Krippe des Holzbildhauers Klaus Effern

Ein fremder Mann...
Maria...
Die Hirten...
... treten im Gegensatz zu den Weisen
aufrecht an die Krippe heran.
mit nacktem Oberkörper und massig in der Erscheinung, der weder
Hirte noch Weiser ist. Woher kommt er? Wer ist er? „Diese ist vielleicht meine wichtigste Figur: Da wir sie nicht kennen, können wir
sie nicht einordnen, und wir beginnen über sie nachzudenken. Ihre
Erscheinung ist weder sympathisch noch Vertrauen erweckend.
Spüren wir Unbehagen, Angst in ihrer Gegenwart? Da diese fremde
Figur in stehender Haltung beobachtend bleibt, wissen wir nicht,
was sie macht, oder was sie will. Sie bleibt uns ein Rätsel. Die Figur
macht das Gleiche wie die restliche Gruppe: sehen und staunen,
aber bei ihr stellen wir uns die Frage: Gehört sie dazu?“
Der Künstler...
Klaus Effern lebt und arbeitet als
Holzbildhauer in Bremen und Siegsdorf.
Er war 2011 mit der Ausstellung
„Verspottung“ Kulturstipendiat der
Bremischen Evangelischen Kirche.
www.klaus-effern.de
Das Kind...
Die Weisen...
Ein Künstler baut eine Krippe
Fremde begegnen sich
Anzeigen
Eine moderne Krippe sollte es werden, die der Künstler Klaus Effern 2014
für die Hastedter Auferstehungsgemeinde schaffen sollte. Doch was ist eine
Krippe heute? „Jede Zeit braucht ihr Bild vom Menschen, jede Zeit braucht ihre
Krippendarstellungen“, sagt der Bremer Bildhauer, der sonst viel größere Plastiken
vor allem aus Holz gestaltet. Das Werk, das auch dieses Jahr an Weihnachten wieder
zu sehen sein wird, war seine bislang erste und einzige Krippe. „Neu denken“ lautete seine sich selbstgestellte Aufgabe: „Ich wollte weder in die Fallen der Tradition
noch des Konservativen tappen.“ Das passte zu den Überlegungen in der Gemeinde:
„Wir wollten nicht nach Oberammergau fahren und uns eine fertige Krippe kaufen“,
erinnert sich Pastorin Susanne Kayser. „Die Krippe sollte etwas mit der Hastedter
Welt zu tun haben und in unsere Kirche passen.“
Josef und das Jesus-Kind sind bereits an einem für sie fremden Ort.“ Den Stall von
Bethlehem sucht man in Efferns Krippe vergeblich, jegliches dekoratives Beiwerk
fehlt. „Nun kommen unbekannte, sich fremde Menschen hinzu, um das Neugeborene
anzusehen, anzubeten.“ Die Hirten, die Weisen aus dem Morgenland, sie kennen einander nicht. An der Krippe treffen sich unterschiedliche gesellschaftliche
Schichten: „Die drei Weisen aus dem Morgenland sind gelehrt, möglicherweise reich.
Sie treffen auf die Hirten, die arm und ungebildet sind.“ Nichts soll von der Beziehung
der Menschen, die sich begegnen, ablenken. Eine offene Gesellschaft versammelt sich
um die Krippe, schließt den Betrachter mit ein. Ein paar Äste deuten den Raum an,
die Figuren stehen auf dem Kirchenboden.
Eine Figur, die scheinbar nicht dazu gehört
„Krippe heißt: Menschen kommen zusammen“
Die Auftragsarbeit war zunächst ein Experiment für den Künstler, aber auch für die
Auftraggeber. „Ich wollte erkennbare Figuren mit Gesichtern schaffen, nicht zu brav,
aber auch nicht zu modern und abstrakt. Ich verehre klassische Krippendarstellungen
der alten Meister, wie zum Beispiel Leonardo da Vincis unfertiges Bild der „Anbetung
der Heiligen drei Könige.“ Die Gemeinde ließ Effern den nötigen künstlerischen
Freiraum. „Ich habe schon bei der ersten Präsentation eine generelle Offenheit
für meine Ideen gespürt, auch wenn es natürlich bestimmte Vorstellungen in der
Gemeinde gab. Das Grundvertrauen war da, man hat mich ‚machen lassen‘.“
Efferns Krippe soll ein Begegnungsort sein: „Es kommen Menschen zusammen. Maria,
16
bremer kirchenzeitung Dezember 2016 · www.kirche-bremen.de
Die Krippenfiguren von Klaus Effern sind nicht aus einem Guss, sondern Menschen
mit Brüchen, die auch im Material sichtbar sind. Eine Figur gehört nicht zur klassischen Krippengruppe: Effern hat für diesen „Fremden“ eine eigene Erklärung:
„Mir war die Szene am Schluss zu stimmig. Deshalb musste eine Figur dazu, die in
keine Schublade passt, ein Fremder. Bei allem Fremden herrschen Angst, Mißtrauen,
Argwohn. Trotzdem gehen alle, die sich an der Krippe treffen, das Risiko ein, Fremden
zu begegnen. Es ist ein Wunder, wenn all diese Menschen zusammenkommen, um ein
Neugeborenes zu betrachten. Jede Geburt gleicht einem Wunder. Hier findet ein großes
Geheimnis statt, weil die Hoffnung für die ganze Welt in diesem Kind in der Krippe liegt.“
Text: Matthias Dembski | Fotos: Matthias Dembski/ Christian Burmester
www.kirche-bremen.de · bremer kirchenzeitung Dezember 2016
17