Alles Umsatz oder was? Kann man Traberfan durch bloßes Zuschauen der Rennen im Internet oder im Fernsehen werden? Wird man Filmfan durch bloßes Zuschauen in seinen vier Wänden? Wird man Anhänger eines Fußball Clubs durch die Registrierung der Ergebnisse oder der kurzen Übertragungen? Die Antworten dürften gleichlautend sein. Die Lösungen allerdings scheinen unterschiedlich zu sein. Können wir aus dieser Fragestellung eigentlich etwas lernen, was Hinweise oder gar Anleitungen gibt, die dem Trabersport Impulse geben? Ich meine ja. Die Kinos sind kleiner geworden. Die Zuschauer im Kino haben abgenommen. Aber viele sind anheimelnd geblieben. Haben auch neue Besucher gewonnen. Das Erlebnis „Kino“ gibt es noch. Täglich. Die Zahl der Rennveranstaltungen schrumpft weiter. Es gibt keine Pferde mehr. Die Rennsport Freunde werden ohne Veranstaltungen ihre Probleme nicht lösen. Diese können aber ohne ausreichende Starter nicht abgehalten werden. Eine Binse. Es fehlen ausreichende Bemühungen die Situation zu ändern. Die fehlenden Pferde sind in deutschen Zuchtbetrieben nicht vorhanden. Die Folgen der Tellerrandpolitik der letzten Jahre lassen sich nur durch verstärkte Importe mildern. Die Importe sind aber mit zu hohen Nebenkosten belastet. Hier ist eine Initiative des HVT dringend erforderlich. Die Importhindernisse müssen beseitigt werden. Die Maut muss weg. Die Einfuhr von Zuchtstuten muss begünstigt werden. Aber das ist nur ein Punkt. Der Trabersport wird aktuell nur noch unter finanziellen Gesichtspunkten betrachtet. Seit Jahren ist die Fixierung auf den Umsatz das A und O. Ohne Umsatz geht nichts mehr und es gipfelt nun in Geister Rennen die vor im allem im Ausland bewettet werden. Werden wegen der fehlenden Pferde die virtuellen Rennen bald Einzug erhalten? Gibt es noch einen Unterschied? Wenn es doch nur um das Wetten geht ist es egal wo die Umsätze herkommen. Ist es auch egal ob wir noch eine Deutsche Traberzucht haben? Die PMU ist Fluch und Segen zugleich. Die Wetter werden sich in einem großen Pool besser fühlen, weil die Chancen einfach grösser sind, mit Gewinn aus einer Veranstaltung heraus zu kommen. Die Rennvereine laufen Gefahr die PMU als Sanierungschance für ihre maroden Finanzen zu begreifen und so ihre Hausaufgaben zu vernachlässigen. Hinzu kommt die Zahlenphobie des HVT. Das ist schon krankhaft. Sich die deutschen Zahlen in Frankreich beschaffen zu müssen ist erbärmlich. Das ist nicht redlich und bestärkt den Verdacht, dort ginge es nicht mit rechten Dingen zu. Zurück zum Ausgangspunkt. Das Kino ist ohne Zweifel der Ort in dem Filme gezeigt werden. Die kann man auch zu Hause sehen, aber das Kino Erlebnis lässt sich dort nicht hin verlagern. Warum sollte das beim Pferderennen anders sein? Wir kümmern uns im Sport seit Jahren fast nur noch um Umsätze, obwohl die Entwicklung über einen langen Zeitraum nur eine Richtung kannte. Diese Philosophie ist als Trojanisches Pferd in der Verbandsführung und den maßgeblichen Gremien präsentiert worden. Als es sich öffnete haben viele von uns nicht mal erkannt wo hin das führt. Den Sport für Umsätze zu opfern schien einigen sogar logisch. Ob dies jetzt grundsätzlich falsch war oder ist, lasse ich jetzt mal außen vor. Umsatz ist nicht alles aber ohne Umsatz ist alles nichts. So weit, so richtig, so falsch. Umsatz beantwortet nicht die Fragen der Zukunft. Vor einigen Wochen hatten wir mal eine dann zerstörte Diskussion. Ich schrieb dort: „Pferderennen sind kein Spiel, sondern können und sollen ein sportlicher Wettstreit sein, den man auch bewetten kann.