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Vollstationäre Pflege
Normen
§ 43 SGB XI
Kurzinfo
Vollstationäre Pflege insbesondere erforderlich sein bei
• Fehlen einer Pflegeperson ,
• fehlender Pflegebereitschaft möglicher Pflegepersonen,
• drohender oder bereits eingetretener Überforderung der Pflegepersonen,
• drohender oder bereits eingetretener Verwahrlosung des Pflegebedürftigen,
• Selbst- und Fremdgefährdungstendenzen des Pflegebedürftigen,
• räumlichen Gegebenheiten im häuslichen Bereich, die keine häusliche Pflege ermöglichen und durch
Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes ( § 40 Abs. 4 SGB XI ) nicht
verbessert werden können.
Information
Inhaltsübersicht
1.
Vollstationäre Pflege seit dem 01.01.2017
1.1 Leistungsinhalt
1.2 Abwesenheitsregelungen
1.3 Kombination von ambulanten und stationären Leistungen
1.4 Berechnung des Heimentgeltes bei Aufforderung der Pflegeeinrichtung einen Höherstufungsantrag
zu stellen
1.5 Leistungen in nicht zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtungen
1.6 Besitzstandsschutz seit dem 01.01.2017
2.
Vollstationäre Pflege
2.1 Leistungsinhalt
2.2 Härtefälle
2.3 Abwesenheitsregelung
2.4 Kombination von ambulanten und stationären Leistungen
2.5 Berechnung des Heimentgeltes bei Aufforderung der Pflegeeinrichtung einen Höherstufungsantrag
zu stellen
2.6 Leistungen in nicht zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtungen
3.
BSG-Rechtsprechung
1. Vollstationäre Pflege seit dem 01.01.2017
1.1 Leistungsinhalt
Die Pflegekassen übernehmen die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen für Leistungen der
medizinischen Behandlungspflege und der Betreuung in pauschalierter Form. Es gelten folgende monatliche
Pauschbeträge:
• Pflegegrad 2: 770,00 EUR,
• Pflegegrad 3: 1.262,00 EUR,
• Pflegegrad 4: 1.775,00 EUR,
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• Pflegegrad 5: 2.005,00 EUR.
Für Versicherte, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf
an medizinischer Behandlungspflege haben, besteht unbenommen der im Rahmen der stationären Pflege zu
erbringenden medizinischen Behandlungspflege ein Anspruch auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege
nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V . Hierbei handelt es sich um eine besondere, eng begrenzte Personengruppe
mit besonders hohem Versorgungsbedarf in der medizinischen Betreuung.
Für die Pflegesätze im vollstationären Bereich sind in den Pflegegraden 2 bis 5 für die jeweilige
Pflegeeinrichtung gleich hohe Beträge für die nicht von der Pflegekasse gedeckten Kosten vorzusehen
(einrichtungseinheitlicher Eigenanteil). Damit wird erreicht, dass der von den Pflegebedürftigen bzw. von dem
Sozialhilfeträger zu tragende Eigenanteil nicht mit der Schwere der Pflegebedürftigkeit steigt.
Bei Einzug, Auszug oder Tod des Pflegebedürftigen besteht auch für den Teilmonat ein Anspruch auf den
Pauschbetrag. Die Zahlungspflicht der Heimbewohner und der Pflegekasse endet mit dem Tag, an dem der
Pflegebedürftige aus dem Heim entlassen wird oder verstirbt.
1.2 Abwesenheitsregelungen
Ein Pflegeplatz ist bei vorübergehender Abwesenheit eines Pflegebedürftigen für einen Zeitraum von bis zu
42 Tagen im Kalenderjahr freizuhalten. Der Abwesenheitszeitraum verlängert sich über die 42 Tage hinaus
bei vollstationärer Krankenhausbehandlung und bei Aufenthalten in Rehabilitationseinrichtungen um die
Dauer dieser Aufenthalte. Für diesen Zeitraum besteht Anspruch auf Leistungen nach § 43 SGB XI ( § 87a
Abs. 1 Satz 5 SGB XI ).
Während der ersten drei Abwesenheitstage hat das Pflegeheim Anspruch auf die volle Pflegevergütung. Für
Abwesenheitszeiten von mehr als drei Tagen sind in den Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI Abschläge von
mindestens 25 % der Pflegevergütung, der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung und der Zuschläge nach
§ 92b SGB XI (integrierte Versorgung) vorzusehen.
