Teilschäden sauber abrechnen!

Vermarktung
Teilschäden sauber
abrechnen!
Lassen Sie sich bei Teilschäden von Ihrem Vermarkter nicht über den Tisch ziehen!
Worauf Sie achten müssen, erläutert Christa Niemann vom Deutschen Bauernverband.
K
ein Mäster ist erfreut, wenn Teilstücke seiner Schweine am
Schlachtband verworfen werden,
weil sie Verletzungen oder Entzündungen aufweisen. Denn diese Teilschäden
können richtig ins Geld gehen. Wird
z. B. der Schinken eines Schweines
beanstandet, schmälert das den Erlös
für das jeweilige Tier um bis zu 25 %!
Ganz besonders ärgerlich ist es
jedoch, wenn Mäster von ihrem Vermarktungspartner für ein und dasselbe
verworfene Teilstück gleich doppelt
und dreifach zur Kasse gebeten werden.
Landwirt Rainer Grunert (Name geändert) ist es kürzlich genau so ergangen.
Abrechnung undurchsichtig: B
ereits
beim Verladen der Schweine war Grunert klar, dass es Beanstandungen geben
würde. Denn ein Tier war von seinen
Buchtengenossen an den Tränkenippel
gedrückt worden und hatte sich dabei
am Schinken verletzt. Ein anderes
Schwein wies eine Verletzung an der
Schulter auf, und ein drittes hatte Fundamentprobleme.
Als Grunert einige Tage später die
Schlachtabrechnung in den Händen
hielt, waren auf dem Deckblatt tatsächlich drei Schweine aufgelistet, bei denen
Abzüge vorgenommen worden waren.
Für alle drei Teilschäden wurden ihm
pauschal 50,60 € „Entsorgungskosten“
in Rechnung gestellt.
Das war ärgerlich, ließ sich im Nachhinein aber nicht mehr ändern. Grunert
entschloss sich, die Tränkenippel im
nächsten halben Jahr Stück für Stück
gegen Tränken mit Abweisbügeln auszutauschen, um derartige Verletzungen
am Schinken künftig zu vermeiden.
So weit, so gut. Als der Mäster am
Wochenende die Wiegelisten und die
Einzeltierauswertungen genauer unter
die Lupe nahm, stieß er allerdings auf
weitere Ungereimtheiten.
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Übers. 1: So errechnet sich der Gesamtschaden
bei der FOM-Vermarktung
Schwein1)
Nummer
SG,
kg
MFA, Schinken,
%
kg
Erlös2)
€/Tier
Verluste durch ... in €
Abschnei- zu leichter
Abzug
Geden3)
Schinken 20 ct/kg SG samt
1a
108,1 61,0
19,77
176,20
–
–
–
–
1b
91,6
61,0
17,09
130,07
26,90
0,92
18,32
46,14
2a
98,7
61,8
18,51
160,88
–
–
–
–
2b
93,5
61,8
17,66
132,77
8,48
0,94
18,70
28,12
3a
102,8 58,3
19,98
166,84
–
–
–
–
3b
100,7 58,3
19,64
143,30
3,42
0,00
20,14
23,56
1) a = inklusive Teilschaden; b = beschädigtes Teilstück bereits abgezogen;
2) Basispreis: 1,60 €/kg; 3) Entfernen des beanstandeten Teilstücks
Für jeden Teilschaden bittet der Vermarkter Landwirt Grunert dreifach zur Kasse.
Übers. 2: FOM-Maske1)
von Landwirt Grunert
Kriterium
Abzug/Zuschlag,
ct/kg SG
Schlachtgewicht, kg
50,0 – 72,9
-3
73,0 – 85,9
-1
86,0 – 105,9
0
106,0 – 120,0
-2
Muskelfleischanteil, %
45,0 – 53,9
-4
54,0 – 55,9
-3
56,0 – 56,9
-1
57,0 – 57,9
Schinken >18 kg
2
57,0 – 57,9
Schinken ≤ 18  kg
1
58,0 – 59,0
1
Systemgrenze2)
50 – 86 kg SG
57 % MFA
1) Kombimaske; 2) unter 86 kg SG
werden nur 57 % MFA bezahlt
Grunerts Vermarkter rechnet nach einer
sogenannten Kombimaske ab.
Zur besseren Übersicht sind die drei
Tiere mit den Teilschäden in Übersicht 1 noch einmal im Detail aufgelistet. Bei Schwein 1 war der Schinken
beanstandet worden, bei Schwein 2 die
Schulter (ausgeschältes Vorderviertel)
und bei Schwein 3 das Hinterbein, in
der Abrechnung als Eisbein bezeichnet.
