Die SÄZ will rauen Winden trotzen

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ZU GUTER LETZT
Die SÄZ will rauen Winden trotzen
Bruno Kesseli
Dr. med. et lic. phil., Chefredaktor
Es ist schon eindrücklich, wie stark finanzielle Über­
­waren. Doch nun zwingen uns die seit Jahren rück­
legungen an allen Fronten der Medizin in den letzten
läufigen Werbebudgets der Pharmaindustrie dazu, den
Jahren in den Vordergrund gerückt sind. Kaum eine
Gürtel noch enger zu schnallen. Schon heute finan­
medizinische Veranstaltung, an der im Zusammen­
zieren sich die Kernprodukte zum weitaus grössten Teil
hang mit dem behandelten Thema monetäre Aspekte
aus den Pharma- und Stelleninseraten. In Zukunft wird
nicht zumindest als Nebenfrage diskutiert werden.
dies wieder fast ausschliesslich der Fall sein, weil das
Kürzlich habe ich dies wieder an der Plenarversamm­
Sockelabonnement der FMH zunächst reduziert wird
lung des Schweizerischen Instituts für Ärztliche Wei­
und dann ganz wegfällt. Die Situation wird sich da­
ter- und Fortbildung erlebt. Jedermann lobt die gute
durch weiter verschärfen.
Qualität des schweizerischen Gesundheitswesens. Wenn
Seitens der Redaktion setzen wir alles daran, diesen
es aber darum geht, die Weiterbildung des ärztlichen
schwierigen Entwicklungen auf möglichst kreative
Nachwuchses, der einen wesentlichen Pfeiler dieser
Weise und ohne Qualitätseinbussen zu begegnen. Die
Qualität bildet, kostendeckend zu finanzieren, scheint
Reduktion von 38 auf 30 redaktionelle Seiten pro Aus­
die Antwort der Politik mitunter in nicht viel mehr als
gabe, die in den letzten zehn Jahren schrittweise zur
einem Schulterzucken zu bestehen.
­Senkung der Produktionskosten vorgenommen wurde,
Auch die Zeitschriften des Schweizerischen Ärzte­verlags
konnte durch eine Verkürzung der durchschnittlichen
EMH, darunter die SÄZ, sehen sich in wirtschaftlicher
Artikellänge von 2,1 auf 1,3 Seiten aufgefangen werden.
Hinsicht einem zunehmend rauen Wind ausgesetzt. Für
Wir haben den Eindruck, dass die Qualität der Zeit­
mich rückt damit langsam die Frage ins Blickfeld, ob das
schrift nicht unter dieser Reduktion um ein Drittel
«duale Modell» der SÄZ im bisherigen Sinn auf lange
­gelitten hat, eher im Gegenteil. ­
Sicht aufrechterhalten werden kann. Dieses Modell
besteht darin, dass die Schweize­r ische Ärztezeitung
einerseits einen offiziellen Verbandsteil enthält, an­
dererseits aber auch als freie gesundheitspolitische
Zeitschrift mit einer eigenständigen Redaktion kon­
bkesseli[at]emh.ch
Seitens der Redaktion setzen wir alles daran,
diesen schwierigen Entwicklungen auf
­möglichst kreative Weise und ohne Qualitätseinbussen zu begegnen.
zipiert ist. Diese hat den Auftrag, die gesundheits­
Aber es gibt auch budgetbedingte Schnitte, die ohne
politische Diskussion innerhalb der Ärzteschaft und
Wenn und Aber als schmerzhaft bezeichnet werden
weiterer am Gesundheits­wesen beteiligter Kreise mög­
müssen. So werden sich die Leserinnen und Leser der
lichst umfassend abzubilden. Gemäss Redaktionsstatut
SÄZ im kommenden Jahr nicht mehr auf die regel­
soll die SÄZ darüber hinaus für ein breites Spektrum bis
mässig zum Monatsende erscheinenden Porträts der
hin zu kulturellen Themen offen sein, deren Bezug zum
Serie «Begegnung mit …» freuen können. Journalis­
ärztlichen Berufs­feld im Einzelfall sehr locker sein kann.
tische Qualität hat ihren Preis, und der ist nicht mehr
Dass die FMH auch in diesen verbandspolitisch schwie­
in jedem Fall bezahlbar. Zwar wird die SÄZ auch in
rigen Zeiten hinter dem «dualen Modell» der SÄZ steht,
Zukunft aktiv journalistische Formen wie Porträt,
­
darf zweifellos als Zeichen von Stärke gewertet wer­
­Interview und Reportage pflegen. Im Einzelfall wird
den. Die Standesorganisation ist – sinnvollerweise –
aber seitens der Redaktion noch restriktiver als bisher
mit zwei Vertretern in der Redaktion präsent, stellt
abzuwägen sein, was möglich ist.
aber die ­Unabhängigkeit des Gremiums nicht in Frage
Dass es auch Lichtblicke gibt, beweist aus meiner Sicht
und setzt damit ein klares Zeichen für Pluralismus und
die seit kurzer Zeit laufende medizinhistorische Serie
Meinungsvielfalt.
«Seiten-Blicke». In dieser Ausgabe schafft sie sogar
Dieses Bekenntnis ändert jedoch nichts daran, dass
den Brückenschlag zum Weihnachtsmotiv des Jesus­
die finanziellen Rahmenbedingungen für die Kernpro­
knaben. An dieses positive Beispiel schliesse ich gerne
dukte des Schweizerischen Ärzteverlags, also die SÄZ
das Versprechen an, dass sich die SÄZ-Redaktion auch
(Gesundheits- und Standespolitik), das Swiss Medical
in Zukunft bemühen wird, ihrem Publikum eine an­
Forum (Fortbildung) und das Swiss Medical Weekly
regende und vielseitige Zeitschrift zu bieten. Ich wün­
(Forschung), mittlerweile keine grossen Sprünge mehr
sche Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, eine frohe Weih­
zulassen. Wobei diese Sprünge eigentlich nie gross
nachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr.
SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG – BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES – BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI 2016;97(51–52):1814