Am Puls - The Munich-Centre for Advanced Photonics

Am Puls
Ausgabe Dezember 2016
Newsletter des Munich-Centre for Advanced Photonics
Mit einer Festschrift zur Ausstellung des ersten
Lasers am Max-Planck-Institut für Quantenoptik
Am Puls
des Munich-Centre for Advanced Photonics
Liebe Leser,
mit dieser Ausgabe des MAP-Newsletters möchten
wir Sie einladen, ans Max-Planck-Institut für Quantenoptik zu kommen und einen der ersten Laser zu
bewundern. Dieser wird ab dem 12. Dezember 2016
bei uns ausgestellt. Und so spannt dieses Heft den
Bogen von der modernen Laserforschung in unserem Cluster zurück zu den Anfängen im Jahr 1960
als Theodore Maiman der Öffentlichkeit seinen Laser
vorstellte. Damals präsentierte Maiman ein kleines
System bestehend aus einer Blitzlampe, einem Rubin
und einer Hülse aus Metall. Gut zu sehen ist das Gerät auf einem historischen Foto auf den Seiten 24 und
25 dieser Ausgabe.
Maimans Erfindung hat die Jahrzehnte überdauert. Jetzt ist das Original im Foyer
des Max-Planck Instituts für Quantenoptik in Garching, in einer kleinen Ausstellung zu sehen. Zusammen mit dem Laser präsentieren wir das Original-Laborbuch,
in dem sich die bahnbrechenden Skizzen für den Bau des Geräts befinden. Im zweiten Teil dieses Newsletters, finden Sie, liebe Leser, die Festschrift zu der Ausstellung. Für unsere internationalen Besucher haben wir sie in Englisch verfasst, Originaltexte von Theodor Maiman ergänzen den historischen Rückblick. Tauchen sie
ein in eine spannende und manchmal kontrovers diskutierte Zeit, in der ein kleines
Gerät erdacht wurde, das bis heute die Welt nachhaltig verändert hat.
Am Prinzip des Lasers, der stimulierten Emission, hat sich bis heute nichts geändert, doch die Technik hat einen enormen Fortschritt erlebt. In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen wieder ein breites Spektrum dessen vor, was mittlerweile mit Licht
in der Forschung möglich ist. Die Bandbreite reicht von der Fotografie elektromagnetischer Felder über lasergetriebene Tumortherapien der Zukunft, bis hin zur
Erforschung des Phänomens der Photoemission, das Albert Einstein vor mehr als
100 Jahren entdeckte.
Bilder: Alexander Gelin, Maiman Archiv
Wir wünschen ihnen viel Freude bei der Lektüre.
Ihr MAP-Projektteam
www.munich-photonics.de
Am Puls
Attosekundenphysik
2
Die neueste Generation Attosekundenlaser
E
in Team um Prof. Reinhard Kienberger an der
TUM ist mit dem Aufbau eines neuen Lasersystems zur Erzeugung von Attosekunden-Lichtblitzen
beschäftigt. Das neue Lasersystem erzeugt kurzwelligere und intensivere Attosekunden-Laserpulse mit
einer noch höheren Wiederholungsrate als bisher.
Auf diese Weise können neue Materialien mit höheren Anregungsenergien als bisher untersucht werden. Rein optisch fällt ein drei Meter langes Hohlfasersystem ins Auge, das eine Eigenentwicklung
des Teams ist. Mit dem neuen Attosekundenlaser
können Messreihen schneller und effizienter durchgeführt werden. Die geplanten Experimente beschäftigen sich unter anderem mit der Untersuchung
chemischer Reaktionen, die durch Einstrahlung von
(Sonnen)Licht beschleunigt werden (Photokatalyse).
Um diese besser zu verstehen und letztlich die Gesamtausbeute der chemischen Energie zu erhöhen,
werden zeitaufgelöste Analysen von PhotokatalyseTeilreaktionen durchgeführt. ks/Foto: Naeser
3
www.munich-photonics.de
Am Puls
Lichtfelder fotografieren
Eine Kamera für
unsichtbare Felder
Physiker vom Labor für Attosekundenphysik der LMU und des MPQ haben ein Elektronenmikroskop entwickelt, mit dem sie pro Sekunde
Billionen Mal oszillierende elektromagnetische Felder sichtbar machen.
E
lektromagnetische
Felder
sind der Motor unserer Elektronik. Sie verändern sich rasend
schnell, sind unsichtbar und damit schwer zu fassen. Eine bessere
Kenntnis dieser Felder in elektronischen Bauteilen, wie etwa Transistoren, ist notwendig, bevor die
Elektronik der Zukunft Realität
werden kann. Einen Meilenstein
dorthin haben nun die Ultrakurzzeitphysiker vom Labor für
Attosekundenphysik (LAP) der
Ludwig-Maximilians-Universität
München (LMU) und des MaxPlanck-Instituts für Quantenoptik (MPQ) erreicht. Sie haben ein
Elektronenmikroskop gebaut, mit
dem sie elektromagnetische Felder sichtbar machen und deren
ultraschnelle Veränderungen aufzeichnen können.
Alle elektronischen Geräte des Alltags werden von elektromagnetischen Feldern getrieben. Durch sie
verschieben sich Elektronen und
Ströme in Bauteilen wie etwa in
Transistoren. Dort sorgen sie für
Datenfluss oder Speichervorgänge.
Eine bessere Kenntnis der elektromagnetischen Feldverläufe und ihrer ultraschnellen Veränderungen
in elektronischen Bauteilen könnte
die Elektronik der Zukunft effizienter gestalten. Ein Elektronenmikroskop zur Analyse elektromagnetischer Felder haben Physiker der
Arbeitsgruppe „Ultrafast Electron
4
Dreidimensionale Darstellung der Veränderung eines elektromagnetischen Lichtfeldes, das sich um eine Mikroantenne gebildet
hat. „Fotografiert“ wurde das Lichtfeld mit Elektronenpulsen.
Grafik: Peter Baum
Imaging“ des Labors für Attosekundenphysik der LMU und des MPQ
entwickelt.
Das Elektronenmikroskop wird
mit ultrakurzen Laserpulsen von
wenigen Femtosekunden Dauer
betrieben (eine Femtosekunde ist
ein Millionstel einer milliardstel
Sekunde). Diese Laserpulse erzeugen wiederum Elektronenpulse,
die nur aus einzelnen Elektronen
bestehen und durch das Einwirken
von Terahertz-Strahlung weiter
verkürzt werden. Diese Technologie haben die Münchner Physiker
schon vorher entwickelt (Science
22. April 2016, doi: 10.1126/science.aae0003). Sie erlaubt die Erzeugung von Elektronenpulsen, die
kürzer als eine halbe Schwingung
einer Lichtwelle sind.
Mit diesen ultrakurzen Elektronenpulsen werden nun elektromagnetische Felder sichtbar gemacht.