Der Blick in die Wiegeliste zeigte
Grunert, dass die Schlachtgewichte der
drei beanstandeten Schweine nicht vor
dem Abschneiden der verworfenen
Teilstücke erfasst wurden, sondern
danach. Zu den auf dem Deckblatt ausgewiesenen „Entsorgungskosten“ muss
man den „Rohstoffwert“ der entfernten
Teilstücke noch hinzurechnen.
Beispiel: Bei Schwein 1 wurden mit
dem beschädigten Schinken 16,5 
kg
weggeschnitten. Vorher wog der
Schlacht­körper 108,1 kg, danach waren
es nur noch 91,6 
kg. Multipliziert
mit dem Auszahlungspreis in Höhe
von 1,62 € (Basispreis + MFA-Zuschlag)
ergibt sich durch den Gewichtsabzug
ein Schaden von 26,90 €.
Bei Schwein 2 wurden mit dem Ausschälen der Schulter 5,2 kg entfernt und
Foto: Riswick
Bei Teilschäden hat der Vermarkter ein Anrecht auf Entschädigung. Sie muss jedoch angemessen und transparent sein.
bei Schwein 3 mit dem Wegschneiden
des Eisbeins 2,1 kg Schlachtgewicht.
Multipliziert mit dem Auszahlungspreis
in Höhe von 1,63 € (ohne Schinkenabzug) entspricht das weiteren Verlusten
in Höhe von 8,48 € (Schwein 2) bzw.
3,42 € bei Schwein 3. In Summe fehlen
Mäster Grunert zusätzlich zu den
50,60 € Entschädigungskosten somit
weitere 38,80 € beim Erlös – allein
durch das Wegschneiden der beschädigten Teilstücke.
Und es hätte sogar noch schlimmer
kommen können. Wenn das Schlachtgewicht von Schwein 1 durch das Entfernen des Schinkens unter 86 kg
gesackt wäre, würden ihm für das komplette Schwein maskenbedingt 1 ct/kg
Schlachtgewicht abgezogen (siehe Übersicht 2). Unter 73 kg Schlachtgewicht
wären es sogar 3 Cent.
Zusätzlicher Schinkenabzug: Doch es
geht noch weiter. Denn Grunerts Vermarkter rechnet nach einer sogenannten Kombimaske (Übersicht 2) ab, die
Kriterien der FOM- und der AutoFOM-Klassifizierung kombiniert. Zur
Bewertung des Schlachtkörpers werden
nicht nur das Schlachtgewicht und der
Muskelfleischanteil berücksichtigt, sondern auch das Schinkengewicht.
Im Klartext: Wie bei der AutoFOM-Klassifizierung wird das Schinkengewicht anhand des Schlachtgewichtes geschätzt. Und da sich das
Schlachtgewicht durch das Entfernen
der beanstandeten Teilstücke vermin-
CHECKLIS TE
dert hat, werden auch die Schinken
jetzt leichter geschätzt, obwohl sie das
eigentlich gar nicht sind.
Das kostet Landwirt Grunert bei
Schwein 1 und 2 jeweils fast 1 €. Das ist
zwar nicht alle Welt. Aber Kleinvieh
macht bekanntlich auch Mist. Nur bei
Schwein 3 hatte das Entfernen des Eisbeins keine Auswirkungen auf das
Schinkengewicht.
Teilschäden kontrollieren
Vergleichen Sie jeden Teilschaden mit den Angaben auf der Wiegeliste
Versuchen Sie festzustellen, welches Gewicht abgezogen wurde
Handelt es sich um ein wertvolles Teilstück? Ist der 20 Cent-Abzug
je kg SG gerechtfertigt?
Wurde der Teilschaden tatsächlich nur einmal in Rechnung gestellt?
Sprechen Sie bei Unstimmigkeiten mit Ihrem Viehhändler
Regeln Sie mit ihm im Vorfeld, wie Teilschäden künftig abgerechnet
werden sollen!
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Vermarktung
Keine Frage: Teilschäden sind für
beide Seiten ärgerlich. Deshalb ist
es korrekt, wenn der Vermarkter
dafür eine Entschädigung beansprucht. Bei weniger wertvollen
Teilstücken wird in der Regel das
Schlachtgewicht des verworfenen
Teilstücks mit dem Basispreis multipliziert. In den meisten Fällen
sind das dann weniger als 20 €.
