Verfahren zur dynamischen Verkehrsumlegung

Veröffentlichung / Publication
Verfahren zur dynamischen
Verkehrsumlegung Ein methodischer Überblick
Autoren / Authors:
Markus Friedrich
Lehrstuhl für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik, Universität Stuttgart
[email protected]
Peter Vortisch
PTV AG, Karlsruhe
[email protected]
Veröffentlicht in / Published in:
Friedrich, M. und Vortisch, P. (2005): Verfahren zu dynamischem
Umlegung - Ein methodischer Überblick. In: Straßenverkehrstechnik 03/2005,
FGSV, Köln, S. 128 - 144
Universität Stuttgart
Institut für Straßen- und Verkehrswesen
Lehrstuhl für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik
www.uni-stuttgart.de/isv/vuv/
Verfahren zur dynamischen Verkehrsumlegung –
ein methodischer Überblick
Markus Friedrich, Universität Stuttgart, [email protected]
Peter Vortisch, PTV AG, Karlsruhe, [email protected]
Kurzfassung
Der Beitrag gibt eine Einführung in die Problematik der dynamischen Umlegung
für den motorisierten Individualverkehr. Anhand der Teilkomponenten einer
dynamischen Umlegung (Verbindungssuche, Verbindungswahl, Netzbelastung,
Netzbewertung und Iterationssteuerung) werden verschiedene Lösungsansätze
dargestellt und die damit verbundenen Vor- und Nachteile erläutert.
Summary
The paper gives an introduction to dynamic traffic assignment for private
transport. It distinguishes five components of a dynamic traffic assignment
(route search, route choice, network loading, network evaluation, iteration loop)
and discusses the advantages and disadvantages of different approaches.
1 Zweck des Beitrags
Dynamische Umlegungsverfahren haben inzwischen einen Stand erreicht, der
eine breite Anwendung in der Planungspraxis erlauben würde. Leider ist insbesondere im deutschen Sprachraum der Einsatz solcher Verfahren noch weitgehend innovativen Projekten vorbehalten, so dass es bisher wenig Aussagen
über die Handhabbarkeit der Verfahren gibt. Auf der anderen Seite bietet die
Weiterentwicklung dieser Verfahren der Forschung noch genügend Herausforderungen. In diesem Beitrag wird versucht, einen Überblick über die verschiedenen methodischen Ansätze im Bereich der dynamischen Umlegung zu geben, die typischen Probleme aufzuzeigen und Vor- und Nachteile gegenüberzustellen. Der Beitrag fokussiert auf dynamische Umlegungsverfahren für den
motorisierten Individualverkehr, zeigt aber auch Ähnlichkeiten und Unterschiede
zu fahrplanfeinen Umlegungsverfahren für den Öffentlichen Verkehr auf.
2 Klassifizierung von Umlegungsverfahren
Die Aufgabe der Umlegung besteht darin, den Verkehrsablauf bei einem gegebenen Verkehrsangebot und einer gegebenen Verkehrsnachfrage unter Berücksichtigung gewisser Regeln nachzubilden. Ergebnis einer Umlegung sind
u.a. Belastungen von Routen und einzelner Netzelemente sowie daraus resultierende belastungsabhängige Fahrzeiten.
Umlegungsverfahren lassen sich nach verschiedenen Kriterien klassifizieren.
Für die Gegenüberstellung statischer und dynamischer Umlegungsverfahren
bieten sich als Kriterien das Vorhandensein einer Zeitachse und die Annahmen
über den Systemzustand im Verkehrsnetz an (Tabelle 1).
Systemzustand
Bezeichnung nach
CASCETTA [4]
nein
wiederholt sich
regelmäßig
within-day static
• ein Tag
• Teil eines Tages (z.B.
Hauptverkehrszeit)
• mehrere Tage
ja
wiederholt sich
regelmäßig
within-day dynamic
dynamische Umlegung
mit veränderlichem
Systemzustand
• mehrere Tage
ja
verändert sich im
Lauf der Zeit
day-to-day dynamic
Spontanumlegung
• Teil eines Tages
ja
verändert sich im
Lauf der Zeit
-
Bezeichnung
betrachteter Zeitraum
statische Umlegung mit
wiederkehrendem
Systemzustand
• ein Tag
• Teil eines Tages (z.B.
Hauptverkehrszeit)
dynamische Umlegung
mit wiederkehrendem
Systemzustand
Tabelle 1:
Zeitachse
Klassifizierung von Umlegungsverfahren.
Klassische statische Umlegungsverfahren für den motorisierten Individualverkehr basieren im wesentlichen auf Regeln zum Routenwahlverhalten (Î
Routenwahlmodell) und auf Capacity-Restraint Funktionen zur Ableitung von
belastungsabhängigen Fahrzeiten. Ausgangspunkt einer statischen Umlegung
ist ein Verkehrsangebot A und eine Verkehrsnachfrage F, die über den gesamten Umlegungszeitraum konstant ist, d.h. es existiert keine Zeitachse. Dabei
geht man davon aus, dass sich der Systemzustand im Verkehrsnetz während
des Umlegungszeitraums nicht ändert und sich regelmäßig über einen längeren
Zeitraum wiederholt, so dass die Verkehrsteilnehmer ihre Routenwahlentscheidung unter gleichbleibenden Bedingungen treffen. Ziel der Umlegung ist
es, einen Zustand zu ermitteln, der dem im langfristigen Mittel zu erwartenden
Netzzustand entspricht. Ein derartiges Umlegungsverfahren eignet sich für die
planerische Bewertung von langfristig geplanten Infrastrukturmaßnahmen und
daraus resultierenden Nachfrageänderungen.
