Lautsprecher Wilson Benesch A.C.T. One Evolution Autor: Andreas Wenderoth Fotografie: Rolf Winter Die völlige Ablösung Die A.C.T. One Evolution ist ein später Nachfahre des vielleicht nachhaltigsten Designs der Firmengeschichte von Wilson Benesch. 1994 sorgte der erste Standlautsprecher in der damals gänzlich neuartigen Schalenbauweise mit Carbonfasern für Furore auf dem Markt – und unzählige Auszeichnungen. Drei Lautsprecher-Generationen und fast ein Vierteljahrhundert später will Wilson Benesch mit ihrer neuen A.C.T. One Evolution erneut den Markt aufwirbeln. PDF image-hifi.com 1/2017 Ich gebe zu, dass ich einige Entwicklungen bei Wilson Benesch verschlafen habe. Noch immer assoziiere ich mit der britischen Firma aus Sheffield zuallererst jenen Plattenspieler mit dem ungewöhnlichen Carbon-Tonarm, der mich, als er irgendwann bei einem Freund im Rack stand, geärgert hat – weil er deutlich besser klang als mein damaliger LP 12. Gut, ich habe schon mitbekommen, dass irgendwann in der Produktpalette auch das andere Ende der Kette, die Lautsprecher auftauchten (die sich ebenfalls der Carbonfasern bedienten). Aber „Tactic Drive Unit“ (die die früheren Scan-Speak-Chassis ablösten) oder das revolutionäre Subwoofer-System Torus gingen glatt an mir vorbei. Wie gut, dass mit der A.C.T. One Evolution nun ein Lautsprecher in meine Hände gerät, mit dem mein Blick geweitet wird. Eine Art Nachhilfeunterricht in Sachen innovativer Lautsprecherbau. Um die Genese des Lautsprechers besser zu verstehen, hilft es, zu den Anfängen des Unternehmens zurückzugehen. 1989 gründeten die heutigen Eigentümer Christina und Craig Milnes mit einem Startkapital von lediglich 10 000 englischen Pfund Wilson Benesch. Wären nicht bald weitere 25 000 Pfund dazugekommen, die das englische Industrieministerium im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Verfügung stellte, hätten sie den Laden wahrscheinlich bald dichtmachen können. So aber leiten sie heute gemeinsam eine äußerst erfolgreiche High-End-Schmiede mit 16 Festangestellten. Der Hintergrund des Paares könnte verschiedener nicht sein: Christina Milnes studierte Psychologie, Soziologie und Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Personalwesen. Als Hauptgeschäftsführerin ist sie für strategische Entwicklung der Firma zuständig. Ihr Mann Craig, Designchef von Wilson Benesch, lernte das Ingenieursgeschäft beim Stahlriesen British Steel und schloss ein Kunststudium an der Loughborough Universität an. Im dritten Studienjahr wurde ihre Tochter geboren, die Craig mit einem gebrauchten Armstrong-Röhrenverstärker und dem Bau seines ersten Lautsprechers frühzeitig an die Musik heranführen wollte. Ihn ließ das Thema nun nicht mehr los: Neben dem Studium sondierte er den High-End-Markt und stellte fest, dass es keine Firma gab, die mit bahnbrechend innovativen Materialien arbeitete. Carbon- fasern wurden damals durch den Erfolg des McLaren MP4/1 zwar zunehmend populär, aber niemand war bis dahin auf die Idee gekommen, das Hightech-Material auch für Plattenspieler oder Lautsprecher zu nutzen. A.C.T. heißt so viel wie „Advanced Composite Technology“ und meint genau dies: den Einsatz von Carbonfasern. Deshalb, weil sie eine sehr hohe Steifigkeit und innere Dämpfung haben und somit mögliche Klangverfärbungen durch das Lautsprechergehäuse so gut wie ausschließen sollen. „Mehr Masse führt immer