W . D ie t z e n : Gesellschaft Bayern, download unter www.biologiezentrum.at B© ruOrnithologische tb iotop des Habichts 141 Anz. orn. Ges. Bayern 17, 1978: 141— 159 Der Brutbiotop des Habichts Accipiter gentilis in drei Gebieten Bayerns Von Wolfgang Dietzen 1. Einleitung Ü ber kaum einen anderen V o gel differieren Ansichten und M ei nungen so w ie über den Habicht. W ährend ihn der Vogelschutz auf die Roten Listen der gefährdeten V ogelarten setzt, halten ihn manche Jäger fü r überaus zahlreich und fordern seine Bejagung. Eine A b nahme der Habichtbestände in den Jahren nach 1960 ist gebietsw eise b elegt ( W a r n c k e 1961, K o l l in g e r 1962, R ust 1971). In den jüngsten Jahren mehren sich die H inw eise auf eine Zunahme in einigen Teilen der Bundesrepublik. A ls Gründe fü r den Rückgang w urde eine Fü lle von Faktoren ge nannt, allen voran die menschliche V erfolgu n g ( W a r n c k e 1961, K o l l in g e r 1962, S perber 1970, R ust 1971, Kos 1973) sow ie U m w eltb ela stungen durch Pestizide und B iotopveränderungen (T h ie l c k e 1975). Die S c h w e rp u n k te d e r b is h e rig e n U n te rs u c h u n g e n an d ie s e r V o g e l art b ild e n N a h r u n g s a n a ly s e n (S ch n u r r e 1935, U t t e n d ö r f e r 1939, B r ü l l 1964); ein ig e A n s ä tz e zu r B e s tim m u n g v o n R e v ie rg rö ß e n u n d S ie d lu n g sd ic h te n (S c h n u r r e 1935, B r ü l l 1965, R ust 1971), s o w ie B e o b ach tu n gen u n d A u fn a h m e n z u r B r u t b io lo g ie (E n g e l m a n n 1928, K laas 1949, W a r n c k e 1961, K o l l in g e r 1962, S c h n u r r e 1963, S perber 1970, K o l l in g e r 1974). A r b e it e n ü b e r d en B io to p a n s p ru c h sin d in d er H a b ic h tlite ra tu r selten. Die Unterstützung der Herren H. L in k , Erlangen und J. H a b e r l , Kirch dorf (Niederbayern) ermöglichte es mir, drei voneinander sehr unterschied liche Untersuchungsgebiete in Bayern hinsichtlich des Brutbiotops zu be arbeiten. Z iel und Zweck dieser A rb eit (Kurzfassung einer D iplom arbeit an der Abteilung fü r W ildforschung und Jagdkunde der LM -U n iversität M ü n chen.) w ar es, durch systematische Aufnahmen die B r u t b i o t o p e zu charak terisieren, um einen Teilaspekt der ökologischen Einnischung des H a bichts, die Habitat-Nische b e s s e r zu verstehen. Gleichzeitig w a r es möglich, den S t a t u s des H a b ic h t s in den u n t e r s u c h t e n G e b ie t e n d a r z u s t e l l e n und a u f dieser Basis Schutzkonzeptionen zu diskutieren. F ü r die M i t a r b e i t an den Feldarbeiten und f ü r wichtige H i n w e i s e danke ich v o r allem F r l. U. T im a n s , den H erren H. L in k , J. H a b e r l und A. S c h r e y e r jr.. Den Herren R. R u s t und Dr. G. S p e r b e r s c h u ld e ich Dank f ü r manchen Rat, den Sie mir 142 © Ornithologische Gesellschaft Bayern, download unter www.biologiezentrum.at [Anz. orn. Ges. Bayern 17, H eft 1 1978] aus ihrer reichen Erfahrung m it dem Habicht geben konnten. D ie Forst ämter Erlangen und Nürnberg-Nord, die Landratsäm ter Deggendorf, F rei sing und Pfaffenhofen und die Oberforstdirektionen Ansbach und München stellten freundlicherweise Aufzeichnungen und Kartenunterlagen zur V er fügung. Ganz besonders danke ich für die enge und fruchtbare Zusammen arbeit in der Erstellung der A rb eit Herrn Dr. Dr. habil. W. S c h r ö d e r . 2. U ntersuchungsgebiete 2.1 D a s G e b i e t F r e i s i n g (FS) Es umfaßt den m ittleren und nördlichen T e il des gleichnamigen ober bayerischen Landkreises und den südlichen und m ittleren T e il des Nach barlandkreises Pfaffenhofen/Ilm . A ls T eil des oberbayerischen T ertiär hügellandes, das sich nach Norden an die kultivierten Niederm oorgebiete des Nordrandes der Münchener Schotterebene anschließt, unterliegt die Landschaft einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung. Die Fruchtbar keit der Böden und die klimatisch günstige Lage (Ackerzahlen bis 70; jäh r licher Niederschlag 700— 750 mm; Jahresmittel der Lufttem peratur 7,4° C.) ließen den nordöstlichen T e il des Gebietes zum weltberühm ten Hopfenan baugebiet der Holledau werden. Das Bewaldungsprozent (Die Erläuterun gen forstlicher Fachausdrücke im Anhang.) ist m it 14,8 (Landkreis F rei sing) sehr niedrig. Die Waldflächen beschränken sich im wesentlichen auf Hang- und Kuppenlagen. Hauptsächliche Baumarten sind die Fichte und die K iefer, die häufig im Reinbestand angebaut werden. Zum größten T eil sind es P riv a t- und Körperschaftswälder. Größe der Untersuchungsfläche 5600 Hektar. 2.2 D a s G e b i e t B a y e r i s c h e r W a l d ( B W ) D er südöstliche T e il des Landkreises Deggendorf und ein kleines Gebiet im Nordwesten des Landkreises Passau bilden das Untersuchungsgebiet BW. Im Südwesten w ird das Gebiet durch die Donau begrenzt. Das Gebiet, das zum Vorderen Bayerischen W ald gehört, ist ganz anders strukturiert als das von FS. Es hat ein vie l stärkeres R elief. Die Tallagen reichen von 300 m N N (Vilshofen) bis 450 m N N (Lalling). D ie höchsten B er ge liegen im Norden des Gebiets bei 827 m N N (Bichlstein). Fläche des U n tersuchungsgebietes 30 000 Hektar. K lein e bäuerliche Betriebe m it stark parzellierten, hängigen Lagen prä gen das Landschaftsbild. Die Grünlandwirtschaft überwiegt. M it 100 Ein wohnern pro km2 ist dieses Gebiet am geringsten besiedelt. Der W ald deckt im Schnitt 34 Prozent; die W älder sind meist auf Hängen, steinigen Kuppen und in ganz engen Tälchen. Die Hauptbaumarten Fichte, Tanne, K ie fe r und Buche bilden oft Mischbestände. Ä ltere Fichtenreinbestände sind selten. Der W ald ist fast ganz in bäuerlicher Hand. A u ffa llen d fü r das Gebiet sind die vielen unbegradigten und unregulierten Bäche, die meist von Grau- und Roterlen, W eiden und Traubenkirschen begleitet werden. 