dbb 12 2016

Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
12
dbb magazin
Dezember 2016 – 67. Jahrgang
Zollhundeschule Bleckede:
Seite 4 <
Die Supernasen
Seite 20 <
Bund-LänderFinanzausgleich:
Alles unklar
interview:
Jean-Claude Juncker,
Präsident der
EU-Kommission
dbb
Personalmangel im öffentlichen Dienst:
<< Schwerpunkt: Zoll und Finanzpolitik
Nicht kleckern, klotzen!
aktuell
<<
interview: Jean-Claude Juncker,
­Präsident der EU-Kommission
4
Versorgungsbericht der Bundes­
regierung: Fakten statt Vorurteile
6
<<
Jobcenter: Einheitliche Bezahlung
für gleiche Arbeit
8
<<
Demografie-Kongress: Von
­Integrationszielen weit entfernt
9
<<
Einkommensrunde 2017: Beschäftigte erwarten Einkommensplus 10
<<
Demo in Magdeburg: Mehr
Personal und gerechte Bezahlung 12
<<
Gewalt gegen Beschäftigte:
Traurige Realität
<<
4
10
13
<
<
fokus
<<
reportage
Zollhundeschule Bleckede:
Die Supernasen
14
analyse
Bund-Länder-Finanzausgleich:
Alles unklar
20
<<
dbb akademie
22
<
<
spezial
<<
die andere meinung
Bundesfernstraßen:
Privatisierung um jeden Preis?
24
<<
service
Der Fall des Monats
25
14
20
<<
<<
vorgestellt
Zollkriminalamt26
<<
dbb jugend
28
<<
nachgefragt
Rita Pawelski, Bundeswahlbeauf­
tragte für die Sozialwahlen
30
<<
Verstärkung für
„Die Unverzichtbaren“
31
<<
dbb bundesfrauenvertretung
Über Geld spricht man
32
Impressum: Herausgeber: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion – Fried­
richstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.4081-40. Telefax: 030.4081-5599.
Internet: www.dbb.de. E-Mail: [email protected].
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zeigen­dis­position: Britta Urbanski, Telefon: 02102.74023-712. Anzeigentarif Nr. 58,
gültig ab 1.10.2016. Druckauflage: 598.746 (IVW 3/2016). Anzeigenschluss: 6 Wochen
vor Erscheinen. Gedruckt auf Papier aus elementar-chlorfrei gebleichtem Zellstoff.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird der Einfachheit halber nur die männliche
Form verwendet. Sämtliche Personen- und Berufsbezeichnungen gelten jedoch gleichermaßen für alle Geschlechter.
ISSN 0941-8156
28
34
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40
<<
Drei Fragen an Dr. Christina Boll,
Forschungsdirektorin am Hambur­
gischen WeltWirtschaftsInstitut 34
<<
europa
Populistische Tendenzen: Positive
­Anreize gegen Hetzer setzen
35
<<
dbb vorsorgewerk
<
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finale
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online40
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mitgliedsgewerkschaften42
<<
kulisse47
38
> dbb magazin | Dezember 2016
3
in eigener sache
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Die Stimmen, die vor den Folgen des eklatanten Personalmangels im öffentlichen Dienst warnen, mehren sich. Soeben vorgelegte Zahlen belegen, dass die Bürgerinnen und Bürger das nach Jahren rigiden Stellenabbaus klaffende Personalloch bereits an allen Ecken und Enden zu spüren
bekommen: bei Einsätzen der Polizei, in den Klassenzimmern der Schulen, bei der Kinderbetreuung in den Kitas, in Bürger- und Finanzämtern.
Von aktuell 110 000 Fachkräften, die gebraucht werden,
spricht der Finanzexperte Dr.
Dieter Vesper, der im Auftrag
des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung
(IMK) die Personalsituation im
öffentlichen Dienst unter die
Lupe genommen hat. Hinzu
kommen demnach nochmals
115 000 Stellen, die jedes Jahr
aus Altersgründen neu besetzt
werden müssen. Das deckt sich
mit Erhebungen, auf die der
dbb bereits zu Jahresbeginn 2016 hingewiesen hatte und die auf Angaben seiner Mitgliedsgewerkschaften fußen. Demnach bräuchte der Staat
über 200 000 Mitarbeiter mehr, um langfristig in der Lage zu sein, alle
anstehenden Aufgaben zu erfüllen und seine Dienstleistungen in der erforderlichen und von den Menschen gewünschten Qualität zu garantieren. Klaus Dauderstädt, der dbb Bundesvorsitzende, räumte ein, dass erste Maßnahmen ergriffen worden sind, um die Situation zu entspannen.
„Aber unser Appell, die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, die trotz
der enormen Belastungen eine großartige Arbeit leisten, mit diesem Problem nicht länger allein zu lassen, hat bislang leider kein ausreichendes
Echo gefunden. Hier darf nicht länger gekleckert, es muss geklotzt werden“, machte der dbb Chef klar. Auch Vesper konstatierte, dass die Folgen
der langjährigen Schrumpfkur im öffentlichen Dienst trotz Personalaufstockungen seit 2008 längst nicht überwunden seien: Für den Zeitraum
zwischen 2002 und 2015 sei ein Minus von 4,8 Prozent zu verzeichnen.
Besonders drastisch sei der Personalabbau auf Bundesebene, wo es 2005
noch 531 000 Stellen gab, 2015 aber nur noch 468 000 – ein Rückgang um
fast zwölf Prozent. Gefordert ist die Politik, und die Marschrichtung muss
heißen: Personallücke schließen! <
<
dbb
Jean-Claude Juncker, Präsident der EU-Kommission:
Eine gute Verwaltung ist ein wesentlicher
Standort- und Wettbewerbsvorteil
dbb magazin
Was erwarten Sie von Deutschland? Was muss die Bundesregierung tun, damit es mit Europa wieder vorwärtsgeht?“
<<
interview
4
Juncker
Die Bundesregierung tut bereits sehr viel, damit es mit Europa vorwärts geht. In allem
Handeln der Bundeskanzlerin
Angela Merkel spiegelt sich die
Einsicht wider, dass viele der
Herausforderungen, vor denen
wir stehen, nur gemeinsam zu
meistern sind. Kein Mitgliedsland allein – so groß es auch
sein mag – kann Fragen der
Migration, Sicherheit oder des
Klimawandels im Alleingang
lösen. In diesem Sinne haben
wir auch in der Flüchtlingskrise
Hand in Hand daran gearbeitet, für europäische Werte einzustehen und gemeinsame Lösungen zu finden. Dadurch
konnten wir beispielsweise in
einer Rekordzeit von neun
Monaten einen europäischen
Grenz- und Küstenschutz einrichten.
In anderen Politikbereichen,
wie dem der Energieunion oder
der Kapitalmarktunion, können
wir unser gemeinsames Potenzial noch besser ausschöpfen.
So wie wir die Geldpolitik für
den Euroraum als Ganzen steuern, sollten wir darüber hinaus
auch die Finanzpolitik als Ganzes gestalten. Es liegt auf der
Hand, dass wir unsere wirtschaftliche Erholung besser unterstützen können, wenn wir
die Finanzpolitik enger koordinieren. Das heißt konkret: Diejenigen Mitgliedstaaten, die es
sich leisten können, müssen
mehr investieren, während diejenigen, die weniger haushalts-
> dbb magazin | Dezember 2016
politischen Spielraum haben,
Reformen und eine wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung durchführen
sollten. Wir unterstützen diese
Bemühungen auch von europäischer Ebene mit der Investitionsoffensive. Diese hat bereits 138,3 Milliarden Euro an
neuen Investitionen mobilisie-
als Vorbild für zukünftige, verbindliche Verwaltungsstandards in den EU-Mitgliedstaaten oder was muss sonst getan
werden?
<<
Juncker
In den vergangenen Jahren
sind die Verwaltungen auf der
Objektivität, Begründungspflicht und Datenschutz verankert, wird nicht nur in Beitrittsverhandlungen deutlich. Wir
arbeiten außerdem zusammen
mit den Mitgliedstaaten daran,
unnötige Bürokratie- und Verwaltungslasten sowie schwerfällige und langwierige Ge­
nehmigungsverfahren zu
entschlacken. Es ist in unser
aller Interesse, dass Investitionshemmnisse beseitigt werden, sei es im Insolvenzrecht
oder bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Darauf achten
wir übrigens besonders als Teil
des Europäischen Semesters
und somit im Rahmen unserer
wirtschaftlichen Koordinierung. Eine gute Verwaltung –
also Beamte wie Sie – sind ein
wesentlicher Standort- und
Wettbewerbsvorteil.
<<
© Factio popularis Europaea
<<
<
< Jean-Claude Juncker
ren können und wird rund
290 000 kleinen Unternehmen
und Start-ups Zugang zu Finanzierung verschaffen.
<<
dbb magazin
Wie bürgerfreundlich ist die
EU-Verwaltung heute? Für die
Verwaltung der Europäischen
Union gilt bereits seit 2001 ein
„Kodex für gute Verwaltungspraxis“. Eignet sich der Kodex
nationalen wie auf der europäischen Ebene bürgerfreundlicher geworden. Wenn es beispielsweise um Transparenz
geht, hat uns das Internet sehr
geholfen, weil es den Bürgern
dank neuer technischer Möglichkeiten ganz ungeahnte Einsicht- und Mitwirkungsmöglichkeiten eröffnet. Wie
wichtig der von Ihnen angesprochene Kodex ist, der nach
wie vor aktuelle Prinzipien wie
dbb magazin
Aus Sicht der Kommission gibt
es Fortschritte bei der Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Europa, vor allem
wegen der EU-Jugendgarantie,
nach der allen Menschen unter
25 Jahren mithilfe europäischer Finanzmittel ein Praktikums-, Ausbildungs- oder Arbeitsplatz angeboten werden
soll. Gleichwohl liegt die Jugendarbeitslosigkeit in einigen
Ländern noch immer bei weit
über 40 Prozent, im EU-Durchschnitt bei besorgniserregenden 18,6 Prozent. Welche
zusätzlichen Maßnahmen
könnten zur Senkung der
Jugendarbeitslosigkeit bei­
tragen?
<<
Juncker
Ich kann und werde nicht akzeptieren, dass die Millennium-Generation möglicherwei-
dbb
Am wichtigsten aber ist es,
Arbeitsplätze und Wachstum
zu schaffen. Das ist das Ziel,
auf das die zehn Prioritäten
meines Arbeitsprogramms
ausgerichtet sind; darum geht
es vom Investitionsplan über
den Ausbau der Energieunion
bis hin zum Digitalen Binnenmarkt. Gerade in Zeiten, in denen die Digitalisierung unsere
gesamte Arbeitswelt umkrempeln wird, müssen wir Ideen
und Innovationen fördern und
damit Chancen und Arbeitsplätze schaffen, die zukunftsorientiert sind. Europas Kapital
sind seine jungen Menschen
und ihre Ideen.
<<
dbb magazin
Wie kann die Dublin-Verordnung an die Herausforderung
dauerhaft hoher Zuwanderungszahlen nach Europa
<<
Juncker
Es ist eine Frage der Solidarität,
dass nicht allein die Position
auf der Landkarte darüber bestimmen darf, dass die Verantwortung für gemeinsame
Grenzen oder für Flüchtlinge
allein bei einem Land bleibt.
Wir wollen mit Vorschlägen zur
EU-weiten Harmonisierung der
Asylbedingungen das EU-Asylrecht reformieren und damit
die Voraussetzungen für eine
humanere, gerechtere, kohärentere und wirksamere europäische Asylpolitik schaffen.
Diese Reform gewährleistet
Großzügigkeit gegenüber besonders gefährdeten Personengruppen, die tatsächlich
internationalen Schutz benötigen, und ein strenges Vorgehen gegen möglichen Missbrauch, wobei die Grundrechte
immer geachtet werden.
Unsere Vorschläge zur Reform
des Dublin-Systems wollen so
unter anderem sicherstellen,
dass die Flüchtlinge grundsätzlich solidarischer zwischen den
Mitgliedstaaten verteilt werden. Es bleibt zwar dabei, dass
zunächst das EU-Land, auf dessen Boden der Flüchtling ankommt, die Verantwortung
übernimmt. Wenn allerdings
eine gewisse Schwelle überschritten ist und ein Mitgliedstaat – gemessen an seiner
Größe und seinem relativen
Wohlstand – einem unverhältnismäßigen Druck ausgesetzt
ist, soll automatisch ein Fairness-Mechanismus greifen, der
die Flüchtlinge auf die anderen
Länder verteilt. Außerdem wollen wir die Asylverfahren und
-normen in den Mitgliedstaaten harmonieren.
Das trägt auch dazu bei, Asylshopping und Sekundärwanderungen zu verhindern. Mehr
Solidarität und mehr Klarheit
sind sowohl im Sinne aller Mitgliedstaaten als auch im Sinne
derjenigen, die bei uns Zuflucht suchen.
<<
dbb magazin
Die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA erhitzen die Gemüter: Welchen Einfluss hätten die Verträge nach
derzeitigem Stand auf die Arbeitnehmerrechte? Würden
durch sie Privatisierungen und
Eingriffe in die öffentliche Daseinsfürsorge befördert?
<<
Juncker
CETA, das Abkommen mit
Kanada, ist das beste Abkommen, das wir je ausgehandelt
haben – und das würde ich natürlich nicht sagen, wenn ich
nicht genau wüsste, dass wir
den Bedenken der Europäer
Rechnung getragen haben. Mit
CETA setzen wir höchste Standards im Bereich der Lebensmittelsicherheit, beim Gesundheits- und Datenschutz sowie
für die Produktsicherheit. Ent-
gegen anderer Darstellungen
bleiben die europäischen Standards ebenso erhalten, wenn
es um Arbeitnehmerrechte
geht. Das Abkommen stellt sicher, dass wirtschaftliche Vorteile nicht auf Kosten der Demokratie, des Umweltschutzes
oder der öffentlichen Daseinsvorsorge gehen. CETA verpflichtet nicht zur Privatisierung oder Deregulierung
öffentlicher Dienstleistungen
wie der Wasserversorgung
oder der Bildung. Darüber können die Mitgliedsländer weiterhin selbst entscheiden.
Wir haben alles dafür getan,
auf die Bedenken der Menschen einzugehen – das war
und ist mir besonders wichtig.
Mit Kanada haben wir einen
wichtigen Verbündeten gefunden, um unsere europäischen Standards weltweit zu
etablieren. CETA ist jetzt der
wegweisende Goldstandard
für alle weiteren Handelsabkommen. << Jean-Claude Juncker ...
... Jahrgang 1954, wurde im luxemburgischen Redingen geboren.
1974 bis 1979 studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Straßburg und erhielt 1980 die Zulassung als Rechtsanwalt,
übte diesen Beruf jedoch nie aus, da er von Beginn an eine Karriere
als Berufspolitiker anstrebte. 1982 wurde Juncker, der 1974 der
Christlich Sozialen Volkspartei (CSV) beigetreten war. zum Staatssekretär für Arbeit und soziale Sicherheit ernannt und übte dieses
Amt bis 1984 aus. 1984 wurde er zum Arbeitsminister gewählt
und fungierte zugleich als beigeordneter Minister mit Zuständigkeit für den Haushalt. Von 1984 bis 1994 war er Finanzminister
und Arbeitsminister und von 2009 bis 2013 luxemburgischer Premierminister sowie von 2004 bis 2013 Vorsitzender der Eurogruppe. Im Jahre 2014 wurde Jean-Caude Juncker zum Präsidenten der
Europäischen Kommission gewählt.
> dbb magazin | Dezember 2016
5
interview
Wir haben beispielsweise die
von Ihnen angesprochene EUJugendgarantie verbessert.
Mehr als neun Millionen junge
Menschen haben bereits von
dem Programm profitiert und
so einen Arbeitsplatz, ein Praktikum oder eine Ausbildungsstelle erhalten. Zusätzlich zu
Erasmus Plus, das nicht nur
Studenten, sondern auch jungen Berufstätigen offensteht,
haben wir einen Europäischen
Solidaritätskorps vorgeschlagen. Damit ermöglichen wir es
jungen Menschen, sich als Freiwillige in Krisensituationen –
wie der Flüchtlingskrise oder
wie nach dem Erdbeben in Italien – zu engagieren. Damit
können die jungen Menschen
sich nicht nur persönlich weiterentwickeln und wichtige berufliche wie persönliche Erfahrungen sammeln, sondern
auch europäische Solidarität
leben.
angepasst werden? Worin bestehen aus Ihrer Sicht die Eckpunkte einer gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik?
© david plas photographer
se die erste seit 70 Jahren ist,
der es schlechter geht als ihren
Eltern. Auch wenn es in erster
Linie Aufgabe der nationalen
Regierungen ist, dagegen zu
steuern, tun wir von europäischer Seite aus alles, um sie zu
unterstützen.
© Minerva Studio / Fotolia
dbb
Versorgungsbericht der Bundesregierung:
diskussionen über die Finanzierbarkeit der Beamtenver­
sorgung die Faktenlage außer
Acht lassen.
Fakten statt Vorurteile
Der dbb hat die turnusgemäße Vorlage des aktuellen Versorgungsberichts
der Bundesregierung begrüßt. „Die seit 1996 regelmäßig erscheinenden
Berichte bieten anstelle von Vorurteilen Fakten in Sachen Pensionen“, sagte
dbb Vize und Beamtenvorstand Hans-Ulrich Benra am 8. November 2016
in Berlin.
berufspolitik
6
„Die Versorgungsberichte sind
erforderlich und wichtig, um
alle Beteiligten und Betroffenen objektiv und sachbezogen
über die wichtigsten Grundlagen, Veränderungen und Herausforderungen des eigenständigen Alterssicherungssystems
der Beamten zu informieren“,
so Benra beim Beteiligungsgespräch zum Sechsten Versorgungsbericht der Bundesregierung.
Das Zahlenwerk zeigt, „dass
der seit Jahrzehnten betriebene erhebliche Personalabbau
des Bundes, der moderate Anstieg der beamtenrechtlichen
Versorgungsbezüge insbesondere in den Jahren ab 1999,
die laufende wirkungsgleiche
Übertragung von Reformmaßnahmen aus der gesetzlichen
Rentenversicherung und die
Bildung der Versorgungsrück­
lagen seit 1998 im Bereich des
Bundes in erheblichem Maße
dazu beigetragen haben, den
Anstieg der Versorgungausgaben zu dämpfen, sodass das
prognostische Ergebnis in weiten Bereichen sogar unterhalb
früherer Vorhersagen liegt“,
fasste Benra zusammen. „Hinzu kommt, dass durch die Einrichtung eines kapitalgedeckten Versorgungsfonds für ab
2007 berufene Beamte weitere Vorsorge betrieben wurde,
was sich weiter entlastend auf
die zukünftigen Haushalte
auswirken wird.“ Die Analyse
des dbb zeige im Einzelnen, so
Benra:
> dbb magazin | Dezember 2016
>>Der Anteil der Personalausgaben an den Gesamtausgaben
des Bundes ist in den letzten
Jahren erheblich auf deutlich
unter 10 Prozent ­gesunken.
>>Das Niveau der Versorgungsausgaben des Bundes bleibt
stabil und ist zukünftig –
­insbesondere aufgrund des
Rückgangs im Bereich Bahn/
Post – insgesamt leicht rückläufig.
>>Sowohl der prozentuale Anteil der Versorgungskosten
an den Steuereinnahmen
(Versorgungs-Steuer-Quote)
als auch in Bezug auf das
Bruttoinlandsprodukt (Versorgungsquote) ist relativ
konstant und zeigt die Tragfähigkeit und Finanzierbarkeit des Systems der Beamtenversorgung auf.
>>Die Zahl der Ruhestandseintritte wegen Dienstunfähigkeit ist in den letzten Jahren
zurückgegangen, während
das durchschnittliche Ruhestandseintrittsalter spürbar
angestiegen ist.
>>Die durchschnittlichen Ruhe­
gehaltssätze sowohl der Bestandspensionäre als auch
der Versorgungsneuzugänge
sind durch die allgemeine
­Niveauabflachung einerseits
und durch die Zunahme von
Teilzeitbeschäftigungszeiten
andererseits signifikant
zurück­gegangen.
>>Die Versorgungsausgaben
des Bundes sind mit der
­Versorgungsrücklage und
dem Versorgungsfonds des
Bundes zu einem laufend
ansteigenden Anteil nachhaltig ausfinanziert und generationengerecht veranschlagt. Aus einer zunächst
zu erreichenden teilweisen
Kapitaldeckung soll und
wird auf diese Weise langsam eine überwiegende Kapitaldeckung zukünftiger
Versorgungsausgaben
­werden.
„All dies belegt, dass die regelmäßig in der Öffentlichkeit geführten Vergleichs- und Neid-
Ein behaupteter aktueller
Nachholbedarf gegenüber
der gesetzlichen Rentenversicherung im Hinblick auf weitere Reformmaßnahmen ist
nicht angezeigt und wäre vielmehr eine überproportionale
Belastung von Beamten gegenüber anderen Beschäftigtengruppen“, unterstrich der
dbb Vize und forderte: „Diese
Tatsachen sollten auch vonseiten des Dienstherrn Bundesrepublik Deutschland öffentlich deutlicher betont
werden, um die regelmäßige
und häufig unvollständig und
einseitig geführte Debatte
über die Ausgabenentwicklung beamtenrechtlicher Versorgungssysteme – auch auf
politischer Ebene – zu versachlichen.“ << Demografie: Pflegezeiten bei der Bundesagentur für Arbeit
In einer alternden Gesellschaft wachsen die Herausforderungen
durch pflegebedürftige Angehörige. Nicht immer ist ein Pflegeheim eine gangbare Option. Vielfach findet Pflege daher in den
eigenen vier Wänden statt und wird von Partnern oder Kindern
übernommen. Wenn man das Leben in verschiedene Phasen teilen
müsste, ist dies eine weitere, bei der es auf alternsgerechtes Arbeiten ankommt. Eine Lösung könnte die Einrichtung von Langzeitkonten sein, aus denen die Zeiten bei Bedarf entnommen werden
können. Doch die wenigsten Mitarbeiter nutzen die Möglichkeiten
zum Ansparen der Arbeitszeit. Die Gründe sind vielfältig und reichen von der Ungewissheit, ob und wie das angesparte Guthaben
später genutzt werden könnte, über nicht anfallende Mehrarbeit
oder fehlenden zeitlichen Spielraum.
Aber selbst bei perfekten Rahmenbedingungen steht fest: Pflegebedürftigkeit ist nichts, was sich planen lässt. Die Bundesagentur
für Arbeit (BA) geht in ihrer Dienstvereinbarung seit Juni 2016 einen Weg, der die Regelungen der gesetzlichen Freistellungsmöglichkeiten nach dem Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz
­erweitert. Die BA geht in Vorleistung und lässt auf dem Arbeitszeitkonto Negativguthaben zu, die erst später wieder aufgefüllt
werden müssen. Die Beschäftigten können also Zeiten entnehmen, die noch gar nicht angespart sind, vergleichbar mit einem
zinsfreien Arbeitszeitdarlehen. Begrenzt wird die Zeitschuld auf
900 Stunden. Nach erfolgter Freistellung muss die Zeit nachgearbeitet werden. Damit es nicht zur Selbstüberforderung kommt,
können pro Jahr nur 200 Stunden zurückgezahlt werden. Das ist
immer noch sehr viel. Darum bietet die BA die Möglichkeit, nach
der Pflegefreistellung auf Teilzeit zu gehen und so die Stunden
über Einkommenseinbußen wieder aufzufüllen.
dbb
Jobcenter:
Die Organisation der Jobcenter verursacht per­
manente Ungerechtigkeiten für die dort arbeitenden Beschäftigten. Denn es handelt sich in der
Regel um gemeinsame Einrichtungen der Bundesagentur für Arbeit und einer Kommune. Beide stellen dafür Personal, bezahlen aber unterschiedlich.
