Ost oder West? VIKTOR KOROTAYEV/REUTERS Der Afghanistan-Krieg brachte die US-Armee und den Internationalen Währungsfonds nach Zentralasien. Der Einfluss anderer Mächte konnte zurückgedrängt werden, doch Beijing und Moskau sind längst wieder präsent. Von David X. Noack SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 16. DEZEMBER 2016 · NR. 294 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Kontrollmacht Löschbehörde Prügelfreiheit Festtag 3 5 7 9 Die Bundeswehr setzt sich im Nahen Osten fest – zur »Entlastung« der USA. Von Jörg Kronauer Arbeitsministerium streicht unlieb same Fakten aus Armutsbericht. Von Ralf Wurzbacher Polen: Wegen wachsender Fremdenfeindlichkeit fürchten Hochschulen ums Geschäft Parlament beglückt AKW-Betreiber mit Übernahme der finanziellen Risiken um strahlenden Müll Feuer und Flamme für den König Gentechnik: Monsanto siegt vor EU-Gericht I n Spanien sorgt symbolischer Protest gegen die Monarchie für Aufregung und beschäftigt die Justiz. Am Montag hatte die Polizei fünf Politiker der Linkspartei CUP (Kandidatur der Volkseinheit) festgenommen, weil sie während einer Demonstration anlässlich des katalanischen Nationalfeiertags am 11. September in Barcelona Bilder von König Felipe VI. verbrannt hatten. Daneben ging auch eine Kopie der spanischen Verfassung in Flammen auf. Die CUP tritt für die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien ein. Die Festnahme der Politiker erfolgte, nachdem diese vor Gericht die Aussage verweigert hatten. Einer Institution, die die »katalanischen Länder« erpressen solle, werde man »nicht gehorchen«, hieß es seitens der Verhafteten. Das Verbrennen von Königsbildern gilt in Spanien nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs als »schwere Beleidigung der Krone« und somit als eine Straftat. Artikel 490.3 des spanischen Strafgesetzbuches sieht für solche Vergehen Haftstrafen von bis zu sechs Monaten vor. Auch wenn bislang noch niemand tatsächlich wegen Majestätsbeleidigung ein halbes Jahr ins Gefängnis gesteckt wurde, sorgt die Affäre um die CUP-Politiker nun für eine Solidaritätswelle. Seit Mittwoch kursiert im Internet ein Video, in dem Josep Garganté und Maria Rovira, zwei Kommunalpolitiker der CUP in Barcelona, mit einem Papierschneider und einem Foto Felipes den Einsatz der Guillotine gegen den König nachspielen. Schon zuvor hatten Mireia Vehí und Eulàlia Reguant, die für die CUP im katalanischen Parlament sitzen, bei einer Pressekonferenz vor den versammelten Journalisten Bilder des Monarchen zerrissen. In Andalusien solidarisierte sich der Sprecher der Landarbeiterge- werkschaft SAT, Óscar Reina, mit den in Katalonien verfolgten, indem er sich beim Zerfetzen eines Fotos des Königs filmen ließ und die Aufnahme mit der Botschaft im Internet veröffentlichte: »Niemand hat diesen Herrn gewählt. Wir wollen entscheiden. Wir wollen Demokratie und nicht die Diktatur des Kapitals und der Bourbonen.« In Manresa bei Barcelona zogen rund 100 Menschen in einem Demonstrationszug vor die örtliche Wache der paramilitärischen »Guardia Civil«, um ebenfalls Bilder des Monarchen zu verbrennen. Íñigo Errejón, der politische Sekretär der Linkspartei Podemos, twitterte an die Verhafteten gerichtet: »Ihr seid nicht alleine!« In Spanien konnten die Bürger nach dem Ende der Diktatur Francisco Francos nie über ihre Staatsform entscheiden. Die Republik war durch den Putsch 1936 und den nachfolgenden Krieg durch die Faschisten zerstört worden, Franco selbst setzte Juan Carlos, Felipes Vater, als König ein. Der CUP geht es allerdings nicht nur um die spanische Monarchie. Die Partei setzt sich für ein eigenständiges sozialistisches Katalonien ein und will zusammen mit bürgerlichen Parteien ein Referendum über die Unabhängigkeit durchsetzen, das im kommenden Jahr stattfinden soll. Die spanische Linke lehnt zwar zumeist die Abspaltung der Katalanen ab, unterstützt aber deren Recht, das selbst zu entscheiden. Ganz anders die spanische Zentralmacht. Am Mittwoch erklärte der Oberste Gerichtshof in Madrid einen Beschluss des katalanischen Parlaments für ungültig, in dem für Herbst 2017 eine Volksabstimmung angesetzt worden war. Schon vor zwei Jahren hatte Madrid auf diesem Wege ein