2.3 D a s G e b i e t N ü r n b e r g e r R e i c h s w a l d (NR) Der Nürnberger Reichswald hat im Vergleich zu den vorher beschriebe nen Gebieten einen v ö llig anderen Charakter. A ls größtes m ittelfrän ki sches W aldgebiet prägt er die Landschaft des Nürnberger Beckens. W . D ie t z e n : © Ornithologische Gesellschaft Bayern, download unter www.biologiezentrum.at B ru tb iotop des Habichts 143 Das Tal der Pegnitz grenzt das engere Untersuchungsgebiet, den Sebalder Reichswald, im Süden und die Regnitz im Westen, während die nördli che Abgrenzung durch das Schwabachtal und die östliche durch die Stra ßenverbindung Lau f— Eschenau gegeben sind. Er ist der nördliche T e il des insgesamt 26 000 ha großen Nürnberger Reichswaldes. Die Höhen reichen von 280 m N N in den Tallagen (Erlangen) bis 410 m N N (Reigelsberg) im Osten. Westlich liegt das als „grüner M agen“ der Städte Erlangen, Nürn berg und Fürth bekannte und sehr fruchtbare „Knoblauchsland“ ; es w ird intensiv großgärtnerisch und landwirtschaftlich genutzt. Östlich des Sebalder Reichswaldes lassen die hochwertigen Schichten des schwarzen Jura H opfen- und Kirschgärten sowie hochwertige Wiesen gedeihen. Das Bewaldungsprozent w ird für den Landkreis Nürnberg m it 50,9 ange geben. Bis auf w enige Flächen befindet sich der W ald im Staatsbesitz. Die Baumarten setzen sich aus K ie fe r (82,4%), Lärche (0,5%), Fichte (9,0%), Eiche (3,4%), Buche (0,9%) und übrige Laubhölzer (4,3%) (Stand 1959) zu sammen. Größe des Untersuchungsgebietes 1200 Hektar. 3. Methode Eine Vollaufnahm e der Habichtsbrutbestände wurde in den drei A u f nahmegebieten angestrebt. Eine geringe D unkelziffer w a r durch die unter schiedliche Beobachtungsintensität, die Größe der Gebiete und die Lebens weise des Habichts nicht v ö llig auszuschließen. Eine Gesamtzahl von 41 besetzten Habichthorsten wurde aufgenommen (14 Gebiet FS, 12 Gebiet BW, 15 Gebiet NR). In den Gebieten B W und N R bezieht sich das Datenm aterial auf das Brutjahr 1974, im Gebiet FS auf die Jahre 1974 und 1975. Die Aufnahm en an den einzelnen Brutbiotopen erfolgten schematisch nach einem Aufnahmebogen, der speziell fü r die A rb eit entworfen, getestet und m odifiziert wurde. Dabei kamen großräumige Gesichtspunkte der Ein ordnung in die Landschaft ebenso zum tragen w ie die kleinräum ige B e trachtung in nächster Horstnähe. A ls H ilfsm ittel wurden verw endet: Ein Marschkompaß zur genauen B e stimmung der Richtungen und K artierung der Horste, Meßtischblätter M 1 :25 000 und topographische Karten M 1 : 50 000, Forstnutzungskarten M l 10 000 und in einigen Gebieten Flurkarten M 1 :5 000, ein Höhenmeß gerät Blume Leiß zur N eigung- und Höhenmessung sowie eine Meßkluppe (60 cm) zur Messung des Brusthöhendurchmessers (Bhd) der Horstbäume. Die Beschreibungen der Brutbiotope wurden überwiegend in den Monaten September bis N ovem ber durchgeführt. 4. Ergebnisse 4.1 D e r H o r s t b e s t a n d i n d e r L a n d s c h a f t U nter Horstbestand w ird in dieser A rb e it der zusammenhängende alte W aldbestand des Hochwaldes verstanden, der den besetzten Horst des Habichts enthält und sich im A lte r deutlich sichtbar von den Nachbarbeständen unterscheidet. © Ornithologische Gesellschaft Bayern, [Anz. downloadorn. unter www.biologiezentrum.at Ges. Bayern 17, 144 H eft 1 1978] Es erschien von Bedeutung, den W a l d a n t e i l i n d e r U m g e b u n g von Habichtshorsten zu kennen. Dazu w urde ein K reis um den Horst gezogen, der eine Fläche von 2500 ha um grenzte. Ü ber ein Stichprobenraster (Punktraster) konnte danach der W ald an teil ange schätzt werden. M it 31 °/o w a r der W aldan teil im G ebiet FS am gerin g sten. N u r knapp über diesem W ert lag m it 35 °/o der W ald an teil im Gebiet BW , das G ebiet N R ist m it 65 °/o am waldreichsten. Tab. 1 gibt eine Übersicht der einzelnen W aldanteile. Tab. 1: Das Bewaldungsprozent der Landkreise in den Gebieten, das m ittlere Bewaldungsprozent des Probekreises um die einzelnen Habichthorste und deren M inim al- und M axim alw erte. Bewaldungsprozent der Landkreise FS BW NR 14,8 34 50,9 mittleres Bewaldungsprozent der Probekreise 31 35 65 Min. 20 26 31 Max. 43 42 92 D er k l e i n s t e H o r s t b e s t a n d kam im N ü rn berger Reichs w ald vor. M it einer Größe von 2,2 ha lag er deutlich unter dem des Gebietes B W (4,2 ha) und dem Gebietes FS (9,2 ha). U n a b h ä n g ig vo n d e r H a n g la g e w u rd e fe s tg e s te llt: d ie räu m lich e V e rt e ilu n g der Horste in ein em zu sam m en h än gen den W a ld g e b ie t und ih re L a g e zu r W a ld g e b ie ts m itte . E in e sign ifik a n te B e v o rzu g u n g e in e r H im m elsrich tu n g w a r nicht festzu stellen . Im zu sam m en h än gen den W a ld g e b ie t N R sind d ie H o rs tp lä tze ü b er das g e sam te G e b ie t v e r te ilt, w as sich m it den F e s ts te llu n g e n v o n P ie lo w s k i (1968) im K a m p in o s N a tio n a lp a rk in Z e n tra lp o le n deckt, m it den allg e m e in e n B em erk u n gen , d e r H abich t h orste m eist am R a n d gro ß er W a ld g e b ie te (G lu t z v . B lo tzh eim , e t al. 1971) jed och nicht v e r e in b aren läßt. Um den A u fbau des Horstbestandes zu charakterisieren, w urden fü n f B e t r i e b s a r t e n unterschieden: einschichtiger Hochwald (alle Bäume gleich hoch), mehrschichtiger Hochwald (m ehrere v e r schieden hohe Baumschichten) plen terartiger Hochwald, P len terw a ld und Ü berhaltbetrieb. Eine tatsächliche B evorzugu ng einer Betriebsart konnte nur im G e biet N R erm ittelt w erden; dort w ar das A n geb ot der vorkom m enden Betriebsarten ausreichend bekannt. In den G ebieten FS und B W konnte nur der im G elände gewonnene Eindruck w iedergegeben w e r den. P len tera rtig er Hochw ald (Abb. 1) w urde in beiden G ebieten am W . D ie t z e n : © Ornithologische Gesellschaft Bayern, download unter www.biologiezentrum.at B ru tb iotop des Habichts 145 häufigsten festgestellt. Im Gebiet NR kommen plenterartige Bestän de nicht vor; die Horstbestände waren meist mehrschichtige Hochwäl der. Oft ist hier auch der mehrschichtige Hochwald mit Kiefern-Über-haltbetrieb (Abb. 2) kombiniert. Von den 41 Horstbeständen befinden sich 17 im Staats- und 24 in bäuerlichem Besitz. Abb. 1: P len terartiger Hochwald, die am häufigsten festgestellte W aldform im Gebiet Bayerischer W ald und Freising. Abb. 2: Dreischichtiger Hochwald, die bevorzugte W aldform im Nürnberger Reichswald. 