Anreizregulierung und Energiewende – eine Mesalliance? Klaas Korte, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Department Ökonomie Anreizregulierung im Rahmen der Energiewende Abnahme erneuerbarer Energien • Anschluss (insbes. fluktuierender) Erneuerbarer i.d.R. mit zusätzlichen Kosten verbunden → Anreiz zur Vermeidung ihres Anschlusses • Mögliche Berücksichtigung im Vergleichsparameter (§ 13 Abs. 3 Nr. 6 ARegV) • Ökonomischer Anreiz durch Berücksichtigung im Erweiterungsfaktor • Ordnungspolitische Gegensteuerung durch Anschlusspflicht (§ 5 EEG), Abnahmeverpflichtung (§ 8 EEG) und Ausbauverpflichtung (§ 9 EEG) Foto: Michael Kirste (mkirste.de) Energiewende: Neue Anforderungen im Netzbetrieb • Die Transformation der Energieerzeugerstruktur (dezentrale Erzeugung, stärkere regionale Entkopplung von Erzeugung und Nachfrage) im Rahmen der Energiewende macht eine Anpassung der deutschen Stromnetze notwendig. • In der Folge: Bedarf für umfangreiche Aus- und Umbauinvestitionen, aber auch die Notwendigkeit von Innovationen (z.B. smart solutions) • Zudem Notwendigkeit der Nachhaltigkeit im Netzbetrieb selbst Ökonomische Charakteristika von Stromnetzen • Stromnetze typischer Fall natürlichen Monopols • Netzinvestitionen sind spezifisch, kapitalintensiv und mit langer Bindungsdauer → Irreversible Kosten verhindern potenziellen Wettbewerb → Monopolregulierungsbedarf im Stromnetzsektor • Informationsasymmetrien zwischen Netzbetreiber und Regulierer erschweren Regulierung • Beziehungsspezifität bietet Spielraum für opportunistisches Verhalten Das Instrument der Anreizregulierung • • • • • Ziel: (Statische) Produktions- und Allokationseffizienz durch Simulation von Wettbewerb Effizienzanreiz durch phasenweise Entkopplung von Erlös und Kosten Übliche Regulierung im RPI−X Verfahren Benchmarking zur Ermittlung des Effizienzniveaus In Deutschland: • Einführung im Jahr 2009 • Regulierung der Erlösobergrenze • Regulierungsperioden umfassen 5 Jahre Kontakt: Dipl.-Ök. Klaas Korte Erweiterungsinvestitionen • Prinzipiell: Renditesteigerung durch Kostenvermeidung → Investitionen unattraktiv • Unsicherheit über ex-post Anerkennung der Kosten als zusätzliches Hemmnis • Investitionsstimuli in der deutschen Anreizregulierung: • Erweiterungsfaktor (gem. § 10 ARegV) • Investitionsbudgets (gem. § 23 ARegV) • Pauschalierter Investitionszuschlag (gem. § 25 ARegV) Innovationen • Nur Innovationen mit Kostensenkungspotenzial angereizt • Verlust des Renditevorteils mit Ende der Regulierungsperiode: vollständige Privatisierung der Kosten, jedoch teilweise Sozialisierung des Nutzens → Innovationsanreiz ↓ • Unsicherer Output von F&E reduziert Innovationsanreiz zusätzlich • Mögliche Innovationsstimuli: • Innovationsbudgets analog Investitionsbudgets in der Regulierungsformel • Innovationsfonds (außerhalb der Anreizregulierung) • Ausweitung der Regulierungsperiode (→ gleichzeitiger Anreiz zur verzögerten Einführung von Innovationen) Eine Mesalliance? • „Reinform“ der Anreizregulierung läuft neuen Anforderungen teilweise zuwider → Notwendigkeit Hemmnis-nivellierender Stimuli • Eingesetzte / diskutierte Instrumente machen Schwierigkeiten der Anreizregulierung deutlich: • Trend zu cost-pass-through: Zurück zur kostenorientierten Regulierung? • Aussetzung der Anreizregulierung (Regulierungsferien) • Zusatzinstrumente außerhalb der Anreizregulierung → Eignung der Anreizregulierung de lege lata im Umfeld der Energiewende (Dynamik, Innovation, Nachhaltigkeit) erscheint zumindest fragwürdig → Institutionenökonomische Analyse (Instrumentendesign, policy mix) Literatur: • Bauknecht, D. (2012): Transforming the Grid – Electricity System Governance and Network Integration of Distributed Generation. Baden-Baden: Nomos • Brunekreeft, G. / Meyer, R. (2011) : Regulation and Regulatory Risk in the Face of Large Transmission Investment. Bremen Energy Working Papers No. 5, Bremer Energie Institut • Coenen, M. / Haucap, J. (2012): Ökonomische Grundlagen der Anreizregulierung. DICE Ordnungspolitische Perspektiven No. 35 • Cossent, R. / Gómez, T. / Frías, P. (2009): Towards a future with large penetration of distributed generation: Is the current regulation of electricity distribution ready? Regulatory recommendations under a European perspective. In: Energy Policy 37 (3), S. 1145-1155 • Knieps, G. (2007): Netzökonomie: Grundlagen – Strategien – Wettbewerbspolitik. Wiesbaden: Gabler • Nykamp, S. / Andor, M. / Hurink, J.L. (2012): ‘Standard’ incentive regulation hinders the integration of renewable energy generation. In: Energy Policy 47: S. 222-237 • Shaw, R. / Attree, M. / Jackson, T. (2010): Developing electricity distribution networks and their regulation to support sustainable energy. In: Energy Policy 38 (10): S. 5927-5937 • Weber, M. / Dross, M. / Holm-Müller, K. (2011): Ausbau des Stromtransportnetzes - reichen die Anreize? In: Energiewirtschaftliche Tagesfragen 61 (3), S. 35-39 ● [email protected] ● 0341 / 235-1742
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