In der Folge gibt es zwischen Kolleginnen und Kollegen mit den gleichen Tätigkeiten enorme Gehaltsunterschiede von bis zu 500 Euro pro Monat.
­ eben der Bundesagentur für
N
Arbeit und den Kommunen
seien auch Bundesländer betroffen, da in den Stadtstaaten teilweise nach dem TV-L
(Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder) bezahlt würde. „Solange eine
Einigung mit diesen Tarifpartnern auf sich warten lässt,
droht ein Flickenteppich mit
regionalen Notlösungen.“
<
< Uwe Lehmensiek, Vorsitzender der Arbeitsgruppe der Jobcenter Personalräte, und die Bundesvorsitzenden von dbb und ver.di, Klaus Dauderstädt und Frank Bsirske, diskutierten unter Moderation von Klaus Kipke
(von links).
Wie eine solche Übergangsregelung aussehen könne, zeige
ein Beispiel aus einem Jobcenter in Nordrhein-Westfalen:
Mit Zustimmung des Personalrates bekämen dort Leistungsund Unterhaltssachbearbeiter
sowie Teamleiter aus der Kommune eine Zulage. Für die einzelnen Beschäftigten bedeute
Gesprächsrunde im Bundeskanzleramt:
Integration Geflüchteter verbessern
Die Rahmenbedingungen für die Integration der
nach Deutschland geflüchteten Menschen müssen weiter verbessert werden. Dies war auch ein
Thema der fünften Gesprächsrunde von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Vertretern der bei der
Flüchtlingsaufnahme engagierten Verbände und
gesellschaftlichen Gruppen am 3. November 2016
im Bundeskanzleramt in Berlin.
© Frank Gärtner / Fotolia
berufspolitik
8
Das sagte dbb Chef Klaus
Dauderstädt am 9. November
2016 in Berlin. Der dbb fordert daher eine tarifvertrag­
liche Lösung, um diesen Zustand zu beenden. „Wir rufen
die beteiligten Arbeitgeber
auf, sich schnell mit uns an
einen Tisch zu setzen“, forderte Dauderstädt auf einer Diskussionsveranstaltung der
Jobcenter-Personalräte.
© dbb
Einheitliche Bezahlung für gleiche Arbeit
> dbb magazin | Dezember 2016
Ein Problem bei der Integration
in den Arbeitsmarkt – auch im
öffentlichen Dienst – seien
mangelnde Zugangsvoraussetzungen, sowohl sprachlich als
auch fachlich, machte der dbb
Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt in der Unterredung
deutlich. Als wichtiger Arbeitgeber in der Bundesrepublik
dürfe der öffentliche Sektor
nicht tabu für Menschen mit
Migrationshintergrund sein,
so Dauderstädt.
Angesichts der nicht niedrigen
Zugangshürden für eine Berufsausbildung im öffentlichen
Dienst habe der dbb Tarifgespräche mit dem Bund und der
Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände aufgenommen, um Rahmenbedingungen
dies eine monatliche Gehaltsaufbesserung von bis zu 500
Euro. „Das Beispiel zeigt, dass
die Arbeitgeber offenbar die
Handlungsnotwendigkeit anerkennen. Langfristig führt kein
Weg an einer dauerhaften tarifvertraglichen Lösung vorbei“, so der dbb Bundesvorsitzende.
für Förderprogramme bei Asylberechtigten und Flüchtlingen
festzulegen.
An deren Ende sollen die Teilnehmer befähigt sein, eine
entsprechende Ausbildung zu
starten. „Auf diese Weise tragen die Sozialpartner dazu bei,
die schwierigen Etappen für
eine erfolgreiche berufliche
­Integration zu erleichtern“,
­erklärte der dbb Chef.
Die Zugangszahlen Geflüchteter waren von 90 000 im Januar 2016 auf zuletzt 13 000
­gesunken. Für das BAMF (Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge) informierte FrankJürgen Weise über eine Erledigung von über 700 000 Fällen
mit einer inzwischen akzeptablen Bearbeitungsdauer von
etwa eineinhalb Monaten.
Allerdings seien dazu über
115 000 Verwaltungsgerichtsverfahren anhängig.
dbb
Demografie-Kongress:
Von Integrationszielen noch weit entfernt
strukturiert“, stellte Silberbach
fest und machte zugleich deutlich, dass vor allem die Kommunen noch mehr Unterstüt-
© Jan Brenner
Zwar seien bereits große Erfolge in diesem Bereich zu verzeichnen, aber „wir haben das
anfängliche Chaos gerade mal
<
< Als Teilnehmer der Podiumsdiskussion über „Integrationsstrategien in
Bund, Ländern und Kommunen“ machte sich der stellvertretende dbb
Bundesvorsitzende und Chef der komba gewerkschaft, Ulrich Silberbach
(Mitte), stark für weiteren Personalaufwuchs in den Kommunen: Dort
werde schließlich der Mammutanteil der Integrationsarbeit geleistet.
zung brauchen. „Die Städte
und Gemeinden sind die Letzten in der Kette, sie leisten den
Mammutanteil der Integrationsarbeit“, betonte der dbb
Vize. Hier mache sich nun der
rigide Personalabbau der vergangenen Jahrzehnte besonders sträflich bemerkbar.
„Wir brauchen, damit die
gesellschaftliche Integration
gelingt, noch weiteren Personalaufwuchs.“ Silberbach kritisierte zudem, dass der öffentliche Dienst lange Zeit öffentlich
„schlechtgeredet“ worden sei.
Dies erschwere nun die dringend notwendige Gewinnung
und Qualifizierung motivierter
Menschen. „Und die fehlen uns
an allen Ecken – in der Kinderbetreuung und den Schulen,
in der Sozialen Arbeit, um nur
diese Bereiche zu nennen“, so
Silberbach. Der Bund habe bereits eine Menge getan, um die
Herausforderung der Integra­
tion zu meistern. „Aber wir
sehen die Länder in der Pflicht.
Bei ihnen bleibt zu viel an den
klebrigen Fingern hängen,
was die Kommunen dringend
bräuchten“, kritisierte der
komba Bundesvorsitzende. Er
Nationaler IT-Gipfel:
Verwaltungen an Digitalisierung beteiligen
Die Beschäftigten in den
öffentlichen Verwaltungen
müssen angemessen an allen
Prozessen im Zusammenhang
mit der Digitalisierung beteiligt werden.
Das hat der stellvertretende
Bundesvorsitzende und Fachvorstand Beamtenpolitik des
dbb, Hans-Ulrich Benra, am
17. November 2016 auf dem
Nationalen IT-Gipfel in Saar­
brücken deutlich gemacht.
„Nur, wenn die Mitarbeiter
mitgestalten können und
dafür auch entsprechend
qualifiziert werden, sind die
dringend notwendigen
Fortschritte bei der Digita­
lisierung der Verwaltung zu
erreichen“, so Benra. Zudem
müssten die Beschäftigungs-
bedingungen an die neuen
Erfordernisse angepasst und
ein moderner Gesundheitsschutz nicht nur angestrebt,
sondern gesichert werden.
„Modernisierung 4.0 mit
Beteiligung 1.0 – das kann
nicht gelingen“, verdeutlichte
Benra die Haltung des dbb.
Dem dbb, so Benra weiter,
gehe es um die Akzeptanz
warnte davor, die Diskussion
„allzu theoretisch zu führen“.
So sei die Unterbringung der
Geflüchteten noch immer
nicht ausreichend gut geregelt,
vielen der betroffenen Menschen fehle eine sinnvolle Beschäftigung. „Hier müssen wir
noch schneller als bisher vorankommen“, mahnte Silberbach. Er forderte auch mehr
Anerkennung für die Kolleginnen und Kollegen vor Ort, die
bei den unterschiedlichen Integrationsaufgaben „einen tollen
Job“ machten.
Bereits am Vortag hatte der
Vorsitzende der dbb bundes­
seniorenvertretung, Wolfgang
Speck, auf dem DemografieKongress altersgerechtes Wohnen als eine Herausforderung
bezeichnet, der sich die Kommunen immer aktiver stellen
müssen, um dem demogra­
fischen Wandel Rechnung zu
tragen.
Neben baulichen und infrastrukturellen Aspekten müsse
dabei auch das Sicherheitsempfinden der älteren Generation stärker in den Blick
rücken. von E-Government bei Bürgern und Beschäftigten gleichermaßen. „Wer Systeme an
den Menschen vorbei plant,
ihre berechtigten Bedürfnisse
nicht ernst nimmt, wird
scheitern.“
Der 10. Nationale IT-Gipfel
stand unter dem Motto
„Lernen und Handeln in der
digitalen Welt“. Vertreter aus
Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft waren in Saarbrücken zusammengekommen, um Projekte
dazu anzustoßen.
> dbb magazin | Dezember 2016
9
berufspolitik
Die Integration der nach Deutschland geflüchteten Menschen ist eine langfristige Aufgabe, die
nur von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam gelöst werden kann. „Wir sind vom Erreichen
der Integrationsziele noch weit entfernt“, konstatierte der dbb Vize und Chef der komba gewerkschaft, Ulrich Silberbach, am 9. November 2016
auf dem 11. Demografie-Kongress Best Age des
Behörden Spiegel in Berlin.
dbb
Einkommensrunde 2017:
Landesbeschäftigte
erwarten Einkommensplus
© Friedhelm Windmüller
tarifpolitik
10
Ende Oktober 2016 startete der dbb die Branchentage zur Einkommens­
runde 2017 für die Beschäftigten der Länder. Um ihre Erfahrungen und Erwartungen in die anstehenden Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft
deutscher Länder (TdL) einzubringen, versammelten sich dbb Mitglieder aus
verschiedenen Sparten des öffentlichen Dienstes bundesweit zu Diskussionsveranstaltungen rund um die Einkommensrunde 2017. Einig sind sich alle
in einem zentralen Punkt: Ein kräftiges Einkommensplus muss her.
<
< Stellvertretend für alle Kolleginnen und Kollegen im Bild, die bisher auf den Branchentagen mitdiskutiert haben:
Teilnehmer des Branchentages in Baiersbronn mit dbb Tarifchef Willi Russ (Mitte)
Straßenwärter aus ganz Mecklenburg-Vorpommern kamen
am 27. Oktober 2016 in Rostock zusammen. „Der Job bei
den Straßen- und Autobahnmeistereien birgt viele Gefahren. Immer wieder verunglücken Kolleginnen und Kollegen
beim Einsatz für die sichere
Fahrt von Bürgerinnen und
Bürgern“, sagte Willi Russ,
Zweiter Vorsitzender und Fachvorstand Tarifpolitik des dbb,
> dbb magazin | Dezember 2016
der die Tarifverhandlungen mit
der TdL für den dbb führen
wird, bei der Eröffnung der
bundesweiten Veranstaltungsreihe. „Deshalb formulieren die
Beschäftigten ihre Forderung
nach Teilhabe an der guten
Wirtschaftslage sehr selbstbewusst. Nicht nur, weil ihre Leistung das rechtfertigt. Sondern
auch, um den Berufszweig für
den Nachwuchs attraktiver zu
machen, damit Arbeitsverdich-
tung und Überalterung die Situation nicht noch weiter verschlimmern.“ Die endgültige
Forderung an die Arbeitgeber
würden die dbb Gremien zwar
erst im Dezember beschließen,
aber es sei bereits klar geworden, dass die Länder „deutlich
in das Personal investieren“
müssten.
Siegfried Damm, Bundesvorsitzender der VDStra.-Fachge-
werkschaft der Straßen- und
Verkehrsbeschäftigten, machte deutlich, dass auch jenseits
der Tarifverhandlungen viel
politischer Handlungsbedarf
bestehe: „Bisher werden die
Autobahnen im Auftrag des
Bundes von den Ländern verwaltet. Im Zuge der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs hat sich der Bund
jedoch mehr Kompetenzen gesichert, dem Vernehmen nach
soll eine privatrechtlich organisierte Infrastrukturgesellschaft
entstehen. Hier sagen wir ganz
klar: An den Beschäftigten vorbei darf es keine Umstrukturierung geben – von irgendwelchen Verschlechterungen bei
den Arbeitsbedingungen ganz
zu schweigen.“
<<
Lehrerberufe müssen
attraktiver werden
Beim dbb Branchentag am
8. November 2016 in Neubrandenburg brachten Lehrkräfte
ihre Forderungen zu Gehör. Für
Russ steht hier die Fortentwicklung der Entgeltordnung
im Vordergrund: „Die Lehrkräfte haben seit etwas über einem Jahr ihre eigene Entgeltund Eingruppierungssystematik. Wir erwarten, dass weitere
Verbesserungen vereinbart
werden, um den Lehrerberuf
attraktiver zu machen. Es gilt,
die Entgeltordnung für Lehrkräfte sowohl im Sinne der Beschäftigten als auch der gesellschaftlichen Anforderungen
zukunftssicher weiterzuentwickeln. Die Lehrkräfte machen
überall einen tollen Job – das
gehört anerkannt und verdient
Wertschätzung.“
Der Landesvorsitzende des dbb
mecklenburg-vorpommern,
Dietmar Knecht, machte deutlich, dass ein Tarifergebnis vor
dbb
allem dazu taugen müsse, das
gesamte Personal zu motivieren: „Die neue Landesregierung hat im Koalitionsvertrag
die Chance auf positive Impulse für den öffentlichen Dienst
vertan.“ Er bemängelte die Vorwegnahme des Tarifergebnisses im Land, nach der Beamte
ab 1. Juli kommenden Jahres
1,75 Prozent mehr Einkommen
erhalten sollen. „Kommt in der
Länderrunde mehr heraus,
muss der Dienstherr nachbessern!“ In diesem Zusammenhang forderte Knecht die Rückkehr zu den Regelungen aus
2009 und 2011. Damals war es
gelungen, das Tarifergebnis
wirkungsgleich auf die Beamten zu übertragen. „Haushaltstricks mit Besoldung und
Versorgung auf dem Rücken
der Beamten müssen ein für
alle Mal der Vergangenheit angehören“, so Knecht.
Michael Blanck, Landesvorsitzender des Verbandes Bildung
und Erziehung (VBE) in Mecklenburg-Vorpommern, sagte:
„Die Arbeitsbedingungen müssen insgesamt attraktiver gestaltet werden, damit wir ausreichend junge Lehrerinnen
und Lehrer in die Schulen bekommen. Aber vor allem auch
die älteren Kolleginnen und
Kollegen dürfen nicht vergessen werden, die in Mecklenburg-Vorpommern über viele
Jahre zwangsweise in Teilzeit
arbeiten mussten.“
<<
Polizei unter großer
Belastung
Kolleginnen und Kollegen aus
der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) debattierten am
15. November 2016 in Baiersbronn-Obertal. „Die hohe Verantwortung und die noch höhere Arbeitsbelastung von
Polizistinnen und Polizisten
sind für jedermann sichtbar.
Was die Kolleginnen und Kollegen an den verschiedensten
Schauplätzen tagtäglich im
Dienste von Sicherheit und
Ordnung für die Bürger leisten,
geht oft bis an die physische
und psychische Belastungs-
grenze. Überstundenberge als
Folge mangelnder Personalverstärkung sind zum Alltag geworden. Verbale Beschimpfungen und tätliche Angriffe auf
Polizisten nehmen zu. Und
selbst die technische Ausrüstung hinkt den Erfordernissen
hinterher. Es ist völlig klar: Für
ihre dennoch verlässlichen
Leistungen erwarten die Kolleginnen und Kollegen zu Recht
ein kräftiges Einkommensplus.
Das könnte im Übrigen auch
dazu beitragen, den Polizeidienst attraktiver für junge
Menschen zu machen – und
die werden dringend gebraucht“, fasste Willi Russ die
Stimmungslage zusammen.
Dass die Landespolizei dringend und möglichst rasch personelle Verstärkung benötigt,
unterstrich auch Manfred
Riehl, Mitglied der DPolG-Tarifkommission. So könne auch in
Baden-Württemberg eine
Wachpolizei wie in Berlin,
Hamburg und Hessen im Objektschutz zum Einsatz kommen und so zur Entlastung der
Kolleginnen und Kollegen im
Vollzug beitragen. Allerdings
müssten Einkommensunterschiede, wie es sie – trotz des
annähernd gleichen Aufgabenspektrums – in diesen Ländern
gebe, in Baden-Württemberg
von vornherein vermieden
werden, mahnte Riehl: „Sicherheit ist bekanntlich nicht zum
Billigtarif zu haben.“ Zudem
gebe es neben der Forderung
einer linearen Entgeltsteigerung vor allem angesichts
stressiger Schichtdienste viel
Zustimmung für den Wunsch
nach Erhöhung der allgemeinen Zeitzuschläge, so für Überstunden, Nacht- und Sonntagsarbeit.
<< Info
Weitere Branchentage
finden bis zur Forderungsfindung am 14. Dezember
2016 in Langenhagen, Leipzig, Stuttgart, Düsseldorf,
Gelnhausen und Nürnberg
statt.
> dbb magazin | Dezember 2016
© Friedhelm Windmüller
dbb
Demonstration in Magdeburg:
<
< Klare Botschaft: Siegfried Eckert,
DPolG Sachsen-Anhalt, Karl-Heinz
Leverkus, stellvertretender Vor­
sitzender der dbb Bundestarif­kom­mission, Wolfgang Ladebeck,
Vorsitzender des dbb sachsenanhalt, Thomas Eigenthaler, dbb
Vize und Bundesvorsitzender der
Deutschen Steuer-Gewerkschaft
DSTG, Rainer Wendt, Bundesvor­
sitzender der Deutschen Polizei­
gewerkschaft DPolG, und Maik
Wagner, Bundesvorsitzender der
Gewerkschaft der Sozialversicherung GdS (von links), führten den
Zug der Demonstranten an.
Mehr Personal und gerechte Bezahlung
berufspolitik
12
Mit einem Protestmarsch durch die Magdeburger
Innenstadt und einer anschließenden Kundgebung vor dem Landtag haben am 28. Oktober
2016 mehrere hundert Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Sachsen-Anhalt gegen sich weiter verschlechternde Arbeitsbedingungen, gegen
eine unzureichende Personalausstattung und für
eine gerechte Bezahlung demonstriert.
„Der von der Landesregierung
beschlossene und jetzt im
Landtag beratene Gesetzentwurf zur Herstellung einer
verfassungsgemäßen Besoldung entspricht ganz und gar
nicht unseren Vorstellungen“,
kritisierte Wolfgang Ladebeck, Vorsitzender des dbb
sachsen-anhalt. „Die Nachzahlungen an die Beamtinnen und Beamten für die Ver-
gangenheit sind zu niedrig.“
Neben einer fairen Bezahlung fordere der dbb eine
Kurs­korrektur in der Perso­
nalpolitik. „Die ist zwar mit
dem Beschluss der Landesregierung, mehr Lehrer und
­Polizisten einzustellen, ein­
geleitet. Wir brauchen aber
auch mehr Personal in den
Fachverwaltungen“, so der
dbb Landesvorsitzende.
Die lautstarke Unterstützung
der Demonstranten für seine
Rede erhielt der Bundesvorsitzende der Deutschen SteuerGewerkschaft und stellvertretende dbb Bundesvorsitzende
Thomas Eigenthaler. Er warf
der Landesregierung vor, mit
ihrer verfehlten Besoldungspolitik die Zeichen der Zeit nicht
zu erkennen. Die Sparpolitik
des Landes sei „ein Motivationskiller erster Ordnung und
provoziert die Abwanderung
des Nachwuchses in benachbarte Bundesländer“.
Karl-Heinz Leverkus, stellvertretender Vorsitzender der
dbb Bundestarifkommission,
verurteilte, dass die Landes­
regierung die landesspezifischen ­Tarifverträge zur Teilzeit und Altersteilzeit nicht
verlängern wolle. Diese seien
bei den Beschäftigten auf
hohe Akzeptanz gestoßen und
eine gute Möglichkeit, die Arbeitskraft von Beschäftigten
mit Rücksicht auf das Lebensalter und die private Situation
zu erhalten und zu fördern.
„Deshalb brauchen wir rechtssichere und einheitliche Regelungen“, machte Leverkus
deutlich.
Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, kritisierte die
trotz bundesweit gleicher Arbeit unterschiedliche – und
vielerorts schlechte – Besoldung in den einzelnen Bundesländern. „Wir werden für eine
gerechte und faire Bezahlung
lautstark eintreten. Die Demonstration heute in Magdeburg ist nur der Anfang“, so der
DPolG-Chef.
Arbeitszeitreport:
Leistungsfördernde Gestaltung von Arbeitszeit
Gute Beschäftigungs- und Einkommensbedingungen sind im öffentlichen
Dienst unverzichtbar.
Das macht der stellvertretende
dbb Bundesvorsitzende Ulrich
Silberbach im „Behörden Spiegel“ (Ausgabe November 2016)
mit Blick auf den Arbeitszeitreport 2016 deutlich.
In dem von der Bundesanstalt
für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) vorgelegten
> dbb magazin | Dezember 2016
Bericht kommt der öffentliche
Dienst nicht gut weg: Der Anteil derjenigen, die mehr als
zehn Überstunden pro Woche
haben, ist mit elf Prozent bei
der öffentlichen Hand am
höchsten, auch bei der Sonntagsarbeit ist der öffentliche
Dienst (mit 32 Prozent der Befragten) Spitzenreiter. Zudem
geben 23 Prozent an, „wenig“
Einfluss auf ihren Urlaubszeitpunkt zu haben, und Beamte
und Tarifbeschäftigte werden
auch häufig im Privatleben
beruflich kontaktiert (14 Prozent) – Werte, die sonst nur
im Handwerk erreicht werden. Silberbach erklärte dazu,
die besonders häufigen Diens-
te am Wochenende sowie
­Bereitschaftsdienste bei Feuerwehr, Polizei oder in den
Krankenhäusern zeigten, dass
die Beschäftigten an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr
für die Bevölkerung da sind.
Damit würden Leistungswillen und -fähigkeit unterstrichen. „Das verdient besondere Anerkennung, aber nicht
nur in Sonntagsreden, sondern auch im beruflichen
­Alltag.“ Erwerbstätigenversicherung:
© BillionPhotos.com / Fotolia
dbb
Ein Verlustgeschäft
Die Abschaffung der eigenständigen Beamtenversorgung
sei „zum einen nicht mit der
verfassungsmäßigen Ordnung
des Grundgesetzes vereinbar.
