Veröffentlichung eines Gesetzentwurfs gegen schädliche

Lizenzboxen im Fokus – Veröffentlichung eines
Gesetzentwurfs gegen schädliche Steuerpraktiken
im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen
[03.01.2017]
Von: Benjamin Rapp und Dr. Antonia Scheinbacher
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat kürzlich einen Referentenentwurf für ein
„Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen“
veröffentlicht. Dem Entwurf zufolge soll die steuerliche Abzugsfähigkeit von Lizenzzahlungen u. ä. an nahestehende Personen, die beim Empfänger aufgrund eines als schädlich
einzustufenden Besteuerungsregimes nicht oder nur niedrig besteuert werden (unter anderen sogenannte „IP-Boxen“, „Patentboxen“ oder „Lizenzboxen“), eingeschränkt werden. Normiert werden soll diese Einschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit durch
einen neuen § 4j EStG-E „Aufwendungen für Rechteüberlassungen“.
Hintergrund
Gerade der internationale Steuerwettbewerb setzt in vielen Ländern die Staatshaushalte
zunehmend unter Druck. Als wesentliche Gegenmaßnahme haben sich die OECD-Staaten
im Rahmen des sogenannten „BEPS-Projektes“ der Bekämpfung des schädlichen Steuerwettbewerbs (sogenannter race-to-the-bottom) verschrieben. Im Fokus der Diskussionen
standen dabei insbesondere auch Gestaltungen in Zusammenhang mit der Überlassung
von immateriellen Wirtschaftsgütern (wie z. B. Rechte, Marken, Patente). Einige Länder
(insbesondere auch innerhalb der EU, wie z. B. die Niederlande und Luxemburg) hatten
hier Regelungen implementiert, welche die Einnahmen aus der Überlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern einer besonders günstigen Besteuerung unterwarfen und hierdurch für Unternehmen einen Anreiz geschaffen, Gewinne mittels Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter innerhalb der Unternehmensgruppe in die für sie aus steuerlicher
Sichtweise vorteilhaftesten Staaten zu verlagern.
Internationale Maßnahmen gegen Lizenzboxen
Die am BEPS-Projekt beteiligten Staaten hatten sich vor dem geschilderten Hintergrund
bereits im Rahmen des Aktionspunktes 5 („Wirksamere Bekämpfung schädlicher Steuer-
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praktiken unter Berücksichtigung von Transparenz und Substanz“) mit derartigen Gestaltungen befasst. Die Ausgangsüberlegung zur Eingrenzung einer Verlagerung von Besteuerungssubstrat mithilfe von Lizenzzahlungen bestand darin, die Besteuerung des Gewinns
in dem Land vorzunehmen, in dem die Wertschöpfung der zugrunde liegenden Aktivität
stattfindet, d. h. letztlich die Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten ausgeübt werden
(sogenannter „Nexus-Ansatz“). Zudem haben sich die Staaten darauf verständigt, dass
schädliche Lizenzboxregelungen bis spätestens 30.06.2021 abzuschaffen oder an den
Nexus-Ansatz anzupassen sind.
Nationale Maßnahme gegen sogenannte Lizenzboxen: § 4j EStG-E
Bei allem Optimismus gilt es jedoch zu beachten, dass längst nicht alle Staaten, mit denen
Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen mit einem Nullsteuersatz auf Lizenzzahlungen abgeschlossen hat, Mitglied der OECD sind. Zudem ist derzeit mehr als fraglich,
ob sich alle an dem BEPS-Projekt beteiligten Länder auch an die erzielten Verhandlungsergebnisse halten werden. Insofern ist es aus Sicht der Finanzverwaltung auch nicht auszuschließen, dass Nationalstaaten auch künftig Präferenzregelungen, die dem Nexus-Ansatz entgegenstehen, für Zwecke des Steuerwettbewerbs einsetzen und es auf diese Weise
auch weiterhin zu einer Gewinnverlagerung durch Lizenzzahlungen kommt. Dem soll
nun mit der Einführung eines § 4j EStG-E entgegengewirkt werden.
