Gardasee 2016 (m)ein Reisetagebuch Kostenlos unter http://schmalzried-online.de/ Prolog Mein aktueller Reisebericht steht mittlerweile neben seinen erfolgreichen Vorgängern („Vier Tage im Schwarzwald“ und „Korsika (m)ein Reisebericht“) in ausgesuchten Fachbuchhandlungen gut sichtbar im Bestsellerregal. Die ersten 20.000 Exemplare sind bereits ausverkauft, und meine Hand schmerzt langsam während der zweistündigen Autogrammstunde. Als ein Vertreter vom Marco Polo Verlag mit großen ausladenden Schritten auf mich zukommt, stößt sein Schuh gegen ein unbedacht in den Raum ragendes Bein, das einem Zuhörer meiner vorangegangenen Buchlesung gehörte. Der Vertreter beginnt zu straucheln, verliert langsam aber sicher sein Gleichgewicht und stürzt mit weit aufgerissenen Augen auf den Teppich. Mit schmerzverzerrter Miene beginnt er laut zu fluchen, doch statt der üblichen Schimpfworte entwischen seinen Lippen nur zirpende Laute. Anfänglich war das Zirpen leise und angenehm, doch steigerte es sich schnell zu einem immer lauter werdenden Lärm. Die Szene begann zu verschwimmen, aber das Zirpen wurde lauter. Als ich die Augen aufschlug, lag ich auf einer Strandliege etwa 10 Meter vom Gardasee entfernt. Der Traum war verschwunden, das Zirpen der Zikaden hingegen blieb….und sollte uns den gesamten Urlaub lang begleiten. Ohne Sonnenbrille und Ladegerät in den Süden Etwa vier Wochen vor Urlaubsbeginn fasste ich den kühnen Entschluss, eine Sonnenbrille in meiner „Stärke“ oder besser „Schwäche“ über einen Internethändler zu bestellen. Die Online-Bestellseite war leicht verständlich und somit selbst für bildungsneutrale Nutzer gut bedienbar. Ich gab alle Werte meiner Brille in die Eingabemaske, wählte Gläser, Design und Material und mit einem weiteren „Klick“ war alles bestellt. Als nach etwa zwei Wochen die Brille kam, waren Spannung und Enttäuschung gleichermaßen groß, denn als ich das gute Stück aufgesetzt hatte, sah ich, dass ich nichts sah. Alles war verschwommen und nach kurzer Zeit kamen neben Schwindelgefühl und Übelkeit noch Gleichgewichtsstörungen hinzu. Was hatten die da gemacht? Nach einer Recherche beim Partneroptiker des Onlinehändlers war schnell klar, dass ich beim Bestellen rechtes und linkes Auge vertauscht hatte, eine Eigenschaft, die ich bis dahin eigentlich nur Frauen zugeschrieben hätte. Der Onlinehändler nahm die Brille zurück und versprach die Nachbesserung innerhalb der nächsten vierzehn Tage. Ich fuhr dankbar, aber ohne Sonnenbrille in den Süden. Getreu dem Motto, „alles wird ruhig angegangen“, begannen wir den ersten Urlaubstag mit einem gemütlichen Frühstück am heimischen Küchentisch und sattelten unsere 190 Pferde (also stiegen in unser Auto) gegen 10.00 Uhr. Unser Küchenradio vermeldete zuvor bei Kaffee und Brötchen, dass nicht nur wir unsere Urlaubsreise beginnen wollten, sondern zeitgleich in fünf deutschen Bundesländern die Ferien und somit auch der Reiseverkehr startete. Selbstverständlich wurden die ersten großen Staus auch schon sehr früh angesagt. Funk und Fernsehen warnten eindringlich vor langen Wartezeiten auf den Autobahnen. Dank meiner Intuition, einer Menge Glück und eines wirklich guten Navigationssystems gelang es uns, nahezu alle Staus geschickt zu umgehen. Als angenehmen Nebeneffekt dieser Umgehungen genossen wir die Fahrt über Landstraßen und durch idyllisch schöne Ortschaften….. Da wir mit dem Packen der Koffer bereits sechs Tage vor Reisebeginn starteten, ich eine Checkliste geschrieben hatte und wir sowieso genügend Platz im Auto für überflüssige Reiseutensilien hatten, konnten wir eigentlich nichts vergessen. Und trotzdem hatte ich die ganze Fahrt über das unangenehme unterschwellige Gefühl, etwas vergessen zu haben. Für alle, die vorhaben, einmal an den Gardasee zu fahren, habe ich folgende Routenempfehlung vorbereitet. Voraussetzung für diesen Geheimtipp ist natürlich, dass man in Pomßen startet. Die gängigen Routenplaner und Navigationsgeräte werden den unbedarften Reisenden über die befahrene Autobahn A9 jagen. Aber nicht mit uns. Wir wählten entgegen aller Empfehlungen, die A72 in Richtung Süden nach Hof. Von dort aus ging es auf der A93 nach Regensburg. Etwa 20 km hinter Regensburg verließen wir die A93 am Dreieck Saalhaupt auf die B15N. Diese Bundesstraße ist wie eine Autobahn ausgebaut und sehr wenig befahren. Irgendwann kommt man dann auf die B15. Ab jetzt ging es zwar nicht mehr so zügig voran, aber umso schöner war die Strecke. Landschaft und Ortschaften waren Entschädigung für eine eventuelle Reisezeitverlängerung. Wenn man die Hinweise der Navigationsgeräte konsequent ignoriert, denn das versuchte immer wieder auf die vielbefahrene Autobahn zu leiten, kommt man zielgerichtet in Rosenheim an. Wer Rosenheim noch nicht kennt, hat jetzt die Gelegenheit quer durch Rosenheim in Richtung A8 zu steuern, wer Rosenheim schon kennt, muss denselben Weg nehmen. Die A8 in Richtung München fahrend, verlässt man diese bereits wieder an der nächsten Ausfahrt auf die A93 (E45) in Richtung Österreich. Die Deutsch – Österreichische Grenze erreichten wir in Höhe der Überfahrt des Flusses Inn, und so befuhren wir gegen 16.00 Uhr das Nachbarland. Das unterschwellige Gefühl etwas vergessen zu haben, wollte einfach nicht weichen. Hotel Schanz Zwischenstopp in Ebbs bei Kufstein In Höhe Kufstein verließen wir die Autobahn, um unseren geplanten Zwischenstopp in Österreich einlegen zu können. Wir wollten ja getreu unserem Motto, „alles wird ruhig angegangen“, keinen Stress aufkommen lassen und steuerten planmäßig die gebuchte Zwischenherberge in Tirol an. Unser Hotel „Zur Schanz“ liegt im Kufsteiner Ortsteil Ebbs unweit der Autobahn. Das 4-Sterne Hotel am Eingang des Inntals am Fuße des »Kaisergebirges« versprach uns eine schöne und ruhige Beherbergung für eine Nacht. Das Restaurant bot gut bürgerliche und landestypische Küche zu moderaten Preisen. Das Gebäude wurde Anfang des 17. Jahrhunderts erbaut und hatte sehr wahrscheinlich schon damals eine gute Verkehrsanbindung. Seinerzeit zogen Pferdegespanne ihre Spuren durch die Feldwege – heute erledigen das Autos, Motorräder und Lastkraftwagen. Diese Geräuschemission ist für den Besucher des hoteleigenen Biergartens schon gewöhnungsbedürftig, aber auf der Rückseite des Hotels war die Welt wieder in Ordnung. Bereits 300m hinter dem Hotel erhoben sich Bergmassive steil und hoch aus dem Boden. Zwischen Hotel und den opulenten Bergen gab es einen wunderschön angelegten Obstgarten und eine weitläufige herrlich grüne Wiese. Auf unserem Balkon konnten wir dieses herrliche Panorama genießen und uns somit auf den Urlaub einstimmen. Die dunklen Echtholzmöbel im Zimmer schmiegten sich sanft in die dunklen Töne der Auslegware und orientierten sich perfekt am Farbton der dunklen