146 © Ornithologische Gesellschaft Bayern, [Anz. downloadorn. unter www.biologiezentrum.at Ges. Bayern 17, H eft 1 1978] 4.2 H o r s t b e s t a n d Licht und Tem peratur, ökologisch w ichtige Faktoren (O d u m 1963), ließen die A u fnahm e der topographischen L a ge der Horstbestände w ichtig erscheinen. Dem R e lie f der G ebiete entsprechend, spielte die ser Param eter, im Gegensatz zum größtenteils ebenen Nürnberger Reichswald, die größte R o lle in den Untersuchungsgebieten FS und BW . Im Gebiet FS lagen die meisten Horstbestände in Einschnitten (6 von 14). Im Bayerischen W ald dom inierten Horstbestände an H ängen (9 von 12), im N ü rnberger Reichswald erwartungsgemäß solche ebener Flä chen (8 von 15). D ie verm utete Bedeutung des K leinklim as bei der Jungenaufzucht w ar Grund fü r die A u fnahm e der E x p o s i t i o n e n der H orstbe stände. Von den acht Expositionen wurden im G ebiet FS markant N ord-W est und N ord bevorzugt. Im G ebiet B W w ählten die Habichte Altbestände m it N ord - bis Ostexpositionen. Im N ü rn berger Reichs w ald w aren die sieben Horstbestände, die sich nicht in ebener Lage befanden, ü berw iegend N ord -W est bis N ord exponiert. In allen G e bieten wurden eindeutig die nördlichen Expositionen (N W bis NE) bevorzugt, jedoch ist die statistische Sicherung bei einer Gesam tzahl von n = 30 über acht W ahlm öglichkeiten nicht möglich. A ls Maß fü r die Lichtsituation und einen T e il der Struktur eines Horstbestandes sollte die B o d e n v e g e t a t i o n H inw eise liefern. In Anlehnung an eine am Institut fü r W ildforschung und Jagdkun de, München, p rak tizierte Aufnahm em ethode in Auerhuhnbiotopen w urde die B odenvegetation beschrieben. Tabelle 2 zeigt die aufgenom m enen K ategorien und das Ergebnis. In allen G ebieten w ird die B odenvegetation ü berw iegend durch eine Mischflora gebildet, die gebietsw eise stark schwankend von Grasund Krautflora oder Strauchflora m it V erjüngung beherrscht w ird. E tw a zu gleichen T eilen tritt die B odenvegetation in allen Gebieten „flächig“ oder „stellen w eise“ auf. „S tellen w eise“ V erbreitu n g der B o denvegetation kom m t in Beständen vor, deren sonst ziem lich g e schlossenes Kronendach lichtere Partien aufweist. M ehr als die H ä lfte der besonders wüchsigen Bestände des Tertiärhügellandes w eist eine sehr dichte B odenvegetation auf. In den beiden G ebieten B W und N R kann die Vegetationsdichte überw iegend als „m äßig dicht“ beschrie ben werden. Von einer Reihe von A u toren w ird im m er w ied er erwähnt, daß der Habicht alte Baumbestände zur Brut auswählt ( E n g e l m a n n 1928, K ram er 1955, K la a s 1967 u. a.). U m fü r eine w eitere A u sw ertu n g eine genauere Aussage über das A lte r eines Horstbestandes zu erhal ten, w urde es je w eils erm ittelt. Insgesamt w urden v ie r A l t e r s k l a s s e n unterschieden, die je nach B etriebsart auch in Mischung W. D ie t z e n : © Ornithologische Gesellschaft Bayern, download unter www.biologiezentrum.at B ru tb iotop des Habichts 147 Tab. 2: Prozentuale A n teile der Bodevegetation in den Horstbeständen FS BM NR Sa. °/o Florentyp Verteilung ü. die Fläche Vegetations dichte Gras- und Krautflora 7 0 6,7 4,9 Strauchflora und Verjüngung 0 0 6,7 2,4 Mischflora 93 100 86,6 92,7 flächig 42,8 41,6 60 48,8 Stellenweise 57,2 58,4 40 51,2 einzeln 0 0 locker 14,3 33,3 6,6 17,0 mäßig 28,5 50,0 73,4 51,2 sehr dicht 57,2 16,7 20 31,7 0 0 vorkam en. Im G ebiet FS und B W wurden die Altersklassen im A n halt an Stubbenzählungen geschätzt; im G ebiet N R w urden die A n gaben dem Operat der Forsteinrichtung entnommen. T a b elle 3 zeigt die V erteilu n g der Altersklassen in den Gebieten. Tab. 3: Die Altersverteilung der Horstbestände (n = 41) Anzahl Klasse 60— 80 Jahre FS — BW NR — 1 80— 100 Jahre 2 — 2 103— 120 Jahre 3 — 4 2 >120 Jahre — — 1— 120 Jahre (6 Klassen) — 10 — 1— >120 Jahre (7 Klassen) 2 1 — 60— 100 Jahre (2 Klassen) — — 3 80— 120 Jahre (2 Klassen) 2 100— >120 Jahre (2 Klassen) 3 1 — 3 2 148 © Ornithologische Gesellschaft Bayern, download unter www.biologiezentrum.at [Anz. orn. Ges. Bayern 17, H eft 1 1978] Im G ebiet Freising sind die jüngsten Horstbestände bereits älter als 80 Jahre. N u r im G ebiet B W ist ein Horstbestand unter achtzig Jahre alt. Die meisten Horstbestände in diesem G ebiet w eisen ein A l ter von mehr als 100 Jahren auf. Dies trifft ebenso fü r den Nürnberger Reichswald zu. D ie F o r m d e r M i s c h u n g eines W aldes aus verschiedenen Baumarten hat erheblichen Einfluß auf die A r t seiner Struktur. Daher erschien es wichtig, die Mischungsform der Horstbestände zu erhe ben. Von sechs ausgeschiedenen Mischungsformklassen dom inierte in 36 von 41 Beständen die „einzelstam m w eise Mischung“ Die Ursache ist jedoch im A n geb ot von Mischungsformen zu suchen. „E in zel stam m weise Mischung“ ist im größten T e il der Mischbestände v o r herrschend. N u r zw eim al brütete der Habicht in einem Reinbestand. Die Erhebung des Param eters S c h i c h t u n g versprach neben einer Aussage über die erforderliche Struktur von Horstbeständen auch Hinweise über die „h eim lich e“ Lebensw eise des Habichts zur B rutzeit ( K laas 1949, K ra m e r 1955, B r ü l l 1964 