Dynamische Umlegungsverfahren umfassen neben den Regeln für die Routenwahl (Î Routenwahlmodell) zusätzliche Regeln, die festlegen, wie sich die Verkehrsnachfrage, d.h. die Verkehrsteilnehmer im Netz fortbewegen (Î Verkehrsflussmodell). Wie bei der statischen Umlegung besteht die Aufgabe der
dynamischen Umlegung in der Berechnung der Verkehrsbelastungen im Netz
aus der Verkehrsnachfrage, aber für den Fall einer zeitlich veränderlichen
Nachfrage F(t) und einem zeitlich veränderlichen Verkehrsangebot A(t). Als
Ergebnis erhält man somit zeitabhängige Belastungen und Fahrzeiten. Wie in
Tabelle 1 aufgeführt, lassen sich drei Varianten der dynamischen Umlegung
unterscheiden:
•
Dynamische Umlegung mit wiederkehrendem Systemzustand: Hier wird angenommen, dass sich der Systemzustand im Verkehrsnetz zwar innerhalb
des Umlegungszeitraums verändert, sich aber regelmäßig wiederholt (z.B.
jede Woche oder an allen Werktagen). Die Verkehrsteilnehmer können in
diesem Fall ihre Routenwahlentscheidungen und gegebenenfalls auch die
Wahl des Abfahrtszeitpunktes unter zeitabhängig wiederkehrenden Bedingungen treffen. Eine derartiges dynamisches Umlegungsverfahren eignet
sich ebenfalls für die planerische Bewertung von Infrastrukturmaßnahmen
und Nachfrageänderungen. Im Gegensatz zu statischen Umlegungsverfahren ermöglicht es zusätzlich eine Analyse der Verkehrssituationen differenziert nach Tageszeiten und im Fall einer Mehrtagesumlegung auch differenziert nach Verkehrstagen.
•
Dynamische Umlegung mit veränderlichem Systemzustand: In diesem Fall
wird von einem dynamischen Prozess ausgegangen, bei dem sich die Verkehrsnachfrage und das Verkehrsangebot im Laufe der Zeit ändern und dabei auch gegenseitig beeinflussen. Die Verkehrsteilnehmer reagieren dabei
in einem dynamischen Lernprozess täglich neu auf die in der Vergangenheit
gemachten Erfahrungen.
•
Spontanumlegung: Geht man davon aus, dass sich der Systemzustand im
Verkehrsnetz aufgrund zufälliger Ereignisse (z.B. Unfall) ändern kann, dann
kann es für die Verkehrsteilnehmer sinnvoll sein, ihre Routenwahl aufgrund
aktueller Informationen oder Empfehlungen nach der Abfahrt zu korrigieren.
Bei diesem Umlegungsverfahren beeinflussen die Annahmen zur Verfügbarkeit von Information und zu den Befolgungsraten das Umlegungsergebnis maßgeblich. Ein derartiges Umlegungsverfahren eignet sich für die
Bewertung von dynamischen Verkehrsbeeinflussungsmaßnahmen und für
den Einsatz in Verkehrsleitzentralen.
Umlegungsverfahren für den Öffentlichen Verkehr unterscheiden sich von den
Umlegungsverfahren für den Individualverkehr im wesentlichen dadurch, dass
das Verkehrsangebot maßgeblich durch den Fahrplan bestimmt wird. Auch hier
kann man zwischen statischen und dynamischen Verfahren unterscheiden:
•
Statische Umlegungsverfahren für den Öffentlichen Verkehr können als taktabhängige Verfahren bezeichnet werden. Sie rechnen nicht mit den tatsächlichen Umsteigewartezeiten, sondern schätzen eine mittlere Umsteigewartezeit. Die Umsteigewartezeit ergibt sich dabei aus der mittleren Fahrzeugfolgezeit der Linie, in die eingestiegen wird. Bei einer Linie mit einem 10
Minutentakt wird dann z.B. von 5 Minuten Wartezeit ausgegangen. Taktabhängige Umlegungsverfahren werden vor allem für die Planung in städtischen Netzen eingesetzt, da hier die Koordinierung des Fahrplans nicht so
wichtig ist.
•
Dynamische Umlegungsverfahren für den Öffentlichen Verkehr werden als
fahrplanfeine Verfahren bezeichnet. Sie haben eine explizite Zeitachse und
rechnen mit der tatsächlichen Umsteigewartezeit. Sie berücksichtigen damit
die Koordinierung des Fahrplans und eignen sich für Netze mit großen
Fahrzeugfolgezeiten, z.B. Bahnnetze.
3 Motivation für die dynamische Umlegung
Die Motivationen für eine zeitlich aufgelöste Betrachtung sind schon auf den
ersten Blick vielfältig: die Kenntnis des Verlaufs der Belastung liefert eo ipso
mehr Information als nur die Kenntnis der durchschnittlichen Belastung; in hoch
ausgelasteten Systemen ist die Betrachtung der Belastungsspitzen besonders
wichtig; aktuelle Verkehrsentstehungsmodelle können inzwischen die
Nachfrage mit ihrem zeitlichen Verlauf bereitstellen.
