Raum für Bewegung und Sport Departement Technische Betriebe Wald und Landschaft Merkblatt 5 Waldfunktionen und Naherholungswald Zielsetzung und Anwendungsbereich Adressat/-innen Das Merkblatt «Waldfunktionen und Naherholungswald» beschreibt die Waldfunktionen und zeigt deren Bedeutung auf. Es dient der Lenkung des Erholungsbetriebes im Wald und der Vermeidung von Konflikten zwischen den unterschiedlichen Ansprüchen an den Wald als Naturraum und Rohstofflieferant. Amt für Städtebau Fachpersonen Sportamt Wald und Landschaft Ausgangslage Der Wald ist von Gesetzes wegen (ZGB 699/WaG Art. 14) überall und jederzeit der Allgemeinheit zugänglich. Für Winterthur als waldreichste Grossstadt der Schweiz, ist der Wert des Waldes als Naherholungsraum ein entscheidender Standortfaktor. Neben dieser sozialen Funktion als Erholungsund Naturraum bietet der Wald Schutz vor Naturgefahren und liefert sauberes Trinkwasser (Schutzfunktion). Jährlich wachsen in den Wäldern der Stadt rund 26'000 Kubikmeter des CO2-neutralen Rohstoffs und Energieträgers Holz nach (Nutzfunktion). Die vielfältigen Leistungen eines gepflegten Waldes sorgen für Lebensqualität bei Mensch und Tier. Das Wachstum der Stadt Winterthur und die damit einhergehende Zunahme der Freizeit- und Erholungsansprüche an den Wald erfordern Lenkungsmassnahmen, damit der Wald all seine Funktionen uneingeschränkt erbringen kann. Auf Winterthurer Stadtgebiet gehört der grösste Teil des Waldes der Stadt selbst (63 Prozent). Weitere Waldbesitzende sind der Kanton (10 Prozent) und Private (27 Prozent). Jede Massnahme und Benutzung des Waldes, welche über den im ZGB definierten ortsüblichen Umfang hinausgeht, setzt zwingend das Einverständnis der Waldeigentümerin oder des Waldeigentümers voraus. Bildquelle: Wald und Landschaft Vorrangfunktionen Der Wald erfüllt grundsätzlich auf einer Fläche immer mehrere Funktionen. Überwiegt die Bedeutung einer bestimmten Waldfunktion, so wird diese als Vorrangfunktion bezeichnet. Der Wald bleibt dabei multifunktional, erfüllt jedoch die bezeichnete Vorrangfunktion mit erster Priorität. Die Planung der Waldfunktionen hat unter anderem eine bewusste Lenkung des Erholungsbetriebes zum Ziel. Dadurch wird der Lebensraum für Pflanzen und Tiere in anderen Waldteilen beruhigt. 4. Januar 2017 Raum für Bewegung und Sport Merkblatt 5: Waldfunktionen und Naherholungswald Seite 2 von 4 Qualifizierung der Wald- Vorrangfunktionen Die Festlegung der Vorrangfunktion erfolgt unter Berücksichtigung nachstehender Kriterien: Standort Exposition (Himmelsrichtung, Ausrichtung gegenüber Siedlungsraum) Topografie (Geländeform) Boden (Bodentyp, Humusform) Waldgesellschaft (vegetationskundliche Kartierung nach Ellenberg und Klötzli) Waldstandorte von naturkundlicher Bedeutung (WNB) Ansprüche Naherholungsbedarf und Eignung (Zugänglichkeit, Entfernung von Siedlung, begangene Wegachsen) Erholungsangebot (vorhandene und gewollte Infrastruktur) (wertvolle) Lebensräume für Tiere und Pflanzen (Lebensraumpotenzial) Naturschutzinventare Erfahrungswerte Forstpersonal (Waldbesucher/-innen, Rückmeldungen, Waldpotenzial) Planungsgrundlagen WEP (Waldentwicklungsplan) Kanton Zürich (2010) (geltende und übergeordnete Planung) Definition der Vorrangfunktionen Wald und Landschaft führt einen Plan der Vorrangfunktionen für das ganze Gemeindegebiet als interne Arbeitsgrundlage. Waldbau, Wegunterhalt, Bau und Unterhalt von Infrastrukturen wie Bänken, Hütten, Feuerstellen, Sportanlagen sowie Veranstaltungsbewilligungen und dergleichen orientieren sich an diesem Plan. A Vorrang Intensiverholung Beschreibung: Intensiv genutzter Wald rund um Erholungs-, Freizeit- und Sportanlagen. Allgemeine Zielsetzung: Lenkung der Erholungsnutzung und damit Vermeidung von Konflikten sowie Sicherstellung der Walderhaltung. Bewirtschaftung unter Berücksichtigung der Erholungsbedürfnisse. Besucher/-innenlenkung: Die Intensiverholungs-Zone bietet den Besuchenden meist durch eine vorhandene spezifische Infrastruktur ein Erlebnis. Die Zonen sollen nutzungsfreundlich gestaltet sein. Waldbau: Förderung stabiler, strukturreicher Bestände; Erhaltung markanter Einzelbäume; Schutz von Jungpflanzen. B Vorrang Erholung Beschreibung: Häufig begangene Wälder, ästhetischer Wald, gut erreichbar für Spaziergänge, stille Erholung, Sportanlagen (Lauftreff, VitaParcours u.ä.), ansprechende Waldbilder mit mächtigen Bäumen (erhöhte Umtriebszeit), gut erschlossen mit Fusswegen und Pfaden. Allgemeine Zielsetzung: Lenkung der Erholungsnutzung und damit Vermeidung von Konflikten sowie Sicherstellung der Walderhaltung. Bewirtschaftung unter Berücksichtigung der Erholungsbedürfnisse. Bevölkerung für Wald, Holz und Natur sensibilisieren. 