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Frischer Wind in der Antibiotika-Forschung..................................................................................................1
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TV-Glossar........................................................................................................................................4
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Frischer Wind in der Antibiotika-Forschung
16.12.2016 Die Entwicklung neuer antibakterieller Substanzen ist wirtschaftlich gesehen nur bedingt attraktiv.
Dennoch engagieren sich inzwischen viele Biotech-Firmen ? darunter auch einige aus Deutschland. Auf
welche Herausforderungen diese Unternehmen im Markt treffen, darüber wollen Antibiotika-Experten
aus ganz Europa Ende Februar in der britischen Botschaft in Berlin diskutieren. Auf der Berlin
Conference ?Novel Antimicrobials? stehen nicht politische Forderungen, sondern Geschäftsmodelle
und vielversprechende Technologien im Vordergrund. Die Konferenz wird von der BIOCOM AG in
Kooperation mit dem Department of International Trade der britischen Regierung organisiert. Ein
weiterer Partner der Konferenz ist die BEAM Alliance, ein Zusammenschluss kleinerer
Antibiotika-Entwickler aus Europa.
Es ist ein Dilemma: Immer mehr Erreger sind gegen gängige Antibiotika resistent. Die Zahl der
Krankenhauskeime wächst rasant; der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene zufolge sterben allein
in Deutschland jedes Jahr rund 40.000 Menschen daran. Trotzdem hat die Neuzulassung von Antibiotika
drastisch abgenommen. Denn das industrielle Interesse an der Entwicklung neuer antibiotisch wirksamer
Stoffe ist schwankend, die Pipelines global gesehen eher dürftig. Das hat auch der AMR (antimicrobial
resistance)-Report des britischen Gesundheitspolitikers Jim O?Neill belegt, der im Mai dieses Jahres
erschienen ist. Demnach sei ein Umdenken bei der Entwicklung neuer Kandidaten dringend notwendig ?
sowohl im privaten Biotech- und Pharmasektor, als auch im akademischen Umfeld. Inzwischen gibt es zwar
auch Kritik an dem Report. So hat ein Team um die Infektionsforscherin Marlieke de Kraker am
Universitätsklinikum Genf im Fachblatt "Plos Medicine" gerade erst eine Analyse vorgelegt, die dem AMR
Report einige Ungenauigkeiten vorwirft ? vor allem was die Zahl von betroffenen Patienten, die an
multiresistenten Keimen sterben könnten. Einer der Mit-Autoren ist Hajo Grundmann von der Universität
Groningen. Er gehört zu den Sprechern, die bei der Berlin Conference im Februar über aktuelle
Entwicklungen in der Antibiotika-Forschung diskutieren werden.
Berlin Conference "Novel Antimicrobials"
Mehr Informaitonen zum Programm: www.berlin-conferences.com
Unbestritten ist: Neue Therapien werden gebraucht
Denn es ist unbestritten: Neue Wirkstoffe zur Behandlung werden gebraucht. Und ein Blick nach Europa
zeigt: hier gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Firmen, die sich dem Thema widmen. Mehr als 40 kleine
und mittlere Unternehmen haben sich unter anderem in der BEAM-Alliance zusammengeschlossen. Zu den
Mitgliedern zählt auch die deutsch-französischen Allecra. Sie konnte erst im Sommer diesen Jahres eine hohe
Finanzierungsrunde in Höhe von 22 Millionen Euro abschließen (alle Infos dazu: hier klicken). Der Chief
Medical Officer von Allecra, Marcin Mankowski, ist einer der Sprecher auf der Berlin Conference, ebenso
wie die beteiligten Investoren von Forbion Capital Partners.
US-Interesse an Forschungskompetenz in Deutschland
Wie vielversprechend Forschungsaktivitäten in Deutschland auch für ausländische Firmen sind, zeigt zudem
das Beispiel der AMP Therapeutics GmbH in Leipzig. ?Die Assets waren zu attraktiv, um liegen- gelassen zu
werden?, so umschreibt Jeff Wager seine neueste Errungenschaft. Eigentlich war der Geschäftsführer der
US-amerikanischen Enbiotix Inc. nicht auf Einkaufstour. Doch die Gelegenheit zum Erwerb aller
präklinischen Assets der AMP Therapeutics GmbH (AMPT) aus Leipzig ließ der Deutsch-Amerikaner nicht
verstreichen. ?Die antimikrobiellen Peptide von AMPT passen nicht nur gut zu unserer antibiotisch
wirksamen Bakteriophagen-Technologie, sondern sie sind auch als eigenständiges Programm
vielversprechend im Kampf gegen multiresistente Erreger?, erläutert Wager die Hintergründe des im
November verkündeten Deals. Wie viel Geld geflossen ist, wurde nicht veröffentlicht. Doch es habe sich
sowohl für die Gründer als auch die VC-Investoren der AMPT gelohnt, bestätigt AMPT-Geschäftsführer Jörg
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Gabert. Im Jahr 2011 waren der Boehringer Ingelheim Venture Fonds sowie der Novartis Venture Fonds als
Finanziers eingestiegen.