Ein gängiger Ansatz ohne echtes dynamisches Umlegungsverfahren besteht in
der Anwendung statischer Umlegungsverfahren in kleinen Zeitschritten. Die
Anwendung einer statischen Umlegung wird aber methodisch problematisch,
sobald die Zeitschritte nicht mehr deutlich größer als die Fahrtdauern der umgelegten Nachfrage sind. Es gibt aber auch weitere schwerwiegende Gründe,
Verfahren mit expliziter Modellierung der Zeitachse einzusetzen, nämlich die
Modellierung von Engpässen (downstream metering) und die daraus entstehende Rückstauausbreitung (blocking back) sowie die Möglichkeit, die Wahl der
Abfahrtszeit elegant in das Umlegungsmodell zu integrieren.
Bei der realistischen Modellierung eines Engpasses, d.h. einer Stelle auf einer
Route mit geringer Kapazität, darf die den Engpass verlassende Verkehrsmenge nicht größer sein als von der Engpasskapazität vorgegeben. Eine
grundlegende Annahme statischer Umlegungsverfahren ist aber, dass entlang
einer Route die auf diese Route umgelegte Belastung an allen Stellen zugleich
und mit der gleichen Belastung wirkt. Ein Engpass führt zwar in der Regel dazu,
dass aufgrund des höheren Widerstands der Route weniger Verkehr auf diese
Route verteilt wird, aber vor, in und hinter dem Engpass wird die gleiche Belastung eingetragen. Das Resultat ist eine Überlastung der Strecke mit dem
Engpass, aber es wird weder die daraus resultierende Überlastung der Strecken davor noch die Entlastung der Strecken dahinter abgebildet. Da dynamische Umlegungsverfahren die Annahme der gleichmäßigen Belastung einer
Route fallen lassen, sind dort die Voraussetzungen zur Modellierung dieser Situation gegeben.
Wenn eine Strecke überlastet ist, entsteht in der Realität ein Rückstau. Wie
lang dieser Rückstau wird, hängt von der Dauer der Überlastung ab. Da es in
statischen Verfahren keine explizite Modellierung der Zeit gibt, kann dort nur
hilfsweise unter Annahme einer Betrachtungsdauer eine Staulänge geschätzt
werden. Um auch die Ausbreitung des Rückstaus im Netz stromaufwärts, also
das sukzessive Zustauen der Vorgängerstrecken, abzubilden, müsste bei geschichteten statischen Umlegungen zwischen den Umlegungen der Stauzustand übergeben werden, was nur von wenigen, dann quasi-dynamisch
genannten Verfahren, geleistet wird. In einem dynamischen Verfahren ist die
Rückstauabbildung einfacher modellierbar, je nach verwendetem Bewegungsmodell ergibt sie sich sogar ohne zusätzlichen Aufwand.
Auch die Modellierung der Wahl der Abfahrtszeit in Kombination mit der
Routenwahl ist nur möglich, wenn das Modell eine Zeitachse beinhaltet. Zwar
ist auch hier eine Anwendung der Methode sukzessiver statischer Umlegungen
denkbar, bei der Teile der Nachfrage zwischen den Zeitschritten verschoben
werden. Bei einem dynamischen Verfahren bietet sich aber eine elegante Integration von Routenwahl und Abfahrtszeitwahl an, indem Abweichungen vom
Wunschabfahrtszeitpunkt mit einem Widerstandszuschlag belegt werden, der
mit dem Widerstand der zur Auswahl stehenden Routen verrechnet wird.
4 Bestandteile einer dynamischen Umlegung
Für die dynamische Umlegung im Individualverkehr gibt es eine Vielzahl von
Lösungsansätzen. Auch wenn sich die Lösungsansätze zum Teil deutlich voneinander unterscheiden, umfassen alle dynamischen Umlegungsverfahren
mehr oder weniger explizit zwei wesentliche Teilmodelle: ein Routenwahlmodell, das die Verkehrsnachfrage auf Routen bzw. Verbindungen aufteilt und
ein Verkehrsflussmodell, das die Verkehrsteilnehmer entlang der Routen fort-
bewegt. Innerhalb dieser beiden Teilmodelle bietet es sich an, fünf Teilkomponenten zu unterscheiden:
1. Routensuche und Erzeugung von Verbindungen: Ermittlung aller möglichen
Routen für alle Quelle-Ziel-Beziehungen und Ableitung von Verbindungen
für diskrete Abfahrtszeitpunkte.
2. Verbindungswahl: Aufteilung der Verkehrsnachfrage auf Verbindungen.
3. Netzbelastung: Ermittlung der zeitabhängigen Netzbelastung für jedes Netzelement entlang der Zeit-Weg-Linie (Trajektorie) jeder Verbindung mit
einem Verkehrsflussmodel.
4. Netzbewertung: Bestimmung der Fahrzeiten für jedes Netzelement und für
jedes Zeitintervall in Abhängigkeit von Kapazität und Belastung.