Zum anderen würden sich
Hoffnungen auf Einsparungen
nicht erfüllen.“
Überlegungen, die bestehenden Altersversorgungssysteme
in Deutschland im Sinne einer
„Volksversicherung“ zu vereinheitlichen, würden seit Jahrzehnten angestellt. Die Beamtenversorgung sei aber im
Gegensatz zur gesetzlichen
Rentenversicherung keine klassische Versicherung, sondern
Ausdruck der Alimentations-
pflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten. „Sie ist
kein besonderes Privileg, sondern Gegenleistung für die Verpflichtung des Beamten zur
hoheitlichen Tätigkeit und für
die besonderen Pflichten, die
sich aus seinem Dienst- und
Treueverhältnis ergeben“, so
Dauderstädt. „Diese ‚Geschäftsgrundlage‘ mit Verfassungsrang ist Ausdruck eines
funktionalen gesellschaftlichen Bedürfnisses: Der Staat
muss Tag und Nacht handlungsfähig bleiben und den
Bürgern gegenüber dafür einstehen, dass wichtige Einrichtungen und Leistungen verlässlich, nach rechtstaatlichen
Gewalt gegen Beschäftigte:
Traurige Realität
Physische und psychische G
­ ewalt gegen Beschäftigte ist traurige
Realität in viel zu vielen
Bereichen des öffentlichen Dienstes.
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Das
hat der
dbb Bundesvorsitzende Klaus
Dauderstädt am 15. November
2016 in Berlin mit Blick auf
eine von der dbb Mitgliedsgewerkschaft Verband Bildung
und Erziehung (VBE) beauftragte forsa-Umfrage unter
Lehrkräften festgestellt.
/ Fotolia
Die Ergebnisse zeigten deutlich, dass Übergriffe keine Seltenheit sind. „Das bestätigt leider unsere Erfahrungen aus
anderen Arbeitsbereichen. Wir
begrüßen die Umfrage daher
ausdrücklich, weil damit sowohl quantitativ als auch qualitativ ein wichtiger Beitrag für
die weitere Debatte über Ge-
Grundsätzen, und dauerhaft –
also auch streikfrei! – zur Verfügung stehen.“
Neben den verfassungsrecht­
lichen Problemen würde sich
eine Erwerbstätigenversicherung auch nicht rechnen,
machte Dauderstädt deutlich:
Wenn Beamte in eine gesetzliche Rentenversicherung ein­
bezogen würden, müssten die
Dienstherren, entsprechende
Arbeitgeberbeiträge tragen
und zugleich die Bruttobezüge
der Beamten mit Blick auf eine
Beitragspflicht angehoben
werden.
Erschwerend käme hinzu, dass
entsprechend den Regelungen
für die Angestellten des öffentlichen Dienstes eine Vollversorgung gewährleistet und damit
neben der Rente eine zusätzliche betriebliche Altersvorsorge
aufgebaut werden müsste.
Dies wären „erhebliche finanzi-
walt gegen Beschäftigte im
­öffentlichen Dienst geleistet
wird“, so Dauderstädt zu der
VBE-Untersuchung. 55 Prozent
der befragten Lehrkräfte sagten demnach, dass es an ihrer
Schule in den letzten fünf Jahren Fälle gab, in denen Lehrkräfte direkt beschimpft, bedroht, beleidigt, gemobbt oder
belästigt wurden. Von Fällen,
in denen Lehrkräfte im gleichen Zeitraum sogar körperlich
angegriffen wurden, wussten
21 Prozent zu berichten. Neue
Ausprägungen der Gewalt sind
demnach ebenfalls auf dem
Vormarsch: 77 Prozent der Befragten sehen eine Zunahme
von Formen des Mobbings
über das Internet.
„Solche und ähnliche Berichte
erhalten wir von Kolleginnen
und Kollegen aus zahlreichen
elle Aufwendungen, für die die
Haushalte aller Gebietskörperschaften keinen Raum haben“,
sagte der dbb Chef.
Das Einheitsmodell würde
­zudem nicht die Frage der
­vorhandenen Versorgungsempfänger und der versor­gungs­­
nahen Jahrgänge lösen, für die
ein verfassungsrechtlich gebotener Besitzstandschutz erfüllt
werden müsste. Auch aus rentenpolitischer Sicht machten
solche Überlegungen keinen
Sinn: Die Beamten, die heute
zusätzliche Rentenbeiträge einzahlen würden, er­hielten mit
Erreichen des Rentenalters auch
Ansprüche auf Rentenzahlungen. Dauderstädt: „Die Zahl der
Rentner und damit auch der
Beitragssatz zur Rentenversicherung läge noch höher, als es
der ­demografische Wandel in
Zukunft ohnehin erwarten
lässt. Bessere Nachhaltigkeit?
Fehlanzeige.“
Bereichen des öffentlichen
Dienstes“, sagte der dbb Chef.
Für Polizei- und Rettungskräfte
gehörten sie ohnehin schon
länger zum harten Berufsalltag. Aber auch in vielen anderen Bereichen wie beispielsweise Jobcentern, Finanz- und
Bürgerämtern oder eben Schulen nähmen die Fälle in den
letzten Jahren zu. Dauderstädt:
„Die Dienstherren müssen
handeln. Gewalt gegen Beschäftigte darf kein Tabu sein
und muss systematisch erfasst
werden. Die Prävention durch
Fortbildungen und bauliche
Maßnahmen ist zu verbessern.
Für den Fall der Fälle sollten
Verhaltensregeln entwickelt
werden, nach denen sich die
Betroffenen richten können.
Und im Nachhinein ist natürlich eine angemessene Betreuung sicherzustellen.“
> dbb magazin | Dezember 2016
13
berufspolitik
Die Einbeziehung von Beamten in eine sogenannte Erwerbstätigenversicherung wäre ein Verlustgeschäft für alle Beteiligten. Das hat der dbb
­Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt in einem
Kommentar für die SPD-Zeitung „vorwärts“
(Ausgabe Dezember 2016) erneut klargestellt.
dbb
Zollhundeschule Bleckede:
Die Supernasen
> dbb magazin | Dezember 2016
© Alterfalter / Fotolia
Die A30 bei Osnabrück, Abfahrt Gildehaus: Zwei Zoll­
beamte des Hauptzollamts
Osnabrück kontrollieren am
Abend ein aus Richtung Niederlande kommendes Fahrzeug. Der Mann am Steuer
gibt an, dort seine Freundin
besucht zu haben. Bei der
Durchsicht des Fahrzeugs stellen die Beamten außer einem
Koffer mit sauberen Textilien
keine weiteren Reiseutensilien
oder Souvenirs fest, das macht
sie stutzig. Sie wollen sich den
Wagen näher ansehen und
holen einen weiteren Kollegen
zur Unterstützung: Kjell. Der
Zollspürhund schnüffelt aufmerksam am und im Auto, interessiert sich besonders für
den Boden hinter den Vordersitzen. Nach diesem entschei-
© HZA Osnabrück
reportage
14
Drogen, geschützte Arten und Produkte
daraus, illegale Substanzen, Bargeld oder
Tabak: Insgesamt etwa 400 Zollhunde
spüren bundesweit Tag für Tag auf, was
heimlich an Gesetz und Fiskus vorbei­
geschmuggelt werden soll. Die klugen
Vierbeiner kommen als Spür- und Schutzhunde bei Kontrollen an Airports, Häfen,
Grenzen, in Unternehmen und Wohnungen oder auf der Straße zum Einsatz und
haben regelmäßig den richtigen Riecher:
Ohne die Supernasen auf vier Pfoten –
amtlich: „Hilfsmittel der körperlichen
­Gewalt“ – würden Deutschlands größter
Finanz- und Steuerbehörde jährlich unversteuerte, gefälschte oder illegale
­Waren im Millionenwert durch die Lappen gehen, Drogen unbemerkt auf den
Markt gelangen und Schaden anrichten
sowie geschützte Arten ungehemmt
geschmug­gelt werden. Die Zollhundeschule Bleckede (Niedersachsen) macht
jährlich rund 150 Hunde mit ­ihren Führerinnen und Führern fit für diesen Dienst.
<
< Beeindruckende Bilanz: Jahr für Jahr erschnüffeln Zollhunde wie Kjell Hunderte Kilo Rauschgifte, Millionen unverzollter Zigaretten und größere Mengen Bargeld, stellen zahlreiche Verstöße gegen den Artenschutz sicher.
denden Tipp der Spürnase im
Staatsdienst nehmen sich die
Beamten die Karosserie vor –
und siehe da: Hinter den Hitzeschutzblechen ist durch ei-
nen Schlitz ein kleines Paket
zu sehen, umwickelt mit Folie!
Mehr als ein Dutzend solcher
Päckchen befördern die Zöllner aus dem Versteck, insge-
samt zwei Kilo Heroin und
mehr als fünf Kilo Haschisch,
Drogen im Wert von über
150 000 Euro. Der Reisende
wird festgenommen, das
<<
Unverzichtbare Hilfsmittel gegen Schmuggel
Eine Szene, die sich so oder
ähnlich tagtäglich im Alltag
des deutschen Zolls abspielt:
Ob Fee am Frankfurter Flughafen 2,5 Kilo Koks im doppelten
Kofferboden oder Artenschutzspürhund Uno eine illegale Lieferung mit Schildkrötenpanzern aus der Dominikanischen
Republik sicherstellt, „Kollegin“
Ronja in Nürnberg den richtigen Riecher für 300 Stangen
Schmuggelzigaretten (Steuerschaden: 11 300 Euro) hat oder
Keano fünf Kilo Marihuana in
einem Wagen auf der Autobahnrastanlage Garbsen-Süd
entdeckt – die Arbeit der
­„Kollegen auf vier Pfoten“ ist
und bleibt für die Kontrollbeamten ein „unverzichtbares
Hilfsmittel im Kampf gegen
den Schmuggel“. Sagt Zolloberamtsrätin Jennifer Egyptien,
seit November 2015 Leiterin
der Zollhundeschule im niedersächsischen Bleckede. Dort und
im bayerischen Neuendettels­
au, Pendant für den süddeutschen Raum, werden jedes Jahr
an die 150 Vierbeiner und ihre
Führer für den Einsatz im
Dienst der Zollverwaltung ­
aus- und weitergebildet.
„Wer einen ausgeprägten
Spieltrieb hat, sich ohne Menschenscheu und sicher in der
Umwelt bewegt, Treppen mutig erklimmen kann und auch
bei plötzlichen und lauten
­Geräuschen nicht gleich die
Flucht ergreift, hat gute Chancen auf eine Beschäftigung
beim Zoll“, erklärt die Chefin
der Hundeschule augenzwinkernd – gemeint sind natürlich
die Hunde. Die Rasse spielt insbesondere bei den Spürhunden
eine nachgeordnete Rolle, „das
könnte auch ein Pudel sein,
wenn die Voraussetzungen
stimmen und er sich gut einfügt“, sagt Egyptien. „Wir prüfen sehr genau, welcher Hund
zum Zoll und zu seinem künftigen Hundeführer passt – die
beiden bleiben schließlich ein
Leben lang zusammen, auch
nach Feierabend. „Hund und
Hundeführer müssen sich also
gut verstehen, auch die Familie
muss den Hund mögen“, denn
in diesem Umfeld bleiben die
Supernasen nicht nur während
ihrer Dienstzeit, sondern auch
im Ruhestand, für den der
Staat seinen vierbeinigen Pensionären ein Pflegegeld zahlt
und die Tierarztrechnungen
übernimmt.
<<
Tolles Spiel für die Tiere,
Effizienz für Vater Staat
Zwei, die sich gefunden haben
und noch lange nicht ans Aufhören denken, sind Zollhundeführer Florian Grevinga vom
Hauptzollamt Münster und seine Schäferhündin Fenja. Schon
vor einiger Zeit haben die beiden in Bleckede die 18-wöchige Ausbildung im Zeitraum von
rund eineinhalb Jahren zum
„dualen Diensthund“ absolviert, Fenja ist Rauschgiftspür-
<
< Jennifer Egyptien leitet die Zollhundeschule in Bleckede seit November
2015. Die Expertise des „Regional Dog Training Center“ ist weit über
Deutschlands Grenzen hinaus bekannt – regelmäßig kommen hier auch
Kollegen ausländischer Zollbehörden zur Aus- und Weiterbildung.
und Schutzhündin. Diesmal ist
ein Update-Seminar angesagt
und unter den prüfenden Blicken der beiden Ausbilder Michael Petran und Hans Kluck
machen sich Fenja und ihr Führer bereit, ein Auto auf Drogen
zu kontrollieren. Die Schäferhündin zittert am ganzen Leib
vor Aufregung, kann es kaum
erwarten loszulegen. „Für die
Tiere ist ihr Job einfach ein tolles Spiel, was der eigentlichen
genetischen Veranlagung von
Hunden, gemeinsam im Rudel
auf die Jagd gehen zu wollen,
sehr nahe kommt“, erklärt
Schulleiterin Egyptien. Entspre-
chend freudig strebt Fenja
Richtung Wagen, als Florian
Grevinga endlich das Kommando gibt: „Such!“ Zügig dreht die
Hündin eine Runde um das
Auto, schnüffelt eifrig hin und
her. An der Motorhaube stoppt
Fenja plötzlich und steht stocksteif da. Hundeführer Grevinga
öffnet die Haube und zieht einen Beutel Haschisch aus dem
Motorraum. „Klick“, macht er
mit einem Metallklicker in seiner Hosentasche – das konditionierte Zeichen für Fenja, dass
sie alles richtiggemacht hat
und dafür gleich eine Belohnung bekommen wird. „Ein-
> dbb magazin | Dezember 2016
15
reportage
­ ollfahndungsamt Essen überZ
nimmt die weiteren Ermittlungen.
© Britta Ibald (3)
dbb
© Britta Ibald (3)
dbb
<
< „Einfrieren“: Fenja steht stocksteif vor der Motorhaube
des Wagens und zeigt damit einen Fund an – Haschisch.
<
< Zollhundeführer Florian Grevinga und sein „dualer
Diensthund“ Fenja: Die Schäferhündin arbeitet
als Rauschgiftspür- und Schutzhündin.
frieren“, nennen die Experten
die Methode, mit der Fenja den
Fund angezeigt hat und die
seit einigen Jahren ausgebildet
wird. „Es gilt, den fantastischen Geruchssinn und den
­natürlichen Spieltrieb des Hundes auszunutzen und zu fördern“, erläutert Schulchefin
Jennifer Egyptien das Prinzip
der Diensthunde-Ausbildung.
„Wir spezialisieren die Hunde
auf ein Themenfeld – Drogen,
geschützte Tier- und Pflanzen-
arten oder Tabak und Bargeld
sind die häufigsten Einsatz­
bereiche.“ Nach dem gründlichen Training entgeht einem
Zollhund dann nichts mehr,
was er mit seinem geschärften Geruchssinn erschnüffelt.
„Während ein Mensch in seiner
Nase rund fünf Millionen Geruchszellen hat, sind es beim
Hund um die 220 Millionen“,
erklärt Egyptien die Höchst­
leistungen der Zoll-Spürnasen.
Fenjas größter Fang im Dienst
<
< Belohnung: Ihren Erfolg darf Fenja mit einem ausgiebigen
„Kampf“ um die Beißrolle feiern.
bislang: 2,5 Kilo Kokain. Gut
gelaunt tobt die Hündin mittlerweile mit ihrem Führer und
balgt sich um eine Beißrolle:
die Belohnung für die gelungene Übung. Dann geht es weiter
im Programm. Mit Fenjas guter
Laune ist es direkt wieder vorbei, weil ein Autofahrer, den
sie mit Florian Grevinga kon­
trolliert, plötzlich auf ihren
Partner losgeht. Die Hündin
stellt sich drohend hin und
spannt ihre Muskeln an, fixiert
den Angreifer und versucht,
ihn mit einem strengen Blick
und hochgezogenen Lefzen zur
Umkehr zu bewegen. Als der
Mann trotzdem weiter zielstrebig auf den Zollbeamten zugeht, setzt Fenja zum Gegenangriff an: Wütend zeigt sie
ihre Zähne, springt immer
­wieder auf den Autofahrer zu
und bellt ihn ohrenbetäubend
laut in Grund und Boden. „Das
überzeugt schon die meisten“,
nickt die Schulleiterin und lä© Zollhundeschule Bleckede (2)
reportage
16
<
< Bei der Ausbildung wird der natürliche Spieltrieb der Hunde genutzt, um sie mit ihrem fantastischen Geruchssinn auf ein Themenfeld zu spezialisieren.
Drogen, geschützte Tier- und Pflanzenarten, Tabak und Bargeld sind die häufigsten Einsatzbereiche für die Spürnasen.
> dbb magazin | Dezember 2016
reichlich Praxis stehen für die
Zollhundeführer auch viele
­theoretische Inhalte auf dem
Lehrplan – unter anderem Tierschutzrecht, Gesunderhaltung,
Erste Hilfe am Hund und rechtmäßiger Einsatz eines Schutzhundes. Im nationalen und
­internationalen Vergleich
schneidet die Bundeszollverwaltung qualitativ sehr gut
ab und hat mit die kürzesten
Ausbildungszeiten. Diesen Parametern steht die beeindruckende Aktivbilanz der Zoll­
hunde gegenüber: Jahr für Jahr
erschnüffeln sie Hunderte Kilo
Rauschgift, Millionen unverzollter Zigaretten und größere
Mengen Bargeld, stellen diverse Verstöße gegen den Artenschutz sicher und sorgen – als
ausgebildete Schutzhunde –
tagtäglich für den Schutz der
Kontrollbeamten. Ohne die Tiere würden die Zöllner keinesfalls dieselben Ergebnisse in
der gleichen Zeit erzielen, die
Behörde bräuchte deutlich
mehr Personal. Da verwundert
es schon ein wenig, dass die
Leistungen der ZollhundeTeams keinerlei ausgewiesene
Rolle in der offiziellen Jahresstatistik spielen. „Die Spür- und
Schutzhunde sind ein wundervolles und hocheffektives In­
strument der Zollarbeit“, stellt
Schulleiterin Jennifer Egyptien
klar und wenn es nach ihr und
ihren Kollegen ginge, könnten
ruhig noch mehr der staatlichen Super­nasen in den Dienst
gestellt werden.
Hohe Qualität, beein­
druckende Aktivbilanz
Ein Beleg dafür, dass es durchaus noch Luft nach oben beim
Einsatzpotenzial der Zollspürhunde gibt, ist Quitta. Unser
„Prototyp“, meint Hundeführer
Stephan Lawrenz trocken und
grinst seine belgische Schäferhündin an, die ihn ruhig mit ihren großen braunen Augen beobachtet. Quitta ist als einziger
Spürhund in Deutschland auf
verbotene Dopingsubstanzen
spezialisiert, nur sie kann diese
besonderen Wirkstoffe aufspüren. Der illegale Verkauf von
<<
Effektiv sind die Zollhunde allemal – nicht nur unter Präventionsgesichtspunkten. Ein Tier
kostet im Ankauf bis zu 2 500
Euro und monatlich 120 Euro,
der Zollhundeführer bekommt
täglich 45 Minuten Pflegezeit
gutgeschrieben. Die Ausbildung eines dualen Zollhundes
dauert, aufgeteilt in Module,
insgesamt 18, die eines reinen
Spürhundes 13 Wochen. Neben
<<
<
< Fahrzeugkontrolle mit Schutzhund – noch ist Fenja friedlich, ...
17
reportage
chelt wissend. Die Situation ist
Dank Fenjas Einsatz nicht eskaliert, der Autofahrer befolgt
die Ansagen von Florian Grevinga jetzt anstandslos. Ebenso anstandslos hatte Fenja ihre
Verteidigung auf das Kommando ihres Führers hin abrupt abgebrochen und „Platz“ zu seinen Füßen gemacht. „In der
Schutzhundausbildung lernen
die Tiere, sich in verschiedensten Angriffsszenarien situativ
selber einzusetzen oder per Signalwort durch den Zollhundeführer eingesetzt zu werden“,
erläutert Ausbilder Michael
­Petran. Kollege Hans Kluck
­ergänzt: „Ganz wichtig ist in
solchen Situationen der ex­
trem hohe Gehorsam der Hunde, denn sie müssen komplett
durch den Zollhundeführer
steuerbar sein und sich nach
dem Abruf-Kommando sofort
vom Gegenüber trennen. Das
ist auch gesetzlich genauso
vorgeschrieben. Ein Hund, der
dieses Kriterium nicht erfüllt,
kann nicht im Dienst eingesetzt werden.“ Eigentlich dienen die Schutzhunde vor allem
der Eigensicherung der Beamten. „Aber die Komponente
Prävention vor Eskalation ist
gar nicht hoch genug einzuschätzen“, unterstreicht Schulchefin Egyptien: „Schon die
bloße Präsenz eines ausgebildeten Schutzhundes wirkt fast
immer deeskalierend. Und das
vollkommen nonverbal – und
zudem international verständlich, also in Zeiten der personellen Knappheit und einer
verschärften Sicherheitslage
ein sehr effektives Mittel.“
© Britta Ibald (3)
dbb
<
< ... aber als der Autofahrer auf die Beamten losgeht, bellt sie ihn in Grund
und Boden.
Quitta: „Prototyp“ für
Dopingsubstanzen
<
< Lage geklärt, Fenja macht „Platz“.
> dbb magazin | Dezember 2016
dbb
reportage
18
Weltzollorganisation, dem Bundeskriminalamt und dem Zollkriminalamt in Frankfurt am
Main bei der konzertierten
„Operation Pangea“ vor drei
Jahren. Dank der Spürhündin
konnten die Beamten täglich
150 Sendungen mehr kontrollieren als sonst und mit ihrem
richtigen Riecher spürte Quitta
zahlreiche verbotene Substanzen auf.
<<
Potenziale nutzen,
­Wissen ­sichern
„Toll, oder?!“ Zollhundeschulchefin Jennifer Egyptien ist
stolz auf die Leistungen der
Tiere, ihrer Führer und Ausbilder. „In diesem Zusammenspiel
von Mensch und Tier liegt ein
enormes Potenzial“, betont die
Expertin und wirbt dafür, die
Ressource Diensthund in der
Zollverwaltung noch effektiver
einzusetzen. In der Tat drängt
sich Außenstehenden die Frage
auf, warum es eigentlich keine
bundesweiten Einsatzkonzepte
für die Zollhunde gibt und warum die doch so offenkundig
deeskalierende Schutzhund­
eigenschaft der Hunde nicht
flächendeckender eingesetzt
wird?
<< Die Zollhundeschule in Bleckede/Niedersachsen
1958 eröffnete der Zoll die Zollhundeschule in Bleckede. Aktuell arbeiten hier 23 Beschäftigte, darunter neben Leiterin Jennifer Egyptien neun hauptamtlich Lehrende. Auf der Agenda der Schule steht
nicht nur die Ausbildung der Zollhundeteams im Norden Deutschlands, sondern ebenso die fachliche Betreuung der Zollhundetrainer, Eignungsüberprüfungen von Zollhunden und der fachliche
Austausch mit anderen Behörden, die Diensthunde einsetzen.
