25. Dezember 2016 Leserservice 08 00/222 42 24 02 · www.der-sonntag.de Ihre Meinung interessiert uns! Leserbrief im INTERNET schreiben: www.der-sonntag.de Der Sonntag Jeden Sonntag 370.000 mal im Briefkasten. am Hochrhein Juristisches Neuland „Religionen sind kompatibel“ Ein perfektes Jahr Oberhalbvon Bad Säckingen soll Deutschlands größtes Pumpspeicherwerk entstehen. Doch das Projekt hatviele Gegner. Vom 10. bis 28. Januar werden die antagonistischen Einschätzungen in SEITE 2 der Wehrer Seebodenhalle diskutiert. Vor 200 Jahrenvertrat Lessing die Gleichwertigkeit der drei monotheistischen Religionen. Im Interview äußert sich der Freiburger Religionswissenschaftler Bernhard Uhde zu Spannungen zwiSEITE 3 schen Christen, Juden und Muslime. Zufrieden blickt man beim SC Freiburg auf Punktestand und Tabellenplatz. Sportdirektor Jochen Saier (Foto) fordert nun noch mehr Konstanz. SEITE 10 meine Woche ALDI SÜD Magazin Das aktuelle liegt unserer heutigen Ausgabe bei! aldi-sued.de Hass in Echtzeit Immer mehr Klagen über ENTHEMMTE WUT im Internet – Wissenschafter erklären, was die Aggressoren motiviert Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon hat in dieser Woche 18 Verfasser von Hass-Mails angezeigt. Der Städtetag sagt, dass immer mehr Bürgermeister Adressaten der wütenden Mitteilungen werden. Unter Psychologen hat sich längst das Forschungsfeld der „Internet-Enthemmnis“ etabliert. Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon ist noch immer reichlich verwundert darüber, dass es gerade die baren Selbstverständlichkeiten waren, mit denen er den Hass auf sich zog. Nach der Festnahme des Afghanen Hussein K., der verdächtigt wird, die Studentin Maria L. ermordet zu haben, mahnte der OB zur Besonnenheit und warnte davor, hier lebende Geflüchtete für die Tat eines Einzelnenverantwortlich zu machen. Unter den 350 Hass-Mails, die er daraufhin erhielt, waren Schmähungen, Beleidigungen, Bedrohungen und eine Morddrohung. „Es ist brutal, wie sich da Menschen im Netz austoben“, sagt er. Gegen die Verfasser der 18 schlimmsten Mails hat Salomon nun Strafanzeige erstattet, die Polizei hat Ermittlungen aufgenommen. Hans Lehmann, der Vorsitzende des Bürgervereins des Freiburger Stadtteils OberwiehreWaldsee, ist vor ein paar Tagen per Video in eine Sendung von Sandra Maischberger eingespielt worden. Dort berichtete er, wie die Bürger in seinem Stadtteil die ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuung organisiert hatten. Nach dem minutenlangen Als man Hass-Texte noch von Hand schreiben und zur Post bringen musste... Auftritt füllte sich seine Mailbox. „Es waren weniger Mails als beim OB“, erinnert er sich, „aber schon so 50, 60 Stück.“ Gut: Mehr als die Hälfte der Mails war positiv. Schlecht: Die anderen hatten den gemeinsamen Tenor: „Wie blöd kann man sein, einer Bande tätowierter, schwarzhaariger Affen zu helfen.“ Lange nicht alle Mails seien anonymisiert gewesen, erinnert sich Lehmann. Und eine auffällige Menge kam aus der Gegend rund um den Spreewald. Ein paar wenige der Mails waren Lehmann aber doch zu heftig, er schickte sie an die Polizei weiter. Doch die winkte ab: Die Mails seien exakt so verfasst worden, dass die Staatsanwaltschaft so gerade mal nicht tätig werden könnte. „Es seien Profis gewesen, hat die Polizei gesagt.“ Doch die Polizei hat eine klare Haltung zu den wütenden Botschaften: „Wir sind bisher sehr liberal und großzügig gewesen, was die freie Meinungsäußerung angeht, und das ist richtig so, doch ich denke, dass wir bei Hass-Mails zunehmend mit strafrechtlichen Sanktionen ranmüssen“, sagt Polizeipräsident Bernhard Rotzinger. Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund berichtet, dass die Mails an Salomon längst keine Einzelfälle mehr seien. Immer mehr Rathauschefs und Behördenmitarbeiter seien Ziel von HassMails, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Badischen Zeitung. Was für so viel Unruhe und Entsetzen sorgt, ist in der Wissenschaft ein längst etabliertes FOTO: JÜRGEN FÄLCHLE - FOTOLIA Forschungsfeld. Birgit Voggeser, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Wirtschaftspsychologie an der Uni Freiburg, sagt, dass die Wurzeln der online disinhibition (Internet-Enthemmnis) zurück bis in die 80er Jahre reichen. Also bis in die Anfänge des Internets. „Das Potenzial für wütende Botschaften in der Gesellschaft ist älter als soziale Netzwerke“, ist sie überzeugt. Birgit Voggeser beschäftigt sich hauptsächlich mit den Gruppen der Verfasser. Einige wissenschaftliche Untersuchungen lassen Strukturen in dem Wust aus Hassbotschaften erkennen. Die größte Gruppe bilden demnach die „Bildungsverlierer“ und Arbeitslose. Dadurch, dass die Übermittlung von Nachrichten durch Internet und Soziale Netzwerke kaum noch einen Zeit- und Geldaufwand darstelle, hätten Menschen Zutritt zu Debatten bekommen, aus denen sie bislang ausgeschlossen waren. Und diese Menschen pflegten häufig andere Umgangsformen und -regeln. „Menschen, die verbal stark über die Stränge schlagen, kommen tendenziell aus einem bildungsfernen Hintergrund“, sagt die Forscherin. Immer wieder stoßen sie in ihren Untersuchungen auf frustrierte Arbeitslose, die einfach die Zeit dazu haben, lange im Internet zu surfen und lange Kommentare zu schreiben. Die Frage sei, warum diese Menschen nicht erkennen, dass ihr Verhalten für ihre Interessen schädlich ist. Die Leute, die Salomon angegriffen haben, könnten schließlich nicht erwarten, dass er ihren Anliegen nun positiver sieht. „Sie verbrennen ihren eigenen Boden.“ Dabei seien ihre Probleme nicht immer unbegründet. Ihnen fehlten aber die Umgangsformen, um ihre Frustration adäquat auszudrücken. Voggeser warnt aber vor Stigmatisierungen. Sie sagt, das Potenzial zu einem solchen Verhalten stecke in jedem Menschen. Das offenbart sich in dem, was Psychologen Road-Rage (Straßen-Wut) nennen. Wie im Internet sieht man im Straßenverkehr die anderen Autofahrer nicht (richtig). Handelt ein Fahrer gegen die Interessen eines anderen, können Menschen in eine fürchterliche Wut ausbrechen. Sie bremsen etwa den anderen Autofahrer aus oder werden sogar tätlich. Psychologen sind so zum Schluss gekommen, dass der Augenkontakt eine wesentliche Rolle für die Kontrolle des eigenen Verhaltens spielt. „Es zeigt sich, wie sehr menschli- ches Zusammenleben, das oft erstaunlich gewaltfrei ist, davon abhängt, dass wir die ganze Zeit soziale Hinweisreize aus der Umwelt erhalten. Die melden uns, was richtig und angemessen ist“, sagt Birgit Voggeser. – Selbst der Erzbischof wird nicht verschont – Das Internet birgt zudem die Gefahr, die eigene Botschaft noch im Moment der ersten Wut versenden zu können. Wer einen Brief schreiben, frankieren und dann zur Post tragen muss, bei dem hat sich der erste Wutimpuls längst gelegt. Die Kommentarfunktion unter Artikel konserviert den Konflikt nicht nur. Sie kann andere Teilnehmer infizieren. Voggeser nennt das „emotionale Ansteckung“. Jeder, der neu zur Diskussion stößt, wird durch die vorgegebene Schärfe angesteckt. Die Psychologin berichtet, dass bei einer Untersuchung über Facebook nachgewiesen werden konnte, wie sich die schlechte Laune in einer Stadt mit Dauerregen in andere Städte mit freundlicherem Wetter ausbreiten kann. Beschimpft wird im Zweifel selbst auch der Freiburger Erzbischof, die Wellen schwappen auch hier vor allem dann in die Mailboxen und Social-MediaKanäle, wenn sich Stephan Burger öffentlich zu Flüchtlingsfragen positioniert hat. Dann treffen schon mal Mails ein, in denen der Erzbischof aufgefordert wird, doch künftig seine Gottesdienste „bei seinen beliebten Asylanten“ abzuhalten. „Das meiste ist noch unter dem Bereich, der justiziabel ist“, sagt Robert Eberle, Sprecher des Erzbistums. „Wenn nicht, schalten wir auch die Polizei ein.“RIX, JKI, SIR Lehren aus dem Fall Alessio Expertenkommission empfiehlt Verbesserungen im KREISJUGENDAMT Mehr Personal, mehr Fortbildungen und eine Rufbereitschaft rund um die Uhr: Fachleute geben Empfehlungen, wie der Kinderschutz im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald verbessert werden kann. Es sind Konsequenzen aus dem Fall des totgeprügelten Kleinkinds Alessio. Eines war der vom Kreistag eingesetzten Expertenkommission so wichtig, dass es ihre Sprecher gleich mehrfach betonten: Das von ihnen durchleuchtete Kinderschutzsystem im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald sei zwar an manchen Stellen verbesserungswürdig, aber kein Totalausfall. „Wir haben keine riesigen Baustellen vorgefunden“, sagte der Kommissionsvor- sitzende und frühere Landgerichtspräsident Jochen Teigeler, als er den zuständigen Kreistagsausschüssen diese Woche den Abschlussbericht vorstellte. Anlass für die Einsetzung der Kommission war der Tod des dreijährigen Alessio aus Lenzkirch. Im Januar 2015 starb dieser an den Folgen einer Prügelattacke seines Stiefvaters. Hinterher machten Kinderärzte dem Kreisjugendamt schwere Vorwürfe. Denn es hatte Alessios Familie von Anfang an betreut. Die Ärzte hatten schon mehrmals auf Misshandlungsspuren hingewiesen, doch die Behörde ent- Fachleute haben den Landkreis Breisschied sich dagegen, Alessio in gau-Hochschwarzwald in KinderObhut nehmen zu lassen. Vor schutzfragen beraten. FOTO: GRÄBER dem Familiengericht hätte ein solcher Antrag keinen Erfolg gehabt, hieß es hinterher. Das war eine folgenschwere Fehleinschätzung. Zu diesem Schluss kamen sowohl der Jugendschutzexperte Heinz Kindler, der den Fallverlauf genau untersuchte, als auch die Justiz: Gegen den zuständigen Sachbearbeiter des Landratsamts wurde ein Strafbefehl verhängt. Die Expertenkommission konnte und sollte sich anders als zuvor Kindler nicht im Detail mit dem Fall Alessio befassen , sondern allgemein die Strukturen des Jugendschutzes im Landkreis untersuchen. Gleichwohl ging es dabei natürlich um die Frage, wie solche Fehleinschätzungen künftig vermieden werden können. Ein Schwerpunkt der Kommissionsarbeit lag daher auf den Kooperationsbeziehungen zwischen Jugendamt und anderen Akteuren im Kinderschutz. Sie setzte sich aus Fachleuten von Polizei, Familiengericht und Kinderkliniken zusammen, die allesamt ehrenamtlich für den Landkreis tätig waren. Es sind einige Stellschrauben, an denen der Kommissionsempfehlung zufolge gedreht werden müsste. Die zentralste lautet: Mehr Personal. Der allgemeine soziale Dienst des Landratsamts sollte so ausgestattet werden, „dass in Kinderschutzfällen zwei Fachkräfte regelmäßigen persönlichen Kontakt mit den Kin- dern und Eltern und Familien haben können“, heißt es im 28seitigen Abschlussbericht. Zudem müsse bei Fallbesprechungen die Leitungsebene präsent sein. Das sollte in genaueren Verfahrensstandards festgelegtwerden. Mehr Personal sollte auch ermöglichen, dass eine Rundum-die-Uhr-Rufbereitschaft eingerichtet werde. Deren fehlen hatte vor allem die Polizei bemängelt, die bei akutem Handlungsbedarf nicht immer einen Ansprechpartner des Landkreises erreiche. Um die Kooperation mit den Familiengerichten zu verbesseren, seien regelmäßige juristische Fortbildungen der Jugendamtsmitarbeiter notwendig, meint die Kommission. DANIEL GRÄBER 2 AUS DER REGION Der Sonntag · 25. Dezember 2016 Juristisches Neuland KURZ GEMELDET KREIS Antje Maurer ist Flüchtlingsbeauftragte Im Januar beginnt die ERÖRTERUNGSPHASE für das Pumpspeicherwerk Atdorf Seit 1. Dezember ist Antje Maurer Flüchtlingsbeauftragte des Landkreises Waldshut. Damit ist sie Ansprechpartnerin für alle Ehrenamtlichen, Helferkreise, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Behörden und für die Flüchtlinge selbst, die im Landkreis untergebracht sind. Neben der Netzwerkarbeit ist sie laut Landratsamt für die Koordinierung der Integrationsmaßnahmen und -projekte verantwortlich, wird die Gesprächsrunden der verschiedenen Akteure im Landkreis koordinieren und soll auch für einen transparenten Informationsfluss an alle in der Flüchtlingsarbeit Beteiligten sorgen. Auch sei sie Ansprechpartnerin für alle Bürger des Landkreises. Antje Mauer ist Angestellte des Landkreises Waldshut und dem Leiter des Amtes für Soziale Hilfen, Behinderten- und Altenhilfe unterstellt. Ihr Büro befindet sich in der Gemeinschaftsunterkunft Tiengen in der Badstraße 45. Antje Maurer ist per E-Mail unter flü[email protected] oder unter Telefon 0 77 41 / 8 08 95 40 erreichbar. BIOSPHÄRE Oberhalb von Bad Säckingen soll Deutschlands größtes Pumpspeicherwerk entstehen. Doch das Projekt hat viele Gegner, nahezu 1 300 Einwendungen wurden im vergangenen Sommer gegen das Vorhaben der Schluchseewerk AG erhoben. Vom 10. bis 28. Januar werden die Stellungnahmen in der Wehrer Seebodenhalle diskutiert. Eine zweite Erörterungsphase gilt schon jetzt als wahrscheinlich. Lenkungskreis beschließt Richtlinien Nach dem Beirat hat sich auch der Lenkungskreis des Biosphärengebiets Schwarzwald am Donnerstag zu seiner konstituierenden Sitzung in der Geschäftsstelle in Schönau getroffen, teilt das Regierungspräsidium Freiburg mit. Der Lenkungskreis verabschiedete die von der Geschäftsstelle vorgelegte Vergaberichtlinie für Projektförderung. Auch erste grobe Ideen für Vorhaben, mit denen das Biosphärengebiet an den Start gehen kann, gibt es bereits, zum Beispiel das Gresger Ammele (Sauerkirsche) und Konzepte zur besseren Vermarktung von Hinterwälderrindfleisch. Projekte für 2017 können bis zum DS 1. April beantragt werden. POLIZEI Touristen lösen Brandalarm in Hotel aus Das unüberlegte Handeln von Touristen aus Fernost führte am Dienstagabend in Weil-Friedlingen zu einem Polizei- und Feuerwehreinsatz. Kurzvor 21 Uhr wurde im Hotel im Rheincenter die Brandmeldeanlage ausgelöst, worauf Polizei und Feuerwehr zu dem Großkomplex ausrückten. Ein Feuer gab es nicht: In einem Hotelzimmer hatten die Touristen nach Angaben der Polizei den Alarm verursacht. Sie wollten lauwarmes Wasser in einer Thermoskanne wieder heiß machen und stellten dazu die Kanne auf die eingeschaltete Herdplatte. Kurz darauf begann der Plastikboden der Kanne zu schmelzen und zu qualmen, DS worauf der Brandmelder ausgelöst wurde. NINA LIPP 1 285 Einwendungen von Behörden, Verbänden und Grundstückseigentümern waren im Sommer im Zuge des Planfeststellungsverfahrens beim Landratsamt Waldshut eingegangen. Sechs Wochen lang hatte der Vorhabenträger, die Schluchseewerk AG, den 124 Ordner umfassenden Planfeststellungsantrag nach achtjähriger Planungsphase veröffentlicht. Nahezu 100 Prozent der Einwendungen waren ablehnend, hatte der für das Verfahren zuständige erste Landesbeamte Jörg Gantzer damals resümiert. Tatsächlich hat weder das noch die hohe Anzahl der Eingaben niemanden wirklich überrascht – denn allein der Bau des 1 400 Meter langen und 685 Meter breiten Oberbeckens, das neun Milliarden Liter Wasser fassen soll, wird Anwohner mit Baulärm, Erschütterungen und Staub belasten und gewaltige Eingriffe in den Naturhaushalt nach sich ziehen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) warnt zum Beispiel, das geplante Pumpspeicherwerk gefährde die Wasserversorgung und zerstöre oder beeinträchtige massiv unzählige Lebensräume von Flora und Fauna. Der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) glaubt, die Pläne missachteten die Belange der Landwirtschaft und gefährdeten zahlreiche Betriebe in ihrer Existenz, und der Schwarz- Wir wünschen allen unseren Kunden und Bekannten frohe Weihnachten und ein FAIRsicherungsbüro Michael Brogli Metzgergasse 5 · 79713 Bad Säckingen Tel. 0 77 61 / 61 42 · E-Mail: [email protected] eise! Tel. 0 76 41 /8073 La mm en ing straß e 2 · 79312 Emmend bis 31. Januar 2017 Wegen Umbau! je p 20,e je dschuh n a h r e Led p 30,tzen je ü M d n Hüte u p 100,cken je Lederja 300,ken je p c ja ll e f Lamm 00,tel je p 5 n ä -M ll e Lammf Schwörer – Reichen drei Wochen aus? – In den vergangenen Monaten habe ein zehnköpfiges Projektteam der Schluchseewerk AG, dem auch externe Gutachter angehören, die Einwendungen studiert und schriftliche Stellungnahmen dazuverfasst, die an das Landratsamt Waldshut übergeben worden seien, so Steinbeck. Der Erörterungstermin dient nun dazu, dass diese Bedenken mündlich vorgetragen, erläutert und ergänzt werden können und die entsprechenden Stellungnahmen der Schluchseewerk AG dazu ebenfalls erläutert werden können. Beide Seiten werden sich dabei von ihren Rechtsanwälten unterstützen lassen. Da mehr als 50 Personen Einwen- dungen formuliert hatten, wurden sie über den Erörterungstermin nicht persönlich informiert; dessen Bekanntmachung erfolgte über die hiesigen Tageszeitungen. Die Erörterungsverhandlung gliedert sich nach Sachthemen, das Landratsamt hat auf seiner Internetseite den Ablauf veröffentlicht, gibt aber auch zu bedenken, dass er bei einem derart komplexen Vorhaben nur begrenzt planbar sei – die Tagesordnung sei deshalb eine vorläufige und nicht verbindlich. Erörterungstermine sind nicht grundsätzlich öffentlich, trotzdem schlägt das Landratsamt vor, öffentlich zu verhandeln, sofern kein Beteiligter widerspricht. Angesetzt ist die Erörterung auf drei Wochen – ob das ausreicht, müsse sich zeigen, sagt Jörg Gantzer. „Ich rechne damit, dass der Antrag bei einzelnen Aspekten, insbesondere im Bereich des Naturschutzes, ergänzt und überarbeitet werden muss, so dass es voraussichtlich zu einer weiteren Erörterungsverhandlung kommen wird.