Im Experiment ließen die Physiker
die Elektronenpulse auf eine Mikroantenne treffen. Diese Mikroantenne wurde zuvor durch Terahartz-Strahlung angeregt, so dass
in ihrem Umkreis optische Effekte,
also elektromagnetische Felder, entstanden. Gleichzeitig durchdrangen
die kurzen Elektronenpulse die Antenne. An den elektromagnetischen
Feldern wurden die Elektronenpulse gestreut und deren Ablenkung
aufgezeichnet. Über die Ablenkung
der Elektronenpulse erhielten die
Forscher Auskunft über die räumliche Verteilung, die zeitliche Variation, die Richtung und die Polarisation des Lichts, das die Mikroantenne
aussendete.
„Um solche elektromagnetischen
Lichtfelder zu visualisieren, sind
zwei Vorausetzungen wichtig“, erklärt Dr. Peter Baum, der Leiter der
Experimente. „Die Elektronenpulse
müssen kürzer sein als ein Lichtzyklus. Und die Durchgangszeit durch
die zu untersuchende Struktur muss
kürzer sein als ein Lichtzyklus.“ Die
Elektronenpulse fliegen etwa mit
halber Lichtgeschwindigkeit.
Mit ihrer Elektronenmikroskopie haben die LAP-Physiker eine
Grundlage geschaffen, selbst kleinste und schnellste elektromagnetische Felder zu detektieren und zu
verstehen, wie Transistoren oder
optische Schalter arbeiten.
Interessant ist die neue Technologie für die Entwicklung von Metamaterialien. Metamaterialien sind
künstliche Nanostrukturen, deren
Durchlässigkeit für elektrische und
magnetische Felder von der in der
Natur üblichen abweicht, so dass
optische Phänomene entstehen, die
sich mit herkömmlichen Stoffen
niemals realisieren lassen. Metamaterialien eröffnen Perspektiven in
der Optik und Optoelektronik, und
könnten zu Bausteinen für lichtgetriebene Schaltkreise und Rechner der Zukunft werden. Mit ihrer
Elektronenmikroskopie-Technologie tragen die LAP-Physiker dazu
bei, das alles besser zu verstehen.
Thorsten Naeser
Originalpublikation:
A. Ryabov and P. Baum;
Electron microscopy of electromagnetic waveforms; Science, 22. Juli
2016,Vol. 353, Issue 6297, pp. 374377; doi: 10.1126/science.aaf8589.
5
www.munich-photonics.de
Am Puls
Medizinphysik
Liveschaltung während
der Tumorbestrahlung
Über Ultraschall machen MAP-Medizinphysiker Protonenstrahlung im
Krebsgewebe in Echtzeit sichtbar. Dazu haben die Forscher konventionelle
Ultraschallmessungen kombiniert mit der gleichzeitigen Messung des
Ultraschallsignals, das durch die Bestrahlung mit Protonen verursacht wird.
T
umorbestrahlung mit Protonen könnte künftig noch
präziser werden. Medizinphysiker
des Munich-Centre for Advanced
Photonics (MAP) an der LudwigMaximilians-Universität (LMU)
haben zusammen mit Physikern
der Technischen Universität
(TUM) und des Helmholtz Zentrums München (HMGU) sowie
der Universität der Bundeswehr
München (UniBWM) konventionelle
Ultraschalltechnologie
kombiniert mit einer Protonenbestrahlung eines Tumors. Die von
ihnen entwickelte Ionoakustik
versetzt sie in die Lage, über den
Ultraschall den Wirkungsort der
Protonenstrahlung in Echtzeit zu
verfolgen.
Eine große Zahl von Tumoren kann
mit Strahlung bestehend aus Protonen (positiv geladenen Wasserstoffatomen) behandelt werden. Protonen treffen dabei auf die Krebszellen
des Tumors und zerstören sie. Ent-
6
scheidend ist, dass die Protonen
nur die Zellen des Krebsgeschwürs
treffen und abtöten und das umliegende Gewebe verschonen. Die
Mediziner müssen also die Energie
der Protonen zielgenau im Tumor
abladen um maximale Wirkung auf
die kranken Zellen zu erzielen.
In der klinischen Anwendung ist
es daher wichtig zu wissen, wo die
Strahlung aus Protonen ihre Wirkung maximal entfaltet. Das ist genau dort im Körper der Fall, wo sie
besonders stark abgebremst wird.
Diese Stelle maximaler Dosisabgabe ist der so genannte „Bragg peak“
und sollte ausschließlich im Tumor
liegen.
Die Medizinphysiker des MunichCentre for Advanced Photonics an
der LMU haben nun in Kooperation mit Arbeitsgruppen der TUM/
HMGU und UniBWM eine Methode entwickelt, mit der sie während der Bestrahlung überprüfen
können, wo die Strahlendosis im
Tumor gerade ihre Wirkung entfal-
tet. Dazu haben die Physiker konventionelle Ultraschallmessungen
kombiniert mit der gleichzeitigen
Messung des Ultraschallsignals
verursacht durch die Bestrahlung
mit Protonen. Ihnen ist es in einem
präklinischen Experiment erstmals
gelungen, einen Strahl aus Protonen im Gewebe sichtbar zu machen
zusammen mit dem Ultraschallbild
dieses Gewebestücks. Mit der von
ihnen entwickelten „Ionoakustik“
sind sie nun in der Lage, in Echtzeit
und dreidimensional zu verfolgen,
wo im Körper die Strahlung ihre
größte Wirkung entfaltet. Die Forscher bestimmten damit die Treffsicherheit des Protonenstrahls mit
unter einem Millimeter Genauigkeit. Zusätzlich und gleichzeitig
haben sie auch durch gezielte Beleuchtung mit Laserlicht ein optoakustisches Bild der bestrahlten
Gewebestruktur gemessen.
Um die Ionoakustik in die klinische
Praxis zu überführen, wollen die
Physiker diese Ultraschalltechnolo-
Die Ionoakustik ermöglicht in
Echtzeit die genaue
Darstellung wo im
Gewebe (rosa) eine
Bestrahlung ihre
größte Wirkung (lila
dargestellt) entfaltet.
Abbildung:
Stephan Kellnberger
gie so modifizieren, dass die Signale
auch bei einer, für therapeutische
Anwendungen, üblichen Bestrahlungsdosis messbar werden.
Zurzeit wird Protonenstrahlung
noch mit großen und teuren Beschleuniger-Anlagen produziert.
Doch neue Laser-Technologien,
wie sie im Munich-Centre for Advanced Photonics und im daraus
entstandenen Laserforschungszentrum Centre for Advanced Laser
Applications (CALA) entstehen,
versprechen eine kostengünstigere
und möglicherweise energetisch
besser angepasste Protonen-Strahlung für den medizinischen Einsatz.
Auch im Hinblick auf die künftig
lasergetriebene Strahlenproduktion
verspricht die Ionoakustik eine besonders geeignete und höchst präzise Messmethode um Protonentherapien künftig noch zielgenauer
und damit Patienten-schonender
zu konzipieren.