Das Nähere zur Berechnung der Abwesenheitszeiträume und zur Kürzung der Pflegevergütung regeln die
Rahmenverträge nach § 75 SGB XI . Diese vertraglichen Regelungen finden bei der Ermittlung der
pflegebedingten Aufwendungen Berücksichtigung.
1.3 Kombination von ambulanten und stationären Leistungen
Es besteht die Möglichkeit, Leistungen der vollstationären Pflege mit ambulanten Pflegeleistungen zu
kombinieren und unter Berücksichtigung des für die häusliche Pflege geltenden Budgets nach § 36
Abs. 3 SGB XI in Anspruch zu nehmen. Bei der Ermittlung der Höhe der Geldleistung sind die Regelungen
der Kombinationsleistung gem. § 38 Satz 2 SGB XI anzuwenden. Folglich ist der im Rahmen der
vollstationären Pflege in Anspruch genommene Sachleistungsanteil ins Verhältnis zum
Sachleistungshöchstbetrag nach § 36 Abs. 3 SGB XI zu setzen. Die so ermittelte Quote ist für den Anteil der
Geldleistung für den gesamten Monat maßgebend. Auf dieser Grundlage ist der Geldleistungsanteil mit der
Zahl der zu Hause verbrachten Pflegetage zu multiplizieren und durch 30 zu dividieren.
Bei einem Wechsel zwischen häuslicher und vollstationärer Pflege im Laufe des Monats besteht für die Zeit
der häuslichen Pflege Anspruch auf die volle Sachleistung, d.h. Leistungen der häuslichen Pflege können bis
zu den in § 36 Abs. 3 und 4 SGB XI festgelegten Höchstgrenzen der einzelnen Pflegegrade ausgeschöpft
werden. Gleiches gilt auch für die teilstationäre Pflege nach § 41 SGB XI . Bei Zahlung von Pflegegeld ist ein
anteiliges Pflegegeld für die tatsächlichen Tage der häuslichen Pflege (einschließlich Aufnahme- und
Entlassungstag) zu zahlen. Bei einem Wechsel aus der Kurzzeitpflege in die vollstationäre Pflege besteht,
unabhängig vom Pflegegrad, für die in dem Teilmonat erfolgte Kurzzeitpflege ein Leistungsanspruch von bis
zu 1.612,00 EUR, soweit dieser Betrag bzw. der Höchstanspruchszeitraum im Kalenderjahr noch nicht
ausgeschöpft wurde. Wird für die Kurzzeitpflege der nicht verbrauchte Leistungsbetrag der
Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI verwendet, erhöht sich der Leistungsanspruch auf bis zu
3.224,00 EUR für längstens acht Wochen im Kalenderjahr. Darüber hinaus kommt für die Zeiten des Monats,
die nicht durch Kurzzeitpflege bzw. vollstationäre Pflege belegt sind, ggf. die Zahlung der Sachleistung bis zu
festgelegten Höchstgrenzen bzw. das anteilige Pflegegeld in Betracht.
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Für die Zeit der vollstationären Pflege besteht auch für den Teilmonat Anspruch auf den Pauschbetrag, Für
den Verlegungstag von einer Kurzzeitpflegeeinrichtung in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung darf nur die
vollstationäre Pflegeeinrichtung ein Heimentgelt berechnen ( § 87a Abs. 1 Satz 3 SGB XI ).
1.4 Berechnung des Heimentgeltes bei Aufforderung der Pflegeeinrichtung einen
Höherstufungsantrag zu stellen
Erhöht sich der Pflegebedarf des Pflegebedürftigen, sollte der Pflegebedürftige einen Antrag auf einen
höheren Pflegegrad stellen, da die Pflegeeinrichtung Anspruch auf eine leistungsgerechte Vergütung hat, die
dem Pflegeaufwand des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit entspricht.
Die Pflegeeinrichtung kann den Pflegebedürftigen schriftlich auffordern einen Höherstufungsantrag bei seiner
Pflegekasse zu stellen. Die Pflegeeinrichtung hat allerdings – ggf. anhand der Pflegedokumentation –
gegenüber dem Pflegebedürftigen zu begründen, aus welchen Tatsachen heraus ein höherer Pflegeaufwand
besteht. Die Aufforderung zur Stellung eines Antrages auf Höherstufung ist auch der Pflegekasse zuzuleiten.
