Vollmilchergänzer, ja oder nein?

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Tier
BAUERNBLATT | 24. Dezember 2016 ■
Erfolgreich füttern: Kälberaufzucht
Vollmilchergänzer, ja oder nein?
In schätzungsweise 50 % aller
Milchviehbetriebe wird Vollmilch
vertränkt, in den meisten Betrieben jedoch ohne den Zusatz von
Aufwertern. Es ist auf den ersten
Blick auch schwer zu verstehen,
dass in der Muttermilch nicht alle
Nährstoffe in ausreichender Form
enthalten sein sollen, die das Kalb
benötigt. Sollte sich die Natur an
dieser Stelle eventuell geirrt haben, oder sind Vollmilchaufwerter
Produkte, die wohl dem Verkäufer,
aber nicht dem Käufer nützen?
Die Antwort auf diese Frage
vorneweg: Die Natur hat sich nicht
geirrt, und trotzdem gibt es bei
den mit Vollmilch ernährten Kälbern Nährstoffdefizite, die dringend ergänzt werden müssen.
Wie kommt dieser Widerspruch
zustande? In der Natur saufen die
Kälber wesentlich größere Mengen an Milch als zum großen Teil
in der Aufzucht im Stall getränkt
wird. Eine Ausnahme bildet hier
die von uns empfohlene Ad-libitum-Tränke. Kälber auf der Weide
haben im Vergleich zu den Stallkälbern Kontakt mit Mutterboden
und nehmen auch darüber Mineralstoffe auf. Trockensteher und
Färsen, die sich zum Teil auf der
Weide befinden, werden nicht immer ausreichend mit Mineralstoffen versorgt. Die Mineralstoffversorgung auf der Weide, insbesondere im Spurenelementbereich, ist
ohne eine zusätzliche Versorgung
nicht ausreichend. Dann kommt es
zum Beispiel sehr leicht zum Selenmangel bei Kälbern. Nicht zuletzt
bedingen höhere Milchleistungen
eine Verdünnung der Inhaltsstoffe.
Hinzu kommt, dass Kälber in Stresssituationen und bei Erkrankungen
einen deutlich höheren Bedarf an
bestimmten Mineralstoffen und
auch Vitaminen besitzen, als das
im gesunden Zustand der Fall ist. Es
sind somit viele Gründe, die dazu
beitragen, dass es speziell beim
Vertränken von Vollmilch sinnvoll
ist, Nährstoffe, die leicht ins Defizit geraten, zu ergänzen. Blutanalysen und vergleichende Untersuchungen zeigen dies deutlich.
Während der Vollmilchfütterungsphase ist eine Ergänzung mit Eisen notwendig.
werden müssen, kommt der Eisenversorgung zu. Eisen spielt dabei nicht nur beim Sauerstoff- sowie beim Kohlendioxidtransport
eine bedeutende Rolle, sondern
im gesamten Stoffwechsel, so beispielsweise beim Aufbau verschiedener Enzyme. Wir wissen heute,
dass Eisenmangel unter anderem
eine schlechtere Futterverwertung,
eine verminderte Futteraufnahme,
geringere Wachstumsraten sowie
eine höhere Anfälligkeit für Diarrhoe und Infektionskrankheiten bedingt. Das bedeutet, dass insbesondere Eisen ergänzt werden muss.
Aber auch Kupfer (Cu) ist häufig im
Defizit. Vitamin E wirkt als Antioxidans und schützt damit Zell- und
Organellmembranen vor der oxidativen Zerstörung durch freie Radikale. Bei einer restriktiven Vollmilchtränke kann auch eine zusätzliche Vitamin-D3-Gabe sinnvoll
sein. Vitamin D3 ist insbesondere
am Kalziumstoffwechsel und damit
am Aufbau des Skelettsystems beteiligt. Eine Überdosierung hat allerdings wenig Sinn und kann im
Extremfall zu einer erhöhten Ausscheidung von Kalzium über den
Harn führen. Die fettlöslichen Vitamine A, D und E können im Gegensatz zu den wasserlöslichen Vitaminen
nicht über die Nieren ausgeDefizite müssen
schieden werden. Von ihnen sollausgeglichen werden
te deshalb langfristig nicht mehr
Eine herausragende Position bei als die fünffache Menge der Beden Mineralstoffen, die ergänzt darfsempfehlung verabreicht wer-
den. Einige Aufwerter sind in diesem Bereich deutlich übervitaminisiert und liegen in diesem Punkt
bereits im Grenzbereich. Sie sollten darum auch nicht überdosiert
werden. Bei einer Ad-libitum-Vollmilchtränke gibt es weder einen
Mangel an Vitamin D3 noch an Vitamin A.