Thorsten Naeser
Originalpublikation:
Stephan Kellnberger et al.; Ionoacoustic tomography of the proton
Bragg peak in combination with
ultrasound and optoacoustic imaging; Scientific Reports, 7. Juli 2016,
doi: 10.1038/srep29305
7
www.munich-photonics.de
Am Puls
Medizinphysik
Protonenstrahlung
nach explosiver
Vorarbeit
Physiker der Ludwig-MaximiliansUniversität haben mit Nanopartikeln
und Laserlicht Protonenstrahlung
produziert. Sie könnte künftig helfen,
Tumore aus ihrem Inneren heraus zu
bekämpfen.
Der Texas Petawatt Laser Puls (rot) wird auf eine schwebende Mikrokugel fokussiert. Die enorme Lichtintensität
verursacht die Explosion der Mikrokugel wodurch potentiell vielseitig nutzbare energetische Ionen (blau) aus einer sehr kleinen Quelle erzeugt werden können.
Grafik: Tobias Ostermayr
8
S
tark gebündeltes Licht entwickelt eine enorme Kraft. Die gebündelte Energie als Sprengkraft nutzt ein Physikerteam vom Lehrstuhl für
Experimentalphysik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die
Forscher bündeln Laserlicht auf wenige Mikrometer große Kügelchen aus
Plastik. Die geballte Energie lässt die Nanopartikel explodieren. Dadurch
wird Strahlung aus positiv geladenen Atomen (Protonen) frei. Eine solche
Protonenstrahlung könnte künftig zur Tumorbekämpfung und für neuartige, bildgebende Verfahren eingesetzt werden.
Trifft Sonnenlicht auf unsere Haut, spüren wir die Wärme. Wir erahnen welche Energie in der Strahlung steckt, wenn man sie weiter bündelt. Physiker
vom Lehrstuhl für Experimentalphysik - Medizinische Physik im Exzellenzcluster MAP haben nun Laserlicht des Texas Petawatt Lasers in Austin Texas
so stark auf Nano-Plastikkügelchen gebündelt, dass diese quasi explodierten.
Bei diesem Versuch trafen rund eine Billiarde Milliarden Photonen (3 mal 1020
Photonen) auf Mikrokügelchen von etwa 500 Nanometer Durchmesser. Die
Plastikkügelchen bestanden aus rund 50 Milliarden Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen und wurden mit einer so genannten Paulfalle durch elektromagnetische Felder schwebend fixiert, bevor der Laserstrahl auf sie einwirkte.
Das Laserlicht riss aus den Atomen rund 15 Prozent der in ihnen gebundenen Elektronen heraus. Die zurückbleibenden, positiv geladenen Atomkerne
stießen sich stark ab, die Nanokügelchen explodierten mit Geschwindigkeiten
von einigen zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit. Die Strahlung aus positiv
geladenen Atomen (Protonen) breitete sich in alle Richtungen aus.
Protonenstrahlung aus Laserlicht zu produzieren verspricht neue Wege in der
Strahlungsmedizin, etwa zur Bekämpfung von Tumoren. Heute wird Protonenstrahlung noch über konventionelle Beschleuniger produziert. Lasergenerierte Protonenstrahlung dagegen eröffnet die Perspektive, neuartige, womöglich auch kostengünstigere und effizientere Behandlungsmethoden zu
entwickeln. Das Münchner Team um Prof. Jörg Schreiber produziert Protonenstrahlung in der Regel über diamantartige Folien auf die extrem starkes
Laserlicht trifft. Dadurch wird Protonenstrahlung emittiert, die dann von einer
externen Quelle auf den Körper von außen einwirkt.
Mit der Strahlungsproduktion über die gesprengten Plastikkügelchen eröffnet
sich vielleicht sogar die Möglichkeit, die Nanopartikel zuerst in einem Tumor
zu platzieren und sie dann mit Laserlicht explodieren zu lassen. So könnte Protonenstrahlung gezielt im Tumor ihre Wirkung entfalten ohne umliegendes,
gesundes Gewebe zu schädigen.
Thorsten Naeser
Originalpublikation:
T.M. Ostermayr et al.
Proton acceleration by irradiation of isolated
spheres with an intense laser pulse
Physical Review E (Vol.94, No.3),
doi: 10.1103/PhysRevE.94.033208
9
www.munich-photonics.de
Am Puls
photonworld.de - die Homepage zum Thema Licht
L
icht ist der Motor des Lebens. Es ist ein flüchtiges Medium. Der Mensch versteht es
jedoch immer besser, sich die Strahlung zu Nutze zu machen. Wer sich zu aktuellen
Themen rund ums Licht informieren möchte, der ist auf der Homepage photonworld.de
richtig. Hier berichtet das Team des Labors für Attosekundenphysik am Max-Planck Institut für Quantenoptik allgemeinverständlich über spannende Erkenntnisse und Entdeckungen aus Physik, Biologie, Chemie oder der Astronomie. Dazu erklären die Autoren wie
man Licht in der Technik einsetzt und welche Visionen durch die Köpfe von Forschern und Ingenieuren geistern, um Licht zum Werkzeug des 21. Jahrhunderts
zu machen. Lesen Sie hier ein Interview mit MAP-Professor Jörg Schreiber, das
auf photonworld erschienen ist.
Die Kraft der Photonen
Jeder kennt das Gefühl: Wind weht, wir spüren ihn als
Druck auf unserer Haut. Bewegte, für uns unsichtbare Moleküle, Teilchen, aus denen sich unsere Atmosphäre zusammensetzt, sind dafür verantwortlich. Doch nicht nur Luft
übt Kraft auf Flächen aus, sondern auch Licht, den so genannten Strahlungsdruck. Im Interview erklärt Jörg Schreiber, Professor am Lehrstuhl für Medizinphysik der LMU im
Exzellenzcluster Munich-Centre for Advanced Photonics
der Ludwig-Maximilians Universität, das Phänomen und
wie sein Team sich den Strahlungsdruck zu Nutze macht.
Prof. Jörg Schreiber. Foto: Naeser
Seit wann ist uns das Phänomen des Lichtdrucks bekannt?
Schreiber: Schon im Jahr 1873 erkannte James Maxwell in seiner Theorie zu elektromagnetischen Wellen, dass diese Druck auf Körper ausüben können. Die erste experimentelle Bestätigung lieferte dann Pjotr Nikolajewitsch Lebedev im Jahr 1901. Der Physiker Arthur Ashkin
bestrahlte 1972 kleine Plastikkügelchen und beobachtete unter dem Mikroskop eine Bewegungsänderung.
Und wie kann man den Lichtdruck erklären?
Schreiber: So ganz klassisch mit der Mechanik kann man das nicht erklären. Denn anders
als etwa Moleküle in der Luft haben Lichtteilchen, also die Photonen, keine Masse. Photonen
sind Quantenteilchen, die sich immer mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Dennoch tragen sie
einen Impuls und Energie in sich. Treffen diese Teilchen etwa auf eine Oberfläche und werden
reflektiert dann kehrt sich ihre Bewegungsrichtung um und sie übertragen eine Kraft, ähnlich
wie ein Tischtennisball auf den Schläger. Dabei vergrößert sich auch ihre Wellenlänge und sie
haben dem bestrahlten Körper Bewegungsenergie zur Verfügung gestellt.