Tapeten. In so einem Zimmer war die Wahrscheinlichkeit, depressiv zu werden oder einen Mord zu begehen sehr hoch. Beides passierte zum Glück nicht und am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns nach einem wirklich sehr guten Frühstück vom Hotel und vom Bergmassiv und machten uns gegen 10.00 Uhr auf den Weg GenItalien in Richtung Poebene ? . Telepass neben Rückspiegel Brenner- und Telepass Eine Nutzung der österreichischen Autobahnen ist kostenpflichtig und wird durch den Kauf einer Vignette legitimiert. So eine Vignette klebt man gut sichtbar an die Windschutzscheibe, nachdem sie für 8,00 € erworben wurde. Besonders toll fand ich den Umstand, dass für 8,00 € genau 10 Tage freigekauft werden – wir brauchten 11 Tage. Die preiswerteste Option war der Kauf von zwei 10 Tages –Vignetten. Natürlich sind mit dieser lapidaren Nutzungsgebühr noch nicht alle Leistungen abgedeckt. Befährt man beispielsweise einen Tunnel oder Pass, kommen häufig nochmal Gebühren hinzu. Aber wir wollten uns die gute Urlaubslaune nicht durch solche Abgaben trüben lassen. Die italienischen Nachbarn haben diese ertragreiche Tradition der Österreicher natürlich übernommen (wobei ich nicht sicher bin, wer hier der Erste war). In Italien gibt es aber keine Vignette, sondern unzählige Mautstationen auf den Autobahnen, bei denen sich per Kartenzahlung oder mit Bargeld die Schranke zur Autobahn und Weiterfahrt öffnet. Es gibt aber noch weitere Möglichkeiten, die Autobahn zu benutzen. Wir wählten ein elektronisches Erfassungssystem (TELEPASS), welches im Wageninneren neben dem Rückspiegel an der Frontscheibe befestigt wird. Fährt man in eine Mautstation ein, ertönt ein Ton aus dem Gerät und die Schranke gibt den Weg frei. Das Ganze ist jedoch nur auf den ersten Blick kostenlos. Die Abrechnung erfolgt zeitversetzt über die Kreditkarte. Um nach Italien zu gelangen, überfuhren wir den Brennerpass, was die Urlaubskasse weiter schmälerte, da auch das nicht kostenlos war. Wir hatten das Erfassungsgerät vor Reiseantritt bestellt und im Auto angebracht. Sichtlich aufgeregt, befuhr ich die erste Mautstation in Italien. Der Sinn dieser bargeldlosen elektronischen Variante ist unter anderem, dass man Mauteinfahrten ohne Personal durchfahren kann. Die Bedienungsanleitung unseres Erfassungsgerätes erklärte mir, dass bei einer Funktionsstörung die Sprechanlage an der Mautstelle zu betätigen sei. Dort sollte man dann das Problem schildern, während sich hinter einem sicher unweigerlich eine Autowarteschlange bildete. Da mein italienischer Wortschatz neben „buongiorno“ und „avanti“ kaum andere Vokabeln kannte, graute mir vor dieser Situation. .Ich hörte mich schon stammeln: „Scusate signore, my Telepass is out of order”. Ich betete vor der ersten Station, dass die Ampel auf Grün und die Schranke nach oben gehen sollten. Alles klappte und ein letztes Problem im hintersten Winkel meines Kopfes löste sich langsam in Luft auf. Wenn da nicht immer noch das unterschwellige Gefühl gewesen wäre, etwas vergessen zu haben. Die Italiener haben bei ihren Autobahnen die Höchstgeschwindigkeit auf 130 km/h beschränkt und somit die liebevolle Tradition der Österreicher übernommen. Damit jedoch nicht so schnell gerast wird, hatte man die 130 km/h nochmal auf 110 km/h herabgesetzt. Der deutsche Autorennfahrer muss sich an eine derartige Entschleunigung erst ganz langsam gewöhnen. Anfangs kommt man sich vor, als besteigt man eine Rolltreppe in entgegengesetzter Richtung oder fühlt sich wie eine Gazelle, die über eine frisch betonierte Straße hüpft…..Irgendwann gewöhnen sich der Autofahrer und sein Auto an diese Geschwindigkeit. Parken wie die Profis Nach dem Verlassen der größeren Landstraßen ging die Autofahrt weiter in Richtung Süden entlang eines riesigen Bergmassivs. Auf der Fahrerseite sahen wir endlich den herrlich blauen Gardasee und dieses Panorama wurde nur noch während der Tunnelfahrten unterbrochen. Bis zu unserem Hotel waren das etwa 10 Tunnel. Die Tunnelfahrten konnte ich zu Beginn nicht so richtig genießen, später machten diese Touren jedoch viel Spaß. Beim Start in Kufstein sagte uns das Navigationsgerät im Fahrzeug voraus, dass wir unser Ziel 13:34 Uhr erreichen sollten, tatsächlich und exakt zu diesem Zeitpunkt kamen wir in Limone am Gardasee an. Jetzt waren wir also in der Region Lombardei. Und Regionen gibt es in Italien einige. Hotelparkplatz Der erste Eindruck ist häufig sehr prägend und so war es auch bei unserem Hotel. Unser Navigationsgerät meldete, dass wir unser Ziel erreicht hatten, und tatsächlich war plötzlich neben uns eine Einfahrt mit Parkplatz zu sehen. Das Hotel fehlte jedoch… Auf den ersten Blick war der Parkplatz voll, doch nachdem ich mein wachsames Adlerauge ein wenig über die Fläche schweifen ließ, entdeckte ich noch zwei Lücken. Im Spiegel erspähte ich einen weiteren Parkflächensucher. Nun war schnelles Handeln gefragt. Die erste Lücke verwehrte sich mir komplett, da mein Auto weder für eine Vorwärts- noch für eine Rückwärtseinfahrt kurz genug war. Die 4,92m Länge meines Autos waren gut fürs Ego – aber total schlecht zum Einparken. Der andere Parkplatzsucher hatte offensichtlich schon resigniert und ich versuchte mein Glück an der zweiten freien Lücke. Die Autos parkten in einem Abstand von etwa 2,25m – das bedeutete, dass ich zwar einparken aber nicht aussteigen konnte. Die Türen ließen sich soweit öffnen, dass ein magersüchtiges Bikini-Modell Quetschungen erlitten hätte. Meine Frau musste den Wagen also vor dem Einfahren verlassen und ich quälte meinen Körper geschmeidig durch einen 25cm Türspalt. Vollkommen fertig, aber mit gestählter Brust stand ich auf dem Parkplatz und machte mir Gedanken, wie ich jetzt noch an meinen Kofferraum komme. Diese Gedanken wurden schnell durch einen mit schwäbischem Dialekt sprechenden Mann zerstreut. Der zweite Parkplatzsucher hatte sich unbemerkt neben mich gestellt und sagte freundlich, oder wenn ich mich recht entsinne, auch ein wenig hämisch: „Das ist mein Parkplatz. Sie müssen sich an der Rezeption des Hotels eine Parkplatznummer geben lassen“. Aha, der Architekt des Hauses hatte die Parklücken für Matchboxautos geplant und nun sollte ich dafür noch eine Nummer ziehen. Meine gute Urlaubsstimmung trübte sich in gleichem Maße wie mein Puls nach oben galoppierte. Wir parkten unser Auto an der Einfahrt und stiefelten zur Rezeption. Die Rezeption und das Hotel befanden sich unter uns, da wir vom Parkplatz kommend, eine Treppe ins Gebäudeinnere nach unten stiegen. Das hieß, wir parkten also auf dem Dach der Destination. Der Empfang war im fünften Obergeschoss - eine Etage unter dem Parkdeck. Die freundliche Empfangsdame sprach nicht nur perfekt Deutsch, sondern sah mir meine erste Verzweiflung bereits an. Nachdem