u. a.) zu geben. Fünf Schichtungsklassen w urden bei der Beschreibung dieses Param eters zugrundegelegt. Oberschicht Klasse 1 Ober- und Mittelschicht 2 Ober-, M ittel- und Unterschicht 3 Ober- und Unterschicht 4 plenterartige Schichtung 5 Das Ergebnis, das sich aus der Aufnahm e der Betriebsarten ergab, spiegelt sich hier w ieder. In den Gebieten FS und B W w eisen die Bestände ü berw iegen d eine plen terartige Schichtung, im G ebiet N ü rnberger Reichswald im W e sentlichen eine Ober-, M ittel- und Unterschicht auf. Dies ist im G ebiet N R bem erkenswert, da es dort genügend einschichtige K iefern b estä n de im entsprechenden A lte r gibt. Um bestätigen zu können, ob der Habicht Horstbestände aus be stimmten Baumarten bevorzugt, w urde ihr M i s c h u n g s a n t e i l am jew eiligen Bestand erm ittelt. D om inierende Baum arten der Horstbestände w aren im G ebiet FS Fichte und K iefer, im G ebiet B W Tanne und Fichte und im G ebiet N R K ie fe r und Fichte. A n teils- und artmäßig entspricht dies grob dem Baum artenangebot dieser Gebiete. Eine Bevorzugung ist nicht zu erkennen. 4.3 H o r s t b e r e i c h U nter Horstbereich w ird in dieser A rb e it eine kreisförm ige Zone von etw a einer Baum länge (30 m) um den Horstbaum verstanden. W . D ie t z e n : © Ornithologische Gesellschaft Bayern, download unter www.biologiezentrum.at B ru tb iotop des Habichts 149 4.3.1 Bestand im Horstbereich Es sollte geprü ft werden, ob der Habicht bei seiner H orstw ahl ganz bestimmte T e ile eines Horstbestandes bevorzugt. Im m er dann, wenn sich der Baumbestand sichtlich von dem des übrigen Horstbestandes unterschied, w urde er gesondert beschrieben. B ei den 41 untersuch ten Horstbereichen w a r dies nur vierm a l der Fall. Im G ebiet Freising war dies ein Horstbereich in dem die Tanne m it einem A n te il von 95% vertreten war, w ährend sie im übrigen Bestand nur m it 10°/o vorkam. Einen ähnlichen Fall, w enn auch nicht so gravierend, fand ich im Bayerischen W ald. D ort w a r im Horstbereich ein Tannenanteil von 9 0 % im Gegensatz zu 5 0 % im übrigen Bestand. Im N ü rn berger Reichswald unterschied sich ein Horstbereich durch das V orhanden sein von K iefern -Ü berh ältern , welche im übrigen Bestand fehlten. W enn es auch bei diesen w en igen Fällen den Anschein hat, daß eine Bevorzugung bestim m ter T e ile eines Horstbestandes m öglich sei, sprechen die Verhältnisse bei den übrigen dagegen. 4.3.2 Horstbaum B ei der H orstbaum w ahl bieten sich dem Habicht in den meisten Fällen m ehrere topographische Standortmöglichkeiten. Eine B e v o r zugung sollte ü berprü ft w erden. Acht Standortkategorien w urden auf genomm en: Oberhang, M ittelhang, Unterhang, Hangfuß, Kuppe, Senke, flaches G elände und Rücken. Im G ebiet FS stand der H orst baum sechsmal am M ittelhang, je zw eim al am H angfuß und einer Senke, dreim al in flachem Gelände und einm al am U nterhang. E lf von z w ö lf Horstbäumen standen im Bayerischen W ald am M ittelhang. N ur einm al fand ich in diesem G ebiet einen Horstbaum am U n ter hang. V om A n geb o t her nicht anders möglich, standen im G ebiet N R 8 von 15 Horstbäumen auf flachem Gelände. Sechs von den übrigen sie ben standen auf M ittelhängen einer auf einem Rücken. Insgesamt stand der Horstbaum bevorzu gt auf Mittelhängen. D ie spezifische W uchsform jeder Baumart läßt eine unterschiedli che Eignung als Horstbaum vermuten. D aher erschien die Au fnah m e der Horstbaum art von großem Interesse. Sie ergab folgendes Resultat (Tab. 4): Tab. 4: Baumartenzusammensetzung der Horstbäume (N) FS Baumart BW Fichte 4 — Tanne 7 12 K ie fe r 3 N 14 12 NR Summe 2 6 — 19 13 16 15 41 © Ornithologische Gesellschaft Bayern,[Anz. downloadorn. unter www.biologiezentrum.at Ges. Bayern 17, 150 H eft 1 1978] Die Tanne w ird in den G ebieten FS und B W deutlich bevorzugt. Im G ebiet FS sticht dies besonders hervor, da die Tanne hier in den Horstbeständen lediglich einen A n te il von 8,5 °/o hat. Im Nürnberger Reichswald w ird die häufigste Baumart, die K iefer, auch am häufig sten als Horstbaum angenommen. D ie besonderen Aststellungen, ihrer Krone, sowie ihre große N eigu ng zur K ron en zw ieselbildu n g macht sie fü r die A n la ge eines großen G reifvogelh orstes in besonderer W ei se geeignet. Dieses Ergebnis läßt sich nicht m it der Fü lle von A n ga ben der Horstbaum arten in der L itera tu r vergleichen (W arncke 1961, K ramer 1967, G lutz v. B lotzheim et al. 1971). Ihnen feh lt eine A n gabe des Baumartenangebots. Eine w eitere Charakterisierung des Horstbaumes sollte durch die Messung seiner Höhe erreicht werden. Tabelle 5 zeigt das Ergebnis. Tab. 5: M ittlere Baumhöhe ( Y ) ± Standardabweichung (s), m inim ale und m axim ale Baumhöhe (Min. u. Max.) der Horstbäume in M eter (n = 41) X ± s FS BW NR 33,5 ±2,5 30,6 ±2,9 26,2 ±2,7 Min. 28 25 22 Max. 37 35 30 Die höchsten Horstbäum e w urden im G ebiet FS gefunden. D ie n ie drigsten Horstbäume, was sich durch den Standort und die E igenart der K ie fe r erklären läßt, w urden im G ebiet N R gefunden. D er B r u s t h ö h e n d u r c h m e s s e r (Bhd) ist im forstlichen Bereich eine M eßgröße zur Charakterisierung und Volum enberech nung eines Baumes. Da forstliche Maßnahmen in hohem G rade an dieser Größe orien tiert werden, schien es sehr wichtig, sie zu erm it teln. Tabelle 6 veranschaulicht das Ergebnis. Tab. 6: M ittlerer Bhd (x) ± Standardabweichung (s), m inim aler und m axim aler Bhd der Horstbäume in Zentim eter (n = 41) FS BW NR x ± s 47,4 ±9,0 43,5 ±9,2 46,3 ±10,2 Min. 35 29 33 Max. 65 61 66 In allen Gebieten liegen die W erte eng beieinander, ebenso die M i nim al- und M axim alw erte. Ein V ergleich der W erte m it den Durch messern der übrigen Bäume des Horstbestandes (forstlicher E rtrags tafelvergleich ) zeigt deutlich, daß nur die stärkeren Bäume als H orst