Flucht und Asyl: Kinder und Jugendliche, Weiterbildung und Sport

Ministerium für Bildung ,
Jugend und Sport
Flucht und Asyl: Kinder und Jugendliche,
Weiterbildung und Sport im Land Brandenburg
Stand: Dezember 2016
Seite 2/47
Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
Inhalt
1.
2.
3.
4.
5.
Einleitung .......................................................................................................... 3
Daten ................................................................................................................ 6
Aufnahme in Kommunen ................................................................................... 8
Kita .................................................................................................................... 9
Schule ............................................................................................................. 12
5.1. Kurse in EAE ............................................................................................. 12
5.2. Schule in Kommunen ............................................................................... 13
5.3. Berufliche Bildung.................................................................................... 27
Ansprechpartner zur Anerkennung / Führung ausländischer Abschlüsse: .... 31
6.
7.
8.
9.
Weiterbildung .................................................................................................. 33
Jugend- und Jugendsozialarbeit ..................................................................... 36
Unbegleitete Minderjährige ............................................................................. 38
Sport ............................................................................................................... 43
Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................... 47
Fotonachweis ..............................................................................................................
Redaktioneller Hinweis:
Diese Veröffentlichung informiert über den aktuellen Stand zum Thema „Flucht und Asyl“ bezüglich
der Aufgabengebiete des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg
(MBJS).
Die redaktionelle Bearbeitung erfolgt durch das Referat Presse/ÖA des MBJS. Aufgrund der laufenden Veränderungen (z. B. Zugangszahlen; Rechtsänderungen) ist es nicht möglich, stets aktuelle Daten anzugeben. Durch laufende Überarbeitungen wird jedoch versucht, die Informationen,
insbesondere den Datenstand, aktuell zu halten. Fachliche Hinweise sind willkommen.
Im Text wird i. d. R. der umgangssprachliche Begriff „Flüchtling“ verwendet. Die Formulierung
„Flüchtlinge und Asylbewerber“ o. ä. wäre problematisch, da es daneben auch noch Asylberechtigte, subsidiär Schutzberechtigte u.v.m. gibt.
Die Internetverweise in den Fußnoten sind i. d. R. direkt auf die jeweiligen Seiten verlinkt.
Herausgeber:
Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg;
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Heinrich-Mann-Allee 107, 14473 Potsdam
Internet: www.mbjs.brandenburg.de
[email protected]
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1. Einleitung
Im Jahr 2015 kamen etwa 47.000 Asylsuchende, zumindest vorübergehend, nach
Brandenburg. 28.124 davon wurden tatsächlich im Land aufgenommen und haben
in Kommunen des Landes Brandenburg einen vorläufigen neuen Lebensmittelpunkt gefunden. Es sind Frauen, Männer und Kinder, die vor Krieg und Verfolgung
oder schlicht aus wirtschaftlicher Not aus ihrer Heimat flohen. Das waren mehr als
viermal so viele wie im Jahr 2014 (6.315 Personen).1 Im Jahr 2016 waren es bis
zum 31. Mai 6.347 Personen.
Die Zahl der in Brandenburg aufzunehmenden Personen richtet sich nach einem
bundesweiten Verteilerschlüssel, in den das Steueraufkommen und die Bevölkerungszahl der Bundesländer eingehen („Königsteiner Schlüssel“). Demnach muss
Brandenburg derzeit 3,06 Prozent2 aller nach Deutschland kommenden Flüchtlinge
und Asylbewerber aufnehmen. Seit 01. November 2015 gilt dieser Schlüssel auch
für die unbegleiteten minderjährigen Ausländer bis 18 Jahre (umA).
Umgangssprachlich werden alle Menschen, die aus ihrem Heimatland fliehen, als
Flüchtlinge bezeichnet. Dennoch bestehen rechtliche Unterschiede:
 Wer in seiner Heimat durch den Staat gezielt politisch verfolgt wird,
kann in Deutschland Asyl beantragen (Verfassungsrang nach Art. 16a
GG). Es schließt sich das Asylverfahren an.3 Ein Ergebnis des Asylverfahrens kann die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der
Genfer Flüchtlingskonvention sein4. Danach wird als Flüchtling anerkannt, wer wegen seiner Ethnie, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe die begründete Furcht vor
Pressemitteilung (PM) des Ministeriums des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg (MIK) v.
09.01.2016; nach den sehr hohen Zugangszahlen ab September 2015 sind sie ab Ende 2015 zumindest
vorerst deutlich zurückgegangen, stagnieren jedoch im Vergleich zu den Vorjahresmonaten auf hohem Niveau. Für das Jahr 2016 liegen noch keine offiziellen Schätzungen vor. Unter Berufung auf Regierungskreise
berichten Medien von etwa 500.000 zu erwartenden Flüchtlingen (z. B. dpa am 16.02.2016). Nach dem Königsteiner Schlüssel würde dies für das Land Brandenburg etwa 15.000 Personen bedeuten. Die weitere Entwicklung ist jedoch wesentlich insbesondere von politischen Entscheidungen und der Situation im Nahen
Osten abhängig.
1
2
BAnz AT 10.12.2014 B3
Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurden im Jahr 2015 rund 283.000
Asylverfahren entschieden. Im Jahr 2015 erhielten bundesweit nur etwa 0,7 Prozent der Geflüchteten tatsächlich Asyl. Weitere 48,5 % wurden als Flüchtling anerkannt. 0,6 % erhielten sog. „subsidiären Schutz“ und
bei 0,7 % wurde eine Abschiebung untersagt. Die gesamte Schutzquote lag damit bei 49,8 %. Das BAMF hat
32,4 % der Erst- und Folgeanträge abgelehnt.
3
4
§ 3 AsylG i. V. m. 25 Abs. 2 Satz 1, 1. Alternative AufenthG
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Verfolgung hat. Dies wird derzeit pauschal z. B. für Flüchtlinge aus dem
Bürgerkriegsland Syrien angenommen.
Die in Brandenburg aufgenommenen Kinder, Jugendlichen, Frauen und Männer
müssen akzeptabel untergebracht werden – nach Möglichkeit in kleinräumigen
Strukturen, ortsnah und mit Anbindung an die Infrastruktur (öffentlicher Nahverkehr, Einkaufsmöglichkeiten, Behörden, Kita, Schulen etc.5). In Anbetracht der
stark wachsenden Anzahl von Flüchtlingen stehen die Kommunen und das Land
vor gewaltigen Herausforderungen. Überall wird mit größten Anstrengungen an
deren Umsetzung gearbeitet.
In vielen Städten und Dörfern müssen sich die Bewohner auf neue Nachbarinnen
und Nachbarn einstellen – und dies nicht immer unter einfachen Bedingungen.
Notunterkünfte werden errichtet, auch Sporthallen6 genutzt. Das führt zu Einschränkungen.
Das Elend von Flucht und Vertreibung rückt in die direkte Nachbarschaft. Das führt
häufig zum Wunsch, ganz konkret zu helfen, aber auch zu Sorgen und Ängsten.
Diese müssen von Gesellschaft, Verwaltung und Politik ernst genommen werden.
Näheres regelt das Landesaufnahmegesetz; eine Novelle hierzu trat am 01. April 2016 in Kraft. Es regelt
die Unterbringung, Betreuung und Unterstützung von Flüchtlingen. Das bisherige Gesetz stammte aus dem
Jahr 1997 und musste an die aktuelle Situation angepasst werden.
5
Eigentümer der Sporthallen sind in der Regel die Schulträger (Kreise, kreisfreie Städte oder Kommunen).
Da sie auch für die Unterbringung zuständig sind, kann es vorkommen, dass sie die Hallen als Notunterkünfte
übergangsweise nutzen müssen. Dies erfolgte im Land Brandenburg – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – bisher nur sehr selten. Die betroffenen Schulen wurden durch das MBJS darüber informiert, wie in
solchen Fällen zu verfahren ist (z. B. Durchführung Sportunterricht; Benotung Sport).
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Deshalb gehört sachgerechte Aufklärung zu einer der wichtigsten Aufgaben –
auch, um immer wieder auftauchenden Gerüchten, die Ängste schüren, aber keinerlei Wahrheitsgehalt haben, nüchtern entgegentreten zu können.7
Tausende Ehrenamtliche unterstützen die erforderliche Arbeit in hervorragender
Weise. Inzwischen haben sich im Land Brandenburg mehr als 150 Initiativen8 gebildet, die die Flüchtlinge vielfältig unterstützen und begleiten. Viele sind in den
Bereichen Bildung, Jugend und Sport aktiv. Sie geben zum Beispiel Sprachunterricht, begleiten minderjährige Ausländer (umA) oder integrieren Flüchtlinge und
Asylbewerber in Sportvereine.9
Auch viele Jugendliche sind dabei aktiv und helfen bei der Integration. Beispielsweise warben Schülerinnen und Schüler von acht Potsdamer Schulen mit einer
selbst organisierten Benefizveranstaltung, bei der sie am 08. März 2016 vor 500
Gästen im Potsdamer Nikolaisaal mit kulturellen Vorführungen auftraten, mehrere
Tausend Euro Spenden zur Unterstützung der Integrationsarbeit ein.
Das von der Landesregierung entwickelte „Bündnis für Brandenburg“ verbindet auf
vielfältige Weise Unterstützungsangebote, um Integration zu ermöglichen. Inzwischen haben etwa 270 Institutionen, Betriebe und Einzelpersonen den Aufruf als
Unterstützer unterzeichnet und beteiligen sich z. B. als Unternehmen aktiv an der
Integrationsarbeit.
So wurde beispielsweise in einem Leserbrief, der in einer Zeitung in Fürstenwalde (OS) veröffentlicht wurde,
von einer Familie behauptet, ihr 13-jähriger Sohn sei in Fürstenwalde „von vier syrischen Männern brutal
angegriffen und verletzt worden.“ (PNN 27.02.2016). Der zweite Vorwurf ging an die Polizei: Sie habe nichts
unternommen, um die Täter zu finden. Über s. g. soziale Netzwerke wurde damit gegen Flüchtlinge, aber auch
die Polizei polemisiert. Allerdings wurde gar keine Anzeige gegen die vermeintlichen Täter gestellt. Die Polizei
ermittelte dennoch. Dabei stellte sich jedoch heraus, dass die gesamte Geschichte „frei erfunden“ war
(a.a.O.). Tatsächlich sei der 13-jJährige vor drei jungen Deutschen geflüchtet, stürzte dabei und verletzte sich
am Knie. Nun ist durch die Behörden zu entscheiden, ob gegen die Familie wegen Vortäuschen einer Straftat ermittelt wird. Zugleich stellt sich die Frage, ob Medien bei der Verbreitung von Gerüchten immer ihrer
Sorgfaltspflicht ausreichend nachkommen.
7
Das Projekt „Störungsmelder“ des Vereins „Gesicht zeigen“ ist auch im Land Brandenburg an vielen Schulen unterwegs, um mit Jugendlichen über Flüchtlinge, Fluchtursachen, Demokratie und eine tolerante und freie
Gesellschaft zu diskutieren. Als Botschafter beteiligen sich daran u. a. die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali, die
Schauspieler Björn Harras und Robert Schupp, der „Prinzen“-Sänger Sebastian Krumbiegel und Bundesjustizminister Heiko Maas. Informationen unter:
Die Landesregierung unterstützt Flüchtlingsinitiativen finanziell. PM des MASGF vom 06.10.2015 unter:
http://www.masgf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.418907.de
Im Jahr 2015 waren es 130 geförderte Projekte; im Jahr 2016 bisher 28.
8
Viele Initiativen versuchen, die Hilfsangebote über das Internet zu vernetzen. Das im Oktober 2015 mit
Unterstützung des MBJS gestartete Portal www.helpto.de bietet in mehreren Kreisen und Kommunen direkte
Angebot-Nachfrage-Kontakte zu verschiedenen Themenbereichen an (darunter auch Sprachunterricht oder
Sportaktivitäten). Inzwischen vernetzt help.to auch in mehreren anderen Bundesländern Unterstützungsinitiativen.
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Im Gründungsaufruf vom 26. November 2015 heißt es: „Mit der Ankunft vieler
möglicher ,neuer Brandenburger‘ erwächst uns nun eine unverhoffte Chance, die
bevorstehenden demografischen Herausforderungen Brandenburgs zu mildern.
Voraussetzung dafür ist die erfolgreiche Integration der potenziellen ,NeuBrandenburger‘, die gegenwärtig in unserem Land eintreffen. Deshalb unterstützen wir alle ,Neu-Brandenburger‘ bei ihren Bemühungen um Teilhabe an Arbeit
und Gesellschaft; besonders, indem wir ihre sprachliche, schulische und berufliche
Entwicklung aktiv fördern. Genau hier liegt der Schlüssel für gelingende Integration. Sie brauchen uns – und wir brauchen sie! Für diesen Grundgedanken zu werben ist das Ziel unseres Bündnisses für Brandenburg.“
Benefizveranstaltung von acht Potsdamer Schulen am 08. März 2016
2.
Daten
Die nach Brandenburg kommenden Flüchtlinge werden zunächst in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende (EAE) in Eisenhüttenstadt mit deren Außenstellen (Frankfurt (Oder), Ferch, Potsdam, Wünsdorf und Doberlug-Kirchhain) aufgenommen. In der EAE erfolgt eine medizinische Erstuntersuchung. Sie umfasst
eine Untersuchung auf übertragbare Krankheiten einschließlich einer Röntgenaufnahme der Atmungsorgane (§ 62 AsylG). Dadurch ist gewährleistet, dass nur Personen in die Kommunen verteilt werden, die kein Gesundheitsrisiko für Dritte darstellen.
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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) führt im Ankunftszentrum in
Eisenhüttenstadt und in seiner Außenstelle in Frankfurt (Oder) das Asylverfahren
durch.
Erstaufnahmeeinrichtung Eisenhüttenstadt
Die Kapazitäten der EAE in Eisenhüttenstadt mit ihren Außenstellen wurden erheblich ausgebaut, um die Neuankömmlinge – im November 2015 waren es täglich bis zu 500 – aufnehmen und registrieren zu können. Die nachfolgende Tabelle
stellt den Anstieg der Neuaufnahmen seit 2008 dar.
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Zugänge EAE
635 Personen
838 Personen
1.197 Personen
1.352 Personen
1.794 Personen
3.305 Personen
6.315 Personen
28.124 Personen
6.347 Personen
(Stand: 31.05.2016)
Tab. 1: Entwicklung der Neuaufnahmen mit Verbleib in der EAE vom Jahr 2008 bis 31. Mai 2016
(insgesamt; lt. MIK)
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Unter den neu aufgenommenen Personen ist ein hoher Anteil an Kindern und Jugendlichen, wie nachfolgende Tabelle zeigt.