wir eingewiesen wurden und unsere Schlüsselkarten bekommen hatten, fragte ich leise nach meiner Parkplatznummer. Doch wie groß waren Erstaunen und Freude, als mir die junge Dame mitteilte, dass ich einen Parkplatz in der Tiefgarage des Hotels gebucht hatte. Das hatte ich komplett vergessen – meine Stimmung erhellte sich. Der Weg zur Tiefgarage führte über einen etwa 900 m langen Fußweg, der sich kurvenreich in die Tiefe schlängelte. Kamen uns Fußgänger entgegen, musste die Fahrt solange unterbrochen werden, bis sich die Fußgänger in kleine Nischen und Buchten geflüchtet hatten, beides auf einmal (Auto und Fußgänger) ging selten. Ich achtete bei diesen Situationen auf die Gesichter und Minen der Fußgänger, sobald sich ihre Minen verzerrten, hatte ich ihre Füße überrollt, das kam zum Glück aber nicht vor. Meine Annett beobachtete hingegen die Felswände, Zäune und Gebäude neben uns, um mich immer wieder mit Entsetzensschreien zu erschrecken, da sie dachte, wir fräsen mit dem Außenspiegel den Felsen ab. Weg zur Tiefgarage Die Tiefgarage fasste exakt neun Fahrzeuge und wir parkten unser Auto auf Nummer Neun. Da die Zufahrt so anstrengend war, stellte ich mir jedoch die Frage, ob wir das Auto nicht besser bis zum Urlaubsende hier parken sollten, aber das klappte natürlich nicht. Zimmer mit Aussicht Das Hotelzimmer war sehr sauber und funktional eingerichtet. Hier konnte man es elf Tage sehr gut aushalten. Der Blick vom Balkon war einfach phantastisch. Vor uns erstreckte sich der klare, blaue, glitzernde Gardasee, im Hintergrund erhoben sich Berge steil in den Himmel. Unsere Sicht ging nach Osten und ich freute mich schon auf die Sonnenaufgänge. Nur wenn man sich direkt an die Balkonbrüstung stellte, sah man den kleinen Fußweg, die Strandbar und den Kiesstrand. Limone war rechts von uns, nach links geschaut, sahen wir kleine Häuser im mittelalterlichen Baustil, eine perfekte Film-kulisse. Die Liegen und Sonnenschirme am Hotelpool und am Strand waren vollkommen kostenlos und bis zum vorletzten Tag auch niemals durch Handtücher vorreserviert. Wir räumten unsere Koffer aus und richteten uns für die kommenden elf Tage häuslich ein. Beim „Check In“ durften wir die Vor-, Haupt- und Nachspeisen des Abendessens auf einer Liste auswählen und dafür standen uns für jeden Gang drei Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung. Unseren ersten Restaurantbesuch unternahmen wir dann zum Abendessen. Wir bekamen einen Personen- oder besser gesagt, Zimmer-gebundenen Tisch etwa 15cm entfernt vom Nebentisch und seinen Besitzern. Die körperliche Nähe zu unseren zukünftigen Kommunikationspartnern und das freundliche Wesen der Mittfünfziger ließen ziemlich schnell die ersten vorsichtigen Unterhaltungen aufkommen. Das Paar am Nachbartisch bewohnte ein Zimmer in der dritten Etage des Hotels und vor diesem Urlaub eine Wohnung in Köln. Er arbeitet als Landschaftsgärtner und Sie als Restaurantleiterin. Beide waren wie wir mit dem Auto nach Limone gereist, sie nutzten dafür ihren roten Renault 107. Die Fahrt von Köln nach Limone meisterten sie in einem Ritt und ernteten damit meinen uneingeschränkten Respekt. So wussten wir nach relativ kurzer Zeit schon recht viel über unsere Tischnachbarn. Blick vom Balkon Am ersten Abend fielen wir erschöpft ins Bett. Die Balkontür war geöffnet und wir verharrten in gespannter Erwartung. Welche Geräusche sollten für uns in den nächsten Nächten bereitgehalten werden? Die Erlebnisse vom vergangenen Urlaub auf Korsika waren mir noch in guter Erinnerung. Pünktlich um 21.00 Uhr verstummte das Zirpen der Zikaden, die Gespräche auf den Balkons versiegten gegen 22.00 Uhr und von der Landstraße war absolut nichts zu hören, da sie über dem Hotel verlief. Uns erwartete eine friedliche und ruhige erste Nacht. Im Halbschlaf bekam ich am sehr frühen Morgen mit, dass mit einem Mal das Konzert der Zikaden begann, aber das vermischte sich so angenehm mit dem sanften Rauschen des Gardasees, dass ich gleich wieder in Morpheus Armen versank. Nach einem kräftigen Frühstück setzte ich alles daran, möglichst schnell die Liegen am Strand zu erreichen. Ich wusste ja nicht, wie die Urlauber hier drauf waren, eventuell hatten sie schon alle begehrten Liegen besetzt? Ein freundliches Zimmermädchen durchkreuzte mein Zeitmanagement, als sie unser Zimmer genau in diesem Moment zu säubern begann, als wir vom Frühstück kamen. Alles ging trotzdem gut, ich packte Badezeug, Schreibpapier und Lesebücher in die Strandtaschen und meine Frau bei der Hand und dann machten wir uns auf den Weg zum Strand. Kostenlose freie Liegen säumten den kleinen aber hoteleigenen Strandabschnitt. Wir konnten uns unsere Liege frei aussuchen, jedoch machte das die Angelegenheit keinesfalls einfacher. Nach einigen Liegeproben hatten wir unseren Favoritenplatz gefunden. Etwas schattig unter einem Olivenbaum, nah am Wasser, ruhig gelegen mit Schirm und Beistelltisch, reservierte ich unseren Strandplatz. Der Ausblick war traumhaft. Hier hatte der Urlaubsbegriff seine wahre Bedeutung gefunden. Zufrieden streckte ich mich auf meiner Sonnenliege aus, als hinter meinem Rücken eine Abwasserhebeanlage der Poollandschaft nicht nur Geräusch- sondern auch Geruchsemissionen erzeugte. Wir zogen nochmal um, und mittlerweile hatte sich die Liegenauswahl schon etwas reduziert. Zwischen dem Schreiben der ersten Zeilen meines „Reisetagebuches“, dem Lesen des Reiseführers „Gardasee“ und dem Lauschen der Gespräche der Nachbarn, übermannte mich immer wieder der Schlaf und ich ließ mich durch das sanfte Plätschern der Wellen sanft einschläfern. Der grobe Kies an unserem Strand verlangte das unbedingte Tragen von Schuhen, die man sinnvollerweise bis ins Wasser angelassen hatte. Sollten wir mal wieder an den Gardasee fahren, nehmen wir uns Wasserschuhe mit. Natürlich gab es auch die Möglichkeit, einen Steg mit Leiter für das zu Wassergehen zu nutzen. Unsere erste Begegnung mit dem Wasser war vorsichtig ausgedrückt etwas sportlich. Als sich das Wasser um unsere Waden schmiegte, durchfuhr uns ein stechender Schmerz. Ein Eskimo am Nordpol wird sich nicht anders gefühlt haben, als er sich zum Eisbaden mit seinen anderen Eskimos traf. Es war nicht nur der Schmerz in der Wade, sondern vielmehr das peinliche Gefühl, so langsam und behäbig wie ein Rentner ins kühle Nass wandern zu müssen. Die Wassertemperatur dieses Bergsees lag bei gefühlten 12°C.Erst viel später erfuhr ich von einem Urlauber, dass der See etwa 17° warm war. Hätte ich das gewusst, wäre mancher Einstieg ins Nass sicher angenehmer und schneller verlaufen. Tapfer und todesmutig waren wir an jedem unserer Strandtage im See (und nicht am Pool, der war etwas für „Warmduscher“). Das Seewasser ist im Norden ohnehin etwa 2°C kälter als im