baum ausgewählt wurden. W . D ie t z e n : © Ornithologische Gesellschaft Bayern, download unter www.biologiezentrum.at B ru tb iotop des Habichts 151 Die s o z i a l e S t e l l u n g eines Baumes charakterisiert ihn als G lied einer Baumpopulation. Von ihr hängt es unter anderem ab, ob der Baum im Zuge eines forstlichen E in griffes entnommen wird oder nicht. Fü r den Schutz des Horstbaumes, aber auch fü r seine Beschreibung, w a r die Erhebung dieses Param eters daher von Bedeu tung. Die v ie r ersten Baumklassen nach K ra ft (1884) w u rden dabei un terschieden. Es zeigte sich, daß alle Horstbäume an der B ildung des Kronendaches b eteilig t w aren; nie w urde ein „beherrschter“ , also so zial n ied riger stehender Baum als Horstbaum ausgewählt. Im G ebiet FS und N R dom inieren „herrschende“ Bäume, die in der R egel den Hauptbestand bilden und verhältnism äßig gut entw ickelte Kronen aufweisen. „Vorherrschende“ Bäume treten als Horstbaum in den G e bieten FS und N R auf. Sie sind durch besonders k rä ftig entwickelte Kronen charakterisiert. Im G ebiet B W ü berw iegen „m itherrschende“ Bäume als Horstbäume, die nach K raft zw ar ähnlich w ie die „h err schenden“ noch „n orm al ge fo rm te“ K ronen haben, die aber relativ schwach entw ickelt und eingeengt sind. Bedeutend ist, daß die Bäu me, die bei geregelten forstlichen E ingriffen entnomm en werden, als Horstbaum n orm alerw eise nicht geeign et zu sein scheinen. D er S c h l u ß g r a d eines Horstbaumes beschreibt den Abstand seiner K ron e zu denen seiner Nachbarn. Da dieser Param eter einen Einfluß auf die Lichtverhältnisse im Kronenraum eines Waldbestandes hat und dam it auf das K lein k lim a unm ittelbar am Horst, w urde er aufgenommen. In allen G ebieten überw iegen die Schlußgrade „g e schlossen“ und „locker“ ; die Z w eige der Horstbäum e berühren also entw eder gerade die der Nachbarbäume oder haben einen geringen Abstand zu ihnen. Lediglich im Bayerischen W ald hatte der Schluß grad „lich t“ eine gerin ge Bedeutung. Dabei steht die K ron e v ö llig frei im Bestand, ohne daß eine w eitere K ron e zwischen ihr und den Nach barbäumen P la tz hat. Ein V ergleich m it dem A n geb o t an Schlußgra den in Beständen macht deutlich, daß keine B evorzugu ng eines beson deren Schlußgrades daraus abzuleiten ist. 4.3.3 Horst D er verm u tete Einfluß auf Licht- und W indverhältnisse w ar der Grund fü r die A u fnahm e der L a ge des Horstes zur S t a m m a c h s e des Horstbaumes. Das Ergebnis zeigt in den Gebieten FS und N R kei ne eindeutige B evorzugu ng einer Exposition. N u r im Bayerischen W ald w aren von zehn Horsten fü n f ostexponiert. Fü r den Schutz des Habichts vo r menschlichen E ingriffen (S perber 1968) erschien die A r t der T a r n u n g seines Horstes von Bedeutung; die Sichtm öglichkeit vom W aldboden w a r daher aus schlaggebend bei der Aufnahm e. D er ü berw iegende T e il der Horste w a r nicht oder nur m äßig getarnt; die H orste w aren vom W aldboden aus fr e i zu sehen. A m w enigsten w aren die H orste des Gebietes N R © Ornithologische Gesellschaft Bayern,[Anz. download unter Ges. www.biologiezentrum.at orn. Bayern 17, 152 H eft 1 1978] getarnt, was durch den Kronenaufbau der Haupthorstbaumart K iefer zu erklären ist. N u r ein H orst des Gebietes B W w a r total getarnt; er w ar vom W aldboden nur durch K otspritzer zu entdecken. Die A r t der H o r s t a n l a g e sollte Aufschluß über m ögliche Be vorzugungen bestim m ter Baum kronen- oder A stform en geben. Es w urde nur zwischen A n la g e auf Seitenästen und auf K ronenzw iesel unterschieden. D ie A n la g e auf Seitenästen dom inierte in den Gebie ten FS und BW . Im N ü rn berger Reichswald w urde die A n la g e auf K ron en zw iesel am häufigsten festgestellt. Eine B evorzugu ng läßt sich daraus in einem V ergleich m it dem A n gebot nicht ableiten. Tab. 7 zeigt das Ergebnis der erm ittelten H o r s t h ö h e n (Höhe der Horstbasis). Tab. 7: M ittlere Höhe (x ) ± Standardabweichung (s), M inim al- und M axim alw ert (Min. und Max.) der Horste in M eter (n = 41) FS BW NR 23,38 ±3,0 22,08 ±2,96 19,36 ±2,03 Min. 19 18 15,5 Max. 28 27 22 X ± s Die Streuung der M ittelw erte der Horsthöhen ist in allen G ebie ten sehr eng. Im G ebiet FS liegen die Horsthöhen nur 4 M eter höher als im G ebiet NR . D ie W erte aus dem Bayerischen W ald liegen da zwischen. W ahrscheinlich ist dies durch die Baumhöhenunterschiede der einzelnen G ebiete zu erklären. D ie Baumhöhen der Horstbäume liegen im G ebiet FS vergleichsw eise 7 m über denen des N ü rn berger Reichswaldes. D er tiefstgelegenste H orst w urde in der H öhe 15,5 m auf einer K ie fe r im G ebiet N R angelegt; der höchstgelegenste in der Höhe von 28 m auf einer Tanne im G ebiet FS. W erte, die in der L i teratur fü r Horsthöhen genannt w erden ( W a r n c k e 1961, G l u t z v. B l o t zh e im et al. 1971) finden hier keine Bestätigung. V on diesen W e r ten, deren M ittel unter 20 m liegen, ist nicht bekannt, ob sie gemessen oder geschätzt wurden. 