Jahr der Aufnahme in der EAE
Minderjährige
2010
2011
2012
2013
2014
2015
0 bis 2 Jahre
81
98
127
323
332
1.473
3 bis 5 Jahre
53
66
123
263
297
1.451
6 bis 12 Jahre
77
110
204
396
598
2.738
13 bis 17 Jahre
152
129
172
274
580
2.306
Gesamt
363
403
626
1256
1807
7.968
Tab. 2: Entwicklung der Neuaufnahmen vom Jahr 2010 bis 2015
(Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre; lt. MIK)
3.
Aufnahme in Kommunen
In einigen Fällen kann das Verfahren mit Anerkennung als Asylberechtigter positiv
abgeschlossen werden. In den meisten Fällen ist dies jedoch nicht möglich, bevor
die Asylbewerber auf die Kommunen verteilt werden. Dieser Umstand führt verstärkt zu erheblichen Problemen in den Kommunen (z. B. Fahrten aus den
Kommunen zur Verfahrensbearbeitung in die EAE; Abschiebungen nach begonnenem Integrationsprozess z.B. in der Schule).
Die Verteilung auf die Kommunen erfolgt nach einem landesweiten Schlüssel, der
sich im Wesentlichen nach der Bevölkerungszahl richtet (z. B. Potsdam 5,9 %;
TF 6,6 %; MOL 7,7 %; OSL 4,6 %). Die starke Zunahme erfordert von den Kommunen größte Anstrengungen, um akzeptable Unterbringungsmöglichkeiten zu
schaffen.
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4.
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Kita
Starke Zunahme an Kindern im Kita-Alter
Die Kindertagesbetreuung ist eine kommunale Aufgabe. Die Kommunen werden
dabei vom Land finanziell unterstützt
Im Laufe des Jahres 2015 wurden etwa 5.600 Kinder im Alter bis 12 Jahre aus
Flüchtlingsfamilien in der Erstaufnahme registriert und die meisten von ihnen im
Land Brandenburg verteilt – im Jahr 2014 waren es etwa 1.20010.
In den Kommunen haben sie denselben Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung wie alle Kinder: Vom vollendeten ersten Lebensjahr bis zum Ende der Jahrgangsstufe 4 (Krippe, Kindergarten, Hort). Kinder, die jünger oder älter sind, haben einen Anspruch auf ein bedarfsgerechtes Angebot, sofern die familiäre Situation oder ein besonderer Erziehungsbedarf eine Kindertagesbetreuung erforderlich
macht.
Sobald die Familie in einer Kommune lebt, können die Eltern einen Betreuungsplatz beantragen. Allerdings wird Kindertagesbetreuung von Flüchtlingsfamilien
nach den bisherigen Erfahrungen ganz unterschiedlich in Anspruch genommen.
Der Landkreis Märkisch-Oderland (MOL) berichtet, dass „fast alle kleinen Flüchtlingskinder eine Kita besuchen“11.
In anderen Kommunen sind nur sehr wenige Kinder in den Kita-Einrichtungen. Oft
erschweren Sprachprobleme der Eltern und kulturelle Hindernisse den Weg in die
Kitas. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass sich dies im Rahmen des Integrationsprozesses sukzessive ändert und der Anteil der betreuten Kinder ansteigt. Dazu
können insbesondere die Eltern-Kind-Gruppen beitragen.
Dem Land liegen keine gesicherten Daten vor, wie viele Kinder aus Flüchtlingsoder asylsuchenden Familien in Kitas gehen.12 Die Verteilung ist sehr unterschied-
10
Vergleich der Vorjahre: Siehe Tabelle 2
11
„Neues Deutschland“ v. 18.11.2015
Die Bundesjugendstatistik erfasst betreute Kinder, von denen mindestens ein Elternteil ausländischer
Herkunft ist, und davon wiederum die Kinder, in deren Familien nicht vorrangig deutsch gesprochen wird. Die
Daten für 2015 liegen im Laufe des Sommers 2016 vor. Aber auch diese Statistik erfasst Kinder nicht mit dem
Kriterium „Flüchtlingskind“.
12
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lich; oft konzentriert sie sich auf Einrichtungen in der Nähe von größeren Gemeinschaftsunterkünften.
Frühe Sprachbildung und Integrationsarbeit
Eine frühe sprachliche, kognitive und soziale Anregung der Kinder aus Flüchtlingsfamilien ist für ihr Wohlbefinden und ihre weitere Eingliederung grundlegend. Dies
kann wesentlich dazu beitragen, den späteren Weg zu erleichtern bzw. den Aufwand zu mindern (Schule, soziale und berufliche Integration). Dabei sind Sprachkenntnisse die Grundvoraussetzung für eine gute Entwicklung, denn Sprache ist
der Schlüssel zur Integration.
Fremdsprachige Flyer des Landes für Eltern zum Thema „Eingewöhnung“, zum
Risikoscreening „Grenzsteine der Entwicklung“ und zu den „Grundsätzen elementarer Bildung“ unterstützen diese Arbeit. Sie liegen in englischer, französischer,
polnischer, russischer, türkischer, vietnamesischer und arabischer Sprache vor.
Zusätzliche Fortbildung und Finanzmittel
Es erfordert besondere Anstrengungen von den Kommunen und den Kita-Teams,
unterschiedliche Nationen, Kulturen und Sprachen, geringe Deutschkenntnisse
von Kindern und Eltern sowie mitunter traumatisierte Kinder zu berücksichtigen
und diesen gerecht zu werden. Das Land unterstützt diese Arbeit z. B. durch Fortbildung und Qualifizierung der Fachkräfte.
In der Aus-, Fort- und Weiterbildung werden spezifische bzw. zusätzliche Themen
und Angebote, wie der Umgang mit unterschiedlichen Kulturen und Sprachen und
der vorurteilsfreien Erziehung, die Gestaltung eines integrativen Settings oder der
Elternarbeit, unterbreitet.
Von einigen Kommunen werden zusätzliche Personalmittel, Qualifizierungsangebote oder Mittel für die Förderung von Ausstattung zur Verfügung gestellt. Einzelne Kommunen beschäftigen in ihren Kitas auch Flüchtlinge mit pädagogischen
Vorerfahrungen - zusätzlich zum Fachpersonal.
Über das Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zu Welt
ist" werden zusätzliche Fachkraftstellen zur Unterstützung der Teams bei der alltagsintegrierten sprachlichen Bildungsarbeit, bei den Themen Integration und Inklusion sowie Elternarbeit gefördert. Mit einer kontinuierlichen Begleitung durch
eine externe Fachberatung werden die Einrichtungen darüber hinaus in ihrer Qualitätsentwicklung gestärkt. Im Land Brandenburg werden derzeit 108 zusätzliche
halbe Stellen gefördert; Kitas in allen Landkreisen und kreisfreien Städten nehmen
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an dem Programm teil. Im Jahr 2017 stellt der Bund weitere Mittel zur Verfügung,
so dass von einer Verdopplung des Umfangs ausgegangen werden kann.
Um einerseits Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund eine berufliche
Perspektive zu bieten und andererseits deren besondere Potentiale für die Kindertagesbetreuung zu nutzen, wird voraussichtlich ab Anfang 2017 eine Maßnahme
für Personen mit pädagogischen Vorerfahrungen aufgelegt und aus Landesmitteln
finanziert. Diese Maßnahme kann in einem mehrstufigen Verfahren bis hin zur
zweijährigen Qualifizierung „Profis für die Praxis“ und zu einem Abschluss führen,
der eine Tätigkeit als Erzieherin bzw. Erzieher im Bereich der Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg erlaubt. Dies könnte die interkulturelle Qualität von
Kitas verbessern und zugleich Personalengpässe ausgleichen.
Eltern-Kind-Gruppen zumindest anfangs oft geeigneter als Kita
Es ist vom Einzelfall und von den örtlichen Gegebenheiten abhängig, ob eine
klassische Kitabetreuung von Anbeginn geeignet ist. Eine, auch zeitweise, Trennung von Eltern und Kindern kann für viele Familien, insbesondere die Kinder,
problematisch sein. Deshalb können gemeinsame Bildungs- und Begegnungsangebote wie Eltern-Kind-Gruppen an Kitas oder Gemeinschaftsunterkünften das
wirksamere und finanziell preiswertere Mittel sein.
In Anbetracht der hohen Fluktuation der Familien können diese Gruppen ein Angebot sein, das einerseits die Regelsysteme entlastet, andererseits den Übergang
in das Regelsystem in einem überschaubaren Rahmen vorbereitet und unterstützt
(Brückenangebot).
Das Interesse von Kommunen an dieser Angebotsform steigt - insbesondere dort,
wo Kita-Plätze knapp sind und Engpässe in der Kinderbetreuung auftreten können. Eltern-Kind-Gruppen werden ebenso wie die Betreuung in Kitas im Rahmen
des Kitagesetzes vom Land unterstützt. Auch die Ausstattung der Eltern-KindGruppen, in denen neu zugewanderte Kinder betreut werden, wird vom Land gefördert.
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5.
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Schule
5.1. Kurse in EAE
Bildungsangebote bereits in der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE)
Solange sich die Flüchtlingskinder in der EAE befinden (bzw. in Außenstellen wie
Ferch), ruht die Schulpflicht13. In der EAE bietet das Brandenburger Bildungsministerium jedoch seit dem Schuljahr 2013/2014 speziell entwickelte (außerschulische)
Sprachförderkurse für Kinder und Jugendliche im schulfähigen Alter an und stellt
dafür die Lehrkräfte zur Verfügung.
An den i. d. R. täglich 4-stündigen Kursen mit 3 Stunden für Sprache und 1 Stunde
für Kunst, Musik und Sachkunde nehmen zahlreiche Kinder und Jugendliche teil.
In Wünsdorf laufen 4 Kurse in 2 dafür zur Verfügung stehenden Räumen. In Potsdam werden 3 Kurse angeboten, davon 2 Kurse differenziert nach Alter und ein
Kurs für Analphabeten. In Eisenhüttenstadt (LOS) und Frankfurt (Oder) werden 12
Kurse angeboten, so dass hier eine Teilnahme von bis zu 165 Kindern und Jugendlichen gewährleistet ist. In Ferch stehen 6 Kurse zur Verfügung. Hier besteht
für bis zu 90 Kinder die Möglichkeit der Teilnahme an den Kursen.
Sprachkurs in der EAE Eisenhüttenstadt
Dennoch besteht ein Recht auf Schulbesuch. Dies ist im Rahmen freier Schulplätze bereits
während des Aufenthalts in der EAE möglich.
13
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Dadurch erhalten die Kinder und Jugendlichen erste Sprach- und Kulturkenntnisse
schon vor dem Schulbeginn in den Kommunen. Das ist entscheidend für eine
bestmögliche spätere Integration in die Schulen. An den Kursen besteht großes
Interesse; sie sind regelmäßig ausgebucht.
Die Zahl der Lehrkräfte wird bei Bedarf entsprechend erhöht. Insgesamt sind dafür
44 Stellen (VZE) eingeplant, die sukzessive und entsprechend dem Ausbau der
Außenstellen der EAE besetzt werden; Mitte Mai 2016 waren 20,5 VZE eingesetzt.
Den Kindern und Jugendlichen in der EAE haben sich Lehrkräfte von 2 Schulen in
Eisenhüttenstadt (Otto-Buchwitz Förderschule und Astrid-Lindgren Grundschule)
besonders angenommen. Aus ihren Erfahrungen haben sie einen umfangreichen
Leitfaden zur schulischen Vorbereitung in der EAE erarbeitet. Wenn die Kinder
und Jugendlichen die EAE verlassen, erhalten sie – unter der Voraussetzung der
Teilnahme an den Sprachförderkursen – ein Portfolio. Es hilft den aufnehmenden
Schulen in den Kommunen, sie einzugliedern. Das stärkt auch ihre Identifikation
mit der „Schule“14.
5.2. Schule in Kommunen
Einschulung in Kommunen
Die Schulpflicht gilt ab der behördlichen Anmeldung an dem Ort, dem die Kinder
und Jugendlichen durch die EAE zugewiesen werden. Der tatsächliche Schulbeginn kann sich jedoch in Abhängigkeit von der örtlichen Situation verzögern. Die
vier staatlichen Schulämter in Frankfurt (O.), Neuruppin, Brandenburg a.d.H. und
Cottbus werden möglichst frühzeitig über anstehende Ankünfte von Kindern und
Jugendlichen informiert, damit sie sich darauf vorbereiten können.
Zur Schulanmeldung werden Eltern und Schüler bei Bedarf durch Mitarbeiter der
jeweiligen Betreuungseinrichtung oder ehrenamtliche Helfer begleitet. Auch Dolmetscher müssen häufig eingesetzt werden15. Im Rahmen des Aufnahmegesprächs mit der Schulleitung erfolgt eine erste Feststellung des Sprachstandes.
Dazu wird, soweit vorhanden, auch das Portfolio aus der EAE herangezogen.
14
Der umfangreiche Leitfaden ist als pdf-Dokument online erhältlich über: www.mbjs.brandenburg.de
15
Siehe auch S. 26
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Wie für alle anderen Kinder und Jugendlichen ist auch für sie eine schulärztliche
Untersuchung obligatorisch16; die vorangegangene Untersuchung in der EAE ist
dafür nicht ausreichend. Sollte diese schulärztliche Untersuchung nicht sofort möglich sein, kann die Einschulung dennoch erfolgen. Die Untersuchung ist möglichst
kurzfristig nachzuholen.
Landeskoordinatorin sorgt für schnelle Informationswege
Seit Oktober 2014 ist beim Staatlichen Schulamt Frankfurt (O.) eine Koordinatorin
landesweit für Migrationsfragen im Einsatz und für die Zusammenarbeit mit den
regionalen Kooperationspartnern für den schulischen Integrationsprozess zuständig. In den vier staatlichen Schulämtern ist jeweils eine Schulrätin/ein Schulrat
sowie eine Sachbearbeiterin/ein Sachbearbeiter im Bereich der Koordination mit
Migrationsangelegenheiten befasst. Sie nehmen z. B. an Bürgerversammlungen
oder an Sitzungen der Gemeinde- und Stadträte teil, um zu einem guten Kommunikationsprozess beizutragen.