Süden des Sees - aber eben auch viel klarer als dort. Hotel Astor (Limone) Riva und Varone Etwa 15km nördlich von Limone befindet sich an der Spitze des Gardasees das Örtchen Riva del Garda, das Ziel unseres ersten Ausfluges. Ungefähr 800 Meter nach dem Ortsbeginn erreicht man auf der linken Straßenseite ein Parkhaus mit etwa 140 Stellplätzen. Hier fanden wir schnell eine Parkmöglichkeit, eine sehr angenehme Parkgebühr sowie eine Unterführung direkt in die Altstadt. Gut, im direkten Vergleich mit Limone, Malchesine und Garda bekommt Riva von mir nur einen hinteren Platz auf der persönlichen Beliebtheitsskala, aber ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Wir waren auch viel zu kurz im Ort, um eine objektive Bewertung abgeben zu können. Riva ist die Hauptstadt der nördlichen Seehälfte und gehörte bis 1919 zu Tirol. Die Altstadt ist gut erhalten. Franz Kafka versuchte in Riva sein Lungenleiden auszukurieren, Thomas Mann arbeitete an seinem „Tristan“, Philosophen, wie Schopenhauer und Nietzsche, genossen das südliche Ambiente und jetzt waren sogar wir endlich in Riva angekommen. Natürlich durfte die knapp bemessene Urlaubszeit nicht durch ausschweifende Stadtbesichtigungen verschwendet werden, so machten wir uns auch schon nach etwa zwei Stunden wieder auf den Weg zu einem beeindruckenden Naturschauspiel in Varone. Nur etwa drei Kilometer nördlich von Riva bietet sich dem interessierten Touristen ein wunderbares Naturschauspiel. Bereits seit einiger Zeit, also seit etwa 20.000 Jahren, arbeitet sich ein gigantischer Wasserfall durch das Gestein. Er stürzt dabei 100 Meter in die Tiefe. Schon im Jahre 1874 wurde diese abenteuerliche Klamm für Touristen erschlossen, aber wir schafften es eben erst im Juli des Jahres 2016, diesem gigantischen Schauspiel beizuwohnen. Der Weg zum Wasserfall führt durch einen wunderschönen schattigen botanischen Garten. Die Italiener lieben die Theatralik und berieseln den ahnungslosen Besucher mit klassischer Opernmusik. Der Weg ist schattig und spendet angenehme Frische – die wir bei 31°C auch dringend nötig hatten. Wie überrascht waren wir aber, als wir in die erste Höhle des Wasserfalls traten. Wir fühlten uns wie in einem Cabrio in der Wagenwäsche (natürlich ohne Verdeck). Hatten wir draußen noch mit der Hitze gekämpft, war hier plötzlich alles kühl und extrem feucht. Mit dem Mobiltelefon machte ich doch ein paar brauchbare Fotos. Die Sonnenstrahlen brachen sich in den winzigen Wasserperlen, die durch die Luft schwirrten und es entstanden herrliche Regenbogeneffekte, die unvergleichlich schön waren. Auf dem Gartenweg ging es höher und höher und immer wieder konnte man in Felsspalten oder Höhlen das Naturschauspiel genießen. Haushaltsplanung, reicht unser Taschengeld? Die Nutzung des Safes und des Fernsehers im Zimmer schienen kostenlos zu sein, hier hatten wir auch schon einige schlechte Erfahrungen in vergangenen Urlauben gesammelt. Das erste Bier an der Strandbar signalisierte mir auf direkte Weise, dass es kein Billigurlaub werden sollte: Strandbar: 2 Stück Bruschetta 4,50 € 9,00 € 1 Stück Eiskaffee 5,00 € 5,00 € 2 Stück Bier (0,4l) 5,00 € 10,00 € Wir hatten bereits am ersten Tag schon mal locker 46,00 € der italienischen Wirtschaft zugeführt, das machte nach einigen komplexen mathematischen Berechnungen bei elf Tagen Aufenthalt etwa 500,00 €. Bloß gut, dass wir nicht länger Urlaub hatten. Malcesine - erster Anlauf Tag 4 – Heute stand wieder eine „Land- und Leute- Erkundungstour“ auf dem Programm. Nach dem Frühstück sollte es mit dem Schiff ans andere Ufer des Gardasees gehen, nach Malcesine. Am Frühstückstisch saßen wir wieder neben unseren Kölner Freunden und irgendwie und ganz spontan beschlossen wir, diese Reise gemeinsam am nächsten Tag zu machen. Ich glaube diese Entscheidung war OK, denn wir hatten bis jetzt schon einige lustige Erlebnisse. So begab es sich am gestrigen Abend beim Dinieren, dass unsere Frauen einen nicht enden wollenden Lachanfall bekamen. Der Versuch, das Lachen weitestgehend zu unterdrücken, endete kläglich und machte alles nur noch schlimmer. Für mich erschließt sich rückblickend auch nicht mehr der eigentliche Anlass der Lachorgien. Ich fasse alles einmal wie folgt zusammen, es ging wohl um Kartenspielen auf dem Balkon) Annett: „Wir haben keinen Tisch auf dem Balkon“ Ute (die Kölnerin): „Wir und unsere Balkonnachbarn haben einen Tisch!“ Karl Heinz (Kölner): „Ihr solltet Euch an der Rezeption beschweren.“ Annett: „Wir haben nur einen kleinen Beistelltisch mit einem Aschenbecher“ Ute: „Na so einen haben wir auch nur“ Ich: „Wer Bier in Kölschgläsern serviert, bezeichnet auch einen Hocker als Tisch“. Ich: „Bei uns in Sachsen darf sich erst alles mit einer Größe über 500x500 Tisch nennen“ Ich glaube, ab da begannen die Lachorgien der Frauen. Beide steckten sich immer wieder an. Eventuell wirkte noch folgender Einwurf begünstigend: Ich: „Wir haben einen Fernseher an der Wand hängen, bei dem ich zuerst dachte, es wäre ein kleines Bild – der passt aber gut zum Miniaturtisch auf dem Balkon“ Die Versuche, alles zu unterdrücken machten die Angelegenheit noch schlimmer. Nach fünf Minuten und etlichen vergossenen Tränen war die peinliche Angelegenheit vorüber. Wir Männer sahen verstohlen in die Runde der Gäste. Wie groß war jedoch unser Verwunderung, als die ersten Gäste an unseren Tisch traten. Ein Ehepaar erkundigte sich nach dem Witz, den wir allem Anschein nach erzählt haben mussten. Ein kleiner Junge am Nachbartisch sagte im Schweizer Dialekt zu seiner Mutter: „Die sind aber lustig, die Holländer. Zwei Kellner bedankten sich für die angenehme Lacheinlage, die nach ihrer Einschätzung sehr viele Gäste angesteckt hätte. Eine Dame fragte, was wir da trinken – sie würde das ab morgen auch bestellen. Alles in allem war die Resonanz gar nicht so schlecht wie befürchtet. Wir entschieden uns also, die Malcesine-Tour auf den kommenden Tag zu verschieben und beschlossen spontan, ein paar Erkundungstouren mit dem Auto zu unternehmen, das allerdings ohne unsere Kölner Reisebegleitung. Heute war auch der große Moment gekommen, die Spiegelreflexkamera zum Leben zu erwecken. Bis jetzt hatte ich schon einige Fotos mit dem Mobiltelefon gemacht – aber die Landschaftsaufnahmen sollten dann doch besser professionell erstellt werden. Ach ja, der Akku der Kamera war schon halb leer, aber das war mir zu Hause bereits aufgefallen. Ich brauchte den Akku ja nur mit dem Ladegerät zu koppeln ….. „mit dem Ladegerät zu koppeln“, der Gedanke verursachte unweigerlich Hitzewallungen und kalter Schweiß trat mir auf die Stirn. Mit einem Mal wusste ich, was ich vergessen hatte – das Ladegerät. In diesem Moment verschwand ein weiterer Balken auf der Ladestandanzeige meiner Kamera und ein letzter einzelner