Ein entscheidendes Merkmal
der Aufwerter bleibt aber nach
wie vor die Ergänzung mit Eisen.
Um die Suche nach einem solchen
Vollmilchergänzer zu erleichtern,
sind in der Übersicht 1 verschiedene Produkte zusammengestellt.
Die Übersicht erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Außerdem ist darin auch nur eine Auswahl der eingemischten Inhaltsstoffe aufgeführt. Die im oberen
Tabellenabschnitt aufgeführten
absoluten Mengen unterscheiden
sich bei den Produkten, da sie nur
im Zusammenhang mit der Dosierempfehlung gesehen werden dürfen. Diese Empfehlungen werden
in unterschiedlicher Weise entweder pro Tier und Tag oder pro Liter
gegeben. Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, sind im unteren
Teil der Übersicht auf der Basis des
Tagesbedarfs von Eisen die Inhaltsstoffe zuzüglich der in 6 l Vollmilch
enthaltenen Inhaltsstoffe notiert.
Wir sehen, dass die in der Übersicht
aufgeführten Empfehlungen für
ein 50 kg schweres Kalb mit einer
Trockenmasseaufnahme von einem
Kilogramm bei den Spurenelementen Eisen und Zink erfüllt werden.
Bei den Kupferwerten gibt es teilweise Differenzen. Eine sehr reichliche Versorgung, in einigen Fällen
ein Vielfaches des Bedarfs, haben
wir bei den zugesetzten Vitaminen. Der Grund dafür scheint die
Befürchtung zu sein, dass, wenn
weniger eingemischt wird, beim
Kauf eventuell die Produkte anderer Hersteller bevorzugt werden
könnten. Notwendig sind diese hohen Mengen nicht, ganz im Gegenteil, sie müssen über die Leber wieder abgebaut werden.
Bedeutung der
Eisenversorgung
Eisenmangel (Anämie) ist bei
Kälbern ein nicht unbekanntes,
aber in den meisten Fällen unbeachtetes und unbemerktes Problem. Eine ausreichende Eisenversorgung stärkt die Vitalität und
wirkt sich positiv auf die Widerstandskraft von Kälbern aus. Untersuchungen zeigen, dass eine
aufgrund von Eisenmangel erhöhte Anfälligkeit gegenüber Erkrankungen bei Kälbern sowohl steigende Tierarzt- und Medikamentenkosten als auch ein erhöhtes
Verlustrisiko zur Folge hat. Ebenso
zeigen diese Kälber deutlich geringere Zuwachsraten. Verschiedene
Autoren berichten bei Eisenmangel nicht nur von einer erhöhten In-
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■ BAUERNBLATT | 24. Dezember 2016
Übersicht 1: Aufwerter für Vollmilch
Vollmilch
pro kg TS
Empfehlung des
Herstellers
Fe (mg)
Zn (mg)
Cu (mg)
A (IE)
D3 (IE)
E (mg)
3
26
0,6
11.500
307
8
Bewi-San PreviNorm Milkra Denkacare
Milk+
Fac
Voll-Mix Vitalcure
Bewital
Nordmilch
10 g
80-100 g
pro l Milch pro Tag
800
1.000
300
200
40
50
200.000
80.000
42.000
50.000
420
800
Quotamix
Salvana K
Plus
Provilac S Kälberkrone Kalbi-Aktiv HaGe VollmilchProtect
aufwerter
Milkivit
Denkavit
Sprayfo
Salvana
Bergin
HL
Schaumann
HaGe
50 g pro
Mahlzeit
2.000
1.000
100
250.000
25.000
1.500
20 g
pro Tag
5.010
5.006
251
257.100
15.000
15.030
100 g/l Wasser
+ 1 bis 2 l Milch
500
140
20
50.000
10.000
600
100 g
pro Tag
1.000
300
100
100.000