Weigert sich der Pflegebedürftige einen Antrag auf Höherstufung bei seiner Pflegekasse zu stellen, kann die
Pflegeeinrichtung dem Pflegebedürftigen ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach der Aufforderung
vorläufig den Pflegesatz nach dem nächst höheren Pflegegrad berechnen. Diese Regelung hält allerdings an
dem Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Antragstellung des Pflegebedürftigen fest. D.h. bei
fortbestehender Verweigerung des Pflegebedürftigen, kann die Pflegekasse nur auf der Grundlage des
aktuellen Leistungsbescheides die Leistungen gewähren.
Anspruchsberechtigte sollten im Rahmen der Beratung darauf hingewiesen werden, dass ihnen durch die
Einführung des einrichtungseinheitlichen Eigenanteils nach § 84 Abs. 2 SGB XI durch die Höherstufung keine
höheren Eigenanteile entstehen.
Stellt der Pflegebedürftige, nach Aufforderung durch die Pflegeeinrichtung, einen Höherstufungsantrag, ist der
MDK oder ein von der Pflegekasse beauftragter Gutachter einzuschalten. Werden die Voraussetzungen für
einen höheren Pflegegrad durch den MDK oder den beauftragten Gutachter nicht bestätigt und lehnt die
Pflegekasse auf der Grundlage des Gutachtens des MDK oder des von ihr beauftragten Gutachters eine
Höherstufung ab, hat die Pflegeeinrichtung dem Pflegebedürftigen den überzahlten Betrag unverzüglich
zurückzuzahlen. Der Rückzahlungsbetrag ist mit wenigstens 5 % zu verzinsen.
1.5 Leistungen in nicht zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtungen
Begeben sich Pflegebedürftige in nicht zugelassene vollstationäre Pflegeeinrichtungen (keine Einrichtungen
i.S.d. § 71 Abs. 4 SGB XI ), können keine Leistungen der vollstationären Pflege erbracht werden.
Wird allerdings die Pflege durch einen zugelassenen Pflegedienst erbracht, besteht für
Dies gilt auch dann, wenn die stationäre Einrichtung selbst einen zugelassenen ambulanten Pflegedienst
betreibt, der die Leistungen erbringt. Dem Pflegebedürftigen muss jedoch die Möglichkeit gegeben werden,
von seinem Wahlrecht nach § 2 Abs. 2 SGB XI Gebrauch machen zu können. Im Übrigen besteht für
Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 aufgrund der insoweit selbst sichergestellten Pflege ein Anspruch
auf Pflegegeld nach § 37 SGB XI .Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 Anspruch auf die
Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI .
1.6 Besitzstandsschutz seit dem 01.01.2017
Kein Pflegebedürftiger in der vollstationären Pflege, der schon vor Einführung des neuen
Pflegebedürftigkeitsbegriffs Leistungen erhalten hat, soll durch die Überleitung der Pflegesätze bzw. deren
Neuverhandlung einen höheren Eigenanteil am Pflegesatz entrichten müssen.
Pflegebedürftige hatten bisher einen individuellen Eigenanteil abhängig von ihrer Pflegestufe zu zahlen. In der
Regel stieg dieser mit zunehmender Pflegestufe. Seit dem 01.01.2017 haben Pflegebedürftige der
Pflegegrade 2 bis 5 neben den Kosten für Unterkunft und Verpflegung und Investitionskosten eine vom
Pflegegrad unabhängigen einrichtungseinheitlichen Eigenanteil zu entrichten.
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Für die Berechnung des Besitzstandschutzes sind die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung sowie
Investitionskosten, die vom Pflegebedürftigen selbst zu tragen sind, nicht zu berücksichtigen. Es werden
lediglich die vom Pflegebedürftigen zu tragenden pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der
Ausbildungsumlage zugrunde gelegt. Ist der einrichtungseinheitliche Eigenanteil im Januar 2017 höher als der
individuelle Eigenanteil für die pflegebedingten Aufwendungen im Dezember 2016, ist im Rahmen des
Bestandsschutzes ein Zuschlag in Höhe der Differenz an die Einrichtung zu zahlen.
