Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern BSIG Nr. 1/122.20/3.1 Amt für Migration und Personenstand 1. Januar 2017 Migrationsdienst des Kantons Bern Eigerstrasse 73 3011 Bern Kontaktstelle: Bereich Kundenzentrum Telefon 031 633 53 15 Telefax 031 633 55 91 www.be.ch/migration [email protected] Geht an: Einwohner- und gemischte Gemeinden Regierungsstatthalterämter Diverse Abonnenten Weisung Personen des Asylbereichs in den Gemeinden 1 Ausgangslage 1.1 Anlass dieser Weisung Das Amt für Migration und Personenstand (MIP) ist für die Gewährung der Sozialhilfe für Personen des Asylbereichs zuständig (Art. 3 EG AuG und AsylG). Es hat sechs Asylsozialhilfestellen mit dieser Aufgabe beauftragt: Verein Asyl Biel und Region Heilsarmee Flüchtlingshilfe Asylkoordination Thun ORS Service AG Kompetenzzentrum Integration der Stadt Bern Zentrum Bäregg GmbH Dem Kanton Bern werden Asylsuchende nach einem fixen Verteilschlüssel vom Bund zugeteilt. Diese hat er unterzubringen und zu betreuen. Am 1. Januar 2016 gab es im Kanton Bern 46 Kollektivunterkünfte für Personen des Asylbereichs, davon 28 oberirdische Kollektivunterkünfte, 12 unterirdische Notunterkünfte und sechs Wohnheime für unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA). In diesen Kollektivunterkünften können gesamthaft 3‘748 Personen untergebracht werden. Das MIP hat die Zahl der Unterkünfte und die Platzkapazitäten im Verlaufe des Jahres 2015 verdoppelt. Für das laufende Jahr ist wiederum mit einer sehr hohen Zahl Asylgesuche zu rechnen, weshalb auch in diesem Jahr mit Neueröffnungen von Kollektivunterkünften für Personen des Asylbereichs zu rechnen ist. Das MIP nimmt dies zum Anlass, den Gemeinden die Aufgaben aufzuzeigen, die mit der Anwesenheit von Personen des Asylbereichs verbunden sind. Bernische Systematische Information Gemeinden 12/2016 Personen des Asylbereichs in den Gemeinden 1.2 Seite 2 - BSIG Nr. 1/122.20/3.1 Begriffsdefinitionen Personen des Asylbereichs nach Art. 3 EG AuG und AsylG sind: Personengruppe Asylsuchende Vorläufig Aufgenommene Abgewiesene Asylsuchende Definition Ausländische Personen, die ein Asylgesuch eingereicht haben, welches noch hängig ist, bzw. über welches das Staatssekretariat für Migration (SEM) noch nicht entschieden hat. Asylsuchende, deren Asylgesuch abgewiesen wurde und die aus der Schweiz weggewiesen wurden, wobei der Vollzug der Wegweisung aus humanitären, völkerrechtlichen oder technischen Gründen durch die Anordnung der vorläufigen Aufnahme ersetzt wird. Personen, deren Asylgesuch rechtskräftig abgewiesen wurde und die gestützt darauf rechtskräftig weggewiesen sind (Ausreisepflicht). Ausweis N F Kein Ausweis Keine Personen des Asylbereichs sind nach Art. 46a SHG: Personengruppe Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge Anerkannte Flüchtlinge 1.3 Definition Personen, die als Flüchtling anerkannt sind, jedoch wegen subjektiven Nachfluchtgründen oder wegen Unwürdigkeit kein Asyl erhalten und deswegen ersatzweise vorläufig aufgenommen werden. Personen, die als Flüchtling anerkannt sind und Asyl erhalten. Ausweis F B Glossar ASH AsylG AsylV 1 AuG AVIG BMDV EG AuG und AsylG EV AuG und AsylG GG KDSG KESB MIDI MIP RAV RSH SEM SHG UMA UMF VSG VVWA Asylsozialhilfestelle Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (SR 142.31) Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 