“ Darin könnten dann diejenigen Aspekte, die aus Zeitgründen während der drei Wochen im Januar nicht vertieft erörtert werden können, aufgegriffen werden, so der Vize- landrat. Zudem hätten Mitglieder von Verbänden, die sich im Verfahren ehrenamtlich engagieren, signalisiert, bei einer dreiwöchigen Verhandlung zeitlich an das für sie Leistbare zu stoßen, sagt Caren-Denise Sigg, stellvertretende Leiterin des Amtes für Umweltschutz. Weil es keine Rechtsgrundlage für die Genehmigung von Pumpspeicherwerken gibt, zeichnen sich laut Landratsamt zwei Schwerpunkte ab, die sich in der Tagesordnung widerspiegeln. Das seien zum einen „eine ganze Reihe von Rechtsfragen“, die von der Planrechtfertigung, über die Wahl des Verfahrens bis hin zu vielfältigen naturschutzrechtlichen Fragestellungen reichen. Das Landratsamt geht davon aus, dass die Frage, ob für das Vorhaben auf private Grundstücke zugegriffen werden kann, eines der zentralen Themen des Verfahrens sein wird. Die Grundstücke, auf die das Schluchseewerk zugreifen will, seien „nach strengen fachlichen und rechtlichen Anforderungen“ in der Region ausgewählt worden. Weil die gesetzlichen Anforderungen daran sehr hoch seien, verteilen sich die als geeignet ermittelten Grundstücke über drei Landkreise. Die Woche vom 19. bis 24. Dezember Montag Auch im Neuen Jahr beraten wir Sie gerne in allen Versicherungsfragen. Pelz &Leder waldverein geht sogar so weit, von einer unwiederbringlichen „Vernichtung der Heimat“ zu sprechen. Die Schluchseewerk AG, Tochterunternehmen von Energie Baden-Württemberg (EnBW) und dem Energiekonzern RWE, mit Sitz im badischen Laufenburg, hält dagegen: „Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass das Projekt richtig ist und als Beitrag zur Energiewende gebraucht wird“, sagt Schluchseewerksprecher Peter Steinbeck. WAR NOCH WAS? gesundes und erfolgreiches Jahr 2017. pr Sonder Über das geplante Pumpspeicherwerk Atdorf urteilt der BUND, es gefährde die Wasserversorgung und zerstöre unzählige Lebensräume von Flora und Fauna – während der Erörterungsphase wird er seine ArguMONTAGE: SCHLUCHSEEWERK/BZ mente vorbringen können. In der Gemeinderatsitzung in Bad Säckingen geben die Stadträte grünes Licht für den BEBAUUNGSPLAN BRENNETAREAL – damit ist die fünf Jahre andauernde Planungsphase nun abgeschlossen. Die Bagger werden wohl schon im Januar anrollen. Im Kreis Waldshut verschiebt sich die MÜLLABFUHR über die Weihnachtstage um jeweils einen Tag nach hinten:vom 26. auf den 27., vom 27. auf den 28. und so weiter. Gleiches gilt für den 6. Januar, teilt das Landratsamt Waldshut mit. Dienstag Wer sich in den vergangenen Wochen noch nicht gegen Influenza IMPFEN ließ, sollte dies noch vor den Feiertagen tun, rät das Landratsamt Waldshut in einer Pressemitteilung. Seit Ende November, so heißt es, nehmen die Influenza-Nachweise in BadenWürttemberg zu. Für die Jahreszeit sei das zwar nicht ungewöhnlich, erfahrungsgemäß würden die Erkrankungen in den und Bäderstadt hervorgehoben wird. Donnerstag Murg im Wandel macht auf einen neuen Online-Kalender aufmerksam: Auf der Plattform FAIRNETZT-HOCHRHEIN.DE weisen Gruppen aus dem Kreis Waldshut und den Kantonen Aargau und Schaffhausen auf Veranstaltungen hin, inspiriert wurde sie durch die Gruppen fairNETZt Lörrach und BaselWandel. Wer die Infos im Abo erhalten will, schreibt eine E-Mail an info@fairnetzt-hochrhein. de. Freitag Wie die Badische Zeitung heute berichtet, hat sich Christoph BieSeit Mittwoch stehen die neuen Ortsschilder von Bad Säckingen mit litz, der geschäftsführende ärztFOTO: KONSTANTIN GÖHRLICH liche Direktor des Sigma-Zendem Zusatz „Heilbad“. trums, mit einem Schreiben an nächsten Wochen aber weiter Ortseingängen angebracht. Mit Landrat Martin Kistler gewandt. Blick auf das Zerwürfnis der Darin betone er die Bedeutung steigen. Stadt mit den Betreibern der des Bad Säckinger SPITALS für Aqualon-Therme im vergange- die Kurkliniken der Stadt. UnterMittwoch nen Jahr ist die Stadt froh und zeichnet sei der Brief von 15 ÄrzDie neuen Ortstafeln der Stadt stolz auf den Zusatz HEILBAD, ten der privaten psychiatrischen NIL Bad Säckingen werden an den mit dem die Bedeutung der Kur- Klinik. DIE DRITTE SEITE 3 Der Sonntag · 25. Dezember 2016 Die Würde des Individuums ist entscheidend Der Freiburger Religionswissenschaftler BERNHARD UHDE zum Zusammenleben zwischen Christen, Muslimen und Juden Lessings „Nathan der Weise“ wird derzeit am Freiburger Theater aufgeführt. Die Kernthese des Stücks lautet: Die monotheistischen Religionen sind gleichwertig. Dennoch stehen sich 200 Jahre später Juden, Christen, Muslime und Atheisten in einer Welt voll politischer Spannungen konfrontativ gegenüber. Der Freiburger Religionswissenschaftler Bernhard Uhde sagt, dies sei durch die Doktrin der jeweiligen Religionen nicht erklärbar. Zunächst einmal fällt mir jetzt spontan ein Satz Karl Rahners ein: „Der Christ der Zukunft wird Mystiker sein oder gar nicht sein.“ Diese Behauptung war möglicherweise eine Entgegnung auf Malraux. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Wir erleben, dass der Einfluss der Religion, global gesehen, sehr verschieden ist. Die Meinung, die noch vor drei oder vier Jahrzehnten oft zu vernehmen war, wonach die Religionen allmählich verschwinden, hat sich als Irrtum erwiesen. Dies gilt für den Zusammenhang von Religion und Politik, für die Präsenz der Religionen in der Öffentlichkeit. Wenige Beispiele: Der Staat Israel legitimiert sich und seine Gebietsansprüche religiös. Auf den Islam berufen sich vielerorts staatliche Machtapparate, sogar bei Gewaltanwendung, wie es in der Vergangenheit nicht selten auch mit dem Christentum getan wurde. In Russland erhält der Präsident den Segen der orthodoxen Kirche, doch wird Gewalt nicht religiös gerechtfertigt. Die evangelikalen Bewegungen in Brasilien haben großen Zulauf. Und in Indien erleben wir derzeit eine Renaissance traditionell-religiöser Vorstellungen wie in anderen Weltgegenden auch. Sind viele Konflikte in der Welt auch religiös geprägt? Da ist zunächst die HuntingtonThese, wonach Kulturen und Kulturräume – und auch die Religion prägt die Kultur – ihres unterschiedlichen und gegensätzlichen Anspruchs wegen notwendig „aneinanderkrachen“. Auch der Heidelberger Gelehrte Jan Assmann vertritt die Ansicht, dass monotheistische Religionen mit ihrem universalen Absolutheitsanspruch, der alles andere für unwahr erklärt, unweigerlich miteinander in Konflikt kommen. Aber – zumindest der Theorie nach – könnte es auch anders sein ... Wie denn? In allen drei monotheistischen Religionen – Judentum, Christentum, Islam – gibt es kein exklusives Heilsversprechen nur für den, der zur jeweiligen Institution der Religion gehört. Das heißt, Gottes universales Heilsversprechen gilt zunächst allen Menschen, ist für alle Menschen in unterschiedlicher Weise als Möglichkeit, im Diesseits und im Der freiheitlich-säkulare Staat beschützt jeden Bürger vor engen religiösen Moralvorstellungen. In einer sich religiös abschottenden Parallelgesellschaft ist die Unterdrückung des Individuums schon seitens der Familie möglich. Ist dies erträglich? Nein. Aber wer von muslimisch geprägten Parallelgesellschaften spricht, darf nicht vergessen, warum diese entstanden sind. Oft waren Sozialstruktur oder fehlende Sprachkenntnisse förderliche Ursachen. Wer sich viel in Moscheen aufhält, wird erfahren, wie marginalisiert sich Muslime in Deutschland jahrzehntelang gefühlt haben. Ihre Gemeinden bilden meist keine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Beim Moscheebau gab es hohe Hürden – um nur zwei Beispiele zu nennen. Hier wurde seitens der Mehrheitsgesellschaft jahrelang viel versäumt. Und nun hat man seit geraumer Zeit den Eindruck, der Zug der Parallelgesellschaften nimmt Fahrt „Die religiöse Herausforderung durch den Islam macht eine intensive Beschäftigung mit dem christlichen Glauben und den damit verbundenen auf und wird immer schneller. FOTO: OSC Werten notwendig“, sagt Professor Bernhard Uhde. Was könnte ihn aufhalten? Jenseits zum Heil zu kommen, Man kommt derzeit nicht umhin, nur zwischen „wahr“ und „un- unterschieden. Die wirkliche Ingegeben. Das relativiert nicht die von einer Herausforderung des wahr“ unterscheidet. Nimmt tegration ist die Annahme des Man muss unentwegt an der ÖffReligionszugehörigkeit, sondern friedlichen Zusammenlebens sich der Mensch an Stelle Gottes Anderen in seiner Verschieden- nung der Parallelgesellschaften lässt Gott entscheiden, wen er durch den Islamismus zu spredie Deutungshoheit über „wahr“ heit. Die Friedenspotenziale der arbeiten. Ich bin fest davon überzum Heil führt. Somit ist nach chen. Benutzt dieser nur einen und „falsch“ und behauptet, von Religionen sind groß genug, da- zeugt, dass das Zusammenleben der Doktrin aller drei Religionen Religionen religiösen Vorwand, um reale der Unwahrheit und deren Ver- mit jede auf eine exklusive Deu- unterschiedlicher ein friedliches Zusammenleben oder vermeintliche soziale und tretern angegriffen worden zu tungshoheit verzichten und sich und Kulturen dann am besten zwischen Gläubigen, Anderspolitische Ungerechtigkeiten zu sein, obwohl dies offenkundig in dieser Welt als ein Segment ei- gelingt, wenn die Bedeutung des gläubigen und Atheisten mögbekämpfen? nicht der Fall ist, so behauptet er ner pluralistischen Gesellschaft Individuums bejaht wird, ohne lich. Problematisch wird es denirrtümlich oder böswillig, sich verstehen kann, nicht mehr. Die dabei den Gedanken der Bedeunoch, denn alle drei Religionen In seinem Kern ist der Islam ein verteidigen zu müssen, wenn Assimilation hingegen wäre die tung der Gemeinschaft zu verkennen das Recht auf Verteidi- Friedensaufruf an alle Men- nötig mit Gewalt. Nochmals: Auslöschung der Vielfalt. Wir gessen. Beide, Individuum und gung des Glaubens und der schen. Es gibt in der islamischen Dies ist aber eine radikale Fehlin- dürfen zudem bei der Wertedis- Gemeinschaft, sind ja nur zukussion nicht vergessen, dass so- sammen denkbar. Also können Glaubenden, wenn diese ange- Tradition nicht wenige Lehrer, terpretation des Islam. gar hinter dem Profanen noch diese beiden Werte zueinandergriffen werden, weshalb auch in die darauf hinweisen, auch der allen drei Religionen der Gedan- Koran lässt dies erkennen. Im In der Debatte um die Aufnahme sehr viel Religiöses steht. Wenn geführt werden, wie es ja auch ke des Martyriums präsent ist. Koran kann man lesen, dass Gott zahlreicher muslimischer Flücht- von „unseren“ Werten die Rede von vielen nachdenklichen ist, kann doch nicht das Zähne- Stimmen gewünscht wird. FreiUnd nun steht man vor heiklen die Menschen liebt und diese linge in Deutschland zählen die putzen oder der Händedruck ge- lich fehlt auf der muslimischen Fragen: Wann liegt der Verteidi- ihn lieben, weshalb sich die MenKirchen, vor allem die katholimeint sein. Ich würde als den Seite in dieser Debatte der entgungsfallvor? Wenn man Schwä- schen, wie im Judentum und sche, zu den energischsten Bechere verteidigt? Darf oder muss Christentum, auch untereinanfürwortern einer Willkommens- zentralen Wert einer – wenn man scheidende öffentliche Anman auch präventiv verteidi- der lieben sollen. Das widerkultur. Könnte diese Haltung sich so will – abendländischen Kultur sprechpartner. DAS GESPRÄCH FÜHRTE gen? Ist Prävention nicht immer spricht einem gewaltbereiten Isauch dadurch erklären, dass sich die Erkenntnis der Bedeutung TONI NACHBAR des Individuums, seiner Freiheit auch Interpretation? Und wird lamismus. Dennoch ist der geChristen durch die Integration nicht Aggression oft als Präven- waltbereite Islamismus nicht frommer Muslime in unserer tion interpretiert? Und sind die ausschließlich nur politisch Gesellschaft eine Renaissance Antworten auf diese Fragen oder sozial erklärbar. Der Islam, der eigenen Religion erhoffen? Die nicht auch Interpretationen, die wenn man dies so allgemein forGe sc he oftmals von bestimmten Inter- mulieren darf, hat eine Nähe zu Es gibt in den Kirchen diese nk ide essen geleitet sind? einem „bipolaren Denken“, das Hoffnungen und Erwartungen, e! und sie sind nicht unberechtigt, weil die religiöse HerausfordeZUR PERSON rung durch den Islam eine intensive Beschäftigung mit dem BERNHARD UHDE wurde 1948 professor an der Fakultät für christlichen Glauben und den in Augsburg geboren. Er stuRömisch-Katholische Theodamit verbundenen Werten notdierte Katholische Theologie, logie der Uni „Babes-Bolyai“ wendig macht. Philosophie, Religionswissen- in Klausenburg, Rumänien. schaften und Alte Geschichte 2008 wurde Uhde mit dem Damit kommen wir aber zu einer in Mainz und Freiburg. 1973 Verdienstkreuz am Bande des ganz anderen Konfliktlinie. Sie promovierte er mit der DisVerdienstordens der Bundesliegt dann nicht mehr zwischen sertation „Erste Philosophie republik für seinen Einsatz um den Religionen, sondern auf der und menschliche Unfreiheit“. den interreligiösen Dialog auseinen Seite steht das Religiöse, 1982 habilitierte er sich für das gezeichnet. Zu seinen wichauf der anderen der SäkularisFach Religionsgeschichte an tigsten Veröffentlichungen mus. der Uni Freiburg mit der zählen „Islam, Hinduismus, Schrift „Gegenwart und EinBuddhismus – eine HerausUnd wir stehen oftmals vor der heit. Versuch über Religion“. forderung des Christentums“ Intoleranz im Namen der ToleTäglich 15 und 19 Uhr, Messe Freiburg Uhde war von 2001 bis 2016 sowie „Warum sie glauben, was ranz. In der gesamten Debatte, in Spielfrei am 24. Dezember sowie am 1. und 2. Januar Professor an der Katholischsie glauben. Weltreligionen der es darum geht, was die ZuTheologischen Fakultät in Frei- für Andersgläubige und Nachunskommenden leisten müsTN burg. Außerdem war er Gastdenkende“. sen, wird viel zu wenig zwischen Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen Integration und Assimilation qu-int.com Das 21. Jahrhundert wird religiös sein oder es wird gar nicht sein, soll der französische Philosoph André Malraux prophezeit haben. Registrieren Sie in der Gegenwart einen Bedeutungszuwachs des Religiösen, Herr Professor Uhde? und Gleichheit sehen sowie seiner Eigenheit, folglich Religionsfreiheit. Die Würde des Individuums geht jedem Ideal einer Gemeinschaft voraus. Und nun sehe ich auch, dass die Bedeutung des Individuums in der jüdisch-christlichen Tradition ausgeprägter scheint als im Islam, der die Würde des Menschen zweifellos anerkennt, aber dem Gemeinschaftsgedanken einen höheren Stellenwert beimisst. Ethisch gesehen sind die Religionen kompatibel, insofern jede ihre eigene Ethik ernst nimmt. 23. DEZEMBER BIS 7. JANUAR www.circolo-freiburg.de 4 AUS DER REGION GESICHT DER WOCHE WURSTBRATER GUNTER UHL Ende einer Familientradition G unter Uhl hat am 24. De- Frey arbeitet seitdem wieder als zember eigentlich dopSteuerfachangestellte. Mit ihr pelten Grund zum Feihat er den Laden vor 20 Jahren ern: Es ist Heiligabend, und der von seinen Eltern übernomFamilienvater wird 58 Jahre alt. men. Bereits 1971 hatten diese So richtig ist ihm mit dem Brataber nicht zum Feiwurstverkauf am ern zumute. Das Münster begonOriginal vom nen. Das FamilienMünstermarkt hat geschäft läuft nun eine schwere Woam 31. März aus. che hinter sich. Auch Uhls 22-jähriVergangenen ge Tochter Mona Samstag erhielt Lisa Pawellek und Gunter Uhl die weeine weitere Angenig frohe Botstellte verlieren ihschaft: „Wir haben Im März ist Schluss: ren Job. Uhl wirkt Gunter Uhl. FOTO: JAS erstaunlich aufgeunsere Existenzgrundlage verloräumt, wenn er ren.“ Bei der Langen-Rotenvom Ende der FamilientraditiNeuvergabe bekam sein Stand on erzählt. Während er die keinen Zuschlag. Die städtische Wurst wendet, erhält er ZuTochtergesellschaft Freiburg spruch. Es vergeht keine MinuWirtschaft, Touristik und Messe te am Stand, ohne dass ihm die (FWTM) kürzt die Zahl der Kunden gutes Gelingen wünWurststände zum neuen Jahr schen. Die Unterschriftenliste von sieben auf fünf. Weiterhin für eine Petition zum Protest dabei sind die Betriebe Meier, gegen die Neuvergabe wächst Hassler, Licht, Schule und Kin- im Sekundentakt. „Die vielen dle. Uhl’s Wurstbude zog den Wünsche sind Balsam.“ Wie es Kürzeren, ebenso wie Wurstnun weitergeht, weiß er nicht. stand Hauber. „Wir haben ähnli- Er ist ein Lebenskünstler, hat che Stände“, erklärt Uhl, „da früher im Metallbau, bei der geht es um Details.“ Das Unikat Rhodia, als Sprachlehrer, als mit der getönten Brille und der Lkw-Fahrer und in Buchhandcharakteristischen Mütze zeigt lungen gearbeitet. Trotz aller auf die überdachten Stände der Erfahrung vermutet er: „Mit 58 Konkurrenz, verweist auf deren etwas Neues zu finden, wird Ablagemöglichkeiten und schwer.“ Er hofft darauf, durch führt um die Wagen herum zu seine vielen Bekanntschaften den Anhängerkupplungen. in der Innenstadt einen Job zu „Die haben eine abknickbare, finden. Trotz der Hiobsbotwir nicht.“ Der Kriterienkatalog schaft ist Uhl die Frohnatur gesei ellenlang, so Uhl, der mit blieben, als die ihn seine Kunden Händen die Länge einer den kennen. Kein Nachtreten, Langen Roten formt. „Die ande- kein Gram. „Ich mag die anderen haben 80 Seiten Bewerren Verkäufer, wir kennen und bung abgegeben, wir weniger“, schätzen uns.“ Doch als er den sagt Uhl. Er hat nicht mit dem zehnten Wurstweck in Folge Aus gerechnet. Noch vor fünf über die Theke reicht, weicht Jahren erhielt er den Zuschlag. das Lächeln kurz aus seinem Damals hatte seine Schwester Gesicht: „Das alles wird mir fehJAKOB SCHÖNHAGEN am Stand aufgehört. Martina len.