SIM-TRA Stellungnahme Dialog mit Muslimen

Theologischer Ausschuss des Kirchenkreises Simmern-Trarbach:
Stellungnahme zur Arbeitshilfe
„Weggemeinschaft und Zeugnis im Dialog mit Muslimen“
Der Ausschuss begrüßt die Erarbeitung einer solchen Arbeitshilfe, er hält eine solche Arbeitshilfe für notwendig. Insbesondere begrüßt er die dort vertretene und erläuterte Haltung, dass ein Dialog zwischen Christen und Muslimen „auf Augenhöhe“ und in gegenseitigem Respekt selbstverständlich ist und „zu größerer Klarheit über den eigenen Glauben,
die eigene Existenz die christliche Wahrheit“1 verhelfen kann
Gerade deswegen ist es ihm sehr wichtig, dass die Punkte, in denen nach seinem Eindruck
noch Schwächen bestehen, nochmals überarbeitet werden. Hier die Eindrücke des
Ausschusses:
Insgesamt hat das Bemühen um Harmonie, Beweglichkeit und Vermeidung von Konfrontation an vielen Stellen dazu geführt, dass Aussagen, Stellungnahmen und Vorschläge unklar
und diffus wirken, zu wenig pointiert sind.
Insbesondere überdeckt und vernachlässigt die Betonung der Gemeinsamkeiten die Herausarbeitung der Unterschiede. Damit sind unsere Gemeindeglieder unzureichend vorbereitet, wenn informierte –oder vermeintlich informierte- muslimische Gesprächspartner
diese Unterschiede thematisieren - und diese Gesprächspartner gehören in der Regel zu
den 99% Nicht-Fundamentalisten2. Einige einzelne Gesichtspunkte:
•
Sicherlich wäre es für den Dialog eine gute Grundlage, wenn sich christliche(r) und
muslimische(r) 3 GesprächspartnerIn darauf verständigen, dass sie auf unterschiedliche
Weise an Gott glauben. Dies wird jedoch oft nicht schon zu Beginn des Dialogs gelingen, manchmal auch in einem fruchtbaren Dialog überhaupt nicht. Wenn die eine oder
andere Seite (oder beide) daran festhalten, dass das Gegenüber einem Irrglauben anhängt, sollte das weder den Dialog hindern noch die Freundschaft, gute Nachbarschaft
etc. stören.
•
Das wird besonders deutlich in der Frage der Offenbarung Gottes: Nach muslimischer
Auffassung ist der Koran die letzte und damit letztgültige Offenbarung Gottes. Für uns
Christen ist die maßgebliche Offenbarung das Evangelium, insbesondere Jesu Tod, Auferstehung und Himmelfahrt. Hier sind in der Tat der Respekt vor dem Gegenüber und
das Aushalten des Unterschieds der größtmögliche gemeinsame Nenner.4
•
Während wir von der Trennung von Kirche und Staat ausgehen und sie im Evangelium
begründet sehen (u.a. Mk 12,175), strebt der Islam die Einheit von Religion und Staat
1
„Weggemeinschaft und Zeugnis im Dialog mit Muslimen“, S. 8
2
Lt. Verfassungsschutzbericht 2012 gehören 42.000 von 4.000.000 Muslimen in Deutschland islamistischen
Gruppierungen an
3
Hier und im Folgenden ist nicht von muslimischen Theologen, sondern –wie auf christlicher Seite- von engagierten, aber „einfachen“ Muslimen die Rede
4
Dabei könnte Lessings Ringparabel helfen, siehe z.B. http://gutenberg.spiegel.de/buch/nathan-der-weise1179/23
5
„So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“
an. Dies gilt auch dann, wenn aktuell staatliches Recht respektiert wird. Selbst bei dem
gemeinsamen Nenner, dass auch Christen als politisch Verantwortliche nach christlichen Grundsätzen handeln (sollten), bleibt von beiden Seiten ein wichtiger Unterschied
auszuhalten
•
Die Abgrenzung von fundamentalistischen Strömungen sollte deutlicher ausfallen:
aus unserer Sicht ist mit Fundamentalisten gleich welcher Religion, wenn sie Gewalt
zur Durchsetzung ihrer Ziele befürworten, kein Dialog möglich.