20.000
2.500
mind. 60 g/
Tag 10 g/l
2.000
800
140
400.000
75.000
3.000
200 g
pro Tag
500
350
20
125.000
25.000
500
20 g pro l
750
250
38
100.000
50.000
1.000
50 g pro
Mahlzeit
2.000
1.000
100
250.000
25.000
1.500
Tagesbedarf (ausgerichtet an der Empfehlung für 100 mg Eisen pro Tag)
Auf Basis Empfehlung 6 l frische
von
pro Tag
Vollmilch
enthält
+ 125 g
+ 100 g
+ 50 g
+ 20 g
+ 200 g
+ 100 g
+ 50 g
+ 200 g
+ 133 g
+ 50 g
Fe (mg)
Zn (mg)
Cu (mg)
A (IE)
D3 (IE)
E (mg)
102
57
5
33.625
5.480
59
102
40
5
16.625
5.230
86
102
70
5
21.125
1.480
81
102
120
5
13.767
530
307
102
48
4
18.625
2.230
126
102
50
10
18.625
2.230
256
102
60
7
28.625
3.980
156
102
90
4
33.625
5.230
106
102
53
6
21.958
6.897
139
102
70
5
21.125
1.480
81
100
40
10
9.000
600
50
2
20
0,5
8.625
230
6
fektionsanfälligkeit, sondern ebenso von vermehrten Herz-Kreislauf­
Erkrankungen sowie schlechteren
Impferfolgen. In Belastungssituationen verstärkt sich die Anfälligkeit der Kälber bei Eisenmangel
deutlich.
Eisen ist Bestandteil des Hämoglobins der roten Blutköperchen
und für den Sauerstofftransport
von der Lunge zu den Zellen und
damit für die Zellatmung verantwortlich. Auf dem Rückweg nimmt
es CO2 als Stoffwechselprodukt
wieder mit zur Lunge. Mehr als
50 % des im Körper befindlichen Eisens sind Bestandteil des Hämoglobins. Weiteres Eisen befindet sich
im Myoglobin, dem Sauerstoffspeicher der Skelett- und Herzmuskulatur und in verschiedenen Organen,
in erster Linie der Leber. Aufgrund
der Tatsache, dass sowohl das Hämoglobin als auch das Myoglobin
relativ kurze Halbwertszeiten von
nur wenigen Tagen besitzen, wird
die Bedeutung einer kontinuierlichen Eisenversorgung verständlich.
Das Problem bei den Kälbern ist,
dass die vorgeburtlich angelegten Eisenreserven der Leber nach
der Geburt sehr schnell verbraucht
werden. In der Kuhmilch sind nur
etwa 0,5 mg/l Eisen enthalten. Das
ist eine für das Kalb viel zu geringe Menge. Benötigt wird deutlich
mehr. Als Resultat vieler Studien zu
diesem Thema wird heute eine Versorgungsmenge von 100 mg pro
Tier und Tag empfohlen.
Etwa 20 % der Kälber weisen bereits nach einer normal verlaufenden Geburt eine Eisenunterversorgung auf. Bei verlängerter Geburt
steigt dieser Wert auf über 40 %
an. Unabhängig davon kommt es
bei allen Kälbern innerhalb der ersten sechs Stunden zu einem deutlichen Abfall der Eisenplasmawerte
sowie der Hämoglobin(Hb)-Werte.
Bis zum vierten Lebenstag bleiben
diese Werte auf einem niedrigen
Niveau (Bostedt u. a., 1990).
Wenn Vorbeuge geleistet werden soll, besteht die Frage, ob es
sinnvoller ist, Eisen zu injizieren
oder es oral über das Futter zu verabreichen. Völker, H. und Rotermund, L. (2000) empfehlen aufgrund umfangreicher eigener Untersuchungen Eisengaben über
das Futter beziehungsweise über
die Milch. Aufgrund des besonderen Labmagenmilieus ist die Bindungsform des Eisens von besonderer Wichtigkeit. Empfohlen werden
zweiwertige Eisenverbindungen.