“ BEILAGEN Teile der heutigen Ausgabe unserer Zeitung enthalten Beilagen der Firmen: ALDI Süd, Thomas Philipps, Wollworth, Villringer GmbH, Penny, Mega Küchen, Media Shop Feuerstein, XXXLutz und Die Küche Wehr. Grenzüberschreitend für den Klimaschutz Letzte Sitzung der HRK unter Landrat Martin Kistler Der Verkehr der Zukunft ist elektrifiziert – auf Schienen genauso wie auf Reifen. Das war Konsens und Hauptthema der Plenarversammlung der Hochrheinkommission (HRK) in Osterfingen bei Schaffhausen. In der Hochrheinkommission sind neben dem Land Baden-Württemberg die Landkreise Lörrach und Waldshut sowie die Kantone Aargau und Schaffhausen vertreten. Sie ist eine partnerschaftliche Einrichtung zur Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit am Hochrhein. Es war die letzte Plenarversammlung unter Landrat Martin Kistler, die HRK wird ab Januar durch den Schaffhauser Regierungsrat Christian Amsler (FDP) geführt. Remo Lütolf, Vorsitzender der Geschäftsleitung ABB Schweiz, berichtete darüber, dass viele Standorte von ABB Schweiz weniger als 45 Autominuten von der Grenze zu Deutschland entfernt seien. Das Unternehmen beschäftigt laut Lütolf mehrere hundert Angestellte mit Wohnort in Deutschland. Gemeinsam mit der ABB Schweiz hat die HRK ein grenzüberschreitendes Projekt des klimafreundlichen Pendelns initiiert. Am Beispiel der Arbeitswege von ABB-SchweizMitarbeitenden werde das derzeit erprobt. „Klimafreundlich pendeln“ sei damit Teil der Verkehrs- und Energiewende in der Schweiz und Deutschland. Hintergrund ist die hohe Zahl von Arbeitnehmenden, die täglich aus Deutschland zur ihren Arbeitsplätzen in die Nordschweiz pendeln. Allein aus den Landkreisen Lörrach und Waldshut pendeln über 34 000 Personen. Da das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs in der Hochrheinregion aufgrund von Siedlungsstruktur und Topographie mittelfristig nur begrenzt ausweitbar ist, stellt sich die Entwicklung der grenzüberschreitenden (Individual-)Elektromobilität als besonders vielverspreDS chend dar. Der Sonntag · 25. Dezember 2016 Weihnachten im Gefängnis Für die Insassen der JVA FREIBURG sind die Festtage bedrückend Weihnachten, für die meisten Menschen bringt dieses Fest drei besinnliche Tage im Kreise der Familie und ein Festmahl nach dem anderen mit sich. Für Gefängnisinsassen dagegen sind diese Feiertage mit die schwierigsten im ganzen Jahr. Michael Philippi, evangelischer Seelsorger in der JVA Freiburg, hat derzeit viel zu tun. DANIEL WEBER „Ich habe solch einen Stapel von Gesprächsanfragen auf meinem Schreibtisch liegen“, erzählt Michael Philippi und hält Daumen und Zeigefinger so weit auseinander, dass eine 2-Euro-Münze dazwischen passen würde. Wer mit ihm sprechen will, muss eine schriftliche Anfrage stellen. „In der JVA muss man für alles einen Antrag stellen“, fügt er erklärend hinzu. Seit etwas mehr als einem Jahr ist der 56-Jährige evangelischer Seelsorger in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Freiburg. Anders ausgedrückt: Pfarrer hinter Gefängnismauern. An jedem Sonntag hält er – ebenso wie sein katholischer Kollege Andreas Mähler – einen Gottesdienst in der Anstalt ab. Den Rest der Woche führt er fast ausschließlich Gespräche mit Häftlingen. Derzeit gebe es viel Gesprächsbedarf, erzählt Philippi, der auch stellvertretender Dekan der evangelischen Kirche Freiburg ist und zuvor sieben Jahre lang in Frankfurt im Gefängnis tätig war. „Das Ziel ist, vor Weihnachten jeder Zelle einen Besuch abzustatten“, umreißt der Seelsorger seine derzeitigen Arbeitstage, hinzu kommen die beantragten Gespräche sowie Gruppensitzungen, die Philippi auch abhält. Eine davon etwa mit zehn zu lebenslänglich Verurteilten. Rund 650 Gefangene sitzen in Freiburg derzeit ihre Haftstrafen ab. „Weihnachten ist für viele drinnen eine sehr schwierige Zeit, das höre ich immer wieder“, so Philippi. Die Stimmung in der ganzen Anstalt sei derzeit auch eine andere. Die Gewissheit Der evangelische Pfarrer und Seelsorger Michael Philippi vor seinem Arbeitsplatz: den Mauern der JVA FreiFOTO: DAW burg. darüber, dass im eigenen Leben etwas falsch gelaufen ist, wird für viele zur Last, die an den eigentlich schönen Festtagen noch schwerer wiegt. Zwar gab es kürzlich wie jedes Jahr eine Weihnachtsfeier, zu der neben rund 150 Gefangenen auch etwa 50 Besucher kamen, und auf jeder Station stehe auch ein Weihnachtsbaum, dennoch sei die Stimmung insgesamt „sehr getragen“, formuliert es der Geistliche. – Das einzige unabhängige Organ im Apparat der JVA – Einen eigenen Eindruck davon konnte sich der Autor des Textes nicht machen, die Anstaltsleitung erlaubte den Besuch von außen nicht. Somit waren keine Gespräche mit Gefangenen möglich, und auch der „Saal der Tränen“ blieb verborgen, wie Philippi sein Büro bezeichnet. Als Seelsorger ist er das einzige unabhängige Organ im Apparat der Strafanstalt. „Hier können die Insassen loslassen, offen erzählen und ihren Frust rauslassen, auch über die JVA“, so Philippi. Er schreibe sich nichts auf, unterliege einer Schweigepflicht. „Ich bekomme da einen großen Vertrauensvorschuss von den Häftlingen“, sagt er. Seine therapeutische Ausbildung helfe ihm bei der diakonischen Arbeit. „Die Kirche ist nur glaub- würdig, wenn sie auch an den Rändern aktiv ist“, fasst der Pfarrer seine Aufgabe zusammen. Viel weiter an den Rand der Gesellschaft als im Gefängnis geht es wohl nicht. „Auch wenn man sich manchmal ohnmächtig fühlt“, so Philippi, etwa wenn Sexualverbrecher keine Einsicht zeigen oder wenn er auch selbst mal am System verzweifle, „ist es spannend, mit Menschen in Grenzsituationen zu reden und mit ihnen gemeinsam eine Perspektive zu erarbeiten.“ Das Thema Wahrheit spiele in diesen Gesprächen immer wieder eine große Rolle, so Philippi. Es gebe die Wahrheit des Richters, die Wahrheit der Anstalt und die Wahrheit des Gefangenen. „Alle drei Wahrheiten können zutreffend sein, aber sie sind nicht kompatibel.“ Auch nicht an Weihnachten. Das weiß auch Marco Deutschmann. „Weihnachten waren immer sehr beschissene Tage“, sagt der 33-Jährige, der rund drei Jahre Häftling der JVA Freiburg war. Verurteilt als Drogenkurier saß er insgesamt sieben Jahre hinter Gittern in Frankreich und Deutschland. In Freiburg machte der Hauptschüler Abitur und begann schon als Freigänger mit einem Studium. Seit Sommer 2013 lebt er wieder in Freiheit, inzwischen in Konstanz. „Emotional war Weihnachten im Gefängnis sehr bedrückend“, erinnert sich der gebürtige Stuttgarter, die Stimmung sei insgesamt „sehr depressiv“ gewesen. Während durch den Fernseher die heile Weihnachtswelt in die Einzelzelle drang, zogen sich die Tage auf den neun Quadratmetern darin umso länger. „Vieles ist an Weihnachten auch eingeschränkt, etwa die Zeiten für Hofgang, weil weniger Bedienstete da sind“, so Deutschmann. Auch das angekündigte Weihnachtsessen entpuppte sich immer wieder als Enttäuschung. Mit der „Möglichkeit des Umschlusses“ gibt es aber auch positive Seiten. So können befreundete Häftlinge die Nacht in einer Zelle gemeinsam verbringen. „Auch auf die Weihnachtsfeier mit Besuch von Verwandten freuen sich viele“, so Deutschmann. Kontakt mit einem Seelsorger hatte er selbst in seiner Haftzeit nie. „Es gab aber einen Herrn Higel, über den ich viel Gutes gehört habe“, erzählt Marco Deutschmann. Die Rede ist vom evangelischen Pfarrer Werner Higel, dem Vorgänger von Michael Philippi. „Der hat vielen Gefangenen sehr geholfen.“ Diesen Anspruch hat auch Philippi. „Alle haben das Recht auf eine Perspektive“, sagt er, bevor er vom nächsten Gottesdienst spricht, den er gerade vorbereitet. An Heiligabend um 14 Uhr in der Kirche im Gefängnis. Rechtliche und ethische Risiken Eine Gruppe von Forschern kritisiert in einem offenen Brief die mögliche Ausweitung der DNA-ANALYSE Selten waren sich Politiker von links und rechts, Experten und Laien so einig: Die Befugnisse der Polizei, Merkmale von Tatverdächtigen mit Hilfe einer DNA-Analyse zu ermitteln, sollen ausgeweitet werden. So lautete die Forderung nach den beiden jüngsten Morden in Freiburg und Endingen. Eine Gruppe von Forschern der Universitäten Freiburg, Frankfurt/Main und Newcastle/Großbritannien kritisiert diese Einhelligkeit in einem offenen Brief: „Wir fordern eine breite gesellschaftliche und wissenschaftliche Debatte, bevor es zu einer Gesetzesänderung kommt“, sagt Anna Lipphardt, Juniorprofessorin am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie in Freiburg. „Wir sind entsetzt, dass die Konsequenzen dieser Forderung überhaupt nicht diskutiert werden, sondern im Windschatten der Berichterstattung über die beiden Morde solche Vorhaben durchgedrückt werden sollen“, sagt Lipphardt. Tatsächlich berge die Ausweitung der DNA-Analyse rechtliche, ethische und soziale Risiken, die jeden einzelnen Bürger betreffen könnten, so die Geistes- und Kulturwissenschaftler im offenen Brief. – „Hautfarbe unbekannt“ – Bislang darf das Erbgut eines Tatverdächtigen, für dessen Analyse Spuren von Hautschuppen, Haaren, Speichel oder Sperma ausreichen, nur im Hinblick auf Geschlecht und zur Feststellung der Identität genutzt werden. Dabei wird die am Tatort gefundene Erbsubstanz mit der eines Verdächtigen verglichen. Merkmale wie Haut-, Haar- und Augenfarbe dürfen hingegen nicht erhoben werden, obwohl sie nach Angaben des baden-württembergischen Justizministeriums mit einer Genauigkeit von 75 bis 98 Prozent festgestellt werden könnten. „Eine umfassendere DNA-Analyse würde ra- scher zum Tatverdächtigen führen“, sagt der Freiburger Polizeipräsident Bernhard Rotzinger, der eine solche Ausweitung für dringend erforderlich hält. Hätte man etwa im Fall von Hussein K., der verdächtigt wird, am 16. Oktober die Studentin Maria L. getötet zu haben, gewusst, dass der Täter mit hoher Wahrscheinlichkeit etwa 20 Jahre alt ist und aus Zentralasien stammt, hätten die Ermittler viele andere Verdächtige nicht überprüfen müssen. Die Zuordnungen mittels DNA seien nicht zweifelsfrei korrekt, außerdem könnten bei einer biogeografischen Analyse ganze Bevölkerungsgruppen in Verdacht geraten, halten die Forscher dagegen. Anna Lipphardt hat über das „Heilbronner Phantom“ geforscht – jene angebliche „Zigeunerin“, die hoch mobil und extrem kriminell schwere Straftaten verübte, ehe sich im März 2009 herausstellte, dass die Wattestäbchen, mit denen die Ermittler in unterschiedlichen Fäl- len DNA-Spuren nahmen, bereits bei der Herstellung von einer Fabrikarbeiterin polnischer Herkunft verunreinigt worden waren. „So sind zahlreiche Sinti und Roma unverschuldet in Verdacht gerasten“, sagt Lipphardt. Der Fall zeige: Bei der Ausweitung der DNA-Analyse gehe es um nichts Geringeres als um das Verhältnis von Individuum und Staat. Prinzipien wie Unschuldsvermutung, Beweislast und Verhältnismäßigkeit der Mittel stünden auf dem Spiel. Ehe die Konferenz der Justizminister von Bund und Ländern im Frühjahr über eine Ausweitung der DNA-Analyse berät, will die Forschergruppe am Freiburg Institute for Advanced Studies (Frias) ein internationales Symposium veranstalten. Dabei sollen neben Forensikern Datenschützer und Rechtsethiker zu Wort kommen. SIGRUN REHM > DER OFFENE BRIEF findet sich unter: stsfreiburg.wordpress.com AUS DER REGION 5 Der Sonntag · 25. Dezember 2016 Gar kein uraltes Ritual INTERVIEW Der Freiburger Theologe Stephan Wahle zum Wandel des Weihnachtsfestes „Ja ja, Weihnachten ist auch nicht mehr das, was es einmal war.“ Das ist schnell gesagt – doch was war Weihnachten denn einmal? Feiert man heute anders als früher? Solche Fragen stellt man am besten Stephan Wahle, der als Theologe an der Universität Freiburg die Geschichte des Weihnachtsfests untersucht hat. Stephan Wahle: „Ich halte nichts von der Pauschalkritik.“ Herr Wahle, Abgesänge auf das traditionelle Weihnachten gibt es genügend. Wird das Fest diesmal trotzdem noch einmal funktionieren? FOTO: ZVG aber unausgesprochen kommen die existenziellen Fragen des Lebens so an die Oberfläche. Weihnachten gibt es weiterhin, keine Sorge. Noch können Sie beobachten, dass ab circa 15 Uhr der Schalter umgelegt wird. Es wird leerer auf den Straßen, viele Menschen ziehen sich in ihr Zuhause zurück. Ich halte nicht viel von der Pauschalkritik, Weihnachten sei nur noch Konsum und habe nichts mehr zu tun mit dem eigentlichen Weihnachten – was immer das überhaupt sein soll. Dafür, dass so viele Leute kritisieren, Weihnachten sei nur noch aufgesetzte Idylle, wird es doch viel zu gerne gefeiert. Auf welche Weise begehen die Menschen heute Weihnachten? Die allermeisten feiern recht gerne Weihnachten, ohne allerdings groß über Hintergründe nachzudenken. Ein kleiner Teil flieht davor – der findet zwar viel Echo in den Medien, aber es ist eine Minderheit. Und ein dritter, ebenfalls kleiner Teil feiert das Fest ganz bewusst als Höhepunkt des ganzen Jahres. Also feiert niemand ein Weihnachtsfest, das völlig frei von religiösen Bestandteilen ist? Das kommt eher selten vor. Es gibt viele Atheisten, Agnostiker, aber auch Getaufte, die mit Jungfrauengeburt, Inkarnation und solchen Glaubensaussagen nichts anfangen können, die aber zum Beispiel die Friedensbotschaft in der Weihnachtsgeschichte nach Lukas – ein Stück Weltliteratur – durchaus als Wert anerkennen. „Das hat doch heute mit dem eigentlichen Weihnachten nichts mehr zu tun“, heißt es gerne. Was ist denn das „eigentliche Weihnachten“? Kirchlich offiziell und nach der Liturgie ist es die Geburt von Jesus und damit das Ereignis der Menschwerdung Gottes; dass dieser Gott sich „einfleischen“ will, Und bei wie vielen finden sich noch religiöse Aspekte? Na ja, wenn man für Erfahrungsberichte und in Interviews fragt, ob die Menschen religiöse Motive mit ihrem Weihnachtsfest verbinden, antwortet eine große Mehrheit erstmal mit „Nein“. Aber wenn sie auf Nachfrage noch mal genauer darüber nachdenken, finden sich oft doch Aspekte einer unbestimmten Religiosität im Hintergrund. dass er auf die Seite des Menschen tritt, um so auch die Menschen quasi zu „vergöttlichen“ und das Menschsein aus seiner Endlichkeit zu befreien. Und wurde das schon immer gefeiert? Die ersten dreihundert Jahre überhaupt nicht. Ein Fest rund um den 25. Dezember ist dann in Rom entstanden, möglicherweise in Wechselbeziehung zu einem heidnischen Fest, das Kaiser Aurelian im Jahr 274 eingeführt hat, das Geburtsfest des unbesiegten Sonnengottes. Wahrscheinlich sind beide Feste aufgrund einer Frömmigkeit entstanden, die sich an der Sonne ausrichtete. Das hat wohl den Nerv der Leute damals getroffen und so konnte man das Fest auch nutzen, um christliche Glaubenswahrheiten zu verbreiten. Dieses Fest fand dann noch in den Kirchen statt. Wie kam es in die Wohnzimmer? Also ist das Weihnachtsfest, wie es heute jeder kennt, keine 200 Jahre alt. Ja, man denkt immer, das seien alles uralte Riten. Tatsächlich aber ist das Weihnachtsfest mehr Ausdruck einer modernen Gesellschaft. Gut, es gibt Bilder, auf denen man schon Luther mit seiner Familie beim Weihnachtsbaum sitzen sieht, aber auch dass der Baum ein so zentrales Element wird, ist eigentlich ein Produkt des 19. Jahrhunderts. Was galt denn früher als Weihnachtszeit? Heute beginnt der Weihnachtsmarkt schon Mitte November. Am meisten gewandelt hat sich der Advent, der einst eine christliche Vorbereitungszeit darstellte. Nun spielt er als Zeit religiöser Umkehr kaum noch eine Rolle. Problematisch ist auch, dass die Weihnachtszeit mit dem zweiten Feiertag in der Öffentlichkeit abrupt abbricht. Die Weihnachtswoche als eigenständige Festzeit gibt es faktisch kaum noch. Die Geburt des modernen Weihnachten findet im 19. Jahrhundert statt. Es ist die Zeit der Bürgerkultur, da entsteht der Gedanke von der Familie als Keimzelle der Gesellschaft und auch Kindheit erfährt dort eine eigene BetrachWie sähe die eigentlich aus? tung. In dieser Zeit Die kirchliche Weihnachtszeit endet mit dem Sonntag nach dem 6. Januar. In den acht Tagen vom 25. Dezember bis zum 1. Januar – dem Weihnachtsoktav – bleibt die Kirche geschmückt, zu Hause singt man noch Weihnachtslieder unterm Baum. Eigentlich. Tatsächlich wird nicht mal mehr in allen Kirchengemeinden die Weihnachtszeit so als herausgehobene Festzeit praktiziert. Klaus-Dieter Kienzler schnitzt SPRINGERLE-MODEL Unverwechselbare Optik und ein Arbeitsgeräusch, das Musik fürs Ohr jedes Oldtimer-TraktorLiebhabers ist: „Hier hat mir jemand als Vorlage tatsächlich ein Farbfoto seines alten Lanz-Bulldog geschickt“, erzählt Holzbildhauer Klaus-Dieter Kienzler von ausgefallenen Wünschen. Ein Springerle-Model mit Lieblingsgefährt soll der seit 1984 als freier Künstler arbeitende 56-Jährige für einen Kunden aus dem Norden schnitzen. Mit Hilfe der Sonderanfertigung könnte der Bulldog-Fan bald Familie und Freunde mit exklusivem süßem Kleingebäck beglücken – wenn er denn ein gutes Springerle-Rezept in der Schublade hat. Denn die im Tiefdruck geprägten Gebäckstücke sind ausgesprochene Sensibelchen und verzeihen keine handwerklichen Fehler. Mit Holzmodeln geprägte Springerle oder Anisbrötchen zu Dekoration und Verzehr haben eine lange Tradition: „Schon im Barock und Rokoko stand solches Gebäck bei üppigen Feiern und großen Anlässen auf den Tafeln. Mit fantasievollen, detailverliebten und oft sinnenfreudigen Motiven“, erklärt Klaus-Dieter Kienzler. Herzen mit Namen und Hochzeitsdatum der Brautpaare, Sonderanfertigungen für Taufen und Jubiläen, Burgen, Stadtwappen, Doktorhüte, Weihnachtliches und Winterliches, Fastnachtsfiguren aus Kirsch- oder Birnbaumholz: Kienzlers Fundus aus eigenen Ideen und Fertigungen für Model-Freunde ist groß und reiht sich dekorativ im Regal über den Schnitzeisen aneinander. Was vor zehn Jahren als Idee für die Eigenwerbung begann, hat sich zu einem kleinen Geschäftszweig entwickelt, für Die letzte Frage lautet natürlich: Wie feiern Sie Weihnachten? Genau. Die Weihnachtstage ermöglichen ein Innehalten und den meisten wird dann die Zeit bewusst und die Geschichtlichkeit des Lebens, wieder liegt ein Jahr zurück, dessen Verlauf man sich vor Augen führt. Das sind keine reflektierten Gedanken, FOTO: BY-STUDIO/FOTOLIA Leibstadt soll wieder ans Netz bei Atomaufsicht beantragt – Kritik von Greenpeace Die Betreiberin des Atomkraftwerks Leibstadt, die Kernkraftwerk Leibstadt AG (KKL), will ihr AKW am Hochrhein wieder ans Netz bringen. Die Freigabe dafür hat sie bei der Aufsichtsbehörde Ensi beantragt. Das Atomkraftwerk ist seit diesem Sommer abgestellt, weil bei der Jahresrevision Verfärbungen an mehreren Hüllrohren der Brennelemente entdeckt wurden. Knapp 50 von den insgesamt rund 650 sind betroffen. Das Problem sei jedoch auf eine bestimmte Region im Reaktorkern und auf eine bestimmte Lieferung von Uranbrennstäben begrenzt, teilte die Kernkraftwerk Leibstadt AG (KKL) diese Woche mit. Die Sicherheitsbewertungen sind laut KKL diese Woche abgeschlossen worden. Man sei überzeugt, dass die Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb im neuen Betriebszyklus gegeben seien. Gibt die Ensi grünes Licht, wird der Kern im Januar beladen und die Wiederinbetriebnahme der Anlagevorberei- den sich der Holzschnitzer jährlich vier Wochen reserviert. „Ziemlich ausverkauft“ sei er gerade, muss er Anrufern derzeit immer wieder mitteilen. Obst, einen Hahn und einen Blumenkorb habe er gerade noch vorrätig, mehr könne er erst Ende Februar wieder schnitzen, denn jetzt sei erst einmal Fasnetszeit. „22 Narrenzünfte bestellen ihre Masken bei mir und ich muss sie rechtzeitig beliefern“, berichtet Kienzler, der seine Kunst auf besondere Einladung auch schon 2004 auf dem Internationalen Maskenfestival in Taiwan präsentieren durfte. Das asiatische Land habe eine reiche Tradition des Schnitzhandwerks, sagt er. Wenig später organisierte er auch eine europäisch-asiatische Wechselausstellung im Holzskulpturenmuseum im taiwanesischen Sanyi. – Kaum Nachfrage nach sakralen Figuren – „Echtes Handwerk“ habe es heutzutage schwer, meint Klaus-Dieter-Kienzler, die Nachfrage nach sakralen Figuren habe stark abgenommen. An einer Madonna arbeitet der erste Bundessieger im Holzbildhauerhandwerk von 1980 gerade, seine letzte große Arbeit war die Bronzebüste eines Firmengründers. Die Fassade der Merdinger Kirchenorgel hat er nach eigenen Entwürfen gestaltet und auch mit den Waldkircher Orgelbauern arbeitet er zusammen. Vor einiger Zeit hat er sein Wissen in einem Lehrfilm mit Anleitungen für das Schnitzen von Gesichtern an Fortgeschrittene vermittelt. Das Backen von Springerle überlässt er in der Vorweihnachtszeit jedoch lieber seiner Frau Sibylle, die sich nach langen Recherchen und dem Trial-and-ErrorPrinzip ein Rezept mit Geling-Garantie erarbeitet hat. Die Springerle gibt es selbstverständlich mit eigenen Modeln, auf denen auch die Namen der Kinder stehen. Lange liegt das Backwerk bei Kienzlers nicht in der Dose: „Unsere Springerle sind weich, denn ich will sie gleich essen und nicht erst zwei Monate darauf warten“, erklärt Klaus-Dieter KienTJA zler. Der Heiligabend wird für mich der Anfang einer ganz ruhigen Zeit sein, ich habe dann auch frei bis 6. Januar. Natürlich beginnen wir den Abend mit dem Kirchgang, dann folgen Bescherung und Weihnachtsessen in der Familie, dazu gibt es einen Baum aus eigenem Wald und die große selbstgebaute Weih- Die Madonna vom Hörnleberg, Büsten nachtskrippe im Wohn- aus Bronze und Springerle-Model: zimmer. DAS GESPRÄCH Klaus-Dieter Kienzler in seiner WerkFOTO: TJA FÜHRTE JENS KITZLER statt. Was ist denn der kleinste Nenner, den Gläubige wie Atheisten in der Weihnachtszeit finden? Das Besinnliche? WIEDERINBETRIEBNAHME entsteht das häusliche Ritual. Zuerst in den Bürgerhäusern der Städte, die Landbevölkerung und die Arbeiter bekamen das erst im zweiten, dritten Schritt mit. In entlegene Regionen gelangte dieser Wandel gar erst im 20. Jahrhundert. Holzkunst aus dem Barock und Rokoko tet. Auf der Internationalen Skala für Pannen in AKW wird der Fall als leichter Störfall bewertet. Greenpeace Schweiz wirft der KKL vor, das Problem zu verharmlosen. Die Umweltorganisation fordert die Ensi auf, genauer hinzuschauen und erst grünes Licht zu geben, wenn die Ursachen geklärt sind. Zudem verlangt Greenpeace die Veröffentlichung des Berichts der Betreiberin und die Prüfung der Unterlagen durch unabhängige Experten. DS > KLAUS-DIETER KIENZLER, Holzbildhauer, Andreas-SchillStraße 9, Waldkirch-Siensbach, Telefon 0 76 81/62 88. Kein Ladengeschäft, daher Besuch bitte vorab telefonisch vereinbaren. Info: www.klausdieter-kienzler.de. Ein Model kostet je nach Arbeitsaufwand und Größe 25 bis 240 Euro. ab Dienstag 27.12. 