gzpk aktuell Getreidezüchtung Peter Kunz Verein für Kulturpflanzenentwicklung Biodynamische Pflanzenzüchtung WINTER 2016 Jahresbericht Anpassung an Klimawandel und Bio-Anbau Peter Kunz In der Schweiz ist der Klimawandel deutlich stärker spürbar als weltweit. Seit 1850 ist die Temperatur um 1.8°C gestiegen, weltweit im Durchschnitt um 0.9°C. Um die Schäden in Grenzen zu halten, müsse dringend gehandelt werden. Zu diesem Schluss kommt das ProClimForum mit 70 Schweizer Klimaforscherinnen. Die Landwirtschaft ist davon besonders betroffen. Die Weizenernte ist 10 Tage früher als vor 50 Jahren und die Extreme häufiger, wie die letzten Jahre zeigen: 2015 war extrem heiss und trocken, 2016 ebenso extrem nass und kühl. Mit solchen Szenarien ist immer häufiger zu rechnen. Was bedeutet das für die Bio-Züchtung? Generell braucht der Bio-Anbau entsprechend angepasste Sorten. Aber: genügen die heutigen Anstrengungen oder sind zusätzliche Werkzeuge von Nöten, um dieser Herausforderung gerecht zu werden? Hohe Erwartungen an die Sorten Alle, die Landwirte, die Verarbeiter und auch die Konsumenten erwarten von den Kulturpflanzen möglichst stabile Ertrags- und Qualitätsleistungen. Bei der Sortenwahl für die Aussaat weiss jedoch auch der beste Praktiker nicht, ob seine Pflanzen im kommenden Jahr unter Hitze und Trockenheit oder unter Kälte und Nässe- oder womöglich kurz nacheinander sowohl unter dem einen als auch dem anderen Extrem leiden müssen. Das sollen die Pflanzen – und erst recht die biologisch gezüchteten Sorten leisten! Können sie das? Der Bio-Anbau verlangt zudem auch noch eine Anpassung an regionale und spezifische, örtliche Standort- und Vegetationsbedingungen. Diese Erwartung findet in der Bezeichnung ‚Hofsorte‘ seinen Ausdruck. Ist das der richtige Weg? Zweifellos brauchen wir Pflanzen, die zur biologischen oder biologisch-dynamischen Bewirtschaftungsform passen. Das sind Sorten, die mit den begrenzt verfügbaren Ressourcen besser umgehen können als herkömmlich gezüchtete, deren Wachstum und Reifung im konventionellen Anbau von allerlei Dünge- und Hilfsstoffen unterstützt wird. Im Betriebsorganismus, der die Grundlage des Bio-Anbaus darstellt, bilden die Kulturpflanzensorten zusammen mit den örtlichen Standortbedingungen und den agronomischen Massnahmen (Fruchtfolge, Düngung und Pflegemassnahmen) eine fein abgestimmte Ganzheit, aus der sie wachsen und gedeihen und ihre Früchte bilden. Diese Einheit ist gleichzeitig Ausgangslage und Ziel der bio logisch-dynamischen Züchtung. Veranstaltungskalender Mittwoch, 8. Februar 2017 Kultur im Labor, Feldbach Mittwoch, 8. März 2017 Kultur im Labor, Feldbach Samstag, 1. Juli 2017 Tag der offenen Zuchtgärten, GZPK, Feldbach Donnerstag, 8. Juni 2017 Bio Ackerbautag, Cournillens FR Details auf www.gzpk.ch Stabilität und Anpassungsfähigkeit In erster Linie beruht die Anpassungsleistung der Kulturpflanzen auf ihrem Umgang mit den Umweltbedingungen während der vegetativen Wachstumsphase. Dies ist vor allem für die Ertragsleistung wichtig. In der darauf folgenden Fruchtbildungs- und Ausreifungsphase, die hauptsächlich mit der Qualitätsbildung verbunden ist, sollen sich die Pflanzen hingegen von den Umweltbedingungen nur gering beeinflussen lassen. Bei stabilen Sorten wird sich die Anpassung von einer auf die nächste Generation nicht verändern: Von der Sorte WIWA wird auch heute, 15 Jahre nach ihrer offiziellen Anmeldung, immer noch die gleiche Stabilität erwartet wie 2001. Eine Anpassung der Sorten an klimatische Veränderungen und Witterungsextreme ist also nur insofern erwünscht, als dadurch die Ertrags- und Qualitätsleistungen besser gesichert werden können. Bei vielen Sorteneigenschaften, wie bei der Auswuchsfestigkeit, beim Protein-, beim Zucker- oder beim Ölgehalt der Früchte, ist eine Anpassung grundsätzlich unerwünscht. Vielfach besteht der Zuchtfortschritt gerade darin, die Kulturpflanzen von widerwärtigen Witterungsbedingungen relativ unabhängig zu machen. Je nach Eigenschaft meint Anpassung etwas anderes. Ein Pauschalurteil ist fehl am Platz. Der Beitrag jeder einzelnen Eigenschaft zur Ertrags- und Qualitätssicherung muss separat untersucht werden. muss oft bereits ab Mai bewässert werden, damit die Bestände nicht komplett zusammenbrechen und vertrocknen. In Feldbach wachsen die Pflanzen selbst im trockensten Sommer stark. Somit müssen die GZPK-Sortenkandidaten schon in normalen Jahren mit extremen Witterungsbedingungen umgehen. Der Standort wird als Ganzheit wirksam und die Fähigkeit der Sorte damit umzugehen, in die Bewertung integriert. Jedes Jahr werden nur jene weitergeführt, die starkwüchsig sind und zugleich eine gute Kornausbildung zeigen. Sie müssen sich an beiden Orten als überdurchschnittlich erweisen. Nur so ist gewährleistet, dass sie sich künftig unter Extrembedingungen stabil verhalten und mit den begrenzt verfügbaren Ressourcen im Bio-Anbau effizient umgehen können. Dieses strenge Vorgehen hat sich – wie die Resultate der beiden letzten Jahre deutlich demonstrieren – sehr bewährt. Aber es muss in den nächsten Jahren noch weiter ausgebaut und verfeinert werden! Wenn bei der Züchtung nicht nur der