, S. 239—247. Unsere Ergebnisse für Lithiumfluorid wurden gelegentlich
bei Messungen der Wärmeleitfähigkeit dieses Salzes
schon früher erwähnt: H . A d e n s t e d t , Ann. Physik
26, 85 [1936]. Über das Reststrahlenspektrum ist Näheres
zu finden bei K. K o r t h , Nachr. Ges. W i s s . Göttingen
N.F. 1,187 [1935], u. II. W . II o h 1 s , Ann. Plivsik 29. 433
[1937].
( C l : Na = 1,54) oder gar Kaliumchlorid (K:C1 =
1,12). Doch ist auf dieses Verhalten weniger Wert
zu legen als auf die Tatsache, daß ein so unerwartet
steiler Anstieg nach tiefen Temperaturen zu erfolgt, denn unterhalb 50° abs sollte das T 3 -Gesetz
gelten, auch wenn der Krystall komplizierter aufgebaut wräre als es LiF ist.
Leider konnten die Messungen nicht mit Sicherheit unter 18° abs ausgedehnt werden, da die
Wärmekapazität des Versuchskörpers dann zu
klein wurde, beträgt sie doch bei dieser Temperatur nur noch den 103-ten Teil von dem Wert bei Zimmertemperatur! Es liegen jedoch Anzeichen vor,
daß die ©#-Werte nicht weiter mit sinkender Tem-
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4 \
T'ats.
MiF
r-^r-S^
-
°
—
Abb. 1. Aus der durchschnittlichen Atomwärme abgeleiteter Verlauf der charakteristischen Temperatur & D
beim Lithiumfluorid. Bei exakter Gültigkeit der
D e b y eschen Theorie sollten die Meßpunkte auf einer
Parallelen zur Abszisse liegen und das T 3 -Gesetz sollte
etwa bei 50° abs erreicht sein.
peratur ansteigen, sondern umbiegen, um entweder
konstant zu werden oder ein Maximum zu durchlaufen, was die Theorie freilich nicht vorsieht. Diese
Frage wrürde sich entscheiden lassen, wenn wir
über einen etwa 10-mal größeren Versuchskörper
verfügten, der bis 10° abs bequem zu messen wäre.
Jedenfalls ist beim Lithiumfluorid das wahre
T 3 -Gebiet bei 18° abs noch nicht erreicht, obwohl
die durchschnittliche Atomwärme 50-mal kleiner
ist, als die Theorie für den Eintritt der Gültigkeit
des T 3 -Gesetzes verlangt. Wenn man die genaue
Struktur des Spektrums auch nicht in allen Fällen
berechnen wird, so scheint eine solche theoretische
Untersuchung trotz ihrer Mühseligkeit gerade beim
Lithiumfluorid wegen der großen Abweichung eine
reizvolle Aufgabe zu sein. Außer der quantitativen
Ableitung der ©ß-Kurve wäre die Voraussage von
Zeitschrift für Naturforschung I, 2
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Interesse, bei welchen Temperaturen und ©zrWerten das wahre T 3 -Gebiet denn eigentlich beginnen
soll.
6. Die praktische Bedeutung der D e b y e s c h e n
Funktion für thermodynamische Rechnungen und
Extrapolationen bei tiefen Temperaturen wird
durch die beschriebenen Diskrepanzen übrigens
nicht geschmälert, da man bei modernen Arbeiten
die Atomwärme ohnehin bis zu möglichst tiefen
Temperaturen mißt und die so erhaltene Kurve unmittelbar benutzt. Der dann noch übrig bleibende
Rest des Energieinhalts ist so klein, daß selbst ein
erheblich falscher ©zrWert das Gesamtresultat
nicht merklich beeinflußt.
Bei der vorliegenden Untersuchung, deren experimenteller Teil schon 1934 in Göttingen erledigt wurde,
unterstützte mich Hr. Dr. J o c h e n G o l d m a n n , wofür auch hier gedankt sei.
Überführung von Oestron in Oestriol*
Von
A D O L F BUTENANDT u n d
ERNA-LUISE
SCHÄFFLER
Aus dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Biochemie, Berlin-Dahlem, jetzt Tübingen
(Z. N a t u r f o r s c h g . 1, 82—87 [1946]; e i n g e g a n g e n am 31. A u g u s t 1945)
Es wird eine Methode beschrieben, nach der das weibliche Keimdrüsenhormon Oestron
über 5 Arbeitsstufen in einer Gesamtausbeute von 15% in das Placentahormon Oestriol überführt werden kann. Da Oestron synthetisch zugänglich ist, wird durch diese Verknüpfung
auch die künstliche Darstellung des Hormons Oestriol ermöglicht.
Die Darstellungsart läßt den Schluß zu, daß im natürlichen Oestriol die 17-ständige
Hydroxylgruppe in trans-, die 16-ständige in «s-Stellung zur angulären Methylgruppe am
C13 stehen.
0
II
OH
I
ie Funktion des Follikelhormons wird im
Organismus der Frau durch die 3 Steroidhormone Oestron ( I ) , Oestradiol ( I I ) und Oestriol
( I I I ) erfüllt, die qualitativ die gleiche physiologische Wirkung besitzen. Nach unserem heutigen Wissen vermögen wir nicht zu sagen, welche Bedeutung dem Nebeneinander der drei
Stoffe im physiologischen Geschehen zuzuschreiben ist. Obwohl das Oestradiol in dem
zum Nachweis des Follikelhormons zumeist
verwendeten Test — dem Brunsttest am kastrierten Nagetier nach A l l e n und D o i s y — in quantitativer Hinsicht die höchste Wirksamkeit zeigt,
erscheint es doch nicht berechtigt, in ihm allein
auf Grund dieses Befundes das „eigentliche"
Follikelhormon zu erblicken und die physiologische Bedeutung der beiden anderen oestrogen wirksamen Steroide nicht zu diskutieren,
zumal quantitative Unterschiede in der physiologischen Wirksamkeit sich weitgehend nach
der Art der Verabfolgung und der gewählten
Testmethode richten können 1 . Alle drei Stoffe
sind — im Gegensatz zu anderen natürlich vor-
kommenden oestrogen wirksamen Steroiden, die
im vorliegenden Zusammenhang nicht betrachtet
werden sollen — nicht nur aus Harn, sondern
aus hormonalen Produktionsstätten (Keimdrüsen, Nebenniere und Placenta) isoliert worden,
und Stoffwechselversuche weisen darauf hin,
* Die vorliegende Arbeit ist am 24. Nov. 1944 von
der Schriftleitung der Zeitschr. f. physiol. Chemie zur
Drucklegung im Bd. 282 angenommen worden, aber
daselbst nicht mehr erschienen. Die Veröffentlichung
an dieser Stelle erfolgt im Einvernehmen mit den Herausgebern der Ztschr. f. physiol. Chemie.
1 J. S c h m i d t - T h o m e , Ergebn. Phvsiol. 39, 192
[19371.
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