10
Kann man die Stärke des Lichtdrucks etwa auf unserer Haut quantifizieren?
Schreiber: Ja, sogar recht einfach. Der Lichtdruck berechnet sich aus der Lichtintensität, an einem
sonnigen Tag ist das ungefähr 1 kW pro Quadratmeter, geteilt durch die Lichtgeschwindigkeit.
Im Vergleich zum Luftdruck entspricht das nur 30 Millionstel Millionstel des uns umgebenden
Luftdruckes, bzw. Ultrahochvakuumbedingungen die in Teilchen-Beschleunigern erzeugt oder in
den niedrigen Erdumlaufbahnen, z.B. die der Internationalen Raumstation ISS, zu finden sind.
Es klingt erst mal ungewöhnlich, dass Licht wirklich Druck ausübt auf
Flächen oder auch auf unsere Haut.
Schreiber: Ja, in der Tat. Der Druck des Lichts ist wahrlich gering, wirkt aber wie auch der Luftdruck permanent auf uns ein. Den nehmen wir im Übrigen ja auch nicht bewusst wahr.
Wie und wo kann man sich den Lichtdruck zu Nutze machen?
Schreiber: Interessant ist der Lichtdruck vor allem im Zusammenhang mit Lasern. Hier wird Licht
extrem stark gebündelt und viele Photonen können auf engstem Raum konzentriert werden. Die
geballte Kraft der Photonen wird heute schon in vielen Bereichen eingesetzt, z.B. um Zellen unter
dem Mikroskop zu navigieren. In den riesigen Gravitationswelleninterferometern ist der Lichtdruck sogar so groß, dass er für Kalbrationsmessungen eingesetzt wird.
Wie nutzt Ihr Team den Lichtdruck?
Schreiber: Wir schicken hochintensive Laserpulse auf hauchdünne, typischerweise diamantartige Folien, die aus nur wenigen Atomlagen Kohlenstoff bestehen. Der Lichtdruck treibt die viel
leichteren Elektronen vor sich her wie ein Segel. Die Ionen, also geladene Atome, werden durch
die elektrischen Kräfte hinterher gezogen und auf rund zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit
beschleunigt. Es entsteht Ionenstrahlung, getrieben durch den Strahlungsdruck der ultrakurzen
Laserpulse. Ionenstrahlung kann zur Behandlung von Tumoren in der Krebstherapie eingesetzt
werden, wenn sie über genug Energie verfügt. Aktuell wird diese hochenergetische Strahlung
von großen, kostenintensiven Beschleunigern erzeugt. Die Lasertechnologie ist noch nicht in der
Lage, eine ebenbürtige Qualität zu liefern. Aber sie hat das Potential die notwendige Technologie
für den medizinischen Einsatz künftig kostengünstiger und platzsparender, und mit neuartigen
Einsatzmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Welche visionären Anwendungsmöglichkeiten gibt es für den Lichtdruck?
Schreiber: Es gibt die Idee leichteste Segel ausgestattet mit Mikrotechnologie, z.B. Mini-Kameras,
ins Universum zu schicken. Die Flotte der „Star-Chips“ würde mit Lichtdruck aus Lasern von der
Erde oder einer Umlaufbahn aus, beschleunigt. Ich halte die Idee für wahnsinnig spannend und
nicht unrealistisch, wenn auch noch einige Hürden zu nehmen und Konzepte überprüft werden
müssen. Wer möchte da nicht beitragen? In einigen Jahrzehnten segeln vielleicht wirklich winzige
Nanosegel durch den Weltraum, angetrieben nur durch den Impuls des Lichts, und wir kommunizieren mit den ersten Außerirdischen über Facebook.
Interview: Thorsten Naeser
11
www.munich-photonics.de
Am Puls
Neues aus dem PhotonLab
Die optimale
Holografie
Simon Lukas vom Johannes-Heidenhain-Gymnasium in Traunreut
schreibt seine W-Seminararbeit über Holografie. Im PhotonLab hat er
dazu experimentiert.
I
ch war auf der Suche nach einem Thema für meine Seminararbeit. Durch Filmanimationen und Sicherheitsbilder auf Geldscheinen waren mir Hologramme bereits bekannt. Das klang für mich schnell spannend und ich recherchierte zu diesem Thema. Mir wurde klar, dass sich hinter der Holografie tiefgründige Theorie
und Mathematik verbirgt. Daraus ergeben sich dann tolle Anwendungen.
Also entschloss ich mich, mich mit diesem Thema in meiner Seminararbeit zu beschäftigen. Ich glaube, dass sich hier in wenigen Jahren enorme Fortschritte zeigen.
werden. Das gibt mir die Motivation für den Aufwand dieser Arbeit.
Ich möchte die Holografie kurz und verständlich darstellen. Um die Holografie in
der Praxis zu demonstrieren erhielt ich von meiner Schule ein sogenanntes „litiholo hologram kit“. Mit Hilfe dieses Pakets lassen sich dank moderner AufnahmeFilme in kürzester Zeit und mit geringem Aufwand Hologramme erstellen. An
meiner Schule habe ich die Holographie-Technik ausprobiert. Doch leider gelang
es nicht ein perfektes Hologramm zu erstellen. Ich begab mich auf Fehlersuche und
suchte Rat bei Dr. Silke Stähler-Schöpf, der Leiterin des PhotonLabs.
In den Sommerferien hatten wir Zeit ein Treffen zu arrangieren um im Schülerlabor zu experimentieren. Schnell fanden wir die Ursache für die Schwierigkeiten. Mein Laser in der Schule hatte eine zu geringe Leistung. Mit der Ausrüstung
im Schülerlabor war das aber kein Problem. Nachdem wir die Ursache gefunden
hatten, ging alles sehr schnell: Im Lauf des Vormittags erstellten wir noch vier Hologramme, wobei zwei davon mit der Erweiterung „Reflection Hologram Kit Upgrade“ aufgenommen wurden. Wir bannten ein Auto auf den Hologrammfilm. Wir
belichteten den Film mit dem Motiv, indem wir die eine Hälfte eines aufgeweiteten
Laserstrahls auf das Auto lenkten. Dort wurde das Licht reflektiert traf anschließend als so genannter Objektstrahl den Film. Die andere Hälfte des Laserstrahls
gelangte als Referenzstrahl direkt auf den Film und beide Teilstrahlen konnten im
Film interferieren und ihn auf charakteristische Weise belichten. Durch die erneute Beleuchtung des Films mit dem kohärenten Licht des Lasers ist das Objekt, in
unserem Fall das Spielzeugauto, als dreidimensionales Bild sichtbar. Das Erweiterungs-Kit ermöglicht es zudem, die Hologramme auch ohne Laser, nämlich mit
weißem Licht, sichtbar werden zu lassen. Dann schlossen wir noch ein Experiment
an, bei dem ein belichteter Film halbiert wurde. Zu meinem Erstaunen war das
Hologramm trotzdem noch in jedem Teilstück komplett zu sehen.