Balken deutete an, dass ein längeres Fotoshooting ausgeschlossen war…… Nach einigen Rangiermaßnahmen und einer schweißtreibenden Tour entlang des schmalen Fußweges befanden wir uns auf der Hauptstraße, die wir in südlicher Richtung befuhren. Ziel unseres Ausfluges sollte die Hochebene von Tremosine sein. Noch in Limone zweigt man von der Hauptstraße ab und fährt auf einer herrlichen kleinen Landstraße durch Olivenhaine über Bazzagnega und Voltino nach Vesio. In endlosen Serpentinen windet sich die schmale Bergstraße steil bergauf. Durch zahllose Tunnel befuhren wir die Brasa-Schlucht. Den Tipp des Reiseführers „Gardasee“ langsam und vorsichtig zu fahren, haben wir auf jeden Fall beherzigt, denn so abenteuerlich und imposant diese Fahrt auch sein mag, so gefährlich kann sie werden, wenn einem ein anderes Fahrzeug entgegen kommt. Für zwei Autos nebeneinander ist diese Straße definitiv nicht gebaut worden. Es gibt aber immer wieder kleine Buchten und an einer Stelle auch eine Ampelregelung. Eine Panne auf dieser Straße ist auf jeden Fall nicht erstrebenswert. So anstrengend das Fahren auch war, die Landschaft entschädigte uns immer wieder für die Strapazen. Ich beobachtete mit einem Auge den Abstand zwischen Außenspiegel und Felswand, mit dem anderen Auge versuchte ich die Straße vor uns abzutasten und mit dem dritten Auge bewunderte ich die herrliche Gegend. Immer wieder schreckten mich ein lautes „Nein“ oder andere undefinierbare Laute aus meiner Konzentration. Meine Beifahrerin hatte aufgrund der engen Straßenverhältnisse offensichtlich wenig Freude an der Natur. Hin und wieder mussten wir wirklich ganz schön zirkeln, um unser Auto geschmeidig an einem entgegenkommenden Fahrzeug vorbeizuquetschen. Irgendwann kamen wir wieder auf der Hauptstraße des Westufers an und besuchten den kleinen Ort Gargnano. Mein Rücken war so nass als hätte ich geduscht, leider trugen auch meine Hosen ähnliche Feuchtigkeitsspuren. … Unser Hotel Die Parkplätze unserer Destination wurden von einem miniaturverliebten, pragmatischen und minimalistischen Architekten konzipiert. Der Einfluss dieses „Matchbox –Baumeisters“ setzte sich liebevoll in der Gestaltung der Duschlandschaft in unserem Badezimmer fort. Wir kamen ganz gut in unserer Dusche zurecht, aber bereits die Vorstellung von gutgenährten, großgewachsenen Urlaubern beim Duschen in dieser Kabine zauberte ein Lächeln in mein Gesicht. Sollte einem das Duschbad aus der Hand fallen, hatte man nur durch Öffnen der Trennwände, ein Chance die aufrechte Haltung verlassen zu können. Der Fernseher in unserem Zimmer war so klein und flach, dass ich ja eine Zeitlang dachte, es wäre ein Bild. Aber mehr gab es tatsächlich nicht zu meckern. Alles war sehr sauber und wunderbar funktionell eingerichtet. Und erst der Blick vom Balkon…… es war einfach perfekt. Das Panorama war „Filmreif“. Malcesine - zweiter Anlauf Tag 5- Heute waren wir mit unseren Tischnachbarn in Malcesine. Die Schifffahrt mit dem Schaufelraddampfer dauerte etwa 20 Minuten und kostete uns 9,00 € (Hin und zurück 18,00 €). Malchesine befindet sich am gegenüberliegenden Ostufer des Sees. Die Altstadt ist sehr sauber und hat ein unwahrscheinlich bezauberndes Flair. Die Häuser wurden liebevoll saniert. Alle Läden sind geschmackvoll eingerichtet und bieten neben den üblichen Touristennippes auch ganz brauchbare und wertige Dinge. Auch hier gab es Käse, Schinken, Oliven, Salami, Obst, Gemüse und vieles mehr. Alles ist sehr zu empfehlen, lediglich der Zitronenlikör konnte uns nicht so sehr begeistern. Dann kamen wir zu einem alten Kastell, welches bereits Goethe als Zeichnungsvorlage gedient hatte. Leider hatte unser Dichterfürst beim Zeichnen der Burg nicht so viel Glück, denn man vermutete in ihm einen Österreichischen Spion und wollte ihn fast verhaften. Die Stelle, an der sich Goethe damals zum Zeichnen niederließ, ist heute eine Gedenktafel angebracht. Trotz der zahlreichen Touristen wird die sehr angenehme Atmosphäre der Altstadt nicht beschädigt. Dann betraten wir das Künstleratelier eines Fotografen. In diesem Moment erinnerte ich mich schmerzhaft an das vergessene Ladegerät meiner Pentax Spiegelreflexkamera. Meine Frau und unsere Kölner Freundin blätterten gedankenverloren durch die Fotokarteikästen, als wären sie an einem Wühltisch beim Sommerschlussverkauf. Irgendwie erregte das nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern auch das Gemüt des Fotografen, denn er erläuterte mit sehr ernster Miene, dass er ein Starfotograf sei und dass seine Bilder mehr als 1000 Euro kosten würden. Er deutete auf einen Fotoband und erklärte weiter, natürlich in Englisch, dass dieser Laden absolut nichts für uns Billigtouristen sei…. Wir verstanden seinen Hinweis und verließen gesenkten Hauptes das Etablissement. Malchesine Hochzeitstag Heute ist unser einundzwanzigster Hochzeitstag. Als wir das Restaurant betreten und in Richtung unseres Tisches laufen, beobachte ich meine Frau. Als sie den Blumenstrauß am Tisch erblickte, war sie sichtlich gerührt und ich fühlte mich ausgezeichnet. Meine heimlichen Organisationen hatten geklappt. Natürlich wollten einige neugierige Urlauber den Anlass der Geste ergründen – ich beantwortete die neugierigen Fragen etwa so: „ Wir erfreuen uns im Urlaub jeden Tag mit einem Geschenk oder einer liebevollen Geste“. Nach dem Frühstück legten wir uns an den Strand. Um die Zeit nicht achtlos verstreichen zu lassen, nahm ich mir mein Buch über den Gardasee zur Hand und stöberte ein wenig darin. Der Gardasee entstand vor einer Million Jahren, während sich riesige Eismassen vom Norden in Richtung Po-Ebene wälzten. Vom heutigen Nordende des Gewässers schob sich ein gigantischer Gletscher nach Süden und fräste dabei das Tal breit und tief aus. Der Gletscher bedeckte dabei alles und erhob sich 1200 Meter in die Höhe. Darauf folgten immer weitere Eisschübe. Doch irgendwann entschied sich die Natur für einen allmählichen Klimawandel und die Gletscher schmolzen. Was übrig blieb, war ein See, der an einigen Stellen bis zu 270m unterhalb des Meeresspiegels reichte. Die Oberfläche des Gewässers liegt bei 65m über dem Meeresspiegel, dabei ist er 52 km lang. Im Norden hat er eine Breite von nur 4 Kilometern, aber im Süden muss man 17 km schwimmen um ans gegenüberliegende Ufer zu gelangen. Wer um den See laufen möchte sollte wissen, dass hier 158 km bewältigt werden müssen. Wie der See seinen Namen erhielt, ist heute nicht mehr ganz sicher. Die für mich glaubhafteste Geschichte handelt vom Flussgott Benacus. Der Flussgott traf eines Tages beim Wandern auf die Nymphe Engardia, die einen kleinen Bergteich bewohnte. Dem Flussgott fiel zuerst das herrlich leuchtende blaue Haar der Nymphe auf, dann betrachtete er sicher noch weitere