Masseertrag, sondern die stabile Qualitätsleistung höchste Priorität hat, können immer wieder neue Zuchtfortschritte und damit auch eine Anpassung der Pflanzen an den Klimawandels erzielt werden. Das Pflanzenwachstum kennt eine unendlich grosse Vielfalt an Wegen, zu diesem Ziel zu kommen. Die grosse Herausforderung für die Züchterinnen und Züchter ist, diese Vielfalt im Zuchtgarten zu sehen, die effektiven Anpassungsleistungen zu erkennen und darauf basierend, die richtigen Selektionsentscheidungen zu treffen. Kommen wir jetzt nochmals zurück auf die eingangs gestellten Fragen, so zeigt sich ‚Anpassung‘ als ein fein gegliedertes Netzwerk von Zusammenhängen in dem Umfeld, in dem die Pflanzen leben und die das Wachstum und das Gedeihen der Pflanzen beeinflussen können. Eine Verbesserung der Anpassung besteht darin, die Pflanzen zu befähigen, mit hemmenden und fördernden Einflüssen besser umgehen zu können. Natürliche Selektion und Anpassung Häufig wird von der natürlichen Selektion ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Sorten erwartet. Die Natur ‚ „werde es schon richten“. Da gilt es zu bedenken, dass natürliche Selektion immer ‚survival of the fittest‘ heisst: Die Typen mit der grössten Anzahl Nachkommen breiten sich am stärksten aus. Natürliche Selektion fördert immer die Reproduktivsten, aber stets auf Kosten der Frucht- und oft auch auf Kosten der Qualitätsbildung. Das gilt für Liniensorten genauso wie für Multi-Liniensorten, für heterogene Populationen und für Hybridsorten. Die Züchter haben deshalb immer in einem gewissen Masse gegen die Reproduktion zu selektieren: das sind der Anzahl nach weniger, dafür besser ausgebildete Früchte oder Samen. Denn die beste Qualität entsteht im Gleichgewicht von Reproduktion und Fruchtbildung. Eine gute Sorte wird als zuverlässig bezeichnet, weil sie dieses Gleichgewicht stabil zu halten vermag. Wenn dies so ist, wird sie über viele Jahre für die Anbauer und die Verarbeiter und Konsumenten zufriedenstellende Ergebnisse bringen. Fonds für Kulturpflanzenentwicklung Aktuelle Projekte Der Fonds beteiligte sich 2016 an dem Hof Gasswies im Klettgau. In mehreren Strategie-Workshops wurde an der Weiterentwicklung des Hofes gearbeitet. Im Frühjahr 2017 erscheint zum Projekt „Saatgut und Gemeinnützigkeit“ unter Mitwirkung von Peter Kunz und Ueli Hurter eine Publikation. Der Fonds wird sich 2017 zudem an der Gründung einer italienischen Stiftung für biologisch-dynamsiche Pflanzenzüchtung beteiligen. Züchtung auf Anpassungsfähigkeit Wie erfolgt nun in der GZPK die gezielte Züchtung auf hohe Anpassungsfähigkeit? Wichtig ist, dass die zukünftigen Sorten unter sehr unterschiedlichen, ja sogar gegensätzlichen Wachstumsbedingungen angebaut und geprüft werden. Weil die Anpassungsleistung hauptsächlich während der vegetativen Wachstumsperiode erfolgt, müssen sich die Prüfstandorte vor allem im Verlauf der vegetativen Phase unterscheiden. Ein futterwüchsiger Standort mit konstant guter Wasserversorgung fördert das vegetative Wachstum: Viel Stroh und relativ geringer Kornertrag ist die Folge. Demgegenüber wird an einem trocken-warmen Standort mit sandigem Boden vorwiegend die generative Phase und die Kornausbildung gefördert: Der Strohertrag ist geringer, dafür sind die Körner gut ausgebildet, sofern der Wassermangel nicht zu gross ist. Solche Extremstandorte werden in der GZPK durch Feldbach und Rheinau repräsentiert. In Rheinau GZPK aktuell | Winter 2016 Spenden und Legate Die Stiftung ist gemeinnützig anerkannt, das heisst: Spenden sind steuerabzugsberechtigt. Mit einem Legat helfen Sie mit, die Entwicklungsbedingungen der biodynamischen Züchtung langfristig zu sichern und zu verbessern. Die Fragen um Vermächtnis und Testament sind oft komplex, auf Ihren Wunsch vermitteln wir Ihnen gerne eine unabhängige und kompetente Fachperson Mehr Infos unter: www.kulturpflanze.ch oder Telefon +41 55 264 17 88 IBAN: CH16 0900 000 8508 8444 0 Swift: POFICHBEXXX 2 Ein Organ für die Züchtung in Italien Die bioligisch-dynamische Hartweizenzüchtung in Italien braucht eine langfristige Perspektive, denn diese Kulturpflanze ist viel zu wichtig und kann nicht nebenbei und aus der Ferne bearbeitet werden. Deshalb soll Anfang 2017 eine gemeinnützige Stiftung für die biodynamische Züchtung in Italien gegründet werden. Die Bio-Züchtung und die Verwendung von biogezüchteten Sorten ist im ganzen Mittelmeerraum kaum thematisiert. Für die Entwicklung einer nachhaltigen Landwirtschaft in diesem Kulturraum sind passende Sorten von zentraler Bedeutung. Da wollen wir unsere langjährig erworbene Kompetenz einfliessen lassen. Italienische Landwirte haben in den letzten Jahren mit den GZPK-Weizensorten sehr gute Erfahrungen gemacht. Deshalb können wir auf die Unterstützung vieler Partner zählen. Für die Gründung und das Startkapital in Italien suchen wir weitere Gönnerinnen und Gönner, die die Initiative unterstützen wollen. Hartweizen Peter Kunz, Salvatore Iapichella Die auf drei Jahre veranschlagte Prüfung von 55 Sortenkandidaten in den vier Regionen Marche, Molise, Apulien und Sizilien zeigte trotz schwieriger Witterungsbedingungen sehr schöne Ergebnisse und