4.3.4 Entfernungen zu Strukturlinien in der Landschaft und Störquellen A u s eigen en B eob ach tu n gen und A n d eu tu n g en aus d e r L ite r a tu r (G lu tz v. B lo tzh e im e t al. 1971) schien d ie N ä h e z u S c h n e i s e n b ei d er H o rs ta n la g e des H abichts ein e R o lle zu spielen. Schneisen b ie ten gu te A n - und A b flu g m ö g lic h k e ite n (eig en e B eob ach tu n gen und H in w e is e v o n m e h re re n H ab ich tk en n ern ). M ittle r e W e r te w a re n im G e b ie t F S 29 m im B a yerisch en W a ld 7 m und im G e b ie t N R 25 m. D e r g e rin g e W e r t im G e b ie t B W h än gt v e rm u tlic h m it d er starken \\r. D ie t z e n : © Ornithologische Gesellschaft Bayern, download unter www.biologiezentrum.at B ru tb iotop des Habichts 153 Gliederung dieser W älder, die durch die Besitzstruktur bedingt ist, zusammen. Die m ittlere Entfernung des Horstes zum nächsten W eg ist bis 15 Mal größer als die zur nächsten Schneise. Eine große V ariation der W erte läßt verm uten, daß die H orstw ahl nicht von der W egnähe be einflußt w ird. In allen Gebieten zeigte sich, daß vorgekom m ene B ru t störungen durch Menschen nicht m it der Nähe zu einem W eg zusam menhingen. U nter B e s t a n d e s r a n d w ird hier die G renze des H orstbe standes verstanden. D ie Erhebung der Entfernung des Horstes zum nächstgelegenen Bestandesrand sollte ebenso w ie der folgen d e P a ra meter „E n tfern u ng zum nächstgelegenen W ald ra n d “ w eiteren A u f schluß über die Struktur der H orstplatzw ahl bringen. D ie E n tfer nungswerte zum nächstgelegenen Bestandesrand schwanken sehr stark in allen Gebieten. D ie L a ge des Horstes reicht vom Zentrum bis zur P erip h erie des Horstbestandes. W ie beim vorhergehenden Param eter d ifferieren die Entfernungs w erte in allen G ebieten stark. W ährend die m ittlere Entfernung im Gebiet B W m it 161 m am geringsten war, lag sie im N ü rn berger Reichswald m it 805 m um ein Mehrfaches darüber, sicher bedingt durch das große zusammenhängende W aldgebiet. A m geringsten w ar die Entfernung zum nächsten W a l d r a n d bei einem H orst im G e biet FS. Er lag nur 13 m vom nächsten W aldrand entfernt. D ie breite Streuung der W erte belegt die hohe V a ria b ilitä t des Habichts bei der Horstwahl. W eiteres Z ie l der Erhebung w ar es festzustellen: W ie nah brütet der Habicht an menschlichen Siedlungen? A m nächsten zu S i e d l u n g e n horstete der Habicht im B a yeri schen W ald. H ier konnte auch der geringste W ert, 250 m zum nächsten bewohnten Haus (einzelstehender W eiler) gemessen w erden. D ie Durchschnittswerte lagen im G ebiet FS bei 1001 m, im G ebiet B W bei 602 m und im G ebiet N R bei 1287 m. Aus keinem der untersuchten G ebiete gib t es H in w eise dafür, daß der Habicht geeign ete H orstbe stände in der Nähe menschlicher Siedlungen nicht genutzt hätte. Um Aufschluß über die innerartliche Toleran z des Habichts zur B rutzeit zu erhalten, w urden die Entfernungen zu den jew eils n ä c h s t e n H o r s t e n gemessen. Im G ebiet FS liegen 6 von 13 Horsten zwischen 1000 und 1500 m zum nächsten Horst; im G ebiet B W lieg t kein H orst näher als 2000 m zu seinem Nachbarhorst. H ier liegt auch die gleichm äßigste H orstverteilu ng a ller drei G ebiete vor. D ie ungleichmäßigste V erteilu n g der Horste über die Landschaft, verm u t lich bedingt durch die Größe und V erteilu n g b ew a ld eter FJächen, w eist das G ebiet FS auf. D er geringste Horstbestand w u rde m it 700 m im G ebiet N R erm ittelt. D ie W erte decken sich in allen G ebieten m it den A ngaben in der Litera tu r ( K r am er 1955, S c h n u r r e 1963, R ust 1971 G l u t z v o n B l o t z h e im et al. 1971). Tab. 8 zeigt das Ergebnis. 154 © Ornithologische Gesellschaft Bayern, [Anz. downloadorn. unter www.biologiezentrum.at Ges. Bayern 17, H eft 1 1978] Tab. 8: M ittlere Entfernung (x ) zum nächsten Horst in M eter ± Standard abweichung (s), M inim al- und M axim alw erte (n = 41) X± s Min. Max. FS BW NR 3888 ±3779 2997 ±732 2183 ±946 1190 2050 700 13 125 3930 3670 5. Diskussion D ie vorgestellten A u fnahm en an Habichten in B ayern zeigen, daß er nicht nur in G ebieten m it ausgedehnten geschlossenen W äldern lebt, sondern auch in w aldarm en G ebieten Vorkommen kann. So w a ren im Landkreis Freisin g bei nur 14,8 Prozen t B ew aldung brütende Habichte nachzuweisen, sofern einige Ansprüche an den Lebensraum b efried ig t sind. Es scheint nämlich die Flächenstruktur der W älder nicht w ichtig zu sein, w oh l aber die Altersklassen des Waldbestandes, in dem der Habicht brütet. Es sind dies Baumbestände von über 80 Jahren, die nicht w en iger als zw ei H ektar umfassen. D erartige Baum bestände sind in den meisten W äldern, auch bei unterschiedlicher forstlicher Nutzung, gegeben. Dies w iederum erm öglicht eine lan desweite Verbreitu n g dieser V ogelart. Strukturreiche, nämlich „p len tera rtig “ und „m ehrschichtig“ auf gebaute W äld er scheinen gegenüber den einschichtigen Reinbestän den bevorzu gt zu w erden. In fast allen W äldern finden sich auch sol che mehrschichtigen Brutbestände. Es kann daher nicht abgeschätzt werden, w ie w e it der Habicht in einschichtige Bestände auszuweichen verm ag, wenn andere v ö llig fehlen. In gegliedertem G elände lagen die meist nördlich exponierten Horstbestände ü berw iegend an H än gen und Einschnitten. B edingt durch ein meist geschlossenes, stellen w eise aber lockeres Kronendach w urde die B oden vegetation der Horstbestände zum größten T e il aus einer „m äßig dichten“ , „fläch ig“ oder „stellenw eise vorkom m en den “ Mischflora gebildet. Fü r den Schutz des Habichts v o r menschlicher V erfolgu n g ist dies günstig; H inw eise auf eine Habichtbrut, w ie Rupfungen, Beutereste und M au serfedern können in dichtem Bodenbewuchs nur schwer gefunden w erden. Die Baum arten der Horstbestände setzten sich w ie die der übrigen W äld er zusammen. D er Horstbaum selbst w a r meist eine Tanne oder eine K ie fe r. Sein Standort befand sich überw iegen d am Mittelhang. M öglicherw eise hängt dies m it dem K lim a zusammen. Ausschließlich gehörten die Horstbäume zu den stärkeren Bäumen der jew eilige n Bestände. Dementsprechend bildeten sie alle „h e rr schend“ oder „m itherrschend“ das Kronendach mit. V om W aldboden w a r der direkt am Stam m auf Seitenästen oder auf einem K ron en W . D ie t z e n : © Ornithologische Gesellschaft Bayern, download unter www.biologiezentrum.at B ru tbiotop des Habichts 155 zw iesel angelegte Horst meist gut zu sehen. Seine Höhe w ird verm u t lich bestim m t durch die Stelle, an der fast waagerechte, starke Sei tenäste