unverhüllte Körperstellen, da es zu dieser Zeit weder Bikini noch Badeanzug gab. Benacus wollte die junge Dame Engardia auf seine Wanderungen mitnehmen, stieß dabei jedoch auf wenig Gegenliebe. Voller Wut stieß er seinen Dreizack in den Felsen, aus dem sofort gewaltige Wassermassen strömten und einen riesigen See bildeten. Beide sprangen voller Verzückung in den See. Benacus hatte seine Wanderungen sehr schnell vergessen. Das blaue Haar der Nymphe färbte den See in ein wunderschönes strahlendes Blau. Später benannten die Menschen den See nach der Nymphe „Engardia“ – Gardasee. Eine weitere Geschichte, die gegenüber der ersten Version sehr weit hergeholt erscheint, geht so: Der Burgfelsen über dem heutigen Ort Garda war ein idealer Aussichtspunkt. Der germanische Begriff für „spähen“ war „warden“. In der althochdeutschen Sprache wurde aus dem „w“ ein „g“ und aus warden entstand „garden“ und somit der See am Garden (am Aussichtspunkt). Der „See am Garden“ klang dann sicher einigen Leuten zu hölzern und sie einigten sich auf Gardasee. Unsere Kölner Freunde holten mich sanft aus meinen historischen Recherchen, als sie mit zwei Gläsern Hugo an unsere Liegen traten. Anlässlich unsers Hochzeitstages wurden wir nochmal mit dieser netten Geste gewürdigt. Beim Abendessen beschlossen wir noch mit unseren Tischnachbarn, am nächsten Morgen gemeinsam die Stadt Garda zu besuchen. 29. Juni – Fahrt nach Garda Variante 1 Das Navigationsgerät versprach uns, dass es nur 55 km Fahrstrecke sein werden, dass wir dafür aber fast zwei Stunden benötigen sollen, überraschte mich aufgrund der Straßenverhältnisse keineswegs und so machten wir uns entspannt gegen 9.30 Uhr auf den Weg. Zuerst ging es in nördlicher Richtung nach Riva an die Spitze des Gardasees, um dann entlang des Ostufers in Richtung Süden zu rollen. Die Ortsdurchfahrten erwiesen sich teilweise als Geduldsproben, doch das entspannte Dahingleiten entlang des Ufers beruhigte immer wieder die Nerven. Schneller als 70 km/h sollte unser Auto nicht werden, aber das war OK so, wir hatten doch Urlaub. Wir durchquerten Malcesine, aber hier waren wir ja schon mal. Während der Fahrt fiel mir auf, dass wir über den vierten Gang nicht hinauskamen (BMW hätte hier getrost den fünften und sechsten Gang einsparen können). Wenn man sich die unzähligen Touristen und die Autos auf den engen Straßen wegdachte, war es traumhaft hier. Das Panorama war häufig Postkartenreif, leider gab es nahezu keine Haltebuchten. Die Klimaanlage des Autos gab ihr Bestes, um die 31°C Außentemperatur vom Wageninneren fernzuhalten und ich gab mein Bestes, um nicht in den engen Kurven mit anderen Reisefreunden zu kollidieren. Von dieser Seite konnten wir auf unseren Ort Limone blicken und ich bewunderte die riesigen Berge, die sich über 2000 Meter majestätisch in die Höhe streckten. Entlang der SR249 durch Brenzone und andere Küstenorte erreichten wir Garda, das Ziel unserer Fahrt. Wer die Fahrt etwas abkürzen bzw. verändern möchte, hat noch weitere Möglichkeiten: Variante 2 Die Fähre von Limone nach Malcesine. Die Überfahrt kostet dabei nur 12,00 € einfache Strecke, wobei das nur die halbe Wahrheit ist, denn der Preis gilt für Fahrzeuge bis 3,50m Länge. Bis 4,50m wird ein Zuschlag erhoben und für unseren Wagen mit 4,92m Länge hätten wir 16,50 € bezahlt (einfache Überfahrt). Variante 3 Eine weitere Variante wäre die Autofahrt von Limone in südlicher Richtung entlang der SP45 bis nach „Toscolano Maderno“, um dann mit der Fähre ans andere (Ost)Ufer zu schippern. Hier geht es dann nur noch ein kurzes Stück in südlicher Richtung nach Garda. Variante 4 Natürlich könnte man auch die Autobahn A22 nutzen, um 25 km länger zu fahren, aber etwa zeitgleich anzukommen wie bei Variante 1. Variante 5: Man lässt das Auto in der Garage und fährt mit dem Schiff von Limone nach Garda. Eine Schnellbootfahrt kostet dabei etwa 35,00 € / einfache Strecke, eine etwas langsamere Schifffahrt immer noch 25,00 € /einfache Strecke. In Garda angekommen, machten wir uns auf die obligatorische Parkplatzsuche und ich war sehr angenehm überrascht, als wir gleich einen schönen großen Parkplatz fanden. Die nächste positive Überraschung erlebte ich beim Studium der Parkgebühren. An 4,00 € für 4 Stunden gab es nichts auszusetzen. Im Reiseführer hatte ich gelesen, dass die Promenade von Garda zu den schönsten am See zählt. Leider war die gesamte Promenade übersättigt mit Marktständen. Hier gab es eine extrem große Auswahl an äußerst preiswerten, sicher nicht ganz markentreuen und oft sinnlosen Artikeln. Die restlichen Urlauber schienen jedoch Gefallen an diesen Dingen zu haben. Wir steuerten unsere Körper durch die Massen und erreichten so hin und wieder das Ufer oder einen Eingang in die schöne Altstadt. Die engen Gassen und die Läden in der Stadt begeisterten mich. Kleine Restaurants luden zum Verweilen ein und wem 1,50 € für eine Kugel Eis nicht zu viel waren, der konnte sich damit auf einer Steintreppe im Schatten der Häuser erholen. Wir entschieden uns für den Besuch einer Kirche. Garda bietet neben der herrlichen Altstadt auch sehr schöne historische Sehenswürdigkeiten. Der Palazzo Fregoso, ein venezianischer Palast aus dem 16. Jh oder die Santa Maria Maggiore, eine barocke Pfarrkirche sind es wert, besucht zu werden. Die schlossähnliche Villa Albertini oder der gotische Palazzo de Capitani bieten dem interessierten Touristen interessante Einblicke. Garda Cimitero Tedesco: Am Ortsende von Costermano, wenige Kilometer entfernt von Garda, liegt einer der größten deutschen Soldatenfriedhöfe in Italien. In Costermano sind auch die SS Kommandanten der Vernichtungslager Sobibor, Belzec und Treblinka beerdigt, die zu den Verantwortlichen der Judenvernichtung gehören. Dies hat den Friedhof immer wieder in den Brennpunkt der Kritik gerückt. Auch ich konnte mich einem beklemmenden Gefühl nicht erwehren. Unsere Kölner Urlaubsfreunde hatten den Wunsch für diesen Abstecher geäußert. Wir machten uns neugierig, aber mit einem mulmigen Gefühl auf den Weg. Der Parkplatz unter großen schattenspendenden Laubbäumen, war abgesehen von unserem und zwei weiteren Fahrzeugen, komplett leer. Vom Auto waren es nur wenige Meter bis zum Eingang des Friedhofs. Die Gräber waren alle in symmetrischen, scheinbar unendlichen Reihen angeordnet. Die Ruhe war beklemmend, außer uns und den Grillen war nichts zu hören. Wir studierten die Jahreszahlen der Gefallen, fast alle waren jünger als wir heute, als sie sterben mussten. Auf dem Rückweg gingen wir in die Gedenkstätte. Hier hatte ich sofort wieder dieses beklemmende Gefühl. Hier war etwas nach meiner Auffassung nicht richtig, ich konnte nur nicht gleich sagen, was mich hier so verunsicherte. Eine Gedenkstätte für die gefallenen deutschen Soldaten ist