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Smart Investor
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Trump-Rally an der Wolga
Von Christoph Karl
Die Wahl von Donald Trump sorgt in Russland für neue Hoffnung. Bei einem Ende der Eiszeit zwischen Putin und
den USA könnten auch die hochpolitischen Standardwerte Chancen bieten.
Anlegen in Putins Russland ist in der Tat lediglich etwas für hartgesottene Investoren. Schließlich steht hier neben
der generell höheren Volatilität stets auch das politische Risiko im Raum. Besonders ausgeprägt ist dies bei den
russischen Standardwerten. Denn meist werden diese entweder direkt durch den Staat oder die diversen
Oligarchen des Landes kontrolliert. Dazu kommt, dass die Mehrzahl der russischen Blue Chips aus dem
Rohstoffsektor stammt. Im Zweifelsfall werden die Geschäfte der Unternehmen und die dort agierenden Personen
damit unmittelbar von den Sanktionen der EU tangiert.
Staat im Staate
Fast schon als Blaupause für den russischen Staatskapitalismus kann Gazprom herhalten. Das Unternehmen ist
zu 50,2% im Besitz des Kreml, die Schlüsselpositionen direkt durch die Politik besetzt. Letztendlich ist das
Unternehmen wie ein kleiner Staat im Staate, mit eigener Bank (Gazprombank) sowie TV- und Printmedien
(Gazprom-Media). In den 90er-Jahren wurde der Konzern dem Einflussbereich des damaligen Ministerpräsidenten
Wiktor Tschernomyrdin zugerechnet, der angeblich Milliarden aus dem Firmenvermögen entnahm. Allerdings war
dies damals praktisch in allen russischen Großkonzernen gängige Praxis.
Unter der strengen Hand von Wladimir Putin hat sich nach außen hin die Corporate Governance deutlich
verbessert. Was noch immer nicht heißt, dass Gazprom eine Unternehmen ist, das dazu gedacht ist, Ausländer
reich zu machen. Dies und der zuletzt unter Druck geratene Gaspreis erklären daher auch den Absturz der Aktie
seit 2008. Seitdem hat Gazprom jedoch viel erreicht. So wurde die Kapazität zur Aufbereitung von LNG-Gas
deutlich erhöht, der Absatz nach China durch neue Verträge in die Wege geleitet und damit die Abhängigkeit vom
Westen deutlich reduziert. Kommt durch Trump nun jedoch ein neues Tauwetter in den West-Beziehungen auf,
dürfte auch das historisch niedrige KGV von deutlich unter 10 der Vergangenheit angehören.
Asia-Connection?
Fast noch politischer als Gazprom ist Rosneft, der größte Ölkonzern des Landes. Der breiten Öffentlichkeit
bekannt wurde der Konzern erst im Jahr 2004, als Rosneft in einer höchst umstrittenen Auktion die wesentlichen
Assets der zuvor durch den Kreml in die Insolvenz geschickten Yukos übernahm. Mit dieser Aktion konnte die
Regierung indirekt große Teile der russischen Ölindustrie unter ihre Kontrolle bringen. Entsprechend umstritten war
daher auch der 2006 in London erfolgte Börsengang von Rosneft. Mit der 55 Mrd. USD schweren Übernahme von
TNK-BP im Jahr 2012 konnte Rosneft seine Dominanz auf dem russischen Markt noch einmal deutlich ausbauen.
Schwer zugesetzt haben dem Unternehmen allerdings der Absturz des Ölpreises und die Sanktionen des Westens.
Zuletzt wurde nun bekannt, dass Wladimir Putin den Verkauf von rund 20% der Anteile an Rosneft an einen
strategischen chinesischen oder indischen Investor plant. Auch der staatliche Ölkonzern folgt damit der
Neuorientierung in Richtung Asien, die der Kreml als Konsequenz des Konfliktes mit dem Westen betreibt. Nach
wie vor ist Rosneft hoch verschuldet, die Aktie daher nur für äußerst risikofreudige Investoren interessant.
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Der Rubel rollt wieder
Die Story hinter der Aktie von Sberbank ist an sich relativ einfach: Das Institut ist mit Abstand Marktführer auf dem
russischen Markt. Die ehemalige Sparkasse für die sowjetischen Werktätigen sitzt noch heute auf mehr als der
Hälfte der russischen Bankeinlagen. Bedingt durch die Rezession des Landes und den Absturz des Rubels wurde
jedoch auch Sberbank in Mitleidenschaft gezogen. Erfahrungsgemäß geht jedoch tendenziell immer der
Marktführer gestärkt aus einer solchen Krise hervor. Erst recht, wenn er, wie Sberbank, eine Eigenkapitalrendite
von rund 15% p.a. erwirtschaftet. Bei einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1,3 erscheint die Aktie noch immer
attraktiv, besonders, wenn die Konjunktur durch Lockerung der Sanktionen wieder in Schwung kommt. Derzeit
verbieten die Sanktionen der Sberbank u.a. die Aufnahme von Fremd- oder Eigenkapital bei Investoren aus der
EU. Sollte diese Hürde fallen, ließen sich die Refinanzierungskosten signifikant drücken.
Trendwende bei den Metallen?
Weit entfernt von der Bedeutung einer Gazprom, mit einem Anteil von 1,5% am russischen BIP aber noch immer
ein bedeutender Spieler der russischen Volkswirtschaft, ist Norilsk Nickel. Das Unternehmen ist der weltweit
führende Förderer von Nickel und Palladium, zählt daneben aber auch zu den zehn größten Kupferproduzenten
der Welt. Das Unternehmen überzeugt durch eine niedrige Kostenstruktur, überschaubare Schulden, eine
attraktive Dividende (6,8% p.a.) und die Chancen, die ein deutlicher Anstieg des Nickelpreises bietet. Angesichts
eines strukturellen Angebotsdefizits erwarten Experten hier auf mittlere Sicht deutlich steigende Preise.
Selbst im achten Jahr nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise arbeitet UC RUSAL an seiner Verschuldung.
Trotz dieses Bremsklotzes konnte der zweitgrößte Aluminiumproduzent der Welt jedoch in den letzten Quartalen
erfreuliche Zahlen vermelden. Dies liegt vor allem an der Kostenstruktur, die sich durch den Verfall des Rubels
deutlich verbessert hat. Laut dem Stellvertretenden CEO des Unternehmens, Oleg Mukhamedshin, liegen die
Kosten derzeit auf einem Zehnjahrestief. Die Wahl von Donald Trump und die damit einhergehenden
Infrastrukturinvestments könnten nun die Nachfrage nach Aluminium weiter anheizen. Der Titel gehörte daher
bereits in den Tagen unmittelbar nach der US-Wahl zu den größten Gewinnern am russischen Kurszettel.
Fazit
Donald Trump gilt nicht nur als ein Freund der schönen Frauen, sondern auch als „Putin-Versteher“. Sollte auf
diese Bekenntnisse in den ersten Tagen seiner Präsidentschaft tatsächlich eine politische Annäherung folgen,
dürfte die bereits begonnene Trump-Rally an der Wolga an eine zweite Runde gehen.
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