Der vorgesehene Zuschlag nach § 141 Abs. 3 SGB XI wird dauerhaft gewährt, ohne dass ein gesonderter
Antrag des Pflegebedürftigen erforderlich ist. Ändert sich die Differenz zwischen dem Leistungsbetrag nach §
43 SGB XI und dem Pflegesatz in der Folgezeit, z.B. durch eine Anhebung des Pflegesatzes der Einrichtung,
ist dieser Anstieg vom Pflegebedürftigen zu tragen. Reduziert sich die Differenz z.B. durch eine Anhebung
des Leistungsbetrages nach § 43 SGB XI , so ist der Zuschlag entsprechend zu mindern.
Bei Wechsel der vollstationären Pflegeeinrichtung nach dem 01.01.2017 bleibt der Besitzstandsschutz
erhalten, jedoch begrenzt auf die Höhe des Zuschlages, der vor dem Wechsel an die Einrichtung zu zahlen
war. Ist der einrichtungseinheitliche Eigenanteil in der aufnehmenden Einrichtung niedriger als zuvor, ist der
Zuschlag entsprechend zu reduzieren. Der Besitzstandsschutz besteht in Höhe des nunmehr reduzierten
Zuschlages.
Für Pflegebedürftige, die am 31.12.2016 Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 1 und 2 SGB XI in
Anspruch genommen haben, gilt der am 31.12.2016 gezahlte Pflegesatz für die Dauer der Kurzzeitpflege fort.
Nahmen Pflegebedürftige am 31.12.2016 Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI und nach dem
Ende der Kurzzeitpflege ohne Unterbrechung des Heimaufenthaltes auch Sachleistungen der vollstationären
Pflege in derselben Einrichtung in Anspruch, so ermittelt sich der von der Pflegekasse an die
Pflegeeinrichtung von Amts wegen ab dem Zeitpunkt der Inanspruchnahme von vollstationärer Pflege nach §
43 SGB XI zu zahlende Zuschlag aus der Differenz zwischen dem einrichtungseinheitlichen Eigenanteil und
dem individuellen Eigenanteil, den die Pflegebedürftigen im Monat Dezember 2016 in der Einrichtung zu
tragen gehabt hätten.
2. Vollstationäre Pflege
2.1 Leistungsinhalt
Die Pflegekassen übernehmen die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen für Leistungen der
medizinischen Behandlungspflege und der sozialen Betreuung in pauschalierter Form.
Bei Versicherten, die wegen erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz die Voraussetzungen des § 45a
SGB XI erfüllen, sind seit 01.01.2013 die Pflegesachleistungen nach § 123 XI i.V.m. § 36 SGB XI zugrunde
zulegen. Dies gilt in analoger Anwendung aus Gründen der Gleichbehandlung auch für die
Anspruchsberechtigten ohne Pflegestufe, auch wenn keine explizite Einbeziehung in § 43 Abs. 4 SGB XI
erfolgt ist. Anspruchsberechtigt sind in diesem Fall sowohl Versicherte, bei denen eine vollstationäre Pflege
nicht erforderlich ist, als auch aus Gleichheitsgründen Versicherte, bei denen eine vollstationäre Pflege
erforderlich ist.
Mit Einführung des Pflegestärkungsgesetz erfolgte zum 01.01.2015 eine Dynamisierung der
Leistungsbeiträge wie folgt:
• 231,00 EUR bei Pflegestufe 0,
• 1.064,00 EUR bei Pflegestufe I (ohne bzw. mit Demenz),
• 1.330,00 EUR bei Pfelgestufe II (ohne bzw. mit Demenz),
• 1.612,00 EUR bei Pflegestufe III (ohne bzw. mit Demenz),
• 1.995,00 EUR bei Pflegestufe III Härtefall (ohne bzw. mit Demenz).
Für Versicherte, die auf Dauer - voraussichtlich für mindestens sechs Monate - einen besonders hohen
Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben, besteht unbenommen der i.R.d. stationären Pflege zu
erbringenden medizinischen Behandlungspflege ein Anspruch auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege
nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V .