Wirkstoffe aus Honigbienen
Vom antibiotischen Potential seines Portfolios ist Gabert ebenso überzeugt wie Peptidexperte Ralf Hoffmann
von der Universität Leipzig, dessen langjährige Forschungsarbeiten die Basis für die Ausgründung der AMPT
im Jahr 2009 geliefert haben. Über Jahre hinweg hat sich Hoffmanns Gruppe der Herausforderung
angenommen, Peptide aus Honigbienen und Milchkrautwanzen, sogenannte Apidaecine und Oncocine,
chemisch so zu optimieren, dass sie eine wirksame Waffe im Kampf gegen Krankenhausinfektionen
darstellen. Insbesondere bei solchen, die durch gram-negative Bakterien wie Escherichia coli oder
Pseudomonas aeruginosa ausgelöst werden. ?Die antibiotische Wirkung von Peptiden ist schon lange
bekannt, doch bisher gab es schon in den frühen vorklinischen Phasen immer Probleme mit Nebenwirkungen
sowie der Stabilität und Bioverfügbarkeit der Moleküle, was einer effizienten therapeutischen Nutzung im
Weg steht?, sagt Hoffmann. Daran sei in seinem Labor sowie in der AMPT seit 2009 gezielt gearbeitet
worden. Offenbar mit Erfolg, denn die präklinischen Daten der neuen Antibiotika-Wirkstoffklasse haben in
den USA überzeugt. ?Mit Enbiotix waren wir schon eine Weile im Gespräch, die Szene kennt sich?, sagt
AMPT-Geschäftsführer Gabert. ?Jetzt konnten wir unseren Investoren einen passenden Exit bieten.? Nach
Aussage von Wager soll die Tochterfirma Enbiotix GmbH im Januar operativ werden und sich als Standbein
in Europa etablieren: ?Wir werden neues Personal einstellen und wollen uns sowohl national als auch auf
europäischer Ebene in die Biotech-Netzwerke einbringen.?
Bioversys: Aktivierung der bakteriellen Resistenz verhindern
Hunderte Kilometer südlich von Leipzig, bei der Bioversys AG in der Schweiz, ist Geschäftsführer Marc
Gitzinger derzeit dabei, die nötigen finanziellen Mittel einzusammeln, um den Start der ersten klinischen
Phase des Leadkandidaten vorzubereiten. Bioversys will dabei nicht die bakterielle Resistenz als solche
adressieren, sondern es soll deren Aktivierung unterbrochen werden. ?So können wir bereits erprobte
Antibiotika recyceln?, umreißt Gitzinger das strategische Ziel. 2008 hatte er gemeinsam mit Kollegen aus der
Hochschule ? aufbauend auf der eigenen Doktorarbeit ? die Firma als Ausgründung aus der ETH Zürich ins
Leben gerufen. Im Fokus stand damals eine Technologieplattform, die es erlaubt, sogenannte Transcriptional
Repressor Inhibiting Compounds (TRIC) zu identifizieren. ?Bei den TRICs handelt es sich um molekulare
Schalter, die entscheiden, ob ein angegriffener Krankheitserreger mobil macht gegen ein Antibiotikum oder
nicht. Diese Schalter wollen wir kontrollieren?, erläutert Gitzinger. Inzwischen konnten aus mehr als 70.000
Molekülen die interessantesten Kandidaten herausgefiltert, chemisch synthetisiert und optimiert werden.
GlaxoSmithKline als strategischer Partner
In Kooperation mit der spanischen Forschungseinheit des britischen Pharmakonzerns GlaxoSmithKline in
Tres Cantos soll nun Ethionamid ? ein Zweitlinienantibiotikum zur Behandlung von multiresistenter
Tuberkulose ? verbessert und wieder einsatztauglich werden. ?Durch unsere Technologie können wir bei
Ethionamid nicht nur bestehende Resistenzen aufheben, sondern auch die Dosis und damit die
Nebenwirkungen minimieren, gleichzeitig aber die Aktivität potenzieren?, so Gitzinger. Im Tiermodell konnte
bereits mit deutlich niedrigeren Konzentrationen von Ethionamid eine verbesserte Wirksamkeit gezeigt
werden, wodurch auch beim Menschen eine signifikante Verbesserung der Wirkung und vielleicht sogar eine
Reduktion der Therapiedauer von Tuberkulosepatienten in greifbare Nähe rückt. ?Jetzt geht es darum, die
besten Moleküle für die klinische Studie auszuwählen.? Gitzinger rechnet damit, dass diese Phase in 12 bis 18
Monaten abgeschlossen sein wird.