zum Problem einer niedrigeren Resonanzfrequenz“, sagt Craig Milnes. Kombiniere man aber ein Material geringer Masse (Carbonfasern in den seitlichen Zargen und im Kopfteil) mit einem Material hoher Zugfestigkeit (hochfesten Stahl beziehungsweise hybride Verbindungen von Aluminium und Stahl in Front, Rückteil und Fuß), ergebe sich als positiver Effekt eine Art gegenseitige Selbstbedämpfung. Genau das ist der Grund für den schichtartigen Aufbau des Lautsprechers. Durch die Schalenbauweise kann die gesamte Struktur in der vertikalen Achse, der längsten Länge des Lautsprechers, besser kontrolliert, also Resonanzen vermieden werden. Die A.C.T. One Evolution ist die konsequente Weiterentwicklung des Lautsprechers, der 1994 als A.C.T. One erschienen war und sich über A.C.T. und die A.C.T. C 60 fortgesetzt hatte. „Es ist Gute Reflexe: Die beiden Reflexöffnungen für die Mitteltöner befinden sich im oberen Teil des Gehäuserückens. Die große Bass-Reflex-Öffnung strahlt nach unten ab. Im Fuß des Lautsprechers sitzt auch das Tri-Wire-Terminal – hier mit den Original-Bi-Wire-Silber-Brücken wie bei einem Porsche 911“, sagt Craig Milnes (und deutet mit diesem hübschen Vergleich die Liga an, in der er Wilson Benesch sieht), bei dessen Entwicklung ja auch niemand auf die Idee käme, die Grundform oder die essenziellen Zutaten zu verändern – wohl aber die technischen Feinheiten und die aktuelle Interpretation. So ist das Aussehen (nicht das Innenleben) des im 3-D-Cad/Cam-Verfahren entwickelten Lautsprechers immer noch stark angelehnt an die ursprüngliche (damals noch in Greaves gefertigte) A.C.T. One. Allerdings sind auch viele Elemente der aktuellen Flaggschiff-Serie „Geometry“ eingeflossen, deren neuestes Modell sie darstellt: skulpturhafte Linien, eine nach vorne abfallende Kopfplatte (die Bühne und Präsenz erhöhen soll), der bogenhafte, sich elegant nach hinten verjüngende Körper, der stehende Wellen verhindern soll. Was sie rein optisch völlig von ihren Vorgängern unterscheidet, ist die Farbe: Waren Carbonfasern in Lautsprechern bisher stets schwarz, gibt es sie in der A.C.T. One Evolution erstmals auch gefärbt: Durch die Zusammenarbeit mit Hypetex, einem Team aus Formel-1-Ingenieuren, das das Verfahren entwickelt hat, ist nun, man ahnt es, nicht irgendeine Farbe entstanden, sondern eine sehr beziehungsreiche: „Enzo Red“ – in Anlehnung an das berühmte Rot des Enzo Ferrari. So soll die Geschwindigkeit und Dynamik, mit der die Box akustisch zu Werke geht, auch optisch ausgedrückt werden. Und in der Tat ist sie ein wahrer Augenschmaus. Ein fast zierlicher Feingeist, der ungemeine Wertigkeit ausstrahlt. Im Fuß des Lautsprechers befindet sich ein vergleichsweise seltenes Tri-Wiring-Terminal, das dem Besitzer eine Vielzahl von Anschlussmöglichkeiten erlaubt. Mit den Original-Silberbrücken kann wahlweise auf Bi- oder Single-Wiring umgestellt werden. Damit ich den Lautsprecher nicht jedes Mal auf die Seite legen muss, wenn ich das Lautsprecherkabel wechsle, hatte mir der Vertrieb freundlicherweise eine von Phonosophie angefertigte Brücke mitgeschickt, mit der die Verkabelung außerhalb des Lautsprecherfußes erfolgen kann. So richtig praktisch finde ich die Original-Terminal-im-Fuß-Lösung nicht, aber dies ist keiner Marotte des Herstellers geschuldet, sondern dem Umstand, dass die massive Rückseite außer den beiden Reflex-Öffnungen für die