sicher in Ordnung, die meisten von ihnen wussten weder was sie taten, noch hatten sie sonderlich Lust im Krieg ihr Leben zu lassen. Aber was hatten sich die Erbauer dieser Gedenkstätte viele Jahre später gedacht? Die Architektur erinnerte auf den ersten Blick an die Architektur der Bauwerke des Nationalsozialismus. Die Geradlinigkeit und pragmatisch nüchterne Raumgestaltung, die großen rechteckigen Fenster, die braunen Ziegelwände und die gerade geschnittenen Granittreppen, alles erinnerte mich an alte Filme und Dokumentationen aus der NS- Zeit. Draußen waren es 35°C und hier drinnen hätte ich mir am liebsten einen Mantel angezogen. Warum hatte man diese Mahnstätte im Stil eines Führerhauptquartiers erbaut? Letztlich die Wandtafeln und die Eintragungen im Gästebuch ließen einen Keim der Hoffnung in mir aufkommen. Hier wurden die schrecklichen und unmenschlichen Taten der Nationalsozialisten angeprangert. Beim Lesen der Eintragungen stellte ich mir einige Fragen: Wieso nehmen sich immer wieder Menschen das Recht, andere zu unterjochen und zu töten. Warum kann man immer wieder Menschen zum Töten zwingen. Kulinarischer Höhepunkt Am Abend gab es ein ganz besonderes Menü. Das Kapitänsdinner auf einem Kreuzfahrtschiff hätte nicht eindrucksvoller sein können. Die Vorspeise bestand aus Spargel- Schinkenröllchen mit gebackenen Oliven an Gemüse und einem Balsamico-Dressing. In Butter geschwenkte Quarkbällchen in Kombination mit Nudeln, welche in einer Knoblauch- / Tomatensoße angerichtet wurden, machten Appetit auf den Hauptgang. Mit zarten Kalbsschnitzeln an Krokettengemüse verwöhnten wir beim Hauptgang unseren Gaumen, um beim Dessert bei Blätterteigtaschen mit Pfirsichkompott einen würdigen kulinarischen Abschluss zu erfahren. Da wir uns bereits zum Mittag eine Peperoni- Salamipizza geteilt hatten, gestaltete sich die kulinarische Reise zunehmend zur Tortur. Jetzt brauchten wir dringend einen Verdauungsspaziergang, in dessen Verlauf sich meine Verdauungsprobleme hörbar äußerten, auf Details möchte ich an dieser Stelle verzichten. Wir empfanden es als eine sehr angenehme Variante, dass bereits zum Frühstück eine Speisekarte für das Abendessen auslag. Hier konnte man dann zwischen jeweils drei Mahlzeitvarianten die Vor-, Hauptund Nachspeise auswählen. Mit dieser Variante wurden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen. Zum einen wurde das Gedränge am Buffet ausgeschlossen, zum anderen hatte man niemals das Gefühl noch etwas essen zu müssen, weil noch nicht alle Speisen der Ausklage verkostet wurden. Neben der wirklich guten Küche unseres Hotels empfand ich die nächtliche Ruhe, die Sauberkeit und die Nähe des hoteleigenen Strandes als sehr ansprechend – aber das erwähnte ich ja schon. Hier gab es keinen Animationsmarathon, keine lärmenden Urlauber, keinen Spielplatz unter dem Balkon und keine Nachbarhotels mit Disco und Trubel. Alles war wie für uns gemacht. Wir hatten das Hotel natürlich auch schon nach diesen Prämissen ausgewählt. Es wurde als „nicht familienfreundlich“ beworben. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an eine kleine Meinungsverschiedenheit mit meinem Bruder. Für unseren Urlaub im Mai dieses Jahres buchten wir sogar ein Hotel, welches explizit erst für Besucher ab 16 Jahren buchbar war. Mein Bruder teilte mir sein Ungemach mit. Er empfindet diese Art der Ausgrenzung als diskriminierend (er hat drei Kinder). So ein Hotel würde er mit Missachtung strafen und dort niemals eine Geschäftstagung organisieren. Mal abgesehen davon, dass in solchen Hotels (in Mallorca am Strand) kaum Tagungsräume angeboten werden, habe ich hierzu eine ganz eigene Meinung. Natürlich kommt es immer auf die Sichtweise des Betrachters an und ich versuche mich wirklich oft in die andere Ansicht zu versetzen. Fühlt sich ein Raucher diskriminiert, wenn er zum Rauchen den Raum verlassen muss? Fühlt sich ein Nichtraucher in einer Raucherlounge diskriminiert, wenn alle um ihn herum rauchen und keine Rücksicht auf ihn nehmen? Ich fühle mich zum Beispiel sehr schlecht verstanden, wenn ich mich im Urlaub nach einem stressigen Arbeitsjahr ruhesuchend, zufrieden mit einem Buch am Pool niederlasse…. um dann den ganzen Tag lang Animationsmusik, schreiende Kinder, brüllende Eltern und ausgelassene Animateure hören zu müssen. Warum nimmt hier keiner Rücksicht auf mein Bedürfnis nach Ruhe? Ist das nicht auch diskriminierend, ich glaube nein, denn es gibt ja eine Lösung dafür - das „Hotel für den ruhesuchenden Erwachsenen“. Alle diejenigen, die oben genannte Spaßfaktoren mögen, haben mein volles Verständnis, und sollten auf jeden Fall ein Familienhotel buchen, für den ruhesuchenden Rest sollte es aber auch Alternativangebote geben. Wetter und Strand Wer groben Kies am Strand mag, ist hier genau richtig. Das Wasser ist sehr sauber und häufig ruhig. An einigen Tagen gab es einen Wellengang, der sich nicht hinter Ostsee und Mittelmehr verstecken musste. Zypressen und Olivenbäume spendeten Schatten und das tägliche Konzert der Grillen hörte man spätestens nach drei Tagen nicht mehr. Der Altersdurchschnitt im Hotel lag bei etwa 55 Jahren, es gab zwar auch vereinzelt junge Pärchen, jedoch bildeten die solventen Mittfünfziger die Mehrheit. Am gegenüberliegenden nördlichen und östlichen Ufer sahen wir Surfer, Paragleiter und Segelsportler – bei uns stand nicht der Sport im Vordergrund, sondern die Erholung bei Buch, Torte und Bier. Fahrgastschiffe und Motorboote störten allerdings recht häufig die Ruhe. Das Wetter war einfach traumhaft. Durch die Wassernähe empfanden wir auch die Hitze nicht als störend. Limone Limone Mein Geburtstag Ein bunter Blumenstrauß schmückte heute meinen Tisch. Annett hatte mich mit den eigenen Waffen geschlagen und ebenfalls am Vorabend einen Überraschungsstrauß für mich geordert. Wir hatten jetzt auch die begehrten Fensterplätze im Restaurant und die neidischen Blicke der anderen Gäste wegen des Tischschmuckes. Auf die Frage nach dem Anlass für die Blumen antwortete ich wie schon Tage zuvor einem neugierigen Gast, dass wir uns jeden Morgen mit einem Strauß erfreuen. Lediglich das Wetter wollte an diesem Tag nicht so richtig mitspielen. Dicke Wolken zogen über den See und verdeckten die Bergmassive. In der Ferne ließ Donner nichts Gutes erahnen, aber wir machten uns frohen Mutes auf den Weg ins Landesinnere. Irgendwann war der Regen so stark, dass die Scheibenwischer vergeblich versuchten, einen Blick auf die Straße zu gewähren. Wir parkten am Straßenrand irgendwo im Gebirge und lauschten dem Regen, der lautstark auf Scheibe und Auto prasselte. Nachdem das gröbste Unwetter vorüber war, steuerten wir unser erstes Ziel an, den wunderschönen Bergsee „Lago di Tenno“. Der Anblick war umwerfend, türkisgrünes Wasser, tiefhängende