Aicuris: Erste klinische Phase eines neuen Antibiotikums steht kurz bevor
Schon einen deutlichen Schritt weiter sind die Antiinfektiva-Spezialisten bei Aicuris in Wuppertal. Auf der
BIO-Europe in Köln Anfang November wurde im Rahmen der zehnjährigen Geburtstagsfeier der Firma der
Start der ersten klinischen Phase für das neue Antibiotikum AIC 499 angekündigt. ?Aufbauend auf einer aus
Kanada einlizenzierten, breit gram-negativ wirksam einsetzbaren Molekülklasse haben wir vor sechs Jahren
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begonnen, diese chemisch so zu verändern, dass sie stabil gegen ein wichtiges resistenz-vermittelndes Enzym
bei gram-negativen Bakterien ist?, so Helga Rübsamen-Schaeff. In Tierversuchen habe sich gezeigt, dass der
Wirkstoff in Kombination mit Beta-Lactamase-Inhibitoren breit gegen resistente gram-negative Bakterien
wirksam sei. Über das ?COMBACTE?-Konsortium der Innovative Medicine Initiative (IMI), einer
Public-Private-Partnership der Europäischen Kommission und der europäischen Pharmaindustrie, fließen nun
20 Mio. Euro in die klinische Entwicklung des Aicuris-Kandidaten. Weitere 20 Mio. Euro stellt die Firma
selbst bereit. Damit müssen die Deutschen anders als die Konkurrenz für dieses Programm zunächst keinen
finanzkräftigen Partner suchen. ?Bis zur Phase II-Studie können wir den Kandidaten so finanzieren?, sagt
Rübsamen-Schaeff. Wenn alles gut läuft, sei gegebenenfalls denkbar, auch für eine Phase III IMI-Gelder zu
beantragen. ?Das wäre natürlich unternehmerisch die Lösung mit der größten Wertschöpfung für uns?, so die
Firmengründerin, die vor zehn Jahren den Sprung aus der Pharma- in die Biotech-Industrie gewagt hat ? zu
einer Zeit, als sich die Pharmafirmen reihenweise aus der Antiinfektiva-Forschung zurückzogen. ?Ich wollte
nicht, dass unsere jahrelange Arbeit und Erfahrung in der Antibiotika- und Virusforschung verloren geht. Und
ich habe nie an unserer wissenschaftlichen Basis gezweifelt?, erinnert sich Rübsamen-Schaeff.
Heute gehört Aicuris zu den wenigen Biotech-Firmen in Europa, die ihre Antibiotika-Programme bereits
entscheidend Richtung Klinik vorantreiben konnten. In Wuppertal könnte die Bilanz der Firma aktuell nicht
besser sein: Vor allem das fortgeschrittenste Programm im viralen Bereich könnte der Firma langfristig das
nötige Kapital einbringen, um die eigene Antibiotika-Pipeline aktiv voranzutreiben. So winken demnächst
Meilensteinzahlungen durch den US-Pharmapartner Merck & Co. von bis zu 330 Mio. Euro für den
Leadkandidaten Letermovir und mittelfristig Einnahmen von mehreren 100 Mio. Euro jährlich. Denn
aufgrund der erfolgreichen Phase III, die im Herbst publiziert wurde, soll 2017 über eine Zulassung von
Letermovir für die Therapie von Knochenmark-Transplantationspatienten, die mit dem Cytomegalovirus
(CMV) infiziert sind, entschieden werden.
Konferenz in Berlin: Welche Geschäftsmodelle sind vielversprechend?
Derweil wird hinter den Kulissen für attraktivere wirtschaftliche Rahmenbedingungen geworben. Denn als
Geschäftsmodell sind Antibiotika für Biotech-Firmen eine Herausforderung. Welche Strategien hier
europaweit existieren, wird bei der Berlin Conference ?Novel Antimicrobials? in der britischen Botschaft in
Berlin eines der wichtigsten Themen sein. Die Firmengründer Rübsamen-Schaeff und Gitzinger sind sich über
einen wichtigen Schritt aber bereits einig: Das Gesundheitssystem sollte preislich anerkennen, dass
Antibiotika die Betroffenen heilen.
Sechs Firmen aus Europa im Startup-Pitch
Wie Experten aus Großbritannien die Situation einschätzen, dürfte ebenfalls interessant sein. Zu den
Sprechern auf der Konferenz zählt unter anderem David Findlay, der für den Pharmakonzern
GlaxoSmithKline das europäische Konsortium Drive-AB leitet. Eingeladen ist zudem Peter Jackson, der das
neu AMR Centre in der Nähe von Manchester gegründet hat, um den Technologietransfer und den Aufbau
von Start-ups in diesem Feld zu beschleunigen. Insgesamt sechs vielversprechende Startups aus Europa
werden sich zudem in einem Pitch präsentieren, darunter QureTech Bio aus Schweden und Immunethep aus
Portugal. In der Jury sind etliche Investoren vertreten, darunter Forbion Capital Partners, Biomedpartners
sowie Edmond de Rothschild.
© biotechnologie.de/sw
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