4. Januar 2017 Raum für Bewegung und Sport Merkblatt 5: Waldfunktionen und Naherholungswald Seite 3 von 4 Besucher/-innenlenkung: Attraktive Wege und Erholungseinrichtungen fördern den Aufenthalt in dieser Zone. Die Bevölkerung soll Bewegung und Natur geniessen können. Die Gestaltung des Erholungswalds soll auf die verschiedenen Nutzungsgruppen ausgelegt sein. Wo sinnvoll und möglich wird bewusst Infrastruktur geschaffen, um gewisse Interessenskonflikte zu entschärfen. Waldbau: Förderung stabiler, strukturreicher Bestände; Erhaltung markanter Einzelbäume; Schutz von Jungpflanzen. C Vorrang Schutz Beschreibung: Die Wälder mit Schutzwirkung gegen gravitative Naturgefahren wirken bei Massenbewegungen wie Steinschlag, Rutschungen, Murgängen und Schneegleiten. Im Weiteren schützen die Wälder durch Regulierung des Wasserabflusses gegen Hochwasser und dienen als Filter und Wasserspeicher für die Trinkwassergewinnung. Die Erfüllung der Schutzfunktion erfordert eine minimale Bewirtschaftung. Da die Waldböden das Regenwasser bestmöglich filtern und speichern, trägt der Wald massgeblich zur ausgezeichneten Trinkwasserqualität bei. Allgemeine Zielsetzung: Naturnahe Bestockung mit wenig Blössen. Pflege von Tobelwäldern zur Verminderung der Verklausungsgefahr. Pflege der Waldabschnitte entlang von Eisenbahnlinien, Strassen und Leitungen zur Gewährleistung der Betriebssicherheit. Besucher/-innenlenkung: Die Wälder befinden sich meist in Steillagen. Eine Begehung wird nicht gefördert. Hauptaugenmerk gilt dem Schutz der Waldleistung und der allenfalls im Waldbereich vorhandenen und gefährdeten Infrastruktur. Waldbau: Vielseitig strukturierte Bestände; keine grossen Auflichtungen; an Steilhängen wenig Starkholz. D Vorrang Natur Beschreibung: Naturgemässer «wilder» Wald ohne Gastbaumarten, strukturreicher Aufbau mit Zielsetzung Artenvielfalt, Totholz, Biotopbäume, wenig Störung, keine Erholungsinfrastruktur. Rückzugsort für Tiere, Standorte mit speziellem Naturwert. Etwa 70 Prozent der in der Schweiz gefährdeten Tier- und Pflanzenarten leben im Wald oder halten sich im Wald auf. Zudem ist der Wald für die Vernetzung der Lebensräume wichtig. Allgemeine Zielsetzung: Fachgerechte Behandlung dieser Wälder zur Erhaltung von Artenvielfalt und Strukturreichtum. Lebensräume für Pflanzen und Tiere erhalten und verbessern. Förderung von Alt- und Totholz, sofern sie kein Gefahrenpotenzial für den Menschen darstellen. Besucher/-innenlenkung: Der Druck der Besucher/-innen soll tief gehalten werden. Sport- und Erholungsinfrastruktur werden in dieser Zone nicht errichtet. Ein Erkunden der Natur ist für die Waldbesuchenden im Normalfall auf bestehenden Waldwegen möglich. Biotopbäume, Altholz wie auch weitere Arten- und Naturschutzförderungs-Massnahmen sind möglich. Waldbau: Eingriffe zur Förderung von speziellen Arten, Naturnähe und Strukturreichtum der Bestände entsprechend den Standortverhältnissen und den Naturschutzzielen vornehmen. Wo möglich soll die natürliche Dynamik ablaufen. E Multifunktionaler Wald Beschreibung: Multifunktionaler Holzproduktionswald unter Berücksichtigung von Naturschutz und Erholung. Naturnahe Baumartenzusammensetzung mit möglichen Gastbaumarten. Der Laubholzanteil entspricht wenigstens dem Minimalwert gemäss Empfehlung basierend auf der vegetationskundlichen Kartierung. Umtriebszeit, Waldform und Betriebsart werden hinsichtlich Wirtschaftlichkeit optimiert. 4. Januar 2017 Raum für Bewegung und Sport Merkblatt 5: Waldfunktionen und Naherholungswald Seite 4 von 4 Allgemeine Zielsetzung: Nachhaltige Waldbewirtschaftung. Besucher/-innenlenkung: Der Wald soll mit weniger Infrastruktur ausgestattet sein als der Erholungswald. Er kann so der Bevölkerung als ruhiger Rückzugsort dienen. Die anderen Waldfunktionen, insbesondere die Holznutzung, haben in diesem Bereich aber mindestens die gleiche Priorität wie die Naherholung. Waldbau: Naturnaher Waldbau; Schonung von Boden, Flora und Fauna; Bestandespflege zur Produktion von qualitativ gutem Holz. Standortgerechte Baumarten mit Nadelbaumanteil inkl. Gäste und Exoten (Douglasie, Lärche, Fichte, Weisstanne, Roteiche, u.a.). Weiterführende Informationen Handbuch Raum für Bewegung und Sport Merkblatt 6: «Veranstaltungen im Wald» Publikationen und Leitbilder der Stadt Winterthur Broschüre: «Unser Wald - Nutzen für alle» Leitfaden Gartenstadt Kantonale Planung Waldentwicklungsplan Kanton Zürich 2010 Rechtsgrundlagen: Bundesgesetz über den Wald (WaG) Kantonales Waldgesetz (KaWaG) Kantonale Waldverordnung Waldentwicklungsplan Kanton Zürich (WEP 2010)
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