“ Unser Sportsfreund @mauritz pflichtete mir bei: „Das ist der springende Punkt. Nur so können neue Besitzer und Züchter gewonnen werden. Sind genügend da, die Geld investieren wollen, geht es wieder aufwärts. Solange der Schwanz mit dem Hund wackelt, heißt es sollen Pferde angeschafft werden, damit der Wettbetrieb fortgesetzt werden kann, wird es nie wieder einen Aufschwung geben“. Ich habe damals die Diskussion wegen Mobbing abgebrochen, aber den Hinweis sehr wohl zur Kenntnis genommen. Er war berechtigt. Schloss nahtlos an meine These an. Aber deswegen zitiere ich uns nicht. Es geht mir jetzt darum einen lang beschrittenen Irrweg zu beleuchten. Vielleicht haben andere ähnliche Gedanken und finden sich da wieder. Rennbahnen sind unbestreitbar der Ort in dem die Emotionen zuhause sind. Die direkte Sicht auf einen Wettkampf, der Lärm, die Kämpfe um die Platzierungen, die Aufregung bei der Ziel-Ankunft, die Diskussionen um Entscheidungen der Bahn- oder Zielrichter, die Maßnahmen der Rennleitung, die Leistungen der Pferde und der Fahrer. Die Gefühlsäußerungen der Renn-Teilnehmer und die Nach Kommentierung des Rennens vor allem bei strittigen Entscheidungen. Das Hätte, Wenn und Aber , all dies macht die Geschichte eines Renntages lebendig. Der Schweiß der Pferde, die Gerüche im Stall und die ganze Atmosphäre, das Drumherum eines Renntages und die direkte Begegnung mit dem Wesen Traber machen den Turfisten aus. Trabrennen Begeisterte lassen sich nicht nur auf Quoten reduzieren. Das Erlebnis Trabrennsport beflügelt die Leidenschaft für den Sport und führt viel- leicht zum Erwerb eines Pferdes, allein oder zusammen mit anderen und schafft die Zugehörigkeit. So entsteht Gruppendynamik. Leider haben wir diese Erlebnis-Struktur durch die gnadenlose Fixierung auf die Umsätze geopfert und dabei vergessen, dass dies der Grund für die Umsätze sind und waren. Mit dem Verlust der Gruppenbildung, der Abkopplung von der Basis des Rennsports, entfiel auch die Generations-Bindung. Das wurde viel zu spät beachtet. Das Ergebnis sehen wir heute. Es ist dramatisch. Alles ist überaltert. Was ist zu tun? Viele Leute denken, dass die Zukunft unseres Sports mit unsere Fähigkeit verknüpft ist, dem Schauspiel Trabrennen seine Attraktivität wieder zu geben. Ich gehöre dazu ohne zu vergessen, dass die Pferdewetten notwendig sind, weil wir ohne sie den Sport nicht mehr finanzieren können. Die jahrelange PMU Blockade von Herz gesteuert war ein Fehler. Ein Fehler war es auch die Nordverbindungen nicht intensiver auszubauen. Koch hat das nachgeholt. Das geht in Ordnung. Wir bräuchten auch einen besseren Austausch mit Holland, Belgien, Österreich und Italien. Und nicht vergessen: Die Ostanrainern sind URT Partner. Was hindert uns mit Ihnen Totokooperationen einzugehen? Soviel zum Bereich Unterlassungen im Spielsektor. Eines erscheint mir aber in der Diskussion, wo der Sport steht und welche Möglichkeiten er noch hat, wichtig. Das ist die Frage nach der Eignung des "Produktes Trabrennen" für aktuelle und potentielle Kunden. Vor allem jüngere Kunden. Das Schema einer Rennveranstaltung wurde am Ende des neunzehnten Jahrhunderts entwickelt. Es ist fast unverändert, da geblieben, obwohl sich die Erwartungen der Öffentlichkeit radikal verändert haben. Wir haben diese Antwort nie gegeben, weil sie nicht so einfach ist. Wir müssen ein Spektakel bieten, das vielfältig ist, schnell in der Abwicklung, die Zeiten zwischen den Rennen besser überbrückt, eine Gastlichkeit vorweist, attraktiv und spannend ist und vielfältig im Angebot. Neue Kunden müssen auch verstehen können, was sie da sehen und welche Art von Spiel ihnen da angeboten wird. Die da kommen um einen Abend oder einen Nachmittag auf der Rennbahn zu verbringen, die wollen auch Spaß haben und nicht einen Kult feiern, den sie noch gar nicht verstehen. Pferdewetten sind intelligente Spiele. Aber das Treffen der Wetten muss für neue Kunden erleichtert werden. Der Eintritt muss nicht kostenlos sein, aber er könnte gleichzeitig das Mitmachen