Die Anwendung des § 4j EStG-E verlangt kumulativ das Vorliegen folgender Tatbestandsmerkmale:
●
Es muss sich um Aufwendungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf
Nutzung von Rechten, insbesondere von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten, von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Beispiel Plänen, Mustern und Verfahren handeln.
●
Die Einnahmen aus der Rechteüberlassung müssen beim Gläubiger einer niedrigen
Besteuerung i. S. d. § 4j Abs. 2 EStG-E unterliegen: Von einer niedrigen Besteuerung
ist auszugehen, wenn die von der Regelbesteuerung abweichende Besteuerung (=Besteuerung aufgrund der Präferenzregelung) beim Gläubiger zu einer Belastung durch
Ertragsteuern von weniger als 25 % führt. Bei der Bestimmung der Ertragsteuerbelastung sind auch steuerliche Kürzungen, Hinzurechnungen, Befreiungen, Gutschriften
oder Ermäßigungen zu berücksichtigen, die sich auf die Besteuerung der Einnahmen
auswirken.
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●
Zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner der Zahlungen muss ein Näheverhältnis
bestehen, d. h. sie müssen nahestehende Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG sein.
Betriebsstätten werden grundsätzlich auch vom Anwendungsbereich des § 4j EStG-E
erfasst, sofern sie ertragsteuerlich als Nutzungsberechtigter oder Nutzungsverpflichteter behandelt werden. Daneben ist in § 4j Abs. 1 Satz 2 EStG-E auch eine Sonderregelung enthalten, um die Zwischenschaltung von anderen nahestehenden Gläubigern
zur Umgehung der Regelung zu verhindern.
Werden die vorstehend erläuterten Voraussetzungen erfüllt, führt dies gemäß § 4j
Abs. 3 EStG-E dazu, dass nur ein Teil der Aufwendungen steuerlich abzugsfähig ist. Der
Betriebsausgabenabzug richtet sich dabei nach der steuerlichen Belastung beim Gläubiger
der Zahlung: Je höher die steuerliche Belastung beim Gläubiger, desto höher auch der
abziehbare Anteil beim Schuldner. Dadurch soll der Höhe nach eine korrespondierende
Besteuerung vorgenommen werden.
Der Prozentsatz der nicht abziehbaren Aufwendungen ermittelt sich formelhaft wie folgt:
=
ℎ
ℎ
25 % −
ℎ
25 %
%
Rückausnahme bei substanzieller Geschäftstätigkeit gemäß § 4j Abs. 1 Satz 4 EStG-E
Zu keiner Abzugsbeschränkung soll es gemäß § 4j Abs. 1 Satz 4 EStG-E stets dann kommen, wenn die niedrige Besteuerung der Einnahmen beim Gläubiger aus einer Präferenzregelung resultiert, „die auf Rechte beschränkt ist, denen eine substanzielle Geschäftstätigkeit zugrunde liegt.“ Eine substanzielle Geschäftstätigkeit soll dabei gemäß dem Entwurf
vorliegen, wenn der Gläubiger das betreffende Recht weit überwiegend im Rahmen seiner
eigenen Geschäftstätigkeit entwickelt hat. Keine substanzielle Geschäftstätigkeit soll nach
dem Entwurf z. B. vorliegen, wenn das Recht erworben oder durch nahestehende Personen entwickelt wurde. Die Ausnahme greift allerdings generell nicht, soweit die Präferenzregelung Einnahmen aus der Überlassung von Markenrechten begünstigt.
Inkrafttreten
Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Es ist vorgesehen, dass die
Regelungen erstmals auf Aufwendungen anzuwenden sind, die nach dem 31.12.2017 entstehen (§ 52 Abs. 8b EStG-E). Es ist geplant, dass sich das Bundeskabinett am 25.01.2017
mit dem Gesetzentwurf erstmals befasst.
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