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2.2 Härtefälle
Die Pflegekassen können bei Pflegebedürftigen der Pflegestufe III in besonderen Ausnahmefällen zur
Vermeidung von Härten die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung
sowie die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege den o.g. Pauschbetrag
übernehmen. Das setzt voraus, dass ein außergewöhnlicher hoher und intensiver Pflegeaufwand erforderlich
ist und der Pflegebedürftige zur Deckung des Pflegebedarfs zusätzliche Kosten übernehmen muss.
Um diesen Aufwand einschätzen zu können, liegen die einheitlichen Härtefall-Richtlinien zur Beurteilung vor.
Die Härtefallregelung darf durch die jeweilige Pflegekasse bei nicht mehr als 5 % aller versicherten
Pflegebedürftigen der Pflegestufe III, die stationäre Pflegeleistungen erhalten, Anwendung finden. Die
Einhaltung überwacht der Spitzenverband Bund der Pflegekasse auf Bundesebene.
2.3 Abwesenheitsregelung
Ein Pflegeplatz ist bei vorübergehender Abwesenheit eines Pflegebedürftigen für einen Zeitraum von bis zu
42 Tagen im Kalenderjahr freizuhalten. Der Abwesenheitszeitraum verlängert sich über die 42 Tage hinaus
bei vollstationärer Krankenhausbehandlung und bei Aufenthalten in Rehabilitationseinrichtungen um die
Dauer dieser Aufenthalte. Für diesen Zeitraum besteht Anspruch auf Leistungen nach § 43 SGB XI .
Für die ersten drei Tage der Abwesenheit erhält das Pflegeheim die volle Pflegevergütung.
Für Abwesenheitszeiten von mehr als drei Tagen sind in den Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI Abschläge
von mindestens 25 % der Pflegevergütung, der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung und der Zuschläge
nach § 92b SGB XI (integrierter Versorgung) vorzunehmen.
Das Nähere zur Berechnung der Abwesenheitszeiträume und zur Kürzung der Pflegevergütung regeln die
Rahmenverträge nach § 75 SGB XI . Diese vertraglichen Regelungen finden bei der Ermittlung des
Heimentgelts Berücksichtigung.
2.4 Kombination von ambulanten und stationären Leistungen
Es besteht die Möglichkeit, Leistungen der vollstationären Pflege mit ambulanten Pflegeleistungen zu
kombinieren und unter Berücksichtigung des für die häusliche Pflege geltenden Budgets nach § 36 Abs. 3
und 4 SGB XI in Anspruch zu nehmen. Bei der Ermittlung der Höhe der Geldleistung sind die Regelungen der
Kombinationsleistung gem. § 38 Satz 2 SGB XI anzuwenden. Folglich ist der i.R.d. vollstationären Pflege in
Anspruch genommene Sachleistungsanteil ins Verhältnis zum Sachleistungshöchstbetrag nach § 36 Abs. 3
und 4 SGB XI ggf. unter Berücksichtigung der Sachleistungshöchstbeträge nach § 123 Abs. 3 und 4 SGB XI
zu setzen. Die so ermittelte Quote ist für den Anteil der Geldleistung für den gesamten Monat maßgebend.
Auf dieser Grundlage ist der Geldleistungsanteil mit der Zahl der zu Hause verbrachten Pflegetage zu
multiplizieren und durch 30 zu dividieren.
2.5 Berechnung des Heimentgeltes bei Aufforderung der Pflegeeinrichtung einen
Höherstufungsantrag zu stellen
Erhöht sich der Pflegebedarf des Pflegebedürftigen, sollte der Pflegebedürftige einen Antrag auf eine höhere
Pflegestufe stellen, da die Pflegeeinrichtung Anspruch auf eine leistungsgerechte Vergütung hat, die dem
Pflegeaufwand des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit entspricht. Dies hat in
aller Regel eine höhere Belastung für den Pflegebedürftigen zur Folge, da die Leistungsbeträge der höheren
Pflegestufe den mit der höheren Pflegeklasse verbundenen erhöhten Pflegebedarf nicht abdecken.
Die Pflegeeinrichtung kann den Pflegebedürftigen schriftlich auffordern, einen entsprechenden Antrag zu
stellen. Die Pflegeeinrichtung hat allerdings gegenüber dem Pflegebedürftigen zu begründen, aus welchen
Tatsachen heraus ein höherer Pflegeaufwand besteht. Hierzu kann die Pflegedokumentation genutzt werden.