oder K ron en zw iesel den großen Horst gut tragen können. Die m ittleren Horsthöhen lagen zw ei bis v ie r M eter über den in der Litera tu r genannten W erten (19,36 G ebiet NR, 22,08 G ebiet B W und 23,38 G ebiet FS) ( W a r n c k e 1961, G l u t z v. B l o t z h e im et al. 1971). Der Horstbaum stand meist in der Nähe einer Schneise. Einige H in weise sprechen dafür, daß die W ahl dieser L a ge m it den günstigen A n - und Abflu gm öglichkeiten des Habichts zusammenhängt. D ie N ä he von Horsten zu Schneisen w ird in der L iteratu r ohne genaue A n gaben bereits genannt ( G l u t z v. B l o t z h e im et al. 1971). Eine besondere Nähe des Horstes zu W egen, Bestands- und W aldrändern konnte da gegen nicht festgestellt werden. D er Horst w urde sow ohl fern ab als auch ganz nah zu diesen Strukturlinien gefunden. B ei den wegnahen Standorten kom m t dem W eg wahrscheinlich die bereits bei Schnei sen verm u tete Funktion zu. Erstaunlich war, w ie nah der Habicht an menschlichen Siedlungen brütete. In einigen F ällen w urde der Horst ganz nah (250 m G ebiet BW ), in anderen fern von menschlichen Siedlungen gefunden. D er Habicht bevorzugte zw ar bestim m te Betriebsarten und Horstbaum arten des Hochwaldes, bew eist jedoch eine hohe F le x ib ilitä t in der Biotopwahl. ( L e o p o l d 1966). Seine Anpassung an die herköm m liche forstlichen Nutzungen w ird in direkt durch die W ahl des Horstbaumes erreicht. Es sind dies die stärkeren Bäume des Bestandes, die bis zur Endnut zung im Bestand verbleiben. Bei einer vorh erigen Durchforstung w erden fast ausschließlich schwächere Bäume entnommen, also sol che, die als Horstbaum ungeeignet sind. A u f diesem W ege w ird g e währleistet, daß dem Habicht ein Horstbestand m it geeigneten H orst bäumen m ehrere Jahrzehnte zur V erfü gu ng steht. Eine bei solchen Untersuchungen häufig vorkom m ende S chw ierig keit stellt die Größe der Stichprobe dar. Sie w ird bei einem G re ifv ö gel w ie dem Habicht aus arbeitstechnischen Gründen nie sehr groß sein können. B ei der eigentlichen Datenerhebung gab es ebenfalls einige Schw ierigkeiten. In einigen Fällen, besonders im Untersu chungsgebiet Freisin g und Bayerischer W ald w aren die Altbestände manchmal nicht eindeutig von den Nachbarbeständen abzugrenzen. En tw eder w urden sie durch kleine Bestände anderer Altersklassen, kleine Lichtungen oder offenes Feld in gerin ger B reite unterbrochen oder die A ltersstru ktu r der Nachbarbestände w a r nicht eindeutig in die nächst jü ngere Altersklasse einzuordnen. Eine bessere Erhebung w äre über Lu ftbildau sw ertu n g denkbar. Lu ftbildau fnahm en im Maßstab 1:10 000 lassen, w ie ich durch Proben feststellen konnte, über die K ron en form en der Bäume gut ihre A l tersstruktur erkennen. Ü ber die Lu ftbildau sw ertu n g ließe sich auch das Landschaftsangebot w e it besser erfassen. Von großem Interesse w ären ähnliche Biotopaufnahm en in ganz 156 © Ornithologische Gesellschaft Bayern, [Anz. downloadorn. unter www.biologiezentrum.at Ges. Bayern 17, H eft 1 1978] andersgearteten Landschaftstypen, w ie zum Beispiel einem Erlenbruchwald oder einem reinen Buchenwald. A u f diese W eise könnten Aussagen über die Struktur der Horstbestände (Schichtung, Boden vegetation) auf eine breitere Basis gestellt werden. Im Zu sam m en h an g m it d er B e ja g u n g des H abichts w u rd e n im m er w ie d e r R e v ie r g r ö ß e n fü r H a b ich t-B ru tp a a re genannt. 3000— 5000 ha w a r nach B r ü l l (1964) ein H a b ic h tre v ie r groß. E in e R e ih e v o n E rh e b u n gen w id e r le g t diesen W e r t (P ielo w ski 1968 K o l lin g e r 1974 G lu tz v. B lo tzh e im e t al. 1971), ebenso w ie d ie E rgeb n isse d er B e standsau fnahm en aus m ein en d re i U n tersu ch u n gsgebieten . U m g re n zt m an die U n tersu ch u n gsgeb iete durch T a n g en ten an d ie K r e is e um die M itte lp u n k te d er äu ß eren H o rste m it dem R adiu s des h a lb en m ittle ren H orstbestandes, so e rh ä lt m an im G e b ie t B W und N ü rn b e rg e r R eich sw a ld H a b ic h tre v ie re zw isch en 1000 und 2000 ha G röße. D iese W e r te sind jed och als re in e R ech en größ en fü r V e rg le ic h s w e r te nur b e d in g t brauchbar. D ie F ra ge, ob H ab ich te ü b erh au p t T e r r ito r ie n haben, b le ib t w e ite r h in offen. U m brauchbare Ergebnisse über H abichtreviere zu erhalten, w ä ren sehr au fw endige Untersuchungen unumgänglich. D ie M arkierung von Habichten m it Kleinstsendern w äre dabei nach eigenen E rfah rungen die beste Methode. Die Untersuchungsergebnisse, ergänzt durch das bisher vorhande ne Wissen um den Habicht ( G l u t z v . B l o t z h e im et al. 1971 u. a.) zeigen, daß die Habitatnische dieses G reifvogels in allen unseren Landschaf ten nachhaltig gesichert erscheint. Durch die außerordentliche Fäh ig keit dieses Vogels, sich den derzeitig bestehenden ökologischen V e r hältnissen anzupassen, ist außer einer ganzjährigen norm alen ja gd lichen Schonzeit kein besonderer Schutz erforderlich. Zusammenfassung In drei landschaftlich verschiedenen Untersuchungsgebieten in Bayern wurden Habichthorstbiotope untersucht. Eine klare Bevorzugung plenter artig und dreischichtig aufgebauter Hochwälder konnte festgestellt w e r den. Die Horstbestände lagen vorw iegend an Hängen und in Einschnitten, w o diese gegeben waren. Ihre Exposition w ar vorw iegend N ord (N W -N E ). Die Bodenvegetation der durchwegs mehr als 100jährigen Horstbestände bestand aus einer flächig und stellenweise vorkom m enden Mischflora. Der Schlußgrad des Kronendachs w ar sehr unterschiedlich. Die Baumartenan teile der Horstbestände entsprachen etwa dem Baumartenangebot der Wälder. Horstbäume wurden vorw iegend an M ittelhängen und flachem Gelände gefunden. Bevorzugte Horstbaumarten waren Tanne in den Fich