über Verfahrensfragen (SR 142.311) Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, SR 142.20) Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz; SR 837.0) Direktionsverordnung vom 30. August 2008 über die besonderen Massnahmen im Kindergarten und in der Volksschule (BSG 432.271.11) Einführungsgesetz vom 20. Januar 2009 zum Ausländer- und zum Asylgesetz (BSG 122.20) Einführungsverordnung vom 14. Oktober 2009 zum Ausländer- und zum Asylgesetz (BSG 122.201) Gemeindegesetz vom 16. März 1998 (BSG 170.11) Datenschutzgesetz vom 19. Februar 1986 (BSG 152.04) Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Migrationsdienst Amt für Migration und Personenstand Regionale Arbeitsvermittlungsstellen Regierungsstatthalter Staatssekretariat für Migration Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe (Sozialhilfegesetz; BSG 860.1) Unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender Unbegleiteter minderjähriger Flüchtling Volksschulgesetz vom 19. März 1992 (BSG 432.210) Verordnung vom 11. August 1999 über den Vollzug der Weg- und Ausweisung von ausländischen Personen (SR 142.281) Bernische Systematische Information Gemeinden 12/2016 Personen des Asylbereichs in den Gemeinden VZAE ZAV ZEMIS ZStV 2 Seite 3 - BSIG Nr. 1/122.20/3.1 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (SR 142.201) Verordnung vom 19. September 2012 über die Zusammenarbeit der kommunalen dienste mit den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden und die Abgeltung der den Gemeinden anfallenden Aufwendungen (BSG 213.318) Zentrales Migrationssystem. Datenbank des Bundes, in welchem sämtliche ausländische Personen und sämtliche Personen des Asylbereichs erfasst sind. Zivilstandsverordnung vom 28. April 2004 (SR 211.112.2) Standortwahl neuer Kollektivunterkünfte Nach Art. 4 Abs. 5 Satz 2 EG AuG und AsylG erfolgt die Verteilung der Personen des Asylbereichs „soweit möglich im Verhältnis zur Wohnbevölkerung“. Dabei handelt es sich keinesfalls um eine justiziable Bestimmung, sondern vielmehr um eine gesetzliche Zielvorgabe sowohl an das MIP bei der Zuweisung von Personen des Asylbereichs an die ASH, aber auch an die ASH bei der Zuweisung einer bestimmten Kollektivunterkunft oder bei der Platzierung in Privatwohnungen der 2. Phase. Es versteht sich von selbst, dass das MIP in Zeiten starker Zunahme der Zuweisung von Asylsuchenden der bevölkerungsproportionalen Verteilung nicht oberste Priorität zumessen kann. Die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags – Gewährung der Sozialhilfe, insbesondere Sicherung des Obdachs – geht der Zielvorgabe vor. Bei der Standortwahl zählen zunächst: Zonenkonformität der Liegenschaft Bedarf von Umnutzungs- oder Baugesuchen Rahmenbedingungen der Gebäudeversicherung Wirtschaftlichkeit des Betriebs einer Liegenschaft als Kollektivunterkunft Infrastruktur in der Gemeinde und Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr Erst in einem nächsten Schritt kann das MIP Rücksicht nehmen auf Rahmenbedingungen der Gemeinde wie Verhältnis der Schweizer Wohnbevölkerung zur ausländischen Wohnbevölkerung Verhältnis der ständigen Wohnbevölkerung zu Personen des Asylbereichs Bedürfnis an Sicherheitsdienstleistungen der Gemeinde Das MIP kann diese drei Punkte nur dann berücksichtigen, wenn die verfügbaren Platzkapazitäten übereinstimmen mit den