Vorteile bietet organisch gebundenes Eisen (Eisenaminosäure-Chelat).
Das Eisen aus diesen Verbindungen
kann besser als das aus anorganischen Verbindungen resorbiert und
in dieser Form nicht von Kolibakterien für die eigene Vermehrung genutzt werden.
Sinn von
Blutuntersuchungen
Hinweise auf die Versorgungslage mit Eisen liefern bestimmte Blutkennwerte. Hierzu zählen
unter anderem der Hb-Wert (Hämoglobinwert) und der Ht-Wert
(Hämatokritwert). Ht-Werte unter
0,27 l/l weisen auf eine schwere
Anämie, Werte zwischen 0,27 und
0,35 l/l auf eine leichte subklinische
Anämie hin. Werte über 0,35 l/l lassen auf einen ungestörten Eisenstoffwechsel schließen (siehe Übersicht 2). Blutwerte aus Beprobungen, die wenige Stunden nach der
Geburt erfolgten, sind zur Darstellung der betrieblichen Situation allerdings weniger geeignet. Sie werden noch sehr stark durch die Eisenreserven der Kälber beeinflusst.
Untersuchungen am zweiten oder
dritten Lebenstag geben ein wesentlich genaueres Bild über die
Eisenversorgung wieder.
Wer sich selbst über den Versorgungszustand seiner Kälber mit Eisen informieren möchte, kann dies
am leichtesten über die Hämoglobinwerte. Die Hämoglobinwerte
folgen etwa dem Verlauf der Serumeisenwerte. Die Eisenbestimmung im Serum ist wesentlich teurer und die Fehlermöglichkeit wesentlich größer, da absolut reines
Serum benötigt wird. Bereits bei
der Probenahme können erste Fehler entstehen, wenn es durch ein
zu schnelles Aufziehen des Blutes
zu Hämolyse (Zerstörung einzelner roter Blutkörperchen) kommt.
Da der Eisengehalt des Serums nur
etwa 0,2 % des Eisengehaltes der
roten Blutkörperchen beträgt, werden Probenwerte bei einer fehlerhaften Entnahme sehr schnell verfälscht.
Da jedoch Mangelsituationen
bei einem Großteil der Kälber
durch verschiedene Untersuchungen hinreichend bekannt sind,
kann in der Regel auf Einzeluntersuchungen im Betrieb verzichtet
werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Eisenversorgung nicht für alle Kälber ausreichend ist. Eine prophylaktische Eisenversorgung ist in jedem Fall angeraten.
Eisengaben stabilisieren
die Gesundheit
Übersicht 2: Zuordnung der Fe-, Hb- und Ht-Messergebnisse
Über interessante Versuchserund Grenzwerte zu klinischen Befunden. Unter Berücksichtigung der Grenzwerte von Ehrentraut, W., (1987), Unselm, J., gebnissen berichteten in diesem
Zusammenhang auch Gygax, M., u.
(1983) und Völker, H., et al. (1995)
Klinik
Hämatokrit
Fe
Plasmawerte
µmol Fe/l
Hb
Cyanmethode
mmol/l
Vol %
l/l
<7
7 – 23
> 23
< 4,47
4,47 – 5,57
> 5,57
< 27
27 – 35
> 35
< 0,27
0,27 – 0,35
> 0,35
klinische Anämie
subklinische Anämie
physiologische Befunde
Völker, H. und Rotermund, L. (2000)
a. (1992). Sie führten einen Versuch
mit unterschiedlichen Eisengehalten in Milchaustauschern von 10
und 50 mg/kg durch.
Die Bluteisenwerte bestätigen
auch in diesen Untersuchungen
den in der Regel sehr niedrigen
Versorgungsstatus bei neugebo-
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Tier
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renen Kälbern. Die Eisenwerte im
Blutserum lagen am ersten Tag
etwa bei 15 µmol/l. Bei den mit
10 mg Eisen pro 1 kg Milchaustauscher versorgten Kälbern fielen die
gemessenen Eisengehalte bis zur
13. Lebenswoche auf Werte von
unter 4 µmol/l. In der mit 50 mg/
kg MAT versorgten Gruppe lagen
die Werte im Mittel zwischen 15
und 20 µmol/l mit einer leicht steigenden Tendenz nach der vierten
Lebenswoche. Sie blieben damit
aber trotzdem noch unter der gewünschten Grenze von 23 µmol/l.