rechtsverbindliches Referendum in Katalonien verhindert. Protest gegen Sammelabschiebungen 34 abgelehnte Asylbewerber in Afghanistan angekommen. Bundeswehr-Einsatz verlängert D ie Bundeswehr wird auch künftig in Afghanistan bleiben. Bis zu 980 deutsche Soldaten sind für ein weiteres Jahr im Rahmen des NATO-Einsatzes »Resolute Support« am Hindukusch stationiert. Eine Mehrheit der Bundestagsabgeordneten stimmte am Donnerstag abend für eine Verlängerung des entsprechenden Mandats. Ungeachtet der Fortdauer des Krieges hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die erste Sammelabschiebung abgelehnter afghanischer Asylbewerber am Mittwoch abend verteidigt. »Solche Rückführungsaktionen sind richtig und notwendig«, sagte de Maizière gestern in Berlin. Der nächste Abschiebeflug in das Land am Hindukusch soll nach Angaben aus Kabul bereits in wenigen Wochen starten. Am Flughafen in Frankfurt am Main protestierten mehrere Hundert Demonstranten gegen die Abschiebung. Die Chartermaschine mit 34 afghanischen Männern an Bord war hier gestartet und am Donnerstag morgen in Kabul gelandet. Viele der betroffenen Flüchtlinge waren wütend. Babur Sedik erzählte, er habe vier Jahre in Deutschland verbracht, sei aber nie über Flüchtlingsheime oder Lager hinausgekommen. Er wisse nicht, wie es jetzt weitergehe. Rahmat Khan, der aus der umkämpften ostafghanischen Provinz Paktia geflohen war, sagte, dorthin könne er nicht wieder zurück. Überall seien die Taliban. Er habe fünf Jahre in Deutschland verbracht und die Sprache gelernt. Ursprünglich sollten 50 Afghanen abgeschoben werden. Einige seien jedoch vorher untergetaucht, sagte de Maizière. »Das ist besonders ärgerlich, das muss Konsequenzen haben.« Das Bundesverfassungsgericht stoppte die Ausweisung eines 29jährigen aus Hamburg aus Gesundheitsgründen. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), ging auf Distanz zu de Maizière. »Ich habe bisher keinen Bericht gesehen, der mir den Eindruck vermittelt, es gebe in Afghanistan sichere Regionen«, sagte Kofler der Augsburger Allgemeinen. Die am Mittwoch Abgeschobenen kamen aus BadenWürttemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland. (AFP/dpa/jW) QUIQUE GARCIA/DPA - BILDFUNK Josep Garganté am Montag in Barcelona Hollande fordert weniger Sanktionen für Athen EPA/JULIEN WARNAND/DPA-BILDFUNK In Spanien geht die Justiz gegen Politiker vor, die aus Protest gegen die Monarchie Bilder von Felipe VI. verbrannt oder zerrissen haben. Von Carmela Negrete Luxemburg. Verbraucherschützer sind mit einer Klage gegen die Zulassung einer genmanipulierten Sojasorte des Saatgutkonzerns Monsanto gescheitert. Die EU-Kommission durfte dem US-Konzern erlauben, Futter- und Lebensmittel auf den Markt zu bringen, die die Gensojabohnen enthalten, wie das EU-Gericht am Donnerstag in Luxemburg entschied. Geklagt hatten drei deutsche Nichtregierungsorganisationen. Grundlage für die Zulassung war eine Einschätzung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit: Diese hatte festgestellt, dass die MonsantoSojabohne die Gesundheit von Menschen und Tieren oder die Umwelt nicht mehr gefährde als eine herkömmliche Sojabohne. Den Klägern sei es nicht gelungen, Zweifel an dieser Feststellung zu wecken, entschied das EU-Gericht. (Az. T-177/13) (dpa/jW) Brüssel. Der französische Präsident François Hollande hat die Entscheidung der Euro-Gruppe kritisiert, keine Schritte zur Schuldenerleichterung für Griechenland einzuleiten. Er sei dafür, Athen »würdig« zu behandeln, sagte Hollande am Donnerstag bei seiner Ankunft beim Brüsseler EU-Gipfel. Es komme nicht in Frage, »nochmals zusätzliche Anstrengungen von Griechenland zu verlangen«. Ähnlich äußerte sich zuvor der französische Finanzminister Michel Sapin. Er erinnerte daran, dass die günstigeren Bedingungen für die Tilgung an »keinerlei Bedingung« geknüpft seien. Auf Druck Deutschlands hatten die Gläubiger die schon bewilligten kurzfristigen Schuldenerleichterungen ausgesetzt. Am Freitag empfängt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras im Kanzleramt in Berlin. (AFP/jW) wird herausgegeben von 1.967 Genossinnen und Genossen (Stand 6.12.2016) n www.jungewelt.de/lpg
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