Der Tag im PhotonLab war für meine Seminararbeit eine wegweisende Stütze. Ich
konnte die Holografie in der Praxis umsetzen und nebenbei noch viel Faszinierendes zum Thema lernen. Vielen Dank für einen spannenden und lehrreichen Tag!
Simon Lukas
12
13
www.munich-photonics.de
Am Puls
Neues aus dem PhotonLab
14
Wie schnell
ist das Licht?
Jann-Lukas vom Maria-Theresia-Gymnasium München hat sich im
PhotonLab mit der Natur des Lichts beschäftigt. Die Ergebnisse baut
er in seine Seminararbeit ein.
L
icht...bei Licht muss ich als erstes daran denken, dass es unvorstellbar schnell ist.
Und genau davon handelt meine Seminararbeit im Fach Physik unter dem Motto
„Grenzfragen der Physik“ am Maria-Theresia-Gymnasium München. Dort schreibe
ich meine Seminararbeit mit dem Titel „Lichtgeschwindigkeit - Die Bedeutung der
Konstante „c“.
Zuerst geht es darum zu zeigen wie schnell Licht ist. Mit der Darstellung unterschiedlicher Messmethoden leite ich meine Arbeit ein. Dazu konnte ich im Schülerlabor
PhotonLab des Munich-Centres for Advanced Photonics am Max-Planck-Institut
für Quantenoptik in Garching ein Experiment durchführen, dessen Ziel die Bestimmung von „c“ war.
Ich habe Lichtpulse durch eine Linse auf einen Reflektor geleitet und die Zeit gemessen, die das Licht für die Strecke zum Reflektor und zurück braucht. Da diese
Zeitdifferenz im Nanosekunden-Bereich liegt, kann man diese natürlich nicht mit
einer Stoppuhr messen. Deswegen habe ich ein Oszilloskop benutzt. Nach ein wenig „Rumgetüftel“ hat alles funktioniert und ich konnte meinen Versuch über unterschiedlichste Distanzen ausprobieren. Ich habe von circa fünf bis 35 Meter alle zwei
Meter eine Messung durchgeführt und näherte meine Messergebnisse dem realen
Wert in der Natur sehr gut an. Fehlerquellen, wie eine falsch ausgerichtete Linse,
konnte ich dank einiger Hilfe schnell erkennen und beseitigen.
Ich habe die gemessene Laufzeit des Lichts zwischen seiner Quelle und dem Reflektor in Sekunden umgerechnet und die Distanz durch diese Zeit geteilt und somit die
Geschwindigkeit nach der bekannten Formel „Weg durch Zeit gleich Geschwindigkeit“ herausbekommen. Die Distanz konnte ich mithilfe eines kommerziellen Distanzmessgeräts relativ genau bestimmen. Rückblickend hat mir der Tag am MPQ
viel Spaß gemacht und ich kann die Ergebnisse gut in meine Seminararbeit einbauen.
Jann-Lukas Meier
Mehr spannende Berichte von Besuchern des Schülerlabors
könnnt ihr auf www.photonworld.de lesen.
15
www.munich-photonics.de
Am Puls
Spektrum
GLÜHENDE BLUMEN, LUFTBALLONS UND ANDRANG IM LEX PHOTONICS
Mehr als 10.000 Leute kamen am Tag der Offenen
Tür ins Forschungszentrum
Garching um Wissenschaft
zu erleben. Das Programm
begann um 11 Uhr, doch
schon um 10 Uhr kamen
die ersten Besucher zum
LEX Photonics und wollten
den ATLAS-Laser sehen.
MAP-Doktoranden boten
Führungen durch’s LEX an.
Auf der Wiese gab es Action für Kinder: beim Luftballon-Wettbewerb wurden
rund hundert Luftballons
mit Postkarten auf die Reise geschickt. Wir sind gespannt, wo der Luftballon
gelandet ist, der am weitesten fliegen konnte!
Im Institute for Advanced
Study gab es zudem noch
Informationen zum Cluster, einen Vortrag von Prof.
Matthias Kling und das
Schülerlabor
Photonlab
mit einem Versuch. Den
ganzen Tag über kamen Erwachsenen und Kinder und
maßen ihre Haardicke. Die
große Frage eines Vaters:
„Sind meine grauen Haare dicker als die dunklen?“
Die Messung ergab: die
dunklen sind dicker.
Wer dann noch nicht genug
hatte, konnte in der Black
Box mit Knicklichten ein
kreatives Foto schießen.
Die Fotos gibt es auf facebook.com/munichphotonics.
Karolina Schneider
Im LEX Photonics war der Andrang groß (Foto oben).
Unser Luftballon Weitflugwettbewerb war bei den
jungen Gästen beliebt. Fotos: Naeser
IM CENTRE FOR ADVANCED LASER APPLICATIONS FÜLLEN SICH DIE HALLEN
Es ist soweit: im neuen Centre for Advanced Laser Applications (CALA) beginnt das
Innenleben! Die ersten Lasertische sind angekommen und
werden mit dem Kran in die
Halle gehievt. Schon einer der
kleineren Tische wiegt rund
800 Kilogramm. Die großen
etwa 1,2 Tonnen. Auf diesen
Tischen wird der Nachverstärker aufgebaut werden,
der aus dem ATLAS 300 den
ATLAS 3000 Laser machen
wird. Dieser wird mit einer
Leistung von drei Petawatt die
primäre Lichtquelle für die lasergetriebenen Experimente
werden.
ks/Foto: Naeser
16
AUSGEZEICHNETES SPIEGEL - DESIGN
Dr. Michael Trubetskov
hat beim Design Wettbewerb (Optical Interference
Coatings Topical Meeting
2016) der Optical Society
of America vier erste Preise für seine Multilayer-Beschichtungen von Spiegeln
gewonnen. Der Wettbewerb findet alle drei Jahre
statt um die Möglichkeiten
und Grenzen der Theorie
und Software für SpiegelBeschichtungen auszuloten. Dabei konkurrierten 18
Teilnehmer aus Deutschland, den USA, Frankreich,
Japan und China. Die Ergebnisse werden in einer
Spezial-Ausgabe von Applied Optics (Vol. 56, 1. Februar 2017) erscheinen.
Michael Trubetskov im Spiegel-Beschichtungslabor des
Munich Centre for Advanced Photonics.
Foto: Naeser
EUROPÄISCHE PHYSIKALISCHE GESELLSCHAFT ZEICHNET REINHARD KIENBERGER AUS
Prof. Reinhard Kienberger,
Leiter des Lehrstuhls für
Laser- und Röntgenphysik
an der Technischen Universität München und MaxPlanck-Fellow am MPQ,
wird von der Europäischen
Physikalischen Gesellschaft
(EPS) mit dem „2016 Prize
for Research in Laser Science and Applications“ ausgezeichnet.