erleichtern und als Eingangswette oder für ein Getränk genutzt werden können. Das Augenmerk bei Tagesveranstaltungen muss auch auf die Bedürfnisse der Familien liegen. Kann sich einer vorstellen, dass Kinder an diesen Sport herangeführt werden können? Dass es durchaus Zuspruch in der Familie geben kann, wenn das Stichwort Trabrennbahn fällt? Dass es für diese Zielgruppe nicht langweilig sein muss einige Stunden auf der Rennbahn zu verbringen? Wie wäre es denn, wenn das Essen in den Restaurationsbetrieben nicht nur preisgünstig, sondern auch genießbar wäre? Wenn es Betreuung vor Ort gäbe, die erklärte wie was funktioniert? Wenn die Kinder ihren betreuten Bereich auf der Rennbahn hätten? Ponyrennen und Führungen einfach dazu gehörten? Wenn es Wettbewerbe für Kinder gäbe und glückliche Eltern, die einen schönen Familientag hatten und eventuelle Wettverluste als Spaß betrachtet würden, weil sie im Rahmen liegen oder Gewinne Anlass zum Mitmachen gäben? Wenn die Rennvereine dies entsprechend bewerben würden? Kann und will sich das jemand vorstellen? Wir müssen die Jugend mit einbeziehen und frühzeitig eine Barriere zu den Glücksspielen im Alltag aufbauen, damit sie dann im Volljährigkeitsalter verantwortlich damit umgehen können. Das ist kein unwesentlicher Punkt aber ich sehe nicht, dass er irgendwo ersichtlich Priorität genießt. Das Dringlichste scheint mir: wir müssen an der Wiederherstellung des "Prestige" im Rennsport arbeiten. Das Prestige ist das, was den Wunsch verursacht sich mit dem bewunderten Objekt zu identifizieren, es sich zu eigen zu machen, um einen Bezug zu haben. Dies soll sicherstellen, dass es gut ist dort "gesehen zu werden". Dies wird ohne attraktive Darstellung im digitalen Bereich nicht möglich sein. Aber dort ist es am günstigsten. Auch das Erscheinungsbild der Rennbahnen kann und darf so nicht bleiben. Schafft endlich kleine, modulare Bereiche, die ein Ambiente schaffen können. Macht aus dem Alltag ein Filmstudio mit Bildern, die begeistern können. Es gibt die Beispiele. Sie müssen transportiert werden. Jeder Traberfan sollte ein Werbeträger sein und sich nicht dafür schämen müssen, dass er dieser Gruppe angehört. Es ist Zeit aufrecht zu gehen und die verkrusteten Strukturen aufzubrechen. Ballast abzuwerfen und die Chancen nutzen. Nicht länger der Vergangenheit nachtrauern, sondern die Zukunft gestalten. Traben sollte wieder „in“ sein. Out waren wir schon viel zu lange. Wir müssen unsere Besten entsprechend verkaufen. Es muss auch Schluss damit sein sie nur auf den Sockel zu stellen, damit sie dann umso leichter angegriffen werden können. Wir brauchen Identifikation. Bei den Pferden ebenso wie bei den Aktiven. Eine bundesweite Rennliga wäre vielleicht ein Ansatz (noch nicht durchdacht) um die Championate augenfälliger zu machen. Der bebilderte Wochenrapport schaffte automatisch einen hohen Wiedererkennungswert. Das Pferd des Jahres ist zu wenig liebe Sportfreunde. Wir bräuchten das Pferd des Tages, das Pferd der Woche, das Pferd des Monats. Das Pferd muss wieder in den Mittelpunkt. Und mit ihnen diejenigen, die für sie Verantwortung tragen. Das liegen so viele Geschichten herum, die nie geschrieben werden. Chamfort schrieb mal: Die Erde sei voller Menschen, die nie das Glück hatten einander zu begegnen. Moral: begegnet einander. Schafft Identität, Spaß und Gute Laune. Das Rennbahnambiente muss wieder erlebbar werden. Daran sollte untragbaren Rennleitungen uns genauso wenig hindern wie ein Verband der sich zwar langsam öffnet aber seine Zahlen und Entscheidungen der Öffentlichkeit entzieht. Die Aktion Wiederherstellung des Guten Rufes der Trabrennen sollte Vorrang haben. Ich wünsche allen Traberfreunden ein Gutes Neues Jahr. Macht was daraus.
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