„Runde Tische“ für konkrete Lösungswege vor Ort
Zugleich gibt es an vielen Orten „Runde Tische“ mit den Kommunen, Schulen,
Einrichtungen der Jugendhilfe und den vier staatlichen Schulämtern, um für alle
Betroffenen lokal bestmögliche Lösungswege zu finden. Solche „Runde Tische“
sind landesweit empfehlenswert. Dies ist zum Beispiel besonders dann erforderlich, wenn nur geringe Informationen zur Anzahl und zum Bildungsstand der Kinder und Jugendlichen vorliegen und sie zugleich sehr kurzfristig in eine Kommune
kommen.
Unterricht landesweit gewährleistet
In allen Teilen des Landes wird der Unterricht für die schulpflichtigen Flüchtlingskinder und -jugendlichen gewährleistet. Das erfordert von den Schulträgern
(Kommunen) und den staatlichen Schulämtern starken Einsatz, hohen Abstimmungsbedarf, aber auch gegenseitige Rücksichtnahme. Beispielsweise müssen
zusätzliche Lehrkräfte gefunden werden, und die Schulträger müssen Räumlichkeiten zur Verfügung stellen.
Die staatlichen Schulämter berücksichtigen die steigende Anzahl der Flüchtlingskinder und -jugendlichen bei der Organisation des Unterrichts. Es ist jedoch nicht
immer möglich, dass die Kinder und Jugendlichen kurzfristig nach der Ankunft in
einer Kommune einen Schulplatz erhalten. Dies wird jedoch stets versucht.
Die schulärztliche Untersuchung durch die Gesundheitsämter umfasst die Feststellung des körperlichen
Entwicklungsstandes einschließlich der Untersuchung der Sinnesorgane gemäß § 1 Absatz 3 Satz 1 der
Kinder- und Jugendgesundheitsdienst-Verordnung (vgl. Grundschulverordnung – GV § 4) (Untersuchungsinhalte)
16
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Die Leistungsbewertung von fremdsprachigen Schülerinnen und Schülern erfolgt
im Land Brandenburg auf der Grundlage der für alle Schülerinnen und Schüler
geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften17.
Für fremdsprachige Schülerinnen und Schüler, die erstmals in den Regelunterricht
der Sekundarstufe I übernommen werden, wird der erteilte Unterricht auf dem
Zeugnis bestätigt18. Ist eine Bewertung der Leistungen insgesamt oder in einzelnen Fächern zum Zeitpunkt des Eintritts in die jeweilige Jahrgangsstufe noch nicht
möglich, wird dies unter „Bemerkungen“ auf dem Zeugnis vermerkt.
Sprachförderung durch Eingliederungsverordnung
Allen Schülerinnen und Schülern aus Flüchtlingsfamilien steht Unterricht zu. Die
konkrete Unterstützung der Schulen erfolgt auf Grundlage der Eingliederungsverordnung des Landes19.
Entsprechend dieser Verordnung werden die Gruppen und Kurse „im Rahmen
personeller und schulorganisatorischer Voraussetzungen“ eingerichtet. Aufgrund
der oft sehr unterschiedlichen Vorkenntnisse kann es in manchen, vor allem kleineren Orten, bei der Organisation Schwierigkeiten geben, Deutsch als Zweitsprache (DaZ) in verschiedenen Förderstufen zu unterrichten. Hier gibt es erste Modelle, Kinder und Jugendliche aus mehreren Orten an einem Ort gemeinsam zu fördern. Dies erfordert Transportleistungen durch die Träger der Schülerbeförderung;
die Kreise und kreisfreien Städte. An manchen Orten wird diese Arbeit von Ehrenamtlichen unterstützt.
Das MBJS erarbeitete Handlungsempfehlungen für die Schulen zur Umsetzung
der Eingliederungsverordnung (Bildung von Vorbereitungsgruppen, Förderkursen
und zu einzelnen Übergangsverfahren). Die Empfehlungen sollten die einheitliche
Umsetzung der Eingliederungsverordnung im Land gewährleisten und
waren gleichzeitig für die Planung und Klassenbildung für das Schuljahr
2016/2017 notwendig.
Insbesondere gelten dabei die Regelungen des §§ 57, 60 BbSchulG, der Sekundarstufen I-VO und der VVLeistungsbewertung
17
18
§ 9 Absatz 2 Eingliederungsverordnung (EinglV); siehe nachfolgende Fußnote
Die Eingliederungsverordnung legt u.a. Bestimmungen über die Aufnahme und Fördermaßnahmen von
Schülerinnen und Schülern fest, die über keine Deutschkenntnisse verfügen oder deren Deutschkenntnisse
nicht ausreichen, um am Regelunterricht mit Erfolg teilnehmen zu können. Die Verordnung unterscheidet nicht
nach Herkunftsländern oder Aufenthaltsgründen im Land Brandenburg. Es kann sich ebenso um Kinder von in
Brandenburg arbeitenden EU-Ausländern handeln, wie um Flüchtlingskinder aus dem arabischen Raum. Die
Verordnung ist online abrufbar über:
bravors.brandenburg.de
19
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Finanzielle Unterstützung für Schülerinnen und Schüler
Finanzielle Unterstützung können die jungen Flüchtlinge – ebenso wie andere
Schülerinnen und Schüler – durch den Schulsozialfonds20 für kostenpflichtige
schulische Angebote erhalten. Auf dem Weg zu einem höheren Schulabschluss
bietet das Brandenburger Schüler-BaFöG finanzielle Hilfe (Brandenburgische
Ausbildungsförderung – BbgAföG)21. Auch über das Bildungs- und Teilhabepaket
des Bundes (BuT) ist Unterstützung möglich.22
Auch viele Stiftungen bieten konkrete Hilfe für Zuwanderer und Flüchtlinge an; so
z.B. die START-Stiftung mit einem zweijährigen Stipendienprogramm. Ziel ist die
Vermittlung von Schlüsselqualifikationen für die schulische und berufliche Laufbahn sowie für eine aktive Mitgestaltung am gesellschaftlichen Leben in Deutschland. Das MBJS unterstützt das Programm.23
September 2016: 7.660 Schulpflichtige aus Flüchtlingsfamilien
Im September 2016 wurden 7.660 Kinder und Jugendliche nach der Eingliederungsverordnung an allgemeinbildenden Schulen in öffentlicher Trägerschaft beschult (504 der 717 öffentlichen allgemein bildenden Schulen; ca. 70 % dieser
Schulen). Das sind 3,6 % aller Schülerinnen und Schüler an den öffentlichen
Schulen. Mit weitem Abstand wurden die meisten Einzugliedernden zum 05. September 2016 an Grundschulen unterrichtet (4.940), gefolgt von Oberschulen
(2.084). An Gesamtschulen waren es 284 und an Gymnasien 130. Deshalb schultern die Lehrkräfte an den Grundschulen derzeit die größten Aufgaben der schulischen Integration.
Die Zahl der Einzugliedernden ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen.
In den nachfolgenden Tabellen sind die Kinder und Jugendlichen aus Flüchtlingsfamilien nur eine Teilmenge. Es handelt sich aber um die größte und am stärksten
anwachsende Gruppe.
Wie nachfolgende Tabelle zeigt, ist ihre Anzahl von 780 Schülerinnen und Schülern
im SJ 2010/11 auf 7.660 zum Stichtag 05. September 2016 angestiegen.
20
Schulsozialfonds im Internet: http://www.mbjs.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.144635.de
21
Schüler-BaFöG im Internet: http://www.mbjs.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.213762.de
BuT im Internet: http://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsmarkt/Grundsicherung/Leistungenzur-Sicherung-des-Lebensunterhalts/Bildungspaket/bildungspaket.html
22
23
Infos unter www.start-stiftung.de
Seite 17/47
Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2015/16 2015/16 2016/17
780
844
797
1.122
2.354
(01.09.
(16.12.
(15.02.
(05.09.
2015)
2015)
2016)
2016)
4.278
5.174
5.952
7.660
Tab. 3: Entwicklung der Anzahl der Einzugliedernden an allgemeinbildenden Schulen (ohne berufliches Gymnasium)
in öffentlicher Trägerschaft seit dem Schuljahr 2010/11.
Datengrundlage: Schuldatenerhebungen der Schuljahre 2010/11 bis 2014/15, Blitzumfragen I, II, III und IV 2015/16,
Blitzumfrage I 2016/17
Das Säulendiagramm veranschaulicht den starken Anstieg der letzten Jahre besonders deutlich:
Seite 18/47
Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
Auf die einzelnen Schulämter verteilen sich die 7.660 Einzugliedernde wie folgt:
Schulamt
Kreise
Brandenburg
a. d. H.
Cottbus
Davon
ausschließlich in Vorbereitungsgruppe(n)
Brandenburg an der Havel
163
139
24
Potsdam
976
863
113
Potsdam-Mittelmark
463
423
40
Teltow-Fläming
477
409
68
Cottbus
445
413
32
Dahme-Spreewald
519
438
81
Elbe-Elster
252
228
24
Oberspreewald-Lausitz
310
297
13
Spree-Neiße
409
399
10
Frankfurt (Oder)
177
154
23
Barnim
477
431
46
396
368
28
Oder-Spree
568
484
84
Uckermark
363
311
52
Havelland
496
479
17
Oberhavel
395
383
12
Ostprignitz-Ruppin
431
395
36
Prignitz
343
333
10
7.660
6.947
713
Frankfurt (O.) Märkisch-Oderland
Neuruppin
Einzugliedernde
insgesamt
in Regeklassen1
Land Brandenburg gesamt
Tab. 4:
Einzugliedernde, davon in Regelklassen (1) und Teilnehmer ausschließlich in Vorbereitungsgruppen nach Schulämtern und
Landkreisen
Datengrundlage: Blitzumfrage I 2016/17- Schüler und Klassenbildung an allgemeinen Schulen in öffentlicher Trägerschaft
Stichtag 05.09.2016
Details zu Vorbereitungsgruppen / Förderkurse in Tab. 7 und 8
(1)
-
Es können in der Regel drei Fälle eintreten:
Der Einzugliedernde nimmt am Unterricht in der Regelklasse und an Förderkursen teil.
Der Einzugliedernde nimmt am Unterricht in der Regelklasse und am Unterricht in Vorbereitungsgruppen teil.
Der Einzugliedernde besucht ausschließlich den Unterricht in Regelklassen.
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Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
Details zu den Einzugliedernden in Relation zu den anderen Schülerinnen und
Schülern sowie der jeweils konkrete Schultyp zeigen nachfolgende Tabellen:
alle Schulstufen und gE
Schulamt
Primarstufe
Sekundarstufe I
GOST
Geistige Entwicklung
Schüler
dar. Einzugl.
Schüler dar. Einzugl. Schüler dar. Einzugl. Schüler
dar. Einzugl. Schüler dar. Einzugl.
insg.
abs.
insg.
abs.
in %
15
0,26
436
in %
abs.
in % insg.
abs.
in % insg.
insg.
abs.
in %
Brandenburg an der Havel
55.278 2.079
3,76
30.056 1.561 5,19
18.955
483 2,55
5.831
20 4,59
Cottbus
48.866 1.935
3,96
26.697 1.303 4,88
17.093
624 3,65
4.494
2
0,04
582
6 1,03
Frankfurt (Oder)
60.363 1.981
3,28
34.112 1.330 3,90
20.420
622 3,05
5.009
10
0,20
822
19 2,31
Neuruppin
49.211 1.665
3,38
26.670 1.168 4,38
17.464
471 2,70
4.616
14
0,30
461
12 2,60
Land Brandenburg insgesamt
213.718 7.660 3,58 117.535 5.362 4,56 73.932 2.200 2,98
Tab.: 5: Zahl der Schüler insgesamt, darunter Einzugliedernde, nach Schulämtern und Schulstufen
19.950
41
0,21
2.301
57 2,48
Datengrundlage: Blitzumfrage I 2016/17- Schüler und Klassenbildung an allgemeinen Schulen in öffentlicher Trägerschaft
Stichtag 05.09.2016
alle Schulstufen und gE
Schulform*
Primarstufe
Sekundarstufe I
GOST
Geistige Entwicklung
Schüler
dar. Einzugl.
Schüler
dar. Einzugl. Schüler
dar. Einzugl.
Schüler dar. Einzugl. Schüler dar. Einzugl.
insg.
abs.
insg.
abs.
abs.
insg.
in %
in % insg.
Grundschule
104.469 4.940
Oberschule
38.457 2.084
5,42
8.527
379 4,44
Gesamtschule
15.853
284
1,79
574
Gymnasium
45.932
130
0,28
Förderschule.
7.242
83
1,15
Zweiter Bildungsweg (ZBW)
1.765
139
7,88
in %
abs.
in % insg.
in %
4,73 104.469 4.940 4,73
29.930 1.705
5,70
25 4,36
10.349
236
2,28
4.930
23 0,47
1.617
0 0,00
29.930
119
0,40
14.385
11 0,08
2.348
18 0,77
2.590
8
0,31
3
0 0,00
132 11,65
632
7 1,11
213.718 7.660 3,58 117.535 5.362 4,56 73.932 2.200 2,98
Schulform insgesamt
Tab: 6: Zahl der Schüler insgesamt, darunter Einzugliedernde, nach Schulformen und Schulstufen
19.950
41 0,21
1.133
Datengrundlage: Blitzumfrage I 2016/17- Schüler und Klassenbildung an allgemeinen Schulen in öffentlicher Trägerschaft
Stichtag 05.09.2016
*Die Schulen wurden als Organisations-und Verwaltungseinheit betrachtet.
Dem starken Zuzug steht zugleich ein örtlicher Rückgang von Flüchtlingen gegenüber, da manche Familien an einen anderen Ort außerhalb Brandenburgs
ziehen oder in ihre Heimat zurückkehren (freiwillige Rückkehr oder Abschiebung).
Auch aufgrund dieser starken Fluktuation ist es nicht möglich, tagesaktuell verlässliche, landesweite Zahlen angeben zu können.24
Die Zunahme der Schülerzahlen kann erfreuliche Folgen haben: In Golzow (MOL)
führte die Einschulung von Kindern aus zwei syrischen Flüchtlingsfamilien dazu,
dass zum Schuljahr 2015/16 überhaupt eine erste Klasse eingerichtet werden
Zur Verbesserung der Informationsdichte wurde jedoch ab Mitte Dezember 2015 eine systematische
Datenerfassung über das MBJS-interne Berichtssystem ZENSOS eingeführt. Alle Schulen sind verpflichtet,
dort die Zahl der Einzugliedernden und der Vorbereitungsgruppen und Förderkurse aktuell zu halten.