stiess bei den Partnern (EcorNaturasi, Girolomoni, Fattoria di Vaira, Uni Palermo und CRA Foggia), den interessierten und den beteiligten Landwirten auf ein erfreuliches Echo. Anhand der visuellen Beurteilung der Pflanzen und der Beschaffenheit der geernteten Körner wurden in einem ersten Selektionsschritt 11 Favoriten ausgewählt, die überdurchschnittlich gut abgeschnitten haben und die jetzt zusammen mit vier Standardsorten und 15 neuen Hartweizenstämmen der Uni Palermo und vom CREA Foggia für das zweite Prüfjahr ausgesät wurden. Gleichzeitig stehen neu auch Emmer, Weichweizen, Triticale und Dinkel aus den laufenden GZPK-Projekten, die sich möglicherweise für den Anbau in Italien eignen, in dem Versuch. Wenn es gut läuft, können wir in einem Jahr bereits über Sortenkandidaten berichten. Im Winter werden weitere Qualitätsuntersuchungen zur Teigwarenherstellung und Backfähigkeit durchgeführt, denn im Süden wird der Hartweizen oft auch als Brot konsumiert. GZPK aktuell | Winter 2016 SKSML.11 - frühreifer Wechseldinkel (links), Zuchtgarten Feldbach Dinkel Catherine Cuendet, Franca dell‘Avo Mut zur Vielfalt Es gibt Bewegung im Dinkelmarkt. Jährlich werden neue Sorten zugelassen, so viele wie noch nie in der Dinkel-Züchtungsgeschichte. Warum? Der Dinkelmarkt erlebt wieder einen neuen Aufschwung. Nachfrage und Preise steigen, und mit den Kurzstrohsorten aus der konventionellen Züchtung lassen sich Höchsterträge erreichen. Das lockt auch andere Saatzuchtunternehmen bei der Landessaatzuchtanstalt Hohenheim Linien einzukaufen und in die offizielle Prüfung zu stellen, bei vergleichsweise geringem Aufwand. Die Anforderungen an die Sorten, mit klimatischen Bedingungen, Frühzeitigkeit, Winterfestigkeit und Pflanzengesundheit zurechtzukommen, werden immer diverser, da Dinkel vermehrt auch in Ländern ohne Dinkeltradition angebaut wird und sich auch dort bewähren muss. Gleichzeitig öffnet sich eine Schere, zum einen die Nachfrage nach Intensiv-Sorten und und zum anderen nach Extensiv-Sorten im Stil alter Landsorten mit geringer Standfestigkeit. Der erste Sortentyp wird von Landwirten, die mehr die Ertragsleistung im Fokus haben, nachgefragt, der zweite eher von traditionsorientierten Landwirten und Verarbeitern. Beide Richtungen neigen dazu, den Dinkel auf ein Bild zu fixieren, welches wenig Spielraum lässt. Die Schere öffnet sich auch bei der Qualität. Die Wünsche der Verarbeiter gehen von dinkeltypischen weichen Teigen bis hin zu Qualitäten in der Art des Weizens. An allen Ecken und Enden wird an der Kulturpflanze Dinkel gezerrt. Gleichzeitig finden klimatische Veränderungen statt und es stehen neue Züchtungstechniken zur Verfügung, welche die Pflanzen zum Baukasten degradieren und letztendlich ist das Getreide als solches in Verruf geraten, ausgehend von zunehmenden Unverträglichkeiten. Wir sehen die Bewegungen im Dinkelmarkt als Chance für die Kulturpflanze. Es gilt, mehr Vielfalt auf die Äcker zu bringen. Auch beim Dinkel ist eine grosse Vielfalt möglich. Doch die Kulturpflanze zeigt sie uns nicht, weil ein sehr grosser Teil verloren ging im vergangenen Jahrhundert, als der Dinkel fast ganz aus dem Anbau verschwunden war. Die Vielfalt muss wieder neu entstehen können durch die Züchtung. Aber wir dürfen sie nicht gleich wieder mit unseren fixen Vorstellungen, was und wie Dinkel sein soll, einschränken. Sonst haben wir in ein paar Jahren die gleiche Einfalt wie bei den Bananen! Acht GZPK-Sortenkandidaten haben das erste offizielle Prüfjahr durchlaufen. Die Zwischenergebnisse sind fast durchwegs positiv. So erreichte ZAL.12 die höchste Punktzahl von den 16 neu geprüften Kandidaten und MULELL.1 die zweithöchste. Bei letzterem wurde jedoch die Blattflecken-Anfälligkeit kritisch eingestuft. Dennoch haben wir MULELL.1 in das 2. Prüfjahr geschickt, da er in der Summe seiner Eigenschaften überzeugt und sehr frühreif ist. Auch im Landessortenversuch in Crailsheim-Beuerlbach erreichten ZAL.12 und PSZS.12 die besten Erträge von allen geprüften Sorten, obwohl unser primäres Zuchtziel nicht Höchsterträge sind. Zwei Kandidaten haben wir wegen Mängeln zurückgezogen. SKSAML.11 geht als Wechseldinkel in das 2. Prüfjahr; er begeisterte alle Besucher mit seiner wunderschönen, leuchtenden Reifefarbe. Mit diesen und künftigen Sortenkandidaten möchten wir die Mitte zwischen den Landsorten und kurzen Intensiv-Typen beleben und einen Spielraum öffnen, in dem Vielfalt ihren Platz hat, um die diversen Ansprüche in den europäischen Ländern abzudecken. 3 Weizen Backqualitätsbestimmung an kleinsten Probemengen Die Verarbeiter stellen sehr hohe Anforderungen an die Bio-Weizensorten. Gleichbleibend hohe Qualität über mehrere Ernteperioden ist gefragt. 