5. Steuerung der Iterationen: Wiederholung der obigen Teilaufgaben in einer
bestimmten Anordnung einschließlich der Prüfung auf Konvergenz, d.h. der
Prüfung ob ein angestrebter Zielzustand erreicht ist.
4.1
Routensuche und Erzeugung von Verbindungen
Aufgabe der Routensuche ist es, die Auswahlmenge aller relevanten Routen zu
ermitteln. Wie bei den statischen Umlegungsverfahren, gibt es bei den dynamischen Umlegungsverfahren streckenbasierte und routenbasierte Verfahren:
•
Bei den streckenbasierten Umlegungsverfahren (z.B. Sukzessivumlegung,
oder deterministische Gleichgewichtsumlegung nach FRANK/WOLFE [9])
werden keine Routen gespeichert. Hier lässt sich die Routensuche durch
eine wiederholte Bestwegsuche einfach gestalten, wobei sich die Suchwiderstände aufgrund der iterativ ermittelten Netzbelastungen verändern.
•
Bei routenbasierten Umlegungsverfahren (z.B. deterministische Gleichgewichtsumlegung nach BOTHNER/LUTHER [3] oder stochastische
Gleichgewichtsumlegung) müssen dagegen alle Routen explizit bekannt
sein. Die Ermittlung der Routen kann ebenfalls durch eine wiederholte
Bestwegsuche oder über ein Mehrwegsuchverfahren erfolgen. Die explizite
Kenntnis der Routen bringt bei der dynamischen Umlegung den Vorteil,
dass die Routen von unterschiedlichen Verkehrsflussmodellen direkt als
Eingangsgröße übernommen werden können.
Bei routenbasierten Verfahren kann es sinnvoll sein, die Qualität der einzelnen
Routen durch einen Umwegtest zu prüfen. Der Umwegtest verwirft eine Route
R2, wenn bereits eine Route R1 existiert, die bis auf ein Teilstück T1 mit R2
übereinstimmt und dieses Teilstück T2 in R2 wesentlich länger ist als in R1. R2
wird gegenüber R1 verworfen, wenn
Länge(T2 ) > F ⋅ Länge(T1 )
Ein wesentlicher Unterschied zwischen der statischen und der dynamischen
Umlegung besteht darin, dass die Widerstände (Zeit, Kosten) der Routen bei
der dynamischen Betrachtungsweise zeitabhängig sind. Ähnlich wie beim
Öffentlichen Verkehr wählen die Verkehrsteilnehmer deshalb nicht nur eine
Route, sondern auch einen Abfahrtszeitpunkt. Die Verknüpfung einer Route mit
einem Abfahrtszeitpunkt kann man in Anlehnung an den Öffentlichen Verkehr
als Verbindung bezeichnen. Jede Verbindung definiert genau eine Trajektorie
(Zeit-Weg-Linie), die in einem Zeit-Weg Diagramm dargestellt werden kann
(Abbildung 1).
s
t1
t2
t3
t4
t5
t
Trajektorie im belasten Netz
Trajektorie im unbelasten Netz
Abbildung 1: Zeit-Weg Diagramm mit Trajektorien einer Route für verschiedene Abfahrtszeitpunkte. Verkehrsteilnehmer, die zu den Zeitpunkten t2 bis t4
abfahren, müssen längere Fahrzeiten in Kauf nehmen.
Um aus den Routen der Routensuche Verbindungen bzw. Trajektorien als
Grundlage für die Verbindungswahl zu erzeugen, gibt es zwei Möglichkeiten:
•
Aus jeder Route der Routensuche werden für diskrete Zeitpunkte Verbindungen abgeleitet.
•
Die Routensuche wird durch eine Verbindungssuche ersetzt, die mit Hilfe
einer zeitabhängigen Bestwegsuche die zu diskreten Zeitpunkten kürzeste
Route ermittelt. Zeitabhängige Bestwegsuchverfahren werden z.B. von
CHABINI [5] und MILLER-HOOKS/MAHMASSANI [14] beschrieben. Wenn
bei der Suche des besten Weges die Bewertung der Strecken nur aus deren
Fahrzeit besteht, kann ein modifizierter Dijkstra-Algorithmus zum Einsatz
kommen. Im Fall generalisierter Kosten, die z.B. auch Mautkosten umfassen, ist die Suche des besten zeitdynamischen Wegen erheblich aufwändiger.
In beiden Fällen ist für die Ermittlung der relevanten Zeiten zwischen der aktuellen Fahrzeit und der tatsächlichen Fahrzeit zu unterscheiden. Für die Bestimmung der Fahrzeiten bei einer Umlegung, die zu Bewertung geplanter Maßnahmen eingesetzt wird, dürfen nicht die aktuellen Fahrzeiten aufsummiert
werden, die zum Zeitpunkt der Abfahrt an der Quellzelle im Netz gültig sind,
sondern die tatsächlichen Fahrzeiten, die im Moment der tatsächlichen Befahrung durch den Verkehrsteilnehmer vorhanden sind. Eine Ausnahme stellt die
Spontanumlegung dar, wenn Verkehrsteilnehmer ihre Routenwahl zum Teil auf
der Basis von Informationen über die aktuelle Verkehrslage treffen.
Die Ermittlung von Routen und Verbindungen muss für verschiedene Fahrzeugklassen (Pkw, Lkw) getrennt durchgeführt werden, da jede Fahrzeugklasse
spezifische Fahrzeiten aufweisen kann.