Die EPS repräsentiert mehr
als 100.000 Physiker. Der
Preis für „Forschung in den
Laser-Wissenschaften und
-Anwendungen“ ist einer
der höchsten Auszeichnungen für Laserphysik
in Europa. Die Quantum
Electronics & Optics Division der EPS verleiht Prof.
Kienberger diesen Preis
„in Anerkennung seiner
schöpferischen Beiträge zur
Etablierung von grundlegenden Techniken für die
Attosekundenwissenschaft,
sowohl mit Laser-basierten
als auch mit Beschleunigerbasierten Strahlungsquellen“. Prof. Kienberger nahm
den Preis auf der 7. EPSQEOD Europhoton Konferenz in Wien am 25. August
2016 bei einer Festveranstaltung entgegen.
oms/Foto: Naeser
17
www.munich-photonics.de
Am Puls
Photoemission
Zeptosekunden-Stoppuhr
für den Mikrokosmos
Physiker der Ludwig-Maximilians-Universität, des Max-Planck Instituts
für Quantenoptik und derTechnischen Universität München haben erstmals ein inneratomares Geschehen mit einer Genauigkeit von Billionsteln
einer Milliardstel Sekunde aufgezeichnet.
W
enn Licht auf Elektronen in
Atomen trifft, dann verändert sich deren Zustand in unvorstellbar kurzen Zeiträumen. Ein
solches Phänomen, nämlich das
der Photoionisation, bei dem ein
Elektron ein Heliumatom nach
Lichtanregung verlässt, haben
Laserphysiker der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), des
Max-Planck Instituts für Quantenoptik (MPQ) und der TU München erstmals mit Zeptosekunden-Genauigkeit gemessen. Eine
Zeptosekunde ist ein Billionstel
einer Milliardstel Sekunde (10-21
Sekunden). Das ist die höchste
Genauigkeit der Zeitbestimmung
eines Ereignisses im Mikrokosmos, die jemals erreicht wurde
und zudem die erste absolute Bestimmung des Zeitpunktes der
Photoionisation.
Trifft Licht auf die zwei Elektronen eines Heliumatoms, dann
muss man unheimlich schnell sein
um das Geschehen zu beobachten.
Abgesehen von den ultrakurzen
Zeiträumen, in denen sich Veränderungen abspielen, kommt die
Quantenmechanik ins Spiel. Trifft
18
ein Lichtteilchen (Photon) auf die
zwei Elektronen, kann es nämlich
sein, dass die gesamte Energie des
Photons entweder von dem einen
Elektron aufgenommen wird oder
aber dass eine Aufteilung stattfindet. In jedem Fall der Energieübertragung aber verlässt ein
Elektron das Heliumatom. Diesen
Vorgang nennt man Photoemission oder photoelektrischen Effekt.
Albert Einstein hatte ihn Anfang
des letzten Jahrhunderts entdeckt.
Von dem Zeitpunkt an, an dem das
Photon mit den Elektronen wechselwirkt bis zu dem Zeitpunkt an
dem ein Elektron das Atom verlässt, dauert es zwischen fünf und
fünfzehn Attosekunden (1 as ist
10-18 Sekunden). Das haben die
Physiker bereits vor einigen Jahren herausgefunden (Science, 25.
Juni 2010).
Mit ihrer nun verbesserten Messmethode können die Laserphysiker das Geschehen bis auf 850
Zeptosekunden genau messen.
Die Forscher schickten zur Anregung der Elektronen einen Attosekunden langen extrem ultravioletten Lichtblitz (XUV) auf
ein Heliumatom. Gleichzeitig
ließen sie einen zweiten infraroten Laserpuls auftreffen, der
rund vier Femtosekunden dauerte (1fs ist 10-15 Sekunden). Sobald
das Elektron durch die Anregung
des XUV–Lichtblitzes das Atom
verlassen hatte, wurde es vom
infraroten Laserpuls erfasst. Je
nachdem wie gerade das elektromagnetische Feld dieses Pulses
zum Zeitpunkt der Erfassung beschaffen war, wurde das Elektron
beschleunigt oder abgebremst.
Über diese Geschwindigkeitsveränderung konnten die Physiker
mit Zeptosekunden-Genauigkeit
die Photoemission erfassen. Zudem konnten die Forscher erstmals bestimmen wie die Energie
des einfallenden Photons sich auf
die beiden Elektronen des Heliumatoms in wenigen Attosekunden vor der Emission eines Teilchens quantenmechanisch verteilt
hatte.
„Das Verständnis dieser Vorgänge im Heliumatom bietet uns für
künftige Experimente ein enorm
verlässliche Basis“, erklärt Dr.
Martin Schultze, der Leiter der
Experimente am MPQ. Die Physiker konnten nämlich die Präzisi-
on ihrer Experimente bis auf Zeptosekunden-Genauigkeit mit den
theoretischen Vorhersagen ihrer
Kollegen vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien korrelieren. Mit seinen zwei Elektronen
ist Helium das einzige System,
das sich vollständig quantenmechanisch berechnen lässt. Damit
bietet es sich geradezu an, Theorie
und Experiment unter einen Hut
zu bringen. „Wir können jetzt in
dem verschränkten System aus
Elektron und ionisiertem Helium-
Mutteratom aus unseren Messungen die komplette wellenmechanische Beschreibung des Systems
ableiten“, sagt Schultze.
Mit ihren Metrologie-Experimenten in Zeptosekunden-Zeitdimensionen haben die Laserphysiker
damit ein weiteres wichtiges Puzzlestück in der Quantenmechanik
des Heliumatoms an die richtige
Stelle manövriert und die Messgenauigkeit im Mikrokosmos
erstmal in ganz neue Dimensionen vorangetrieben. Th. Naeser
Nachdem ein Lichtteilchen ein Elektron aus
einem Heliumatom entfernt hat, kann man die
Aufenthaltswahrscheinlichkeiten des verbliebenen Elektrons berechnen.
Je heller die Bereiche im
Bild dargestellt sind desto
wahrscheinlicher ist sein
Aufenthaltsort rund um
den hier nicht sichtbaren
Atomkern.
Bild: Schultze/Ossiander
Originalpublikation:
M. Ossiander et al.;
Attosecond correlation dynamics;
Nature physics, 7. November 2016,
doi: 10.1038/nphys3941.
19
www.munich-photonics.de
Am Puls
Festschrift for the exhibition of the first laser at the MPQ
From the middle of December onwards, mankind‘s first laser can be
seen in the foyer of the Max Planck Institute of Quantum Optics in
Garching. It was designed and constructed by Theodore Maiman and
announced to the world in 1960. On the following pages you can find a
review on this historical event as well as current information about the
future perspectives of laser technology in the coming years.
Race to the laser
In 1960, the laser was invented. Many scientists and
labs were in the competition.
