Geschrieben am 06.01.2017 von Cholyrika im Deutschen Schriftstellerforum Tief unter meiner Haut Tief unter meiner Haut Es gibt Tage, die erinnern mich an Rehe in Aspik. Vor allen Dingen, diese Tage, die ich nicht mehr zählen möchte, weil sie mir fremd bleiben, wie Götterspeise auf Frikadellenbrötchen. Und dann noch Gerda. Der Inbegriff der Jugendüberschreitung. Immer noch Ed Hardy T-Shirts zur Levis und Make-Up aus den Siebzigern. Nicht, das ich sie nicht geliebt habe, aber der Duft von Patschuli und Lavendelöl verdirbt einem so manchen romanischen Samstagabend. Gut, vor 35 Jahren war das okay, aber heute erinnert es mich nur noch an mein eigenes Versagen, meinen tyrannischen Vater und meine sich an Tabletten labende Mutter. Und eben an Frauen. Frauen von früher. Sie waren jung und experimentierfreudig. Sex auf LSD oder Koks, sind sicher unvergessliche Erfahrungen. Dabei "In my time of Dying" oder "The four horseman". Basslastig, lebenslastig und verstörend. Ich erinnere mich an Lydia. Sie aß Blutwurst zwischen unseren Akten und versteckte sich hinter diesem sensationellen Körper, der nur für die Nächte modelliert wurde. Sie liebte mich mit geschlossenem Mund, weil ihr durch den ganzen Speed-Konsum alle vorderen Zähne fehlten. Aber sie war eine Göttin. Letzte Woche habe ich sie wiedergesehen. Sechzig Jahre, neue Zähne. Sie winkte aus ihrem Twingo heraus und lächelte mir zu. Dann hielt sie an, kam auf mich zu und umarmte mich. Ein Bild für ein Poesiealbum. Sie erzählte von Haus, Mann und den Kinder, von der Katze, dem Leben, vom Urlaub auf Mauritius und ihrem Job. Von all den Dingen, die man so erzählt. Dann verabschiedete sie sich und verschwand in einer Wolke aus Patschuli-Öl. Wisst ihr was ich meine? Gerda kocht heute Grünkohl mit Mettwurst. Und ich weiß mal wieder wo ich hingehöre. Lesen Sie hier die komplette Diskussion zu diesem Text (PDF). 1 of 1 Dieser Text stammt aus dem Deutschen Schriftstellerforum / http://www.dsfo.de
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