24
abs.
2.301
57 2,48
2.301
57 2,48
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Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
konnte. Ohne diese Kinder hätte die Schule nicht die notwendige Mindestzahl an
Erstklässlern erreicht, und der Fortbestand der Schule wäre mittelfristig gefährdet
gewesen.
Urkunden für Flüchtlingskinder und ihre „Tandems“ an der Grundschule Golzow (MOL)
In anderen Orten kann es jedoch zu Engpässen kommen, z. B., wenn besonders
viele Kinder und Jugendliche im Umfeld nur einer aufnehmenden Schule leben. In
diesen Fällen sind Schultransporte an andere Orte oder Klassenteilungen notwendig. Dies wird jedoch erst künftig eine größere Rolle spielen, wenn die Flüchtlingskinder und -jugendlichen vermehrt durchgehend am Unterricht in Regelklassen
teilnehmen.
Vorbereitungsgruppen und Förderkurse
An Brandenburgs Schulen in öffentlicher Trägerschaft gibt es insgesamt 197 Vorbereitungsgruppen und 582 Förderkurse (Stand 05.09.2016)25, die von jungen
Flüchtlingen insbesondere in Abhängigkeit ihrer Sprachkenntnisse besucht werden (siehe nachfolgende Tabellen).
Die Inhalte der Vorbereitungsgruppen und Förderkurse überschneiden sich teilweise und werden an den
Schulen teilweise unterschiedlich bezeichnet. Deshalb ist eine klare Trennung nicht immer möglich.
25
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
Seite 21/47
Schulamt
Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
Anzahl
der
dar. mit
Zahl der
dar. Einzu-
Zahl der
Zahl der
Zahl der
Schulen *
Einzugliedernden
Schüler
gliedernde
Vorbereitungs-
Förderkurse
Lehrerwochenstunden
abs.
in %
insg.
abs.
in %
gruppen
Brandenburg an der Havel
168
122
72,62
55.278
2.079
3,76
37
219
1.749
Cottbus
180
121
67,22
48.866
1.935
3,96
40
158
1.524
Frankfurt (Oder)
200
132
66,00
60.363
1.981
3,28
49
81
1.422
Neuruppin
169
129
76,33
49.211
1.665
3,38
71
124
1.511
197
582
6.206
Land Brandenburg insgesamt
717
504
70,29
213.718
7.660
3,58
Tab: 7: Schulen, Schüler insgesamt, Einzugliedernde, Vorbereitungsgruppen, Förderkurse und LWS nach
Schulämtern
Datengrundlage: Blitzumfrage I 2016/17- Schüler und Klassenbildung an allgemeinen Schulen in öffentlicher Trägerschaft
Stichtag 05.09..2016
Schulform
Anzahl der
dar. mit
Zahl der
dar. Einzu-
Zahl der
Zahl der
Schulen *
Einzugliedernden
Schüler
gliedernde
Vorbereitungs-
Förderkurse
abs.
in %
insg.
abs.
in %
Zahl der
Lehrerwochenstunden
gruppen
Grundschule
404
304
75,25
104.469
4.940
4,73
110
439
3.817
Oberschule
117
108
92,31
38.457
2.084
5,42
78
95
2.054
Gesamtschule
22
18
81,82
15.853
284
1,79
5
19
196
Gymnasium
77
38
49,35
45.932
130
0,28
1
25
78
Förderschule insg.
80
28
35,00
7.242
83
1,15
0
3
5
Zweiter Bildungsweg
17
8
47,06
1.765
139
7,88
3
1
56
197
582
6.206
Schulformen insgesamt
717
504
70,29
213.718
7.660
3,58
Tab: 8: Schulen, Schüler insgesamt, Einzugliedernde, Vorbereitungsgruppen, Förderkurse und LWS nach
Schulformen
Datengrundlage: Blitzumfrage I 2016/17- Schüler und Klassenbildung an allgemeinen Schulen in öffentlicher Trägerschaft
Stichtag 05.09.2016
*Die Schulen wurden als Organisations-und Verwaltungseinheit betrachtet.
Der Unterricht in Förderkursen dient in der Regel der Weiterentwicklung deutscher
Sprachkenntnisse. Dieser Unterricht kann nach Lernfortschritten in der deutschen
Sprache auch genutzt werden, um fehlende Kenntnisse in den Unterrichtsfächern
auszugleichen. Die Schüler sollen nicht länger als zwei Schuljahre an einem Förderkurs teilnehmen. Es können Schüler verschiedener Sprachzugehörigkeiten, aus
verschiedenen Jahrgangsstufen und aus verschiedenen Schulen gemeinsam unterrichtet werden.
Der Unterricht in Vorbereitungsgruppen dient vorwiegend dem intensiven Erlernen
der deutschen Sprache, der Alphabetisierung und der Vorbereitung auf die vollständige Teilnahme am Regelunterricht sowie der durchgängigen Sprachförderung
und der sozialen Integration. Die Schüler verbleiben in der Regel in den Jahr-
Seite 22/47
Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
gangsstufen 1 bis 3 bis zu 6 Monate, in den Jahrgangsstufen 4 bis 10 bis zu 12
Monate in der Vorbereitungsgruppe. Während des Besuchs der Vorbereitungsgruppe soll eine Teilnahme am Regelunterricht in den Fächern Sport, Musik,
Kunst, Wirtschaft-Arbeit-Technik (W-A-T) und Sachunterricht erfolgen. In Abhängigkeit von den individuellen Sprachfortschritten kann die Teilnahme am gemeinsamen Regelunterricht auf weitere Fächer ausgeweitet werden.
Zusätzliches Personal bei Bedarf
Die Schulen in öffentlicher Trägerschaft werden mit Lehrerwochenstunden (LWS)
entsprechend den gemeldeten Schülerzahlen und aufgrund möglicher Besonderheiten ausgestattet. Steigen die Schülerzahlen, z. B. durch Flüchtlingskinder, erhalten sie zusätzliche LWS. Die zusätzlichen Lehrkräfte für die Einrichtung von
Vorbereitungsgruppen und Förderkursen oder auch zur Unterstützung in den Regelklassen werden von den vier staatlichen Schulämtern eingestellt; der zeitliche
Umfang richtet sich nach dem konkreten Bedarf.
Für das Schuljahr 2015/2016 wurden den vier staatlichen Schulämtern dafür 359
Planstellen und Stellen (240 VZE und 119 Beschäftigungspositionen) zur Verfügung gestellt. Im Schuljahr 2016/2017 können weitere 260 Planstellen für die personelle Absicherung von Unterrichtsangeboten für Kinder und Jugendliche mit
Migrationshintergrund eingesetzt werden. Insgesamt stehen damit zunächst bis zu
619 Planstellen und Stellen zusätzlich zur Verfügung.
Für diese zusätzlichen Stellen in den Schuljahren 2015/2016 und 2016/2017 fallen
bis Ende des Jahres 2016 Personalausgaben in Höhe von etwa 30 bis 35 Mio.
Euro an. Davon entfielen auf das Haushaltsjahr 2015 bis zu 4 Mio. Euro und auf
das Haushaltsjahr 2016 mit der Verabschiedung des Nachtragshaushalt 2016 am
10. März 2016 bis zu 30 Mio. Euro. Rein rechnerisch werden davon für die Vorbereitungsgruppen und Förderkursen etwa 40 Prozent verwendet, das entspricht bis
Ende des Haushaltsjahres 2016 etwa 12 bis 14 Mio. Euro.
In manchen Regionen des Landes wird es jedoch schwierig sein, kurzfristig ausreichend qualifizierte Lehrkräfte zu finden. Auch deshalb wird es erforderlich sein,
vermehrt Seiteneinsteiger im Landesdienst zu beschäftigen26. Von Vorteil sind
entsprechende berufliche Erfahrungen im pädagogischen Umgang mit Kindern,
zum Beispiel durch eine berufliche Tätigkeit in der Kindertagesbetreuung oder im
Rahmen des schulischen Vertretungsbudgets.
26
Informationen zu Seiteneinsteigern über: www.mbjs.brandenburg.de
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
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Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
Die staatlichen Schulämter reaktivieren auch Lehrkräfte, die bereits in den Ruhestand gegangen sind. Im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaktes des Bundes
(BuT) ist an einigen Schulen Personal eingesetzt, das die Lehrkräfte im Unterricht
unterstützt. Manche Kommunen setzen Bundesfreiwillige (BuFdi) als Flüchtlingshelfer an Schulen ein.
Es wird auch versucht, Migranten als Lehrkräfte oder Unterstützer in die Gruppen
und Kurse zu nehmen, da sie hervorragende Kultur- und Sprachmittler sein können. Beispielsweise nimmt diese Aufgabe ein aus Marokko kommender Migrant
an einer Schule in Elsterwerda (EE) wahr.
Die Universität Potsdam bietet ein bundesweit bisher einzigartiges Qualifizierungsprogramm für Flüchtlinge an, die eine Lehrerausbildung haben: Nach einem
intensiven Sprachkurs können sie seit Herbst 2016 an einer Fortbildung teilnehmen, bei der sie das deutsche Schulsystem kennenlernen und in Schulen hospitieren. Diese Pädagogen können, so das Konzept der Uni, als „Brückenbauer“
sprachlich und kulturell zwischen den neuen Schülern, deren Eltern und der Schule vermitteln. Zugleich hat das Angebot auch einen Mehrwert für die deutschen
Lehramtsstudierenden. Sie können ebenfalls an dem Aufbaukurs teilnehmen und
sich über die Schulsysteme der Herkunftsländer der Flüchtlinge informieren. Das
wiederum wäre ein Vorteil, wenn sie später Kinder aus diesen Regionen unterrichten.27
Materialien für die Schulen
Brandenburgs öffentliche Schulen haben im Oktober 2015 vom MBJS umfangreiche Materialien zur Beschulung von Flüchtlingen erhalten. Diese Handreichungen
werden laufend ergänzt und der aktuellen Entwicklung angepasst.
Dazu zählt z. B. ein Leitfaden zur Umsetzung der Schulpflicht in Brandenburg.
Darin werden neben den Regelungen zur Aufnahme der Kinder und Jugendlichen
in die einzelnen Schulformen auch Fragen beantwortet, mit denen die Schulen
regelmäßig konfrontiert werden. Dazu gehört das sogenannte Ü7-Verfahren
(Übergang in die Jahrgangsstufe 7) und die Möglichkeiten des Erreichens der
verschiedenen Schulabschlüsse.
Informationen zum Angebot der Uni Potsdam:
http://buendnis-fuer-brandenburg.de/2016/02/26/uni-potsdam-sucht-lehrer/
http://www.uni-potsdam.de/studium/data-storage/zielgruppenbereich/refugees/
27
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
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Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
Darüber hinaus erarbeitet das MBJS gemeinsam mit dem Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) Materialien (u. a. auf der Grundlage
des europäischen Sprachenportfolios), mit dem der Stand der Sprachentwicklung
bei den Kindern und Jugendlichen im Übergang aus den Vorbereitungsgruppen
bzw. Clearingstellen in den Regelunterricht erfasst werden kann. Diese Materialien werden künftig auf dem Bildungsserver Berlin-Brandenburg (bbb) zur Verfügung gestellt, andere sind bereits eingestellt28.
Vorgesehen ist auch, eine Plattform einzurichten, in der Fragen an das MBJS
gerichtet werden können, die sich im Zusammenhang mit der Beschulung der
Flüchtlinge ergeben. Häufig gestellte Fragen und Antworten sollen an dieser Stelle systematisiert veröffentlicht werden. Dazu gehören praktische Fragen wie z. B.
die Durchsetzung des gemeinsamen Schwimmunterrichts von Mädchen und Jungen, das Tragen eines Kopftuches, die (Fleisch-)Angebote in einer Schulkantine29
oder Hinweise zum Ramadan.
Für Deutsch als Zweitsprache (DaZ) ist es notwendig, eine curriculare Grundlage
für den Unterricht zum Erwerb der deutschen Sprache in den Vorbereitungsgruppen und Förderkursen zu entwickeln. Dazu wird in Kooperation mit der Universität Potsdam und dem LISUm eine curriculare Handreichung entwickelt.
Angebote zur Qualifizierung der Lehrkräfte
Der Sprachunterricht erfolgt nach Möglichkeit durch speziell ausgebildete Lehrkräfte. Deshalb startete im August 2014 am LISUM der erste zweijährige Kurs der
Fortbildungsreihe „Lehrerqualifizierung zur Begleitung und Förderung des Zweitspracherwerbs von Schüler/-innen mit Migrationshintergrund“ mit 55 Teilnehmenden; ca. 50 % haben im Sommer 2016 den Kurs mit einem Zertifikat abgeschlossen. Im Schuljahr 2015/2016 begann der zweite Kurs mit etwa 75 Teilnehmenden;
fast alle Kolleginnen und Kollegen aus diesem Zyklus sind am Erwerb des Zertifikats im Sommer 2017 interessiert. Gegenwärtig befinden sich weitere 70 Lehrkräfte in dieser Qualifizierung, die im September 2016 mit dem dritten Fortbildungszyklus im LISUM gestartet sind und den Kurs im Sommer 2018 abschließen werden.
28
http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/themen/interkulturelle-bildung/fluechtlinge/
Mit dieser Thematik befasst sich auch die Vernetzungsstelle Schulverpflegung des Landes Brandenburg
(www.schulverpflegung-brandenburg.de). So bot sie bereits entsprechende Fortbildungsangebote für Caterer
an.
29
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
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Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
Sprachunterricht an Weidenhof-Grundschule Potsdam (integriert in Regelklasse)
Die Fortbildung besteht aus einer Basisqualifizierung mit sieben Bausteinen im
Rahmen jeweils ganztägiger Veranstaltungen im ersten und einer obligatorischen Erweiterungsqualifizierung im zweiten Fortbildungsjahr. Dafür werden
zwei Wahlthemen im Rahmen von jeweils vier ganztägigen Veranstaltungen
angeboten: (1) „Alphabetisierung und Zweitspracherwerb“ und (2) „Pädagogische Arbeit mit Migranten- und (traumatisierten) Flüchtlingskindern“. Der Erwerb
des Zertifikats ist u.a. an den Besuch aller Veranstaltungen der Basisqualifizierung und von vier Veranstaltungen eines Wahlthemas innerhalb der Erweiterungsqualifizierung gebunden. Das Konzept der Qualifizierung hat sich bewährt;
alle Veranstaltungen sind evaluiert und als Bausteinkonzept für die Arbeit an
den Schulen als Unterstützung befunden worden.