prognostizierten Zuweisungen von Asylsuchenden. In ausserordentlichen Situationen mit starker Zunahme der Zuweisungen von Asylsuchenden hat für das MIP der gesetzliche Auftrag der Unterbringung Vorrang vor optionalen Standortkriterien. Ein Überblick über die bestehenden Standorte von Kollektivunterkünften für Personen des Asylbereichs findet sich unter diesem Link: http://www.pom.be.ch/pom/de/index/migration/schutz_vor_verfolgungasyl/organisation_desasylbereichsimkantonbern.html Bernische Systematische Information Gemeinden 12/2016 Personen des Asylbereichs in den Gemeinden 3 Seite 4 - BSIG Nr. 1/122.20/3.1 Verwaltungsaufwand der Gemeinden Nach den Erfahrungen des MIP ergeben sich in den Gemeinden bei der Neueröffnung von Kollektivunterkünften vor allem zeitlicher Aufwand für Gemeindepersonal für: Verhandlungen mit dem MIP, ASH, Regierungsstatthaltern (RSH) und Eigentümern von Liegenschaften, ob und unter welchen Bedingungen eine Liegenschaft als Kollektivunterkunft für Personen des Asylbereichs genutzt werden kann. Vorbereitung und Durchführung von Informationsanlässen der Bevölkerung in der Gemeinde sowie Beantwortung von Medienanfragen und Koordination mit den übrigen involvierten Behörden. Runde Tische: Regelmässige Austauschsitzungen, an welchen das MIP, die ASH, die Gemeindebehörden, Anwohnerinnen und Anwohner, die Kantonspolizei usw. ihre spezifischen Bedürfnisse diskutieren können. Der Regierungsrat hat in der Antwort auf die Motion Berger (Geschäftsnummer 2015.RRGR.144) mit dem Titel „Übernahme von zusätzlichen Verwaltungskosten der Gemeinden im Zusammenhang mit einer Asylunterkunft“ ausgeführt, dass die oben aufgezählten Kosten gestützt auf Art. 61 GG und Art. 2 Abs. 2 EG AuG und AsylG durch die Gemeinden zu tragen sind. 4 Einwohnerdienstliche An- und Abmeldung 4.1 Rechtliches Eine Anmeldepflicht besteht nach Art. 12 AuG für „Ausländerinnen und Ausländer, die eine Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung benötigen“. Nach Art. 42 AsylG „dürfen sich Personen, die ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt haben, bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten“. Aus diesem Grund besteht für Personen des Asylbereichs grundsätzlich keine ausländerrechtliche An- und Abmeldepflicht. Nach Art. 4 EV AuG und AsylG kommen den Gemeinden folgende einwohnerdienstliche Aufgaben zu: Die Gemeinden a. unterstützen den Migrationsdienst in seinen Aufgaben, b. melden dem Migrationsdienst unzumutbare Wohnverhältnisse von auf ihrem Gebiet wohnhaften ausländischen Personen, c. bewahren bei gewerbsmässiger Beherbergung die Meldescheine während fünf Jahren auf, d. überwachen die An- und Abmeldung von ausländischen Personen, e. nehmen Stellung zu Verlängerungsgesuchen, f. führen ein Verzeichnis der bei ihnen gemeldeten ausländischen Personen, die einer ausländerrechtlichen Bewilligung bedürfen, g. melden dem Migrationsdienst Änderungen des Personenstands von ausländischen Personen, h. überwachen die Befolgung der Anordnungen und Verfügungen des Migrationsdienstes, i. überweisen dem Migrationsdienst alle bei ihnen eingehenden Gesuche, unter gleichzeitiger Schilderung aller Umstände, die für den ausländerrechtlichen Entscheid massgebend sein können. Damit die Gemeinden ihren einwohnerdienstlichen Pflichten nach Art. 4 Bst. g-i EV AuG und AsylG auch für Personen des Asylbereichs