70% des inländischen Bioweizens wird in Grossbäckereien von Coop und Migros verarbeitet und die kleineren Bäcker haben meistens dieselben Bedürfnisse. Sowohl in der Schweiz als auch im Ausland werden die hervorragenden Verarbeitungseigenschaften der GZPK-Sorten zunehmend zum Markenzeichen. Um diese Eigenschaften möglichst früh im Züchtungsablauf festzustellen, sind Analysemethoden mit kleinsten Probemengen nötig. Aber alle bisherigen Schnellmethoden sind nur grobe und unsichere Annäherungen. Zuverlässig können sie nur mit einem Backversuch vorausgesagt werden, denn die Verarbeitungsqualität ist eine hochkomplexe Eigenschaft. Dazu wurde im Sommer 2015 ein Minibackversuch entwickelt und im Winter 2015/16 mit einem Set von 33 Sorten evaluiert. Aus 100g Mehl werden 2 mal 3 Brötchen à 25 Gramm mit Stückgaren von 30, 45 und 60 Minuten gebacken und hinsichtlich Brotvolumen, Porung, Krume, Kruste, sowie Form und Stand beurteilt. Die Auswertung ergab eine sichere Reproduzierbarkeit. Gleichzeitig wird ein Optimierungspotential unabhängig vom Rohproteingehalt sichtbar: die erwartete Verbesserung der N-Effizienz in der Verarbeitung. Eine exakte Voraussage der Backqualität verspricht auch das Extensogramm, wozu aber normalerweise 300g Mehl und drei Stunden Analysezeit pro Probe benötigt werden, viel zuviel für die Züchtung. Mit dem in der GZPK neu angeschafften Mikro-Extensographen lässt sich die gleiche Untersuchung mit nur 4g Mehl in 20 Minuten durchführen. Damit können wir die Backqualität schon bei frühen Zuchtstämmen sehr präzise erfassen und dadurch strenger selektieren. Der Zuchtprozess wird damit verschlankt und es lassen sich Zuchtlinien identifizieren, die trotz geringerem Proteingehalt die erforderlichen Backeigenschaften besitzen. Längerfristig können mit Hilfe von Mikrobackversuch und Mikro-Extensogramm auch spezifische Produktentwicklungen für solche stickstoffeffizienten Weizensorten erfolgen. Damit wird ein sparsamerer Umgang mit der wertvollen Ressource Stickstoff nicht nur im Anbau, sondern auch auf den nachfolgenden Stufen der Wertschöpfungskette realisierbar. Stickstoff als essentielles Element für das Pflanzenwachstum ist in der Biolandwirtschaft immer Mangelware. Für die konventionelle Landwirtschaft wird er als Mineraldünger industriell hergestellt und führt nebst hohem Energieverbrauch zu immensen Umwelt- und Trinkwasserbelastungen. Michael Locher, Nicole Bischofberger Ertrags- und Qualitätsstabilität in schwierigen Jahren dank strenger Kornselektion Das Getreidejahr war geprägt vom milden Winter, vom regenreichen Mai/Juni und vom heiss-trockenen Juli. Der äusserst kühle Frühsommer mit der daraus folgenden verminderten Ährchenbildung und Kornfüllung führten zu kleinen, oft unansehnlichen Körnern, zu schwachen Erträgen, extrem tiefen Hektolitergewichten sowie hohen Protein- und Zelenywerten. In vielen Fällen mussten die Landwirte Abzüge in Kauf nehmen. Auch die Müller und Bäcker stehen nun vor grossen Herausforderungen bei der Verarbeitung der Ernte. In diesem Extremjahr konnten die GZPK-Sorten und -kandidaten den Vorteil ihrer Robustheit deutlich zeigen, sowohl bei den Getreideannahmestellen, als auch bei der Saatgutvermehrung und bei den offiziellen Sortenprüfungen der Schweiz, Deutschland und Frankreich. Im Vergleich zu den konventionell gezüchteten waren die Verluste beim Ertrag und vor allem bei den Hektolitergewichten deutlich geringer. Auch beim Befall mit Fusariumpilzen zeichneten sich die GZPK-Sorten positiv aus. Der Gehalt an hochgiftigen Mykotoxinen (DON) lag weit unter dem Durchschnitt (siehe Abbildung). DON-Gehalt im Verhältnis zum Hektolitergewicht GZPK-Sorten im Vergleich 12 DON-Wert [mg/kg] 10 8 6 POESIE 4 ASZITA 2 ROYAL PIZZA WIWA 0 71 73 75 77 79 81 83 Hektolitergewicht [kg/HL] Abbildung: DON-Gehalte (Deoxynivalenol) im Verhältnis zum Hektolitergewicht; Auswertung 2016 der offiziellen Öko-Sortenprüfung Crailsheim-Beuerlbach, Deutschland. GZPK-Sorten sind grün markiert. Woher kommt dieser frappante Unterschied? Neben Blatt- und Ährengesundheit, Ertrag und Qualität sind in der biologischen Pflanzenzüchtung zusätzliche Eigenschaften ausschlaggebend. Beispielsweise zeigen allzu kurzhalmige Pflanzen selten die gewünschte natürliche langsame und intensive Abreifung, die Voraussetzung für gesunde und schön ausgefüllte Körner ist. Entsprechend streng muss bereits auf dem Feld selektiert werden. In diesem klimatisch extremen Jahr hat sich wieder gezeigt, dass sich die aufwändige Kornselektion lohnt. Die Ergebnisse im Jahr 2016 können als Hinweis verstanden werden, dass die biogezüchteten Sorten im Vergleich zu konventionellen bei schwierigen Umwelteinflüssen tatsächlich anpassungsfähiger sind. GZPK aktuell | Winter 2016 Abbildung: Kornausbildung 2016; GZPK-Sorte ROYAL links, konventionelle Sorte rechts. Unterschiede in Kornfüllung, Farbe, Beschaffenheit. 