Hoch im Kurs steht die Schule auch bei den Kollegen der Zollfahndung, weil sie seit einigen Jahren das stark nachgefragte Training
von „Verhalten beim Antreffen von Hunden im Einsatzgeschehen“
anbietet – bundesweit einmalig. Weil Aus- und Weiterbildung von
Hund und Mensch mehrere Wochen in Anspruch nimmt, ist die
Zollhundeschule Bleckede ein „Internatsbetrieb“ mit Unterkünften, eigenbetriebener Mensa sowie einem Casino. Für die Hunde
stehen geräumige Zwinger zur Verfügung, die nach modernstem
Standard artgerecht ausgestattet sind. Ebenso wie die Zollhundeschule in Neuendettelsau (Leitung: Zolloberamtsrätin Erika Hartmann) ist Bleckede zertifizierte Zollhundeschule der Weltzollorganisation (World Customs Organisation) und „Regional Dog Training
Centre“ und wird regelmäßig von Kollegen ausländischer Partnerbehörden besucht. Die ausgezeichneten Rahmenbedingungen an
den beiden Zollhundeschulen weiß auch die Bundespolizei zu
schätzen, die die Standorte seit 1999 gemeinsam und in guter­­
­Zusammenarbeit mit der Zollverwaltung nutzt.
> dbb magazin | Dezember 2016
© Britta Ibald
Arzneimitteln, gerade über das
Internet, ist für die Täter eine
zunehmend lukrative Einnah­
mequelle, dort gibt es zwei­
stellige Zuwachsraten pro Jahr,
belegen die einschlägigen Statistiken. Für die Verbraucher
stellen gefälschte Arzneimittel
nicht selten ein lebensbedrohliches Risiko dar, deswegen sind
Ausbildung und Einsatz von
Spürhunden wie etwa Quitta
für den Dopingbereich von großer Bedeutung. Wie fit die achtjährige Hündin ist, zeigt sie in
Bleckede auf dem Übungsdachboden, wo sie eine Reihe Gepäckschließfächer kontrolliert.
Um auch die Spinte ganz oben
zu erreichen, stellt sie sich immer wieder auf die Hinterbeine
– und bleibt auf einmal starr
in dieser aufrechten Position
stehen. Ihre lange schwarze
Schnauze liegt an einem der
Schließfächer, ihr Schwanz bewegt sich kaum sichtbar hin
und her. Erst als Lawrenz mit
dem Klicker das Signal gibt,
geht sie wieder auf alle Viere –
und holt sich, nachdem Lawrenz eine Dose Testosteron in
dem Fach sichergestellt hat,
ihr Leckerli ab. Ihren ersten
­richtigen Einsatz hatte Quitta
zusammen mit Interpol, der
<
< Deutschlandweit einmalig: Quitta, die belgische Schäferhündin von Zollhundeführer Stephan Lawrenz, der hauptamtlicher Ausbilder an der Zollhundeschule ist, kann verbotene Dopingsubstanzen aufspüren und war
bereits mehrfach bei internationalen Kontrollaktionen mit Interpol und
der Weltzollorganisation im Einsatz.
Aktuelle Sorgen bereitet Egyptien und ihren Kollegen der vor
allem demografisch bedingt
drohende Wissensverlust im
Bereich der Zollhunde. Derzeit
sind drei Ausbilderstellen in
Bleckede unbesetzt und im
Vergleich mit anderen Bereichen der Zollverwaltung, aber
auch den Polizeien, fällt dem
Betrachter auf, dass in der Fläche die Verteilung der lokalen
Teamtrainer denkbar knapp ist:
Trainerpools wie etwa für
Schießen und Sport gibt es im
Diensthundewesen des Zolls
nicht. Verschärft wird die Lage,
insbesondere mit Blick auf den
möglichen Berufsnachwuchs,
durch strukturell bedingte
Hemmnisse: Beim Zoll ist der
Hundeführer anders als bei
den Landespolizeien und der
Bundespolizei kein eigener
Dienstposten und zudem im
mittleren Dienst verortet. „Das
Interesse vieler junger Menschen mit überdurchschnittlich
guten Schulabschlüssen an einer Ausbildung bei der Zollverwaltung mit speziellem Fokus
auf eine spätere Verwendung
als Zollhundeführer steigt konstant“, berichtet Jennifer Egyptien. Dass schlussendlich nicht
alle von ihnen eine Laufbahn
bei der deutschen Zollverwaltung ernsthaft ins Auge fassen,
beweist ein Blick auf die allgemein bekannte geübte Praxis:
Dem gehobenen Dienst wird
keine Möglichkeit geboten,
Zollhundeführer zu werden,
und auch generell sind die Erfolgsaussichten sehr gering,
überhaupt einen solchen Posten zu bekommen. Damit geht
der Zollverwaltung sehr gut
qualifizierter Berufsnachwuchs
leider insgesamt verloren. Und
wem der Nachwuchs fehlt, der
kann auch kein Know-how
weitergeben – so kann Wissensverlust ganz schnell zum
Strategieproblem werden. An
der spitzenmäßigen Leistungsfähigkeit des Deutschen Zolls
ist indes noch nicht zu rütteln:
Erneut belegte man in diesem
Jahr den ersten Platz im „Logistics Performance Index“ der
Weltbank, wozu die Bewertung in der Kategorie „Customs“, also die Leistungsfähigkeit des Zolls, maßgeblich
beigetragen hat. Und ob es
nun statistisch ausgewiesen ist
oder nicht: Dass über 190 Millionen Zollabfertigungen pro
Jahr in Deutschland schnell
und reibungslos abgewickelt
werden können und gleichzeitig eine effiziente Kontrolle des
Warenverkehrs stattfindet, ist
auch ein nicht zu vernachlässigender Verdienst aller Zollhundeteams in der Bundesrepu­
blik. Wau!
Britta Ibald
dbb
Bürgerdialog: „Gut leben in Deutschland“:
Worten müssen Taten folgen
Der dbb hat die Vorlage des Abschlussberichts der
Bundesregierung zum Bürgerdialog begrüßt und
fordert nun konkrete Taten, die den Worten folgen müssten. Unter der Überschrift „Gut leben in
Deutschland – was uns wichtig ist“ hatten Zehntausende Deutsche seit April 2015 in diversen Foren, Veranstaltungen, per Post, Mail und online
über die Probleme, Herausforderungen und Zukunft des Lebens in der Bundesrepublik diskutiert.
Dauderstädt. „Diese Erkenntnisse sind nichts an­deres als der
Beleg, dass ein funktionierender öffentlicher Dienst, insbesondere im Bereich der Sicherheit, aber auch im Erziehungs-,
Bildungs- und Sozialsystem sowie in der Justiz und Verwaltung, ein Garant für dieses ‚Gut
leben in Deutschland‘ ist“, betonte der dbb Chef. Daher habe
„Nun liegt mit 333 Seiten Abschlussbericht ein substanzielles Stimmungsbild der Bevölkerung vor, aus dem sich ganz
konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik ableiten“,
sagte der dbb Bundesvorsit­
zende Klaus Dauderstädt anlässlich der Verabschiedung des
­Berichts durch das Bundeskabinett am 26. Oktober 2016 in
Berlin. „Worten müssen Taten
folgen“, forderte der dbb Chef.
„Zentrale Schlüsselthemen für
die Deutschen sind Sicherheit
und Frieden, vor allem im eigenen Land, und es ist ein groß­
artiges Ergebnis, dass sich die
deutliche Mehrheit der Bevölkerung sicher fühlt, dass über
80 Prozent überhaupt nicht
oder nur leicht beunruhigt sind,
wenn es um die Gefahr geht,
Opfer von Raub, Einbruch, Körperverletzung oder sexueller
Belästigung zu werden“, so
die Politik den ganz konkreten
Auftrag, auch weiterhin für die
Funktions- und Leistungsfähigkeit dieses wichtigen Standortfaktors zu sorgen, machte Dauderstädt deutlich.
nn
Selbst die Mitglieder des Bundeskabinetts hatten immer
wieder das Gespräch mit den
Bürgern gesucht. Auch dbb,
dbb jugend und dbb bundesfrauenvertretung beteiligten
sich mit drei Veranstaltungen
mit über 100 Teilnehmern aus
allen Bereichen des öffentlichen Dienstes an dem Dialogprozess.
Die dbb jugend sieht sich durch
die Ergebnisse des Bürgerdialogs in ihrer Forderung gestärkt,
dass die Politik besonderes Augenmerk auf das Ausbildungsund Berufsleben der jungen
Menschen in Deutschland legen muss. Aus Sicht der dbb
bundesfrauenvertretung gehört zum guten Leben in
Deutschland eine bessere
Work-Life-Balance. << Webtipp
Das Onlineportal der Bundesregierung zum Bericht:
www.gut-leben-in-deutschland.de
> dbb magazin | Dezember 2016
dbb
Bund-Länder-Finanzausgleich:
Alles unklar
Mitte Oktober haben sich Bund und Länder nach jahrelangen Verhandlungen auf
Eckpunkte für eine Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen verständigt. Am Ende jubelten
die Länder, konnten sie dem Bund doch weitreichende Zugeständnisse abringen. Dieser
muss zukünftig mehr Geld geben. Doch der vermeintliche Sieg könnte teuer erkauft sein,
denn im Gegenzug hat sich der Bund erweiterte Zuständigkeiten etwa im Straßenbau
und der Steuerverwaltung gesichert. Welche Folgen das für die betroffenen Bereiche des
öffentlichen Dienstes haben wird, ist noch völlig unklar.
Die Ausgangslage: Die Einnahmen aus den drei derzeit einträglichsten Steuern, nämlich
der Einkommen-, der Körperschaft- und der Umsatzsteuer,
stehen anteilig dem Bund und
den Ländern zu. Diese Steuern
zählen daher zu den sogenannten Gemeinschaftssteuern.
Das ist der „Kuchen“, den es zu
verteilen gilt. Das Länderstück
dieses Kuchens muss nun abermals zwischen den 16 Bundesländern aufgeteilt werden. Ziel
ist, dass jedes Land ausreichend Mittel hat, um seine
(grund)gesetzlich festgelegten
Aufgaben zu erfüllen.
<
Der bisherige
Finanzausgleich
Die Einkommensteuererträge
bekommt das Land, in dem der
Steuerzahler lebt. Die Körperschaftsteuererträge bekommt
das Land, in dem die besteuerte Leistung erbracht wurde.
Drei Viertel der Umsatzsteuererträge werden entsprechend
der Einwohnerzahlen verteilt.
Schon durch diese erste Aufteilung ergeben sich sehr unterschiedliche Einnahmen der einzelnen Länder. Deshalb setzt
hier nun der Finanzausgleich
unter den Ländern – der sogenannte horizontale Finanzausgleich – ein. Dabei wird in einem ersten Schritt das
verbleibende vierte Viertel der
Umsatzsteuererträge an finanzschwache Länder verteilt.
Das ist der sogenannte Umsatzsteuervorwegausgleich. Im
zweiten Schritt des horizontalen Finanzausgleichs erfolgen
nach einer komplexen Formel
weitere Zahlungen der reicheren an die ärmeren Länder. Daher spricht man hier vom „Länderfinanzausgleich im engeren
Sinne“.
Nach dem horizontalen Finanzausgleich folgt der vertikale
Finanzausgleich: Hier kommt
der Bund ins Spiel. Von ihm erhalten die auch nach dem horizontalen Finanzausgleich finanzschwächeren Länder die
sogenannten Bundesergänzungszuweisungen. Darüber
hinaus können Länder unter
bestimmten Voraussetzungen
(etwa wegen „teilungsbedingter Sonderlasten“) auch noch
Sonder-Bundesergänzungszuweisungen erhalten, die auch
einen wesentlichen Teil des
Solidarpaktes II ausmachen.
< Webtipp
Eckpunkte zur geplanten
Neuordnung des Finanzausgleichs zwischen
Bund und Ländern:
https://goo.gl/UKDT4v
Hintergrundinformationen
zu den föderalen Finanzbeziehungen:
https://goo.gl/bJk4a
> dbb magazin | Dezember 2016
© Sliver / Fotolia
analyse
20
Der bisherige Länderfinanz­
ausgleich war ein komplexes
Monstrum. Die Verwirrung
fängt schon bei der Benennung
an, denn der Bund spielt schon
lange eine wichtige Rolle im
Finanzausgleich der Länder.
Aber auch das mehrstufige
Verfahren selbst ist äußerst
komplex.
dbb
Neuordnung ab 2019
Diese Regelungen für den Länderfinanzausgleich laufen 2019
ebenso aus wie der ergänzende Solidarpakt II. Die Zeit für
eine Neuordnung drängte also,
zumal längst nicht mehr alle
Beteiligten mit dem alten System zufrieden waren. Die Geberländer, etwa Bayern, mussten für ihren Geschmack zu viel
geben – und klagten vor dem
Bundesverfassungsgericht. Als
Nehmerländer, etwa Bremen,
im Laufe der Zeit keine SonderBundesergänzungszuweisungen mehr erhielten, waren sie
ebenfalls unzufrieden – und
klagten vor dem Bundesverfassungsgericht. Und was machen
Länder, die sich untereinander
nicht einigen können? Richtig:
Sie fordern mehr Geld vom
Bund. Und so einigten sich die
Ministerpräsidenten auf einen
gemeinsamen Vorschlag an
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble – und konnten
sich damit nach veröffentlichter Lesart weitestgehend
durchsetzen.
Die zwischen Bund und Ländern am 14. Oktober 2016 vereinbarten Eckpunkte sehen
vor, den Länderfinanzausgleich
in seiner jetzigen Form abzuschaffen. Damit entfällt auch
der Umsatzsteuervorwegausgleich. Der Länderanteil an der
Umsatzsteuer wird grundsätzlich nach der Einwohnerzahl
verteilt – allerdings modifiziert
durch Zu- und Abschläge entsprechend der ebenfalls nach
einer neuen Formel berechneten Finanzkraft. Im Ergebnis erfolgt der Finanzausgleich zukünftig im Wesentlichen
bereits bei der Verteilung der
Umsatzsteuererträge. Darüber
hinaus wird der Bund zur Kasse
gebeten: Auf insgesamt 9,5
Milliarden Euro sollen sich die
diversen Sonderzahlungen
summieren, die er dem Vernehmen nach künftig jährlich
an die Länder überweisen
muss.
<
Bund sichert
sich Kompetenzen
Im Gegenzug hat Finanzminister Wolfgang Schäuble dem
Bund neue Zuständigkeiten gesichert. Die Länder wurden von
den Medien zwar überwiegend
als vermeintliche Gewinner der
Neuregelung präsentiert, aber
diese Lesart scheint sich doch
sehr einseitig auf die zu zahlenden Beträge zu stützen.
Schäuble gilt als ausgefuchster
Politiker, der in langen Linien
denkt. Daher ist es fraglich, ob
ihm die neuen Kompetenzen
für den Bund nicht – lapidar
gesprochen – ein paar Milliarden wert waren. Zumal von
den Sonderzahlungen des Bundes von 9,5 Milliarden Euro
jährlich lediglich ein Anteil von
1,4 Milliarden dynamisiert werden soll, also im Lauf der Jahre
bei steigenden Steuereinahmen automatisch wächst. Die
Zeit wird zeigen, ob der Machtund Gestaltungsverlust die
Länder auf Dauer nicht doch
noch teuer zu stehen kommt.
Denn die vom Bund gewonnenen Kompetenzen haben es in
sich.
Am augenfälligsten ist dabei
die Absprache zur Gründung
einer „unter staatlicher Regelung stehenden privatrechtlich
organisierten Infrastrukturgesellschaft Verkehr“, wie es im
Einigungspapier heißt. Ferner
soll „das unveräußerliche Eigentum des Bundes an Autobahnen und Straßen im Grundgesetz festgeschrieben“
werden. Das ist umso bemerkenswerter, weil damit letzt-
lich ein gegenteiliger Beschluss
der Verkehrsministerkonferenz
einkassiert wird. Wie die „In­
frastrukturgesellschaft Verkehr“ aussehen soll, ist indes
noch völlig offen. Fraglich auch,
ob damit – trotz anders anmutender Formulierungen – nicht
weiteren vom Bundesrechnungshof bereits mehrfach
­kritisierten ÖPP-Projekten (Öffentlich-Private-Partnerschaften) der Weg bereitet wird.
Genau das befürchten die dbb
Fachgewerkschaften ­VDStra.
und BTB; ebenso wie die bisher
unabsehbaren Folgen für das
Personal. Zwar heißt es in dem
Papier, dass „die Interessen der
Beschäftigten hinsichtlich Status, Arbeitsplatz und Arbeitsort beachtet werden“. Das aber
ist als Formulierung viel zu ungenau, um den betroffenen Beschäftigten die Sorgen zu nehmen. Völlig zu Recht fordern
VDStra. und BTB daher eine detaillierte Erklärung des Bundesverkehrsministers.
Auch in anderen Bereichen hat
der Bund neue Kompetenzen
bekommen, die mindestens
mittelbar Auswirkungen auf
die Beschäftigten haben könnten. So sollen etwa die Onlineanwendungen der öffentlichen
Verwaltung für alle Bürger und
die Wirtschaft über ein zentrales Bundes-Bürgerportal er-
reichbar gemacht werden.
Auch die Länder hätten ihre
Dienstleistungen darüber bereitzustellen. In der Steuerverwaltung wird der IT-Einsatz
ebenfalls vereinheitlicht, der
Bund erhält ein „erweitertes
Weisungsrecht zur Gewährleistung gleicher Programmergebnisse und eines ausgewogenen
Leistungsstandes“. Auch generell bekommt der Bund ein
stärkeres allgemeines fachliches Weisungsrecht im Steuerbereich, soweit die Mehrheit
der Länder nicht widerspricht.
Welche Auswirkungen diese
und die weiteren Vereinbarungen auf das Personal, insbesondere in den Landesfinanzbehörden, haben wird, dürfte
sich erst nach der konkreten
Umsetzung der beschlossenen
Eckpunkte abzeichnen.
<
Ohne die Beschäftigten
ist kein Staat zu machen
„Mehr Transparenz und eine
breitere öffentliche Debatte
hätten den beteiligten Politikern gut zu Gesicht gestanden“, kommentierte der dbb
Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt den Einigungsprozess.
„Nun werden wir sehen, wie
die vereinbarten Eckpunkte
mit Leben gefüllt werden. Eine
klare Kompetenzverteilung
zwischen Bund und Ländern ist
natürlich zu begrüßen, aber es
muss klar sein: Ohne die Beschäftigten ist kein Staat zu
machen.“
ef
< Infrastrukturgesellschaft
Kurz vor Redaktionsschluss hat die dbb Bundesleitung ihre Posi­
tion zu der geplanten Infrastrukturgesellschaft des Bundes per
­Beschluss untermauert und konkretisiert. Für die Beschäftigten
darf es demnach im Zuge der Veränderungen auf keinen Fall zu
Verschlechterungen kommen. Dabei gehe es um den Status sowie
Arbeitsplatz und Arbeitsort. Die Personalvertretungen sind einzubinden. Das unveräußerliche Eigentum des Bundes an Autobahnen
et cetera soll grundgesetzlich festgeschrieben werden.
> dbb magazin | Dezember 2016
21
analyse
<
Personalvertretungsrecht:
Zukunft mitbestimmen
akademie
22
Neue Gesetze und Erkenntnisse – wer im Personalvertretungsrecht am
Ball bleiben will, muss sich fortbilden. Ob „alter Hase“ oder „junges Küken“: Für eine praxisnahe Personalratsarbeit ist Fortbildung unersetzlich,
denn sie schafft die ­Basis für eine kompetente Interessenvertretung. Als
Per­sonalrat qualifiziert mitreden können und auf Augenhöhe verhandeln
– das will gelernt sein.
<<
Personalrat – immer
eine Herausforderung
2016 war das Superjahr in
­Sachen Personalratswahlen:
Beim Bund, in den Jobcentern
und in insgesamt sechs Bundesländern wurden neue Personalräte und vielfach auch
neue Jugend- und Auszubildendenvertretungen gewählt.
Neben den wiedergewählten
Personalräten sind ungefähr
85 Prozent neue Kolleginnen
und Kollegen zum Personalrat
gewählt worden, so die Einschätzung von Helmuth Wolf,
verantwortlich für den Bereich
Personalvertretungsrecht in
der dbb akademie.
„Für die dbb akademie sowie
für unser sachkundiges und
gut eingespieltes Dozententeam war das schon eine
besondere Herausforderung:
Kolleginnen und Kollegen aus
den Dienststellen des Bundes
und der Länder Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen
> dbb magazin | Dezember 2016
und Nordrhein-Westfalen haben ihren Schulungsbedarf
angemeldet, um die für sie
wichtigen Aufgaben rechts­
sicher und fachkompetent
wahrnehmen zu können. Eine
schwierige Aufgabe für die
Dozenten – schließlich geht
es darum, unterschiedliche
Personalvertretungsgesetze,
Hierarchieebenen von der
Verwaltung eines Verfassungsorgans über Bundesund Länderministerien bis
zur Samtgemeinde abzudecken.“ „Ein tolles Team!“,
führt Wolf weiter aus, „aus­
gebuchte Veranstaltungen
und zufriedene Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind der
Lohn für die intensive Vorbereitung und Veranstaltungsdurchführung.“
<<
Mehr als Grundwissen
Das Grundwissen für die Personalratstätigkeit haben sich nun
viele der neu gewählten Personalräte angeeignet, jetzt geht
es in die Praxis. „Auch wenn in
den Grundschulungen viele
wichtige Fragen für das neue
Personalratsmitglied beantwortet worden sind, entwickelt sich das richtige Gespür
für die Probleme der Beschäftigten und für den Umgang
mit dem Dienstherrn erst allmählich“, so Wolf weiter. „Viele
Fragen zu den einzelnen Sachverhalten ergeben sich erst in
der laufenden Praxis, im täglichen Geschäft. Und dafür muss
auch weitere Fachkompetenz
aufgebaut werden.“
Tatsächlich unterliegt die Arbeit
der Personalvertretung einem
ständigen Wandel, viele über
das reine Personalvertretungsgesetz hinausgehende Dinge
gilt es zu beachten. Zur rechtssicheren und kompetenten
Wahrnehmung der Beteiligungsrechte benötigen die Mitglieder der Personalvertretungen insbesondere auch über die
Grundlagen des Personalvertretungsrechts hinausgehende
vertiefende Kenntnisse. Die
personalvertretungsrechtlichen
Aspekte wie konkrete Beteiligungsrechte, Allgemeine Aufgaben, „Wächteramt“ und
Recht und Billigkeit sind eine
permanente Herausforderung.
Erforderlich ist darüber hinaus
auch ein Wissen über die anzuwendenden Begleitgesetze
und Tarifverträge. Dazu gehören neben arbeitsrechtlichen
Grundlagen auch Kenntnisse
in den jeweiligen Tarifwerken,
im Dienstrecht, im Arbeitsschutzrecht und vielen weiteren Bestimmungen. Auch sie
unterliegen einem Wandel beziehungsweise einer Konkretisierung durch Rechtsprechung
oder Rechtsänderungen.
<<
Weitgefächertes
­Themenspektrum
Ebenso wichtig ist es, die internen Handlungsabläufe in einem Personalratsgremium, die
Fragen der täglichen Praxis und
des Miteinanders vertiefend zu
betrachten. Wie können beispielsweise Personalversammlungen erfolgreich gestaltet
werden und wie lassen sich
personalratsinterne Handlungsabläufe organisieren?