Weigert sich der Pflegebedürftige, einen Antrag auf Höherstufung bei seiner Pflegekasse zu stellen, kann die
Pflegeeinrichtung dem Pflegebedürftigen ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach der Aufforderung
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vorläufig den Pflegesatz nach der nächsthöheren Pflegeklasse berechnen.
Stellt der Pflegebedürftige - nach Aufforderung durch die Pflegeeinrichtung - einen Höherstufungsantrag, ist
der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) einzuschalten. Werden die Voraussetzungen für
eine höhere Pflegestufe durch den MDK nicht bestätigt und lehnt die Pflegekasse auf der Grundlage des
Gutachtens des MDK einen Höherstufungsantrag ab, hat die Pflegeeinrichtung dem Pflegebedürftigen den
überzahlten Betrag unverzüglich zurückzuzahlen. Dieser Betrag ist mit wenigstens 5 % zu verzinsen.
2.6 Leistungen in nicht zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtungen
Begeben sich Pflegebedürftige in nicht zugelassene vollstationäre Pflegeeinrichtungen (keine Einrichtungen
i.S.d. § 71 Abs. 4 SGB XI ), können keine Leistungen der vollstationären Pflege erbracht werden. Wird
allerdings die Pflege durch einen zugelassenen Pflegedienst erbracht, besteht Anspruch auf die
Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI ggf. unter Berücksichtigung des § 123 Abs. 2 bis 4 SGB XI . Dies gilt
auch dann, wenn die stationäre Einrichtung selbst einen zugelassenen ambulanten Pflegedienst betreibt, der
die Leistungen erbringt. Dem Anspruchsberechtigten muss jedoch die Möglichkeit gegeben werden, von
seinem Wahlrecht ( § 2 Abs. 2 SGB XI ) Gebrauch machen zu können.
Im Übrigen besteht aufgrund der insoweit selbst sichergestellten Pflege ein Anspruch auf Pflegegeld nach
§ 37 SGB XI ggf. unter Berücksichtigung der Leistungshöchstbeträge nach § 123 Abs. 2 bis 4 SGB XI .
3. BSG-Rechtsprechung
Das Bundessozialgericht ( BSG, 07.12.2010 - B3 P 4/09 ) befasste sich mit folgendem Sachverhalt: Es ging
um das Verfahren der Einstufung der zutreffenden Pflegestufe bei Heimunterbringung. Die zwischenzeitlich
verstorbene Pflegebedürftige und Heimbewohnerin erhielt seit 1995 Leistungen der Pflegestufe I und
beantragte nach formloser Aufforderung des Pflegeheimes die Einstufung nach der Pflegestufe II in 2005.
Aufgrund der Ablehnung des Antrages wurde beim zuständigen Sozialgericht Klage erhoben. Die
zwischenzeitlich erhobene Klage wurde von der Rechtsnachfolgerin der Pflegebedürftigen nach deren Tod im
November 2006 zurückgenommen.
Das klagende Pflegeheim erhob 2006 - vor Klagerücknahme der Rechtsnachfolgerin - ebenfalls Klage gegen
die Pflegekasse mit dem Ziel die höhere Zahlung der Pflegevergütung der Pflegestufe II zu erreichen. Diese
Klage und die anschließende Berufung blieben erfolglos.
Die Revision wurde durch das Bundessozialgericht zurückgewiesen. Es bestätigte seine bisherige
Rechtsprechung, dass ein Pflegeheim von der Pflegekasse die erhöhte Zahlung der zutreffenden Pflegestufe
verlangen kann, wenn die notwendigen Voraussetzungen das rechtfertigen - sofern der Hilfebedarf bei der
Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung die Zuordnung der jeweiligen höheren Pflegestufe
vorliegen. Dabei ist das normierte Verfahren des § 87a Abs. 2 SGB XI entsprechend einzuhalten. Demnach
hat das Pflegeheim der Pflegebedürftigen unter Beachtung der Voraussetzungen nach § 87a Abs. 2 Satz 1
und 2 SGB XI förmlich aufzufordern, die jeweils zutreffende Pflegestufe bei seiner Krankenkasse zu
beantragen. Das gilt selbst dann, wenn der Pflegebedürftige bereits von sich aus einen Höherstufungsantrag
gestellt hatte. Dieser Verfahrensablauf dient letztendlich auch dem Schutz des Pflegebedürftigen.
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