A
lbert Einstein theorized about stimulated emission of
radiation in 1917. Stimulated emission at the microwave frequency was realized with invention of the maser
in 1953. But only after the publication of an article in 1958
did the race begin to develop a laser - a device to create
coherent light, moving up the electromagnetic spectrum
10,000-fold from microwaves.
By 1960 scientists at labs around the world were engaged
in the pursuit of a laser, including laboratories at Massachusetts Institute of Technology (MIT), International Business Machines Corporation (IBM), Bell Labs, Westinghouse, and Columbia University. Many scientists involved
in the effort even became skeptical about the feasibility of
a laser.
But the race was won by a young maverick physicist, working on scant funds at the relatively obscure Hughes Research Laboratories. On May 16, 1960, Theodore Maiman
succeeded in achieving the stimulated amplification of visible light for the first time using his own solid-state ruby
crystal design.
Maiman presented his results at a July 7 press conference, causing a huge media scramble. A headline in the
New York Times proclaimed: “Light Amplification Claimed
by Scientist”. In the following weeks, Maiman obtained
higher-quality crystals with which to further hone
the quality of his laser light from its initial large
opening angle.
The announcement of Maiman’s success spurred
other scientists to ramp up work on their laser projects.
Researchers at Bell Labs quickly produced a laser based
on the Maiman design, while others pursued their own
design concepts based on hot gaseous vapors or cryogenics.
20
Picture: Maiman archive
Maiman’s first publication on the laser, “Stimulated Optical
Radiation in Ruby” appeared in the journal Nature in August 1960, including the results of his first measurements.
In October a publication from Bell Labs scientists followed
in Physical Review Letters, citing Maiman’s Nature article
and providing further verification of the ruby laser’s efficacy.
Those pursuing other types of lasers included a Bell Labs
team led by Arthur Schawlow and Wolfgang Kaiser, who
focused on helium-neon gas as a lasing medium. Various types of lasers emerged in rapid succession following
Maiman’s demonstration that a laser was feasible. A Bell
Labs project under Ali Javan produced a continuous gasdischarge laser in the invisible infrared range at the end of
1960. Lasers of many varieties including semiconductor
designs arrived in the following years. This new technology for generating coherent light promised an infinite number of possible applications.
21
www.munich-photonics.de
Am Puls
Festschrift for the exhibition of the first laser at the MPQ
“It’s only pulsed! Only 3 milliseconds!” That’s what competing
scientists exclaimed when the startling news hit that Theodore
Maiman had created the world’s first laser. Others were seeking
a continuous beam using complex cryogenic gaseous systems.
Because man had not yet achieved coherent light, Ted sought
simplicity in his design. He chose to pursue a solid-state system
that could operate at room temperature using readily available
materials. His synthetic pink ruby crystal had been declared unworkable by gurus of the day. Yet, Maiman’s design succeeded
and has remained the workhorse of lasers. Pulsed lasers operating
at ever-shorter times, moving to femtoseconds (one-millionth of
one-billionth of a second) and now to attoseconds (one-billionth
of one-billionth of a second) are pushing new frontiers of science.
Today Ted would say, “Congratulations to the Max Planck Institute
of Quantum Optics!”
Kathleen Maiman
22
“Do It!”
It was the afternoon of May 16, 1960; it was time to confirm or deny all the
fears of why the “ruby can`t work“; Or why “lasers can`t be made to work.”
No more new calculations, no more diversionary experiments.
This was the moment of truth!
The laser head was mounted on a workbench. The flashlamp was connected to the power supply. The trigger electrode was connected to the spark
coil, (the mechanism that initiates the flash from the strobe lamp). The light
output from the coupling hole in the end of the ruby
was directed through the Bausch and Lomb monochromator to a photomultiplier tube. The electrical signal from the photomultiplier was connected to a
Hughes Memoscope.
Irnee D`Haenens and I were the only ones performing and observing the
experiment.
We first took a test shot so that we could adjust the monitoring equipment.
We turned up the power supply to about 500 volts. We fired the flashtube.
Indeed, we observed a trace on the Memoscope!
Pictures: Thorsten Naeser, Maiman archive
That trace was a recording of the red ruby fluorescence. The decay in the
trace was about three milliseconds, the lifetime of the upper possible laser
level. We made the appropriate adjustments to optimize the monitor display.
We continued. We progressively increased the supply voltage, each time
monitoring and recording the light output trace. As we did so, the peak output increased proportionately to the energy input and the decay time remained the same ... So far, so good.
But, when we got past 950 volts on the power supply, everything changed!
The output trace started to shoot up in peak intensity and the initial decay
time rapidly decreased.
Voilà. This was it!
The laser
was born!
Theodore Maiman remembers the day
when the laser worked for the first time.
(Extract from his book „The Laser Odyssey“)
23
www.munich-photonics.de
Am Puls
Festschrift for the exhibition of the first laser at the MPQ
“No longer
an elusive dream“
Thank you, and good morning,
ladies and gentlemen,
We are here today to announce to you that man has succeeded in achieving a goal that scientists have sought for many
years. For the first time in history a source of “coherent” light
has been attained.
This is another way of saying that the long-sought “laser” is no
longer an elusive dream but, is indeed, an established fact.
“Laser” is an acronym derived from the first letters of the principal words of the phrase: “Light Amplification by Stimulated
Emission of Radiation”. Many of you are, I am sure, at least
generally familiar with the device called a „maser“ - from “Microwave Amplification by Stimulated Emission of Radiation”
- which operates in the microwave range of frequencies. The
laser amplifies and generates coherent energy in the optical,
or light, region of the spectrum; for the reason the laser is
sometimes called an “optical maser”.
I have here a laser which I have brought with me from the
Hughes Aircraft Company`s research laboratories in Southern California; it will be passed among you presently for
closer inspection. As you can see its size might be described
as similar to that of a glass tumbler.
This laser is a new solid-state device. It is this device which
is today being used to generate coherent light in our laboratories. Just what coherent light is and why it is so important I
will try to explain briefly in a few moments…
Speech by Dr. Theodore H. Maiman,
Hughes Aircraft Company, at a press conference at the
Hotel Delmonico, New York, July 7. 1960.
24
25
www.munich-photonics.de
Am Puls
Festschrift for the exhibition of the first laser at the MPQ
Light of the future
Research at the MPQ
W
hat’s next for the laser? Researchers develop bold visions for how light might be
exploited in the future. A team lead by Professor Stephen Hawking is pursuing the idea of
reaching the 4.37 light-years distant solar system Alpha Centauri by using sailing-like miniature spaceships. The probes are driven by light
pressure that is generated by lasers from the
earth.
At the Max Planck Institute of Quantum Optics,
scientists are working on a range of innovative laser-based technologies. Prof. Immanuel
Bloch and his colleagues use laser beams to
create so-called optical lattices in which ultracold atoms can be confined in a precisely defined spatial order, analogous to the crystalline
order of a conventional solid. Because such
light-cages permit one to control the positions
of the atoms and observe their dynamics, they
can be used to model and predict the properties of novel solids. This is a powerful strategy
that provides insights into fundamental processes at the quantum level, which are relevant
to our understanding of phenomena such as
superconductivity and magnetism, and the design of quantum information storage and processing systems.