Dazu gehört auch im Rahmen
der Gestaltungsmöglichkeiten,
Dienstvereinbarungen rechtssi-
© Visual Concepts / Fotolia
dbb
<
< Helmuth Wolf
cher formulieren und zielgerichtet verhandeln zu können.
Die Beschäftigten erwarten
verständlicherweise von ihrem
Personalrat ein ergebnisorientiertes Handeln. Personalratsarbeit beinhaltet daher nicht
nur reine Rechtsanwendung,
sondern verlangt auch Kenntnisse über die Regeln der Kommunikation und des Umgan-
ges miteinander, vor allem in
Konfliktsituationen. Die zu­
nehmende Abkehr vom hierarchischen Prinzip in der Personalführung des öffentlichen
Dienstes verlangt nicht nur
aufseiten der Dienststellenleitung, sondern auch von der
Personalvertretung eine mehr
partnerschaftliche, an zeitgemäßen Methoden des Personalmanagements orientierte
Aufgabenwahrnehmung.
<<
Fortbildung macht fit
für die Amtsperiode
„Wir machen Personalräte fit,
ihre Aufgaben zu erfüllen. Wir
können zwar nicht zaubern,
aber viel durch passgenaue
Fortbildung bewegen“, ist sich
Wolf sicher. „Daher ist es unser
Anliegen, gewählte Personalvertreter mit unserem Schulungsangebot durch die gesamte Amtszeit zu begleiten. Wir
bilden mit unseren Seminaren
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23
akademie
© dbb
dbb
> dbb magazin | Dezember 2016
© thomaslerchphoto / Fotolia
dbb
Bundesfernstraßen – Abschied von der Auftragsverwaltung:
Privatisierung um jeden Preis?
Als der „Investitionsstau“ erfolgreich in die Schlagzeilen gebracht worden war
und damit in die Köpfe vieler Bürger, hatten sie verloren. Denn wer war schuld
an den bröckelnden Brücken und den löchrigen Straßen? Die Länder. Sie können es nicht – ein beliebter, wenn auch nicht immer belegbarer Spruch im
­politischen Berlin. Und so kam es, dass die Auftragsverwaltung bei den Bundesfernstraßen bald der Vergangenheit angehören wird.
die andere meinung
24
Freilich ist die Verlagerung der
Zuständigkeit für das Planen,
Bauen und Erhalten von Fernstraßen von den Ländern zum
Bund nur ein Mittel zum
Zweck. Und der, das ist zuletzt
immer deutlicher erkennbar
geworden, läuft auf eines hinaus: die möglichst weitgehende Privatisierung der Autobahnen auch in Deutschland.
Dem Bund ist gelungen, den
Ländern ihre Aufgabe zu entwenden. In einem Koppelgeschäft im Zusammenhang mit
der Neuordnung des Finanzausgleichs stimmten die Ministerpräsidenten im Oktober jener Grundgesetzänderung zu,
die zum Aufbau einer eigenen
Bundesverwaltung für die
Fernstraßen führen wird. Völlig
überzeugt davon waren und
sind sie zwar nicht, aber sie
­gerieten in eine Erpressungs­
situation, die Bundesfinanz­
minister Wolfgang Schäuble,
Wirtschaftsminister Sigmar
Gabriel und Verkehrsminister
Alexander Dobrindt nun kaltschnäuzig ausnutzen.
waltung wird freilich eine Doppelstruktur entstehen. Die
Verantwortung für das Straßennetz wird geteilt – die Autobahnen beim Bund, der Rest
bei den Ländern (und Kommunen). Was das für die Finanzierung bedeutet, kann man sich
ausmalen. Dabei spricht nicht
viel für eine Bundesverwaltung. Bei den Autobahnen geht
es kaum noch um Neubau, um
die Schließung von Lücken im
Netz. Sondern um Ausbau und
um Erhalt. Und das immer im
Zusammenhang mit dem anliegenden Straßennetz. Während aber bisher die Landesverwaltungen darauf schauen
konnten, dass Baumaßnahmen
für Autobahnen, Bundesstraßen, Landesstraßen, Kreisstraßen, Ortsdurchfahrten einigermaßen koordiniert innerhalb
einer Region verliefen, werden
sich künftig bei vielen Maßnahmen eine Bundes- und eine
Landesverwaltung absprechen
müssen. Und die Bundesverwaltung wird mit 16 Regionalverwaltungen zu tun haben.
Klingt das vernünftiger?
Mit der Einführung einer zen­
tralisierten Fernstraßenver­
Aber der Politik in Berlin geht es
eben weniger um das Verwal-
> dbb magazin | Dezember 2016
ten der Fernstraßen als um deren Privatisierung. Zwar weisen
alle Beteiligten das Ansinnen
von sich, niemand wolle „jetzt“
eine Privatisierung. Aber der
Boden wird bereitet, weil die
Große Koalition die Zweidrittelmehrheit hat und die Länder in
der Defensive sind. Dabei ist
nicht entscheidend, ob die
­Gesellschaft, die der Bund
­gründen will, privatrechtlich
organisiert wird oder öffentlich-rechtlich. Oder ob es möglich sein soll, Anteile an der Gesellschaft zu verkaufen. Mit
einer eigenen Verwaltung wird
es für den Bund einfacher, die
Strategie der Vergabe von immer größeren Autobahnteilstücken an Private im Rahmen von
öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) zu forcieren, die
Dobrindt schon begonnen hat.
So kommt das Autobahnnetz
Stück für Stück an private Betreiber – für das halbe Dutzend
großer Straßenbaukonzerne
und Finanzinvestoren wie Versicherungen und Fondsanbieter
eine feine Sache, erst recht,
wenn die Pkw-Maut noch
kommt, eine sichere, ergiebige
Einnahmequelle in dem neuen
System, das der Bund derzeit
errichtet. Freilich sind die Finanzierungskosten von Privaten
immer höher als die des Staates, und ihre Renditeerwartungen sind ebenfalls hoch. ÖPP
sind daher oft kostenträchtiger
als konventionell umgesetzte
Projekte, worauf der Bundesrechnungshof gerade nochmals
hingewiesen hat. Und ob mögliche Effizienzgewinne das ausgleichen, ist unsicher.
Dass die Auftragsverwaltung
besser gewesen ist als ihr Ruf,
das wird in den Nachrufen und
Rückblicken stehen – wenn
man nach einigen Jahren mit
der neuen Bundesautobahngesellschaft die Erfahrung gemacht haben wird, dass wenig
oder nichts besser wurde, aber
alles teurer. Noch wäre Zeit,
sich anders zu besinnen – und
zum Beispiel das Kompromissmodell der Verkehrsminister
der Länder zu übernehmen, das
dem Bund mehr Steuerungsmöglichkeiten einräumt. Aber
wie es aussieht, will der Bund
sein großes Zentralisierungsund Privatisierungsprojekt
durchziehen. Albert Funk
<< Der Autor …
… Jahrgang 1962, arbeitet
als Korrespondent im
Hauptstadtbüro des Berliner Tagesspiegels. Er ist Autor des verfassungshistorischen Überblicks „Kleine
Geschichte des Föderalismus. Vom Fürstenbund zur
Bundesrepublik“, erschienen bei Schöningh.
Anmerkung der Redaktion
Zum Redaktionsschluss wurde be­
kannt, dass Bundeswirtschaftsmi­
nister Sigmar Gabriel die Pläne zur
Privatisierung der deutschen Auto­
bahnverwaltung vorerst gestoppt
habe. Einem am 21. November 2016
erschienenen Pressebericht zufolge
legte das Wirtschafsministerium Vor­
behalt gegen die für diese Privatisie­
rung vorgesehene Grundgesetzände­
rung ein. Gabriel, der sich mit dieser
Entscheidung entschieden gegen die
Pläne von Bundesfinanzminister Wolf­
gang Schäuble wendet, habe sich in
der ­Ressortabstimmung vorbehalten,
­weitere Stellungnahmen abzugeben.
<< Info
Der dbb gewährt den Einzelmitgliedern seiner Mitgliedsgewerkschaften berufsbezogenen Rechtsschutz.
Pflichtverletzung:
Disziplinarrechtliche Würdigung nicht zwingend
Nicht jede Pflichtverletzung eines Beamten ist
zwingend disziplinarrechtlich zu würdigen. In einem Rechtsschutzfall aus dem Bereich des Diszi­
plinarrechts vertrat das Dienstleistungszentrum
Süd-West einen Kriminalbeamten.
Der Beamte stand im Verdacht, gegen seinen unmit­
telbaren Vorgesetzten despektierliche Schreiben und
E-Mails formuliert zu haben.
Zudem soll er anlässlich einer
dienstlich nicht veranlassten
Fahrt aufgrund einer Ordnungswidrigkeit eines Verkehrsteilnehmers diesem
­gegenüber geäußert haben,
„Sie sind krank“. Und schließlich ordnete er eine Durch­
suchungsmaßnahme gegen
einen des Diebstahls Verdächtigen an und ließ diese durchführen. Diese Maßnahme war
wegen einer lückenlosen Ob-
Zuständig dafür sind die
­Juristen in den dbb Dienst­
leistungs­zen­tren in Berlin,
Bonn, Hamburg, Nürnberg
und Mannheim. Das dbb
­magazin dokumentiert den
„Fall des Monats“.
rechnet werden, ebenso
­wenig die beleidigende Äu­
ßerung an einen anderen Verkehrsteilnehmer, „Sie sind
krank“. Strafrechtlich wurde
dieses Verhalten als nicht
nachweisbar strafwürdig eingestuft. Das Verwaltungs­
gericht Trier würde – selbst
wenn die Äußerung so gefallen wäre, wie behauptet –
hierin ein Spontanverhalten
des Beamten sehen. Es handele sich um eine einmalige Entgleisung, die sowohl objektiv
als auch subjektiv die Schwelle zu einem ahndungswürdigen Dienstvergehen nicht
überschreite. Auch die unverhältnismäßige Durchsuchung
bei einem Verdächtigen stelle
ebenfalls keine ahndungswürdige Pflichtverletzung dar. Ein
Beamter schulde lediglich eine
„durchschnittliche Leistung“
und auch der fähigste Beamte
servation des Verdächtigen
unnötig gewesen. Der Dienstherr verhängte die Kürzung
der Dienstbezüge um drei Prozent für die Dauer von 18 Monaten. Hiergegen wandte sich
der betroffene Polizeibeamte
mit Erfolg. Das Verwaltungsgericht Trier hob die Disziplinarverfügung mit Urteil vom
26. Juli 2016 (Az.: 3 K 695/16
DA) auf.
Zur Begründung hieß es: Die
despektierlichen Äußerungen
gegenüber dem Vorgesetzten
konnten nicht eindeutig dem
betroffenen Beamten zuge-
unterliege Schwankungen seiner Arbeitskraft. Ein einmaliges fahrlässiges Fehlverhalten
könne nach Abwägung der
Umstände des Einzelfalls nur
im Ausnahmefall ein Dienstvergehen darstellen, nämlich
wenn im Kernbereich der dem
Beamten obliegenden Pflichten eine Tätigkeit in Rede
steht, die wegen ihrer herausgehobenen Bedeutung erkennbar besonderer Sorgfalt
bedarf (vgl. OVG RheinlandPfalz, Urteil vom 10. Mai 1999,
Az.: 3 A 12725/08). Unter Anwendung dieser Maßstäbe lag
kein das Disziplinarverfahren
rechtfertigendes Verhalten
des Beamten vor. ak
Das schönste Titelbild 2016: Sie haben die Wahl!
_0VJ74_dbb magazin_Januar_Februar 2016_S001.pdf; s1; (210.00 x 297.00 mm); 26.Jan 2016 15:55:12; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien
dbb magazin
3
Januar/Februar 2016 – 67. Jahrgang
_0YGF8_dbb magazin_April 2016_S001.pdf; s1; (210.00 x 297.00 mm); 29.Mar 2016 10:32:13; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien
dbb magazin
4
März 2016 – 67. Jahrgang
_0ZFI3_dbb magazin_Mai 2016_S001.pdf; s1; (210.00 x 297.00 mm); 02.May 2016 10:59:58; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien
dbb magazin
5
April 2016 – 67. Jahrgang
dbb Chef Klaus
Dauderstädt, Willi Russ
und Hans-Ulrich Benra
Seite 12 <
dbb Jahrestagung 2016:
Herausforderung für
die Demokratie –
Politik contra Bürger?
Arbeitsmarkt und Integration:
Zukunft für alle
Seite 4 <
Interview:
Detlef Scheele,
BA-Vorstand für
Arbeitsmarkt
Seite 6 <
Einkommensrunde 2016:
Sechs Prozent sind
konsequent
Ausgabe 1/2
Ausgabe 3
9
Juli/August 2016 – 67. Jahrgang
Zu kleine Schritte?
Seite 4 <
Interview:
Kanzleramtsminister
Peter Altmaier
6
Mai 2016 – 67. Jahrgang
Seite 6 <
Einkommensrunde 2016:
September 2016 – 67. Jahrgang
10
dbb magazin
Juni 2016 – 67. Jahrgang
Ausbildung im öffentlichen Dienst:
Seite 4 <
Interview:
Klaus Bouillon,
Vorsitzender der
Innenminister­
konferenz der
Länder
Seite 6 <
Einkommensrunde 2016:
4,75 Prozent –
vieles gestaltet –
manches verhindert
Volle Fahrt
voraus?
Seite 4 <
Interview:
Prof. Dr. Johanna
Wanka, Bundes­
ministerin für Bildung
und Forschung
Seite 12 <
Forum ÖFFENTLICHER
DIENST:
Zehn Jahre
Föderalismusreform(en)
Ausgabe 5
_131OQ_dbb magazin_Oktober 2016_S001.pdf; s1; (210.00 x 297.00 mm); 27.Sep 2016 13:36:51; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien
dbb magazin
Von Helfern zu
Opfern?
Auftakt in Potsdam
Ausgabe 4
_12820_dbb magazin_September 2016_S001.pdf; s1; (210.00 x 297.00 mm); 29.Aug 2016 13:57:09; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien
dbb magazin
Migration und Integration:
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Interview:
_11F3G_dbb magazin_Juli_August 2016_S001.pdf; s1; (210.00 x 297.00 mm); 21.Jul 2016 10:30:24; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien
7/8
dbb magazin
Beschäftigte im öffentlichen Dienst:
Seite 4 <
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Gefahr im
laufenden
Betrieb
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Personalmangel
und Befristungen:
_1047V_dbb magazin_Juni 2016_S001.pdf; s1; (210.00 x 297.00 mm); 27.May 2016 15:15:33; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
1/2
_0XGNU_dbb magazin_März 2016_S001.pdf; s1; (210.00 x 297.00 mm); 26.Feb 2016 15:01:41; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien
Ausgabe 6
_13YTI_dbb magazin_November 2016_S001.pdf; s1; (210.00 x 297.00 mm); 27.Oct 2016 16:27:44; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien
dbb magazin
Oktober 2016 – 67. Jahrgang
11
dbb magazin
November 2016 – 67. Jahrgang
12
dbb magazin
Dezember 2016 – 67. Jahrgang
Behindertenpolitik:
Ecken, Kanten, Stufen
Seite 7 <
Besoldung und
Versorgung 2016:
Zusagen werden
eingehalten
Ausgabe 7/8
Seite 4 <
Interview:
Verena Bentele,
Behinderten­
beauftragte der
Bundesregierung
Seite 6 <
Bürgerbefragung 2016:
Starker Staat gefragt
Ausgabe 9
11. dbb Medienkonferenz:
Glaubwürdigkeit
in Gefahr?
Seite 8 <
Fachgespräch im
Bundestag:
Beihilfesystem
alternativlos
Ausgabe 10
Seite 4 <
Interview:
Malu Dreyer,
Vorsitzende der
Rundfunkkommission
der Länder
Aufbruch
ins Unbekannte
Seite 9 <
Änderung des Versorgungsrücklagegesetzes:
Beamtenversorgung
nachhaltig sichern
Ausgabe 11
Seite 4 <
Interview:
Dr. Thomas de
Maizière, Bundes­
minister des Innern
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Dr. Claudia Bogedan,
Präsidentin der
Kultusminister­
konferenz
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Flüchtlingsintegration:
Seite 4 <
Interview:
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Runter vom
Elfenbeinturm
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Postvertriebsstück • Deutsche Post AG „Entgelt bezahlt“
Geisteswissenschaften:
Zollhundeschule Bleckede:
Seite 4 <
Die Supernasen
Seite 20 <
interview:
Jean-Claude Juncker,
Präsident der
EU-Kommission
Auch 2016 hat sich die
Redaktion bemüht, die
Titelseiten der zehn Ausgaben des dbb magazins
so ansprechend zu gestalten, dass sie das In­
teresse der Leserinnen
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Jetzt haben Sie die Qual
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Ausgabe 12
> dbb magazin | Dezember 2016
25
service
Der Fall des Monats
Peter Atkins - Fotolia
© Peter Atkins / Fotolia
dbb
dbb
Zollkriminalamt:
vorgestellt
26
Es ist erst ein paar Tage her, als der Zoll zu einem Medientermin einlud:
10 000 Flaschen „nicht genussfähigen Wodkas wegen 300-facher Überschreitung der zulässigen Menge an Methanol“ wurden in Bramsche nördlich von Osnabrück vernichtet. Die Ware stammte aus einer Sicherstellung
im Zusammenhang mit einem umfangreichen Ermittlungsverfahren des
Zolls. Daran beteiligt: das Zollfahndungsamt München. Es ist eines von acht
dem Zollkriminalamt (ZKA) angeschlossenen Zollfahndungsämtern.
Das Zollkriminalamt und die
Zollfahndungsämter bilden gemeinsam den Zollfahndungsdienst. Das ZKA war bis zur
­Errichtung der Generalzolldirektion eine eigenständige Mittelbehörde. Seit dem 1. Januar
2016 wird es als funktionale
­Einheit im Verbund der bundesdeutschen Sicherheitsbehörden
unter der Bezeichnung Direktion
VIII/Zollkriminalamt innerhalb
der Generalzolldirektion geführt. Seine Hauptaufgabe: die
Bekämpfung mittlerer, schwerer
und organisierter Zollkriminalität durchzuführen, zu koordinieren und zu unterstützen.
„Die Zollfahndung ist die Kriminalpolizei des Zolls“, fasst Wolfgang Schmitz, stellvertretender
Pressesprecher der Generalzolldirektion, Fachsprecher und
­Koordinator für den Zollfahndungsdienst, dessen breites
Aufgabenspektrum zusammen.
Dabei ist das Zollkriminalamt
(ZKA) mit Sitz in Köln die Zen­
trale der Zollfahndung, wo die
Fäden zusammenlaufen. Es koordiniert und lenkt auch die Ermittlungen der angeschlosse-
> dbb magazin | Dezember 2016
nen Zollfahndungsämter in
Berlin, Dresden, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, München und Stuttgart.
Insgesamt sind im ZKA und in
den acht Ämtern 3 327 Mitarbeiter tätig. „Die Kolleginnen
und Kollegen in den Zollfahndungsämtern leisten die Hauptermittlungsarbeit“, erläutert
Schmitz. Das ZKA selbst ermittelt nur in besonders bedeutenden Fällen, etwa wenn es in der
Exportkontrolle darum geht,
die Ausfuhr von Giftgasanlagen
oder atomwaffentauglichen
Teilen aus deutscher Produktion in bestimmte Länder zu verhindern. Seit 2011 führt der
Zollfahndungsdienst durchschnittlich 14 000 Ermittlungsverfahren pro Jahr in den Bereichen mittlere, schwere und
organisierte Kriminalität, 2014
waren es sogar 14 657.
<<
Im Einsatz gegen
Organisierte Kriminalität
Ein Arbeitsschwerpunkt des
Zollfahndungsdienstes ist der
Einsatz gegen die Organisierte
<
< Überwachungsmaßnahmen führen oft zum Erfolg.
© ZKA (4)
Zentrale für die
Kriminalpolizei des Zolls
Kriminalität (OK). „Dabei geht
es um Aufdeckung und Zerschlagung organisierter Täterstrukturen“, macht Wolfgang
Schmitz deutlich. Bis zu 100
Einzeltäter können solchen
Gruppen angehören, die von
einem Ziel geleitet sind: Gewinn- und Machtstreben. Sie
planen ihre Straftaten mit hoher krimineller Energie, es geht
um sämtliche strafrechtliche
Delikte, etwa organisierten
­Zigarettenschmuggel, Geld­
wäsche, Alkoholschmuggel,
Handel mit verbotenen Arzneimitteln. Rund 70 Ermittlungsverfahren jährlich betreffen
den Bereich OK. „Das heißt, der
dbb
Angesichts der Tatsache, dass
es zumeist um grenzüberschreitende Straftaten geht
und „die Drahtzieher immer
geschickter agieren“, wird internationale Zusammenarbeit
gerade in diesem Bereich großgeschrieben. „Die Täter sind
über Landesgrenzen hinweg
vernetzt, also müssen wir dem
auch bei unseren kriminaltaktischen Maßnahmen Rechnung
tragen.“ Und je besser die internationale Zusammenarbeit
aller zuständigen Behörden
funktioniert, desto höher sind
die Erfolgschancen. So werden
Tätergruppen beispielsweise
grenzüberschreitend observiert. Die Kooperation mit Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden endet dabei
nicht an den Grenzen der Europäischen Union, sondern reicht
weit über diesen „Tellerrand“
hinaus. Zudem sorgen 17 Zollverbindungsbeamte an europäischen Standorten sowie in
China, Kolumbien, den USA
und den Vereinigten Arabischen Emiraten dafür, dass die
Kooperation vor Ort auf sicheren Fundamenten steht –
etwa, wenn es um die Verfolgung von OK-Delikten in den
Bereichen Rauschgift oder verbotene Arzneimittel geht. Mithilfe des zentralen Datensystems „Balkan-Info“ können
beispielsweise sehr schnell
­verdächtige Lkw zur internationalen Fahndung ausgeschrieben werden. Auch im Bereich
der Terrorismusbekämpfung
läuft ein Erkenntnisaustausch
schneller über Verbindungs­
beamte.
Um doppelgleisige Ermittlungen zu vermeiden, haben Zoll
und Polizei ihre Zusammenarbeit institutionalisiert. So wurde bereits 1970 die erste „Gemeinsame Ermittlungsgruppe
Rauschgift“ (GER) in Hamburg
gegründet. Das Ziel: fachliche
Kompetenzen an einem Ort
bündeln, Ermittlungen optimieren, Informationsverluste
vermeiden, vorhandene Behördenstrukturen nutzen. Inzwischen arbeiten bundesweit 28
solcher GER. Auch bei Ermittlungen gegen Geldwäsche
geht man diesen Weg. So wurde die erste „Gemeinsame Finanzermittlungsgruppe“ (GFG)
in Wiesbaden, zu der Mitarbeiter des Zollkriminalamtes und
er als einen der Aufgabenschwerpunkte den Kampf gegen illegale und gefälschte Arzneimittel an. Den Fahndern sei
es gelungen, die sichergestellte
Menge an Tabletten mit 3,9
Millionen Stück gegenüber
2014 annähernd zu vervierfachen, lobte der Minister. Die
Zahl der Personen, gegen die
der Zoll wegen Vergehen mit
Medikamenten ermittelte,
stieg von 3 100 (2014) auf
4 100 (2015). Wie bei Rausch-
<
< Schnelligkeit ist gefragt: Beamte im Einsatz.
des Bundeskriminalamtes gehören, 1993 ins Leben gerufen,
inzwischen gibt es weitere 16
GFG zwischen Zollfahndung
und Länderpolizeien. Zudem
werden im Rahmen einer „Europäischen Sicherheitsanalyse“
potenziell risikobehaftete Warensendungen mit Kontrollempfehlungen versehen und
an die zuständigen Zollstellen
innerhalb der EU weitergeleitet. So fließen aktuelle Trends
und Hinweise ständig in diesen
internationalen Analyseprozess ein und führen nicht nur
zu Kontrollempfehlungen, sondern auch zu Ladeverboten für
bestimmte Güter.