Mitteltöner (die für den Tieftöner strahlt aus dem Fuß nach unten ab) aus optischen Gründen keine weiteren Elemente haben sollte. Aber auch, weil man bei Wilson Benesch davon ausgeht, dass ein Besitzer dieses Lautsprechers – der ja für’s Ankommen steht – nicht ständig die Kabel hin und her wechselt. Allerdings sollte man die sechs Kabel des Terminals dann auch korrekt verbinden. Ich hatte zunächst zwei Anschlüsse vertauscht, 1/2017 image-hifi.com PDF Lautsprecher Wilson Benesch A.C.T. One Evolution sodass das akustische Ergebnis irritierend ernüchternd war: Der Sound klebte im Lautsprecher, etwas flachbrüstig, praktisch kein vorhandener Bass. Als ich Vertriebschef Michael Hannig am Telefon beschreibe, wie der Lautsprecher klingt, sagt er, nein, er kenne die One Evolution sehr gut, und meine Klang-Schilderung beschreibe sie ganz sicher nicht. Als der Anschlussfehler behoben ist, spielt die Box allerdings immer noch nicht ganz „frei“. Und nun beginnt eine kleine Odyssee, die Suche danach, wie man dem Lautsprecher seine Qualität entlocken kann (die er vorerst nicht mitteilen möchte). Hinwerfen, weil ein komplett zufriedenstellendes Ergebnis nicht in Reichweite scheint? Wäre ich diesem Impuls gefolgt, ich hätte mich einer großen Erfahrung beraubt – und wäre diesem wunderbaren Lautsprecher auch nicht an- PDF image-hifi.com 1/2017 nähernd gerecht geworden! Stattdessen schwebte ein hilfreicher Engel ein (in Form von Carsten Thiele, Hifi-Studio 10), der mit der nötigen Ruhe und Erfahrung – schließlich verkauft er den Lautsprecher auch – bei dessen Entfaltung half. Per Ferndiagnose hatte zuvor der Vertriebschef darauf getippt, dass die Grandinote-Endstufe den Lautsprecher möglicherweise nicht ausreichend treibt. Obwohl ein Wirkungsgrad von 89 dB in Kombination mit vier bis sechs Ohm Impedanz ja nun nicht gerade als heikel gilt, macht meine Pass in der Tat noch geringfügig mehr Druck, ebenso ein herbeigeschaffter 200 Watt-Vollverstärker (ModWright KWI 200), mit dem der Lautsprecher praktisch aus dem Stand sehr dynamisch, vollmundig und frei aufspielt. Jedenfalls, wenn man sich vorher noch ein bisschen mit der Verkabelung auseinandergesetzt hat. Nachdem wir die Netzkabel an Vor- Und Endstufe umgestellt haben auf PS-Audio beziehungsweise Swisscables, löst sich das Klangbild noch besser vom Lautsprecher, gewinnen auch die unteren Mitten an Feinzeichnung. Mir wird klar, dass hier keine „Plug and Play-Lautsprecherbox“ vor mir steht, sondern eine, die durchaus wählerisch im Hinblick auf ihre Spielpartner ist. Aber wie bei einer echten Bühnen-Diva sieht man ihr das gerne nach, denn sie kann vieles, wovon andere nur träumen. Doch dazu gleich mehr. Um ihr volles Potenzial abzurufen, bringt Thiele, mehr aus Spaß (denn es geht natürlich auch ein paar Stufen drunter), noch eine CH-Precision-Endstufe mit. Das, was ich ein paar Schritte zuvor noch als kickenden, etwas überbetonten Oberbass empfunden habe, hat sich jetzt völlig aufgelöst. Noch mal wird der Standort der Boxen leicht korrigiert und einige Gerätefüße später (Thiele vertreibt unter dem Firmennamen CT äußerst interessante Tuning-Produkte, die sicherlich eine eigene Geschichte wert wären) klingt die A.C.T. Evolution One nun so, dass ich Schwierigkeiten habe, den Hörraum überhaupt wieder zu verlassen. Jetzt hat sie mich buchstäblich gepackt. Vorherige Seite: Jedem das Gleiche – Bass und