Brandenburgs Lehrkräfte haben großes Interesse an diesen Kursen. Eine Abfrage im November 2015 ergab, dass etwa 400 Lehrkräfte diese Zusatzqualifikation anstreben.
Das LISUM hat das Ausbildungskonzept entsprechend der vorliegenden Erfahrungen modifiziert und zur Anwendung an das An-Institut der Universität WiB
e.V. (Weiterqualifizierung im Bildungsbereich) übergeben. WiB e.V. hat im Oktober 2016 damit begonnen, zusätzlich weitere 375 Lehrkräfte berufsbegleitend
zu qualifizieren. Die Qualifizierung wird in 15 Gruppen zu jeweils 25 Personen in
den 4 Schulamtsbereichen erfolgen.
Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass die überwiegende Zahl
insbesondere der jüngeren Flüchtlingskinder und -jugendlichen sehr engagiert und
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
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Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
wissbegierig am Unterricht teilnimmt. Diejenigen, die bereits in ihrer Heimat zur
Schule gingen, haben häufig sehr gute Kenntnisse im naturwissenschaftlichen
Bereich und oft nur geringe Probleme, inhaltlich dem Unterricht zu folgen, sofern
keine Sprachbarrieren vorliegen. Es gibt aber auch immer wieder besonders problematische Situationen, z. B. durch Analphabetismus oder Traumatisierungen.
Unterricht und Förderung sind im Hinblick auf den Erwerb bildungssprachlicher
Kompetenzen und damit auf das Erreichen der Bildungsstandards auszurichten.
Dolmetscherleistungen häufig notwendig
Aufgrund fehlender oder unzureichender Deutschkenntnisse sind für die zu führenden Gespräche zwischen Eltern und z. B. Schulleitung häufig Dolmetscher
erforderlich. Die Bereitstellung und Finanzierung von Dolmetschern liegen in der
Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte, die für die Umsetzung des
Asylbewerberleistungsgesetzes verantwortlich sind (§ 6 Abs. 1 AsylbLG). Sofern
die Möglichkeit einer unentgeltlichen Sprachmittlung durch Bekannte, Verwandte
oder sonstige Personen besteht, sollte diese jedoch in Anspruch genommen werden.
Falls sich die Kinder und Jugendlichen noch in der EAE Eisenhüttenstadt oder
einer Außenstelle befinden, ist nach dem Landesaufnahmegesetz die Zentrale
Ausländerbehörde (ZABH) für die Dolmetscherleistungen zuständig.
RAA : Wichtiger Partner der Schulen und Kommunen
Ein wichtiger Kooperationspartner der Schulen sind die sechs Regionalstellen
der RAA (Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie). Für
sie ist die Integration von Asyl- und Flüchtlingskindern ein zentraler Arbeitsschwerpunkt. Mit finanzieller Unterstützung durch das MBJS arbeiten dort 10
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen des Projekts „Interkulturelle Öffnung
Brandenburger Schulen“.
Sie nehmen zugleich regelmäßig an regionalen Diskussionsveranstaltungen teil
und informieren über Zusammenhänge. Häufig übernehmen sie dabei auch eine
Moderatorenfunktion.
Seit Mitte April 2016 steht allen Brandenburger Schulen ein von der RAA in Zusammenarbeit mit dem MBJS entwickelter mehrsprachiger Elternbrief („Herzlich
Willkommen“) kostenlos zum Download zur Verfügung. Er informiert neue Schülerinnen und Schüler sowie ihre Eltern über den Alltag und die Abläufe an der aufnehmenden Schule. Der 4-seitige Willkommens-Brief ist insbesondere für die Nut-
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
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Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
zung an Grundschulen konzipiert, und ist in den Sprachen Deutsch, Arabisch,
Englisch, Farsi (Persisch), Französisch und Russisch verfügbar.30
Freie Schulen als Partner
Auch einige Schulen in freier Trägerschaft (SifT) haben bereits Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien aufgenommen. Das MBJS begrüßt, dass sich
die freien Schulen dieser Herausforderung stellen. Ebenso wie öffentliche Schulen
gibt es auch private Schulen, die in Willkommensinitiativen aktiv sind. Mit Stand
von Ende September 2015 besuchten 174 Einzugliedernde SifT. Darunter machten 54 Kinder und Jugendliche polnischer Herkunft den größten Anteil aus, gefolgt
von Kindern und Jugendlichen aus Afghanistan (33), China (18) und Syrien (14)31
.
Zukünftig sollen zusätzliche Finanzierungshilfen für Schülerinnen und Schülern mit
Flüchtlingshintergrund über antragsabhängige Zuwendungen gemäß §§ 44, 23 der
Landeshaushaltsordnung (LHO) erfolgen. Die beidseitige Vertragsfreiheit zur Begründung des Schulverhältnisses bleibt dabei gewahrt. Einzelheiten des Zuwendungsverfahrens sollen über eine Richtlinie geregelt werden.
5.3. Berufliche Bildung
Berufsschulpflicht unter bestimmten Voraussetzungen
Im Land Brandenburg besteht nach der Vollzeitschulpflicht die Berufsschulpflicht.
Wer vor Vollendung des 21. Lebensjahres eine Berufsausbildung beginnt, ist bis
zum Ende der Ausbildung berufsschulpflichtig. Dies bedeutet im Regelfall Unterricht an einem der 25 Oberstufenzentren (OSZ) in öffentlicher Trägerschaft in Verbindung mit praktischer Betriebsausbildung (Duales System).32
Für alle anderen Jugendlichen endet die Berufsschulpflicht mit Ablauf des Schuljahres, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden. Alle berufsschulpflichtigen Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz können in entsprechende Bildungsgänge der
Berufsschule und Berufsfachschule aufgenommen werden. Die gelegentlich geäußerte Annahme, eine Schulpflicht liege nicht mehr vor, wenn im Heimatland ein
Schulabschluss erreicht wurde, ist damit nicht richtig. Dies gilt nur für ein abgeschlossenes Abitur.
Link zum Elternbrief: http://www.raa-brandenburg.de/PublikationenMaterialien/tabid/124/Default.aspx
Datengrundlage: Schuldatenerhebung 2015/16 (Stichtag: 02.11.2015). Hierzu liegen keine aktuelleren
Daten vor.
32 Bbg. Schulgesetz §39/§ 36 Abs. 2, siehe: bravors.brandenburg.de
30
31
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
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Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
An den OSZ werden folgende Bildungsgänge für berufsschulpflichtige Jugendliche
ohne Ausbildungsvertrag angeboten:
a.
Bildungsgänge zur Vertiefung der Allgemeinbildung und zur Berufsorientierung oder Berufsvorbereitung (BVB) der Bundesagentur für Arbeit (BA):
 Zuweisung der Schülerinnen und Schüler durch die BA
 i.d.R. ein Schuljahr
 Unterricht in Teilzeit mit 7 bis 16 Unterrichtsstunden pro Woche
 Unterrichtsorganisation im Benehmen mit dem Maßnahmenträger
 zumeist sind die Teilnehmer über 18 Jahre alt.
b.
Bildungsgang der Berufsfachschule zum Erwerb beruflicher Grundbildung
und zum nachträglichen Erwerb eines gleichgestellten Schulabschlusses
der Sekundarstufe I (BFS-G33):
 i.d.R. ein Schuljahr
 Unterricht in Vollzeit.
Berufsschulpflichtige Jugendliche mit Ausbildungsvertrag:
 Beschulung erfolgt in der Berufsschule mit zusätzlicher Sprachförderung.
Die Wege für berufsschulpflichtige Jugendliche im Übergang von Schule – Ausbildung – Beruf nach Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtung zeigt das Schaubild
auf S. 32.
Neuer Bildungsgang zu beruflicher Grundbildung
(BFS-G-Plus)
Für die Gruppe der berufsschulpflichtigen ausländischen Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz und ohne ausreichende Deutschkenntnisse wurde zum 1. Februar
2016 (Beginn 2. Schulhalbjahr) die Möglichkeit eines neuen, zweijährigen Bildungsgangs geschaffen.
Diese so genannten BFS-G-Plus-Klassen für jugendliche Flüchtlinge sind an den
OSZ eingerichtet. Es sind ihre Regelklassen. Der Unterricht beinhaltet u. a.
Spracherwerb, berufliche Orientierung, Praxislernen, Unterrichtsfächer wie
Deutsch, Mathematik, Kommunikation und Politische Bildung.

Grundlage bildet die Berufsgrundbildungsverordnung, die zum 1. Februar
2016 in Kraft trat.

Mit BFS-G-Plus wird die bisherige Beschulung von Berufsschulpflichtigen34
um eine neue Bildungsgangvariante erweitert. Sie wird der Zielgruppe gerecht
BFS-G: Bildungsgang der Berufsfachschule zum Erwerb beruflicher Grundbildung und von gleichgestellten
Abschlüssen der Sekundarstufe I
34 Die Berufsschulpflicht ist in § 39, Abs. 3 des BbgSchulG geregelt
33
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
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Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
und greift den besonderen Bedarf an Sprachförderung und beruflicher Orientierung auf. Damit wird an das System der beruflichen Bildung in Deutschland
und an den deutschen Arbeitsmarkt herangeführt.

Jugendliche Flüchtlinge können im Bildungsgang BFS-G-Plus einen der Berufsbildungsreife bzw. der erweiterten Berufsbildungsreife gleichgestellten Abschluss erwerben.

Zielgruppe sind berufsschulpflichtige Flüchtlinge ohne Ausbildungsplatz und
ohne ausreichende Deutschkenntnisse, begleitete (Familien) sowie unbegleitete minderjährige Ausländer.

Berufsübergreifende Fächer (Deutsch, Mathematik, Sport, Wirtschaft- und
Sozialkunde, ev. Englisch) und berufsbezogene Fächer (berufliche Orientierung) werden zweijährig unterrichtet.

BFS-G-Plus soll in allen Landkreisen und kreisfreien Städten angeboten werden.
Ein Übergang in eine Ausbildung ist möglich und auch gewünscht. Dann erfolgt die Aufnahme in die entsprechende Klasse der Berufsschule.


Ältere Jugendliche können nach Maßgabe freier Plätze aufgenommen werden35.
Im Bildungsgang BFS-G-Plus werden mit Stand vom 26.September 2016 1.313
Jugendliche an 22 OSZ beschult. Die durchschnittliche Klassengröße liegt bei
17,5 Schülerinnen und Schülern. Die tatsächlichen Schülerzahlen pro Klasse variieren stark in Abhängigkeit vom Standort und der personellen Ausstattung des
OSZ. Um einen möglichst erfolgreichen Übergang in eine berufsvorbereitende
Maßnahme (EQ-welcome36, BvB etc.) bzw. in die Ausbildung zu erreichen, die
auch mit einer weiteren Beschulung am OSZ verbunden ist, ist ein verlässliches
Angebot an Praktikumsplätzen für Flüchtlinge im Bildungsgang BFS-G-Plus notwendig. Ein Engagement der Wirtschaft ist an dieser Stelle unerlässlich. Das Land
Brandenburg stimmt die Maßnahmen zur Integration von jungen Flüchtlingen in
eine Ausbildung deshalb sowohl mit den Agenturen für Arbeit als auch den Wirtschafts- und Sozialpartnern ab.
35
36
geregelt in § 4 Abs. 4 der Berufsgrundbildungsverordnung
EQ-welcome Einstiegsqualifizierung der BA
Ministerium für Bildung,
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Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
Folgende Standorte haben BFS-G-Plus-Klassen eingerichtet:
Schulamt FF
Schulamt NP
Schulamt CB
Schulamt BRB
OSZ Oder-Spree
OSZ OPR
OSZ Lausitz
OSZ Reichstein BRB
OSZ Uckermark
OSZ Havelland
OSZ Cottbus
OSZ Teltow PM
OSZ MOL
OSZ Maurer OHV
OSZ LDS
OSZ Potsdam I
OSZ Wachsmann FF
OSZ Mendheim OHV
OSZ EE
OSZ I PM
OSZ Barnim II
OSZ PR
OSZ I SPN
OSZ Werder
OSZ II SPN
OSZ Johanna Just
Potsdam
Das MBJS hat im Juni 2016 zur Bestandsaufnahme und zur Ableitung weiterer
Maßnahmen im 2-jährigen Bildungsgang BSF-G-Plus Fachtage für die dort eingesetzten Lehrkräfte durchgeführt. Zum Schuljahr 2016/2017 wurden in allen Schulamtsbezirken Fachberater für BFS-G-Plus berufen, deren Aufgaben fachliche
Beratung und Unterstützung von OSZ zur Unterrichtsorganisation im Bildungsgang BFS-Grundbildung-Plus sein wird.
In Abstimmung mit dem BMBF und im Rahmen der Bund-Länder-Vereinbarung
„Bildungsketten“ werden derzeit Modellmaßnahmen zur Durchführung von Werkstatttagen für Schülerinnen und Schüler im Bildungsgang BFS-G-Plus beraten.
Diese sollen in allen drei Handwerkskammerbezirken im Land Brandenburg stattfinden. Während der Werkstatttage haben die Jugendlichen die Möglichkeit fünf
Berufsfelder kennenzulernen, ihre eigenen Interessen zu identifizieren und so
gezielt in Richtung einer dualen Ausbildung vorbereitet zu werden. Die Maßnahmen haben im Schuljahr 2016/2017 begonnen.
Förderung
Sofern die berufsschulpflichtigen Flüchtlinge mit Ausbildungsvertrag in entsprechenden Bildungsgängen der Berufsschule aufgenommen werden, haben sie
einen Anspruch auf Förderung beim Erlernen der deutschen Sprache. Wie bei
anderen Schulformen besteht die Möglichkeit zur Einrichtung schulübergreifender
Kurse bzw. Gruppen. Die Entscheidung dazu trifft das zuständige staatliche
Schulamt.
Unterstützung durch Bundesagentur für Arbeit und Bundesprogramm
Für jugendliche Ausländerinnen und Ausländer bestehen beim Berufseinstieg
mehrere Fördermöglichkeiten für Berufsorientierungsmaßnahmen, Berufseinstiegsbegleitung und Einstiegsqualifizierung37.
Berufsorientierungsmaßnahmen nach § 48 SGB III, Berufseinstiegsbegleitung nach § 49 SGB III,
Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III
37
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Jugend und Sport
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Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
Sie bieten die Möglichkeit
 der individuellen Sprachförderung,
 der Vermittlung von Lebensweltbezug und
 der sozialen Integration.