4 Weizen: Sortenergebnisse und Aussichten • Beide GZPK-Kandidaten haben im ersten Jahr der Agroscope Haupt- und Bioversuche mit hohen Erträgen bei durchschnittlichen (ZISCA.5) bis sehr guten (TASCA.5) Qualitäten ab geschlossen. • Erneut wurden zwei neue Kandidaten angemeldet: PESI.3011 ist ein Stickstoffeffizienz-Typ, ASSC.3685 ein TOP-Sorten-Kandidat. • Aufgrund der zunehmenden Nachfrage von Extenso-Landwirten nach unseren Sorten wird ROYAL für die Swiss Granum Prüfung angemeldet und WIWA – nach dessen Nichtberücksichtigung im Jahr 2014 – nochmals für die Extenso Sortenliste empfohlen. • PIZZA wird nach zwei sehr guten Jahren im FiBL Streifenversuch grossflächig vermehrt und bietet den Landwirten und Verarbeitern eine zuverlässige Alternative zu WIWA. • Die neue N-effiziente Sorte ROYAL findet in Deutschland und Frankreich hohen Zuspruch und wird dort vermehrt. Saatgut steht ab nächstem Herbst zur Verfügung. Emmer Franca dell‘Avo Das grosse Interesse von Landwirtinnen und Landwirten an neuen, gesunden Emmersorten zeigt die Notwendigkeit des seit 2016 vom Bund unterstützten NAP-PGREL Emmer-Projektes. Erste Kreuzungen wurden als Grundstock für die weitere Züchtung angelegt. Zudem konnte eine gelbrostresistente Winter-Emmerlinie unter dem Namen SEPHORA angemeldet werden. Es handelt sich dabei um eine Züchtung aus einem Bulk verschiedener Emmerstämme, die in den letzten Jahren von Catherine Cuendet in Darmstadt selektiert wurden. SEPHORA ist sehr gesund auf Blatt und Ähre, hat einen eher langen, biegsamen Stängel, leuchtet in einem intensiven grün während der Vegetation und reift dann braun ab. Die Erträge sind gut, sowie auch die Standfestigkeit und die Gesundheit. GZPK aktuell | Winter 2016 Züchtungsarbeit an Hartweizen, Feldbach Triticale Cora Schibli, Benedikt Haug Weichen für Doppelnutzung gestellt Die strenge Selektion der letzten Jahre auf Gelbrostresistenz und gute Bio-Eignung macht sich bemerkbar: Die späteren Zuchtstufen haben mittlerweile einen um ca. 30-40% verringerten Umfang – die Triticale-Züchtung hat an Effizienz gewonnen. Zwei neue Sortenkandidaten (GZPK40.7 und GZPK127.7) wurden für den Sortenkatalog angemeldet, zwei mittellange Typen mit hohem Ertragspotential, Abkömmlinge aus dem Zuchtmaterial von Agroscope, das wir vor 5 Jahren übernommen haben. Der auf Doppelnutzung (Futter- und Backgetreide) ausgelegte Zuchtstamm MPP.12 hat den Sortenschutz erhalten. Die Zulassung der Sorte steht noch aus. Um die Backeigenschaften von Triticale besser kennenzulernen, wurde mit dem Institut für Getreideverarbeitung (IGV) in Potsdam ein Backmethodenvergleich durchgeführt. Für die Versuche wurde der GZPK Zuchtstamm MPP.12 verwendet. Beim Vergleich wurden folgende Einflüsse untersucht: Ausmahlungsgrad, Mehlmischung, Stückgare, Ansäuerung, Anteil Hefe und Brotform. Dabei hat sich herausgestellt, dass Brote in Kastenform mit einer Normalgare, unabhängig vom Vollkornmehlanteil, die besten Backqualitäten erreichen. Die geschmacksbildenden und wertvollen Bestandteile der Schale, die bei einem Typenmehl verloren gehen, können in Broten mit hohem Vollkornanteil ihre Wirkung entfalten. Pionierarbeit in der Viskositäts-Forschung Neben der Entwicklung von backfähigen Sorten, leistet GZPK auch bei der Futtertriticale Pionierarbeit. In der konventionellen Futtergetreide-Züchtung spielt die Viskosität keine Rolle, weil sie in der Futtermischung mit der Zugabe von synthetischen Enzymen gesteuert wird. Aus diesem Grunde waren bis anhin viele Sorten für Biogeflügelfutter völlig ungeeignet. Die Viskosität sollte unter anderem aus stallhygienischen Gründen verringert werden. Die mehrjährigen Analysen in Zusammenarbeit mit Agroscope Changins zeigten, dass die Viskosität sehr umweltstabil vererbt wird. Was bisher fehlte, war ein einfacher und kostengünstiger Schnelltest. In einer kreativen Nachtaktion wurde die Schnelltest-Idee erprobt und verwirklicht: Aus Wasser und Vollkornmehl wird eine Kugel zwischen den Fingern gerollt. Je klebriger das Fingergefühl ist, desto höher die Viskositätsnote. Berücksichtigt man zusätzlich den Proteingehalt der Probe, ergibt sich eine brauchbare Korrelation zwischen den „erspürten“ und den gemessenen Labordaten. Dieses Verfahren erlaubt eine Negativselektion in frühen Zuchtstufen – genau das, was wir dringend benötigen! Der Test wurde an der diesjährigen Ernte erstmals zur Selektion eingesetzt und erwies sich als personenunabhängig replizierbar. Die Reduktion der Viskosität soll jedoch mit Bedacht erfolgen, denn diese löslichen Ballaststoffe, die Pentosane, können auch erwünscht sein. Es braucht ein vertieftes Verständnis von deren Funktionen im Wachstum und in der Ausreifung des Korns im Hinblick auf einen positiven Gesundheitswert. Auch auf die Backeignung haben die Pentosane Einfluss. Deshalb wird die Zusammenarbeit mit dem IGV in Potsdam fortgesetzt. Da andere Getreidearten ebenfalls grosse Viskositätsunterschiede aufweisen, könnten die Weizen- und Dinkelprojekte von diesen Arbeiten profitieren. 5 Mais tigkeit, Blatt-, Stengel- und Kolbengesundheit, Wüchsigkeit und Frühreife) und gleichzeitig mit der Lichttischmethode kombiniert mit NIRS auf die erwünschte Qualität selektiert werden. Die 200 besten Inzuchtlinien-Selbstungskolben aus 2015 wurden zu einer weiteren Selbstung angebaut. Mit den besten Linien wurden wiederum bereits erste Testkreuzungen durchgeführt. Die ersten zwei HQ-Testpopulationen – entstanden aus den Kreuzungen im Jahr 2015 – wuchsen ebenfalls in Feldbach. Nach strenger Selektion im Feld und im Labor wurden von jedem ausgewählten Kolben einige Körner für eine Vermehrung im Winterzuchtgarten nach Sizilien geschickt. Die in Sizilien geernteten Kolben kommen im nächsten Frühjahr wieder zu uns zurück, werden einzeln gedroschen, wiederum analysiert und ausgelesen. Die verbleibenden Elite-Körner werden dann 2017 in einer Isolierparzelle in Feldbach angebaut