Die Sprache vor allem der Abschnitte zu theologischen Gesichtspunkten sollte sich stärker
an der Zielgruppe „einfache“ Gemeindeglieder orientieren.6 Das würde die Lust fördern,
die Arbeitshilfe gründlich zu lesen, und verhindern, dass das Gefühl entsteht, dieser komplizierten Aufgabe nicht gewachsen zu sein – und damit das Gegenteil von dem bewirkt,
was die Arbeitshilfe erreichen will.
Die Aussagen zur Mission (S. 13 ff) sind in vielen Punkten hilfreich. Jedoch geht gerade
hier das Bedürfnis nach Harmonie und die Betonung der Gemeinsamkeit auf Kosten der
Klarheit. Wir wünschen uns die Aussagen an wichtigen Stellen pointierter:
•
Ebenso deutlich wie die Abgrenzung von der (institutionellen) „aggressiven Mission“
sollte betont werden, dass es der Respekt vor dem/der GesprächspartnerIn gebietet,
auch seinen/ihren Glauben zu respektieren, entgegen früheren Positionen: In „Fachkreisen“ ist bekannt, dass eine „offensive“ Mission überholt ist, aber keineswegs bei allen Gemeindegliedern 7. Dieser Respekt schließt es aus, ihm/ihr den eigenen Glauben
aufzudrängen.
•
Andererseits sollte neben die missio dei (also die „Sendung“, die Aufgabe Gottes) eine
missio hominis (also die „Sendung“, der Auftrag des Menschen) gestellt werden, nämlich, die Be Geist-erung vom eigenen Glauben dem/der GesprächspartnerIn mitzuteilen
(Lk 6,458) und, wenn er mag, mit ihm zu teilen.
Diese Begeisterung darf natürlich nicht nur in Worten, sondern muss auch in Taten
sichtbar sein (Mt 7,169). Jedoch: Das Sichtbarmachen unseres Glaubens auf die Taten
zu reduzieren -wie es die Arbeitshilfe mit den Begriffen „Dialog des Lebens10 und „Konvivenz“ nahezulegen scheint- stellt das Licht des Christentums unter den Scheffel
(Mk 4, 2111)!.
Muslimische Gesprächspartner zeigen sich vielfach über Elemente des christlichen Glaubens tatsächlich oder vermeintlich gut informiert12. Dies ist sicher nicht der wichtigste,
6
Auch wenn es unserem Reformator selbst nicht immer gelungen ist, den Grundsatz „den Leuten aufs Maul
schauen“ einzuhalten, sollte er auch für uns Leitlinie sein
7
Viele von uns haben noch im Kindergottesdienst gelernt und heute noch gegenwärtig, dass es die Sorge um
das Seelenheil des Nächsten gebietet, ihn zum rechten Glauben zu bekehren
8
„Denn wes das Herz voll ist, des geht der Mund über“
9
„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“
10
„…dass es beim „wechselseitigen Zeugnis“ in erster Linie nicht um ein Wortzeugnis, sondern um den ‚Dialog
des Lebens’ geht ..“
11
„Zündet man auch ein Licht an, dass man es unter einen Scheffel oder unter einen Tisch setze? Mitnichten,
sondern daß man's auf einen Leuchter setze“
12
„Ihr glaubt ja nicht an einen Gott, sondern an drei Götter“, „Eure Bibel verbietet das Essen von Schweinefleisch“ etc.
aber auch nicht der schlechteste Grund, sich dieser Grundlagen und Elemente (neu) zu
vergewissern. Einen Hinweis darauf haben wir in der Arbeitshilfe vermisst.
Und schließlich: Ein oder mehrere Beispiele für gelungene Dialoge sind zweifellos hilfreich.
Beispiele aus der näheren Umgebung (von denen es inzwischen zahlreiche gibt, und die
Fragebögen nennen sicherlich weitere) fordern nach unserer Meinung eher zur Nachahmung
heraus.