Als Bundesfinanzminister
Wolfgang Schäuble im April
2016 die Jahresbilanz der deutschen Zollverwaltung für das
Jahr 2015 präsentierte, führte
giften und Zigaretten gehe es
den Fahndern auch in diesem
Bereich, so macht Wolfgang
Schmitz deutlich, nicht nur darum, Täter zu ermitteln und
ihrer Bestrafung zuzuführen.
„Vielmehr liegt uns hier auch
der Schutz der Verbraucher besonders am Herzen.“ Leider
würden die enormen gesundheitlichen Risiken, die mit solchen Produkten verbunden
sind, allzu oft total unterschätzt.
<<
Spezialeinheiten
schützen Beamte
„Gerade von OK-Tätern geht
oft eine akute Gewaltbedrohung aus“, berichtet Schmitz
weiter. Um dem wirksam zu
begegnen, setzt der Zollfahndungsdienst Spezialeinheiten
ein. Es gibt acht Observations-
einheiten Zoll (OEZ) sowie die
Zentrale Unterstützungsgruppe Zoll (ZUZ), die Schmitz als
„GSG 9 des Zolls“ charakterisiert. Die ZUZ führt Zugriffsund Schutzmaßnahmen durch,
bei denen besonders geschultes und ausgestattetes Personal notwendig ist. „Immer
dann, wenn eine Gefahr für
Leib und Leben der eingesetzten Zollbeamten besteht, wird
die ZUZ gerufen“, sagt Schmitz.
50 Einsatzbeamte, in Köln stationiert, gewährleisten den
Schutz von 40 000 Zollbeamten – und zwar bundesweit.
2015 bewältigten sie erfolgreich 85 Einsatzlagen. Auf­
traggeber der zentralen Unterstützungsgruppe sind meist
Zollfahndungsämter oder
Hauptzollämter, die bei ihren
Ermittlungsverfahren Unterstützung brauchen. Meist geht
es um die Durchsetzung strafprozessualer Maßnahmen gegen bewaffnete, gewaltbereite
Täter. Haftbefehle vollstrecken, Durchsuchungen sichern
oder auch die hochkomplexe
Überwachung mit modernsten
technischen Mitteln gehören
zum Alltag von OEZ und ZUZ.
Auch im Internet und dessen
„Dunkelbereich“, dem Darknet,
sind die Zollfahnder unterwegs.
Auf diese Weise konnte beispielsweise der Lieferant der
bei dem schrecklichen Amoklauf in München vom 22. Juli
2016 verwendeten Schusswaffe
ermittelt werden. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt
am Main – Zentralstelle zur
­Bekämpfung der Internetkri­
minalität – und das Zollfahndungsamt Frankfurt am Main
nahmen den 31-jährigen Deutschen Mitte August in Marburg
fest. Der Kontakt zwischen dem
Waffenhändler und seinem
Kunden war über einschlägige
Foren im Darknet z­ ustande
­gekommen. Die Spezialisten
der Observationseinheiten der
Zollfahndung sowie der ZUZ
sorgten im Auftrag der Frankfurter Zollfahnder während
der geplanten Übergabe der
Schusswaffe für eine sichere
Festnahme. cok
> dbb magazin | Dezember 2016
27
vorgestellt
Zoll bearbeitet rund die Hälfte
der bei den Bundesbehörden
geführten Ermittlungsverfahren zur OK – und leistet so
­einen wichtigen Beitrag zur
­Inneren Sicherheit in Deutschland“, stellt Schmitz fest.
dbb
Parlamentarischer Abend der dbb jugend:
Zehn Minuten für jeden Tisch
Markus Klügel (3)
Speeddating war angesagt beim Parlamentarischen Abend der dbb jugend Ende Oktober in ­Berlin:
Die Nachwuchsgewerkschafter begrüßten hochrangige Parlamentarier zur angeregten Diskussion bei
bester Stimmung.
jugend
28
<
< Ohne Adlerküken „Horst“, das Maskottchen der dbb jugend, kam auch der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak,
nicht aus dem Speeddating heraus. Dafür sorgte dbbj-Chefin Sandra Kothe.
<
< Auf das Glöckchenklingeln genau zehn Minuten hatten die
Abgeordneten, den jeweiligen
Geprächspartnern aus den Reihen des dbb Bundesjugendausschusses ihre Positionen darzulegen. Danach mussten sie zum
nächsten Tisch wechseln.
Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Ansgar
Heveling (CDU), und Barbara
Woltmann (CDU), ebenfalls
Mitglied des Innenausschusses,
waren der Einladung ebenso
gefolgt wie Junge-Union-Chef
Paul Ziemiak, Kerstin Griese
(SPD), die Vorsitzende des Aus-
Beschäftigte des öffentlichen
Dienstes. dbb jugend-Chefin
Sandra Kothe erinnerte in ihrer
Begrüßung an den tragischen
Tod des bayerischen Polizeibeamten, der bei einem Einsatz
tags zuvor von einem Anhänger
der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ kaltblütig nie-
schusses für Arbeit und Soziales, sowie Susanne Mittag
(SPD), Polizeibeamtin mit 30
Jahren Berufserfahrung, die
dem Innenausschuss angehört
und zudem stellvertretende
Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses ist. Jeweils
zehn Minuten hatten die Abge-
ordneten pro Tisch, an dem jeweils mehrere Gesprächspartner der dbb jugend – insgesamt
44 Mitglieder des Bundesjugendausschusses – saßen.
Zentrales Thema war – aus
traurigem aktuellen Anlass –
die zunehmende Gewalt gegen
dbb jugend magazin
online
„Von Wegläufern und Trebegängern“ titelt die DezemberAusgabe des dbb jugend magazin t@cker. „Das Jahr neigt
sich dem Ende zu und so manchem ist vielleicht in der
Tat zum Weglaufen angesichts der jüngsten Ereignisse
insbesondere in der politischen Welt“, schreibt dbb jugend-Chefin Sandra Kothe im Editorial: „Nach wie vor
erleben wir eine ernst zu nehmende terroristische Bedrohungslage, Terror und Bürgerkriege im arabischen
Raum und auf dem afrikanischen Kontinent und eine
Europäische Union, die spätestens seit dem Brexit angeschlagen und gespalten ist wie nie zuvor. Und zu
guter (?) Letzt wird Donald Trump der nächste Präsident der USA – eine komplette „blackbox“, was die
politischen Ziele und Instrumente angeht. Aber weglaufen? Ist nicht unser Ding. Im Gegenteil: noch
mehr Gründe zu bleiben, laut und deutlich unsere
Ausgabe
dbb jugend
magazin für
junge
12
2016
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2
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en. Seite 27
tacker_12_201
6.indd 1
20
UNICEF:
Kinder sind
die
Hoffnung
der Welt
herausgeber:
dbb jugend
16.11.2016
> dbb magazin | Dezember 2016
25
14:32:25
Meinung zu sagen, zu streiten und Kompromisse und Lösungen zu finden. Denn es lohnt sich,
für unsere Werte zu kämpfen, jederzeit und an
jedem Ort dieser Welt. In diesem Sinne wünscht
Euch die Bundesjugendleitung einen schönen
Dezember, besinnliche Weihnachten und einen
guten Rutsch in ein hoffentlich gesundes, friedlicheres und erfreuliches neues Jahr!“ Der Dezember-t@cker handelt von den Herausforderungen
der Straßensozialarbeit, beschäftigt sich mit dem
Stand der Dinge in Sachen „Weihnachtsgeld“ (nicht
für alle eine schöne Bescherung …) und stellt das
UN-Kinderhilfswerk UNICEF vor, das in diesem Jahr
seinen 70. Geburtstag feiert. t@cker lesen lohnt
sich – also einfach direkt reinsurfen unter
www.tacker-online.de!
strafen aus. Außerdem solle
ein Straftatbestand geschaffen
werden, der Rettungskräfte
umfasst. Innenausschuss-Vorsitzender Ansgar Heveling unterstützte die Einführung eines
neuen Straftatbestandes: Der
öffentliche Dienst brauche
Schutz, schließlich hielten die
Mitarbeiter für den Staat den
Kopf hin. Barbara Woltmann
betonte, dass die öffentlichen
Arbeitgeber sichere Arbeitsplätze und Präventionstraining
für Beschäftigte anbieten
müssten, idealerweise bereits
während der Ausbildung. Kerstin Griese forderte insgesamt
mehr Respekt von Bürgern
ebenso wie Arbeitgebern für
die öffentlich Beschäftigten
und begrüßte eine Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsplätze nach dem „Aachener
Modell“. Susanne Mittag zeigte sich fassungslos angesichts
von Angriffen auf Rettungsdienste und bestätigte die zunehmende Respektlosigkeit
quer durch alle Altersklassen
und sozialen Schichten aus
­eigener Erfahrung im Polizeidienst.
Die Vertreter der dbb jugend
machten in den Gesprächen
vor allem deutlich, dass die Beschäftigten gerade bei Anzeigen von Attacken besser von
ihren Vorgesetzen unterstützt
werden müssten – viel zu häufig würden Angriffe als Bagatellen heruntergespielt oder
bewusst unter der Decke gehalten.
iba
dbb Chef Klaus Dauderstädt,
der sich ebenfalls mit seinen
Stellvertretern Astrid Hollmann,
Hans-Ulrich Benra, ­Ulrich Silberbach und Claus Weselsky eingefunden hatte, unterstützte Kothe: Der dbb habe das Thema
mit dem Bundesinnenministerium auf der Agenda und man
werde auch weiterhin an einer
besseren Rückendeckung für
die Beschäftigten arbeiten.
JU-Chef Paul Ziemiak machte
sich in der Diskussion für Bodycams stark und sprach sich bei
Straftaten für mehr Mindest-
<
< Redefreiheit – so weit das Auge reicht.
> dbb magazin | Dezember 2016
29
jugend
dergeschossen und seinen
schweren Verletzungen wenig
später erlegen war. „Es geht uns
aber nicht nur um solche extremen Gewaltfälle, sondern auch
um die mittlerweile ganz alltägliche Gewalt, die unsere Kolleginnen und Kollegen ertragen
müssen. Dabei geht es nicht
nur um physische Attacken,
sondern auch um Missachtung,
Beleidigung, Erniedrigung, Nötigung, Bedrohung. Auch das ist
Gewalt und muss frühzeitig angegangen werden. Dafür brauchen unsere Kolleginnen und
Kollegen die Unterstützung von
Dienstherrn und Vorgesetzten“,
betonte Sandra Kothe.
dbb
Drei Fragen an …
… die Bundeswahlbeauftragte für die Sozialwahlen, Rita Pawelski:
Wir vermissen die Unterstützung
der großen bundesweiten Medien
Im Rahmen der Sozialwahlen
werden die Verwaltungsräte
der gesetzlichen Krankenkassen
und die Vertreterversammlun-
benswirklichkeit der Versicherten und der Arbeitgeber sind.
© BWB
?
Alle sechs Jahre finden die Sozialwahlen in Deutschland statt.
Können Sie kurz erklären, um
was es bei diesen Wahlen geht?
Selbstverwaltung ist wichtig!
Darum meine Bitte: Nehmen
Sie an den Wahlen teil! Es ist
ganz einfach: Sie informieren
sich auf der Homepage Ihrer
Versicherung über die Listen,
<
< Rita Pawelski ist seit
Oktober 2015 Bundeswahlbeauftragte für die
Sozialversicherungs­
wahlen. Von 2002 bis
2013 gehörte die freie
Journalistin dem Deutschen Bundestag an und
engagierte sich unter
anderem als Vorsitzende
der AG Frauen der CDU/
CSU-Bundestagsfrak­
tion. Von 1990 bis 2002
war sie Mitglied des
Landtages in Niedersachsen.
nachgefragt
30
gen der gesetzlichen Rentenund Unfallversicherungsträger
bestimmt. Diese Gremien sind
die wichtigsten Elemente der
Selbstverwaltung. Und diese
Selbstverwaltung ist das Kernstück des deutschen Systems
der Sozialversicherung. Selbstverwaltung bedeutet, dass sich
die Mitglieder mittels ihrer gewählten Selbstverwalter selbst
um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern. Das ist Mitbestimmung pur, das ist Demokratie in Reinform!
Könnte man auf die Selbstverwaltung verzichten? Theoretisch wäre das denkbar! Aber
was wäre die Alternative? Eine
Staatsverwaltung? Die Privatisierung? Mit der Abschaffung
der Selbstverwaltung würde
ein bedeutender Teil unserer
Mitbestimmung verloren gehen. Dann würden an entscheidender Stelle diejenigen fehlen, die als Betroffene nah an
den Problemen und der Le-
> dbb magazin | Dezember 2016
kreuzten auf dem Stimmzettel
Ihren Favoriten an, stecken den
Wahlzettel in den roten Umschlag und überlassen alles
andere der Post.
?
Für die kommenden Sozialwahlen 2017 wurden Sie als Bundeswahlbeauftragte ernannt.
Was sind Ihre Aufgaben als
Bundeswahlbeauftragte?
Im engeren Sinn bin ich für
die Setzung der nicht gesetzlichen Rahmenbedingungen
und die Überwachung der
Einhaltung der Regeln für die
Sozialwahlen zuständig. Dazu
gehört die Veröffentlichung
von Bekanntmachungen im
Bun­desanzeiger, mit denen
die Abläufe der Sozialwahlen
gesteuert werden. So habe
ich den Wahltag festgesetzt
und veröffentliche die Wahlausschreibung mit der Bekanntgabe der wichtigsten
Termine. Unverzichtbar für
alle, die mit der Vorbereitung
und Durchführung der Sozialwahlen betraut sind, ist der
von mir veröffentlichte Wahlkalender.
?
Die Sozialwahlen werden trotz
ihrer enormen Bedeutung für
die Versicherten und Rentner
von vielen Menschen nicht
wahrgenommen. Woran könnte dies Ihrer Ansicht nach liegen
und wie könnte dies geändert
werden?
Ich gebe zu, die Sozialwahlen
könnten bekannter sein, zumal
sie die drittgrößten Wahlen in
Deutschland sind. Wir werben
und sprechen mit lokalen Zeitungen und Radiostationen,
auf den Homepages der Ver­
sicherungsträger wird auf die
Wahlen hingewiesen.
Allerdings vermissen wir die
Unterstützung der großen,
bundesweiten Medien. Diese
greifen dieses Thema leider
nur sehr selten auf, was bei
etwa 50 Millionen Wahlberechtigten gar nicht zu verstehen ist. Aber zur Pressefreiheit
gehört leider auch, Themen zu
ignorieren, die 90 Prozent der
Bevölkerung angehen. Wir alle
können die Bekanntheit der
Sozialwahlen erhöhen, indem
wir darüber reden ... mit Journalisten, Politikern, Meinungsträgern.
Jeder kann ein Botschafter dieser Wahlen sein. Und darum
bitte ich jetzt schon um Unterstützung, wenn wir die Redaktionen der Zeitungen besuchen.
Mein Stellvertreter Klaus Wiesehügel und ich wollen Menschen aus der Selbstverwaltung
mitnehmen, damit sie über ihre
Erfahrungen berichten können.
Und ich freue mich, dass das
dbb magazin seinen Beitrag
dazu leistet, über die Sozialwahlen zu informieren.
Die Fragen stellte
Wencke Riemer
dbb
Nachwuchskampagne für den öffentlichen Dienst:
Verstärkung für
„Die Unverzichtbaren“
„Die Unverzichtbaren“ sind weiter in aller
Munde. Seit 2013 werben in der vom dbb
initiierten Nachwuchskampagne für den
öffentlichen Dienst junge Beamte und Arbeitnehmer an Tausenden Schulen der Sekundarstufe 1 auf Plakaten und Postkarten
sowie im Internet für den größten, vielfältigsten und abwechslungsreichsten Arbeitgeber Deutschlands. Seit Ende November
sind zwei weitere Berufsbilder am Start.
Die von Politik, Arbeitgebern
und Verbänden hochgelobte
Kampagne hat mittlerweile
mehr als zehn Millionen Kontakte erreicht und ist nach wie
vor die einzige bundesweite
Aktion, die aktiv um Nachwuchs für den gesamten öffentlichen Dienst wirbt – und
das auf Augenhöhe: Junge
„Unverzichtbare“, Beschäftigte
aus unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Dienstes,
zeigen „Gesicht“ für ihren Job
und erläutern in Videoclips und
Interviews, wie spannend der
Dienst bei „Vater Staat“ ist –
jetzt gibt es Verstärkung für
„Die Unverzichtbaren“.
Seit Ende November machen
zwei weitere Gesichter Werbung für eine Karriere im öffentlichen Dienst – Plakate und
Postkarten mit Lebensmittelkontrolleurin Dana Rostin und
Stadtsekretär Seyhan Dursun
weisen an rund 9 000 Schulen
in Deutschland auf das Internetportal www.die-unverzichtbaren.de hin, wo die zwei jungen Beschäftigten und die
anderen „Unverzichtbaren“
ihre spannenden Berufe vorstellen und es außerdem
Informationen zu mehr als
100 Berufsprofilen und einen
interaktiven Berufsfinder für
den öffentlichen Dienst gibt.
„Unsere Lebensmittel müssen sicher
dafür stehe ich.“
richtseinheit zum
öffentlichen Sektor
und seinen Berufen
für Schülerinnen
und Schüler der
Sekundarstufe 1,
die den Pädagogen
an den entsprechenden Schulen jährlich bundesweit
zur freien Nutzung
angeboten
wird.
sein –
Dana Rostin
Lebensmittelkontrolleurin
entlichen Dienst und Dana im
Weitere 150 Berufsprofile im Öff
-unverzichtbaren.de
Video-Interview auf: www.die
In Blogs berichten zudem weitere junge Beschäftigte und
Auszubildende über ihre Arbeit
und ihre Motive. Auch im sozialen Netzwerk „Facebook“ haben die Unverzichtbaren natürlich einen Account.
<<
Die Lehrermappe
„Öffentlicher Dienst“
Ein weiteres Element der Kampagne ist die Lehrermappe „Öffentlicher Dienst“ mit einer
komplett aufbereiteten Unter-
<<
dbb Chef: Öffentlicher
Dienst „unverzichtbar“
„Deutschlands öffentlicher
Dienst ist weiterhin unverzichtbar“, betont dbb Chef
Klaus Dauderstädt, „die Leistungen der deutschen Verwaltung finden weltweit Beachtung und Wertschätzung.
Damit das auch so bleibt, brauchen wir mehr Unverzichtbare,
wir brauchen die besten Köpfe
im öffentlichen Dienst, damit
Deutschland funktioniert.“
<< Mehr Informationen online unter:
www.die-unverzichtbaren.de und
www.facebook.com/die-unverzichtbaren
> dbb magazin | Dezember 2016
© Greg Brave / Fotolia
dbb
Lohngerechtigkeit:
Über Geld spricht man
bundesfrauenvertretung
32
Zufrieden, zu wenig, genug – konkreter antwortet
in Deutschland kaum einer auf die Frage: Wie viel
verdienen Sie? Mit dem Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit soll sich das ändern. Beschäftigte sollen das Recht erhalten, sich künftig über in ihrem
Betrieb gezahlte Löhne zu erkundigen. Vor allem
Frauen sollen transparente Löhne helfen, in Gehaltsgesprächen besser zu verhandeln. Aus Sicht
der dbb bundesfrauenvertretung bleibt das sogenannte „Lohngerechtigkeitsgesetz“ aber hinter
allen Erwartungen zurück.
Der vorliegende Gesetzentwurf vom 27. Oktober 2016
räumt Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
einen individuellen Auskunftsanspruch ein. Damit werden
mehr als 14 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht haben zu erfahren, wie sie im Vergleich zu
anderen bezahlt werden.
<<
Prüfverfahren für
große Unternehmen
In tarifgebundenen Unternehmen oder Betrieben, die verbindlich einen Tarifvertrag
anwenden, sollen die Beschäftigten ihren individuellen Auskunftsanspruch künftig über
die Betriebsräte wahr-nehmen.
In Betrieben ohne Betriebsrat
und ohne Tarifvertrag sollen
Arbeitnehmende ihren Auskunftsanspruch direkt gegenüber dem Arbeitgeber geltend
machen. Wo es keinen Be-
> dbb magazin | Dezember 2016
triebsrat, aber einen Tarifvertrag gibt, sollen dem Gesetzestext zufolge Vertreter von den
regionalen Tarifparteien benannt werden, die dann anstelle des Betriebsrates Fragen
zum Gehalt beantworten.
Auch im öffentlichen Dienst
sollen Beschäftigte einen Auskunftsanspruch erhalten.
Ergibt eine solche Nachfrage,
dass tatsächlich ungerechtfertigt zu wenig Lohn gezahlt
wurde, können sich Betroffene
auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berufen und ihren Anspruch auf
Nachzahlung geltend machen.
Zudem fordert der Gesetzgeber Unternehmen ab 500 Mitarbeitern dazu auf, alle fünf
Jahre Prüfverfahren durchzuführen. Unternehmen gleicher
Größe, die lageberichtpflichtig
sind (Kapitalgesellschaften),
müssen zudem regelmäßig
über ihre Lohnstrukturen, Ent-
geltgleichheit und ihren Maßnahmen zur Gleichstellung berichten. Das betrifft rund 4 000
Unternehmen in Deutschland
mit insgesamt 6,6 Millionen
Beschäftigten.
<<
Erwartungen nur
teilweise erfüllt
Die dbb bundesfrauenvertretung bezweifelt, dass durch
das im Entwurf vorliegende
Gesetz das Ziel einer tatsäch­
lichen substanziellen Verbes­
serung des Gender Pay Gap
erreicht werden kann. Im laufenden Verfahren habe das Gesetz gegenüber der ursprüng­
lichen Entwurfsfassung vom
9. Dezember 2015 deutlich an
Schlagkraft eingebüßt. Zu
deutlich sei die Handschrift
der Gesetzesgegner darin zu
erkennen, lautet die Kritik.
„Auch nach dem neuen Gesetzentwurf werden nach wie
vor erhebliche Bereiche, in denen Lohndiskriminierung stattfindet, ausgespart: Zwar wurde
die Grenze für den individuellen Auskunftsanspruch von
500 auf 200 Beschäftigte her-
abgesetzt. Viele Frauen arbeiten aber gerade in Betrieben
und Unternehmen, in denen
diese Grenze nicht erreicht
wird. Dort wird Lohndiskriminierung ungehindert weiter
stattfinden können“, kritisiert
Helene Wildfeuer, Vorsitzende
der dbb bundesfrauenvertretung.