4.2
Verbindungswahl
Während bei der statischen Umlegung nur eine Routenwahl durchgeführt wird,
muss bei der dynamischen Umlegung auch ein Abfahrtszeitpunkt bestimmt
werden. Die Abfahrtszeitwahl kann entweder in einer vorgeschalteten Modellstufe festgelegt oder direkt in die Verbindungswahl integriert werden. Bei einer
Integration von Verbindungswahl und Abfahrtszeitwahl umfasst der Widerstand
wv einer Verbindung v neben der Summe der zeitabhängigen Fahrzeiten für die
benutzten Netzelemente auch einen Term ∆t , der die zeitliche Nutzbarkeit beschreibt:
S
wv = ∑ ts , z + τ ⋅ ∆t
s =1
mit
wr
Widerstand einer Verbindung v [min]
S
Anzahl Netzelemente der Verbindung v
ts , z
zeitabhängige Fahrzeit für Netzelement s im Zeitintervall z [min]
∆t
Differenz von Wunschabfahrtszeit und tatsächlicher Abfahrtszeit [min]
τ
Bewertung der Abfahrtszeitdifferenz
Für Verkehrsteilnehmer, die eine Verbindung im Wunschzeitintervall wählen,
beträgt ∆t = 0 Minuten. Für Verkehrsteilnehmer, die aufgrund einer hohen
Fahrzeit im Wunschzeitintervall eine Verbindung vor oder nach ihrem Wunschzeitintervall wählen, ist ∆t > 0. Ein hoher Wert für τ bewirkt, dass die Verkehrsteilnehmer sich nur für eine Abfahrt in ihrem Wunschzeitintervall entscheiden, bei einem τ = 0 sind die Verkehrsteilnehmer bereit, zu jedem beliebigen
Abfahrtszeitpunkt abzufahren. Die Länge eines Zeitintervalls für die Verbindungswahl liegt je nach Netzgröße und geforderter Ergebnisgenauigkeit zwischen 5 und 60 Minuten.
Die Aufteilungsregeln für die Verbindungswahl lassen sich in vier Gruppen
unterteilen:
1. Aufteilung entsprechend dem Systemoptimum:
Im Fall des Systemoptimums (SO) wird die Verkehrsnachfrage nach dem
zweiten Wardrop‘sches Prinzip [19] so aufgeteilt, dass die Summe der
Widerstände über alle Fahrten für alle Abfahrtszeitpunkte minimal ist:
N
∑ q ⋅ w != min
i
i
i
mit
N
Anzahl der Alternativen
qi
Nachfrage auf Alternative i
wi
Widerstand der Alternative i
2. Aufteilung entsprechend dem deterministischen Nutzergleichgewicht:
Ein sogenanntes deterministisches Nutzergleichgewicht (Deterministic User
Equilibrium DUE) ist dann gegeben, wenn sich die Verkehrsteilnehmer entsprechend dem ersten Wardrop‘sches Prinzip [19] so verteilen, dass die
Fahrtdauer auf allen alternativen Routen gleich ist und jeder Wechsel auf
eine andere Route die persönliche Fahrzeit erhöhen würde. Im dynamischen Fall muss die Fahrtdauer für alle alternativen Routen bezogen auf
einen Abfahrtszeitpunkt gleich sein. Für alle benutzten Alternativen (Nachfrage q>0) muss also folgende Bedingung erfüllt sein:
wi
= 1,
wj
∀j = 1...N und qi > 0 bzw. q j > 0
3. Aufteilung entsprechend dem stochastisches Nutzergleichgewicht:
Der Ansatz des deterministischen Nutzergleichgewichts kann auf ein
stochastisches Nutzergleichgewicht (Stochastic User Equilibrium SUE)
erweitert werden, bei dem die Verkehrsteilnehmer ihre subjektive empfundene Fahrtdauer optimieren. Beim stochastischen Nutzergleichgewicht wird
die Nachfrage abhängig vom Widerstand der Routen bzw. Verbindungen
mit einem ökonometrischen Entscheidungsmodell (z.B. Logit oder Kirchhoff)
auf die Alternativen verteilt, um die unvollständige Information der Verkehrsteilnehmer und die individuellen Unterschiede in ihrer Wahrnehmung
und ihren Präferenzen abzubilden. In diesem Fall ist bei der Aufteilung die
Ähnlichkeit bzw. die Eigenständigkeit der Routen zu berücksichtigen, wenn
sich die alternativen Routen einer Quelle-Ziel-Beziehung überlappen. Das
kann zum Beispiel mit dem C-Logit Ansatz nach CASCETTA [4] erfolgen.
Bei der Routen- bzw. Verbindungswahl nach dem stochastischen Nutzergleichgewicht (SUE) wird die Nachfrage unter Berücksichtigung der Eigenständigkeit E z.B. mit der Logit Formel aufgeteilt:
pi =
e β ⋅ wi ⋅ Ei
∑ (e
N
j =1
β ⋅w j
⋅ Ej
)
mit
pi
Anteil der Nachfrage auf Alternative i
N
Anzahl der Alternativen
Ei
Eigenständigkeit der Alternative i, 0 ≤ Ei ≤ 1
β
Skalierungsparameter
4. Aufteilung nach einer heuristischen Regel:
Die Gruppe der heuristischen Aufteilungsregeln umfasst eine Vielzahl von
Ansätzen. Dazu gehört z.B. auch die Bestwegumlegung, die einfach zu
einer dynamischen Bestwegumlegung erweitert werden kann. Heuristische
Aufteilungsregeln sind insbesondere für Umlegungen geeignet, bei denen
wie bei der Spontanumlegung kein Gleichgewichtszustand angestrebt wird.