Angestrebt werden je nach Ausgangslage
 die berufliche Orientierung,
 der Erwerb hinreichender Sprachkenntnisse,
 die Vorbereitung zum Erwerb gleichgestellter Abschlüsse.
Die Zugangsvoraussetzungen und Fördermöglichkeiten sind abhängig vom Aufenthaltsstatus.
In allen Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes Brandenburg werden
Jugendliche mit Migrationshintergrund unter Einbeziehung der Eltern durch bundesfinanzierte Jugendmigrationsdienste beraten und – orientiert an den aktuellen
Problemlagen – bei ihrer beruflichen Entwicklung unterstützt.
Ansprechpartner zur Anerkennung / Führung ausländischer Abschlüsse:
Anerkennung ausländischer schulischer Abschlüsse:
Staatliches Schulamt Cottbus, Ref. 1, Zeugnisanerkennung;
Katrin Rimpel,
[email protected] 0355 - 4866 521
Anerkennung ausländischer Lehrerabschlüsse (Beratung):
Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Referat 36;
Dr. Gabriele Jachmann,
[email protected] 0331- 866 3934
Christiane Nickol,
[email protected] 0331 - 866 3936
Führung ausländischer Hochschulgrade:
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur;
Beate Grüneberg,
[email protected] 0331 - 866 4744
Anerkennung ausländische Berufsabschlüsse:
Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern
Beratungsstellen zur Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen
im IQ Netzwerk Brandenburg:
www.anerkennung-brandenburg.de
Polina Fromiller, [email protected]; 0331 866-5373
Dina Ulrich; [email protected]; 0331 866-5375
Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
für Arbeit (BA)
erfasst Daten, leitet Planzah-
gewünschter
Austausch
nach §36 BbgSchulG
terkunft
Schulpflicht setzt ein
Erziehung
Einrichtungen der Hilfe zur
ung von der Berufsschulpflicht
Wohnung / Gemeinschaftsun-
fachlicherer
Austausch
schließen entsprechend
Aufnahmemöglichkeit seit 2. Schulhalbjahr 2015/16
§10 EinglV
reitungsgruppen an OSZ nach
von schulübergreifenden Vorbe-
beraten, entscheiden und be-
konferenzen
Fachkonferenzen bzw. Klassen-
nung sowie weiterer Vorschriften
jeweiligen Bildungsgangverord-
§§39; 54 BbgSchulG und der
Aufnahme am OSZ, entsprechend
Schulleiter/in entscheidet über die
gruppe/n am OSZ nach §10 EinglV
Einrichtung von Vorbereitungs-
Schulleiter/in entscheidet über
- zur Erfüllung der Berufsschulpflicht –
• mit Ausbildungsvertrag und Berufsschulpflichterfüllung
• mit Ausbildungsvertrag ohne Berufsschulpflicht
(Gastschülerverhältnis möglich)
• für Teilnehmer berufsvorbereitender Maßnahmen
(BvB) der BA
• für Teilnehmer Einsteigerqualifizierung (Ü18) auf
Antrag möglich
• Berufsschulpflichtige ohne Ausbildungsvertrag
bzw. ohne Maßnahmen BA werden in den Bildungsgang Berufsfachschule
• Berufsschulpflichtige ohne Ausbildungsvertrag,
ohne Maßnahme BA, die über keine Ausreichende Deutschkenntnisse verfügen, werden in den
Bildungsgang BFS-G-Plus aufgenommen
• Berufsschulpflichtige ohne Ausbildungsvertrag
bzw. ohne Maßnahmen BA werden in den Bildungsgang Berufsfachschule Grundbildung (BFSG) aufgenommen
• Berufsschulpflichtige ohne Ausbildungsvertrag,
ohne Maßnahme BA, die über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfügen, werden in den
Bildungsgang BFS-G-Plus aufgenommen.
Flucht und Asyl / MBJS /Dezember 2016
-entscheiden über Einrichtung
-prüfen ggf. Anträge zur Befrei-
Informationen an die OSZ weiter
Jugendlichen informiert, leiten
- werden über Ankunft der
Staatliche Schulämter
sorgen für Zuweisung in
Gebietskörperschaften
Minderjähriger
hutnahme alleinreisender
b) Clearingstellen zur Inob-
Beschulungsmöglichkeiten am OSZ
maßnahmen
a) Zentraler Aufnahmebehör-
Informationsaustausch
entscheidet über Zuweisung von Förder-
in
Oberstufenzentrum
EQ-Wellcome (regionale Maßnahme BA)

Sozialgesetzbuch (SGB II bzw. III)
rung…
de (ZABH)
Perspektive für junge Flüchtlinge (PerjuF)

Berufsvorbereitende Maßnahmen (BvB)

prüft Möglichkeiten der Förderung nach
Einstiegsqualifizierung (EQ)

Förderinstrumente:
tersuchung, Sprachförde-
len weiter, organisiert Erstun-
Regionaldirektion der Bundesagentur
Erstaufnahme
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Ministerium für Bildung,
Jugend und Sport
Ministerium für Bildung ,
Jugend und Sport
6.
Weiterbildung
Die Integration und Bildung erwachsener Flüchtlinge sind Aufgaben der Weiterbildung. Für die Erwachsenen oder auch jungen Erwachsenen, die ihren Schulbesuch abgeschlossen haben, ist Weiterbildung, insbesondere in der deutschen
Sprache, erforderlich, z.B. zur notwendigen Integration in den Arbeitsmarkt und in
die Gesellschaft. Im Land Brandenburg bieten das viele Weiterbildungseinrichtungen an.
Im Bereich der Bildung von Flüchtlingen, der aktuell vor allem durch Deutsch-,
Orientierungs- und Integrationskurse geprägt ist, sind parallel mehrere Akteure
aktiv. Dazu gehören das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das
Land, die Kommunen, die Bundesagentur für Arbeit (BA) und zahlreiche zivilgesellschaftliche Gruppen. Sie alle tragen zur Qualifikation dieser wachsenden Zielgruppe bei. Dadurch entfaltet sich eine große Dynamik, aber auch eine gewisse
Unübersichtlichkeit, die die notwendigen Planungen auf regionaler Ebene erschweren. Eine gute Abstimmung der verschiedenen Anbieter ist deshalb dringend erforderlich.
Sprachkurse für Erwachsene
Anfang 2016 führte das MBJS eine Umfrage unter den Volkshochschulen (VHS)
im Land Brandenburg zu ihrem aktuellen Angebot an Kursen für „Deutsch-alsFremdsprache“ durch. Nach diesen Selbstauskünften bieten 19 der 20 Brandenburger VHS insgesamt mehr als 250 entsprechende Kurse an, darunter 31 Integrationskurse des BAMF. Die Kurse bieten Plätze für insgesamt ca. 4.500 Teilnehmende, davon 540 Plätze in den Kursen des BAMF.
Die Kurse der VHS wie auch der Weiterbildungseinrichtungen in freier Trägerschaft, die in diesem Bereich neben den VHS aktiv sind, werden aus unterschiedlichsten Quellen finanziert: Vom Bund, vom Land, aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und aus kommunalen oder anderen Eigenmitteln. Der finanzielle
Mehrbedarf für die Organisation und die Durchführung von Lernangeboten wird
übereinstimmend hervorgehoben.
Genauso wichtig wie die Finanzierung wird auch die Fortbildung von Kursleitungen
eingeschätzt. Fortbildung und Zusatzqualifikationen sind für bereits aktive Lehrkräfte erforderlich. Zusätzlich müssen weitere Kursleitungen für die Aufgabe der
Vermittlung von Deutsch als Zweitsprache (DaZ) qualifiziert werden. Fortbildungsbedarf besteht auch für die Alphabetisierung von Flüchtlingen.
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Flucht und Asyl / MBJS / November 2016
Fortbildung für Lehrkräfte / Weiterbildungsscheck
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Weiterbildungseinrichtungen wurden
Unterstützungsstrukturen aufgebaut. So bietet z. B. das Landesinstitut für Schule
und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) seit 2015 regelmäßig Veranstaltungen
zur Fortbildung von Kursleitungen zur Alphabetisierung von Flüchtlingen an. Erste
Veranstaltungen zur Stärkung der interkulturellen Kompetenz für die Erwachsenenbildung fanden im ersten Halbjahr 2016 statt, weitere folgen. Ergänzend finden
am LISUM Fachtagungen zum Thema "Flucht und Migration, Willkommenskultur und
Integration als Aufgaben in der Weiterbildung" statt.
Das MBJS fördert im Jahr 2016 Weiterbildungsveranstaltungen für die zahlreichen
Ehrenamtlichen, die im Land Brandenburg Alphabetisierungs- und Sprachkurse für
Flüchtlinge anbieten. Sie müssen geeignete Lern- und Lehrmaterialien auswählen
und den Sprachunterricht didaktisch und methodisch gestalten können. In den
Lerngruppen kommen Flüchtlinge aus unterschiedlichen Kulturen zusammen.
Ehrenamtliche brauchen für diese Aufgabe interkulturelle Kompetenzen. Erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Ehrenamtlichen, Kursleitungen und anderen Berufsgruppen verbessert die Sprachangebote und die Integration. Deshalb werden
vom MBJS auch Weiterbildungsangebote gefördert, die diese Zusammenarbeit
ermöglichen und qualifizieren.
Beschäftigte von Weiterbildungseinrichtungen in freier Trägerschaft können den
Bildungsscheck zur Förderung von Weiterbildungen, z. B. im Bereich DaZ, nutzen.
Der Bildungsscheck Brandenburg fördert die Teilnahme an einer individuellen,
arbeitsplatzunabhängigen beruflichen Weiterbildungsmaßnahme finanziell. Eine
Beratung erfolgt durch die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB)38.
Die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung (BLzpB) unterstützt
die Willkommenskultur mit Veranstaltungen, Publikationen und der Förderung z. B.
von Willkommensinitiativen und Fortbildungen für ehrenamtliche Helferinnen und
Helfer.
Angebote zur Sprachvermittlung
Das MBJS fördert von Mai 2016 bis zum 31.12.2016 „Einführende Grundkurse
zum Erlernen der deutschen Sprache - Alphabetisierung in der Zweitsprache
Deutsch“ für Flüchtlinge ab 16 Jahren, die in ihrem Herkunftsland keine Chance
hatten, Lesen und Schreiben zu lernen. Die Kurse haben einen Umfang von 100
Unterrichtseinheiten. Sie werden von fachlich einschlägig qualifizierten Kursleitungen durchgeführt.
38
Link zur beruflichen Weiterbildung: www.ilb.de
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Jugend und Sport
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Flucht und Asyl / MBJS / November 2016
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bietet verschiedene
Unterstützungsleistungen: Es fördert das Projekt „Einstieg Deutsch“, in dem
Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive eine sprachliche Erstförderung erhalten.
Das Angebot besteht aus den Komponenten „Deutschunterricht mit Lehrkräften“
sowie „Vertiefendes Lernen und Exkursionen mit ehrenamtlicher Lernbegleitung“.
Das vom Deutschen Volkshochschulverband (dvv) betriebene Lernportal ich-willdeutsch-lernen.de, bei dem derzeit etwa 14.500 aktiv Lernende angemeldet sind,
kann ortsunabhängig und kostenfrei genutzt werden. Niedrigschwellige, an die
Herkunftssprache von Flüchtlingen angepasste Angebote, die mit Smartphones
genutzt werden können (Apps) und zu der Lernplattform hinführen, werden angeboten. Über das BMBF wird auch die Qualifizierung ehrenamtlicher Lernbegleiter
finanziert.
Auch auf kommunaler Ebene entwickeln sich ehrenamtliche Unterstützungsstrukturen. So startete z. B. Ende Februar 2016 in Luckenwalde (TF) ein Programm mit
24 ehrenamtlichen Lernbegleitern, die etwa 100 Flüchtlinge unterrichten. Auf Kosten der Stadt werden sie mit Unterrichtsmaterial ausgestattet.
Ehrenamtliche können sich z. B. beim Goethe-Institut als ehrenamtlicher Deutschlehrer qualifizieren, in Präsenzveranstaltungen oder per Webinar (Web-Seminar).
Unter den zahlreichen Angeboten für ehrenamtlich Tätige gibt es auch einen kostenlosen Online-Kurs des Paritätischen Wohlfahrtsverbands und des Softwareherstellers SAP („Auch du kannst das. Deutsch für Asylbewerber. Ehrenamtlich“). Die
wachsende Anzahl ehrenamtlicher Initiativen bringt einen höheren Unterstützungsbedarf mit sich.
Fortbildung für Fachkräfte der Jugendarbeit
Die Unterstützungsangebote für Fachkräfte im Bereich der Jugendarbeit sind
ebenfalls im Aufbau. Neben den Angeboten im Sozialpädagogischen Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg (SFBB) werden von verschiedenen Trägern, darunter
auch Flüchtlingsinitiativen, sehr zielgerichtete Fortbildungsangebote und Fachtage
entwickelt und organisiert.
Die Weiterbildungen sollen Grundlagenwissen zur gelingenden Begleitung und
Integration von Jugendlichen mit Flucht- und Migrationshintergrund in den Einrichtungen und Projekten der Jugend(sozial)arbeit anbieten. So können in Trainingssequenzen Kompetenzen vermittelt und im Fachaustausch konkrete Handlungskonzepte entwickelt werden. Neben dem SFBB wird dies auch durch Flüchtlingsinitiativen, durch das Paritätische Bildungswerk Brandenburg e.V. in Kooperation
mit der LAG Mobile Jugendarbeit/Streetwork Brandenburg e.V., der RAA Bran-
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Jugend und Sport
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Flucht und Asyl / MBJS / November 2016
denburg und InSchwung (Paritätischer LV Brandenburg) organisiert. Das MBJS
unterstützt diese Arbeit finanziell.
Flüchtlinge beteiligen sich als Dolmetscher
In einigen Einrichtungen unterstützen Flüchtlinge bereits die Bildungsarbeit. In den
Veranstaltungen dolmetschen sie und vermitteln zwischen den Kulturen. Einige
Einrichtungen intensivieren diese Unterstützung. Andere kooperieren mit Ehrenamtlichen, die sich als Sprachpaten oder in der Begleitung von Lernenden engagieren. Diese Kooperation zwischen Weiterbildung und Ehrenamt entwickelt sich
positiv.
7.