nachkommen können, rechtfertigt sich Folgendes: Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene, die in einer Kollektivunterkunft (1. Phase) leben, melden sich nicht in der Standortgemeinde der Kollektivunterkunft an. Ausnahme: o Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge (Der Umstand, dass eine vorläufig aufgenommene Person die Flüchtlingseigenschaft erfüllt, ist auf dem F-Ausweis vermerkt). o Vorläufig Aufgenommene, die finanziell selbständig sind. UMA/UMF sind nicht einwohnerdienstlich an- und abmeldepflichtig. Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene, die in Privatwohnungen (2. Phase) von einer Asylsozialhilfestelle unterstützt werden, haben sich einwohnerdienstlich an- und abzumelden. Bernische Systematische Information Gemeinden 12/2016 Personen des Asylbereichs in den Gemeinden 4.2 4.2.1 Seite 5 - BSIG Nr. 1/122.20/3.1 Ausweise Asylsuchende Ausweis: Das MIP stellt Asylsuchenden einen Ausweis aus (N-Ausweis). Er bescheinigt ausschliesslich die Einreichung des Asylgesuchs und gilt gegenüber allen eidgenössischen und kantonalen Behörden als Ausweispapier (Art. 30 AsylV 1). Er berechtigt nicht zum Grenzübertritt. Im Ausweis wird der „Aufenthaltsort“ und – sofern vorhanden – die Bewilligung zur Erwerbstätigkeit vermerkt. Gültigkeitsdauer: Dieser Ausweis hat eine Gültigkeitsdauer von höchstens sechs Monaten. Zustellung: Solange Asylsuchende in einer Kollektivunterkunft (1. Phase) leben, stellt das MIP den Ausweis N direkt an die Kollektivunterkunft zu. Die bisherige, einzelfallbezogene Regelung, wonach die Ausweise über den Einwohnerdienst zugestellt werden, wird mit dieser BSIG aufgehoben, vgl. Kapitel 4.3. Leben Asylsuchende in Privatwohnungen (Unterstützung in der 2. Phase in der Zuständigkeit der Asylsozialhilfestellen), so stellt das MIP den N-Ausweis jener Gemeindeverwaltung zu, in welcher die Asylsuchenden ihre Privatwohnung haben. Gebühren: Für die Ausstellung des N-Ausweises werden keine Gebühren erhoben. Dies gilt auch für eine Änderung des Ausweises. 4.2.2 Vorläufig Aufgenommene Ausweis: Vorläufig Aufgenommenen stellt das MIP einen Ausweis aus (F-Ausweis): Im Ausweis wird der „Aufenthaltsort“ und – sofern vorhanden – die Bewilligung zur Erwerbstätigkeit vermerkt (Art. 20 VVWA). Vorläufig aufgenommene Personen mit Flüchtlingseigenschaft haben auf dem F-Ausweis einen entsprechenden Vermerk. Gültigkeitsdauer: Dieser hat eine maximale Gültigkeitsdauer von einem Jahr. Aus der Gültigkeitsdauer des Ausweises F kann kein dauerhaftes Anwesenheitsrecht abgeleitet werden. Er gilt gegenüber allen eidgenössischen und kantonalen Behörden als Ausweispapier. Er hält nur die Rechtsstellung fest und berechtigt nicht zum Grenzübertritt. Zustellung: Vorläufig Aufgenommenen, die in Kollektivunterkünften (1. Phase) leben, wird der FAusweis direkt in die Kollektivunterkunft zugestellt. Die bisherige, einzelfallbezogene Regelung, wonach die Ausweise über den Einwohnerdienst zugestellt werden, wird mit dieser BSIG aufgehoben, vgl. Kapitel 4.3. Ausnahme: Die Zustellung erfolgt über die Gemeinde, wenn der Ausweis gebührenpflichtig ist (vgl. unten). Vorläufig Aufgenommenen, die in der 2. Phase in Privatwohnungen leben, wird der F-Ausweis über die Gemeinde zugestellt. Gebühren: Für die Ausstellung des Ausweises wird keine Gebühr erhoben. Ausnahme: Bei folgenden Konstellationen ist der F-Ausweis gebührenpflichtig: Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge Vorläufig Aufgenommene, die finanziell selbständig sind Vorläufig Aufgenommene, die sich seit mehr als sieben Jahren in der Schweiz aufhalten. 