Mitten haben nahezu identische Chassis aus isotaktischem Polypropylen. Diese Seite: Der hochauflösende Hybrid-Hochtöner verfügt über eine Membran aus Carbon und Seide 1/2017 image-hifi.com 55 1/2017 image-hifi.com PDF Was genau der kleine „Flicken“ an der Rückseite der Membran bewirkt, verrät Wilson Benesch nicht. Nur, dass es sich um einen multi-funktionalen visko-elastischen Verbundstoff handelt Ganz offen: Beim Blick hinter die Chassis kommen mehrere Schichten Dämmstoff zum Vorschein. Über Gewindestangen ist die Wilson Benesch vom Kopf bis zum Fuß verbunden Eine erste Probe: Elektronische Musik ist sicherlich nicht meine bevorzugte Stilrichtung, im Falle von Trentemøllers intelligentem Minimal-Album The last resort aus dem Jahr 2006 (Poker Flat, PFRLP 18, 2-LP), mache ich gern eine Ausnahme. Schon deshalb, weil man unter anderem die Basstüchtigkeit des Lautsprechers damit recht gut auf die Probe stellen kann. Erste Überraschung: Der Bass reicht sehr tief herunter, was angesichts der bescheidenen, wohl jedem Wohnzimmer gerechten Gehäusemaße nicht unbedingt zu erwarten war. Dies ist neben der cleveren Reflexabstimmung unter anderem dem Umstand zuzuschreiben, dass der Lautsprecher durch seine innovative Bauweise gänzlich auf Verstrebungen verzichten kann, in seinem Inneren also de facto größer ist als vergleichbare Boxen – und insofern auch mehr Raum zur Bassentfaltung hat. Das Stück „Into the trees“ changiert zwischen Ambient und Techno; raffinierte Soundteppiche bauen sich über einem treibenden Beat auf, sanftes Rau- schen wird hier wie rhythmisches Atmen eingesetzt, ein Gewitter aus Synkopen und fast swingender Becken-Arbeit (sehr schön auflösender, frei spielender Hochtöner!) versetzt einen mit brachialer Urgewalt direkt auf den Dancefloor (ich persönlich sitze zum Leidwesen meiner Freundin allerdings deutlich lieber zwischen den Lautsprechern, aber das ist vielleicht eine andere Geschichte). Sehr guter Fokus, explodierende Dynamik und Mitten, die ebenso präsent wie natürlich spielen. Deren größter Effekt ihre völlige Effektlosigkeit ist. Für mich fast am meisten beeindruckend jedoch, wie sich der Lautsprecher praktisch selbst auflöst: Die Musik spielt zu keiner Sekunde aus den Gehäusen, sie IST im Raum. Ich bin erstaunt darüber, wie weit man den Lautsprecher auseinanderziehen kann, ohne dass das Klangbild dadurch zerrissen wird (mein eigener Lautsprecher macht das nicht mit). Leicht eingewinkelt erzielt die Evolution One in meinem Hör-Raum die besten Ergebnisse. Normalerweise, sagt Chefent- PDF image-hifi.com 1/2017 wickler und Firmenchef Craig Milnes, werden in einem Lautsprecher verschiedene Chassis verwendet, mit unterschiedlichem Resonanzverhalten, Dämpfungseigenschaften, Wirkungsgrad und Linearität. Dies führt zu Verzerrungen, Phasenverschiebungen und einer negativen Beeinflussung des Impulsverhaltens. Elektrostaten umgehen das Problem, müssen aber für einen angemessenen Output ziemlich groß sein. Er löse das Problem, sagt Milnes, indem er, abgesehen von kleinen Modifikationen, die der Optimierung des Frequenzgangs dienen, ein und dasselbe Chassis für ganz verschiedene Aufgaben einsetzt. Wie das Flaggschiff der Firma, die Cardinal, ist auch die A.C.T. One Evolution ein Zweieinhalbwege-Standlautsprecher, allerdings mit vier Chassis. Ein neuartiger, inwändig relativ großer 25 mm-Kalottenhochtöner, der linear bis 