Jugend- und Jugendsozialarbeit
Die Jugend- und Jugendsozialarbeit sind kommunale Aufgaben. Das Land beteiligt sich dabei an der Finanzierung von sozialpädagogischen Fachkräften. Die
dafür zur Verfügung stehenden Mittel werden seit dem Jahr 2015 bis 2019 schrittweise erhöht, so dass zusätzlich zu den mehr als 630 bestehenden Stellen weitere
100 für die Sozialarbeit an Schulen geschaffen werden können. Damit stehen
zusätzliche Personalressourcen zur Verfügung, die von den Kommunen auch zur
Arbeit mit jungen Flüchtlingen eingesetzt werden können.39
Der Zugang zur Jugendarbeit erfolgt für Flüchtlinge im Kinder- und Jugendalter
insbesondere auf folgenden Wegen:
1. Besuch in Jugendeinrichtungen (Jugendhaus, Jugendclub, etc.),
2. Sozialarbeit an Schulen,
3. Kontakte der Jugendsozialarbeit in den Gemeinschaftsunterkünften.
Die Jugendarbeit ist auf Kontinuität und Nachhaltigkeit angelegte Beziehungsarbeit. Da es jedoch eine hohe Fluktuation bei den jungen Flüchtlingen aufgrund von
Wegzug, Umverteilung etc. gibt, wird eine kontinuierliche Arbeit erschwert.
Jugendverbandsarbeit mit jungen Flüchtlingen
Die über 30 landesweit tätigen Jugendverbände widmen sich verstärkt der Arbeit
mit jungen Flüchtlingen, die sie in ihre Regelangebote einbeziehen. Den jungen
Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften werden gezielt Angebote unterbreitet.
Beispielsweise bildet der Kreis Ostprignitz-Ruppin (OPR) ein aus mehreren Sozialarbeitern bestehendes
mobiles Integrationsteam, das die schulische Integration unterstützt.
39
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Um die überwiegend ehrenamtlich Tätigen in den Jugendverbänden zu unterstützen, werden Fortbildungen und Handreichungen erarbeitet, die ihnen mehr Sicherheit im Umgang mit den jungen Flüchtlingen geben. Dazu gehört z.B. die Publikation „Jugendverbandsarbeit mit jungen Geflüchteten“, die unter Mitwirkung des
Landesjugendringes Brandenburg e. V. erarbeitet wurde. Darin werden die Lebensrealitäten von jungen Flüchtlingen ebenso beschrieben wie die rechtlichen
Rahmenbedingungen, unter denen sie in Deutschland leben. Beispiele geben
Einblicke in die Arbeit der Jugendverbände mit jungen Geflüchteten.40
Der Landesjugendring konnte seit August 2016 einen vom „Bündnis für Brandenburg“ aufgestockten Förderfonds #WirsindBrandenburg und eine Fachberatungsstelle für interkulturelle Kompetenzen anbieten. So ist es Trägern möglich, bis zu
1.500 € für Projekte mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen zu beantragen.
Dieser Topf wird sehr rege genutzt und hilft der Jugendarbeit dabei, die Arbeit mit
jungen Geflüchteten - auch inhaltlich - zu intensivieren.
Offene Jugendarbeit
Geflüchtete Kinder und Jugendliche besuchen verstärkt Einrichtungen der offenen
Jugendarbeit (Jugendfreizeiteinrichtungen, Jugendclubs etc.), auch wenn es teilweise noch erhebliche Hemmschwellen gibt. Bezüglich der Ziel- und Altersgruppen und der pädagogischen Konzeptionen führt dies zu Veränderungen bei der
Arbeit mit den dort „ansässigen“ Kindern und Jugendlichen, mit denen in den Einrichtungen gearbeitet wird. Es gelingt jedoch zunehmend, die beiden Gruppen
zueinander zu bringen. Dies führt zu einer gegenseitig positiven Entwicklung.
In vielen ländlichen Bereichen wird sich mit dem Thema Flucht beschäftigt. So
werden z.B. in 7 Werkstätten Geschichtsprojekte mit deutschen und geflüchteten
Jugendlichen durchgeführt, die Fluchtgeschichten gemeinsam thematisieren:
„Krieg, Vertreibung und Flucht vor 70 Jahren und heute“ (Seelow) oder „Fluchtgeschichte: 1945 – 1989 – 2015“ (Fürstenwalde), usw. Jugendarbeit versucht auch
neue Bildungswege zu gehen und bietet politische Bildung durch ganzheitliche
Bildungsparcours an, in denen Geflüchtete und deutsche Jugendliche sehr partizipativ über Themen ins Gespräch kommen, die alle Jugendliche angehen: Gewalt,
Aggression, Demokratie, Menschenrechte, etc. Außerdem wird mit jungen geflüchteten Mädchen intensiv gearbeitet, indem sie ihr neues Lebensumfeld erkunden
und Fragen darüber mit den hier geborenen Menschen besprechen können.
Seit Oktober 2016 können zudem Landkreise eine Förderung in Höhe von 8.000 €
für ihre Jugendeinrichtungen erhalten, wenn sie ihre technische Infrastruktur aktualisieren müssen. Besonders junge Geflüchtete sind auf ihren Kontakt in die Heimat und Gespräche mit der Familie auf das Internet angewiesen und können damit in den Jugendeinrichtung auch medienpädagogisch begleitet werden. Von
40
Download der Broschüre: Jugendverbandsarbeit mit jungen Flüchtlingen
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Jugend und Sport
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Flucht und Asyl / MBJS / November 2016
diesem Angebot partizipieren die bisherigen Stammbesucher ebenfalls, da die
unterschiedlichen Jugendkulturen die „neuen“ Medien sehr intensiv nutzen.
Daneben fördert das MBJS, Referat Jugendarbeit, Fachtage, die von Migranten
für junge Migranten organisiert und durchgeführt werden. Ziel ist es, junge Geflüchtete über das Bildungssystem zu informieren, Zugangsvoraussetzung für
Ausbildungen und Studium aufzuzeigen und konkrete Beratungsangebote bei
Fragen rund um das Thema Zugang zu einem Studium oder einer Berufsausbildung muttersprachlich zu besprechen.
Jugendarbeit in den Gemeinschaftsunterkünften und Wohnheimen
Zahlreiche Träger der freien Jugendhilfe bieten Angebote für junge Menschen in
den Gemeinschaftsunterkünften an, um ihnen freizeitorientierte Abwechslung zu
bieten und sie in die Gesellschaft zu integrieren. Diese Angebote sind in der Regel
so konzipiert, dass sie eine Begegnung mit den einheimischen Jugendlichen ermöglichen. Das betrifft u. a. Feste, Ausflüge und insbesondere sport- und bewegungsorientierte Angebote. Es zeigt sich allerdings, dass hier zusätzliche Anstrengungen notwendig sind, um die Adressaten zu erreichen.
Fortbildung und finanzielle Mittel
Das sozialpädagogische Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg (SFBB) bietet für
die sozialpädagogischen Fachkräfte in der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit
Fortbildungen an, um einen Erfahrungsaustausch zu ermöglichen und Unterstützung in der praktischen Arbeit zu gewährleisten41.
Mit der Förderung von Beratungsangeboten zur qualitativen Weiterentwicklung der
Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit werden die Träger bei der Er- und Überarbeitung von pädagogischen Konzepten und Angeboten unterstützt. Dieses Programm soll verstärkt zur Erarbeitung von Konzepten für die Arbeit mit jungen
Flüchtlingen und zur interkulturellen Jugendarbeit genutzt werden.
8.
Unbegleitete Minderjährige
Starke Zunahme im Land Brandenburg durch neues Bundesrecht
Junge Menschen unter 18 Jahren, die ohne Eltern oder anderen sorge- oder erziehungsberechtigte Begleitung nach Deutschland bzw. Brandenburg einreisen,
gelten als unbegleitete minderjährige Ausländerinnen und Ausländer (umA).
Informationen zu den SFBB-Fortbildungen und Veranstaltungen unter:
sfbb.berlin-brandenburg.de
41
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Flucht und Asyl / MBJS / November 2016
Von 2010 bis 2014 waren es jährlich zwischen etwa 80 und 150 umA. Diese relativ
geringe Zahl lag zum einen an der geringeren Zahl der Flüchtlinge insgesamt,
hatte aber andererseits auch einen bundesrechtlichen Hintergrund: Bisher nahmen die Bundesländer nur diejenigen unbegleiteten Jugendlichen auf, die direkt
bei ihnen ankamen. Das sorgte für ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den
Ländern.
Die Gesetzeslage wurde zum 1. November 2015 geändert. Die Initiative dazu ging
vor allem von den besonders belasteten Ländern Bayern und Hamburg aus. Seitdem werden die umA – wie die sonstigen Einreisenden – auch nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt (Brandenburg: 3,06 %). Dies ist eine Logik aus dem föderalen System. Das neue System schafft für alle Beteiligten einen klaren rechtlichen
Rahmen und verteilt die „Belastung“ nach objektiven Kriterien.
In Verbindung mit der deutlichen Zunahme der direkten Einreise im Laufe des
Jahres 2015 sowie der Rechtsänderung nahm die Zahl der jungen unbegleiteten
Flüchtlinge im Land Brandenburg zwischenzeitlich stark zu. Mit Stand vom 30.
September 2016 waren es 1.513, darunter befanden sich etwa 5 Prozent junge
Frauen. Auf diesem Niveau bewegen sich die Zahlen seit einigen Monaten. Die
Hauptherkunftsländer sind Afghanistan (48 Prozent) und Syrien (30 Prozent).
Betreuung nach neuem Kinder- und Jugendhilferecht
Durch das neue Bundesrecht musste auch das Landesrecht (Erstes Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz / AGKJHG) novelliert werden. Der
Gesetzesentwurf aus der Mitte des Landtages wurde am 17. Dezember 2015 beschlossen. Das Gesetz regelt u.a. das landesinterne Verfahren zur Verteilung der
umA, die Zuständigkeiten für deren medizinische Versorgung und die finanzielle
Entlastung der Landkreise und kreisfreien Städte durch das Land.42
Die 18 Jugendämter der Kreise und kreisfreien Städte sind für die ihnen zugewiesenen jungen Flüchtlinge zuständig. Sie werden im Rahmen des Kinder- und Jugendhilferechts betreut. Im Anschluss an ein bis zu etwa dreimonatiges Clearingverfahren erfolgt die Betreuung in anderen Jugendhilfeangeboten.
Die Verteilung auf die kommunalen Jugendämter erfolgt durch das Brandenburger
Jugendministerium (Landesstelle) entsprechend des Landesschlüssels nach Landesaufnahmegesetz. Deshalb ist es nicht nötig, die jeweiligen Zugänge nochmal
bei der Gesamtquote der Flüchtlinge für die Landkreise und kreisfreien Städte zu
42
Erstes Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (AGKJHG), siehe bravors.brandenburg.de
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Flucht und Asyl / MBJS / November 2016
berücksichtigen. Daneben wird gesetzlich jedoch auch die Möglichkeit eröffnet,
Schwerpunktjugendämter für den Fall zurückgehender Flüchtlingszahlen einzurichten.
Zugangswege der umA und Aufnahme in Erst-Inobhutnahme
Die jungen Menschen kommen über vier Zugangswege in das Land Brandenburg:
1. Den Deutschlandausgleich, damit Ankunft im Landkreis Oder-Spree
(LOS). Dieser ist zu weiten Teilen ausgelaufen.Es kommen zurzeit keine
umA mehr über dieses Verfahren nach LOS.
2. Resettlement-Programm; dabei werden Schutzsuchende ausgewählt, die
weder die Aussicht darauf haben, sich im Land ihrer ersten Zuflucht zu integrieren noch eine Perspektive darauf, in ihr Heimatland zurückkehren zu
können. Die Anzahl der umA unter diesen Menschen ist sehr gering.
3. Aufnahme im eigenen Landkreisdurch Inobhutnahme in einer Gemeinschaftsunterkunft oder als Selbstmelder.
4. Durch das Verteilverfahren nach § 42b SGB VIII über die Landesstelle im
MBJS; diese Verteilung erfolgt entweder aus anderen Bundesländern
nach Brandenburg oder innerhalb des Landes.
Gelangen die Kinder und Jugendlichen über das Verteilverfahren in den Landkreis, haben sie meist in anderen Bundesländern ein so genanntes „ErstScreening“ durchlaufen, also Aufgaben, die das zuständige Jugendamt im Rahmen der Vorschriften gemäß § 42a SGB VIII zu erbringen hat.
Im Rahmen der Verteilung durch die Landesstelle im MBJS muss innerhalb kürzester Zeit entschieden werden, welches Jugendamt für die Inobhutnahme und
damit für die kurzfristige Unterbringung, Versorgung und Betreuung der jeweiligen
Jugendlichen zuständig wird (Zuweisung).
Grundlage sind dafür vorrangig der Brandenburger Landes-Verteilschlüssel, aber
auch die aktuelle Belastung der Jugendämter oder besondere sozialpädagogische
Gesichtspunkte.
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Verwaltungsbezirk
Land Brandenburg
Brandenburg a. d. Havel, Stadt
Cottbus, Stadt
Frankfurt (Oder), Stadt
Potsdam, Stadt
Landkreis Barnim
Landkreis Dahme-Spreewald
Landkreis Elbe-Elster
Landkreis Havelland
Landkreis Märkisch-Oderland
Landkreis Oberhavel
Landkreis Oberspreewald-Lausitz
Landkreis Oder-Spree
Landkreis Ostprignitz-Ruppin
Landkreis Potsdam-Mittelmark
Landkreis Prignitz
Landkreis Spree-Neiße
Landkreis Teltow-Fläming
Landkreis Uckermark
Flucht und Asyl / MBJS / November 2016
Bestand am
04.11.2015
Bestand am
23.12.2015
814
1
34
20
39
3
33
3
8
59
26
1
376
17
17
72
12
16
77
1224
24
70
49
62
55
57
39
37
81
42
41
284
60
41
76
50
59
97
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Bestand am
29.01.2015
1396
25
73
32
92
68
62
49
76
95
64
38
298
54
68
82
45
94
81
Abb.: Meldungen der Jugendämter der Fallzuständigkeiten an das Bundesverwaltungsamt
(Quelle: Datenerfassung MBJS, eigene Auswertung
Clearingverfahren im Rahmen der Inobhutnahme
Das jeweilige Jugendamt veranlasst die Aufnahme der jungen Flüchtlinge in eine
Clearingstelle (in der Regel ein freier Träger der Jugendhilfe). Sollte in der Clearingphase eine Volljährigkeit des umA festgestellt werden, erfolgt ein Wechsel in
eine Gemeinschaftsunterkunft.