4.2.3 Anerkannte Flüchtlinge mit Asyl Ausweis: Anerkannte Flüchtlinge mit Asyl haben Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung (B-Ausweis; Art. 60 Abs. 1 AsylG). Es handelt sich dabei um einen biometrischen Ausweis in Kreditkartenformat. Der Ausweis enthält unter der Rubrik „Bemerkungen“ den Hinweis auf die Anerkennung als Flüchtling. Gültigkeitsdauer: Die Aufenthaltsbewilligung hat eine Gültigkeitsdauer von einem Jahr. Zustellung: Der Ausweis wird über den Einwohnerdienst zugestellt. Dies gilt auch für anerkannte Flüchltinge, die in Kollektivunterkünften leben. Gebühren: Die Ausstellung des Ausweises ist gebührenpflichtig. Bernische Systematische Information Gemeinden 12/2016 Personen des Asylbereichs in den Gemeinden 4.2.4 Seite 6 - BSIG Nr. 1/122.20/3.1 Spezialfall UMA/UMF Ausweis: UMA/UMF erhalten je nach Stand des Asylverfahrens einen Ausweis (N-Ausweis für Asylsuchende, F-Ausweis für vorläufig Aufgenommene, B-Ausweis für anerkannte Flüchtlinge mit Asyl). Die Ausweise aller UMA und UMF enthalten als Vermerk folgenden „Aufenthaltsort“: Zentrum Bäregg GmbH Lorrainestrasse 32 3013 Bern Die Ausweise der UMA und UMF enthalten ein Einlageblatt mit der Angabe der effektiven Wohnadresse und einer Hotline der Zentrum Bäregg GmbH, die während sieben Tagen pro Woche und 24 Stunden pro Tag Auskunft zum offiziellen Aufenthaltsort des betreffenden Kindes erteilen kann. Gültigkeitsdauer: Abhängig nach Stand des Asylverfahrens, vgl. 4.2.1 und 4.2.2. Zustellung: Die Ausweise für UMA/UMF stellt das MIP der Verwaltung der Zentrum Bäregg GmbH direkt zu. Gebühren: Das MIP erhebt auf den Ausweisen für UMA und UMF keine Gebühren. 4.2.5 Abgewiesene Asylsuchende Asylsuchende, deren Asylgesuch rechtskräftig abgewiesen und die aus der Schweiz weggewiesen sind, haben keinen Ausweis. 4.3 Liste der Bewohnerinnen und Bewohner der Kollektivunterkünfte Damit die Gemeinden die Möglichkeit haben, den ihnen nach Art. 4 EV AuG und AsylG zukommenden Pflichten nachkommen zu können, stellt die ASH der Standortgemeinde einmal pro Woche eine Liste der Bewohnerinnen und Bewohner zu. Diese Liste enthält pro Bewohner und Bewohnerin folgende Daten: Name Vorname Geburtsdatum Geschlecht Nationalität Zivilstand N-Nummer Bei den genannten Daten, die von einer ASH versandt werden, handelt es sich um besonders schützenswerte Daten im Sinne von Art. 3 KDSG. Diese Liste ist deshalb entweder über eine gesicherte MailInfrastruktur (verschlüsselte Datenübertragung, sichere Identifizierung des Gegenübers / Bsp: SecureMail) oder mit verschlossener Post an die Standortgemeinde zu versenden. 4.4 Wohnsitzbescheinigung Auf Antrag der betroffenen ausländischen Person stellt das MIP (ehemaligen) Personen des Asylbereichs (beispielsweise für Einbürgerungsverfahren) an Stelle einer Wohnsitzbescheinigung eine Bestätigung aus, aus welcher der Asylverfahrensablauf hervorgeht, während dessen sich die Person ordnungsgemäss im Kanton Bern aufhielt. 