Nicht nachvollziehbar sei
zudem, dass es keine Verpflichtung für geeignete Prüfverfahren geben solle. „Das
wirksamste Instrument aus
dem ursprünglichen Gesetzentwurf ist verschwunden.
Geblieben ist lediglich eine
bloße Aufforderung, Entgeltregelungen und Entgeltbestandteile alle fünf Jahre zu
prüfen“, so die Vorsitzende.
Erschwerend komme hinzu,
dass Unternehmen frei wählen könnten, nach welcher
Methode sie die freiwillige
Prüfung durchführen möchten. „Eine statistische Vergleichbarkeit ist damit nicht
mehr gegeben“, so Wildfeuer.
Um die Position der Betriebsund Personalräte im Zuge des
Gesetzesverfahrens zu stärken,
kommt aus Sicht der dbb bundesfrauenvertretung nur eine
ausdrückliche Verankerung im
Kernbereich der Aufgaben der
Beschäftigtenvertretungen in
Betracht. „Die dazu ursprünglich vorgesehenen ausdrücklichen Änderungen im Betriebsverfassungsgesetz und im
Bundespersonalvertretungsgesetz sieht der vorliegende Gesetzentwurf nicht mehr vor.
Wir hätten uns hier eine eindeutige Regelung gewünscht,
die die Durchsetzungskraft von
<< Info
Wer sich wie gut bezahlt fühlt
Reden übers Einkommen ist in Deutschland noch immer ein Tabu:
66 Prozent reden nicht über ihr Gehalt, 41 Prozent wissen noch
nicht einmal, wie viel ihr eigener Partner verdient. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag
des Saarländischen Rundfunks fühlen sich 55 Prozent der Deutschen angemessen und nur drei Prozent zu gut bezahlt. 41 Prozent
hingegen finden, sie werden zu schlecht für ihre Arbeit entlohnt.
dbb
Tradierte Rollenvorstellungen aufbrechen
Positiv wertet die dbb bundesfrauenvertretung die durchge-
„Der öffentliche Dienst lehrt
uns eines: Transparente Entgeltstrukturen allein sorgen
nicht für Lohngleichheit.
Trotz Tarif- und Besoldungstabellen finden wir auch hier Verdienstunterschiede von durchschnittlich acht Prozent.“
bas
@
© Frank Nürnberger/BPW
Die Begrenzung des Geltungsbereiches des individuellen
Auskunftsanspruchs erst ab
200 Beschäftigte für den Bereich der Dienststellen des öffentlichen Dienstes spiele nicht
dieselbe tragende Rolle wie in
der freien Wirtschaft. Schließlich würden Entgelte im öffentlichen Dienst durch Tarifverträge und Besoldungstabellen geregelt. Dass das vorliegende
Gesetz maßgeblich zu mehr
Lohntransparenz beitragen
wird, stellt Helene Wildfeuer
jedoch infrage.
Equal Pay Day Fachtagung
am 19. Oktober 2016
im BMFSFJ in Berlin
<
< Seit zehn Jahren macht die Initiative Equal Pay Day auf die
geschlechterbedingten Lohnunterschiede in Deutschland aufmerksam. Im Oktober 2016 startete die Kampagne zum zehnten Equal Pay Day im Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (BMFSFJ) in Berlin: Helene Wildfeuer (Zweite
von rechts) war für die dbb bundesfrauenvertretung vor Ort.
Sie erneuerte ihre Forderung nach gendergerechten Beurteilungsverfahren im öffentlichen Dienst. Hier im Gespräch mit
Jutta Allmendinger, der Präsidentin des Wissenschaftszentrums
Berlin für Sozialforschung (WZB), Christine Morgenstern, Abteilungsleiterin Gleichstellung im BMFSFJ (Dritte und Vierte von
rechts) und der Familienrechtlerin Lore Maria Peschel-Gutzeit
(ganz rechts).
Gefahren der Digitalisierung:
Belastung weiblicher Beschäftigter im Blick behalten
© foxyburrow / Fotolia
Die dbb bundesfrauenvertretung hat es sich zur Aufgabe gemacht, den digitalen Wandel
im öffentlichen Dienst für Frauen aktiv mitzugestalten.
„Der digitale Wandel ist ein
Prozess, dessen Ende bisher
noch keiner vorhersagen
kann. Deshalb raten wir allen
weib­lichen Beschäftigten im
öffentlichen Dienst, sich
aufmerksam mit den angesteuerten Veränderungen auseinanderzusetzen“, sagte Helene
Wildfeuer, Vorsitzende
der dbb bundesfrauenvertretung, im Interview
mit „Perspektive Wiedereinstieg“, dem Lotsenportal für Wiedereinsteigerinnen und Berufsrückkehrerinnen.
Wildfeuer machte deutlich,
dass es keine Lösung sei, sich
dem Druck der ständigen Erreichbarkeit zu unterwerfen.
„Das führt langfristig zu
hohen psychischen und gesundheitlichen Belastungen,
die bis zum Burn-out gehen
können. Davon hat keiner
was. Hier sind die Dienstherren und Arbeitgeber gefragt,
sich mit den Beschäftigtenvertretungen an einen Tisch
zu setzen, um die gesundheitsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen festzulegen“, hob die Vorsitzende
heraus.
Gemeinsam mit dem dbb
habe die bundesfrauenver­
tretung aus diesem Grund die
Initiative „diskriminierungsfreies Fortkommen“ im öffentlichen Dienst ins Leben gerufen. „Es geht uns darum, die
Beurteilungsmaßstäbe und
Beförderungspraktiken im
öffentlichen Dienst gender­
gerecht zu modernisieren und
ins digitale Zeitalter zu überführen“, führte Wildfeuer aus.
Auf Bundes- und Landesebene
würden derzeit Gespräche geführt, um das Bewusstsein der
Dienstherren zu schärfen.
> dbb magazin | Dezember 2016
33
bundesfrauenvertretung
<<
hende Einbeziehung des öffentlichen Dienstes.
EQUAL PAY DAY
Betriebs- und Personalräten
stärkt, etwa durch die Ver­
größerung der Gremien oder
verbesserte Unterrichtungs­
ansprüche und Freistellungs­
regelungen. Zwar ist die geschlechterbedingte Lohnlücke
in Betrieben mit Betriebsräten
und geltenden Tarifverträgen
geringer als im Durchschnitt.
Aber sie besteht dennoch“,
erläutert Wildfeuer und verweist auf die geltende Rechtslage. „Bereits heute haben Betriebsräte das Recht, Einblick in
die Lohn- und Gehaltslisten der
Beschäftigten zu nehmen. Das
sieht das Betriebsverfassungsgesetz für Betriebe mit mehr
als 200 Beschäftigten vor. Eine
konsequentere Durchsetzung
dieser Regelung kann auch das
neue Gesetz nicht herbeiführen“, so Wildfeuer.
dbb
Drei Fragen an ...
... Dr. Christina Boll, Forschungsdirektorin am Hamburgischen
WeltWirtschaftsInstitut (HWWI):
Lohngerechtigkeit: Abbau echter Diskriminierung ist das Ziel
ist, um den Talentpool
Deutschlands besser auszuschöpfen und damit fitter im
Wettstreit mit anderen Volkswirtschaften dazustehen. Hier
ist schon vor Verabschiedung
des Gesetzes viel ins Rollen gekommen, und das ist gut so,
denn es geht hier nicht um
eine Verteilungsfrage, sondern
um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit u
­ nseres Landes.
Warum tut sich Deutschland so
schwer, die Lohnlücke zu schließen, und was wäre nötig, um
hierzulande Lohngerechtigkeit
herzustellen?
bundesfrauenvertretung
Der zweite Prüfauftrag betrifft
die Arbeitsbewertung: Werden
gleich anspruchsvolle Tätigkeiten auch im Gehalt gleich eingruppiert, unabhängig vom
Frauenanteil in diesen Tätigkei-
> dbb magazin | Dezember 2016
Wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf für den Bereich öffentlicher Dienst? Wie können hier
Entgeltunterschiede behoben
werden?
© HWWi
34
Christina Boll:
Die Lohnlücke zu schließen,
wäre an sich nicht das richtige
Ziel. Echte Diskriminierung abzubauen, ist das Ziel. Solange
Menschen – seien es Frauen
oder Männer – andere Jobat­
tribute wie beispielsweise
sinnstiftendes oder selbstbestimmtes Arbeiten höher
gewichten als ein maximales
Gehalt, ist hieran nichts zu kritisieren. Gehaltsunterschiede
können also auch Spiegelbild
unterschiedlicher Arbeitnehmendenwünsche sein. Aber es
kommt in der Tat auf die Wahlmöglichkeiten an. Wenn ein
Geschlecht systematisch benachteiligt wird, ist das Diskriminierung, die abzubauen ist.
Im Einzelfall lässt sich dies aber
nur auf einzelbetrieblicher
­Ebene klären. Daher lautet der
­erste Prüfauftrag an die betriebliche Ebene, genau hin­
zuschauen, ob bei allen lohn­
relevanten Merkmalen beide
Geschlechter dieselben Zugangschancen haben. Der
Staat ist hier im Zusammenhang mit den flankierenden
institutionellen Rahmenbedingungen und Sozialpolitiken gefragt: Welche Anreize werden
für eine Erwerbsaufnahme und
hohe Verdienste von Frauen im
Steuer- und Sozialsystem gesetzt? Ist eine umfängliche
­Erwerbstätigkeit seitens der
vorgehaltenen Infrastruktur
überhaupt realisierbar?
<
< Dr. Christina Boll ist Forschungsdirektorin am Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) und leitet dort den Bereich „Arbeit, Bildung und
Demografie“. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Zusammenhängen von Arbeitsmarktsegregation und Einkommensstrukturen. In
einer aktuellen Studie analysiert sie den Einfluss von unterschiedlichen
Faktoren, unter anderem von Arbeitszeit auf den Gender Pay Gap in den
europäischen Ländern.
ten? Hier haben die Tarifvertragsparteien eine zentrale
Funktion.
Der dritte und letzte Prüfauftrag betrifft uns alle, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft:
Warum werden Männer und
Frauen für gleiche Merkmale
teils unterschiedlich bezahlt?
Warum zum Beispiel wird Teilzeit im Lohn bei Männern stärker abgestraft als bei Frauen?
Auch hier sind voreilige Schlüsse auf Diskriminierung verfehlt,
Messfehler in den Daten könnten die Ursache sein. Jedoch
wirft der Sachverhalt auch ein
Licht auch auf die Bedeutung
von Geschlechterrollen und gesellschaftlich akzeptiertem und
nicht akzeptiertem Verhalten.
Auch Männer können Opfer
von Diskriminierung sein.
Wie muss ein Lohngerechtigkeitsgesetz ausgestaltet sein,
um in Deutschland den gewünschten Effekt zu erzielen?
Christina Boll:
Ein Gesetz ist nicht in der Lage,
Ergebnisgerechtigkeit in den
Löhnen herzustellen, wie auch
immer man Letztere definiert.
Dies ist auch gar nicht erstrebenswert. Erstrebenswert ist
vielmehr, Prozesse transparenter zu gestalten. Dies will das
Gesetz, und dies wird es auch
erreichen. Mehr Transparenz
kann sowohl für Arbeitnehmende als auch für Arbeitgebende nützlich sein: für Arbeitgebende, die darlegen können,
wo Differenzierung nach den
Gesetzen des Marktes angebracht sein kann. Und aufseiten der Arbeitnehmenden, die
mögliche strukturelle Ungerechtigkeiten thematisieren
können. Durch Transparenz
kommt ein gesellschaftlicher
Diskurs in Gang, der überfällig
Christina Boll:
Der Staat sollte als Arbeitgeber
beim Thema Lohngerechtigkeit
mit großem Vorbild vorangehen. Studien zeigen, dass die
Lohnlücke im öffentlichen
Dienst zwar regelmäßig ge­
ringer ist als in der Privatwirtschaft. Doch auch hier bleibt
zu fragen: Haben Frauen bei
gleicher Eignung wirklich dieselben Chancen auf höherwertige Jobs und Spitzenämter wie
Männer? Dies ist das Thema
der Zugangschancen, siehe
oben. Und ein zweiter Prüfauftrag ergeht an die Tarifvertragsparteien: Folgt die Besoldung wirklich stringent den
Ergebnissen der Arbeitsbewertungsverfahren? Zwar werden
nach Besoldungsrecht gleiche
Tätigkeiten gleich bezahlt, aber
wie steht es um die Eingruppierung der Stellen, die überwiegend von Frauen ausgeübt
werden?
Die Fragen stellte
Birgit Strahlendorff
Das ausführliche Interview
mit Dr. Christina Boll in der
­November-Ausgabe von
frauen im dbb im Internet:
www.frauen.dbb.de.
© Gebi / Fotolia
dbb
Populistische Tendenzen in Europa:
Positive Anreize gegen Hetzer setzen
Bereits bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahre
2014 machten neben der britischen UK Independence Party
(UKIP) auch andere europa­
populistische Parteien wie die
Alternative für Deutschland
(AfD), der französische Front
National (FN) oder die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)
durch größere Wahlerfolge auf
sich aufmerksam. Dieser Trend
ist auch auf mitgliedstaatlicher
Ebene zu beobachten; in manchen EU-Staaten sind Populisten bereits fest in den jeweiligen Parteiensystemen etabliert. So erhielt die Dänische
Volkspartei bei der Parlamentswahl im Juni 2015 über 21 Prozent der Stimmen und sorgte
für eine Niederlage der zuvor
regierenden sozialdemokratischen Partei.
In Ungarn regiert der Ungarische Bürgerbund (Fidesz) mit
absoluter Mehrheit und blockiert vertiefende Integrationsschritte in der Flüchtlings- und
Asylpolitik auch europäische
Lösungen. Stärkste Kraft bei
den Wahlen zum polnischen
Sejm im Oktober 2015 wurde
die rechtspopulistische Partei
Recht und Gerechtigkeit (PiS).
Als eine ihrer ersten Handlungen verbannte die neu gewählte Ministerpräsidentin Beata
Szydło symbolträchtig alle EUFlaggen aus dem Pressesaal
ihres Amtssitzes. Bei der öster-
reichischen Bundespräsidentenwahl im April 2016 erhielt
der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer die meisten Stimmen und
verfehlte im Mai 2016 bei der
Wiederholung der Stichwahl
nur knapp den Wahlsieg gegen
den unabhängigen Kandidaten
Alexander Van der Bellen. In
Finnland und Lettland sind die
europapopulistischen Parteien
Wahre Finnen (PS) und Nationale Vereinigung „Alles für
Lettland!“ (VL!) Teil der jewei­
ligen Regierungskoalition.
Sogar in Deutschland, das
­jahrzehntelang als besonders
europaphiler „Musterknabe“
galt, legte die AfD gerade
durch ihre Ablehnung der
Flüchtlingspolitik der Bundesregierung bei Landtagswahlen
im Jahre 2016 und auch in
­bundesweiten Umfragen in
der Wählergunst zu.
Aber nicht nur Rechtspopulisten fordern die etablierten (Regierungs-)Parteien in nationalen und europäischen Wahlen
heraus. In den von der Eurokrise besonders betroffenen südeuropäischen Mitgliedstaaten
erzielten linkspopulistische
Parteien wie Syriza in Griechenland oder die spanische
Podemos aufsehenerregende
Wahlerfolge. All diesen Parteien und Bewegungen ist eine
populistisch-europaskeptische
Rhetorik gemeinsam, die im
Falle von harten Europapho­
bikern wie Marine Le Pen,
­Nigel Farage oder Geert Wilders zu einem regelrechten
EU-Bashing ausarten kann.
Dieses schürt vor allem Vorurteile und Feindbilder über die
Europäische Union. Gefährlich
werden derartige Vorurteile
und Feindbilder, wenn sie von
größeren Gruppen der Bevölkerung ungeprüft übernommen werden und eine rationale Auseinandersetzung mit
politischen Problemen und
Konflikten ­unmöglich gemacht
wird. Das bisher stärkste Beispiel einer populistisch geprägten Debatte, die die Zukunft der Europäischen Union
nachhaltig beeinflussen wird,
ist der negative Ausgang des
britischen EU-­Referendums,
der ganz Europa und selbst
Brexit-Befürworter kurzzeitig
in Schockstarre versetzte.
<<
Was tun gegen den europaweiten Populismus?
Die Strategien im Umgang mit
europapopulistischen Parteien
beziehungsweise Argumentationen in den Mitgliedstaaten
sind vielfältig. Sie reichen von
Banalisierung, Tabuisierung
oder Ausschluss aus dem politischen Betrieb und Diskurs bis
hin zu deren Einbindung oder
Nachahmung. Die weiterhin
abnehmenden Zustimmungswerte und Wahlergebnisse
etablierter Parteien sowie die
generell stagnierenden Parteibindungen sollten jedoch pessimistisch stimmen, was den
Erfolg solcher Strategien in der
Politik betrifft.
Europaskeptizismus muss nicht
per se destruktiv wirken. Doch
der pauschale Vorwurf von
­Populismus und gleichzeitig
die Tabuisierung von EU-Kritik
impliziert meist auch eine Abwertung der Anhänger populistischer Parteien und die Mar-
ginalisierung ihrer Sorgen und
Ängste. Dies hat wie die Nachahmung populistischer Strategien eine gegensätzliche Wirkung und führt eher zu einer
stärkeren Hinwendung zu populistischen Parteien und Bewegungen. Dabei muss auch
einem Transfer der populistischen Schlagworte in den
­politischen Mainstream ent­
gegengewirkt werden, um zu
verhindern, dass diese von anderen Parteien als salonfähig
übernommen werden.
Doch allein Fakten und eine
Versachlichung europapopulistischer Diskurse werden nicht
ausreichen, den Ängsten sowie
der Unzufriedenheit und dem
Misstrauen gegenüber der
­Politik auf mitgliedstaatlicher
Ebene zu begegnen: Auch der
in Medien und von Politikern
auf mitgliedstaatlicher und
EU-Ebene schon beinahe inflationär wiederholte Satz, man
müsse die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen,
läuft ins Leere, wenn die politischen Akteure es nicht schaffen, zusätzlich positive Anreize
gegen Hetzer zu setzen und
das Vertrauen in die Demokratie, ihre repräsentativen Institutionen und die Europäische
Union zu stärken.
Julia Klein
<< Info
Julia Klein ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin und
­Koordinatorin des Projekts
„TruLies – The Truth about
Lies on Europe“ des Instituts
für Europäische Politik (IEP).
Das Projekt hat sich die
­Versachlichung der Debatte
zu Europa in Deutschland
zur Aufgabe gemacht.
Weitere Informationen
auf der Projekthomepage:
www.trulies-europe.de
> dbb magazin | Dezember 2016
35
europa
Eine Zunahme EU-skeptischer oder sogar europafeindlicher Parteien und sozialer Bewegungen, die
sich populistischer Methoden bedienen, ist schon
länger zu beobachten. Europas Multikrisen – seien
es die um Staatsverschuldung und Wirtschaft
oder zuletzt die Flüchtlingsproblematik – sowie
die schon länger vorhandenen „Baustellen“ des
­institutionellen Konstrukts der Europäischen
­Union bieten den Kontext für eine verstärkte
­Ablehnung der europäischen Integration.
dbb
Vorgestellt:
Uwe Beckmann
© privat
aus Herten, Jahrgang
1960, ist seit 2011 Ver­
sichertenvertreter in der
Vertreter­ver­samm­lung
der Ver­wal­tungs­berufs­
genos­sen­schaft (VBG)
„
Als Versichtertenvertreter in der Vertreterversamm­
lung der VBG habe ich die Möglichkeit, auch auf den
Unfallschutz der Beschäftigten Einfluss zu nehmen und diesen
verantwortlich zu gestalten.
Ferner ist es mir ein besonderes Anliegen, auch die Interessen
der Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft im höchsten
Selbstverwaltungsorgan zu vertreten.
“
Zahlreiche Versicherte und Rentner fühlen sich in den Fachgewerkschaften und Verbänden unter dem Dach des dbb gut vertreten.
Damit ihre Interessen auch in den Selbstverwaltungsorganen der
Sozialversicherungsträger mit Nachdruck geltend gemacht werden,
tritt der dbb bei der kommenden Sozialwahl im Mai 2017 wieder
mit eigenen Kandidaten an. Das dbb magazin wird bis zum Wahl­
termin in loser Folge Bewerber vorstellen, die mit eigenen Worten
über die Beweggründe für ihre Kandidatur Auskunft geben.
dbb
Geschenktipp für Kinder und Enkel – Kombination aus Sparkonto
und Bausparvertrag mit drei Prozent Zinsen:
Jetzt noch alle Geldgeschenke sichern!
vorsorgewerk
38
Sichern Sie sich bis zum Jahresende alle Förderungen vom
Staat – Geschenke, die Sie sich
nicht entgehen lassen sollten.
Der langjährige Kooperationspartner des dbb vorsorgewerk,
die Wüstenrot Bausparkasse,
legt attraktive Extras obendrauf.
Wer sich mit dem Gedanken
trägt, einen Bausparvertrag
abzuschließen, sollte das noch
schnell vor Jahresende tun und
sich somit rückwirkend die vollen Zuschüsse für 2016 sichern.
Geldgeschenke vom Staat, die
angesichts von Minizinsen und
schwankenden Kapitalmärkten
umso interessanter werden.
Ganz gleich, ob Sie eine Immobilie kaufen oder mit einer Renovierung für den Werterhalt
Ihrer Immobilie sorgen, ob Sie
für später planen oder sofort
loslegen möchten – mit einer
Immobilie investieren Sie in die
Zukunft und schaffen bleibende Werte. Für all Ihre Vorhaben
bietet das dbb vorsorgewerk in
Kooperation mit Wüstenrot
individuelle Möglichkeiten und
exklusive Vorteile. So sparen
dbb Mitglieder und ihre Ange-
> dbb magazin | Dezember 2016
hörigen bei Abschluss eines
Bausparvertrages die halbe
­Abschlussgebühr.
<<
Große Geschenke für
kleine Baumeister
Aufbauen macht Spaß! Das
verstehen Kinder ganz von
selbst. Aber mit den „Bausteinen“, die auf Dauer wichtig
werden, brauchen sie die Hilfe
der Großen. Mit dem Geschenk
zum Fest für die Zukunft der
Kinder oder Enkelkinder vorsorgen – das geht bei einem
Bausparvertrag schon mit klei-
nen Beträgen ab 25 Euro. Der
Staat und Wüstenrot steuern
ebenfalls etwas bei. Wenn
Eltern oder Großeltern dem
Nachwuchs etwas Gutes tun
und Geld anlegen möchten,
fällt die Wahl schwer. Eine
sinnvolle Möglichkeit: ein
Geschenk-Bausparvertrag mit
Jugendbonus und staatlicher
Förderung.
Von der staatlichen Bausparförderung können Kinder und
Jugendliche auch ohne eigenes
Einkommen profitieren. Denn
die Wohnungsbauprämie gibt
es auch für sie. Alle, die noch
vor dem 25. Geburtstag einen
Bausparvertrag abschließen,
gilt: Nach sieben Jahren kann
frei über das gesamte Guthaben verfügt werden – inklusive
staatlicher Wohnungsbauprämie!