ten-, Tannen-, K iefern -, Buchen-Mischbeständen und K ie fe r zwangsweise in den Kiefern-Reinbeständen. Die stärksten Bäume der Altbestände w u r den klar bevorzugt. Aus der mangelnden Kenntnis des Altbestandsange bots ließen die W erte der Entfernung zu Störzentren nur eine vorsichtige Interpretation zu. M ittlere Horstbestände lagen zwischen 2000 und 4000 m. W . D ie t z e n : Ornithologischedes Gesellschaft Bayern, download unter www.biologiezentrum.at B©rutbiotop Habichts 157 Der Horst selbst ließ keine Expositionsbevorzugung erkennen, w ar nicht bis mäßig getarnt und in Abhängigkeit von der Baumart auf Seitenästen oder Kronenzw iesel in einer Höhe von 20— 24 m angelegt. Summary H a b i t a t S e l e c t i o n of N e s t i n g G o s h a w k s A c c i p i t e r g e n t i l i s in t h r e e R e g i o n s of B a v a r i a The habitats where nests of the Goshawk occur w ere examined in three study areas in Bavaria. Each area is clearly distinct w ith regard to the characteristics of landscape structure. A clear preference for forests composed of trees of all age classes and of three layers (understory, middle and crown layer) usually managed by selective cutting of trees was apparent. Such forest stands which Goshawks chose to nest w ere found prim arily on slopes and in valleys, when such landscape structures occured. The slope exposition was prim arily northern (N W to NE). The ground Vegetation in the more than a Century old stands consisted of a spotty, low m ixed flora. The degree of canopy cover varied considerably. The tree species composition of the stands where nests w ere found corresponded to the composition of the surrounding forest. Nesting trees w ere located m ainly on intermediate inclines or on plain grounds. P referred nesting trees w ere the fir (when included in spruce stands), pine, m ixed stands of beeches, and besides this always the largest trees in the old stands w ere highly attractive. The nests w ere built m ostly on horizontal branches or in twin stems if possible at a height of 20 to 24 meters. A v e r age nesting distance lay between 2 and 4 kilometers. Literatur H. (1964): Das Leben deutscher G reifvögel. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart. B r ü l l , H. (1970): Der G reifvögel im N iederw ildrevier. M erkblätter des Niederwildausschusses des DJV Nr. 9, 2. A u fl.: 3— 40. E n g e l m a n n , F. (1928): Die Raubvögel Europas. Neudamm. G l u t z v . B l o t z h e i m , U. N., K . B a u e r & E. B e z z e l (1971): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd. 4. Akadem. Verlagsgesellschaft Frankfurt/M. K l a a s , C. (1967): Lebensstätte und Beuteauswahl dreier Habichtspaare. Natur u. V olk 97: 347— 353. K l a a s , E. (1949): Zur Lebens- und Verhaltensweise des Habichts. Natur u. V olk 79: 68— 75. K o l l in g e r , D. (1962): Bem erkenswerte Habichtbeobachtungen. Jb. Dtsch. Falkenorden: 52— 56. K o l l in g e r , D. 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Bibliothek. Bd. 1 K ild a Verlag, Greven. U t t e n d ö r f e r , O. (1939): Die Ernährung der deutschen Raubvögel und Eulen. Neudamm. W a r n c k e , K . (1961): B eitrag zur Brutbiologie von Habicht und Sperber. V ogelw elt 82: 6— 12. K raft, Anschrift des Verfassers: W olfgang D i e t z e n , Abteilung für Wildforschung und Jagdkunde, Am alienstraße 52, 8000 München 40 (Eingegangen am 21. 11. 1977) Anhang Forstliche F a ch au sd r ü ck e Baumklassen (nach K ra ft): Charakterisieren den sozialen Rang eines E in zelbaumes innerhalb einer Baumpopulation (Bestandes). Betriebsart: Nutzungsbedingte Form eines Baumbestandes. D ie drei Grundbetriebsarten sind Hochwald (Hauptnutzung erst im höheren Baumalter; in der R egel ab 80 Jahren), N iederw ald (frühe Nutzung; in der Regel zwischen 25— 40 Jahren; Bestand verjüngt sich über Stockaus schläge) und M ittelw ald einer Kom bination der Erstgenannten. Jede Grundart läßt sich w eiter differenzieren. Bewaldungsprozent: Prozentanteil der bewaldeten Fläche an der Gesam t fläche einer Landschaft. W. D ie t z e n : © Ornithologische Gesellschaft Bayern, download unter www.biologiezentrum.at B ru tbiotop des Habichts 159 Brusthöhendurchmesser (Bhd): Durchmesser eines Baumes in Brusthöhe eines erwachsenen Menschen. Ertragstafeln: In der Forstwirtschaft gebräuchliche Zahlentafeln, die Wuchsverhältnisse eines Baumbestandes charakterisieren. Sie wurden an Beispielbeständen auf gestellt und sind jew eils anwendbar für vergleich bare Bestände. Für die forstliche Planung sind sie unentbehrlich. Forsteinrichtung: M ittelfristige (10— 20 Jahre) forstliche Betriebsplanung. Kronenzwiesel: Unnatürlicher Wuchs einer Baumkrone. Er kommt dadurch zustande, daß der Haupttrieb eines Baumes ausfällt und die unmittelbar darunterliegenden Seitenäste die Kronenspitze anführen. Nach außen sieht er einem Kerzenleuchter ähnlich, der in seiner M itte Raum zur Aufnahm e eines Korbes hat. Mischungsform: A rt der Mischung verschiedener Baumarten in Mischbe ständen. Operat: Planungszweck der m ittelfristigen forstlichen Betriebsplanung. Plenterw ald: Besondere Betriebsform des Hochwaldes. Bäume aller A l tersklassen wachsen gleichzeitig auf einer Fläche. Die Nutzung erfolgt durch Entnahme von Einzelstämmen. Plenterartiger Hochwald: Dem Plenterw ald nahekommender Hochwald. Ihm fehlt das für den Plenterw ald typische Altersklassenverhältnis der Bäume. Schlußgrad: Er gibt den Öffnungsgrad des Kronendachs eines W aldbestan des an. Stubbenzählung: Zählung der am frischen Baumstumpf (Baumstubben) sichtbaren Jahrringe zur Altersbestimmung des Baumes. Überhaltbetrieb: Besondere forstliche Betriebsform des Hochwaldes. Bei der Endnutzung eines Bestandes läßt man einige besonders gutgewach sene Bäume für die Dauer einer weiteren Um triebszeit stehen.
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