5 Zuständigkeit für die Sozialhilfe Das MIP ist zuständig für die Gewährung der Sozialhilfe von Asylsuchenden (N-Ausweis) und von vorläufig Aufgenommenen (F-Ausweis), die sich weniger als sieben Jahre in der Schweiz aufhalten. Es hat damit die in Kapitel 1 genannten ASH beauftragt. Für die Gewährung der Sozialhilfe von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen ist die Gesundheits-und Fürsorgedirektion zuständig. Sie hat damit zwei Flüchtlingshilfswerke beauftragt (Art. 46c SHG): Schweizerisches Rotes Kreuz Caritas Bernische Systematische Information Gemeinden 12/2016 Personen des Asylbereichs in den Gemeinden Seite 7 - BSIG Nr. 1/122.20/3.1 Für die Gewährung der Sozialhilfe von vorläufig Aufgenommenen (F-Ausweis), die sich länger als sieben Jahre in der Schweiz aufhalten, ist der kommunale oder regionale Sozialdienst der Aufenthaltsgemeinde zuständig (Art. 46a SHG). Für die ordentliche Übertragung der Zuständigkeit nach sieben Jahren Aufenthalt in der Schweiz von einer ASH an eine Gemeinde spricht sich die ASH mit dem zuständigen Sozialdienst ab. Abgewiesene Asylsuchende sind nach Art. 82 Abs. 1 AsylG von der Sozialhilfe ausgeschlossen. Sie erhalten auf Ersuchen hin Nothilfe. Für die Ausrichtung der Nothilfe sind die ASH zuständig. 6 Zuständigkeit für den Kindes- und Erwachsenenschutz Für die Vermittlung von Massnahmen im Rahmen des „freiwilligen“ Kindes- und Erwachsenenschutzes sind bei Personen des Asylbereichs die ASH zuständig. Ausgenommen davon sind vorläufig Aufgenommene, die sich länger als sieben Jahre in der Schweiz aufhalten, weil sich diese in der Sozialhilfezuständigkeit der Gemeinden befinden (Art. 46a SHG): Bei diesen Personen ist der kommunale oder regionale Sozialdienst für die Vermittlung freiwilliger Kindes- und Erwachsenenschutzmassnahmen zuständig. Soweit Massnahmen des Kindes- und Erwachsenenschutzes behördlich angeordnet werden müssen, ist in aller Regel die KESB am Aufenthaltsort der betroffenen Person zuständig. 6.1 Spezialfall Vaterschaftsabklärungen Erhält eine Gemeinde vom Zivilstandsamt eine Geburtsmeldung einer unverheirateten Asylsuchenden, die in einer Kollektivunterkunft wohnt (vgl. 7), und ist auf dieser kein Vater aufgeführt, leitet die Gemeindeverwaltung das Zivilstandsereignis an die KESB weiter. Wenn eine unverheiratete Asylsuchende, die in einer Kollektivunterkunft wohnt, ein Kind gebiert und keine Vaterschaftsanerkennung vorliegt, so errichtet die am Standort der Kollektivunterkunft zuständige KESB für das Kind zwecks Abklärung der Vaterschaft eine Beistandschaft. Der Aufwand für die Erfüllung dieses Auftrags geht zulasten der KESB (Art. 7 ZAV). 6.2 Spezialfall UMA Für die Anordnung von Kindesschutzmassnahmen ist – unabhängig vom effektiven Aufenthaltsort – die KESB Emmental zuständig. Das MIP hat die Zentrum Bäregg GmbH beauftragt, UMA kindsgerecht unterzubringen, zu betreuen und ihnen Sozialhilfe auszurichten. Dieser Auftrag gilt auch für UMF, bis diese in die ordentliche und effektive Zuständigkeit der Flüchtlingshilfswerke übertragen werden können. Die Zentrum Bäregg GmbH betreibt dazu sechs Wohnheime (Stand 1. Januar 2016), vermittelt UMA/UMF – falls aus Sicht des Kindswohls notwendig – in Pflegefamilien oder andere sozialpädagogische Institutionen. Sie kann UMA/UMF auch in begleiteten oder betreuten Wohngemeinschaften unterbringen oder mit entsprechender fachlicher Begleitung bei Verwandten unterbringen. 