30 kHz und bei einem Abfall von -6 dB sogar bis 35 kHz hoch reicht und über eine sehr leichte Hybrid-Membran aus Carbon und Seide verfügt, soll die Geschwindigkeit eines harten Konusmaterials mit der tonalen Richtigkeit und Breitbandigkeit eines klassischen, eher weichen Hochtöners verbinden. Für Bass und Mitten sorgen gleich drei 170 mm Tactic II Chassis aus sogenanntem isotaktischem Polypropylen (IPP), einem an der Leeds Universität entwickelten Kunststoff, der im Hinblick auf Steifigkeit und Dämp- fung laut Wilson Benesch fünfmal so gut ist wie gewöhnliches Polypropylen und durch seine Richtcharakteristik sogenannte „visko-elastische“ Absorptions-Eigenschaften hat, vereinfacht gesagt, also vergleichsweise viel Resonanzenergie absorbie- xxx Mitspieler Plattenspieler: Artemis SA-1 Tonarm: Schröder No.2 Tonabnehmer: Lyra Scala, Soundsmith „Hyperion“ Vorstufe: Funk MTX V3b, Grandinote Proemio, CH Precision L1 Endstufe: Pass XA- 30.5, Grandinote Silva, CH Precision A1 Vollverstärker: ModWright KWI 200 Phono-Pre: Tom Evans „The Groove Anniversary MK2“ PhonoPre: Tom Evans The Groove 20th Anniversary MK2 Lautsprecher: Sehring S902 Kabel: HMS Gran Finale, Gran Finale Jubilee, HMS Suprema, PS Audio AC12, Swisscables Reference Plus (Netzkabel), Harmonic Technology Magic Link 3 (XLR-Kabel); JPS Labs Aluminata (RCA); Heavens Gate Audio Ultra Supreme, Fast Audio Black Science, MasterBuilt Reference Line (Lautsprecherkabel) Netzleiste: Isotek Orion Zubehör: Phonosophie Wandsteckdose und Sicherung, TimeTable, Time Justin, Time „T for 3“, Audioplan Antispikes, CT Audio Resonanztechnik - Steppness I + II, Doppelio; Fast Audio Absorber, Acoustic System Resonatoren, Audiophil Schumann Generator, Nadelreiniger Lyra SPT, Onzow ZeroDust xxxx Die hochwertigen Spikes sind bequem verstellbar und stehen auf speziell ankoppelnden Stahlkugeln ren kann. Das wiederum lässt die Chassis zu einem idealen Spielpartner der Carbonfasern werden. Der unterste Treiber ist für den unteren Bass zuständig (bis 34 Herz!). Die beiden anderen flankieren den Hochtöner, der untere ist für die oberen, der obere für die unteren Mitten zuständig: Ein sogenannter „Troika“Aufbau (der auch in der Cardinal Verwendung findet) und der neben den eigenen Kammern, die die Treiber nun haben, einen der Hauptunterschiede zur A.C.T. One ausmacht. Die Antriebseinheit des Tactic II ist eine Entwicklung, die in Kooperation mit dem Studiengang Physik der Sheffield University entstanden ist: Hierbei wurde der Neodymium-Magnet eingekapselt, wodurch der Durchfluss des Treibers erhöht wird. Ein Polypropylen-Kegel in einem stromlinienförmigen Korb verbindet den Anspruch der Leichtbauweise bei gleichzeitig garantiert großer Steifigkeit. Bedingt durch ihren Aufbau können die beiden Mitten-Chassis direkt vom Verstärker, also ohne jeden Filter, angetrieben werden. Dadurch soll der besonders kritische Mit- PDF image-hifi.com 1/2017 tenbereich frei von Phasenverschiebungen spielen, äußerst linear und nahezu völlig verzerrungs- und verfärbungsfrei. Das wird an einem weiteren Beispiel deutlich: Misty ist ein Album, das ich eigentlich nur heraushole, wenn ich gut gestimmt bin (obwohl es eigentlich auch fantastisch genau umgekehrt funktioniert). Das Yamamoto Tsuyoshi Trio (TBM 30, LP) zeigt sich in dieser herausragenden Aufnahme aus dem Jahr 1974 im Tokioter Aoi-Studio in bester Spiellaune. Die