und auf gute agronomische Eigenschaften im Feld ausgelesen. Das Ziel ist, nach einem weiteren Vermehrungszyklus, im Winterzuchtgarten 2018, genügend Erntegut für einen ersten Geflügel-Fütterungsversuch zu Verfügung zu haben, um zu überprüfen, wie sich die HQ-Eigenschaften auf die Tiere auswirken. Stefanie Rost, Peter Kunz Die schweren Regenfälle im Frühjahr führten beim Mais zu verzögertem Auflaufen. Später war die Befahrbarkeit für die Beikrautregulierung stark eingeschränkt. Letzteres hatte zur Folge, dass der Mais im Jugendstadium gegen die schneller wachsenden Unkräuter konkurrieren musste. Dies ermöglicht eine Auslese auf Konkurrenzfähigkeit, führt aber zu unregelmässgen Beständen. In der Blütezeit im Juli gab es wiederholt starke Niederschläge, was die Handbestäubungen erschwerte: Bei Regen wird der Pollen klumpig und klebt an den Tüten. Die separat angelegte Resistenzprüfung musste aufgegeben werden, weil die Maispflanzen in ihrer Entwicklung zu stark gebremst waren und die Versuchsauswertung keinen Erfolg versprach. Populationssorten Ausser in Entwicklungsländern sind die heutigen Maissorten fast ausschliesslich Hybriden, was im Biolandbau kontrovers diskutiert wird, dass die Landwirte jedes Jahr neues Saatgut kaufen müssen. Deshalb ist es dringend notwendig, nachbaufähige Sorten zu entwickeln. Damit kann der Zugang zu hochwertigem gentechnisch unverändertem Zuchtmaterial für die Zukunft sichergestellt werden und gleichzeitig kann die Abhängigkeit von den grossen Saatgutfirmen verringert werden. Der Schwerpunkt liegt beim Aufbau und der Pflege einer mitteleuropäischen Basispopulation für Silo- und Körnermais und die Entwicklung von anbauwürdigen Populationssorten. Dazu wird der Feldbacher OPM.12 jährlich selektiert und weitergeführt. Die bisherige Mais-Sorten-Empfehlung für den Bioanbau vom FiBL beruht auf der konventionellen Sortenbewertung (swissgranum) oder direkt von den Züchtern. Das soll sich ändern: 2017 wird erstmals eine Leistungsprüfung unter Biobedingungen durchgeführt. Die Ergebnisse werden dann vom FiBL in einer Sortenempfehlung zusammengefasst. Die GZPK stellt einen der Prüfstandorte und lässt den OPM.12 unter diesen Bedingungen prüfen. Erfreuliche Ergebnisse kamen auch aus Frankreich: OPM.12 stand wiederholt in den Sortenversuchen von AgroBio Périgord und war mit Abstand die leistungsstärkste und gesündeste Population im Vergleich zu den regionalen Populationen. Körnerleguminosen Agata Leska, Simon Dörr Mit den hohen Niederschlägen war 2016 kein guter Erbsensommer. Die diesjährigen Erträge (25 - 40 dt/ha) liegen deutlich unter dem mehrjährigen Durchschnitt von 50 - 65 dt/ha, weil viele Sorten ins Lager gingen und zu geringen Hülsenansatz brachten. Auch die Proteingehalte lassen zu wünschen übrig. Ausserdem wurde an allen vier Standorten ein sehr starker Befall mit dem Ascochyta-Komplex festgestellt. Wie in den letzten Jahren hat der Befall mit Blattrandund Samenkäfer erneut zugenommen. Erfreulicherweise zeigten gewisse Linien eine deutliche Widerstandskraft. Wir gehen davon aus, dass der Befallsgrad mit der Kornfarbe der Erbsen zu tun hat. Um die Vermutung zu überprüfen, werden nächstes Jahr Versuche mit ausgewählten Linien angelegt. Ab 2017 wird gemeinsam mit dem FiBL Schweiz ein Projekt zum Anbau und zur Züchtung weisser Lupinen lanciert. GZPK Körnerleguminosentag Im Mittelpunkt des diesjährigen Körnerleguminosentages, vom 2. Juni, am Strickhof in Lindau, stand der Mischanbau von Körnerleguminosen (Erbsen, Lupinen und Linsen) mit Getreide. Die 20 Sorten aus Polen, Tschechien, Deutschland und der Schweiz, die wir präsentierten, stiessen bei den rund 60 Teilnehmern auf reges Interesse. Das Getreide als Mischungspartner soll das Beikraut unterdrücken, den Leguminosen als Stützfrucht dienen und so die Ernte erleichtern. Proteinmais Kollegen aus den USA konnten zeigen, dass mit HQ-Mais auf Sojazusatz und auf den Zusatz synthetischer Aminosäuren verzichtet werden kann. Gewisse Aminosäuren sind essentiell für alle Monogastrier. Bei Mangel kommt es zum Kanibalismus (Federpicken bei Hühnern oder Schwanzbeissen bei Schweinen). Ziel beim High Quality (HQ) Maisprojekt sind deshalb Sorten mit hoher Protein- und Methionin-Gesamtleistung für die menschliche Ernährung und die Geflügelfütterung. Damit soll die innerbetriebliche, die inländische und/oder die europäische Eiweissversorgung verbessert werden. Um stabile Sorten aufbauen zu können, müssen die aus exotischen Linien stammenden Eigenschaften erst in den an das hiesige Klima angepassten Pflanzen fixiert werden. Das geht nur über Kreuzung und anschliessende Selbstung, denn in einer Population würden sich diese speziellen Eigenschaften zu rasch wieder verlieren. Diese Inzuchtlinien können streng auf ihre agronomische Eignung (StandfesGZPK aktuell | Winter 2016 Wintererbsen Die Prüfung der Wintererbsenstämme aus der Erbsenzüchtung Darzau, in Mischkultur mit Triticale, wurde mit Unterstützung von Bio Suisse an zwei Standorten durchgeführt. Der milde Winter liess keine Aussagen über die Winterhärte und damit keine Selektion von Sortenkandidaten zu. Die feuchte Frühlings- und Frühsommerwitterung brachte optimale Bedingungen für die Brennfleckenkrankheit mit sich, die sich – begünstigt durch ins Lager gegangene Mischbestände – im ganzen Versuch ausbreitete. 