So schlagen JAYAKRISHNAN et al [10] vor, dass im Rahmen einer
Spontanumlegung eine Korrektur der gewählten Route während der Fahrt
immer dann vorgenommen wird, wenn eine neue kürzeste Route bekannt
ist, für die gilt:
t Ist − tMin > MAX (α ⋅ t Ist , β )
mit
t Ist
Fahrzeit auf gewählter Route vom aktuellen Knoten zum Ziel
t Min Fahrzeit auf kürzester Route vom aktuellen Knoten zum Ziel
α
Faktor zur Definition einer erforderlichen relativen Zeitersparnis
β
Konstante zur Definition einer erforderlichen absoluten Zeitersparnis
Die Übertragbarkeit des deterministischen Nutzergleichgewichts vom statischen
auf den dynamischen Fall wird in der Literatur wiederholt als schwierig diskutiert. PEETA/ZILIASKOPOULOS [15] geben hierzu eine umfassende Übersicht.
Probleme betreffen u.a. die Erfüllung der „first-in, first out“ (FIFO) Bedingung,
d.h. die Gewähr, dass es keine Verbindungen gibt, die später abfahren und
früher ankommen als alternative Verbindungen. Insbesondere ist die Existenz
einer eindeutigen Lösung im Gegensatz zur statischen Gleichgewichtsumlegung bisher nicht nachgewiesen.
Der Einsatz eines Entscheidungsmodells wie es beim stochastischen Nutzergleichgewicht der Fall ist, lässt sich im Gegensatz dazu relativ einfach implementieren und kann in Kombination mit ganz unterschiedlichen Verkehrsflussmodellen eingesetzt werden. Eine Reihe von vorhandenen Lösungen der
Dynamischen Umlegung basieren auf diesem Ansatz, (z.B. CASCETTA [4],
VISSIM [8] und VISUM [18]).
Die in den USA entwickelten Programmsysteme DynaMIT [1] und DYNASMART [11] (siehe hierzu auch www.dynamictrafficassignment.org) sehen es
vor, dass die zeitabhängige Routenwahl auf der Basis verschiedener Fahrzeiten
erfolgen kann. Die Fahrzeiten können dabei aus historischen Fahrzeiten
(= Nutzergleichgewicht) und aktuellen Fahrzeiten kombiniert werden.
4.3
Netzbelastung
Ein zentraler Verfahrensschritt ist die Netzbelastung mit einem Verkehrsflussmodell. Mikroskopische Verkehrsflussmodelle haben hier den Vorteil, dass sie
eine intuitivere Modellierung ermöglichen, d.h. die Modellierung von Engpässen
und die daraus resultierende Rückstauausbreitung ergibt sich unmittelbar aus
dem Verkehrsflussmodell. Außerdem lässt sich prinzipiell die Knotensteuerung
gut abbilden. Wesentlicher Nachteil ist die höhere Rechenzeit.
Ein anderes Extrem stellen einfache Bewegungsmodelle dar (z.B. ROMPH
[16]), die die Nachfrage einer Verbindung über die zugehörige Zeit-Weg-Linie
zeitlich auf das Netz verteilen. Dazu wird ausgehend vom Anfang und Ende
jedes Zeitintervalls je eine Zeit-Weg-Linie durch die Strecken berechnet, die
sich jeweils mit der Fahrgeschwindigkeit bewegt, die auf der Strecke herrscht,
die gerade durchfahren wird. Man kann sich die beiden Linien als die Ränder
des Verkehrspulks vorstellen, der im betrachteten Zeitintervall auf der Route
losgefahren ist. In jedem Zeitintervall wird die Verkehrsmenge dieses Pulks auf
alle Strecken verteilt, die das von den beiden Linien begrenzte Band berührt,
und zwar anteilig nach den überdeckten Flächen. Die folgende Abbildung macht
diesen Vorgang anschaulich.
S1
S2
S3
Sn
t0
Strecken
R.Bel(T1)
t1
A1
A2
t2
ti
tk
Zeit
S (1).Bel (T 1) = R.Bel (T 1) ⋅ A1 / ( A1 + A2 )
S (1).Bel (T 2) = R.Bel (T 1) ⋅ A2 / ( A1 + A2)
mit
R.Bel (T 1)
Nachfrage auf Route 1 mit Abfahrt im Zeitintervall T1 [t0;t1[
S (1).Bel (T 1) Verkehrsmenge auf Strecke 1 im Zeitintervall T1 [t0;t1[
S (1).Bel (T 2) Verkehrsmenge auf Strecke 1 im Zeitintervall T2 [t1;t2[
Abbildung 2: Vereinfachtes Bewegungsmodell für eine dynamische IV-Umlegung
Während ein derartiges vereinfachtes Bewegungsmodell Vorteile bei der
Rechenzeit bringt, müssen als Nachteile in Kauf genommen werden, dass sich
Rückstaulängen nicht explizit aus dem Bewegungsmodell ermitteln lassen.