Die Differenz zwischen den beiden Gruppen betrug zum Ende des
Untersuchungszeitraumes etwa
16 µmol/l. Das ist ein sehr beachtlicher, aber auch zu erwartender
Unterschied, dessen Auswirkung
sowohl bei der Tiergesundheit als
auch bei der Körperentwicklung
der Kälber zu beobachten war.
Erhöhte Rektaltemperaturen
über 39,5 °C wurden in der 50-mg-­
Gruppe während des Untersuchungszeitraumes in 30 Fällen gemessen, in der 10-mg-Gruppe hingegen in 88 Fällen. Antibiotische
Behandlungen mussten entsprechend 16- beziehungsweise 44mal in den Gruppen durchgeführt
werden.
Die Bedeutung des Eisens für das
Immunsystem hat einen besonderen Grund. Eisen besitzt als Baustein einen wichtigen Einfluss auf
die Bildung der Keimzentren in den
Lymphknoten. Diese Keimzentren
sind für die Aktivierung der B-Lymphozyten, die zu den weißen Blutkörperchen gehören, verantwortlich. Die B-Lymphozyten haben
wiederum die Aufgabe, Plasmazellen zu entwickeln, die letztendlich
Antikörper gegen Bakterien, deren
Toxine und Viren produzieren.
Wird Vollmilch länger als drei Wochen eingesetzt, ist es ratsam, von Beginn
an einen Vollmilchergänzer einzusetzen. Fotos: Dr. Hans-Jürgen Kunz
Weiter zum Versuch: Auch die
gemessene Herz- und Atemfrequenz lag in der 10-mg-Gruppe hochsignifikant über der der
50-mg-Gruppe. Der Grund dafür
ist in der geringeren Sauerstoffbindungskapazität des Blutes in
der 10-mg-Gruppe aufgrund des
geringeren Eisengehaltes des Blutes zu suchen. Das heißt, um die
gleiche Sauerstoffmenge zu transportieren, muss mehr Blut durch
die Adern gepumpt und mehr Sauerstoff eingeatmet werden, da die
Bindung an die roten Blutkörperchen aufgrund des geringeren Eisengehaltes schlechter ist. Letztendlich schlugen sich die zuvor
genannten Faktoren auch auf die
körperliche Entwicklung der Kälber nieder. Die 50-mg-Gruppe erreichte zum Ende des Untersuchungszeitraumes ein um 12,4 kg
höheres Körpergewicht bezie-
hungsweise um 160 g höhere Tageszunahmen.
Völker und Rotermund publizierten im Jahr 2000 eine Untersuchung, in der sie zeigen konnten,
dass trotz herkömmlicher Tränkeverfahren und einer ausbilanzierten Raufutterversorgung im Sinne
der Kälberhaltungsversorgung Eisenmangelerscheinungen bis zur
achten Lebenswoche auftraten.
Nicht zusätzlich mit Eisen versorgte Kontrollkälber wiesen Eisenplasmawerte auf, die im Mittel unterhalb des empfohlenen Grenzwertes
von 23 µmol Fe/l lagen. Kälber, die
bis zur 15. Lebenswoche mit täglich
100 mg Eisen versorgt wurden, erreichten im Gegensatz dazu durchschnittliche Werte, die deutlich
nutzt werden. In der natürlichen
Milch ist nur eine Menge von
3 mg Eisen pro Kilogramm T enthalten, das heißt knapp 0,4 mg/l.
Die Biestmilch enthält etwa die
zehnfache Menge, also 4 mg/l.