Zielgruppe der Clearingstellen ist die Altersgruppe von 10 bis unter 18 Jahre. Eine
Einrichtung sollte etwa 25 bis 30 Plätze anbieten. Dies ermöglicht, dass in einer
Clearingstelle etwa 110 bis 150 Jugendliche jährlich betreut werden können.
Während der Unterbringung in einer Clearingeinrichtung ruht die Schulpflicht (analog zur EAE) bzw. kann ruhen. Um aber auch in dieser Phase einen Spracherwerb
zu gewährleisten, sollen die Clearingstellen mit Fachkräften für den Erwerb der
deutschen Sprache ausgestattet werden, oder sich dafür eines Trägers bedienen43.
Aufgabe der Clearingstellen ist es auch, den Hilfebedarf der umA näher zu bestimmen, verwandte Personen zu suchen, schulische und ausbildungsbezogene
43
Beispielsweise bieten Volkshochschulen Sprachkurse für umA an
Bestand am
30.09.2016
1513
34
47
22
112
92
87
53
91
120
103
52
246
81
81
72
42
105
73
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Flucht und Asyl / MBJS / November 2016
Perspektiven zu eruieren sowie bei der Hilfeplanung für die Anschlusshilfen mitzuwirken.
Nach der Betreuung in der Clearingstelle sollen die Jugendlichen in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht werden. Dies können Einrichtungen der Heimerziehung und des betreuten Jugendwohnens sein, in der Regel bei einem freien Träger. Möglich sind auch selbstständige Wohnformen mit sozialpädagogischer Begleitung oder die Unterbringung in einer nach Jugendhilferecht geeigneten Pflegefamilie.
Das Jugendamt hat neben der Bereitstellung der Clearingstelle folgende Aufgaben:
 Inobhutnahme,
 weitere medizinische Betreuung,
 Beantragung der Bestellung eines Vormunds beim Familiengericht,
 Hilfeplanung bei Nachfolgehilfen,
 Durchführung der anschließenden Unterbringung in Jugendhilfemaßnahmen und Betreuung bis mindestens zum 18. Lebensjahr,
 Koordination der Angebote, Konzeptentwicklung und Qualitätsmanagement.
 Durchsetzung der Schulpflicht, z. B. durch Beschulung an OSZ.
Das jeweilige Jugendamt ist bis zum Ende der Jugendhilfemaßnahme verfahrensund kostenverantwortlich. Ihm obliegt auch die Verantwortung für die medizinische
Hilfe bei Erkrankungen, unabhängig von der Erstuntersuchung unmittelbar nach
der Einreise.
Finanzierung durch das Land – Aufbau von Strukturen notwendig
Die Kreise und kreisfreien Städte haben entsprechende Strukturen aufgebaut und
ausreichend Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen. Dafür musste in vielen
Fällen – sowohl bei den Jugendämtern als auch bei den freien Trägern – zusätzliches Personal eingestellt werden, für die das Land Fortbildungsangebote im Sozialpädagogischen Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg und von anderen Trägern bereitstellt.
Das Land stellt die Finanzierung durch eine Kostenerstattung an die Kreise und
kreisfreien Städte sicher. Die Kosten pro Minderjährigen sind sehr unterschiedlich.
Sie sind abhängig von der Dauer der Unterbringung und der Art der Hilfe. Insgesamt hat das Land Brandenburg im Jahr 2016 bisher etwa 13,5 Mio. Euro hierfür
aufgewendet.
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Flucht und Asyl / MBJS / November 2016
Durch die neuen rechtlichen und inhaltlichen Anforderungen erhöhen sich diese
Kosten deutlich. Auch durch das Alter der umA und der sich daraus ergebenden
Dauer der Unterbringung ergibt sich eine hohe Spreizung der Kosten pro Einzelfall. Die konkrete Höhe lässt sich noch nicht beziffern. Der Nachtragshaushalt
2016 berücksichtigt die Kosten für das Land. Der Bund hat den Ländern zugesichert, sich von 2016 bis 2019 bundesweit mit jährlich 350 Millionen Euro an diesen
Kosten zu beteiligen.
9.
Sport
Integration durch Sport
Sport hat eine sehr hohe Integrationswirkung – zugleich kann sportliche Betätigung für psychischen und physischen Ausgleich sorgen. Durch Sport ergeben sich
neue Gemeinsamkeiten. Dabei geht es auch um das Erlernen der deutschen
Sprache und Kennenlernen der Kultur. Damit ist der Sport prädestiniert für die
Integration gerade auch junger Menschen.
Daher sind Brandenburgs Sportvereine aufgerufen, an Projekten für Flüchtlinge
mitzuwirken bzw. solche selbst zu initiieren und damit ihre Gemeinwohlorientierung auszuweiten. Viele Flüchtlinge sind bereits in brandenburgischen Sportvereinen aktiv.
Besonders hervorzuheben sind Sportvereine, die sich schon jahrelang für Migrantinnen und Migranten engagieren und für Flüchtlinge aktiv sind. So bietet beispielsweise der jüdische Sportverein Makkabi Brandenburg e.V. (Brandenburg an
der Havel) für Flüchtlinge Familiensportangebote im Tischtennis und Volleyball an.
Ebenso engagiert sich der Boxring 08 Lübben e.V. (LDS) nicht nur für die in
Deutschland lebenden Zuwanderer, sondern mit einem umfangreichen Bewegungsangebot auch für Flüchtlingskinder.
Der FSV Eintracht 1910 Königs Wusterhausen e.V. (LDS) geht aktiv auf Interessenten in Flüchtlingsunterkünften zu und hat ein Konzept zur Integrationsarbeit
entwickelt. Beim Boxclub Cottbus e.V. (Cottbus) steigen etwa 30 Flüchtlinge, darunter vor allem Syrer und Afghanen, in den Ring. Und in Neuenhagen (MOL)
spielen unbegleitete Minderjährige in den Jugendmannschaften beim Fußballklub
Rot - Weiß Neuenhagen. Die Stadt Luckau (LDS) veranstaltete einen „Tag der
Vereine“, um Vereine und Flüchtlinge zusammenzuführen. Darüber hinaus bieten
viele Ehrenamtliche Transporte an, damit die Flüchtlinge zu ihren Trainingsstätten
kommen.
Ein besonders prominentes Beispiel ist auch das Willkommens- und Integrationsprojekt „Welcome United 03“ des SV Babelsberg 03 e.V. (Potsdam), der eine
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Flüchtlingsmannschaft im Spielbetrieb der Potsdamer Fußball-Kreisklasse angemeldet hat. Der Verein wurde dafür bereits mehrfach ausgezeichnet und erhielt
am 30. April 2016 den 51. „Theodor Heuss Preis für gesellschaftliches Engagement“. Der Verein ist in Potsdam auch bei Demonstrationen gegen Fremdenfeindlichkeit aktiv.
Spielerfreigabe aus Heimatland
Als problematisch erweist sich beim Fußball immer wieder die Freigabe für Ligaspiele für Spieler über 12 Jahren. Sie brauchen nach einer FIFA-Regelung eine
Freigabe ihres Heimatlandes – dies dürfte mindestens für Kriegsregionen aussichtslos sein. Die Anfrage muss jedoch aus formalen Gründen erfolgen. Sofern
nach 30 Tagen keine Antwort aus dem bisherigen Heimatland kommt, darf der
jeweilige Spieler reguläres Vereinsmitglied werden, kann einen Spielerpass erhalten und damit auch an Liga-Spielen teilnehmen.
Eine Vereinsmitgliedschaft kann unabhängig von einem Pflichtspielrecht erlangt
werden. Auch Freundschaftsspiele sind möglich, sofern die Vereinsmitgliedschaft
besteht und das Spielrecht im Fußball-Landesverband beantragt worden ist.
Integration durch Sport: Beachvolleyball-Camp 2013 der BSJ in Wittenberge (Prignitz)
Vereine als wichtiger Teil der Willkommenskultur
Die Vereine mit ihren unterschiedlichen Integrationsangeboten sind ein wichtiger
Teil der Willkommenskultur eines toleranten und weltoffenen Landes Brandenburg. Über die Sportvereine, ihre soziale Struktur und ihre Kultur werden sehr viele
Menschen erreicht.
Zugleich sind die Sportvereine aufgefordert, strikt und konsequent gegen mögliche
Fremdenfeindlichkeit oder rassistische Ressentiments in den Vereinsstrukturen
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Flucht und Asyl / MBJS / November 2016
oder im Fanbereich vorzugehen, die vereinzelt immer wieder vorkommen44. Dafür
darf es grundsätzlich keinerlei Toleranz geben. Sollten dennoch derlei Tendenzen
spürbar sein, bietet der Landessportbund (LSB) Unterstützung im Rahmen des
Projektes „BeratenBewegen – DRANBLEIBEN“ an, um schnell gemeinsam mit
den Vereinen zu reagieren.
Versicherungsschutz gewährleistet
Der LSB hat dafür gesorgt, dass Asylbewerber und Flüchtlinge bei sportlichen
Aktivitäten in einem brandenburgischen Sportverein versichert sind. Der LSB hat
dafür eine pauschale Unfall- und Haftpflichtversicherung mit der Feuersozietät
Berlin-Brandenburg abgeschlossen. Der Versicherungsschutz besteht seit 01.
Februar 2015.
Manche Sportvereine erheben für Flüchtlinge keine Mitgliedsbeiträge. Das Ministerium der Finanzen (MdF)45 versichert, dass diese Vereine keine negativen steuerlichen Folgen befürchten müssen. Diskutiert wird derzeit, ob es hierzu einer
gesonderten Verwaltungsregelung bedarf oder ob die derzeitige Rechtslage bereits ausreichend ist, um die Gemeinnützigkeit zu erhalten.
Sportjugend-Förderprojekt zur Integration
Mit dem Projekt „Integration durch Sport“ setzt sich die Brandenburgische
Sportjugend (BSJ) für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit
Migrationshintergrund am gesellschaftlichen Leben ein. Im Mittelpunkt steht die
interkulturelle Öffnung der Sportorganisationen. Im Rahmen des
Bundesprogramms „Integration durch Sport“ fördert die BSJ bzw. der
Landessportbund über 100 Sportvereine landesweit. Auch die Landesministerien
MBJS und MASGF beteiligen sich an der Förderung. Das MBJS erhöhte dafür ab
dem Jahr 2015 die Fördersumme von 30.000 Euro auf 40.000 Euro jährlich. Die
gleiche Summe stellt das MASGF bereit. Dadurch werden die Sportvereine
unterstützt, auch Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingseinrichtungen sportbetont
zu betreuen.
Zudem nutzt die BSJ den Freiwilligendienst, um Flüchtlinge in den Sport zu
integrieren: Über die BSJ leisten dabei aktuell 15 Menschen mit Fluchterfahrung in
Brandenburger Sportvereinen Integrationsarbeit. Sie absolvieren dort den
Bundesfreiwilligendienst (BuFdi). Das Projekt wird durch die Beauftragte der
Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie den
So musste ein Fußballspiel in der 1. Kreisklasse Ost Anfang März 2016 unterbrochen werden, weil zwei
beim FSV Lok Eberswalde II spielende Flüchtlinge von Zuschauern verbal und rassistisch angegriffen wurden
(OGA v. 10.03.2016).
44
45
PM des MdF v. 12.11.2015
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Flucht und Asyl / MBJS / November 2016
„Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug“ gefördert. Dabei sollen nicht nur
Flüchtlinge integriert, sondern auch neue Vereine für eine dauerhafte und
nachhaltige Integrationsarbeit gewonnen werden.
Damit die Flüchtlinge mit den Sportvereinen und den Menschen vor Ort in Kontakt
kommen, initiiert und fördert der Landessportbund Willkommenssportfeste in den
einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten. Die Feste werden durch die Kreisbzw. Stadtsportbünde unter Mitwirkung und Förderung des Landessportbundes
und des Bundesprogramms „Zusammenarbeit durch Teilhabe“ sowie der Brandenburgischen Sportjugend organisiert. Flüchtlinge und alle Sportinteressierte der
jeweiligen Region können unter anderem Prüfungen des Deutschen Sportabzeichens ablegen, an Turnieren teilnehmen oder sich über Vereinsangebote informieren. Den Auftakt machte Cottbus am 17. Juni 2016. Es folgten Veranstaltungen in
Spremberg, Brandenburg an der Havel, Borkheide, Schwedt und Gransee. Auch
für das Jahr 2017 sind Willkommenssportfeste in verschiedenen Teilen des Landes geplant.
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Flucht und Asyl / MBJS / November 2016
Abkürzungsverzeichnis
AsylG Asylgesetz
AsylbLG Asylbewerberleistungsgesetz
BA
Bundesagentur für Arbeit
BaMF Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
BAnz
Bundesanzeiger (Hrsg. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz)
bbb
Bildungsserver Berlin-Brandenburg
BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
BuFDi Bundesfreiwilligendienst
BvB
Berufsvorbereitende Maßnahmen der BA
DaZ
Deutsch als Zweitsprache
EAE
Erstaufnahmeeinrichtung
EE
Elbe-Elster (Lkr)
ESF
Europäischer Sozialfonds
GG
Grundgesetz
ILB
Investitionsbank des Landes Brandenburg
LDS
Dahme-Spreewald (Lkr)
LOS
Oder-Spree (Lkr)
LSB
Landessportbund
LWS
Lehrer-Wochenstunde
LzPB
Landeszentrale für politische Bildung
MASGF Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie
MBJS Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg
MdF
Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg
MIK
Ministerium des Inneren und für Kommunales des Landes Brandenburg
MOL
Märkisch-Oderland (Lkr)
OGA
Oranienburger Generalanzeiger
OHV
Oberhavel (Lkr)
OSL
Oberspreewald-Lausitz (Lkr)
OSZ
Oberstufenzentrum
PM
Potsdam-Mittelmark (Lkr)
PNN
Potsdamer Neueste Nachrichten
RAA
Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie
SFBB Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg
SifT
Schulen in freier Trägerschaft
TBB
Tolerantes Brandenburg
TF
Teltow-Fläming (Lkr)
umA
unbegleitete minderjährige Ausländer
VHS
Volkshochschule
ZABH Zentrale Ausländerbehörde
Fotonachweis
Titelbild: fotolia;
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Die Tabellen / Grafiken wurden i. d. R. durch Ref. 15 des MBJS erstellt
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