8.00 Uhr alle Weihnachtsartikel zum halben Preis angeschriebener Preis minus 50% Blumen- und Gartencenter www.blumenschmitt.de 79539 Lörrach Brombacherstr50 Steul Gartencenter - Galeriecafé www.blumensteul.de 79618 Rheinfelden Müßmattstr.85 6 AUS DER REGION Der Sonntag · 25. Dezember 2016 Warmer Tee und ein offenes Ohr Die BAHNHOFSMISSION leistet Hilfe gegen die Kälte An diesem 23. Dezember ist nur ein einziger Gast in der Freiburger Bahnhofsmission: Andy ist 43 Jahre alt und obdachlos. Der Berliner lebt seit vier Jahren auf der Straße, trotz Eiseskälte schläft er jede Nacht draußen. „In den Freiburger Obdachlosenunterkünften wird viel gestohlen, ständig gibt es Ärger. Es gibt keinen Tag, an dem die Polizei dort nicht auftaucht“, klagt er. In der Bahnhofsmission fühle er sich dagegen sehr wohl und schaue deswegen auch jeden Tag vorbei, wie viele andere auch. „Manchmal sind es so viele, dass wir welche wieder rausschicken müssen“, sagt Sozialarbeiter Philip Spitczok, der die Einrichtung leitet. Denn der einzige Raum, in dem sich die Gäste ohne Anmeldung und ohne unerwünschte Fragen beantworten zu müssen, aufhalten können, ist klein: Dort gibt es nur 14 Sitzplätze – täglich aber kommen bis zu 80 Menschen vorbei. Ein Drittel davon seien Obdachlose und Drogenabhängige oder solche, die es einmal waren. Der Rest sind laut Spitczok Senioren, die arm und allein sind, oder Menschen, die einfach nur Hilfe beim Umsteigen und beim Gleiswechsel brauchen. „Die meisten, die hierher kommen, wollen sich aufwärmen und brauchen jemanden, der ihnen zuhört und ihre Probleme ernst nimmt“, betont er. Und genau das machen er und seine Mitarbeiter, und wer möchte, wird an eine Beratungsstelle weitervermittelt. Seit mehr als 100 Jahren sind Bahnhofsmissionen Anlaufstelle für Reisende und Menschen in Not. Bundesweit gibt es circa 100, die in Freiburg ist eine der wenigen in Südbaden. Vier hauptamtliche und 25 ehrenamtliche Mitarbeiter sind dort beschäftigt. In der Weihnachtszeit sei besonders viel los: „Da merken viele Menschen, wie allein sie sind“, sagt Spitczok. „Wir geben uns in dieser Zeit noch mehr Mühe im Gespräch und in der Betreuung der Bedürftigen.“ Ein Weihnachtsbaum wird aufgestellt und geschmückt, die Tische werden dekoriert und mit Beginn der Vorweihnachtszeit finden täglich Adventslesungen statt. „Dann machen wir alle Lichter bis auf eine kleine Leselampe aus, zünden Kerzen an und einer von uns liest eine Geschichte vor“, erzählt Spitczok. „Ich war schon bei ein paar Lesungen dabei, die sind richtig gut“, lobt Andy. Neben der Lesung schätze er besonders die weihnachtliche Stimmung. „Es gibt Gebäck und weihnachtlichen Gewürztee. Der ist hier besonders beliebt, nicht nur wegen seines Geschmacks, sondern Die Freiburger Bahnhofsmission ist für viele einer der ganz wenigen Orte, an dem sie weihnachtliche Atmosphäre genießenn könFOTO: BAHNHOFSMISSION nen. auch, weil er einen weihnachtlichen Duft verbreitet“, weiß Spitczok. Einen Beitrag dazu leisten die Freiburger. „Viele kommen vorbei und bringen Weihnachtsgebäck, Tee oder Kaffee“, sagt Spitczok, „solche Spenden sind sehr wichtig für uns.“ Denn die Bahnhofsmission ist auf Spenden und Ehrenamtliche angewiesen. Obwohl die ökumenische Einrichtung zwei Träger hat und auch die Stadt die Einrichtung unterstützt, sei das Geld oft knapp. Gerne werden daher Sachspenden wie Kuchen und Kaffee entgegengenommen. > WEITERE INFOS zur Bahnhofsmission auf www.bahnhofsmission.de Kein Baum, aber viel Liebe Die aus SYRIEN geflohene christliche Familie Sayah feiert in Freiburg Weihnachten Vor dem Bürgerkrieg in Syrien waren rund zehn Prozent der Bevölkerung Christen. Bei ihnen war die Angst vor radikalen Islamisten immer besonders groß. Viele sind deshalb aus ihrer Heimat geflohen – so wie die Familie Sayah, die mittlerweile in Freiburg lebt. MORITZ NEUFELD Ist Weihnachten bei syrischen Christen anders als in Deutschland? Rolan Sayah überlegt. „Eigentlich nicht. Aber es ist noch ein bisschen schöner, weil wirklich alle zusammen feiern.“ Jetzt leuchten seine Augen, das sonst ernste Gesicht entspannt sich. Rolan Sayah zückt sein Smartphone. Auf dem Entsperrbildschirm ist der gekreuzigte Jesus zu sehen, der auch Sayahs goldene Kette ziert. Der 27-Jährige zeigt Videos vom Weihnachtsfest in seiner Gemeinde, die im kleinen Dorf Kafr Buhum etwa 40 Kilometer nördlich von der westsyrischen Stadt Homs liegt. Weihnachten 2010, ein großer Festzug läuft durch die Straßen von Kafr Buhum. Die Häuser sind geschmückt, von den Fassaden leuchten bunte Tannenbäume, Sterne und Engel herab. Die Menschen strömen in die Kirche. Auf Sayahs Schoß sitzt die dreijährige Tochter Milla, der einjährige Mathias und der vierjährige Laith spielen am Tisch mit den Beuteln vom Tee, den ihre Mutter Jamila zuvor gebracht hat. „Lasst das“, sagt Rolan Sayah auf deutsch – die drei Kleinen gehen in ihrer neuen Heimat Freiburg in den nahegelegenen Kindergarten, den Eltern ist es wichtig, dass sie mit der deutschen Sprache aufwachsen. Nächstes Video, Weihnachten 2015 – Rolan Sayah war zu diesem Zeitpunkt schon auf der Flucht. „Die Bibel und unser Glaube sagen uns, wir dürfen nicht töten. Wenn wir geblieben wären, hätten wir für Assads Ar- Rolan Sayah, seine Frau Jamila Alrahil und die drei Kinder Mathias (1 Jahr), Milla (3 Jahre) und Laith (4 Jahre) FOTO: MORITZ NEUFELD kommen aus Syrien und feiern jetzt in Freiburg Weihnachten. mee kämpfen müssen.“ Deshalb sind auf dem Video aus einer schlicht eingerichteten, festlich geschmückten Kirche fast ausschließlich Frauen, Kinder und Alte zu sehen, die singen und beten. „Auf der Straße war es schon viel zu gefährlich“, sagt der 27Jährige. Sayahs Flucht begann vor zweieinhalb Jahren. Mit dem Bus ging es nach Damaskus, dort nahm er sich ein Taxi zum Flughafen. „Das war sehr gefährlich“, erzählt Rolan Sayah. „Wir sind abends gefahren, damit uns der IS nicht sieht. Die Scheinwerfer haben wir ausgeschaltet.“ Über Russland gelangte Sayah mit dem Flugzeug nach Düsseldorf, von dort aus ging es danach nach Freiburg, wo sein Bruder schon seit einigen Jahren lebte. Neun Monate später kamen seine Frau Jamila und die drei Kinder nach. Rolans Vater blieb in Syrien, er wollte die Heimat nicht verlassen. „Wir telefonieren einmal die Woche, er hat nicht so oft Strom.“ Der IS stehe mit seinen Truppen nur drei Kilometer vom Dorf entfernt, berichtet Sayah. Christen und Muslime, in Syrien seien das zwei Welten, sagt Rolan Sayah. Vor dem Krieg waren etwa zehn Prozent der Bevölkerung Christen, die meist in eigenen Dörfern und Stadtvierteln lebten. Das Heimatdorf der Familie Sayah mit knapp 20 000 Bewohnern ist fast ausschließlich christlich, die Angst vor radikalen Islamisten sei immer schon präsent gewesen. Ein großer Teil der Christen ist mittlerweile geflohen. An eine Rückkehr ist nicht zu denken: Gewinnt Assad den Krieg, droht Sayah eine Haftstrafe als Armee-Deserteur – kommt der IS an die Macht, ist es für die christliche Familie Sayah in Syrien erst recht gefährlich. Seine Frau Jamila muss sich schon verabschieden. „Schlaf nicht ein“, sagt ihr Mann und lacht – sie geht zur Theoriestunde in die Fahrschule. „Unser Führerschein aus Syrien gilt hier nicht“, erklärt sie. Rolan Sayah war acht Jahre lang Automechaniker, die Qualifikation wird in Deutschland nicht anerkannt. Also macht er seine Ausbildung von Neuem. Nebenbei arbeitet er für die Baptistengemeinde als Hausmeis- ter. Kann er als syrisch-orthodoxer Christ denn in einen freikirchlichen Gottesdienst gehen? „Klar“, sagt Sayah. „Bei uns im Dorf haben die Orthodoxen auch mit den Katholiken zusammen Weihnachten gefeiert. Manches ist anders, aber das meiste ist gleich.“ Oft geht die Familie in die Baptistenkirche, manchmal aber auch in den Gottesdienst der syrisch-orthodoxen Kirche, von der ein Pfarrer einmal im Monat aus Stuttgart nach Freiburg kommt, um in einer Kirche im Stadtteil Landwasser mit syrischen Christen aus Freiburg die Messe zu begehen. Einen Tannenbaum haben die Sayahs nicht – das sei zu riskant mit drei kleinen, neugierigen Kindern, sagen sie. Am Weihnachtsabend will die Familie Freunde und Verwandte aus Freiburg und Umgebung einladen. „Um zwölf Uhr fahren wir dann noch zusammen zu Freunden und feiern weiter“, sagt Rolan Sayah fröhlich. Am ersten Weihnachtstag um zehn Uhr geht es dann gemeinsam in den Gottesdienst. Von Glaube und Struktur Am Hochrhein sitzt eine von nur 60 Gemeinden von ALT-KATHOLIKEN in Deutschland Armin Strenzl war Priester der Römisch-Katholischen Kirche. Mit seiner Weihe hatte er den Zölibat akzeptiert. 2003 wechselte er den Arbeitgeber – und plötzlich stand ihm als katholischer Priester die Option für Frau und Familie wieder offen. 2008 heiratete er; 2012 wurde seine Tochter geboren. Seit demselben Jahr ist Armin Strenzl Pfarrer der altkatholischen Gemeinde Hochrhein-Wiesental, die sich über den ganzen Landkreis Lörrach und den westlichen Landkreis Waldshut erstreckt. In neun von zehn Begegnungen müsse er erklären, was AltKatholiken sind, sagt Pfarrer Strenzl. Während sie in der Schweiz – wo sie Christkatholiken heißen – als dritte von drei Landeskirchen relativ bekannt sind, bekommen in Deutschland selbst ihre christlichen Geschwister nicht viel von ihnen mit. Dabei war gerade das ehemalige Bistum Konstanz, dessen deutscher Teil heute zum Erzbistum Freiburg gehört, eines der Zentren, in denen die alt-katholische Kirche entstand. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts sind die Alt-Katholiken nämlich bei weitem keine Sekte – auch wenn Rom sie als solche Ende des 19. Jahrhunderts exkommuniziert hat. Denn es waren zwei Beschlüsse des Ersten Vatikanischen Konzils 1869/70, die dem Papst Unfehlbarkeit und das Primat über alle anderen Bischöfe zusprachen, die die Väter der „Alt-KatholikenVereine“ nicht akzeptieren wollten und schließlich aufgrund der Exkommunikation „eine von Rom unabhängige Kirche“ gründen mussten. Heute gibt es AltKatholiken in Südwest- und Westdeutschland, in der Schweiz, Österreich, Polen, Tschechien und vor allem in den Niederlanden. – Leben im Zölibat nicht mehr vorstellbar Der Glaube katholisch, die Struktur protestantisch: Pfarrer Armin Strenzl (rechts) in der Rheinfelder alt-katholischen Adelbergkirche geFOTO: BORIS BURKHARDT meinsam mit Messmer Werner Nuß. Die Gemeinde Hochrhein-Wiesental hat rund 230 Mitglieder, etwa so viele wie die nördliche Nachbargemeinde in Freiburg, zu der enge Kontakte bestehen. Mit der Kirche Peter und Paul in Bad Säckingen und der Adelbergkirche in Rheinfelden nutzen die Alt-Katholiken Gotteshäuser, die der jeweiligen Kommune gehören. Die einzige Kirche, die sie in den 1880ern in Zell selbst bauten, verkauften sie ebenfalls an die Gemeinde. „Als Alt-Katholik ist man gewohnt, lange Wege zum Gottesdienst zurückzulegen“, sagt Strenzl lapidar. Seit 2008 gibt es die Gemeinde Hochrhein-Wiesental, gegründet aus dem Zusammenschluss der Gemeinden Säckingen-Rheinfelden, Waldshut und Zell. Die sonntäglichen Eucharistiefeiern finden meist in Bad Sä- – ckingen statt, einmal im Monat auch in Waldshut und alle paar Wochen in Rheinfelden. Einmal im Jahr trifft sich die gesamte Gemeinde in Zell. „Unser Glaube ist katholisch, unsere Kirchenstrukturen protestantisch“, fasst Strenzl so einfach wie möglich zusammen. Die Gründungsväter wollten bewusst katholisch bleiben: Bis auf Mariä Empfängnis und Mariä Himmelfahrt, die erst später von Rom zum Dogma erhoben wurden, feiern sie dieselben Feste. Die Alt-Katholische Kirche ist wie die evangelischen Landeskirchen basisdemokratisch organisiert: Es gibt einen Bischof für Deutschland, der auf einer Synode gewählt wird; die Gemeinden wählen ihre Pfarrer selbst. Die nationalen Kirchen sind in der Utrechter Union verbunden aber unabhängig. Deshalb gibt es in Deutschland seit 1996 Priesterinnen. Dieses Selbstverständnis der Alt-Katholiken erklärt, warum der 45-jährige Strenzl aus Mutlangen bei Schwäbisch-Gmünd so einfach die Kirche wechseln konnte, ohne seinen Glauben aufzugeben. Für ihn als römischkatholischen Priester war es damals salopp formuliert nur eine Frage des „Arbeitgebers“ den er wechselte. „Ich bin Pfarrer geworden, weil ich Seelsorger sein will“, betont Strenzl. Als er auf seiner ersten Vikarstelle in Bad Mergentheim ab 2001 mit dem Verwaltungsaufwand der neu geschaffenen Seelsorgeeinheiten der Römisch-Katholischen Kirche konfrontiert wurde, beschloss er bald, den Dienst zu quittieren. Zur Alt-Katholischen Kirche fand er Monate später. „Ich kann mir heute kein Leben mehr als zölibatärer Priester vorstellen“, so Strenzl. Aber damals habe sich die Entscheidung richtig angefühlt: „So wie dann die Entscheidungen richtig waren, zu kündigen, zu heiraten und eine Familie zu gründen.“ Bevor er letzteres tat, entschied er sich mit seiner Frau für einen Tapetenwechsel und sie zogen 2012 von seiner ersten alt-katholischen Pfarrstelle in Kaufbeuren nach Bad Säckingen zur Gemeinde Hochrhein-Wiesental. Dort genießt er heute seine große, kleine Gemeinde: groß in der Fläche, klein in der Zahl der Gläubigen. So bleibt Zeit für die Einzelseelsorge, die ihm wichtig ist. Als kleine Kirche spielt die Ökumene für die Alt-Katholiken eine große Rolle: Besonders in Rheinfelden wird sie gelebt, wo Christi Himmelfahrt nicht nur mit der evangelischen und der römisch-katholischen Gemeinde gefeiert wird, sondern auch noch über die Schweizer Grenze hinaus. Binational-trikonfessioBOB nell sozusagen. > www.alt-katholisch.de MENSCHEN UND MÄRKTE 7 Der Sonntag · 25. Dezember 2016 Aufatmen bei Kaltenbach Zobel Values wird FINANZPARTNER beim Maschinenbauer, soll aber keine Anteile halten Die unter Druck geratene Kaltenbach-Gruppe mit Sitz in Lörrach geht beruhigt ins neue Jahr: Eine finanzkräftige Gesellschaft sichert mit neuem Geld die Restrukturierung und die geplante Expansion. Das Modell klingt ungewöhnlich. RENÉ ZIPPERLEN Vor vier Wochen hatte der Betriebsratsvorsitzende Klaus Schwald bei einer Jubilarsveranstaltung gewarnt, Kaltenbach „kämpft ums Überleben“. Von Umsatzeinbrüchen und Enttäuschungen in neuen Märkten sprach dann auch die Geschäftsführung, von Liquiditätsproblemen war zu hören. Und das, obwohl Hauptgesellschafter und Aufsichtsratschef Valentin Kaltenbach rund drei Millionen eigenes Kapital zugeschossen und die Belegschaft zum Gehaltsverzicht überredet hatte. Nun kann Kaltenbach eine Art Bankenlösung mit erweitertem Einfluss präsentieren, die den Maschinenbauer langfristig stabilisieren und nach vorne bringen soll. Nach eigenen Angaben engagiert sich die Zobel Values AG mit einem zweistelligen Millionenbeitrag, um Kaltenbach „nachhaltige Stabilität zu geben und wieder in allen wichtigen Zukunftsmärkten Wachstum zu ermöglichen“, wie sie in einer Pressemitteilung mitteilt. Valentin Kaltenbach erklärt auf Nachfrage, dass es sich dabei nur um eine „strategische Finanzierungspartnerschaft“ handelt. Zobel Values habe keine Unternehmensanteile übernommen. Dies sei derzeit auch kein Thema. Zobel Values übernehme die komplette Unternehmensfinanzierung – also offenbar alle laufenden Kredite. Mit weiteren Krediten sollen Expansion und Drei Mann in einem Boot: Hauptgesellschafter Valentin Kaltenbach (Mitte) bleibt an der Spitze des Aufsichtrsrats, auch Arbeitnehmervertreter Oswald Strittmatter bleibt in dem Gremium. Neu ist Magnus Göpel FOTO: ZVG (ganz links), den Zobel Values als Stellvertreter installiert. Investitionen finanziert werden. Ein Bankengeschäft also, eine Geldanlage – wenn auch mit erweiterten Befugnissen. Zobel Values sichert sich nämlich ein Mitspracherecht: Mit Magnus Göpel entsendet der Finanzierer einen eigenen Mann als stellvertretenden Vorsitzenden in den Aufsichtsrat. Arbeitnehmervertreter Oswald Strittmatter verbleibt als drittes Mitglied in dem Gremium. Laut Valentin Kaltenbach bedeutet diese Maßnahme für ihn keine Entmachtung. „Wir verteilen aber einige Aufgaben neu.