Gewitterwolken, die sich um üppige Felsen schmiegten, satte grüne Wiesen und Bäume am Rande des Sees in einem wunderschönen Tal. Wir begaben uns auf den Abstieg zum Ufer des Sees. Das Unwetter kam zurück und wir mussten uns zurückziehen, aber hier wollten wir auf jeden Fall nochmal hin. Zum Mittag kehrten wir in einem sehr schönen Restaurant in Limone ein. Auf einer Terrasse direkt über dem See ließen wir uns nieder. Das Restaurant gehört zu dem kleinen Hotel „Al Rio Se“. Das Essen war ausgezeichnet und das Hotel hat uns sehr begeistert. Sollten wir mal wieder nach Limone kommen, wird wohl dieses Haus uns Herberge bieten. Das Preis- / Leistungsverhältnis der Gerichte war toll und die herrliche Aussicht auf einen unterhalb liegenden Garten und den See war unbezahlbar. Lago di Tenno 01.August – Fahrt nach Verona Heute fassten wir den spontanen Entschluss, nach Verona zu fahren. Die Entfernung von Limone beträgt 90 km und die Fahrzeit liegt bei einer Stunde und fünfundvierzig Minuten. Die meiste Zeit verbrachten wir davon im Stau in und um Riva. Auf der Autobahn A22 ging es dann zügig nach Verona. Dank unserem Navigationsgerät steuerten wir das zentrumsnahe Parkhaus „Arena“ direkt an und die Parkgebühren waren im Vergleich zu deutschen Metropolen moderat. Für eine Stunde wollte man 2,00 €, für zwei Stunden 6,00 €, für drei Stunden 8,00 € und für 4 Stunden musste man 10,00 € aus der Urlaubskasse entnehmen. Da waren wir also in Verona, der Stadt von Romeo und Giulietta (Julia). Wir bewegten uns mit Hilfe des Stadtplanes im Reiseführer zielsicher durch die Menschenmassen zu den Sehenswürdigkeiten. Lediglich die Hitze machte mir hier sehr zu schaffen, warum hatte ich am Morgen ein langärmliges Shirt und eine lange Hose angezogen?. Nachdem wir Verona besucht hatten, beschloss ich die Fahrten nach Venedig, Rom und Mailand auf andere Urlaube zu verschieben. Verona 02.August Langsam ist die Luft raus. Meinetwegen können wir jetzt an einen anderen Ort fahren. Wir liegen mal wieder faul am Strand und ich versuche, mein Buch weiterzulesen. Neben uns haben sich zwei Pärchen (Mitte Fünfzig) niedergelassen, die offensichtlich gerade angekommen sind. Zum Glück reden drei dieser vier Personen nicht viel, dafür übernimmt das eine Dame in bester oberfränkischer Mundart. Nach über dreißig Minuten kannten die anderen Drei ihre komplette Krankheitsgeschichte und wir natürlich unweigerlich auch. Sie schien bei ihrem Referat keine Luft zu holen und ich dachte hin und wieder, dass sie gleich ersticken müsste – jedoch sie tat uns den Gefallen nicht. Auf jeden Fall wissen wir jetzt mehr als ihre Krankenkasse. Mir ist aufgefallen, dass hier zu 95% nur deutsche Urlauber sind. Das beschränkt sich nicht nur auf unser Hotel, sondern scheint repräsentativer Durchschnitt für den Gardasee zu sein. Wo machen denn die Italiener Urlaub? Wenn die alle an unserer Ostsee ihre Ferien verbringen würden, müsste das doch auffallen. Darüber wären einige deutsche Landsleute sicher auch nicht erbaut, wenn sie deshalb keinen Urlaubsplatz mehr bekämen. Meine Frau meint nur, ich soll mir nicht so viele sinnlose Gedanken machen. Ich dachte noch gerade daran, einen italienischen Kellner danach zu fragen, warum er jetzt nicht lieber Urlaub macht…. Und wenn, dann wo? Die Nacht vor dem vorletzten Tag Dass es auch anders gehen kann, durften wir in der letzten Nacht erleben. Eine Gruppe Italiener in bester Feierlaune verbrachte die Nacht am Strand direkt unter unserem Balkon. Bis tief in die Nacht wurde gesungen und gelacht. Dieser Lärm wurde plötzlich durch einen lautstarken Streit im Nachbarzimmer unterbrochen bzw. ergänzt. Ein Österreicher schrie auf jemanden ein. Am nächsten Morgen verfiel der Ösi wieder in seine Tradition und nachdem er zweimal die Zimmertür so laut zugeschlagen hatte, dass ich dachte, sie müsse jetzt aus der Zarge gefallen sein, schlich ich mich auf den Flur. Als unser Freund ein drittes Mal auf den Flur stürmte, um Geräusche zu erzeugen – sah er mir verdutzt ins Gesicht. Er schien auch ohne ein Wort von mir sofort zu wissen, dass er etwas Falsches getan hatte, denn er fing gleich an, sich zu entschuldigen. Ein müder Blick vom Balkon eröffnete mir die Erkenntnis, dass wir nicht nur großes Glück mit der Stille bisher hatten, sondern auch mit unseren freien Liegeplätzen. Mit den neuen Urlaubern waren auch wieder die guten alten deutschen Tugenden eingezogen. Alle Liegen am Strand waren mit Handtüchern vorreserviert. Es war 7.30 Uhr und natürlich war kein Mensch zu sehen. Nach dem Frühstück fanden wir noch zwei Liegen etwas abseits vom Wasser. Die meisten der Liegenbesetzer waren natürlich noch nicht am Strand. Das änderte sich auch die nächsten zwei Stunden nicht. In mir stieg Zorn auf und am liebsten hätte ich alle Handtücher im Wasser versenkt. Diese Menschen würden sicher am liebsten ihr Auto bereits früh an die Zapfsäule der Tankstelle stellen, damit sie am Abend die ersten beim Tanken waren. Sicher überlegen die auch, den Einkaufskorb nach dem Einkauf an der Kasse stehen zu lassen, damit sie beim nächsten Mal gleich an erster Stelle, also an der Poolposition stehen. Apropos Pool, wir waren den gesamten Zeitraum nicht einmal am Pool, der See war einfach zu schön. Bergdorf Canale del Monte Heimreise: Für die Heimreise wählten wir eine Straße durch die Berge. Irgendwann mussten wir aber auf die Autobahn, dann über den Brenner nach Österreich und wie geplant wieder in unser Hotel in Kufstein. Da unser Hotel an diesem Tag Ruhetag hatte, waren unsere Schlüssel in einem Umschlag hinterlegt. So waren wir hier fast alleine. Jetzt hatten wir also das Hotel für uns. Auf einer Schaukelliege machten wir es uns im Obstgarten gemütlich. Den Abend genossen wir auf unserem Hotelbalkon mit einer typischen und zünftigen österreichischen Brotzeit. Wir genossen unsere letzte Nacht in der Fremde und freuten uns auf unsere Heimat. Am nächsten Morgen begrüßte uns ein grauer Himmel und es regnete in Strömen. Ich hatte am Abend zuvor meine Brieftasche in einer Kofferecke versteckt, jedoch heute am Morgen hatte mein Gehirn diese Tatsache noch etwas verdrängt. Somit hatte ich für etwa dreißig Minuten einen Adrenalinüberschuss und Angstschweißausbrüche. Zuerst suchte ich jeden Winkel im Auto ab, dann durchstöberte ich alle Zimmerschränke, um anschließend den ersten Koffer zu entleeren. Beim zweiten Koffer hatte ich dann Glück, nachdem alle Sachen im Zimmer verteilt waren, fiel mir in einer Kofferecke mein Versteck und das Portemonnaies auf. Hotel Schanz Epilog Es war wieder ein sehr schöner, erlebnisreicher Urlaub. Das Zirpen der Grillen fehlt mir jetzt schon, apropos Grillen – meinen Geburtstag muss ich auch noch nachfeiern.
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