Bei wertvollen Teilstücken wie
Schinken, Lachs und Schulter zieht
der Vermarkter zusätzlich noch
20 Cent je Kilogramm Restschlachtgewicht vom vereinbarten
Basispreis ab. In Summe beträgt
der Schadensausgleich dann zwischen 30 und 50 €. Achten Sie aber
darauf, dass es sich auch wirklich
um ein wertvolles Teilstück handelt
und dass man Sie nicht doppelt und
dreifach zur Kasse bittet!
Mit weitaus größeren Summen
schlägt ein anderer Abzug zu Buche,
den Grunert erst nach genauem Hinsehen entdeckt. Ihm fällt auf, dass er für
die drei Schweine mit den Teilschäden
nicht den vollen Basispreis von 1,62 €
bekommt, sondern nur 1,42 €. Und das,
obwohl die drei Tiere einen ähnlich
hohen Muskelfleischanteil aufweisen
wie die übrigen Tiere der Lieferpartie.
Was steckt dahinter?
20 ct/kg für wertvolle Teilstücke:Es
gibt keine gesetzlichen Vorgaben, wie
Teilschäden zu verrechnen sind. Es hat
Foto: Heil
Angemessen
entschädigen
Regeln Sie mit Ihrem Vermarkter am besten schon im Vorfeld, wie Teilschäden – wenn
welche anfallen – abgerechnet werden sollen.
sich in der Praxis jedoch eingebürgert,
bei wertvollen Teilstücken, zu denen
neben dem Schinken und Lachs inzwischen auch die Schulter gehört, zusätzlich zum Wegschneiden des beanstandeten Teilstücks auch noch das verbleibende Schlachtgewicht mit einem
20 Cent-Strafabzug zu belegen. Denn
für wertvolle Teilstücke erlöst man im
Verkauf ja mehr als nur den Basispreis.
Bei Schwein 
1 beträgt das Restschlachtgewicht nach Abzug des Schinkens 91,6 kg. Multipliziert mit 20 Cent je
kg errechnet sich ein zusätzlicher Abzug
in Höhe von 18,32 €. In Summe werden
Übersicht 3: Höhe des Gesamtschadens bei
AutoFOM-Vermarktung
Schwein1)
Nummer
SG,
kg
Mindergewicht, kg
IP/Tier
Erlös2)
€/Tier
Verlust durch ... in €
zu leichte
Teilstücke
Abzug
20 ct/kg SG
Gesamt
108,1
–
111,43
178,29
–
–
–
1b
91,6
16,5
91,30
127,82
32,15
18,32
50,47
2a
98,7
–
98,00
156,80
–
–
–
2b
93,5
5,2
93,07
130,30
7,80
18,70
26,50
3a
102,8
–
104,07
166,51
–
–
–
3b
100,7
2,1
102,11
142,95
3,42
20,14
23,56
1) a = inklusive Teilschaden; b = beschädigtes Teilstück bereits abgezogen;
2) Basispreis: 1,60 €/kg
Schäden an wertvollen Teilstücken werden bei der AutoFOM-Vermarktung besonders
hart abgestraft. Bei weniger wertvollen Teilstücken ist der Unterschied zu FOM gering.
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Kriterium
IP/kg
Schinken, kg
bis 15,99
1,90
16,00 – 16,49
2,35
16,50 – 16,99
2,55
17,00 – 20,00
2,70
20,01 – 20,50
2,55
ab 20,51
2,40
Lachs, kg
bis 5,99
3,00
6,00 – 7,80
3,60
ab 7,81
3,50
Bauchfleisch, %
1a
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Übers. 4: Grunerts
AutoFOM-Maske
bis 47,99
1,15
48,00 – 52,99
1,35
53,00 – 61,99
1,55
ab 62,00
1,50
Schlachtgewicht, kg
unter 85,00
-1,00
85,01 – 87,99
-0,50
102,00 – 105,00
-0,50
über 105 kg
-1,00
Systemgrenzen SG, kg
50,00 – 120,00
mind. 0,70 IP/kg SG
Obergrenze
max. 1,05 IP/kg SG
Mit dieser Maske arbeitet Grunerts
Vermarkter bei AutoFOM-Abrechnung.
Grunert für den verworfenen Schinken
also 46,14 € vom Erlös des Schlachtschweines abgezogen (siehe Übersicht 1).
Bei der beanstandeten Schulter von
Schwein 2 summieren sich die 20 Cent
zu einem Abzug in Höhe von 18,70 €.
Und unter dem Strich schlägt die Schulterverletzung mit 28,12 € zu Buche.
Spannend wird es dann wieder bei
Schwein 3, dem Tier mit den Fundamentproblemen. Denn hier mutiert ein
Eisbein plötzlich zu einem wertvollen
Teilstück, für das der Vermarkter Grunert 20,14 € in Rechnung stellt. Diese
Summe steckt sich der Vermarkter in
die eigene Tasche!