“ Er selbst bleibe für Produktfolio und internationale Märkte zuständig, Göpel überwache vor allem Finanzen und Controlling. Zobel Values, das macht für Kaltenbach die Gruppe zu einem „idealen Partner“, bringt aber mehr als nur Um- und Neufinanzierung. Da sind zum einen erhoffte Synergien aus dem Netz- werk von Lieferanten, Kunden und Partnern. Zum andern ist da die Managementexpertise, die auf Dienstleisterbasis nach Bedarf eingebracht werde. – Firmenfinanzierung statt Niedrigzinsen? – Die laut Handelsregister erst im Dezember 2015 gegründete Zobel Values AG mit Sitz in Berg im Landkreis Starnberg und dem schweizerischen Reiden erbringt „Management-Serviceleistungen für vermögende Privatpersonen“. Dahinter steht laut Badischer Zeitung die Unternehmerfamilie Proeller – Automatisierung und Maschinenbau. Deren Interesse sei nicht der Aufkauf, sondern vor allem Geldanlage in Zeiten der Nullzinspolitik, sagt Kaltenbach. Zum Unternehmensgeflecht der Familie gehört die Sefunda Verwaltungs GmbH mit zahlreichen Beteiligungs- und Immobiliengesellschaften. So auch die Zobel Values AG, die von Olav Noack aus Basel geführt wird. Noack ist kein Unbekanter, er arbeitete für Barclays Bank und war drei Jahre lang Schweiz-Chef des Versicherers Baloise, mit dem er im Unfrieden auseinanderging. Ein Gesprächspartner bei Zobel Values war für den Sonntag nicht mehr zu erreichen. Kaltenbach sieht sich nun solide genug aufgestellt, die 2015 begonnene Restrukturierung mit besonderem Augenmerk auf Wachstum und größere Kundennähe in neuen Märkten wie China und Indien bis 2017 zu vollenden und gemeinsam an der langfristigen Strategie zu arbeiten. „Wir sind von den Stärken und der Zukunftsperspektive der Kaltenbach Unternehmensgruppe vollkommen überzeugt“, schreibt Zobel-Mann Göpel in einer Erklärung. Arbeitsagentur vermittelt sehr effizient Viele FLÜCHTLINGE haben bereits einen Job Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ist in Freiburg erfolgreicher als in anderen Regionen. Das sagt die stellvertretende Leiterin der Agentur für Arbeit in Freiburg, Theresa Denzer-Urschel, und begründet dies mit der guten Konjunktur am Oberrhein. Jeder dritte bei der Arbeitsagentur registrierte Flüchtling, der 2015 oder 2016 nach Freiburg kam, habe einen Job gefunden. Zwischen Dezember 2015 und November 2016 waren es 505. Arbeitslos gemeldet sind derzeit 830 Flüchtlinge. Theresa Denzer-Urschel schätzt, dass sich 2 500 noch in Bildungskursen befinden. Weil diese Flüchtlinge nun peu à peu auf den Arbeitsmarkt drängen, rechnet die Arbeitsagentur für 2017 zwar mit einer schlechteren Vermittlungsquote, aber mit gleich bleibenden absoluten Vermittlungszahlen. Freiburg war bundesweit Vorreiter bei der Arbeitsbeschaffung von Flüchtlingen und die Arbeitsagentur Teilnehmer am Pilotprojekt „Early Intervention“. Bundesweit werden 406 000 arbeitssuchende Flüchtlinge gezählt, darunter sind auch Menschen, die noch in Schulungen sind. Als arbeitslos registriert sind 160 000. Entgegen dem Bundestrend spielt in der Region Freiburg die Leiharbeit bei Flüchtlingen keine große Rolle. „Die meisten Firmen stellen die Arbeitskräfte direkt ein“, sagt Denzer-Urschel. Die häufigsten Arbeitsplätze sind in der Produktion, Lagerlogistik oder Gastronomie. In der Regel zeigten sich die Arbeitgeber zufrieden mit ihren neuen Mitarbeitern, manche beklagten aber Defizite. So beherrschten manche nicht die Grundrechenarten, andere scheiterten am Maßband, weil ihnen die Einheit Zentimeter nicht geläufig ist. Denzer-Urschel schätzt, dass 20 Prozent aller Flüchtlinge Analphabeten sind. Die meisten außereuropäischen Flüchtlinge in Freiburg kommen aus Syrien, dem Iran, dem Irak, Eritrea, Somalia und Gambia. Vor allem mit letzterer Gruppe wurden gute Erfahrungen gemacht. „Die Gambier sind sehr motivierte junge Menschen“, betont Denzer-Urschel. Sie seien darauf angewiesen, für ihre Familien zu Hause und für ihre Schleuser Geld zu verdienen. Viele der Westafrikaner hätten auch einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen. Eine Ausbildung bringt ihnen immerhin ein Bleiberechtvon zwei bis fünf Jahren. In Freiburg haben 2016 100 Flüchtlinge eine Ausbildung begonnen. In Baden-Württemberg sind es 600. – In Lörrach suchen überwiegend Syrer Jobs – Bei der Arbeitsagentur Lörrach waren im November 550 Menschen aus nichteuropäischen Herkunftsländern arbeitslos gemeldet – 464 davon stammen aus Syrien. 53 Menschen aus diesen Ländern haben dieses Jahr einen Job gefunden. Die meisten davon sind aber schon längere Zeit in Deutschland. Im Durchschnitt rechnet man damit, dass Flüchtlinge drei Jahre brauchen, bis sie auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar sind. „Die Chance steht und fällt mit der Sprache“, sagt Melanie Payer von der Arbeitsagentur Lörrach, „die Qualifikation kommt dann ,on top’.“ Sollten keine großen Flüchtlingswellen mehr ins Land kommen und sollte die Wirtschaft weiter florieren, hält Denzer-Urschel es für gut möglich, dass in zehn Jahren die Flüchtlinge in der Arbeitslosenstatistik in der Region nicht mehr heraussteKLAUS RIEXINGER chen. Puschen für die Ewigkeit Marlies Fischer stellt SCHUHE AUS STROH her – und verkauft sie in alle Welt Von Amoltern im Kaiserstuhl nach Berlin, auf die Bahamas oder nach Sydney: Marlies Fischers sympathische Strohschuhe wärmen und schützen Füße auf der ganzen Welt und taugen auch für den morgendlichen Gang zum Bäcker. Am Morgen hat sie ein Paket nach Berlin-Mitte verschickt. Eine vergleichsweise kurze Reise für ihre Strohschuhe, die auch in Sydney, Amerika, auf den Bahamas und in Venezuela getragen werden. Mehr fällt Marlies Fischer gerade nicht ein, aber es fehlen, so vermutet sie, sicher Richtiges Handwerk kostet Zeit: bis zu 15 Stunden pro Schuhpaar. FOTOS: TJA ein paar exotische Länder, mein Sohn, das Einkaufen ins nächste Geschäft hohen Rist oder Hallux haben“, denn imGotti und die Kin- geht. So bequem und robust sind schildert sie ihren Arbeitsablauf. merhin beder haben sich die Puschen aus reiner Natur, Viele verschiedene Leisten sind treibt sie über diese Haus- dass man sie am Fuß fast ver- vorrätig und manchmal schiihr selte- Marlies Fischer mit Zopf. schuhe gefreut. gisst: Marlies Fischer legt Wert cken Kunden einfach einen Fußnes HandDann hat sich das auf Qualität, und Kunden müs- abdruck, mit dem sie arbeiten werk schon seit 1978. wie im Schneeballprinzip ver- sen schon anrufen, um mit ihr kann. Eine Bekannte aus dem Dorf breitet, denn so wie ich machen Kontakt aufzunehmen, denn ihVon September bis Mai kann hat es ihr damals beigebracht, das nur noch wenige“, erklärt die re Modelle sind nicht im Laden man bei ihr Bestellungen aufgeund zunächst hat sie sich und ih- Schtreuschöähmacherin (ale- erhältlich. „Ich möchte mit den ben, den Rest des Jahres ist Marre Familie mit dem wärmenden mannisch) aus dem Kaiserstuhl, Leuten reden und im Gespräch lies Fischer im Winzer- und ObstSchuhwerk aus Naturmaterial die morgens in selbstgefertigten nicht nur ihre Schuhgröße er- baubetrieb ihres Mannes Roland versorgt: „Ich hatte sonst immer Hausschuhen auch über die fahren, sondern auch, ob sie eingespannt. Er geht ihr wähkalte Füße und auch mein Mann, Straße zum Bäcker oder zum schmale oder breite Füße, einen rend des Strohschuhmachens oft beim letzten Arbeitsschritt zur Hand, wenn sie die mit ein paar Stichen angenähte Kreppsohle mit einer Schuhmacherpresse anklebt. Mit Sorgfalt widmet sich die Strohschuhmacherin auch dem Innenleben: Das Futter ist ein Wolle-KaschmirGemisch, mit einem Wachsfaden werden die vierfach geflochtenen, insgesamt 15 Meter langen Zöpfe aus Naturbast und Maislaub vernäht. Ganz gleichmäßig müsse man flechten, sonst werde das nichts, und die Kombination aus zweierlei Material garantiere weicher und damit angenehmer zu tragende Schuhe. „Früher bestanden sie nur aus Maislaub, das war zu dicht, klobig und wurde schnell brüchig. Außerdem schimmelten sie schnell, wenn man sie nicht richtig trocknete“, erklärt sie und ermuntert dazu, ihre Strohschuhe direkt an der Heizung zu trocknen, sollten sie einmal nass werden. Sechs bis acht Wochen muss man übrigens einplanen, bis die maßgefertigten Schuhe fertig sind. 15 Stunden braucht sie im Schnitt für ein Paar, und wer den Arbeitsaufwand kennt, hat für Wartezeiten größtes Verständnis. Nicht selten holen Kunden ihre Exemplare auch persönlich ab: „Stammkunden rufen mich an, ob ich fertig bin, und verbin- den das Holen dann oft mit einem schönen Tag im Kaiserstuhl“, erzählt Marlies Fischer, auf deren Balkon gerade Bündel mit Naturbast an der Wäscheleine baumeln. Feuchthalten muss sie das Naturmaterial im Winter kaum. Sonst muss der Bast während des Flechtens immer wieder mit einer Sprühflasche befeuchtet werden. Marsmännchen, Flugzeuge oder Blümchen: Eine individuelle Note bekommen die Schuhe auch durch die Auswahl des Stoffes am Rand. Rote Tupfen sind besonders beliebt, man kann Marlies Fischer aber auch Baumwollstoffe mit Wunschmuster schicken und sein eigenes unverwechselbares Paar Schuhe kreieren. „Bei mir ist die Reparatur übrigens im Preis inbegriffen“, betont sie. „Das kann ich so machen, weil bei sachgemäßer Behandlung fast nichts kaputtgeht. Ich nähe gern noch einmal eine lose gewordene Naht an oder klebe eine Sohle. Aber sonst heben KATJA RUSSHARDT die ewig.“ > STROHSCHUHE kann man erst wieder im neuen Jahr erwerben. Telefonische Bestellungen unter 07642/ 925938. Strohschuhe von Marlies Fischer gibt es ab Größe 34. Preise, je nach Größe, ab 65 Euro. Informationen auch unter www.strohschuhe-amoltern.de 8 NACHRICHTEN Der Sonntag · 25. Dezember 2016 KURZ GEFASST MALTA Flugzeugentführung unblutig beendet Nach dem unblutigen Ende der Flugzeugentführung in Malta mit mehr als 100 Menschen suchen die Ermittler weiter nach dem Motiv der Geiselnahme. Die Entführer hatten während der Geiselnahme keine Forderungen gestellt, sagte der maltesische Regierungschef Joseph Muscat am Freitag vor der Presse. Bei den zwei Männern habe es sich „wahrscheinlich um libysche Staatsbürger“ gehandelt, so Muscat. Mehr Details waren zunächst nicht bekannt. Medienberichten zufolge sollen die Entführer in Malta Asyl gefordert haben. Maltas Regierungschef Muscat sagte jedoch, zu einem Asylgesuch sei ihm DPA nichts bekannt. TRUMP Weitere atomare Aufrüstung? Der designierte US-Präsident Donald Trump heizt die Debatte über eine atomare Aufrüstung weiter an: Seine Regierung werde entsprechende Aktivitäten in Russland und anderen Staaten nicht dulden und mit dem Ausbau des eigenen Nuklearwaffen-Arsenals beantworten, sagte Trumps designierter Sprecher Sean Spicer am Freitag dem Sender CNN. Trump habe stets klargemacht, dass die Sicherheit der USA für ihn höchste Priorität habe, sagte Spicer.Der russische Präsident Wladimir Putin, der zuvor eine Stärkung der militärischen Atomkapazitäten seines Landes angekündigt hatte, reagierte AFP gelassen. In Mailand endete die Flucht von Anis Amri. Am Bahnhof Sesto San Giovanni traf er auf zwei Polizisten, die ihn, nachdem er die Waffe gezogen FOTO: AFP hatte, bei einem Schusswechsel töteten. Ende am frühen Morgen Nach dem Tod des Terrorverdächtigen ANIS AMRI wird über die Sicherheit diskutiert Liebe, die bleibt – ein Testament für Menschen, die Hilfe brauchen Ein Ein Testament Testament zugunsten zugunsten der der Malteser Malteser hilft, hilft, Menschen Menschen zu zu retten, heilen Bedürftigen beizustehen. Und diedie Malretten, zu Kranke zuund heilen, Sterbenden beizustehen und teser übernehmen Verantwortung für Haus, Wohnung und Armut in der Welt zu lindern. Es ist gelebtes Mitgefühl und weiteren Liebe, dieNachlass. bleibt. Seien Sie sicher, dass Alles gut geregelt ist. Wie Sie Sie ein ein Testament Testament machen? machen? Antwort Antwort gibt gibt Ihnen Ihnen die die Wie kostenlose Testamente-Broschüre Testamente-Broschüre der kostenlose der Malteser. Malteser. Fordern Fordern Sie Sie sie noch noch heute heute an. an. sie Nachlässe kommen zu 100 % der Malteser Arbeit zugute und schenken auch Kindern eine Zukunft. Malteser Hilfsdienst e.V., Zentrale Frau Monika Willich Kalker Hauptstr. 22-24 . 51103 Köln Tel. (02 21) 98 22-515 E-Mail: [email protected] www.malteser-spenden.de/testamente Bitte hier abtrennen O Ja, bitte senden Sie mir kostenlos den informativen Testamente-Ratgeber der Malteser. Vorname/Name Mailand/Berlin (dpa). Er war der meistgesuchte Mann Europas – jetzt ist Anis Amri tot. Knapp vier Tage nach dem verheerenden Lastwagen-Anschlag von Berlin stirbt der Terrorverdächtige in Italien durch eine Polizeikugel. Die Bundesregierung will nun noch mehr zum Schutz der Bevölkerung tun. sein. Am Bahnhof Sesto San Giovanni im Großraum Mailand begegnete er um etwa 3.30 Uhr den Polizisten, die ihn beim Schusswechsel töteten. Ein an der Schulter getroffener 36-jähriger Polizist schwebe nicht in Lebensgefahr, sagte Minniti. Amri hatte jahrelang in Italien gelebt, zeitweise in Haft. Das IS-Sprachrohr Amak veröffentlichte am Freitag ein Video, auf dem der mutmaßliche Berlin-Attentäter zu sehen sein soll. In der knapp dreiminütigen Aufnahme schwört Amri dem Anführer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Abu Bakr al-Bagdadi, die Treue. Die Echtheit der des Videos, das in Berlin aufgenommen worden sein könnte, konnte zunächst nicht unabhängig bestätigt werden. Für die Bundesanwaltschaft sei „vor allem auch von Interesse, ob die Waffe, die bei Anis Amri in Mailand gefunden wurde, die Tatwaffe von Berlin ist“, sagte Frank. Nach dem Mann war seit Donnerstag mit deutschem Haftbefehl gefahndet worden. Amri soll am Montagabend in Berlin mit einem gestohlenen Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast sein. Dabei starben mindestens zwölf Menschen, 53 wurden teilweise lebensgefährlich verletzt. Amris Fingerabdrücke wurden mehrfach an dem Lkw sichergestellt. Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) kündig- Der wegen des Berliner Lastwagen-Anschlags europaweit gesuchte Tunesier Anis Amri ist auf seiner Flucht von einer Polizeistreife bei Mailand erschossen worden. Generalbundesanwalt Peter Frank betonte am Freitag, nach dem Tod des mutmaßlichen islamistischen Terroristen sei „von großer Bedeutung“, ob er ein Unterstützernetzwerk, Mitwisser oder Gehilfen hatte. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte eine rasche Überprüfung an, „inwieweit staatliche Maßnahmen verändert werden müssen“. Sie dringt auf schnellere Abschiebungen nach Tunesien. Der 24-Jährige habe am Freitagmorgen bei einer Routineüberprüfung durch zwei junge Polizeibeamte „ohne zu zögern“ seine Waffe gezogen und gefeuert, sagte Italiens Innenminister Marco Minniti in Rom. Der Tunesier soll zuvor mit dem Zug über Frankreich nach Italien gereist Straße/Nr. ten rasche Beratungen über Konsequenzen aus dem Terroranschlag an. Bei den Gesprächen werde es im Januar „insbesondere um die Fragen gehen, wie Ausreisepflichtige so schnell wie möglich abgeschoben werden und wie Gefährder noch besser überwacht werden können“, sagte Maas. Deutsche Sicherheitsbehörden hatten den Tunesier als Gefährder im Blick. De Maizière verwies auf seinen „längst“ vorliegenden Gesetzentwurf zur Abschiebehaft bei ausreisepflichtigen Gefährdern und zur Ausgestaltung der Duldung. „Darüber hinaus werde ich mir vorbehalten, weitere Vorschläge zu unterbreiten, um Deutschland noch sicherer zu machen.“ – Telefonat mit Tunesien – Merkel erklärte, sie habe mit dem tunesischen Präsidenten Beji Caid Essebsi telefoniert. „Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass wir den Rückführungsprozess (...) noch deutlich beschleunigen und die Zahl der Zurückgeführten weiter erhöhen müssen.“ Bei der Frage der Rückführungen habe es im laufenden Jahr bereits Fortschritte gegeben. Nach dem Anschlag war bekannt geworden, dass eine Abschiebung Amris gescheitert war, weil er keinen Pass hatte. Merkel würdigte das Eingreifen der italienischen Behörden. „Unser großer Dank geht an die italienische Polizei und die übrigen Kräfte von Sicherheit und Justiz für die denkbar engste Zusammenarbeit in diesem Fall.“ Auf Amris Spur waren die Berliner Ermittler gekommen, als sie in dem Lastwagen seine Duldungspapiere fanden. Der 2015 über Freiburg nach Deutschland eingereiste Tunesier war Medienberichten zufolge in Italien und seinem Heimatland zu Haftstrafen verurteilt worden. Merkel betonte am Freitag, bei aller momentanen Erleichterung bestehe die Gefahr des Terrorismus „wie seit vielen Jahren weiter“. Für sie selbst wie für die gesamte Bundesregierung sei es oberste Pflicht des Staates, die Bürger zu schützen. Merkel fügte hinzu: „Unsere Demokratie, unser Rechtsstaat, unsere Werte, unsere Mitmenschlichkeit – sie sind der Gegenentwurf zur hasserfüllten Welt des Terrorismus. Und sie werden stärker sein als der Terrorismus.“ Die deutschen Behörden überprüften nach dem Anschlag Sicherheitsmaßnahmen auf allen Ebenen und verstärkten sie vielfach, bekräftigte ein Sprecher des Innenministeriums. „Gehen Sie ganz generell davon aus, dass alle Behörden in Bund und Ländern nach solchen Anschlägen alle Sicherheitsvorkehrungen noch einmal durchgehen, sozusagen jeden Stein umdrehen.“ Welche Schritte nach dem Anschlag ergriffen worden seien, wolle er nicht sagen – damit Menschen, die etwas planten, davon nichts erführen. DA S W E T TE R 8° 5° Lahr PLZ/Ort Füllen Sie diesen Coupon deutlich lesbar aus und senden Sie ihn an: Malteser Hilfsdienst e.V. . Monika Willich . Kalker Hauptstr. 22-24 . 51103 Köln Ettenheim 8° 6° Ihre private KLEINANZEIGE im Internet aufgeben: www.der-sonntag.de 8° 6° Polizeinotruf: 110 Feuerwehr/Rettungsdienst: 112 Krankentransporte: DRK 07761/1 92 22 Ärztlicher Bereitschaftsdienst: 116 117 Apotheken-Notdienst-Infotelefon: Festnetz: 0800/0022833 (kostenfrei); Mobilfunk: 22833 (max. 0,69 €/Minute); Im Internet: mehr.bz/apotheken Frauenhaus: 0 77 51/35 53 Giftnotruf: 0761/19240 Notfallpraxis Bad Säckingen: 9 bis 13 und 15 bis 19 Uhr 0 7761/9 33 72 22 Notfalldienst Wehr: 11 bis 12 und 18 bis 18.30 Uhr Tel. 0 18 05/19 29 24 30 Telefonseelsorge: 08 00/1 11 01 11 Rhe in NOTDIENSTE isam Breisach a. Rh. Dre Emmendingen Elzach Elz Waldkirch Freiburg Titisee Lörrach Bad Säckingen morgen 9° 3 Neustadt FELDBERG 1493 m 3° Schluchsee 0° Bonndorf 5° St. Blasien 2° 9° Schopfheim WaldshutWeil a. Rh. 3° Tiengen Rheinfelden Wechsel von dichten Wolken und kurzem Sonnenschein. Zwischendurch Regen. Lebhafter Südwestwind mit der Gefahr von Sturmböen an den Küsten sowie im höheren Bergland. heute 8° Müllheim Basel DEUTSCHLANDWETTER Mächtige Sturm- und Orkantiefs liegen über dem Nordatlantik und Skandinavien. Sie bestimmen mit feuchter und milder Luft das Weihnachtswetter in Südbaden. Oft ist es bewölkt oder neblig-trüb, die Sonne zeigt sich nur vorübergehend. Gelegentlich fällt Regen, selbst auf den höheren Bergen im Schwarzwald. Dort oben weht stürmischer Südwestwind, vor allem auf dem Feldberg und auf dem Belchen. Auch sonst ist es windig bei Höchstwerten um 8 Grad. 5° 2° 8° 6° Bad Krozingen Furtwangen REGIONALWETTER 6° 3° 1 l/m² Niederschlag übermorgen 11° 4 2 2 l/m² g Niederschlag 4 l/m² Niederschlag 15° 10° 5° Kiel 6° 4° Bremen Essen 8° 8° 5° 4° Köln Frankfurt 0° 6 12 18 0 6 12 18 0 6 12 18 Uhr Windstärken in den Kreisen in Beaufort 08:15/16:41Uhr 03:19/14:06Uhr Auf- und Untergangszeiten gelten für Freiburg Saarbrücken Stuttgart 8° 6° Freiburg 6° 3° 6° 1° Berlin Hannover Dresden Nürnberg -5° 1 Rostock Hamburg 6° 4° 6° 1° München 6° -1° Hier könnte Ihre Anzeige stehen! Weitere INFORMATIONEN unter Tel. 07761/9219-0 Der Sonntag Sport Die Alben des Jahres David Bowie, Leonard Cohen (Foto: DPA), Iggy Pop, Car Seat Headrest oderdochATribeCalledQuest:Autorenvon Der Sonntag stellen ihre AlSEITE 11 ben des Jahres 2016vor. 25.Dezember2016 Ein Team ohne Chi-chi Der SC Freiburg hat in den vergangenen Wochen fleißig gepunktet. Der Sieg in Ingolstadt lässt den Aufsteiger auf einem einstelligen Tabellenplatz überwintern. Das Jahr 2016 verlief hervorragend für den Verein, an der Schwarzwaldstraße blickt man in eine spannende Zukunft. Zwei fleißige Arbeiter, die vorbildlich für den neuen SC Freiburg stehen: Nicolas Höfler (links) und Florian FOTO: DPA Niederlechner. heißt. Und mit den zwei attraktiven Heimspielen gegen Bayern München und Hertha BSC Berlin nicht besser beginnen könnte. Die Zukunft fliegt allerdings oft schneller vorbei, als man an stillen Tagen vermutet. Jochen Saier, dessen offizieller Titel im Verein „Vorstand Sport“ lautet, riskierte dieser Tage schon einen Blick auf die nächste Spielzeit: Würden zum Saisonende der FC Ingolstadt 04 und der SV Darmstadt 98 absteigen, dafür der VfB Stuttgart und Hannover 