7 Zivilstandsereignisse Für die Beurkundung von sämtlichen Zivilstandsereignissen ist das Zivilstandsamt zuständig. Das für die Beurkundung zuständige Zivilstandsamt teilt der Gemeindeverwaltung des aktuellen Aufenthaltsortes des Asylsuchenden, vorläufig Aufgenommenen oder des anerkannten Flüchtlings sämtliche Zivilstandsereignisse mit (Art. 49 ZStV). Ist die betroffene Person auf der Gemeinde nicht angemeldet, so gleicht die Gemeindeverwaltung das Zivilstandsereignis mit der Excel-Liste der Bewohnerinnen und Bewohner der Kollektivunterkunft für Asylsuchende ab (vgl. 4.3). Sind die vom Zivilstandsereignis betroffenen Personen auf dieser Excel-Liste verzeichnet, so leitet die Gemeindeverwaltung das Zivilstandsereignis an die Adresse der Leitung der betreffenden Kollektivunterkunft weiter. Ist auf einer Geburtsmeldung kein Vater aufgeführt, leitet die Gemeindeverwaltung das Zivilstandsereignis an die KESB weiter (vgl. 6.1). Das für die Beurkundung zuständige Zivilstandsamt meldet im Weiteren dem Staatsekretariat für Migration (SEM) Geburten, Kindesanerkennungen, Trauungen und eingetragene Partnerschaften sowie Todesfälle von Asylsuchenden, vorläufig Aufgenommenen und anerkannten Flüchtlingen (Art. 51 ZStV). Das SEM ist für die Erfassung dieser Zivilstandsereignisse im ZEMIS zuständig. Bei Todesfällen beteiligt sich der MIDI mit maximal CHF 7‘500.- an den effektiv entstandenen Kosten für Leichentransporte und Bestattungen. Die ASH stellen dafür Rechnung. Bernische Systematische Information Gemeinden 12/2016 Personen des Asylbereichs in den Gemeinden 8 Seite 8 - BSIG Nr. 1/122.20/3.1 Bildung Nach Art. 7 Abs. 1 VSG besucht jedes Kind die öffentliche Schule an seinem Aufenthaltsort. Dieser Grundsatz gilt auch für Kinder des Asylbereichs (Ausweise N und F). Die Gemeinde, in der ein Kind untergebracht ist bzw. die Mehrheit der Nächte schläft, ist für die Sicherstellung von dessen Volksschulunterricht und bei unzumutbaren Schulwegen auch für den Schultransport zuständig. Kinder aus Kollektivunterkünften (KU) besuchen i. d. R. einen Intensivkurs Deutsch bzw. Französisch als Zweitsprache (IK DaZ oder IK FaZ) gemäss Art. 7 BMDV, der oftmals eigens für die Kinder aus der KU an der Schule der Gemeinde eingerichtet worden ist. Der Anfangs-DaZ-Unterricht für Kindergartenkinder erfolgt i. d. R. integrativ in der Kindergartenklasse. Bei der Neueröffnung einer Kollektivunterkunft erarbeitet das Amt für Kindergarten, Volksschule und Beratung (AKVB) gemeinsam mit der betroffenen Gemeinde eine auf die lokalen Schulverhältnisse abgestimmte Schulungslösung. Zur Finanzierung des Volksschulunterrichts von Kindern mit den Ausweisen N und F siehe www.erz.be.ch/nfv . 9 9.1 Erwerbstätigkeit von Personen des Asylbereichs Grundsätze Während der ersten drei Monate nach dem Einreichen eines Asylgesuchs dürfen Asylsuchende (NAusweis) keine Erwerbstätigkeit ausüben. Ergeht innerhalb dieser Frist erstinstanzlich ein negativer Entscheid, so kann der Kanton die Bewilligung zur Erwerbstätigkeit für weitere drei Monate verweigern (Art 43 Abs. 1 AsylG). Für den Stellenantritt hat der Arbeitgeber beim MIP eine Bewilligung zu beantragen. Die Bewilligung zum Stellenantritt unterliegt den Voraussetzungen nach Art. 52 VZAE (Inländervorrang, orts- und branchenübliche Löhne, gute Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage) Der Stellenantritt von vorläufig Aufgenommenen (F-Ausweis) ist