A.C.T. One Evolution freut sich über gute „Nahrung“ und macht eine Bühne auf, die ich so groß und plastisch noch nicht gehört habe. Links das Klavier mit changierenden, manchmal harten, und dann fast liebkosenden Anschlägen, die so lebendig im Raum hallen, als säße man selbst dabei. Was für eine atemberaubende Natürlichkeit: Durch die filterbefreiten Mitten-Chassis klingt das Klavier nicht nur klavierhaft, sondern erzeugt eine nahezu perfekte Illusion eines wirklichen Klaviers. Man sieht die Hand auf den Tasten, den Hammer, der auf die Stahlseiten drückt, den Ton, der resoniert und in den Raum tritt. Rechts daneben der Kontrabassist, der tief in die Saiten greift, und den Schlagzeuger, dessen Jazzbesen so unerhört beiläufig (und doch präzise) über die Felle streicht, als könnte er nebenbei noch Zeitung lesen. Der Lautsprecher macht nach oben hin wunderbar auf und wird auch in den tiefen Frequenzen niemals eng. Zeitrichtig und äußerst dynamisch – trotz seiner Vielschichtigkeit ein Lautsprecher aus einem Guss. „Trocken und kultiviert, wie ein wirklich guter Martini“, heißt es in einer amerikanischen Besprechung, was die Sache recht gut trifft. Wobei er – um im Spirituosenvergleich zu bleiben – auch die zitronige Frische eines guten „Whisky sour“ hat. Auf Finks großartig produziertem 2LP-Live-Album (Ninja Tune, ZEN 201) aus dem Jahr 2013 überlässt der Singer-Songwriter freundlicherweise die letzte Plattenseite ganz dem ihn zuvor begleitenden Royal Concertgebouw Orchestra, das ahnungsvoll mit einer Komposition von Charles Ives aus dem Jahre 1908 schließt: „The unanswered question“, das sich um die „immerwährende Frage des Seins“ dreht. Ein fast meditatives Streicherthema, in das eine glockenklare „fragende“ Trompete von rechts stößt, und als Störelement und Widerpart ein Flötenquartett, das sich atonal in die ruhigen Akkorde der Streicher schiebt. Das Stück stellt einige akustische Klippen auf, aber die A.C.T. One Evolution umschifft sie alle in souveräner Manier. Trotz der zum Teil erheblichen Aggressivität der Flötensät- ze, die eine Herausforderung für jeden Lautsprecher darstellen, bleibt sie bei aller dynamischen Präsenz tonal unbeirrt sauber. Die Bühne plastisch, der Raum beeindruckend, die Musiker zum Greifen nah. Die Ablösung vom Lautsprecher erreicht einen Grad, den ich so von keiner anderen Box kenne! Beim Ausklang des letzten Taktes fühlt man sich dermaßen in den Konzertsaal hineingezogen, dass man sich unwillkürlich selbst ermahnt, möglichst nicht als Erster zu applaudieren, weil man den spannungsvollen Nachhall der Musik und den wundervollen Moment nicht zerstören möchte. Und wie erleichternd es ist, wenn man es dann irgendwann doch darf. Bravo! xxxx Lautsprecher Wilson Benesch A.C.T. One Evolution Funktionsprinzip: 2,5 Wege Standlautsprecher Wirkungsgrad: 89 dB Nennimpedanz: nominal 6 Ohm, Minimum 4 Ohm Frequenzgang: 34Hz–30kHz Besonderheiten: Hybridbauweise unter Einsatz von Carbonfaserschalen, gleiche Chassis für Tief- und Mitteltöner aus isotaktischem Polypropylen, Hochtöner mit Carbon/Seidenmembran Ausführungen: 13 Standardfarben (plus 4 Racing-Farben, Aufpreis 1990 Euro) Maße (H/B/T): 119 x 22,5 x 40 cm Gewicht: 46 kg Garantie: 3 Jahre Preis: ab 27590 Euro Kontakt: IBEX AUDIO, Alfredshöhe 29, 89522 Heidenheim, Telefon 07321/25490, www.ibex-audio.de xxxx
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