96 in die erste Bundesliga zurückkehren, müsste sich der Sportclub – zumindest nach der Papierform der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit – schon heute auf einen erneuten brutalen Überlebenskampf einstellen. In den – nach realistischer Spekulation – auch Vereine wie der FC Augsburg oder der 1. FSV Mainz 05 verwickelt sein könnten. Dies sagt schon alles. Umso wichtiger ist es nun, in ruhigen Zeiten die richtigen Hausaufgaben zu machen. Die erste wurde diese Woche fertig, der Sportclub verkündete eine langfristige Vertragsverlängerung mit Mittelfeldrenner Amir Abrashi. Der Schweizer Nationalspieler könnte demnach auch noch 2021 in der Nachbarschaft zur Dreisam kicken. – SC-Aktien: Philipp, Kempf, Söyüncü – Die langfristige Bindung vor allem der jüngeren Spieler mit erheblichem Entwicklungspotenzial und steigendem Marktwert ist an der Schwarzwaldstraße nicht weniger bedeutend als die erstaunlichen, rekordträchtigen Laufwerte. Allen voran ist Maximilian Philipp in den Fokus von Vereinen geraten, die deutlich höhere Gelder zahlen als der Sportclub. Der 22-jährige gebürtige Berliner hat sich in den vergangenen anderthalb Jahren enorm weiterentwickelt; dank seiner Spielintelligenz, Technik und Schnelligkeit ist eine erfolgreiche sportliche Zukunft nahezu vorprogrammiert. Sollte der Sportclub seinen Offensivspieler irgendwann an die Konkurrenz verlieren, wäre eine hohe Ablösesumme das ökonomisch lebenswichtige Trostpflaster (siehe auch Saier-Interview auf der folgenden Seite). Doch auch der lange lädierte Marc-OliverKempf, der im Frühjahr als Leistungsträger auf den Platz zurückkehren könnte, sowie sein Abwehrkollege Caglar Söyüncü besitzen den Wert gewinnbringender Aktien. Beachtlich bei Letzterem: Der junge türkische Nationalspieler zählt nach 14 Liga-Einsätzen im SC-Trikot zu den besten fünf Zweikämpfern der Bundesliga. Damit ist diesbezüglich noch längst nicht alles gesagt: Der Sportclub ist zum Jahreswechsel 2016/17 prall gefüllt mit Spielern, die Begehrlichkeiten wecken könnten: Torhüter Alexander Schwolow, Linksverteidiger Christian Günter oder Janik Haberer fallen einem als nächste ein. Und warum nicht ein Nicolas Höfler? Die SC-Führung verantwortet eine Mannschaft, die auch ohne Firlefanz viel wert ist. www.der-sonntag.de STANDPUNKT E TONI NACHBAR Kleinanzeigen im Internet aufgeben: BILANZ ZUR WINTERPAUSE 2016/2017 Der pragmatische SC FREIBURG überwintert in unerwarteten Höhen In Ingolstadt war es wie so oft in den zurückliegenden Wochen. Die Sportclub-Profis verrichteten leidenschaftlich ehrliche Arbeit. Keine Schnörkel, kein Chichi. Müsste man Christian Streichs neue Schrift unter die Lupe nehmen, wäre zu konstatieren, sie kommt zeitgemäß ohne Serifen aus. Der SC-Trainer würde das nicht als Kritik, sondern als Kompliment goutieren. Denn der neue Pragmatismus hat dem Sportclub viele Punkte gebracht. Mehr als erwartet. Nicht auszudenken, wo „Chico“ Höfler und Co. stehen würden, hätten sie auch jene Zähler eingefahren, über deren Verlust sie sich immer noch grämen: in Berlin, in Hoffenheim, in Mainz. Kein altmodisch-schöner Kombinationsfußball, sondern zunehmend hermetischer verdichtete Räume hievten den Sportclub bis auf Bundesliga-Platz acht. Keine herrlichen Tore bleiben aus diesem Herbst in der Erinnerung haften, sondern Laufwerte des Teams und einzelner Spieler bringen Statistiker und Insider zum Zungeschnalzen. Spieler und Trainer können sich nun ein paar Tage zurücklehnen, Weihnachten feiern, einen kurzen Urlaub genießen. Zehn Punkte trennen den Neuling vom Relegationsplatz, nur vier von einem Rang, der die Tür zur Europa League öffnet. Irgendwie verrückt und doch nicht unverdient. Somit darf prognostiziert werden, dass die SC-Anhängerschaft bis Mai keine Abstiegssorgen mehr verspüren wird und sich auf eine Frühjahrssaison freuen kann, die Entspanntheit ver- Private KLEINANZEIGEN ganz bequem schalten! Die Liga ist in Bewegung geraten in bemerkensQuartett weit unter wertes Tabelseinen Möglichkeilenbild zeichten blieb, ist schon net die Fußball-Bunein Ding. Zumal die desliga zur WinterTabellenkonstellapause 2016/2017. tion sich nun schon Klar, ganz oben und so darstellt, dass sich ganz unten grüßen von diesen Vereinen OTTO die, die man dort erwohl allenfalls noch SCHNEKENBURGER ein bis zwei in die wartet hatte – und die, das sei prognosinternationalen tiziert, sich auch im Mai noch Plätze vorarbeiten können. Die dort befinden dürften: Die Mannschaft, deren Kader das Bayern und Darmstadt 98. derzeit größte spielerische VerAber zwischen diesen beiden sprechen für die Zukunft ist Polen ist die Liga mächtig in – die sich aber mal auf die Bewegung geraten, so manSuche nach einem weiteren ches, was als schier unumstöß- Torhüter machen könnte –, lich galt, wurde dabei über steht nach einer erstaunlichen Bord geworfen. Achterbahnfahrt der Gefühle Sicher, Leipzig und Hoffengerade auf Platz sechs: Borusheim profitieren ja nur von sia Dortmund. Fast schon keiihren Geldgebern, werden ne Überraschung mehr ist damanche unken. Ihre ausgegegen, dass sich die halbe Liga zeichnete Hinrunde (Hoffen– der SC Freiburg zählt nach heim hat es nun tatsächlich einer starken Hinserie nicht geschafft, praktisch eine ganze dazu – zumindest noch Sorgen Halbserie lang ungeschlagen machen muss, nicht auf den zu bleiben!) haben die beiden Relegationsplatz abzurutVereine aber mehr noch ausschen. gezeichneten Trainern und Neu gemischt wirken die Kareiner klaren sportlichen Hand- ten in der Bundesliga an Weihschrift zu verdanken. Noch nachten 2016. Und auch wenn verblüffender sind die Punkt- die Münchner – die zwischenausbeute der Berliner Hertha durch auch erreichbarer schieund der Frankfurter Eintracht. nen und bei denen zur neuen Ohne Frage, in jeder Saison Spielzeit ein personeller Umgibt es solche Ausreißer nach bruch geraten scheint – ligaunten und nach oben, in einer intern wohl doch das Maß der noch nicht mal beendeten Dinge bleiben sollten, ist das Halbserie ohnehin. Dass aber sehr schön zu beobachten. bisher mit Leverkusen, SchalBerechenbar genug ist die ke, Wolfsburg und MönchenBundesliga in den letzten Jahgladbach gleich ein ganzes ren gewesen. KURZ GEFASST FUSSBALL Gündogan erfolgreich operiert Nationspieler Ilkay Gündogan vom Champions-League-Teilnehmer Manchester City ist nach seinem Kreuzbandriss erfolgreich operiert worden. „Mir geht es gut, die Operation ist gutverlaufen. Nun ist es eine weitere Strecke bis zur Genesung“, schrieb Gündogan auf Twitter. Der Mittelfeldspieler hatte am 15. Dezember im Spiel gegen den FC Arsenal die schwere Verletzung erlitten und muss mit einem halben Jahr Pause rechnen. Im Juni war Gündogan von Dortmund nach Manchester gewechselt. Bereits in der Vergangenheit hatte er mit schweren DPA Verletzungen zu kämpfen. Geldregen inWolfsburg Nationalspieler JULIAN DRAXLER wechselt für mindestens 42 Millionen Euro zu Paris St. Germain Vom sportlichen Missverständnis zum wirtschaftlichen Glücksfall: Das unglückliche Kapitel Julian Draxler beim VfL Wolfsburg nimmt mit dessen 42-MillionenEuro-Transfer zu Paris St. Germain noch ein Happy-End. Nach dpa-Informationen erzielten beide Clubs am Freitag grundlegende Einigkeit, nur noch letzte Formalitäten bei der Übersetzung der Verträge mussten geklärt werden. Mit Bonuszahlungen könnten am Ende gar bis zu 47 Millionen Euro fließen. Der 23 Jahre alte Fußballer erhält beim französischen Meister einen Vertrag bis 2021 und wird Teamkollege von Kevin Trapp. Damit gelingt dem ehemaligen Schalker mit einem halben Jahr Verspätung doch noch der Absprung aus dem ungeliebten Wolfsburg. Bereits im Sommer hatte er per Interview vehement seinen Abschied nach nur einem Jahr beim Volkswagen-Club gefordert. Das hatte der damalige VfL-Sportchef Klaus Allofs verweigert, dies später aber als Fehler bezeichnet. Was folgte, ist für beide Seiten mit unzureichend noch zurückhaltend beschrieben. „Das war die schlimmste Hinrunde meines Lebens“, hatte Draxler nach dem 2:1 am Diens- Wurde in Wolfsburg nie glücklich: FOTO: DPA tag bei Borussia Mönchenglad- Julian Draxler. bach gesagt. Der Jungstar steckt seit Monaten im Formtief und wurde zwischenzeitlich von den eigenen Fans gar ausgepfiffen. 2015 als Nachfolger für den damaligen Fußballer des Jahres Kevin De Bruyne geholt, fühlte Draxler sich bei den Niedersachsen nie wohl und erfüllte die Erwartungen nicht. Das Leistungstief Draxlers ging einher mit dem sportlichen Abstieg des VfL. Der Vizemeister und Pokalsieger von 2015 spielt in dieser Saison nur gegen den Abstieg. Trainer Dieter Hecking und Manager Allofs verloren bereits ihre Jobs. Für den sportlichen Leiter des VfL, Olaf Rebbe, ist der Deal ein besonderer Erfolg. Zusammen mit Geschäftsführer Tim Schumacher führte Rebbe die Verhandlungen mit dem ScheichClub aus Paris und handelte eine nicht für möglich gehaltene Ablösesumme aus. Der vor anderthalb Jahren für rund 36 Millionen Euro vom FC Schalke 04 verpflichtete Draxler könnte dem VfL nun am Ende gar noch elf Millionen Euro mehr einbringen, wenn vereinbarte Bonuszahlungen fließen. Für Rebbe, der vorerst die Managertätigkeiten von Allofs übernommen hat, bis auf weiteres aber nicht in die Geschäftsführung aufrücken soll, ist dies ein erster Schritt zum dauerhaften VfL-Managerposten. Aus VWKreisen war zuletzt zu hören, die anstehende Transferperiode sei eine riesige Chance für den erst 38-Jährigen. Nun löste Rebbe das größte Problem in dem von seinem bisherigen Mentor Allofs unglücklich zusammengestellten Kader. Im neuen Jahr könnte sich bei den Wolfsburgern personell noch einiges tun. Zuletzt galten auch Luiz Gustavo, Vieirinha, Ricardo Rodriguez und Carlos Ascues als Wechselkandidaten. Im Gegenzug könnten zwei Abwehrspieler zu den NiedersachDPA sen kommen. 10 SPORT Der Sonntag · 25. Dezember 2016 Thomas Müllers schwieriges Jahr Der Bayern-Spieler hat seine VERVE verloren Das Ende, das der Weltmeister bei der Machtdemonstration des FC Bayern gegen RB Leipzig 90 Minuten als Zuschauer auf der Münchner Ersatzbank verfolgen musste, passte ins Bild eines Jahres, in dem es für den unbeschwerten Fußballstar mal ausnahmsweise nicht bergauf ging. Müller erlebte ungewohnte Schwächephasen, er verlor zeitweise die Leichtigkeit, durchlief sogar Krisen – besonders als Torschütze. Auf entspannte Weihnachtsferien mit Ehefrau Lisa und ohne Fußball hat sich der 27-Jährige wohl auch deswegen besonders gefreut. „Für mich ist dieser Urlaub einfach wichtig, um abzuschalten und die Akkus aufzuladen“, sagte der Liebling der Bayern-Fans. Besinnliche Tage liegen vor Müller, in denen er aber auch darüber sinnieren dürfte, was falsch lief 2016 und wieder besser laufen soll in den kommenden zwölf Monaten. Am 3. Januar geht’s wieder los mit dem Training. Beim 3:0 der Bayern gegen Leipzig hatte Trainer Carlo Ancelotti überraschend nicht mal als Einwechselspieler Verwendung für Müller. Der Offensivspieler musste zusehen, wie in dem vermeintlich auf ihn zugeschnittenen 4-2-3-1-System auf seiner Lieblingsposition der Spanier Thiago glänzen konnte: Als Spielmacher, Torschütze und Torvorbereiter. „Die Idee für Thiago war, zwischen den defensiven Linien der Leipziger zu spielen. Er hat es sehr gut gelöst“, lobte Ancelotti. Müller musste sich nach dem Spiel strenge Worte anhören, gesprochen von Karl-Heinz Rummenigge. Der Bayern-Chef bewertete Müllers Reservistenrolle als „Motivation, dass die Spieler 2017 das eine oder andere besser machen müssen. Das ist auch hier der Fall“. Thomas Müller hat in der laufenden Bundesligasaison erst einmal ins Tor getroffen. Zwei Treffer sind es immerhin in der Champions League gewesen. „Heutzutage brauchst du 16, 17, 18 Spieler. Wir haben eine hohe Anzahl an Qualität. Und dann sitzen eben mal zwei, drei draußen, die nicht glücklich sind“, bemerkte Rummenigge. Ancelotti weiß, dass es in einem Luxuskader immer Härtefälle geben wird. Neben Müller gab es auch für Franck Ribéry keinen Platz in der Startelf. „Ich arbeite für den Verein, nicht für einzelne Spieler“, erklärte Ancelotti. Der Italiener hatte schon zuvor betont, dass er die Systemumstellungvom 4-3-3 zum 4-2-31 nicht exklusiv für Müllervorgenommen habe. Entscheidend ist für Ancelotti nicht das taktische System, sondern die „Balance“, das Ausfüllen der Räume im Zentrum des Spiels, zwischen Angriffs- und Verteidigungslinie. Es sei kein Risiko, mit vier Stürmern zu spielen, sagte er: „Ein Risiko ist es, ohne Balance zu spielen.“ Der Freigeist Müller konkurriert auf der Zehn nun mit einem Verbindungsspieler wie Thiago, der seine stärkste Saison im Bayern-Trikot spielt. In 22 von 25 Pflichtspielen kam der 25 Jahre alte Spanier zum Einsatz. Der Satz von Müller-Entdecker Louis van Gaal, „Müller spielt immer“, ist von Ancelotti aber nicht außer Kraft gesetzt worden: Auch Müller kommt auf 22 Einsätze. Verloren gegangen ist ihm auf dem Fußballplatz jedoch die Leichtigkeit und das stete Trefferglück. Der verschossene Elfmeter im letzten Champions-LeagueHalbfinale gegen Atlético Madrid war ein Knackpunkt. Darauf folgte die torlose Europameisterschaft. Und in der Bundesliga vergingen endlos lange 999 Minuten bis zum ersten Torjubel von Müller beim 5:0 gegen den VfL Wolfsburg. „Ich hoffe nicht, dass es bis zum nächsten Tor wieder so lange dauert“, erklärte Müller anschließend. Übrigens: In der Nationalmannschaft war der Weltmeister – trotz Torflaute bei der EM – in diesem Jahr mit fünf Treffern erfolgreichster DPA Schütze. „Ohne Stabilität geht es nicht“ JOCHEN SAIER vom SC Freiburg zieht zum Ende der Hinrunde eine zufriedene Bilanz Der SC Freiburg hat sich als Bundesliga-Aufsteiger während der Hinrunde der Fußball-Bundesliga prächtig geschlagen. Jochen Saier, Vorstand Sport im Verein, ist zufrieden. „Wir dürfen uns aber jetzt nicht zurücklehnen“, sagt er im Gespräch mit Der Sonntag. Dreierkette und der Verletzungssituation verpflichtet. Er hatte im Sommer keine optimale Vorbereitung, eine langwierige Verletzung kam hinzu. Er hat deshalb bislang wenig gespielt. Dafür umso mehr Söyüncu, der sich toll entwickelt hat und seine Qualität immer konstanter auf den Platz bringt. Man darf nicht vergessen, er ist jung und kommt aus der zweiten türkischen Liga. Sein Entwicklungspotenzial ist beträchtlich. Gulde hat seine Sache sehr gut gemacht. Er spielt ruhig, hat eine gute Zweikampfbilanz, ein intelligenter Spieler. Haberer hat sich Schritt für Schritt in die Mannschaft reingearbeitet und zeigt derzeit tolle Leistungen. Bulut ist ein guter Typ, wahnsinnig laufstark, sein Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft. Er ist präsent und hat viele gute Aktionen, die er dann aber noch etwas besser und effizienter zu Ende spielen könnte. Meffert hat in der Vorbereitung einen sehr starken Eindruck hinterlassen, danach verlief für ihn diese Vorrunde nicht ganz so glücklich. Sollen wir mit dem Thema „Spielerberater“ unser Gespräch beginnen, Herr Saier? Unter dem Titel „football leaks“ widmete „Der Spiegel“ ihnen eine große Story. . . ... die ich noch gar nicht gelesen habe. Diese verdienen angeblich zu viel. Das Nachrichtenmagazin hat als beredtes Beispiel ausgerechnet, dass einer Spielervermittler-Agentur die einstige Vertragsverlängerung Julian Draxlers beim FC Schalke 04 mindestens sieben Millionen Euro gebracht hat. Zu diesem speziellen Fall kann ich natürlich nichts sagen. Aber: Die Spielervermittler sind als Teil des Deals aus dem Transferund Vertragswesen nicht mehr wegzudenken. Das mag man gut oder schlecht finden, dennoch erfüllen sie wichtige Funktionen. Die Anbahnung eines Transfers und die eigentliche Vertragsunterzeichnung im Profifußball mit allen Vereinbarungen, die dazugehören, sind einigermaßen komplex geworden. Es wäre im Innenverhältnis zwischen Spieler und Verein tatsächlich nicht mehr einfach, unter den heutigen Bedingungen solche Gespräche ohne Beteiligung eines Vermittlers zu führen. Hinzu kommt, gute Spieler sind sehr begehrt. Wenn es zu einer Vertragsunterzeichnung kommt, hat der Vermittler dem Verein eine Dienstleistung erbracht. Dafür und für die Erzielung eines etwaigen Transfermehrwertes ist eine finanzielle Honorierung legitim. Dass aber die Größenordnung mancher Zahlung Außenstehende irritiert – dafür habe ich natürlich Verständnis. Beabsichtigen Sie, in der Winterpause auf dem Transfermarkt aktiv zu werden? Wir haben auf keiner Position akuten Bedarf. Aber natürlich sieht man sich immer um und durchdenkt verschiedene Möglichkeiten. Vorrangig ist aber, den einen oder anderen Spieler auszuleihen, um ihm bei einem anderen Verein zu mehr Spielpraxis zu verhelfen. „Wenn es zu einer Vertragsunterzeichnung kommt, hat der Vermittler FOTO: SCHÖN dem Verein eine Dienstleistung erbracht“: Jochen Saier. winnen. Wir haben eine bessere Stabilität als in der vergangenen Zweitliga-Saison. Da haben wir in den Heimspielen – oft auch zwangsläufig – die Gegner intensiver bespielt und in Ballbesitz auch viele gute Dinge gezeigt. Doch wir waren nach hinten anfälliger. Jetzt haben wir eine bessere Stabilität. Ohne Stabilität bist du in der Bundesliga verloren. Der zuliebe gab es zu Saisonbeginn die Überlegung, in der Abwehr verstärkt auf eine Dreier-Kette zu setzen. Die Dreier-Kette konnte nicht verhindern, dass der Saisonstart Sie erklären gelassen, was andere in Berlin gleich eine Niederlage aufregt. Hängt dies damit zubrachte. sammen, dass der Sportclub dank seiner Punktausbeute geWir sind in Berlin in dieser taktimütlich Weihnachten feiert? schen Grundordnung nicht optimal zurechtgekommen. Vor alWir sind mit unserem Punkte- lem im Ballbesitz und im Spiel stand sehr zufrieden. Aber auch nach vorne haben wir uns nicht mit dem Innenleben und der gut genug verhalten. Deshalb Entwicklung der Mannschaft: Je- sind wir zu unserem – sagen wir der Einzelne hat einen Schritt es so – gewohnten System zunach vorne gemacht. Dies war rückgekehrt. In diesem Zusambeziehungsweise ist allerdings menhang hat aber auch der Ausauch notwendig, um in der ers- fall von Marc-Oliver Kempf eine ten Liga zu bestehen. Wir haben Rolle gespielt. Im Gefüge der ansprechend gespielt, hätten Dreier-Kette hat er mit seinen auswärts vielleicht sogar den ei- diagonalen Flugbällen und Verlanen oder anderen Punkt mehr gerungen in der Vorbereitung eierzielen können. Einige Male ha- ne entscheidende Komponente ben uns individuelle Fehler ei- für dieses Spielsystem eingenen Strich durch die Rechnung bracht. gemacht. In den Heimspielen sind wir allerdings auch punkteIst mit Kempf in der Rückrunde mäßig richtig gut aufgetreten. zu rechnen? Es fiel auf, dass der Sportclub seine Heimspiele sehr pragmatisch bestritt. Gegen Gladbach oder den Hamburger SV, vor allem gegen Eintracht Frankfurt. Akzeptieren Sie die Formulierung „geduldig-reaktive Spielweise“? Ich gehe