Unter dem Strich summieren sich die
Abzüge für die drei Teilschäden auf
97,82 
€. Zusammen mit der bereits
anfangs erwähnten „Entschädigung“,
die der Vermarkter bereits auf dem
Deckblatt in Rechnung gestellt hatte,
ergibt sich ein Gesamtschaden von
148,42 €. Das entspricht bei den derzeitigen Preisen dem Wert eines kompletten Mastschweins!
Übersicht 3 zeigt das Ausmaß der
Teilstückabzüge, wenn die gleichen drei
Schweine nach AutoFOM abgerechnet
worden wären. Die dabei zugrunde
gelegte AutoFOM-Maske ist in Übersicht 4 dargestellt.
Höhere Abzüge bei AutoFOM?Der
Vergleich verdeutlicht: Die AutoFOMAbrechnung auf Basis der wertvollen
Teilstücke führt bei Schwein 1 zu einem
noch höheren Abzug als bei FOM-Vermarktung. Denn bei diesem Tier wurde
der gesamte Schinken verworfen. Und
Schinken plus Lachs machen unter dem
Strich mehr als 60 % des Wertes eines
Mastschweines aus.
Bei Schwein 2 würde die Entschädigungssumme bei AutoFOM-Vermarktung dagegen um 1,62 € geringer ausfallen. Und bei Schwein 3 macht es überhaupt keinen Unterschied, ob das Tier
nach FOM oder AutoFOM abgerechnet
wird. Aber auch hier gilt: Das Bein
gehört auf keinen Fall zu den wertvollen Teilstücken des Schweines.
Das Beispiel von Mäster Rainer
Grunert verdeutlicht, dass es sich lohnt,
auch bei Teilschäden genau nachzurechnen. Versuchen Sie, anhand der
Wiegelisten herauszubekommen, welches Gewicht Ihnen für die Teilschäden
vom Schlachtgewicht abgezogen wurde.
Prüfen Sie, welche Teilstücke Ihnen als
wertvoll in Rechnung gestellt wurden.
Lassen Sie sich dabei kein Eisbein als
Schinken unterjubeln! Und achten Sie
darauf, dass Sie für ein und dasselbe
verworfene Teilstück nicht mehrfach
zur Kasse gebeten werden. Fallen Ihnen
Hilfe vom Profi
Sie sind unsicher, wie Sie prüfen
sollen, ob Teilschäden in Ihrer
Schlachtabrechnung korrekt verrechnet wurden? Die Vermarktungsexperten des Deutschen Bauernverbandes (DBV) helfen Ihnen
gern. Für Mäster, die ihre Abrechnungen regelmäßig vom DBV prüfen lassen, ist der TeilschadenCheck im Abonnement enthalten.
Bei allen anderen Mästern wird
nach Zeitaufwand abgerechnet.
Melden Sie sich bei Christa
Niemann unter Tel.: 02 51/4 17 51 50
oder per Mail unter der Adresse
[email protected]
Ungereimtheiten bei der Abrechnungskontrolle auf, sollten Sie die offen bei
Ihrem Vermarkter ansprechen. Holen
Sie sich bei Bedarf Rat bei unabhängigen Vermarktungsexperten des Bauernverbandes, der ISN, der Landwirtschaftskammer oder Ihres zuständigen
Landwirtschaftsamtes.
Am besten regeln Sie bereits im Vorfeld mit Ihrem Vermarkter klipp und
klar, wie Teilschäden in Zukunft ab­gerechnet werden sollen. Entscheidend
ist, dass die Abrechnung transparent
und nachvollziehbar ist. Das ist eine
Frage des fairen Umgangs miteinander.
Und wenn ihr Marktpartner das nicht
will oder sich nicht an die zuvor vereinbarten Vorgaben hält, sollten Sie im
Zweifelsfall die nötigen Konsequenzen
daraus ziehen!
-lh-
Schnell gelesen
• Das Verrechnen von Teil-
schäden ist vom Gesetzgeber
nicht klar geregelt.
• Einige Viehhändler und
Schlachter nutzen das, um
Schäden doppelt und dreifach
in Rechnung zu stellen.
• Vergleichen Sie Teilschäden
mit den Angaben auf der Wiegeliste und finden Sie heraus,
wie viel kg abgezogen wurden.
• Kontrollieren Sie, ob es sich
wirklich um ein wertvolles
Teilstück handelt.
• Vereinbaren Sie im Vorfeld mit
Ihrem Vermarkter, wie Teilschäden verrechnet werden.