Neben diesen beiden extremen Varianten eines Verkehrsflussmodells gibt es
eine Vielzahl von Zwischenstufen, die alle einen Kompromiss zwischen der realistischen Abbildung der Dynamik des fließenden Verkehrs und einer rechen-
technischen Handhabbarkeit auch in großen Netzen suchen. Zunächst kann
ausgehend von einem detaillierten mikroskopischen Verkehrsflussmodell, wie
es zu verkehrstechnischen Untersuchungen z.B. bei der Lichtsignalsteuerung
eingesetzt wird, die Interaktion zwischen den Einzelfahrzeugen immer weiter
vereinfacht werden, um schnellere Berechnungen zu erlauben. So gelangt man
zu Modellen wie den zellularen Automaten (z.B. NAGEL/RICKERT [17]) und am
Ende zu Warteschlangenmodellen, bei denen der Verkehrsablauf auf der Strecke nur rudimentär durch eine Fahrzeit bis zum Warteschlangenende vor dem
nächsten Knoten abgebildet wird (z.B. DE PALMA et al [7]).
Bei den mesoskopischen Flussmodellen wird die direkte Interaktion der Einzelfahrzeuge ganz aufgegeben zu Gunsten einer Orientierung der Fahrgeschwindigkeit an makroskopischen Kenngrößen des das Fahrzeug umgebenden Verkehrsstroms (z.B. MAHMASSANI et al [11] und MAHUT [12]).
Bei makroskopischen Modellen kann, ausgehend von dem oben skizzierten
sehr einfachen Bewegungsmodell, sowohl die räumliche Auflösung als auch die
Beschreibung der Flussdynamik verfeinert werden, um einen realistischeren
Verkehrsfluss abzubilden. Im Cell Transmission Model von DAGANZO [6] wird
die Strecke in relativ kleine Zellen gerastert (Größenordnung 20 Meter), wobei
die Beschreibung des Verkehrsflusses zwischen den Zellen so einfach gehalten
ist, dass sich das Modell sogar in mathematisch-analytische Formulierungen
des dynamischen Umlegungsproblems integrieren lässt.
4.4
Netzbewertung
Bei der Netzbewertung wird jedem Netzelement für jedes Zeitintervall eine
Fahrzeit zugewiesen. Diese Fahrzeit kann aus der Verkehrsstärke einer Strecke
pro Zeitintervall oder aus der mittleren Fahrzeit mikroskopischer Einzelfahrzeuge abgeleitet werden. Die zeitabhängigen Streckenfahrzeiten werden dann
zu Fahrzeiten der Verbindungen aufsummiert. Dabei sind folgende Punkte zu
beachten:
•
Bei der Ermittlung der Fahrzeit muss zwischen der aktuellen Fahrzeit, die
zum Zeitpunkt der Abfahrt an der Quellzelle im Netz gültig ist, und der tatsächlichen Fahrzeit, die im Moment der Befahrung durch den Verkehrsteilnehmer vorhanden ist, unterschieden werden.
•
Die Fahrzeit einer Verbindung kann für die Verbindungswahl um weitere
Widerstandskomponenten (z.B. Straßenbenutzungsgebühren) ergänzt werden.
•
4.5
Um in der Iteration zwischen Verbindungswahl und Netzbewertung eine bessere Konvergenz zu erreichen, sollten die Widerstände der Strecken bzw.
Routen über die Iterationsschritte geglättet werden. Dafür kommen verschiedene Ansätze, z.B. exponentielle Glättung oder die Method of Successive Averages, in Frage.
Iterationssteuerung
Alle simulationsbasierten Verfahren, die einen sich wiederholenden Systemzustand anstreben, sind an unterschiedlichen Stellen darauf angewiesen, die
Lösung von Teilproblemen durch Iteration zu ermitteln, da eine geschlossene
mathematische Lösung nicht möglich ist. Die Anordnung der Iterationen innerhalb der Gesamtmodellstruktur kann unterschiedlich gewählt werden, deshalb
können Verfahren auch danach geordnet werden.
Die allgemeinste Struktur beinhaltet drei geschachtelte Iterationen, wie in
Abbildung 3 gezeigt. In der innersten Iteration (3) werden bei gegebener
Routenwahl die Belastung der Strecken und die daraus resultierenden
Fahrzeiten im Netz berechnet. Die Fahrzeiten ihrerseits beeinflussen wiederum
die Streckenbelastungen, weil von ihnen abhängt, wie weit der Verkehr entlang
der Route im einem Zeitintervall kommt (vgl. Abbildung 2). Die beiden
umschließenden Iterationen sind keine Spezialität der dynamischen Umlegung,
sondern können ebenso Bestandteil statischer Umlegungsverfahren sein. Auf
der nächst äußeren Ebene (2) wird die Routenwahl mit der Berechnung der
Fahrzeiten iteriert. Die Fahrzeiten gehen in die Bewertung der Routen ein und
bestimmen damit die Wahlentscheidung, andererseits hängt von der
Wahlentscheidung die Belastung der Routen und damit wieder die Fahrzeit ab.