davon aus. Er ist inzwischen wieder im Individualtraining auf dem Platz. Nach einer gut dosierten Vorbereitung im Winter kann er im Laufe der Rückrunde eine wichtige Rolle spielen. Nur ein Tor in der Meisterschaft und von Bayern-Chef Rummenigge Eigentlich nicht. Ich würde saFOTO: DPA gen, wir können zu Hause 1:0 gekritisiert: Thomas Müllers Leistung knickte 2016 ein. Wie sehr hat die deutliche Heimniederlage gegen RB Leipzig ge- Mats Möller-Dähli ist ein sehr guter Fußballer. Warum wird er in Freiburg nicht bedeutender? schmerzt? Nicht mehr als andere verlorene Spiele. Nach der Schneeerfahrung und dem Heimsieg gegen RB in der zweiten Liga war zu erwarten, dass die Leipziger ihren Lauf nutzen wollen und versuchen werden, dominant aufzutreten. Im Hinblick auf RB muss man eben feststellen, dass in Leipzig dank der wirtschaftlichen Möglichkeiten binnen kürzester Zeit all jene Entwicklungsstufen übersprungen werden, die ein Verein aus der zweiten Liga kommend normalerweise Schritt für Schritt hinter sich bringt. Würden in der Bundesliga noch zwei, drei Vereine mit dem Leipziger Hintergrund auftauchen, muss man kein Prophet sein, um sich vorzustellen, welches Schicksal Vereine wie den Sportclub erwartet. Der Liga kann es aber nicht schaden, wenn sich Bayern München mit einem ernsthaften Konkurrenten konfrontiert sieht und die Liga nicht schon zu Weihnachten entschieden ist. Ich wage die Prognose, Bayern München wird auch in dieser Saison Meister und die Titelfrage ist vor dem letzten Spieltag entschieden. Das sollte sie auch – denn am 34. Spieltag kommt der SC nach München (lacht). Wie bewerten Sie die Entwicklung der eigenen Neuzugänge? Allgemein gesagt, haben sie den Kader breiter und punktuell besser gemacht und den Konkurrenzkampf verschärft. Alle können aber nicht regelmäßig in der Anfangsformation stehen. Nun: Niedermeier haben wir auch wegen unserer Überlegungen zur Er war über ein Jahrverletzt. Dass er ein toller Fußballer ist, steht außer Frage, sein Können blitzt immer wieder auf. Aber unter dem Strich bekommen wir ihn nicht oft genug auf den Platz, wie es für seine Entwicklung notwendig wäre. Das spricht natürlich auch für die Qualität des Kaders. Vielleicht tut ihm ein Umweg über einen anderen Klub gut. Die Abstiegsplätze sind ein gutes Stück weg. Was soll die Rückrunde dem Sportclub eigentlich noch bringen? Wir sind ehrgeizig und erfolgshungrig. Wir wollen das beste Abschneiden, das möglich ist. Ich wünsche mir Stabilität, Konstanz und dass sich die Mannschaft weiterentwickelt. Wir dürfen die Tage nutzen um durchzuatmen, aber uns keinesfalls zurücklehnen. Wir selbst sind das beste Beispiel dafür, dass der Klassenerhalt auch mit derzeit 12, 13 Punkten noch machbar ist. Daher sind unsere Sinne geschärft. Im Fußball geht es in der Außenansicht zwar verstärkt ums Hier und Jetzt, wir sind aber in der Pflicht, etwas mittelfristiger zu denken. Vertragsverlängerungen, Transfers bzw. die daraus resultierende Kaderentwicklung sind die Bausteine, mit denen wir uns nun verstärkt auseinandersetzen. Wir sind natürlich immer darauf bedacht, unsere Säulen vertraglich länger an uns gebunden zu halten. Wenn ein größerer Transfer vom Sportclub weg dennoch unvermeidlich ist, müssen wir die Einnahmen wieder klug in zwei, drei spannende Spieler investieren. Das Geschäft ruht nie. DAS GESPRÄCH FÜHRTE TONI NACHBAR Hier könnte Ihre Anzeige stehen! Weitere INFORMATIONEN unter Tel. 07761/9219-0 Der Sonntag Kultur Sekt made in Auggen Wer an Silvester den Korken eines Sekts aus Südbaden knallen lässt, hältwahrscheinlich eine Flasche aus einer Auggener Privatsektkellerei in SEITE 13 den Händen. 25.Dezember2016 Blechernes Klopfen, bewegende Abschiede David Bowie, A Tribe Called Quest oder Car Seat Headrest: Autoren von „Der Sonntag“ stellen ihre ALBEN DES JAHRES 2016 vor Es gilt Bilanz zu ziehen, auch in der Popmusk. Alle Jahre wieder schreiben an dieser Stelle Autoren von Der Sonntag, welche Alben ihnen in diesem Jahr am besten gefallen haben. E in kleiner Zettel mit der Bemerkung „Indiepop Wunderbub“ klebt auf der Schutzhülle des Albums. Das ist von den Flight 13-Plattenverkäufern eher augenzwinkernd gemeint, trifft aber den Nagel auf den Kopf. Will Toledo, der Mastermind hinter dem Projekt Car Seat Headrest hat schon zwölf (wenn auch nur digitale) Alben veröffentlicht, und ist gerade mal 23 Jahre alt geworden. „Teens of Denial“ ist nun das erste offizielle Album und es ist großartig. Wie ein neunmalkluger Mathestreber sieht der Kerl aus, schüttelt dabei locker ein Gitarrenbrett nach dem anderen aus dem Ärmel. Alles was musikalisch irgendwie nach Slacker klingt, hat er aufgesaugt, sämtliche Legenden der Szene zitiert er auf seinem Album: Beck, J. Mascis von Dinosaur Jr, Evan Dando mit seinen Lemonhands und natürlich Pavements Stephen Malkmus hocken in einer imaginären Runde und geben den Sound vor. Toledo erzählt dazu Geschichten aus der Vorstadthölle, von der täglichen Langeweile der Teenager, ihrer Suche nach dem Leben und was ihm Sinn gibt: So kraftvoll, wuchtig, verzweifellt und doch voller Melodien, die diesen Gitarrenlärm als wunderbare Hymnen erscheinen lassen, hat man das selten gehört. Fast alle Songs sind über fünf Minuten und kommen trotzdem nie auch nur annähernd in die Nähe irgendwelchen Rock-Gedudels Im Gegenteil. Sie klingen in ihrer Intention wie trotzig-wütende Punksongs. Ein weiteres Wunder dieses Albums. einfach ein Alterswerk, sondern ein Werk übers Alter, Rückblick und Standortbestimmung zugleich. Im Song „American Valhalla“ bringt er sein Dilemma auf den Punkt. „Ich hab mein Pulver verschossen / Es war kein einfaches Leben / Jetzt hoffe ich auf die amerikanische Walhalla“. Deren Tore stehen bereits weit offen. Pop ist eine Ikone, ein Wegbereiter. Das wäre Qualifikation genug. Und was nach „Post Pop Depression“ passiert ist, hat diesen Status zementiert: Eine umjubelte Tour mit Homme und seinen Spießgesellen, die Pops Klassiker auf wilde Weise neu interpretierten. Eine Doku, die beim Filmfestival von Cannes vorgestellt wurde, ein opulentes CoffeetableBuch – das Leben meinte es 2016 gut mit Iggy. Und das wird nicht nur ihm gut tun, das ist eine tröstliche Nachricht in einem Pop-Jahr, in dem der Tod viele, viele Große geholt hat. PETER DISCH > IGGY POP, Post Pop Depression, Caroline. D rei Tage lang hörte die Welt David Bowies Album, ohne es zu verstehen. Dann starb der Superstar an Krebs – und alle begriffen, was Bowie kaum offenkundiger in den Metaphern des Albums hätte verstecken können: dass Blackstar sein Abschied sein werde. Blackstar ist eine Auseinandersetzung mit der Sterblichkeit; ein lustvolles, verzweifeltes Kunstwerk, entstanden im Angesicht des Todes. In den ersten Sekunden von „Dollar Days“ hört man Bowie mit Papieren ra- CARMELO POLICICCHIO Denial, Matador ost Pop Depression“ ist das Stärkste, was Proto-Punk Iggy Pop seit Ewigkeiten gemacht hat. Weil Josh Homme, Sänger und Gitarrist der Rockband Queens Of The Stone Age dafür das Beste aus ihm herausgeholt hat. Inspiriert von den Platten „The Idiot“ und „Lust For Life“, die Pop mit David Bowie 1977 aufnahm, schrieb das Duo neue Songs. Stilistisch lehnen sich diese an jene Tage an. Der stumpf rockende Nihilismus der Stooges scheint durch. Aber da ist mehr Groove, Discorock und Pop, weniger Tempo, Synthesizer, Vibraphon. Alles klingt knochentrocken, gut abgehangen, grimmig-entschlossen. „Post Pop Depression“ ist aber nicht Queens mal eben den ganz großen Wurf aus dem Ärmel. Schon der Opener „The Space Program“ vereint in sich all die Größe dieser Alternative-HipHopper: gött- CARO BUCHHEIM > DAVID BOWIE, Blackstar, ISO/RCA/Columbia/Sony licher Flow, eine alles durchfließende Wärme, funkige Beats, ass Kanada ein Songwri- Jazz-Elemente, verspielte Sampter-Land par excellence les und ein unnachahmlich lässiist, wissen wir seit Joni ger Sprechgesang. Das hat Klasse Mitchell und Leonard Cohen. Da- und geht auf diesem Niveau weibei haben wenige von uns die ter. 16 Tracks lang, inklusive Musik der Québecois auf der großartiger Gastkünstler von Rechnung. Die Bears Of Legend Busta Rhymes über Kendrick Lastammen aus Trois-Rivières zwi- mar bis hin zu Elton John. Ein bitschen Montréal und Québec City tersüßer Triumph, denn Grünund haben mit ihrem zweiten dungsmitglied Phife Dawg verWerk „Ghostwritten Chronicles“ starb kurz vor der Fertigstellung ein grandioses Album an der des Albums an einer DiabeteserSchnittstelle von Folk, Pop und krankung. Eine Fortsetzung Liedkunst aufgenommen. Der schließen die restlichen BandSongzyklus des Septetts ist von mitglieder aus. Das Vermächtnis maritimen Themen getränkt: ist ein HipHop-Klassiker, der Das Ertrinken wird zur Metapher zeitgemäßer kaum klingen für Herzeleid, ein Strudel steht könnte, ohne dass sich die Band für die hilflose Verstrickung in auch nur eine Sekunde anbieGefühlen, das Leben ist der end- dert. Das trifft auch auf die Lyrics lose Ozezu: In „We the People“ rappt Qan mit Tip über ein fettes Synthie-Riff die Liebe eine zynische Vorwegnahme der als Wahl Trumps, die zum Zeitschaupunkt der Aufnahmen noch düskelndem tere Utopie war – gleichzeitig Boot wird die Solidarität der Minderdarauf. heiten beschworen. Zurecht wird Sänger das Album aufgrund seiner poliDavid tischen Texte als erstes „AntiLavergne trägt seine Verse mit Trump“-Album in die PophistoSVEN MEYER waidwunder Stimme vor, ihn rie eingehen. umweben ein melancholisches Akkordeon, munteres Banjo und > A TRIBE CALLED QUEST, „We Ukulele, ein warmes Cello, aus- Got It From Here ... Thank You 4 The geklügelte, fast klassische Piano- Service“, Sony Linien und ab und an kräftige s gibt Musiker, die ihre BahRockdrums. Die Stimmung nen ziehen, da aber die Blischwankt zwischen großen cke durch Feuerwerke, NeHymnen inklusive Chor wie „When I Saved You From The Sea“ belkerzen sowie kleine und grobis zu kompakten Popsongs wie ße Katastrophen abgelenkt wer„Be Mine, All Mine“, oder auf den, nimmt keiner Notiz. Erst Französisch gesungenen Sehn- viel später heißt es von ihnen, suchtsballaden wie „Encore“. So „das war ein Großer!“ So geschegelingt es den „Bären“ tatsäch- hen ist das etwa bei Nick Drake. lich, einen großen Bogen vom Mit ihm wird Sänger, Gitarrist Pop-Appeal à la Coldplay zur kleinen Folkkneipe um die Ecke zu spannen. Als Logbuch ist das Booklet mit seinen Bleistiftzeichnungen, Tusche-Lyrics und bunten Karten angelegt. Ein Gesamtkunstwerk, das endlich einmal wieder an die Kraft großer Melodien glauben lässt. D E > CAR SEAT HEADREST, Teens of P vormittags von 11 bis 3 mit Band und dem langjährigen Wegbegleiter Tony Visconti im Studio, nachmittags bei der Arbeit am „Lazarus“-Musical, den Abend mit Nacharbeiten an den Aufnahmen des Vormittags im Heimstudio. Das Ergebnis ist ein Album für die Ewigkeit, das zugleich ein Omen für dieses furchtbare Jahr war. Denn die einzige Erklärung, warum nach seinem Tod alles bergab ging, kann sein: Bowie hat die Welt zusammen gehalten. scheln: ein Mann, der seine Angelegenheiten sortiert, bevor er über das Leben singt, das er hatte – und über all die Dinge, die er nicht mehr tun wird. Gemeinsam mit dem Saxophonisten Donny McCaslin und dessen herausragender Band, die schon seit Jahren ohne Genredünkel die Grenzen zwischen Jazz, Pop und Elektro auslotet, entwickelte Bowie in den letzten Monaten seines Lebens seinen Sound für dieses Jahrtausend: elegisch („Lazarus“), improvisiert („Tis a Pity She was a Whore“), vertrackt („Blackstar“) und trippy („Sue (or in a Season of Crime)“). Er tat das mit der routinierten Ernsthaftigkeit eines Beamten und der Dringlichkeit eines Sterbenden: STEFAN FRANZEN > BEARS OF LEGEND, Ghostwritten Chronicles, Galileo. A Tribe Called Quest sind einer der wichtigsten HipHop-Acts überhaupt. Im November erschien überraschend „We Got It From Here...“. Dass es überhaupt nochmal ein neues ATCQ-Album ist schon Sensation genug. 18 Jahre herrschte Funkstille. Und dann schütteln die Rap-Legenden aus und Songwriter Fraser Anderson oft verglichen. Vor einem Jahr hatte der Schotte mit „Little Glas Box“ ein außergewöhnliches Singer-Songwriter-Album veröffentlicht, das „wie aus einem Guss“ war. Sein zweites Werk geht ein gutes Stück weiter und öffnet seiner Musik ein weites Feld. Das in Peter Gabriels’ „Real World Studios“ aufgenommene Album startet mit einem Song der gut in die „Little Glas Box“ gepasst hätte. „Simple Guidance“ ist eine Art Folk, der mit warmen Basstönen, einem dezent mit dem Besen gespielten Schlagzeug sowie Geigen sehr schön instrumentiert ist. Fraser Anderson singt kühl und distanziert, aber auch beseelt, nah und auch etwas atemlos crazy. Manchmal teilt er sich das Mikro mit einer Trompete. Ganz schön gewieft verkuppelt Fraser Anderson Folk mit Jazz und sogar mit Drum ’n’ Bass wird gespielt. Diese manchmal schräge Mischung lässt die Musik retro, modern und zeitlos erscheinen. Somit knüpft er an Ikonen wie Joni Mitchell oder Terry Callier an, denen es ebenfalls mit nur Gitarre und Gesang zu langweilig wurde. Frage: Wer hat heute so was noch drauf? PASCAL CAMES > FRASER ANDERSON, Under The Cover Of Lightness, Membran N icht mehr lange, dann ist 2016 vorbei. Endlich, ist man geneigt zu sagen. Es war ein Jahr, das der Musikwelt heftig zugesetzt hat. Größen (lesen Sie: Ikonen) wie Bowie, Prince, Cohen verstarben. David Bowie schickte seinem Ableben im Januar noch ein Album voraus, A Tribe Called Quest meldeten sich im November überraschend zurück, inklusive der letzten Zeilen des „Funky Diabetic“ Phife Dawg, um den die Rapwelt in diesem Jahr trauerte. So traurig das alles war, so großartig war die Musik. Auch anderswo brachte 2016 Großtaten hervor. Sei es im Deutschrap mit Megalohs „Regenmacher“ oder im Neo-Soul mit Solange Knowles’ „A Seat at The Table“. Oder oder oder. Die Bestenlisten füllten sich wie von alleine. Gnz unauffällig reihte sich darin auch der Soundtrack der Netflix-Produktion „Stranger Things“ ein, der (Mystery)Serie im 80er-Retro-Gewand. 75 Anspielstationen zählt das Doppelalbum, alles elektronisch, alles pur instrumental, fast alles nur knapp eine Minute lang. Mystisches Wabern, bedrohliches blechernes Klopfen, nervenaufreibendes Klanggekreische auf der einen und atmosphärische Spieluhranleihen, Keyboardromantik oder euphorisierende Synthesizer-Flächen auf der anderen Seite. Super DANIEL WEBER Dings! > KYLE DIXON & MICHAEL STEIN, Stranger Things (A Netflix Original Series Soundtrack), Lakeshore Records W Produkt („Berliner Schule / Protopop“) bestreitet, zeugt das schon von einem sehr gesunden Selbstbewusstsein. Wenn das Debüt selbst dann trotzdem so außerordentlich ausfällt wie „Und aus den Wolken tropft die Zeit“ von Isolation Berlin, ist das umso erstaunlicher und spricht dafür, dass von dieser Band noch viel zu erwarten ist. Isolation Berlin verstehen es, in einer Art mit Sprache umzugehen, wie das in der deutschsprachigen Popmusik ihresgleichen sucht. Und ihnen gelingt es, ihre Botschaften musikalisch stilistisch vielfältig und wunderschön umzusetzen. Element of Crime grüßen mitunter, in Bezug auf Sänger und Frontmann Tobias Bamborschke drängen sich Vergleiche mit Rio Reiser geradezu auf, auch wenn Bamborschke selbst das gar nicht so gerne hören soll. Isolation Berlin sind Poeten. Und sie rocken. OTTO SCHNEKENBURGER > ISOLATION BERLIN, Und aus den Wolken tropft die Zeit, Staatsakt / Universal E s war beklemmend, dass Leonard Cohens letztes Album dasselbe Schicksal traf wie das von David Bowie (siehe dort): nicht nur abschiedsschwanger zu klingen, sondern Abschied zu sein. Auch Cohen starb, 82-jährig, drei Wochen nach der Veröffentlichung. Auch Cohen hatte neue Partner gefunden, sein Sohn Adam produzierte die Songs, die Cohen im Wohnzimmer in einem Krankenstuhl einklimperte und ins Mikro grollte. Erstmals kombinierte er einen Männerchor (seiner Synagoge) mit dezenter Elektronik – und der gotteshadernde Titelsong mit seinem beruhigenden „I am ready“ wurde eines seiner bewegendsten Stücke. Nah am Abschied war der große Kanadier schon öfter: suizidal („Dress Rehearsal Rag“, 1971), ironisch bilanzierend („Tower Of Song“ 1988), versöhnt („Going Home“ vom Comeback-Album 2012). Aber so explizit stellte er sie nie vor den Lord of Song: „Hineni“ – ich bin bereit, oh Herr. Es sind wenige, knappe Songs auf diesem Album, und wenn sich die Geigen ausgesungen haben, ist ein schöner Soundtrack zu seiner letzten Reise zu Ende. Und gut, dass er endlich wieder ein anständiges, würdiges Cover bekommen hat. enn eine Band darauf verzichtet, auch nur einen der bis dato geRENÉ ZIPPERLEN schriebenen Hits auf ihr DebütAlbum zu packen und stattdessen mit diesen Titeln ein zeit- > LEONARD COHEN „You Want It gleich erscheinendes zweites Darker“, Columbia 12 KULTUR IN DER REGION Der Sonntag · 25. Dezember 2016 Nach Hause kommen Eine FOTOAUSSTELLUNG in Lengnau würdigt „150 Jahre Gleichberechtigung“ der Juden in der Schweiz 15 für 18 000: In der Aargauer Gemeinde Lengnau ist jetzt eine Fotoausstellung zu sehen, die für das Selbstverständnis des Judentums in der Eidgenossenschaft steht: angekommen in einer modernen Gesellschaft, die Vielfalt als Chance betrachtet. HANS CHRISTOF WAGNER Normal wirken die Fotos, die im Fokus der Ausstellung stehen, die seit Januar durchs Land tourt und jetzt noch bis Anfang Januar in der Synagoge Lengnau gezeigt wird. Und das ist auch gewollt. Hier posiert niemand mit Kaftan und Kippa. Die Botschaft der 15 Porträts: Wir sind normale Leute mit Jobs, wie sie andere auch haben, wir stehen mitten im Leben und fühlen uns in der Schweiz daheim. Eine Porträtierte ist eine ehemalige Bundesrichterin, eine andere war einst Polizeidirektorin. Ein Fotografierter trägt stolz die Tarnjacke der Schweizer Armee, ein anderer Lack und Leder als Erotikstar J. P. Love. 15 von 18 000 Schweizer Juden blicken selbstbewusst in die Kamera, sagen: Ja, wir haben es geschafft – im Falle von Alt-Bundespräsidentin Ruth Dreifuss sogar bis an die Spitze des Staates. Doch das hätten sie nicht geschafft ohne den Kampf ihrer Vorfahren um Gleichberechtigung und Emanzipation, der in der Gewährung der freien Niederlassung auf dem Gebiet der Eidgenossenschaft 1866 gipfelte. – Bern, Basel und jetzt Lengnau – Die Ausstellung ist im Zusammenhang mit der Feier dieser für die Schweiz epochalen Wende zum modernen Einwanderungsstaat vor 150 Jahren zu sehen, wenn diese auch erst auf ausländischen Druck hin und für einen westeuropäischen Staat vergleichsweise spät erfolgte. Erinnert werden soll an die Abkehr der Schweiz vom ländlich-klerikalen Staatenbund zum modernen Bundesstaat, der vom Aufstiegswillen und der Strebsamkeit der israelitischen Die Fotoausstellung «150 Jahre Gleichberechtigung» mit Porträts von FOTO: HCW 15 Juden ist in der Synagoge Lengnau zu sehen. Minderheit enorm profitierte. Durch die ganze Schweiz ist die kleine Schau schon vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) gekarrt worden, seit sie Anfang Januar 2016 das erste Mal in der Bundeshauptstadt Bern gezeigt wurde. Dass sie nun nach langer Reise im beschaulichen Lengnau zu sehen ist, kommt nicht von ungefähr. SIG-Präsident Herbert Winter sagte bei der dortigen Vernissage: „Nach Lengnau zu kommen, ist nach Hause kommen.