bewilligungspflichtig (Art. 53 VZAE). Die Bewilligung zum Stellenantritt hat der Arbeitgeber beim MIP zu beantragen. Die Bewilligung unterliegt der Voraussetzung der orts- und branchenüblichen Löhne. Vorläufig Aufgenommenen kann auch die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit bewilligt werden. Ausreisepflichtige: Die Bewilligung zur Erwerbstätigkeit erlischt nach Ablauf der mit dem rechtskräftigen negativen Ausgang des Asylverfahrens festgesetzten Ausreisefrist, selbst wenn ein ausserordentliches Rechtsmittelverfahren eingeleitet und der Vollzug der Wegweisung ausgesetzt wurde. Dies bedeutet auch, dass nach Rechtskraft des Wegweisungsentscheides kein Stellenantritt mehr bewilligt wird. Soweit der Lohn aus einer Erwerbstätigkeit nicht ausreicht, um den Unterhaltsbedarf zu decken, bleibt die bisherige ASH für die Anrechnung der Eigenleistungen und die Festlegung der Sozialhilfeleistungen zuständig. Die Gemeinden haben damit nichts zu tun. 9.2 Sonderabgabe Der Arbeitgeber von Personen des Asylbereichs muss 10% des Bruttolohnes direkt als Sonderabgabe an das SEM weiterleiten. Die Gemeinden haben damit nichts zu tun. 9.3 Praktika Als Praktika gelten entgeltliche Einsätze, die Berufsbildungscharakter haben und entweder nach einem Bildungsblock oder parallel dazu erfolgen. Die Aufnahme eines solchen Praktikums ist für Personen des Asylbereichs deshalb bewilligungspflichtig und wird wie ein Stellenantritt gewertet. Es gelten dieselben Grundsätze wie unter Ziff. 7.1. 9.4 Zuständigkeit der RAV Erwerbstätige Personen des Asylbereichs unterstehen den Bestimmungen des AVIG. Sofern sie die erforderliche Zeit erwerbstätig gewesen sind und ihre Arbeitsstelle verlieren, kann nach den Bestimmungen des AVIG ein Anspruch auf Arbeitslosentaggeld entstehen. Diese Ansprüche sind von den ASH bei der Berechnung der Sozialhilfeleistungen anzurechnen. Die betroffenen Personen haben abhängig von der bisherigen Arbeitsdauer und von ihrem asylrechtlichen Status Anspruch auf die Dienstleistungen der RAV. Soweit Personen des Asylbereichs im erwerbsfähigen Alter noch nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind oder die entsprechende Karenzfrist nicht überschritten haben, sind sie nicht vermittlungsfähig Bernische Systematische Information Gemeinden 12/2016 Personen des Asylbereichs in den Gemeinden Seite 9 - BSIG Nr. 1/122.20/3.1 im Sinne der arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Sie haben entsprechend keinen Anspruch auf Dienstleistungen der RAV. 9.5 Berufsbildungsmassnahmen Die Gemeinden sind nicht verantwortlich für die Zuweisung von Personen des Asylbereichs in Integrationsangebote für Sprache und Bildung oder die Angebotsfinanzierung. Falls sie sich aber trotzdem vertieft mit der Thematik befassen möchten oder externe Anfragen dazu erhalten, sind die folgenden weiterführenden Links hilfreich: Sprachkurse: www.erz.be.ch/sprachfoerderungmigrationsbereich/sprachkurse Berufsvorbereitung und Berufsabschluss für Erwachsene: www.erz.be.ch/brueckenangebote www.erz.be.ch/triagestelle www.erz.be.ch/berufsabschluss_fuererwachsene Die Informationen und Angebote auf diesen Plattformen werden laufend aktualisiert. Amt für Migration und Personenstand Markus Aeschlimann Geschäftsleiter Bernische Systematische Information Gemeinden 12/2016
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