Bayern: Verbände streiten um Milch-Vermarktung

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Markt
Die Bayern-MeG bündelt bereits 2,1 Mrd. kg Milch in Süddeutschland und will weiter expandieren. Doch nicht alle MEGs in Bayern
wollen sich der Dachorganisation anschließen.
Bayern: Verbände streiten
um Milch-Vermarktung
Mehrere nordbayerische Milcherzeugergemeinschaften wollen mithilfe des
Bauernverbandes eine eigene Milchplattform gründen. Dagegen laufen Vertreter
der Bayern-MeG Sturm. Was steckt hinter dem Streit?
D
ie Milchquote läuft in wenigen
Monaten aus und die Milchpreise
befinden sich auf Talfahrt. Für
die Milcherzeuger eigentlich Gründe
genug, die Bündelung der Milchvermarktung noch stärker zu forcieren.
Doch in Bayern scheint sich die Vermarktung wieder aufzuspalten. So sehen es zumindest die Vertreter der Bayern-MeG. Die 2006 gegründete Organisation koordiniert derzeit für die 62
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top agrar 1/2015
Milcherzeugergemeinschaften (MEGs),
die Mitglied bei ihr sind, die Vermarktung. Aktuell bündelt sie 2,1 Mrd. kg
Milch. Um ihre Marktmacht zu verbessern, wirbt die Bayern-MeG derzeit in
Nordbayern, wo sie bisher schwach vertreten ist, intensiv um neue Mitglieder.
Neue Dachorganisation: D
ie Aktivitä-
ten der Bayern-MeG haben jedoch auch
Kritiker auf den Plan gerufen. Denn
zeitgleich wollen sich fünf bis sechs
MEGs aus der Oberpfalz und Franken
zu einer eigenen Dachorganisation namens „Milchplattform Bayern“ zusammenschließen. „Die Gründung der
Plattform soll noch in diesem Jahr über
die Bühne gehen“, so Ernst Kettemann,
Kreisobmann im Landkreis Ansbach
und zweiter stellvertretender Vorsitzender des Verbands der Milcherzeuger in
Bayern (VMB). Ein Satzungsentwurf
stehe bereits. An einigen Details werde
aber noch gefeilt.
„Mit dem Zusammenschluss wollen
die beteiligten MEGs vor allem erreichen, dass sie untereinander weiterhin
kartellrechtskonform Milchpreise austauschen können“, erläutert Kettemann.
Offen ist, ob sich der Zusammenschluss auch um die gemeinsame Vermarktung kümmern wird. Die Meinungen dazu gehen bei den Verantwortlichen auseinander. Im ersten Satzungsentwurf sei die Milchvermarktung jedenfalls nicht ausgeschlossen gewesen,
berichten Landwirte.
„Aufspaltung statt Bündelung“: D
as
bringt die Vertreter der Bayern-MeG
auf die Palme. „Wenn die Milchplattform Bayern auch vermarktet, steht das
der grundsätzlichen Bündelung der
Milch, für die die Bayern-MeG letztlich
gegründet wurde, im Weg“, kritisiert Josef Weixler, Aufsichtsratsvorsitzender
der Bayern-MeG, und zeigt die Konsequenzen auf: „Für die Molkereien wäre
diese Aufspaltung gut, für die Bauern
wäre sie schlecht.“
Bayern-MeG-Vorsitzender Jakob Hölzl
sieht das genauso: „Wenn die endgültige
Satzung der Milchplattform die Vermarktung zulässt, wäre die neue Organisation eine Gegenveranstaltung zur Bayern-MeG.“
Er moniert zudem, dass eine zweite
Dachorganisation den Informationsfluss einschränke. Weil ein Austausch
kartellrechtlich nur innerhalb von Organisationen möglich sei, könnten Bayern-MeG und Milchplattform Bayern
keine Milchpreise miteinander austauschen.
Verärgert sind die Vertreter der Bayern-MeG darüber, dass hauptamtliche
Mitarbeiter des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) die Gründung der Milchplattform unterstützen sollen, zumal
BBV-Vizepräsident Günther Felßner
bislang hinter der Ausdehnung der Bayern-MeG stand. Hölzl: „Wir sind uns
mit BBV-Milchpräsident Felßner einig,
dass die Bayern-MeG das Mittel der
Wahl ist.“
Was will der BBV? Gegenüber top ag-
rar hat sich Felßner, der als Integrator
und Reformer innerhalb des BBV gilt,
bis Redaktionsschluss nicht zur Gründung der Milchplattform geäußert. Klar
scheint aber, dass starke Kräfte innerhalb des Bauernverbands fürchten, die
Bayern-MeG könne zu mächtig werden.
Denn seit der Bayern-MeG-Geschäftsführer nicht mehr beim BBV angestellt
ist, sondern direkt bei der Bayern-MeG,
hat der BBV keinen unmittelbaren
Durchgriff mehr auf die Vermarktungsorganisation. Zudem sitzen in den Gremien der Bayern-MeG auch Bauernverbands-kritische Milchbauern.
Auch beim geplanten Zusammenschluss der „Vereinigung der Milcherzeugergemeinschaften“ (VdMEG) und
des VMB fürchtet der BBV offenbar um
seinen Einfluss. „Wir würden uns dem
VMB anschließen, wenn unsere sieben
Regierungszbezirksvertreter stimmberechtigte Mitglieder des VMB werden“,
berichtet Johann Bauer, Vorsitzender
der VdMEG.
Dann habe man sieben von insgesamt
23 Stimmen im VMB, so Bauer weiter.
Das sei angemessen, weil man rund ein
Drittel der bayerischen Milch bündele.
Zudem würden dies die VMB-Mit­
glieder mittragen, sagt der VdMEG-Vorsitzende.
Der BBV fordere jedoch, dass im
VMB nur BBV-Mitglieder mit Zustimmung des Bauernverbandes aufgenommen werden können, weil der VMB der
Milchausschuss des Bauernverbandes
sei, so Bauer weiter.
Diese Forderung hat der VdMEG-Vorstand aber abgelehnt. Begründung: Die
Umlage, aus der sich der VMB finanziere, werde von der Milchanlieferung
aller Milcherzeuger in Bayern abgezweigt, und nicht nur von der von
BBV-Mitgliedern. „Momentan ist Stillstand in den Verhandlungen“, sagt
Bauer. Der VdMEG-Vorsitzende will
jetzt prüfen lassen, ob die Forderungen
des BBV Umlage-konform sind.
Gleichzeitig rumort es in Sachen
Milchplattform. Denn mehrere Mitglieds-MeGs haben der BBV-Spitze
Konsequenzen angekündigt für den
Fall, dass die endgültige Satzung der
Milchplattform die gemeinsame Milchvermarktung nicht explizit ausschließt.
Klaus Dorsch
Schnell gelesen
• Die Bayern-MeG wirbt derzeit
in Franken intensiv um neue
Mitglieder.
• Mehrere nordbayerische
MEGs wollen eine eigene
Dachorganisation gründen.
• Vertreter der Bayern-MeG
sehen darin eine Konkurrenz
zu ihrer eigenen Organisation.
• Die Bayern-MeG macht den
Bauernverband dafür verantwortlich und fordert, dass
die neue Organisation nicht
eigenständig vermarkten darf.