Valtra N93 - Top Agrar

Foto: Höner
Fotos: EInhoff
Die Grundfunktionen lassen sich einfach nutzen. Aber ein paar schöne Zusatzfunktionen haben die Finnen etwas versteckt.
TESTPROTOKOLL
Valtra N93
Kurze Haube, große Kabine und ein sehr komfortables Getriebe. Trotz kompaktem Dreizylinder
bekommt der Kunde einen ausgewachsenen Traktor für sein Geld.
Kabine
Testnote: 2,0
Beim Valtra ist es fast umgekehrt wie
beim John Deere: Kleine Haube und
große Kabine. Wir fanden das Design
der Sechs-Pfosten-Kabine etwas in die
Jahre gekommen. Doch in dieser
Gruppe hat sie ihre Stärken. Die Fertigungsqualität hat uns gefallen. Das
größte Platzangebot (L x B = 163 x 139 cm)
ist mit einem sehr bequemen Einstieg
gepaart. Weil sich der Frontlader-Hebel
einfach wegschwenken lässt, kann man
auch die rechte Tür gut nutzen. Die
schlanke Lenksäule klappt federunterstützt sehr einfach per Pedal weg.
Der Beifahrersitz ist mehr oder weniger nur ein Brett, allerdings gibt es optional einen mit Rückenlehne und Gurt.
Die Beinfreiheit ist prima. Der gute
Fahrersitz lässt sich komplett um 180°
nach hinten drehen. Einzigartig in dieser Klasse ist die optionale Rückfahr-
142
top agrar 1/2015
einrichtung TwinTrac ab Werk.
Gute Arbeitsbeleuchtung, hinten mit
vier vielseitig verstellbaren Scheinwerfern. Die gesamte Bedienung ist überwiegend logisch. Doch die (vielen) Getriebe-Einstellmöglichkeiten sind eher
versteckt: Kupplung treten, schwarzen
Knopf unter Wendehebel drücken,
Schlüssel drehen. Per ±-Tasten am
Ganghebel kann man nun durch die Displayebenen springen. Für die Einstellungen (Kupplung, Wendeschaltung, Anfahrallrad, Getriebeautomatik) muss
der Fahrer die jeweilige ein- oder
zweistellige Codenummer kennen.
Die Türen mit Stahlrahmen stehen
geöffnet nur 44 cm über. Prima ist auch
die Heckscheibe mit umlaufendem
Griff. Der Testtraktor war mit Klimaanlage und separater Fußheizung gut
ausgestattet. Die Lüftung sitzt vorne im
heruntergezogenen Kabinenhimmel:
Das stört beim Einstieg und schränkt
die Sicht auf den Frontlader ein. Eine
Glasluke ist nicht lieferbar. Durch die
flache Haube ist die Sicht nach vorne
unten super, in andere Richtungen
durch die tiefe Position des Fahrers, die
großen Kotflügel und einige Kabinenholme nicht ganz optimal. Die Laderkonsolen sind sehr hoch und liegen im
Blickfeld, auch wenn der Lader abgebaut ist.
Motor
Testnote: 3,5
Der Agco-Power-Motor ist der einzige
Dreizylinder im Test. Er hat eine eingetragene Leistung von 70 kW/95 PS und
erreicht an der Zapfwelle maximal
66 kW/90 PS. Beim Verbrauch profitiert
er leider nicht davon, dass er mit einem
Zylinder weniger arbeitet: Bei Maxleistung liegt er mit 296 g/kWh rund 9 %
über dem Schnitt. Sein Verbrauchsopti-
Getriebe
Testnote: 1,5
Stärken und
Schwächen
++Geräumige Kabine
++Komfortables Getriebe
++Gute Hydraulik und EHR
++Hoher Fahrkomfort
--Dieselverbrauch über dem
Schnitt
--Nur zwei Zapfwellen­
geschwindigkeiten
--Keine Glasdachluke lieferbar
--Funktionen teils versteckt
Das HiTech 
5-Wendegetriebe bietet
vier Gänge (A bis D) sowie fünf LS-Stufen (20/20). Als einziger hat der Valtra
Frontladerarbeiten aber nur, wenn es
keinen beweglichen Schalthebel: Wie die
nicht auf den Millimeter ankommt. SoLS-Stufen wechseln auch die Gänge per
bald man die Bremse loslässt und Gas
Knopfdruck, allerdings mit Zugkraftungibt, fährt der Valtra sanft wieder an.
terbrechung. Sowohl Gänge als auch
Beim Heranrollen an die Kreuzung und
LS-Stufen schalten gut abgestimmt.
Wiederbeschleunigen dauert es etwas,
Beim Gangwechsel findet das Getriebe
bis das Getriebe die richtige LS-Stufe
direkt die passende LS-Stufe (Speedfindet. Der Wendeschalthebel hat uns
matching). Im Bereich von 4 bis 12 km/h
mit der klaren Neutralposition und ingibt es bei 1 800 U/min zehn Gänge, das
tegrierten Parksperre gut gefallen.
ist okay. Die Überlappung zwischen
Gruppe A und B war uns beim Pflügen
Hydraulik
Testnote: 1,8
mit 0,8 km/h zu knapp. Zwischen B und
Einfache Ausstattung mit zwei meC ist sie mit 3,7 km/h besser.
chanischen Steuergeräten. Die Hebel
Das Getriebe bietet zwei automatiauf der Konsole bedient man etwas unsche Schaltprogramme, die man per
günstig im rechten Winkel zum Fahrer.
