Wort zum Alltag - luth. Landeskirche in Braunschweig

Landesbischof Dr. Christoph Meyns
Wort zum Alltag am 20.12.2016
Liebe Gemeinde!
Wir sind entsetzt über den Anschlag in Berlin. Wir trauern um die Menschen, die dabei ihr
Leben verloren. Unser Mitgefühl gilt ihren Familien. Unsere Gedanken sind auch bei denen, die schwer verletzt im Krankenhaus liegen und bei denjenigen, die alles miterleben
mussten und jetzt unter Schock stehen. Die Tat macht uns sprachlos. Wir fühlen uns ohnmächtig, wir sind wütend, wir sind verunsichert.
Mit all dem, was uns in dieser Stunde bewegt, wenden wir uns zu Gott und hören auf sein
Wort. In Psalm 27 lesen wir:
1 Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist
meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?
2 Wenn die Übeltäter an mich wollen, mich zu verschlingen, meine Widersacher und Feinde, müssen sie selber straucheln und fallen.
3 Wenn sich auch ein Heer wider mich lagert, so fürchtet sich dennoch mein Herz nicht;
wenn sich Krieg wider mich erhebt, so verlasse ich mich auf ihn.
Die Worte des Psalms erinnern uns daran, dass wir bei Gott einen festen Halt haben, im
Leben wie im Sterben, in Zeiten der Freude wie in Zeiten großer Not. Es ist wichtig, sich
daran festzumachen. Denn der Terror zielt nicht auf einzelne Menschen, er will die Herzen
eines jeden von uns verdunkeln. Er will Angst machen, er will Unfrieden säen, er will Hass
und Gewalt schüren.
Wir lassen uns davon nicht anstecken, sondern bringen alles, was uns bewegt, vor Gott:
unser Mitgefühl, unsere Trauer, unsere Angst, unsere Wut. Aus der Nähe zu ihm schöpfen
wir inneren Frieden und Zuversicht die Fülle. Aus diesem Halt heraus wächst die angemessene Haltung und das rechte Verhalten im Umgang mit allem, was uns widerfahren mag.
Für mich heißt das in dieser Situation: Wir schenken unsere Aufmerksamkeit weder dem
Täter und seinen möglichen Motiven, weder den Drahtziehern noch denen, die zum Hass
anstiften. Auch reden wir nicht über das, was daraus politisch zu folgern sein mag oder
nicht. Schon gar nicht nehmen wir die Ereignisse zum Anlass für Spekulationen oder pauschale Urteile.
Unsere Gedanken und Gebete sind einzig und allein bei denen, die durch den Anschlag
getötet oder verletzt wurden und bei ihren Familien. Wir befehlen sie der Barmherzigkeit
Gottes an.
Wir müssen uns vor Gewalttaten schützen und die Täter bestrafen. Ich bin sicher, dass Polizei und Sicherheitskräfte alles in ihrer Macht Stehende dafür tun. Aber als Christen lehnen wir Rache und Vergeltung ab. Denn sie heizen die Spirale von Hass und Gewalt nur
weiter an.
Wir versuchen, dem Terror gelassen, nüchtern und klug zu begegnen, um ihm auf dieser
Weise mit Gottes Hilfe keine Macht über unser Herz zu geben. Mit Psalm 27. können wir
diejenigen, die das Leben anderer Menschen zerstören, Gott überlassen. Denn sie werden
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sich am Ende selbst zerstören.
Gerade angesichts von Zeitpunkt und Ort des Anschlags halten wir an dem fest, was das
Weihnachtsfest uns als Fest des Friedens zuspricht: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“
Dass in Jesus von Nazareth Gott selbst Mensch geworden ist, ist für uns ein unhintergehbares Zeichen für den Frieden, den wir mit Gott haben. Die Freude, die daraus wächst, ist uns
zugleich Verpflichtung, uns für das friedliche Zusammenleben der Menschen einzusetzen,
auch und gerade im Angesicht von Terror, Hass und Gewalt, in Braunschweig, im Braunschweiger Land, in Deutschland und Europa, auf der ganzen Welt.
Gott, unser Herr, verleihe uns die Kraft, aus seinem Frieden heraus zu leben, jetzt und allezeit.
Amen.
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