Meanwhile, Prof. Theodor W. Hänsch and his
team have developed ways to measure resonance frequencies in simple atomic systems
with extreme precision. In this way, they can
determine fundamental constants and search
for new physics, such as conceivable slow
changes of constants of nature.
26
Pictures: Immanuel Bloch, Thorsten Naeser, Christian Hackenberger
Studies carried out by theoretician Prof. Ignacio Cirac and his group have laid much of
the groundwork for the realization of quantum computers. Among the issues they are
examining is how the counterintuitive properties of quantum particles can be exploited to enhance the efficiency of information
exchange.
Prof. Gerhard Rempe and his coworkers
are exploring new approaches to data processing and transmission. With the aid of
the quantum mechanical phenomenon
of entanglement, they are using photons
to link ensembles of atoms into extensive
quantum networks, providing a potential
basis for interaction and communication in
future quantum computers.
Prof. Ferenc Krausz utilizes ultrashort
light pulses to investigate the motions of
electrons. Someday, it may be possible to
control the behaviour of these elementary
particles in a targeted fashion by means
of light, and thus to intervene in the fundamental interaction that underlies virtually all
the processes that we observe in nature.
Such a breakthrough would enable us to
treat illnesses by realigning the uncontrolled or misdirected transport of electrons.
The ability to manipulate electron dynamics
on ultrashort time scales could also revolutionize data processing. Optical control of
electronic signals would boost digital switching frequencies by a factor of 100,000
relative to today’s computer systems.
27
www.munich-photonics.de
Am Puls
Festschrift for the exhibition of the first laser at the MPQ
“I met Ted Maiman in 1984 when we were both flying
to our homes in California from Washington, DC. He
had his eye on me during the flight, and when we
disembarked we “happened” to be walking together.
To break the silence, I asked questions about the
purpose of his trip. Because he would only say “yes”
or “no,” I humorously asked whether he had travelled
to dine with the president. His answer was “almost”,
which was explained by his induction into the National
Inventors Hall of Fame, at which President Reagan
had been expected but didn’t attend.
As I got to know Ted, I was impressed with both his
humility and his ability to quickly penetrate to the
heart of an issue, be it a technical, political, or everyday matter. I also learned of Ted’s passion for the
laser’s medical and dental applications, which were
growing over the years. With Ted, I attended many
laser-related conferences. I also had an opportunity
to view first-hand heart-bypass using a laser to build
new channels through the heart, laser photo-dynamic
treatment of an otherwise incurable nose cancer,
and laser-aided removal of fat tissues to widen Asian
eyes. We were able to share the satisfaction of Ted’s
awards in Japan, Israel, Taiwan, Germany, and Argentina as well as meeting high officials such as the
Emperor of Japan.
Ted relaxed by continually thinking up new inventions
both laser-related and in areas outside his expertise.
He was an inveterate doodler of new devices and
filled many notebooks with his mathematical formulae
and calculations. Among his other creations were a
device to distill fresh water from the atmosphere, a
plan for a vertical-takeoff aircraft, and an operational
large-screen thin-profile laser television (years before
these became common).
Wherever we lived Ted had a home workshop, which
he used to test out his ideas. While developing the
first laser at Hughes Aircraft, Ted would play chess
with his assistant Irnee D’Haenens to relieve stresses
of the workplace. And Ted was highly sociable with
others from all walks of life with wide-ranging interest
in diverse experiences and viewpoints.”
Kathleen Maiman
28
Am Puls
Attosekundenphysik
Mit Laserpulsen zur schnellen Elektronik
F
ür eine Steigerung der Geschwindigkeit von elektronischen Geräten müssen neue Wege beschritten werden. Dies hat nun eine Gruppe von Laserphysikern um Dr. Eleftherios Goulielmakis, Leiter der Forschungsgruppe Attoelectronics im Labor für Attosekundenphysik am Max-Planck-institut für
Quantenoptik gemacht. Die Forscher haben erstmals mit kurzen Laserpulsen
Elektronen in festen Stoffen zum Schwingen gebracht und damit Ströme erzeugt, die die Frequenz des sichtbaren Lichtes um mehr als das Zehnfache
übertreffen (Nature, 20. Oktober 2016, DOI: 10.1038/nature 19821).
Dabei experimentierten sie mit Siliziumdioxid. Sobald dieses Material intensiven Laserpulsen ausgesetzt wurde, stieg seine Leitfähigkeit um mehr als 19
Größenordnungen.
So schnelle elektrische Ströme können konventionelle elektronische Techniken weder erzeugen noch erfassen. „Wir haben für die Stromerzeugung Laser
verwendet, weil sie die Elektronen in Festkörpern in extrem schnelle Schwingungen versetzen“, sagt Manish Garg, Doktorand in der Gruppe Attoelectronics und Erstautor der Veröffentlichung.
Doch warum bringen Laser diesen Fortschritt? In konventionellen Schaltkreisen werden die Elektronen von dem elektrischen Feld der Stromquellen, etwa
Batterien, zu Schwingungen angestoßen. Auch wenn alle Elektronen anfangs
der Kraft des Batteriefeldes folgen, stoßen sie gelegentlich mit langsameren
Teilchen wie Atomen oder Ionen zusammen und verlieren dadurch ihre Synchronizität. Von intensiven Lichtfeldern dagegen werden die Elektronen in
extrem kurzer Zeit beschleunigt. Deshalb geraten sie in Schwingungen und
erzeugen elektrischen Strom, bevor ihnen andere Teilchen in die Quere kommen.
Die so nachgewiesenen Ströme sind etwa eine Million mal schneller als die in
einem gängigen modernen Computerprozessor. Die Experimente könnten den
Weg ebnen, in den kommenden Jahren elektronische Geräte zu entwickeln, die
eine Million mal schneller als heutige sind. Bild: Goulielmakis
www.munich-photonics.de
IMPRESSUM
AM PULS - 2/2016
Der Newsletter des Munich-Centre for Advanced Photonics (MAP),
gefördert durch die Exzellenzinitiative der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Herausgeber:
Pressebüro des Munich-Centre for Advanced Photonics, Garching bei München
Redaktion:
Thorsten Naeser und Karolina Schneider, Leonie Schaumann (Übersetzungen), Mandy Singh (Übersetzungen)
Layout:
Thorsten Naeser
Titelbild:
Marcus Ossiander und Martin Schultze
Anschrift der Redaktion:
MAP-Pressebüro, Am Coulombwall 1, 85748 Garching
E-Mail: [email protected], [email protected]
Tel.: 089 32905 124 oder 089 289 14096
Der Newsletter erscheint in seiner dritten Druckausgabe mit Unterstützung der Firma Menlo Systems.