Kippschalter auf der Konsole aktiviert
Der Durchfluss eines Ventils lässt sich
(Kennzeichnung nicht optimal). Die
per Drehknopf regeln (neun UmdreAutomatik schaltet die LS-Stufen und
hungen!). Die Zahnradpumpe hat 90 l
– falls im Display über „Code 50“ vorgeNennleistung und liefert fürstliche 93 l
wählt – auch die Gänge C und D (z. B.
an einem Anschluss ab – der zweitbeste
beim Transport). Das erste Programm
Wert im Test. Spitze finden wir die entarbeitet wie eine Pkw-Automatik
nach Gaspedalstellung (Vollgas =
Schalten bei hohen Drehzahlen).
Valtra N93 HiTech5
Das Programm 2 kann der Fahrer
einstellen, wenn er weiß, wie es
Messwert
geht: Programm auswählen, Wendehebel in Neutral, den schwarzen
90
Maximale Leistung
85
91
(nicht gekennzeichneten) Knopf
Zapfwelle1) (PS)
Ø
am Wendehebel kurz drücken, mit
313
Spez. Verbrauch über 346
den ±-Knöpfen am Schalthebel
267
5
Punkte
(g/kWh)
die Motordrehzahl der unteren
Ø
5,2
Schaltgrenze auswählen, speiØ Hubkraft (t) 4,4
5,2
chern, obere Schaltgrenze ausØ
wählen, speichern – alles klar?
93
Max. Ölfördermenge
97
60
Mit einem weiteren Konsolenan 1 Anschluss (l/min)
Ø
schalter aktiviert man die prakti2,9
Nutzlast in
sche Auto-N-Funktion (dazu
2,6
3,3
Testausstattung
(t)
Ø
Wen­
dehebel in Neutral). Unter
10,2
12 
km/h kuppelt das Getriebe
Wendekreis (m) 10,8
8,8
jetzt aus, sobald der Fahrer die
Ø
Bremse tritt. Das ist beim Ranfah1) mit Boost, falls vorhanden
ren an Kreuzungen oder auch
beim Arbeiten mit der RundbalDer etwas durstige Motor trübt die Gesamtbilanz
des Valtra-Schleppers.
lenpresse sehr praktisch, bei
nehmbare Ölmenge von 35 l.
Der Kraftheber mit Kat.-III-Kupplern
bietet ordentliche Hardware. Praktisch
sind die Halter für Kupplungskugeln
und den Oberlenker. Die gute beidseitige Außenbedienung arbeitet progressiv. Die EHR-Bedienelemente sind okay.
Der Hauptschalter „Auto-Control“ hat
eine schöne mittlere Stopp-Position,
dem (zu) leichtgängigen Tiefeneinstellrad fehlt ein Anschlag.
LED-Pfeile zeigen die Aktivität der
EHR an. Die Transportdämpfung lässt
sich separat aktivieren. Außerdem gibt
es auf der Konsole Tasten zum Geräteanbau, die wie die Außenbedienung
des Krafthebers arbeiten. Mit fast
durchgängig 5,3 t hat der Valtra die
höchste Hubkraft (Ø = 4,7 t). Der Hubweg ist mit 66 cm durchschnittlich.
Zapfwelle
Testnote: 3,5
Antriebsstrang
Testnote: 2,5
Die 2 Drehzahlen 540/1 000 sind zu
wenig (alternativ zu 1 000 gibt es 540 E).
Die Automatik schaltet 2 Sekunden
nach Drücken des EHR-Knopfs ab, aber
nicht wieder ein. Um die beidseitige Außenbedienung (zu dicht an den EHR-Tasten) zu nutzen, muss die Zapfwelle aktiviert sein. Die PTO-Drehzahlanzeige im
Armaturenbrett ist gut.
Für Allrad und die Differenzialsperre
gibt es getrennte mehrstufige Kippschalter. Deren erste Position aktiviert
jeweils eine „Automatik“: Sobald man
den EHR- Schalter drückt, schalten Allrad und Sperre ab bzw. wieder ein. Über
den passenden Code kann der Fahrer
eine weitere Automatik vorwählen, die
den Allrad beim Anfahren kurzzeitig
aktiviert.
Das kleine Lenkrad braucht vier
Umdrehungen von Anschlag zu
Anschlag. Trotz seiner 2,52 
m
Radstand ist der Valtra mit
10,20 m recht wendig. Sein zulässiges Gesamtgewicht beträgt 8 t. Bei
5 t Leergewicht bleiben noch 3 t
Zuladung – prima!
Fahrkomfort
Grafik: Driemer
mum hat das Triebwerk bei niedrigen
44 kW/60 PS. Dann fließen 283 g/kWh
durch die Düsen, das sind 10 % mehr. Etwas besser wird das Bild beim Durchschnitt über die fünf Punkte mit Teillastanteilen: 313 g/kWh liegen aber immer noch rund 7,5 % höher. Bei den
errechneten Vergleichsarbeiten verbraucht der Valtra zwischen 0,6 und
1,6 l/h mehr. Schade, denn bei unseren
Praxiseinsätzen machte der Dreizylinder eine gute Figur.
Das Fußgas liegt etwas dicht an den
Bremspedalen. Als Handgas gibt es einen Drehknopf. Einen elektronischen
Drehzahlspeicher gibt’s auf Wunsch.
Testnote: 2,0
Der lange Radstand wirkt sich
positiv auf den Fahrkomfort aus
– der Schlepper liegt ruhiger als
die anderen auf der Straße. Die
sehr geringe Lautstärke unterstützt das angenehme Fahrgefühl:
68 dB(A) bei Höchstgeschwindigkeit (Ø = 72,5) und 72,4 an der
Zapfwelle (75,4 dB (A)). Der Blinker (rechts neben dem Lenkrad)
hat einen guten Rücksteller. Die
Bremsen arbeiten ordentlich. Die
Parksperre ist praktisch. -ghtop agrar 1/2015
143