Trotzdem reichen diese Mengen
nicht aus, um den Bedarf zu decken. Die zusätzliche Gabe eines
Vollmilchaufwerters in den ersten
vier bis acht Wochen schließt die
Eisenlücke. Es gibt aber ein Problem bei vielen, wenn nicht sogar
allen Vollmilchaufwertern, und
das sind die deutlich überhöhten Zusätze an fettlöslichen Vitaminen, die über den Leberstoffwechsel wieder abgebaut wer-
den müssen. Bei einer Ad-libitum-Tränke ist der Fehlbedarf so
niedrig, dass ohne Probleme auf
einen solchen Aufwerter verzichtet werden kann, wenn den Kälbern nach der Geburt Eisen verabreicht wird (zum Beispiel eine
einmalige Injektion mit 1.000 mg
Eisen) und sie anschließend auf
einen Milchaustauscher umgestellt werden.
Bei der Gabe von Vollmilchaufwertern ist zu beachten, dass in
den Aufwertern die enthaltenen
Eisenmengen sehr unterschiedlich dosiert sind. Sie reichen von
500 bis 5.000 mg/kg. Das heißt, es
muss in jedem Fall genau auf die
Höhere Zunahmen bei
guter Eisenversorgung
oberhalb von 23 µmol Fe/l Plasma
lagen, in der Spitze erreichten diese Tiere Werte von über 60 µmol/l.
Bei der Gabe von zweiwertigen
Eisenverbindungen reagierten die
Blutwerte der Kälber schneller als
bei der Verabreichung von dreiwertigen Verbindungen. Die mit
zusätzlich 100 mg Eisen pro Tier
und Tag versorgten Kälber zeigten in allen Varianten, vor allem in
den ersten sechs Lebenswochen, signifikant höhere Tageszunahmen
(795 bis 895 g) als die Kontrolltiere (224 g).
Die Frage, in welcher Form eine
Eisenergänzung erfolgen sollte,
das heißt wie bei Ferkeln per Injektion oder über das Futter, wurde ebenfalls von den oben genannten Autoren untersucht und beantwortet: Die tägliche Gabe über das
Futter hat sich hier als die bessere Variante herausgestellt, da die
Eisenzufuhr über einen längeren
Zeitraum aufrecht erhalten werden
muss. Auch eine zeitliche Verzögerung der Wirkung von Eisengaben
über das Futter ist unerheblich, da
bereits nach zwei bis vier Stunden
ein signifikanter Anstieg der Serumeisenwerte zu verzeichnen war.
Wird nur während der ersten ein
bis drei Lebenswochen Biest- beziehungsweise Vollmilch getränkt,
kann auch 1 g Eisen (1.000 mg) in
Absprache mit dem Tierarzt gespritzt werden. Das Eisen wird unter anderem in der Leber deponiert
und von dort abgerufen. Wird anschließend ein Milchaustauscher
vertränkt, ist die Eisenversorgung
darüber sichergestellt.
Dr. Hans-Jürgen Kunz
Landwirtschaftskammer
Tel.: 0 43 81-90 09-48
[email protected]
FAZIT
Aus verschiedenen Untersuchungen wird deutlich, dass es notwendig ist, neugeborene Kälber
zusätzlich mit Eisen zu versorgen.
Zu empfehlen ist dabei, den Eisengehalt auf eine Tagesdosis von
100 mg anzuheben. Dosierungen
oberhalb von 100 mg bringen
keinen zusätzlichen Nutzen. Verwendet werden zweiwertige Eisenverbindungen. Vorteile bietet
organisch gebundenes Eisen (Eisenaminosäure-Chelat). Das Eisen
aus diesen Verbindungen kann
besser als das aus anorganischen
Verbindungen resorbiert und in
dieser Form nicht von Kolibakterien für die eigene Vermehrung ge-
zu verabreichenden Mengen geachtet werden.
Die Gründe für einen nachgeburtlichen Eisenmangel liegen vornehmlich darin, dass die mütterlichen Reserven sowie die in der
Milch enthaltenen Eisengehalte
den erhöhten Bedarf in den ersten Lebenstagen und Wochen
nicht decken. Für eine ausreichende Eisenversorgung ist der
Aufschluss aus dem Grundfutter
in ausreichender Menge notwendig, der wiederum ein funktionierendes Vormagensystem voraussetzt. Auch das sehr schnelle
Köperwachstum schafft einen zusätzlichen Bedarf.