Die äußerste Iteration (1) wird von der Suche nach neuen Routen und der
Belastung dieser Routen gebildet.
Routensuche
1
Routenwahl
2
Streckenbelastung
3
Strecken-Fahrzeiten
Abbildung 3: Allgemeine Struktur der Iterationen bei der dynamischen Umlegung.
Wenn zur Abbildung der Wirkung der Belastung auf die Fahrzeit ein Verkehrsfluss-Simulationsmodell verwendet wird, erübrigt sich die innerste Iteration und
wird durch die Simulation ersetzt (Abbildung 4 links). Da bei einer solchen Modellstruktur ein erheblicher Rechen- und damit Zeitaufwand in der Verkehrsflusssimulation liegt, wird in manchen Modellen die Struktur dahingehend modifiziert, dass nur eine, alle drei Teilaufgaben umfassende Iteration angesetzt wird
(Abbildung 4 rechts). Der Sinn dieser Struktur ist, dass die Routensuche öfter
zum Zug kommt. Die Idee dabei ist, dass man jede neue Belastungssituation,
die ja jeweils durch eine aufwändige Simulation entstanden ist, auch gleich
nutzt, um neue beste Wege zu suchen.
Routensuche
Routensuche
1
Routenwahl
Routenwahl
1
2
VerkehrsflussSimulation
VerkehrsflussSimulation
Abbildung 4: Möglichkeiten zur Anordnung der Iterationen bei Verwendung einer Verkehrsfluss-Simulation.
Die Iterationen einer dynamischen Umlegung mit wiederkehrendem Systemzustand dienen dazu, einen Konvergenzzustand zu erreichen. Konvergenz in
der innersten Iteration (3) ist dann gegeben, wenn eine konsistente Streckenbelastung erreicht ist, d.h. eine, bei der die Streckenbelastungen ungefähr zu
den Fahrzeiten führen, die beim Verteilen der Verbindungsbelastungen angenommen wurden. In einer diesen Block umschließenden Iteration (2) wird die
Verbindungswahl solange iteriert, bis die Verbindungswiderstände, die sich aus
den zeitabhängigen Fahrzeizeiten auf den Strecken oder den Routen ergeben,
einen stabilen Zustand erreicht haben, sich also nur noch minimal von Iteration
zu Iteration ändern. Alternativ kann hier gefordert werden, dass nicht die
Fahrzeiten, sondern die Belastungswerte konvergieren. In der äußersten
Iteration (1) ist Konvergenz gegeben, wenn keine neuen Routen mehr gefunden
werden.
Bei vielen simulationsbasierten Ansätzen ist die Eindeutigkeit oder wenigstens
die Existenz einer konvergenten Lösung aufgrund der nicht hinreichend strengen mathematischen Formulierung nicht beweisbar. In der Praxis erweisen sich
die Anwendungen aber meistens als hinreichend wohlwollend, so dass der
Vorteil der realitätsnäheren Abbildung des Verkehrsflusses den Nachteil der
schwächeren mathematischen Fassbarkeit überwiegt.
5 Schlussbemerkung
Über die dynamische Umlegung gibt es eine Fülle von Veröffentlichungen,
vorrangig in Englischer Sprache. Eine Stichwortsuche nach „Dynamic Traffic
Assignment“ im Internet zeigt, dass der Umfang der Veröffentlichungen für den
Einzelnen kaum mehr zu überblicken ist. Eine detaillierte Klassifizierung von
dynamischen Umlegungsverfahren mit einer umfangreichen Literaturliste findet
sich zum Beispiel bei PEETA/ZILIASKOPOULOS [15]. Mit dem vorliegenden
Beitrag wurde versucht, anhand der Bestandteile einer dynamischen Umlegung
typische Vorgehensweisen und damit verbundene Probleme aufzuzeigen.
Dabei erscheint es den Autoren als besonders hilfreich, die Teilmodelle der
Routen- bzw. Verbindungswahl und des Verkehrsflusses getrennt zu
betrachten. Eine klare Schnittstelle zwischen Wahl und Verkehrsfluss bei der
Verfahrensimplementierung ermöglicht es, unterschiedliche Wahlmodelle und
Flussmodelle miteinander zu koppeln. In vielen Veröffentlichungen zur
dynamischen Umlegung ist diese Trennung schwer erkennbar. Häufig liegt der
Schwerpunkt auf der Beschreibung des Verkehrsflussmodells während die
gewählte Methode der Routen- bzw. Verbindungswahl unklar bleibt.
Wünschenswert, aber sehr aufwändig, wäre ein experimenteller Vergleich
ausgewählter dynamischer Umlegungsverfahren anhand von Beispielnetzen.
Bereits bei einfachen Beispielanwendungen erhöht sich die Komplexität durch
die Einführung der Zeitachse, so dass sich die Ergebnisse nur mit großen
Aufwand nachvollziehen und erklären lassen. Wesentliche Unterschiede bei
den ermittelten Fahrzeiten und Belastungen resultieren dabei aus der
Modellierung des Verkehrsangebots, insbesondere an den Knotenpunkten. Hier
hat die Abbildung der Knotentopologie (Anzahl Fahrstreifen und Aufweitungen)
und der Knotensteuerung einen großen Einfluss auf die Ergebnisse.
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