6 Sommererbsen Das gesamte GZPK-Zuchtprogramm ist um zwei neue Standorte erweitert worden. Am Standort Lindau ZH wurden die 20 neuesten europäischen Sorten und 4 eigene Sorten-Kandidaten geprüft. Die Staunässe hat die Erbsenentwicklung sehr benachteiligt und es wurde ein starker Fusarium-Befall beobachtet. Eine Ernte des Versuchs war nicht möglich. Auch am neuen Standort Uster haben die Erbsen unter der Staunässe gelitten, was zu Sauerstoffmangel führt. Dies wiederum verhindert die Ansiedlung von Knöllchenbakterien und infolgedessen die Stickstoff-Fixierung. Deshalb waren die Sommererbsenbestände teilweise schlecht entwickelt. Trotzdem konnten hier 120 Einzelpflanzen selektiert werden. Insgesamt konnten 570 Einzelpflanzen zur Wintervermehrung in Sizilien ausgesät werden. Ewiger Erbsenanbau: Resistenz gegen Bodenmüdigkeit Der ewige Erbsenanbau geht in die nächste Phase: In Zusammenarbeit mit dem FiBL Schweiz prüfen wir rund 100 Linien und Sorten auf die Resistenz gegen Bodenmüdigkeit. Linien und Sorten, die den Test im Gewächshaus bestehen, werden im Frühjahr 2017 auf dem Feld ausgesät. Dieses Feld wird über die nächsten Jahre durch GZPK und FiBL als Erbsenmonokultur bewirtschaftet. Sonnenblumen Herbert Völkle, Charlotte Aichholz 2016 wurden beide Sonnenblumen-Populationen auf unverzweigte Pflanzen selektiert und nur wüchsige Pflanzen ausgewählt. Bisher wurden die Sonnenblumen vorgezogen und gepflanzt, neu konnte auf maschinelle Direktsaat umgestellt werden. Die Pflanzen wachsen dadurch unter praxisnahen Bedingungen und können bereits im Jungpflanzenstadium auf Gesundheit und Wuchskraft selektiert werden. Die Selektion und die Bestäubung mit Hummelvölkern findet in Netztunneln der Sativa Rheinau statt, um das Einstäuben von Fremdpollen durch Insekten und Vogelfrass zu verhindern. Neue künftige Aufgabenstellungen sind das Gleichgewicht zwischen Frühreife und Ertrag sowie zwischen Sterilität und Fertilität. Phytopathologie: Brand und Fusarium im Fokus Verena Weyermann Im und rund um unseren Brandzuchtgarten hat sich einiges getan: In einer gemeinsamen Team-Aktion wurde dieser im Herbst 2015 erfolgreich von Hand gesät. Mit der Aussaat von Hand verhindern wir die Kontamination der Sämaschine mit Stinkbrand (Tilletia caries) und das Risiko, die Krankheit in die anderen Zuchtgärten zu verschleppen. Nach der Weizenblüte kamen unsere neuen Tunnelbögen für den Vogelschutz zum Einsatz. So schnell und einfach wurden die Vogelschutznetze noch nie aufgebaut. Zudem sind sie robust und beständig gegen Wind und Wetter. Die Integration der brandresistenten Weizen-Linien aus dem abseits geführten Brandzuchtgarten in den herkömmlichen Züchtungsprozess ist auf gutem Weg und wird laufend optimiert. Die vielversprechendsten Linien wurden bereits wieder eingekreuzt. Neu wurden auch brandresistente Dinkellinien aus dem Brandzuchtgarten für die weitere Züchtungsarbeit bei Catherine Cuendet in Darmstadt ausgelesen. Fusariumbefall bei Mais Fusarium Das nasse Wetter begünstigte diesen Frühling und Sommer das Pilzwachstum: Die Voraussetzungen für die verschiedenen Fusarium-Arten waren perfekt. Fusariumpilze kommen natürlich im Boden vor und sind wichtig für die Abbauprozesse von Pflanzenmaterial. Nur einige wenige der Fusarium-Arten sind Schadpilze, die für Ertragsverluste bei sämtlichen Getreidearten und dem Mais verantwortlich sind. Die durch die Pilze gebildeten Mykotoxine sind deren natürliche Stoffwechselprodukte und können zu erheblichen Qualitätsverlusten führen. Sie sind schädlich für Mensch und Tier. Besonders Schweine zeigen eine hohe Empfindlichkeit gegenüber diesen Toxinen. Fusarium überwintert auf Maisstoppeln und Getreideernterückständen und gelangt im Frühjahr bei warmem, feuchtem Wetter mit Hilfe der Regentropfen vom Boden auf die Pflanzen. Damit die Fusarium-Anfälligkeit als zuverlässiges Selektionskriterium ins Mais-Zuchtprogramm aufgenommen werden kann, haben wir in diesem Sommer zwei Methoden für die künstliche Fusarium-Infektion von Maiskolben getestet. Bei der einen Methode wurde der Pilz als Sporensuspension mit einer Spritze über den Seidenkanal in die Kolben injiziert. Bei der anderen Methode wurde der Kolben mit einem zuvor in Sporensuspension eingelegten Zahnstocher eingestochen. Beide Methoden führten zu einer Infektion. Die Befallsstärke war bei der Zahnstocher-Methode stärker und die Handhabung einfacher. GZPK aktuell | Winter 2016 7 Healthy Minor Cereals Im Rahmen des EU-Projektes Healthy Minor Cereals (HMC) wurden 80 Dinkelsorten künstlich mit Fusarium inokuliert und entsprechend bonitiert. Die Fusarium-Bonitur im Feld korreliert jedoch nicht immer mit den im Labor gemessenen Toxingehalten an Deoxynivalenol (DON). Die 80 Dinkelsorten werden diesen Winter deshalb zusätzlich am Crop Research Institute in Prag auf den Mykotoxin-Gehalt mittels ELISA (Enzyme Linked Immunosorbent Assay) untersucht. GZPK – Verein Neuer Mitarbeiter Herbert Völkle Auch in diesem Jahr konnten wir einem Praktikanten, im