“ Er würdigte die beiden früheren Aargauer Judendörfer Lengnau und Endingen – nur dort war den Juden vor 1866 das Wohnen erlaubt – als „Pioniere des schweizerisch-jüdischen Zusammenlebens“ und als „Wiege des eidgenössischen Judentums“. – Seit 1622 sind Juden in Lengnau ansässig – So haben, sofern sie sich nicht von außen zugewandert sind, sicher zahlreiche der heute in der Schweiz lebenden Juden noch familiäre Bande in die zwei Surbtal-Gemeinden, die sich immer stärker auf ihre frühere Rolle als Judendörfer zurückbesinnen. Und herausfinden wollen, wie beide Gruppen, Christen und Juden, dort konkret zusammenlebten. War es echte Gemeinschaft? Oder lebten Juden in einer Parallelgesellschaft? Hat die damalige Ordnung tatsächlich Modellcharakter für heute? Kann es wirklich Orientierung sein in einer Welt, in der sich die Weltreligionen immer stärker voneinander abwenden? Seit 1622 waren Juden in Lengnau und Endingen ansässig. Und erst 1866, mit der Niederlassungsfreiheit, konnten sie die orthodoxe Enge des Landjudentums verlassen und sich in den Großstädten niederlassen, vor allem im traditionell liberalen Welschland, wo sich ihnen eine offenere Lebensweise darbot. Auch die Mehrzahl der in der Ruth Dreifuss, Schweizer Politikerin und Alt-Bundesrätin, ist eine der 15 Porträtierten jüdischen PersönlichFOTO: SCHWEIZERISCHER ISRAELITISCHER GEMEINDEBUND SIG keiten. Ausstellung Porträtierten zieht das urbane Leben vor und könnte sich wohl kaum ein Dasein in dörflicher Enge vorstellen. Lediglich Jules Bloch aus Endingen verkörpert noch das alte Landjudentum und den mit ihm verbundenen Traditionsberuf des Viehhändlers. Viele Details des mehr als 250 Jahre dauernden ganz engen Zusammenlebens zwischen Juden und Christen in Lengnau und Endingen kom- WENN STERNE REDEN KÖNNTEN IHR HOROSKOP VOM 25. BIS 31. DEZEMBER WIDDER Liebe: Begegnen Sie neuen Kontakten ruhig mit Ihrer gewohnten Offenheit. Beruf: Sie erkennen, dass esviele Wege gibt, die zum Erfolg führen. Allgemein: Jetzt kommt die Chance für besonders Einfallsreiche. STIER Liebe: Wozu in die Ferne schweifen? Daheim wartet derzeit pure Harmonie! Beruf: Erweisen Sie mehr Mut bei Ihrem Chef. Die Sterne stärken Sie. Allgemein: Die kommende Zeit hat Ihnen noch einiges anzubieten. ZWILLINGE Liebe: Durch Nachlässigkeit könnte es Probleme in Ihrer Beziehung geben. Beruf: Mehr Gelassenheit im Umgang mit Kollegen würde nicht schaden. Allgemein: Ein kleines Motivationstief macht Ihnen zu schaffen. KREBS Liebe: Sie geben Ihren Lieben das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein. Beruf: An guten Möglichkeiten und diversen Angeboten fehlt es nicht. Allgemein: Es geht bergauf, Sie sollten zuversichtlich bleiben. LÖWE Liebe: Nehmen Sie eine Einladung an, Sie könnten dabei Ihr Glück finden. Beruf: Erfolgserlebnisse bringen Ihre Motivation richtig in Schwung. Allgemein: Durch Ihr Wissen können Sie einen Fehler wettmachen. JUNGFRAU Liebe: Singles erkennen die große Liebe sofort, wenn sie ihnen begegnet. Beruf: Luftsprünge in der Karriere sind zurzeit nur bedingt möglich. Allgemein: Ihre Zuverlässigkeit und Ihr Fleiß werden anerkannt. WAAGE Liebe: Auch wenn Ihr Herz heftig klopft: Bleiben Sie möglichst objektiv. Beruf: Etwas mehr Durchhaltevermögen würde Ihnen jetzt weiterhelfen. Allgemein: Erfolg hat seinen Preis, aber übertreiben Sie nicht! SKORPION Liebe: Vergewissern Sie sich, dass Ihre Worte richtigverstanden wurden. Beruf: Jetzt können Sie erstaunliche berufliche Fortschritte machen. Allgemein: Es kommt darauf an, dass Sie wissen, was Sie wollen. SCHÜTZE Liebe: Ihre Ausstrahlung begeistert Ihr Umfeld. Sie können zufrieden sein. Beruf: Ganz instinktiv überspielen Sie einige brenzlige Situationen. Allgemein: Ihre Befürchtungen sind überwiegend nicht begründet. STEINBOCK Kleinkunsttheater Klettertier in den Tropen Dschungel- niederfestes held bei Einländ.: kommen Burroughs eins † 1950 brüllen (Hirsch) Tanz (Kurzwort) Abk.: Bauch, Beine, Po span. Artikel Zeichen für Germanium spanisch: Eingang, Meer Öffnung europ. Gebirgsbewohner heizen Erdart, Baumaterial 2 spanischer Tanz 1 Vermögensverzeichnis gemauertes Ufer Anfang, Start 4 Destillationsgefäß elektronische Informationen könnte Ihr idealer Werbeplatz sein – attraktiv und mit hohem Aufmerksamkeitswert. Sie erreichen uns unter Telefon 0 77 61/9 21 90. Wir beraten Sie gerne! ein Bindewort Bindewort 2 4 Stromerzeuger am Fahrrad 8 Zierstrauch Halbton ein unter d Schwanzlurch 5 bibl. Schiffsbauer kleine Brücke Staatsoberhaupt, Herrscher 6 7 8 9 ElbeZufluss unbewölkt, heiter 3 fruchtbare Wüstenstelle Abschlussprüfung Dunstglocke über Städten 3 Ausruf der Bestürzung Seemannsruf Masseeinheit (Kzw.) kleines Feingebäck an jenem Ort 9 1 Spaltwerkzeug Riechorgan beste Zimtsorte ein Schiff kapern Elternteil (Koseform) 5 ugs.: StachelVerstand tier Der Sonntag Blutader Region, Gebiet schlaff, lässig Gemüsepflanze eh. venez. Herrscher erste Frau (A. T.) Blechblasinstrument deutsche Stadt an der Donau Gebäudeveränderung Dieser Platz... Lichtspielhaus WASSERMANN Liebe: Offenheit und Leidenschaft sind jetzt Ihre wichtigsten Begleiter. Beruf: Eine Angelegenheit muss jetzt zielstrebig angesteuert werden. Allgemein: Es nützt nichts seien Sie auf jeden Fall sparsam! > Die Foto-Ausstellung „150 JAHRE GLEICHBERECHTIGUNG“ kann in der Synagoge Lengnau an folgenden Tagen, jeweils von 14 bis 17 Uhr, besichtigt werden: 27. bis 29. Dezember und 3. bis 6. Januar. talentiert, befähigt Kassenzettel FISCHE kumsanlässen eine für Initiant Roy Oppenheim weltweit einzigartige Geschichte aufzeigt, die sich in den kleinen Dörfern Endingen und Lengnau abspielte. KREUZWORTRÄTSEL Liebe: Ihre Partnerschaft stabilisiert sich. Genießen Sie diesen Erfolg. Beruf: Ihre konsequente Ausdauer bringt Sie am Ende wieder ans Ziel. Allgemein: Einen Vorteil sollten Sie für sich zu nutzen wissen. Liebe: Wägen Sie Vor- und Nachteile gründlich ab. Erst dann entscheiden! Beruf: Aus einer unerfreulichen Sache sollten Sie Ihre Lehre ziehen. Allgemein: Die Vorbereitungen gehen Ihnen leicht von der Hand. men erst jetzt langsam zu Tage. Einen Jüdischen Kulturweg gibt es dort schon seit 2009. Jetzt will ein Verein namens Doppeltür, der sich am 18. Januar gründen wird, die Geschichte der Juden im Surbtal im großen Stil erforschen. Es geht um ein auf rund 16 Millionen Franken budgetiertes Vorhaben, das mit interaktivem Besucherzentrum, wechselnden Ausstellungen, Workshops, Führungen und Publi- 6 7 Kindertagesstätte ® s1813-0891 Lösung vom vergangenen Sonntag: TEEKESSEL DREI GÄNGE 13 Der Sonntag · 25. Dezember 2016 Sektpionier aus Auggen ÜBERM TELLERRAND QUIBE Der Markgräfler Winzer HERBERT REINECKER hat sich auf Schaumwein spezialisiert Winzersekte aus Südbaden sind nicht nur zum Jahreswechsel beliebt. Viele Weingüter und Genossenschaften setzen dabei auf die Erfahrung der Sektkellerei Reinecker in Auggen. Deren Gründer meint selbstbewusst: „Wir müssen den Vergleich mit der Champagne nicht scheuen.“ DANIEL GRÄBER Wer an Weihnachten oder Silvester den Korken eines südbadischen Winzersekts knallen lässt, hält mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Flasche in den Händen, die aus der Privatsektkellerei Reinecker in Auggen stammt. Denn dort lassen viele renommierte Weingüter und Winzergenossenschaften ihren Wein in Sekt verwandeln. Zum Jahresende herrscht Hochbetrieb in den Produktionshallen im Gewerbegebiet. In großen Holzkisten sind die gefüllten Flaschen gestapelt. Nur Nummern verraten, woher sie stammen. Die Kundenliste selbst ist Betriebsgeheimnis. „Etwa 800 000 Flaschen Sekt machen wir im Jahr für andere Winzer“, sagt Kellereichef Herbert Reinecker. „Hinzu kommen rund 50 000 Flaschen aus eigenem Wein.“ Reinecker entstammt einer Winzerfamilie aus dem idyllischen Weindorf Auggen im Markgräflerland. Aus dem Weinbaubetrieb seiner Eltern hat er in den 1990er Jahren eine Sektkellerei gemacht, die ganz auf die traditionelle Flaschengärung setzt. Damit grenzt sie sich von günstigeren Supermarktsekten ab, die meist in Edelstahltanks vergoren werden. Eine Woche, bevor ein Kunde seinen Sekt bei Reinecker abholen will, kommen die großen Holzkisten in Metallständer. Computergesteuert werden sie einmal am Tag in eine neue Position gebracht, immer ein Stück weiter gedreht und gekippt, am Nur traditionelle Flaschengärung: ein Mitarbeiter der Sektkellerei ReinFOTO: SCHAEPMAN & HABETS (ZVG) ecker. Ende stehen die Flaschen fast auf dem Kopf. Die dem Wein beim Abfüllen zugesetzte Hefe setzt sich dadurch im Flaschenhals ab. „Früher hat man die Flaschen mit der Hand gerüttelt, heute geht das automatisch“, erklärt Herbert Reinecker. Die Idee, sich ganz auf Sekt zu spezialisieren, kam Reinecker nach seinem Weinbaustudium in Geisenheim. Dort probierte er im Rahmen einer Vorlesung die Sektherstellung aus – und fand Gefallen daran. Zurück in Auggen begann er Ende der 1980er Jahre, den Gewölbekeller seiner Eltern in einen Sektkeller zu verwandeln. „Das war am Anfang mehr ein Hobby“, erinnert sich der Weinbauingenieur. „Damals gab es bei uns kaum Winzersekte, denn die Herstellung war streng reglementiert.“ Doch mit einer Gesetzesänderung 1987 wurden die Beschränkungen ge- lockert. Sektpionier Herbert Reinecker kam genau zur richtigen Zeit. Inzwischen ist sein Betrieb höchst professionell. An mehreren zu einer kleinen Produktionsstraße gereihten Maschinen wird der Sekt fertig gemacht. Bevor er den richtigen Korken samt Drahtschlinge und Etikett verpasst bekommt, werden die Flaschen kopfüber in ein Gefrierbad getaucht. Im Flaschenhals bildet sich ein Eisklumpen, darin eingeschlossen die Hefe. Die Flaschen werden automatisch geöffnet, der Eisklumpen schießt heraus. Dann kommt der „Likör“ hinzu: ein Schuss des passenden Grundweins, je nach gewünschter Restsüße gezuckert. Die Auggener Sektkellerei ist Schritt für Schritt gewachsen. Die jüngste Erweiterung bietet Platz für einen repräsentativen Verkaufsraum. Echtholzparkett, Ledermöbel, raffinierte Beleuchtung: Man will etwas Noblesse ins Gewerbegebiet bringen. „In der Champagne findet man diesen Stil öfter“, sagt Reinecker über die Inneneinrichtung. Die für ihren Champagner weltberühmte Weinbauregion in Frankreich dient ihm generell als Vorbild. „Was Qualität und Herstellungsmethode unserer Sekte angeht, müssen wir den Vergleich mit der Champagne nicht scheuen“, sagt er selbstbewusst. Allerdings sei klar, dass die dortigen Betriebe über einen viel größeren Erfahrungsschatz verfügen. „Dort wird seit Jahrhunderten Champagner hergestellt, der ganze Weinanbau ist darauf ausgerichtet“, meint Reinecker. „Wir sind dagegen eine Stillweingegend.“ Die Tradition der Auggener Sektkellerei Reinecker wird ziemlich sicher fortgeführt. Herbert Reineckers 21-jährige Tochter macht gerade eine Ausbildung im renommierten Kaiserstühler Weingut Franz Keller. Sein vier Jahre älterer Sohn studiert Weinbau in der Pfalz. Seine Wanderjahre will er in der Champagne verbringen. Z Was Handfestes wischen Weihnachten und Silvester verbringen die Menschen viel Zeit miteinander. Die Familie trifft sich, alte Freunde, die gerade mal wieder in der Gegend sind, schauen auf ein Bier, Glas Sekt oder Wein vorbei. Und auch wenn alle schon wieder viel zu viel gegessen haben: Ein bisschen was zum Picken und Naschen will man ja doch anbieten. Und zwischen dem ganzen süßen Weihnachtsgebäck darf es auch ruhig mal etwas Handfestes sein. Etwas, mit dem keiner rechnet: Quibe oder Kibe sind die brasilianische Variante der arabischen Kibbeh. Sie sind denkbar einfach zu machen. Ein Pfund Bulgurweizen wird mit heißem Wasser übergossen und muss eine Stunde lang quellen (überschüssiges Wasser danach abgießen). Dann gibt man 800 Gramm Hackfleisch vom Lamm oder Rind und 50 Gramm Mehl dazu. Eine sehr, wirklich sehr fein gehackte Zwiebel kommt auch noch hinein, zudem ebenso fein gehackte Minze und Petersilie. In der brasilianischen Variante ist auch Koriandergrün dabei (Sie ahnen es: sehr fein gehackt). Mit dem Koriander ist das allerdings so eine Sache. Entweder man liebt oder man hasst sein seifiges Aroma. Wenn Sie kulinarisch eher konservative Gäste erwarten, dosieren Sie ihn sparsam oder verzichten Sie darauf. Obwohl das schade wäre, denn Koriander wirkt appetitanregend und verdauungsfördernd und wenngleich Kibe wirklich keine Diätkost sind, kann man sich damit zumindest erfolgreich einreden, auch noch was für seine Gesundheit getan zu haben. Die Masse wird mit Salz und Pfeffer abgemischt, gut durchgeknetet und zu walnussgroßen Nockerln geformt. Das braucht natürlich seine Zeit. Sie können das aber auch ganz prima die Kinder machen lassen, dann sind die auch beschäftigt. Die Quibe werden in der Fritteuse oder im Topf in heißem Öl ausgebacken. Sie lassen sich gut vorbereiten, man kann sie auch kalt servieren. Aber richtig klasse sind sie natürlich, wenn sie heiß und frisch aus dem Fett KATHRIN GANTER kommen. QUERBEET GARNELEN Fast die Hälfte schneidet gut ab Wer Garnelen auftischt, kann beruhigt sein: Fast die Hälfte der tiefgefrorenen Tiere hat bei einer Probe der Stiftung Warentest gut abgeschnitten. Spitzenreiter waren die großen vorgekochten Warmwassergarnelen von Eismann, auch die Bio-Shrimps von Ristic schnitten gut ab. Bei den großen rohen Warmwassergarnelen bekamen Produkte von Alnatura, Netto, Real, Escal und Norma ein „Gut“. Bei den Riesengarnelen von Deutsche See, Bofrost und Costa fanden die Tester hingegen relativ hohe Gehalte an Chlorat, weshalb diese Produkte nur mit „ausreichend“ bewertet wurden. Zu viel Chlorat kann die Schilddrüse belasten – um die Tagesdosis zu überschreiten, DPA/DS müsste man aber mehr als eine Packung verzehren. Vom Himmelsstäpfele in die Steinzeithöhle Ausflugstipp: Eine Rundwanderung um den Ehrenstetter Bewegung an der frischen Luft tut immer gut, gerade an den faulen Festtagen mit üppigem Essen. Eine kleine Rundwanderung um den Ehrenstetter Ölberg bietet faszinierende Ausblicke und Einblick in eine Jahrtausende alte Kulturlandschaft. Der Ölberg ist ein südlicher Ausläufer des Schönbergmassivs am Ende des Hexentals und gilt als Aussichtskanzel des südlichen Breisgaus. Wegen seiner besonderen Flora und Fauna ist er als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Auf der markanten Bergnase sitzt die weithin sichtbare Ölbergkapelle, das erste Ziel auf der etwa sechs Kilometer langen Wanderung. Los geht es bei der Kirche St. Georg, mitten im Ort. Auf der linken Seite der Kirche führt eine Treppe den Berg hinauf. Das Wanderzeichen des Markgräfler Wiiwegles mit den Trauben auf roter Raute führt alsdann nach rechts, beim Schilderbaum des Schwarzwaldvereins gehen wir geradeaus weiter. Nach etwa 50 Metern führt linker Hand das Himmelsstäpfele den historischen Rebberg hinauf. Viele Jahre haben die Freiwilligen vom Arbeitskreis Ortsgeschichte Eh- ÖLBERG bietet stimmungsvolle Aus- und Einblicke in eine alte Kulturlandschaft renstetten an der Freilegung und Restaurierung der steilen Treppe aus Kalksandstein gearbeitet. Über dieses „Stäpfele“ mit etwa 70 Stufen,von dem man den Eindruck haben kann, es führte direkt in den Himmel, trugen früher die Winzer alle Arbeitsgeräte in die Weinberge und die geernteten Trauben hinab. Wegen der Steilheit des Ölbergs werden viele Rebanlagen schon lange nicht mehr bewirtschaftet und sind inzwischen völlig überwuchert, ein Zustand, der sich dank der ehrenamtlichen Ortsgeschichtler langsam wieder ändert. – Fünf oder sechs Mühlen standen in Ehrenstetten – Das achteckige Kirchlein ist eine Gedächtniskapelle für die Gefallenen der beiden Weltkriege. Sie wurde 1954 von vielen freiwilligen Helfern erbaut. An die 100 Ehrenstetter Männer, fast ein Zehntel der damaligen Bevölkerung, sind während des Zweiten Weltkriegs gefallen, etwa 40 während des Ersten Weltkriegs. Sitzbänke rund um die Kapelle und ein Rastplatz aus Mühlsteinen – einst hatte Ehrenstetten fünf oder sechs Mühlen – laden Die achteckige Gedächtniskapelle für die Gefallenen der beiden Weltkriege in den Reben wurde 1954 von FOTO: HEG freiwilligen Helfern erbaut. zum Verweilen ein. Weit schweift der Blick über den Staufener Burgberg bis zum Blauen mit dem markanten Fernmeldeturm, auf die Rheinebene bis hinüber zu den Vogesen. Unser Weg führt etwa 100 Meter weiter bergauf, vorbei an einem Ge- denkkreuz rechts und folgt dem Kapellenweg. Auch hier gibt es immer wieder aufgegebene, aber von der Ortsgruppe Schönberg des Bundes für Umwelt und Naturschutz gepflegte Weinberge und restaurierte Kalk-Bruchsteinmauern. Bald kommen Bollschweil, Sölden und der Schauinsland in den Blick. Durch Laubmischwald führt der Weg rund um den Berg, schon bald sieht man das Kalkwerk bei Bollschweil. Der Weg verläuft nun auf der am Nachmittag sonnenabgewandten Sei- te. Am Ende des Waldes hält man sich rechts und gelangt auf einen mit der gelben Raute ausgezeichneten Wanderweg. Nach wenigen hundert Metern sehen wir ein Wegzeichen am Waldrand und wenden uns erneut nach rechts. Von hier aus gibt es einen guten Blick auf den stillgelegten Steinbruch des Kalkwerks. Durch raschelndes Laub führt der Weg vorbei an hohen Felswänden hinunter zum Bach Möhlin, der munter durch die Obstwiesen mäandert. Bei einer kleinen Brücke geht es dann wieder in den Wald und hinauf zu den Höhlen der steinzeitlichen Jäger. Diese vier großen Halbhöhlen werden im Volksmund „Teufelsküche“ genannt. Sie waren keine dauerhafte Wohnstätte der Menschen, die etwa 8 000 vor Christus hier nomadisch lebten, sondern wurden im Herbst und Winter benutzt, wenn die Rentierherden durchs Rheintal zogen und die Jäger auf Rentierjagd gingen. Ein kleiner Pfad führt zu den Höhlen. Weiter geht es auf schmalen Weg zurück zum Himmelsstäpfele und den Berg hinab zum Ausgangspunkt. GABRIELE HENNICKE 14 ANZEIGEN Der Sonntag · 25. Dezember 2016 Bad Säckingen STELLENANGEBOTE Herrischried liegt mitten in einer Luftkur- und Urlaubsregion im südlichen Schwarzwald. Wir genießen die Ruhe, die schöne Landschaft und arbeiten bei familiärer Atmosphäre in einem qualifizierten und engagierten Team. Ein Ausbau auf 79 Betten, davon 48 Intensivpflegebetten (bisher 63 Betten und 30 Intensivpflegebetten) wird in 2017 erfolgen. Sie haben eine abgeschlossene Weiterbildung zur Pflegedienstleitung (nach §71 SGB XI) und bereits Berufserfahrung in dieser Position? 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