Anschluss an sein Praktikum, eine Jahresstelle anbieten: M.Sc. agr. Simon Dörr aus dem Saarland ergänzt das GZPK-Team ab 2017 mit dem Arbeitsschwerpunkt Körnerleguminosenzüchtung. Wir freuen uns sehr über seinen tatkräftigen Einstieg! Rückblick und Ausblick In weiten Teilen Europas haben wir ein dramatisches Getreidejahr hinter uns – und insofern ein spannendes Jahr für die Züchtung. Aus Frankreich, Süddeutschland, Italien und der Schweiz kommen positive Rückmeldungen über die Leistungen der GZPK-Weizensorten, die auch unter extrem schwierigen Witterungsbedingungen ein schönes, gesundes Korn und gute Backqualität ausbilden konnten. Für uns ist das Ansporn, weiter den Blick zu schärfen für ganzheitlich gesunde Pflanzen, denn bei allem Detailwissen über Resistenzen und Pflanzenkrankheiten können wir die Anbaubedingungen und Anforderungen der Zukunft nur erahnen. Mit Sicherheit werden Resilienz und Anpassungsfähigkeit an Bedeutung zunehmen. „Ich freue mich sehr, die Möglichkeit erhalten zu haben, die spannende Arbeit in der biologischen Pflanzenzüchtung weiter kennen zu lernen und zu vertiefen. Besonders faszinierend finde ich die ganzheitliche Betrachtung der Pflanzen.“ Nachbau, ein ungelöstes Problem! Peter Kunz Erfreuliches und Herausforderndes Im Januar 2017 wird in Feldbach eine Weiterbildungswoche für biologisch-dynamische Züchterinnen und Züchter stattfinden – ein erstes Modul für eine zu gründende Ausbildung die wir im europäischen Kontext denken und planen. GZPK-Sorten in Europa: In Frankreich konnten unsere Sorten insbesondere durch Unterstützung unseres „Botschafters“ Philippe Jouanneau in nationalen und regionalen Bio-Versuchen platziert sowie vermehrt und vertrieben werden. In Litauen wurde ein Praxisversuch mit WIWA über das ganze Land angelegt. In Italien steht das ganze Spektrum an Weizensorten auf den Höfen von Ecornaturasi. Mit zunehmender Sortenvielfalt – eine höchst erfreuliche Entwicklung – wachsen auch die Aufwendungen für die Erhaltung und Bereithaltung von Basissaatgut. Wir arbeiten an einem Netzwerk von Vermehrern, um das Risiko auf mehrere Regionen und Betriebe zu verteilen. Neben dem Einwerben von neuen Projekten bleibt die Basisfinanzierung der GZPK eine Herausforderung. Nahezu alle Projekte erfordern einen Eigenanteil. Echte Eigenmittel sind bei uns jedoch nur die Privatspenden, die Saatgutlizenzen und die Beiträge von Stiftungen. Die seit 2003 bestehende Partnerschaft mit dem Coop Fonds für Nachhaltigkeit kann um weitere fünf Jahre verlängert werden. Der Saatgutfonds der Zukunftsstiftung Landwirtschaft besteht nun über 20 Jahre, generiert jährlich über 1 Mio. Euro und unterstützt auch die GZPK-Projekte. Auch die treue Unterstützung der Projektpartner aus der Bio- und Naturkosmetikbranche im Sonnenblumenprojekt schätzen wir sehr – diese Langfristigkeit ist für uns besonders wertvoll, ebenso wie die vielen treuen Privatspenden. Während der Sortenschutz den Züchtern eine Vermehrungslizenz auf dem produzierten Saatgut sichert, können Landwirte bei einfach vermehrbaren Arten wie Getreide, Bohnen, Erbsen, Lupinen Nachbau-Saatgut für den Eigenbedarf erzeugen. Dadurch entgehen den Züchtern wichtige Einnahmen für die Finanzierung ihrer Arbeit. Das trifft auch die biologisch-dynamischen Züchter: Allein in Deutschland entgehen ihnen aktuell jährlich geschätzt 300‘000 Euro, ein Betrag, mit dem sich ein ganzes Weizenzüchtungsprogramm finanzieren liesse. Unter anderem auch deshalb brauchen die biologisch-dynamischen Züchter die Unterstützung von privaten Spendern, vom Saatgutfonds und von Stiftungen. Wenn ein Landwirt eine Sorte nachbaut, weil sie sich bewährt hat, das heisst, seinen Wünschen, Anforderungen und auch den Qualitätsanforderungen seiner Abnehmer entspricht, sollte es selbstverständlich sein, dass er dem Züchter für die genutzte Sorten-Leistung ein Entgelt leistet. Die Arbeitsteilung fordert – wenn sie fair sein soll, auch eine angemessene Ertragsteilung. In Deutschland ist das Thema derart belastet, dass die Ökozüchter den Nachbau ihrer Sorten bisher nicht durch die verhasste Saatgut-Treuhand kontrollieren und die Gebühren eintreiben lassen. Doch die Aufrufe, den Beitrag freiwillig zur Unterstützung der Ökozüchtung zu entrichten, haben bisher nur vereinzelt Früchte getragen. Auf der Seite der grossen konventionellen Züchterhäuser behilft man sich damit, mit Hochdruck und mit staatlicher Unterstützung an Hybridgetreidesorten zu arbeiten, die dann jährlich neu zugekauft werden müssen und so den Züchtern die Finanzierung der Weiterarbeit zu sichern. Für die Bio-Landwirte heisst das aber: Die Unterstützung der biologisch-dynamischen Züchtung kommt ihnen direkt wieder zugute! Getreidezüchtung Peter Kunz Die Getreidezüchtung Peter Kunz ist als gemeinnützig anerkannt. Spenden sind steuerabzugsberechtigt. Seestrasse 6 | 8714 Feldbach | T +41 55 264 17 89 [email protected] | www.gzpk.ch CHF 84-34345-2 Postfinance € IBAN CH43 8148 1000 0025 0523 7, BIC RAIFCH22E81 Verein für Kulturpflanzenentwicklung Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung! GZPK aktuell | Winter 2016 8
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