Unter 25 Jahren gibt es von
Wüstenrot obendrein einen
­attraktiven Jugendbonus von
bis zu 200 Euro. Wichtig für Eltern oder Großeltern, die eine
solche Anlageform als Weihnachtsgeschenk ins Auge fassen: In der Besparung bleibt
man flexibel, sie kann in der
Höhe geändert oder zeitweise
ausgesetzt werden. Auch ein-
© dbb vorsorgewerk
© Style-Photography / Fotolia
Die Vorfreude auf Weihnachten steigt, bald
dürfen wir wieder hübsch geschmückte Päckchen
auspacken. Für Bausparer fällt der Gabentisch
noch üppiger aus: Sie können sich nämlich zu­
sätzlich über Geschenke vom Staat freuen.
malige Einlagen sind möglich.
Exklusiver Vorteil: Bei Bausparverträgen für Kinder oder Enkelkindern von Einzelmitgliedern eines Landesbundes oder
einer Mitgliedsgewerkschaft
des dbb kann zusätzlich die
halbe Abschlussgebühr gespart
werden.
Für Sparfüchse interessant ist
die Kombination von dbb Vorteil, halber Abschlussgebühr
und dem Wüstenrot Jugend­
bonus: Damit fällt beim Geschenkbausparen über das
dbb vorsorgewerk für Jugend­
liche bis 24 Jahre bis zu einer
Bausparsumme von maximal
40 000 Euro effektiv keine
­Abschlussgebühr an!
Ebenfalls eine interessante
Wahl: die Kombination mit
Wohnsparen und einem
Jugend­sparkonto von Wüstenrot – das gibt es gebührenfrei
und für Angehörige von dbb
Mitgliedern zu einem Zinssatz
von drei Prozent auf jeden gesparten Euro bis 1 500 Euro.
<<
Jetzt noch alle
Vorteile sichern!
Sie wollen sich alle Bausparvorteile sichern – als Geschenk
oder für sich selbst? Informieren Sie sich unter www.dbbvorteilswelt.de oder telefonisch bei den Kollegen der
Kundenbetreuung des dbb
­vorsorgewerk: Montag bis
­Freitag von 8 Uhr bis 18 Uhr
unter 030. 40816444.
Gerne wird Ihnen auch eine
fachmännische Beratung vor
Ort vermittelt. Fragen Sie den
Bauspar- und Finanzierungsexperten von Wüstenrot nach
den vom dbb vorsorgewerk
empfohlenen Produkten und
exklusiven Vorteilen für dbb
Mitglieder.
sz
Ein großzügig bemessener Supermarktparkplatz am Berliner
Stadtrand bringt es sage und
schreibe auf 21 Verbotsschilder, die sich teils sogar widersprechen. Doch das macht
nichts, schließlich geht es um
das große Ganze. Und der gute
Wille zählt wie überall sonst in
deutschen Landen für die Tat.
Diese Maxime findet inzwischen nicht nur auf Supermarktparkplätzen Anwendung,
sondern gilt längst immer und
überall. Unsere Volksvertreter
überbieten sich darin, immer
neue und bessere Regelungen
für Menschen in besonderen
Lebenslagen zu ersinnen, was
grundsätzlich löblich ist, doch
der allgemeine Grundkonsens
gerät aus dem Lot. Das gilt für
Inklusion und innere Sicherheit
ebenso wie für Schul- und Kita-
politk, von Alterssicherung und
Gesundheitswesen ganz zu
schweigen. Aber wen kümmert
schon der Grundkonsens, damit ist vielleicht Staat zu machen, aber ansonsten kein Blumentopf und schon gar keine
Wahl zu gewinnen.
Was gemeint ist, hat der alte
Kant vor 300 Jahren formuliert: „Recht ist die Einschränkung der Freiheit eines jeden
auf das Zusammenspiel der
Freiheit von jedermann, sofern dies nach einem allgemeinen Gesetz möglich ist.“
Davon sind wir inzwischen
­leider weit entfernt, weil die
Ausnahme zur Regel stilisiert
worden ist. Und der noch ältere Seneca weiß warum. In einem seiner Briefe an Lucilius
stellte er vor 2 000 Jahren fest:
„Ich schäme mich, es auszusprechen. Wir pflegen das
Gutsein als Freizeitbeschäftigung.“ Jede Wette, dass sich
die Parteien und deren Galionsfiguren im Wahljahr 2017
an Letzteres halten werden,
an Ersteres nicht. Der kategorische Kant war immer schon
(zu) schwer verständlich … sm
39
glosse
Deutschland ist ein „El Dorado“,
ein wahres Gold- und Wunderland für Senioren, Eltern mit
Kindern und Menschen mit Behinderungen. Nirgendwo sonst
in Europa oder anderswo werden deren besondere Bedürfnisse liebevoller berücksichtigt
als hierzulande. Das zeigt sich
seit einiger Zeit besonders eindrucksvoll auf den Parkplätzen
diverser Supermärkte. Hier sind
die Einkaufswagen mit Leselupen ausgestattet, dort finden
Kunden ohne Behindertenausweis oder Kindern im Schlepptau kaum mehr einen Parkplatz.
In jeder Reihe warnen Hinweisschilder bei Androhung strafrechtlicher Verfolgung vor dem
widerrechtlichen Parken auf zur
Sondernutzung ausgewiesenen
Plätzen. Und das Abladen von
Müll ist selbstredend ebenfalls
verboten.
© Walter Schmitz
dbb
> dbb magazin | Dezember 2016
dbb
Onlineeinkauf international:
Über die Grenzen Deutschlands hinaus erschließt
sich eine Warenwelt, in der nichts unmöglich
scheint. Ob es darum geht, hierzulande Seltenes
überhaupt zu bekommen oder in Deutschland
Teures billiger: Praktisch können Kunden über das
Internet Waren in der ganzen Welt ordern. Wären
da nicht die deutschen Zollbestimmungen, die so
mancher Schnäppchenjagd einen Strich durch die
Rechnung machen.
Vertretung des Anmelders oder
Empfängers.
<<
Komplizierte Regeln
Bei Waren aus der europäischen Union gilt: Der Warenverkehr innerhalb der EU ist
grundsätzlich frei, es fällt weder Zoll noch Einfuhrumsatzsteuer an; das gilt derzeit auch
noch für Großbritannien. Einschränkungen gelten für Arzneimittel, militärisch nutzbare
Waren, Feuerwerk, Kulturgüter, Waffen und Munition.
­Alkohol, Tabak oder Kaffee
müssen unter Umständen besonders versteuert werden.
Komplizierter ist der Bezug von
Warensendungen aus dem außereuropäischen Ausland. Eine
Postsendung aus einem NichtEU-Staat muss grundsätzlich
zollamtlich abgefertigt werden.
Ob Zölle oder Steuern anfallen,
hängt von der Art und dem
Wert der Ware ab: Geschenksendungen sind nur bis zu einem Wert von weniger als 45
Euro abgabenfrei. Voraussetzung ist, dass die Sendungen
von Privatpersonen in einem
Nicht-EU-Staat an Privatpersonen im deutschen Zollgebiet
ohne jegliche Bezahlung versandt werden.
> dbb magazin | Dezember 2016
/ Foto
lia
Mit dem Begriff „Warenwert“
ist immer der Preis inklusive
Versandkosten gemeint:
© M P2
online
40
Der Einzelhandel klagt zunehmend über die Konkurrenz aus
dem Internet, und Gewerkschaften prangern die Beschäftigungsbedingungen
der Mitarbeiter bei Amazon und Co. an. Trotzdem
kann niemand leugnen,
dass sich der US-Gigant
als größtes Onlinekaufhaus
der Welt etabliert hat. Auch
Konkurrent E-Bay ist als Marktplatz für Gebrauchtes und
Neues beliebt. Allen gesellschaftspolitischen Implikationen zum Trotz machen es die
„großen Zwei“ ihren Kunden
überaus angenehm, online einzukaufen. Interessenten aus
Deutschland bestellen natürlich meist über die deutschen
Internetseiten der Anbieter –
müssen das aber nicht, denn
ihre Accounts sind weltweit
gültig und können daher auch
in jedem Landesshop benutzt
werden: England wird gerade
wegen der Schwäche des britischen Pfunds interessant, Italien und Frankreich boten in
manchen Sparten schon oft
günstige Preise und auch
­Amerika glänzt mit einem erweiterten Warenangebot und
teils guten Preisen – zumindest auf den ersten Blick. In
der Realität gibt es Lieferbeschränkungen für bestimmte
Waren. Bei Amazon USA können Deutsche nicht in allen
übernommen und die Kosten
bereits in richtiger Höhe in
­seinen Preis eingerechnet, bedeutet das, dass statt des ersehnten Pakets aus Übersee
­lediglich eine Zollbenachrichtigung im Briefkasten landen
kann. Sie besagt, dass die Sendung beim zuständigen Zollamt
gegen Entrichtung der anfallenden Gebühren abgeholt werden kann. Bei zahlreichen
internationalen Postsendungen wird
das Paket mit
Einfuhrabgabenbescheid
direkt an den
Empfänger, den
sogenannten Zollschuldner, übersandt. Wenn
­keine Einfuhrabgaben entstehen
© euthymia / Fotolia
Warengruppen
und die Sendung keine
­bestellen. Bei E-Bay entscheiWaren enthält, die Einfuhrverdet der ­jeweilige Anbieter über boten und -beschränkungen
die Z
­ ustellung nach Deutschunterliegen und keine anderen
land, kann sich aber ebenfalls
Hinderungsgründe vorliegen,
nicht über gültige Handelsbewird die Sendung direkt durch
schränkungen hinwegsetzen.
die Post AG ausgeliefert. BesteTrotzdem bleibt in diesen und
hen dagegen Zweifel, ob diese
vielen anderen amerikanischen Voraussetzungen vorliegen, ist
Shops ein riesiges Warenangedie direkte Zustellung in der
bot, das einen Blick lohnt. Die
­Regel nicht möglich. Wenn weTurnschuhe aus den USA, Porgen der Überschreitung von
zellan direkt aus Japan oder
Wertgrenzen Einfuhrabgaben
der Wein aus dem Urlaub –
entstehen, es aber keine weitetheoretisch kein Pro­blem.
ren Hinderungsgründe gibt,
kann die Post trotzdem zustelPreistreibend wirken sich dabei
len: Sie übernimmt dann die
zunächst die Versandkosten
zollamtliche Abfertigung in
aus, die meist höher sind als innerhalb Deutschlands. Zudem
müssen auf den günstigen Preis
unter bestimmten Bedingungen Einfuhrumsatzsteuer und
Zoll aufgeschlagen werden, für
deren Abgabe in aller Regel der
Käufer selbst verantwortlich
ist. Hat der Verkäufer die Zollformalitäten nicht ausdrücklich
© frender / Fotolia
Grenzenlose
Warenwelten
dbb
o lia
MEV
/ Fot
Höhe
der Einfuhrabgaben ergibt sich dann
aus den im gemeinsamen Zolltarif der Europäischen Union
und den nationalen Steuergesetzen festgelegten Abgabensätzen und berechnet sich aus
folgenden Abgabenarten: Zoll
für alle eingeführten Waren,
eventuell Verbrauchsteuern,
dazu zählen Energiesteuer, Tabaksteuer, Branntweinsteuer,
Alkopopsteuer, Biersteuer,
Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuer und Kaffeesteuer, Verbrauchsteuer für alle
verbrauchsteuerpflichtigen
­Adapter
erforderlich
macht. DVDs aus Übersee sind
in aller Regel mit einem anderen Regionalcode versehen,
den heimische Geräten nur abspielen, wenn dieser im Player
umgeschaltet wird, was nicht
unbegrenzt möglich ist. Bei
­Bekleidung gilt es, Größentabellen umzurechnen, damit
Schuhe und Blusen auch wirklich passen. Auch können die
Schnitte der Kleidungsstücke
von europäischen Gepflogenheiten abweichen.
Ein weiterer Stolperstein ist
die Auswahl des passenden
Onlineshops jenseits der großen Player. Ist er seriös oder
eine Kundenfalle? Auch das
sollten internationale Einkäufer vor der Bestellung prüfen,
soweit das überhaupt möglich
ist. Darüber hinaus müssen
Kunden auf Waren aus Übersee oft mehrere Wochen warten und bei möglichen Reklamationen können Umtausch
und Erstattung ebenfalls problematisch werden, weil entweder andere Verbraucherschutzrichtlinien gelten oder die
Sprachbarriere eine vernünftige Kommunikation erschwert.
Abhalten lassen sollten sich
Kunden vom Stöbern in ausländischen Warenkörben von
all diesen Unwägbarkeiten
aber nicht: Für manche Waren
kann der Aufwand lohnen und
am Ende kann es eben doch
sein, dass ein kleiner Traum
wahr wird, wenn gefunden
wurde, was hierzulande nicht
oder nur sehr teuer zu be­
kommen ist. br
> dbb magazin | Dezember 2016
41
online
Während sich die Einfuhrumsatzsteuer bis auf ganz wenige
Ausnahmen bei 19 Prozent beFür Waren aus vielen Ländern
wegt, unterscheiden sich die
werden allerdings Zollbegüns­
Zollsätze für die Wareneinfuhr
tigungen, sogenannte Präfe­
in die EU stark: Während anarenzen, gewährt. Besteht die
loge Fotokameras mit 4,2 ProZollbegünstigung in einer
zent verzollt werden müssen,
­Zollbefreiung, so sind für die
sind digitale Kameras zollfrei.
eingeführte Ware lediglich die
Vorsicht
auch beim
Einfuhrumsatzsteuer und gegeFahrrad­
benenfalls die Verbrauchsteuer
kauf
zu zahlen. Meist gelten die Präaus
ferenzen allerdings nur bei
­China:
einem Wert von bis zu
Hier fallen
lia
500 Euro.
neben
dem Zollo to
F
/
ed
satz
von
15
Prozent
zus ar
a
©n
sätzlich 48,5 Prozent Antidumpingzoll an. Notebooks
Da
und Tablets sind zollfrei, DVDalso keiPlayer schlagen dagegen mit
ne pauschalen 13 Prozent zu Buche.
Angaben möglich sind, muss
So mancher Händler bietet an,
jeder Online­
die erstandene Ware als „Gekunde selbst beschenk“ zu deklarieren und
rechnen, ob die Beden Warenwert entsprechend
stellung am Ende lohnt
nach unten zu korrigieren, um
oder nicht. Die Internetseite
Zoll zu sparen. Käufer sollten
www.zoll.de bietet dafür einen sich allerdings nicht darauf einumfangreichen Leitfaden, den
lassen, denn kontrollieren kann
Kunden vor der Bestellung auf
der deutsche Zoll die Sendung
jeden Fall berücksichtigen sollnatürlich trotzdem – mit allen
ten, um sich vor teuren Über­
Konsequenzen.
raschungen zu schützen.
Hat man ein Produkt zu einem
<<
Kuriose Unterschiede
günstigen Preis gefunden und
ist auch der Zollsatz akzeptaUnter den Einfuhrbeschränbel, gilt es, vor dem Kauf gekungen in die EU finden sich
nau zu prüfen, ob die Ware in
derweil Kuriositäten und auch
Deutschland überhaupt bedie unterschiedlichen Zollsätze nutzt werden kann: Elektrofür verschiedene Warengrupnik aus Japan und den USA ist
pen leuchten dem Laien nicht
zum Beispiel auf ein 110-Voltunbedingt ein. Für FolterwerkStromnetz ausgerichtet. Elek­
zeuge zum Beispiel heißt es auf tronik aus Amerika verfügt
www.zoll.de: „Für die Einfuhr
­zudem über andere Netz­
bestimmter Güter zur Hinrichstecker als Produkte für den
tung oder Folter von Menschen ­Deutschen Markt, was einen
<<
r a il
Ab einem Warenwert von
mehr als 150 Euro wird es
dann interessant, denn jetzt
werden die Abgaben nach dem
Zolltarif berechnet. Bei der Berechnung der Kosten wird jede
anfallende Abgabenart (zum
Beispiel Tabaksteuer, Zoll
und Einfuhrumsatzsteuer) einzeln
berechnet. Die
Andere Länder,
andere Sitten
bestehen Handelsverbote
­beziehungsweise Genehmigungspflichten.“ Peitschen
mit mehreren Riemen fallen
zum Beispiel darunter, solche
mit nur einem dagegen nicht.
­Arzneimittel dürfen Privatpersonen gar nicht im außereuropäischen Bereich bestellen.
­Innerhalb Europas ist derzeit
eine Gesetzesänderung auf
dem Weg, die das Verbot
­lockern soll.
can
Bei einem Wert zwischen 22
und 150 Euro sind die Sendungen zwar zollfrei, die Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 19
beziehungsweise sieben Prozent und die Verbrauchsteuer
(bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren) sind aber zu erheben. Abgaben in einer Höhe
von weniger als fünf Euro betrachtet der Zoll als geringfügig und erhebt sie nicht.
Waren und Einfuhrumsatzsteuer für alle eingeführten
Waren. Der zu zahlende Zollbetrag ergibt sich letztlich aus
dem Zollwert der Ware und
dem entsprechenden Zollsatz.
Der Zollwert ist höher als der
Warenwert, da er auch ausländische Steuern oder Versandkosten bis an die EU-Grenze
beinhaltet. Er wird nach den
allgemeinen zollwertrechtlichen Vorschriften ermittelt.
©S
­ arensendungen mit einem
W
Gesamtwert von nicht mehr
als 22 Euro können ohne die
Erhebung von Einfuhrabgaben
eingeführt werden. Von der
Befreiung ausgeschlossen sind
alkoholische Erzeugnisse, Parfums und Tabakwaren.
dbb
<< VBB
Verteidigungsministerin
Ehrengast der 60-Jahr-Feier
Im Rahmen eines Parlamen­
tarischen Abends hat der Verband der Beamten der Bundeswehr (VBB) am 8. November
2016 in Berlin seinen 60. Geburtstag gefeiert. Als Ehrengast des Empfangs, an dem
rund 300 Vertreterinnen und
Vertreter aus Bundeswehr,
Bundeswehrverwaltung,
Bundestag und Bundesministerien sowie dem dbb und
seinen Mitgliedsgewerkschaften teilnahmen, begrüßte VBBChef Wolfram Kamm Bundesverteidigungsministerin Ursula
von der Leyen, die in ihrer
­„Geburtstagsrede“ auch um
Verständnis für die in der
Bun­deswehr laufenden
Umstrukturierungen warb.
Der VBB-Bundesvorsitzende
würdigte die „überaus erfolgreiche Verbandspolitik“ der
vergangenen sechs Jahrzehnte
und die „herausragenden Persönlichkeiten“, deren Engagement es zu verdanken sei, dass
die VBB-Vorgängerorganisationen und später der VBB sich
zur maßgeblichen Interessenvertretung für die Beamtinnen
und Beamten der Bundeswehrverwaltung entwickelt haben.
„Der Verband der Beamten der
Bundeswehr hat sich über Generationen nicht nur mit den
klassischen Verbandsthemen
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte,
der VBB sei in den 60 Jahren
seines Bestehens „immer ein
kritischer, fairer und konstruktiver Partner gewesen, der sich
gemeinsam mit dem dbb nachhaltig für die berufspolitischen,
sozialen und rechtlichen Belange seiner Mitglieder einsetzt“.
Die Streitkräfte stützten sich
bei ihrem Auftrag auf eine
starke Verwaltung als „Rückgrat“. Mit der Trendwende
„Personal“ habe das Bundesverteidigungsministerium die
Weichen neu gestellt, hob von
der Leyen hervor: „Durch eine
konsequente Einstellungsförderung setzen wir ein kraftvolles Signal, um die Bundeswehr
als attraktiven Arbeitgeber
auch für Beamtinnen und
Beamte zu positionieren.“
Der VBB ist Nachfolgeorga­
nisation des im Januar 1956 in
Bonn gegründeten „Verbandes
der Beamten der Deutschen
Wehrverwaltung (VBDW)“
und des im Juli 1956 ebenfalls
in Bonn gegründeten „Bundes
© Friedhelm Windmüller
mitgliedsgewerkschaften
42
Besoldung, Planstellen, Bewertung von Dienstposten und der
Durchlässigkeit zwischen den
Laufbahngruppen auseinandergesetzt, sondern stets auch
für den Bestand und die Weiterentwicklung der Institution
Bundeswehrverwaltung und
deren Verankerung im Grundgesetz eingesetzt und wird
dies auch in der Zukunft tun“,
betonte Wolfram Kamm.
<
< VBB-Chef Wolfram Kamm und Bundesverteidigungsministerin Ursula
von der Leyen
> dbb magazin | Dezember 2016
der Beamten der Deutschen
Bundeswehr e.V. (BBBw) im
Deutschen Beamtenbund“,
die sich im Oktober 1960
zum „Verband der Beamten
der Bundeswehr (VBB)“ ver­
einigten. << BDZ
Pläne für Pkw-Maut
unausgegoren
Für die daraus resultierende erhöhte Arbeitsbelastung bei der
Zollverwaltung und dem Kraftfahrtbundesamt stehe nicht
genügend Personal zur Verfügung, ist sich Dewes sicher. Der
Zoll habe etwa eine personelle
Unterdeckung von zehn Prozent. Angesichts des hohen bürokratischen Aufwands und der
zu geringen Einnahmen lohne
sich der Aufwand nicht. „Es ist
ein Nullsummenspiel“, so der
BDZ-Chef.
<< dbb Hessen
Lebensarbeitszeitkonto
erhalten und flexibilisieren
> Dieter Dewes,
Bundes­vorsitzender des BDZ
Der Bundesvorsitzende der
Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ), Dieter Dewes, hat vor erheblichem bürokratischen Mehraufwand
durch die geplante Pkw-Maut
gewarnt. „Das ist ein bürokratisches Monster“, sagte Dewes
am 7. November 2016. Die Pläne von Verkehrsminister Alexander Dobrindt seien unausgegoren und die Maut werde
letztlich keine zusätzlichen
Einnahmen bringen.
Dewes warnte vor dem mit
zahlreichen Verwaltungsschritten verbundenen Aufwand von
der Zahlbarmachung über die
Kontrolle und die Ahndung
möglicher Verstöße bis zur
Vollstreckung. Da Inländer bei
Maut-Zahlungen nach den derzeitigen Plänen im Gegenzug
bei der Kfz-Steuer entsprechend entlastet werden sollen,
entstünde vor allem für die dafür zuständige Zollverwaltung
eine erhebliche zusätzliche Arbeitsbelastung. Hinzu komme,
dass umweltfreundliche Autos
eventuell sogar über künftige
Maut-Zahlungen hinaus ent­
lastet werden sollen. Für die
Bezahlung müssten zudem
SEPA-Lastschriftmandate
erstellt werden.
Der dbb Hessen hat sich in Gesprächen mit Landespolitikern
für die Beibehaltung und Flexibilisierung der Lebensarbeitszeitkonten (LAK) für Landesbeamte starkgemacht. Damit
böte Hessen seinen Beamten
einen wesentlichen Attraktivitätsfaktor im Wettbewerb mit
der Privatwirtschaft, teilte der
dbb Landesbund am 24. Oktober 2016 mit.
> Heini Schmitt,
Vorsitzender des dbb Hessen
Neben der Möglichkeit, den
tatsächlichen (nicht rechtlichen) Zeitpunkt des Ruhestandseintritts ein wenig nach
vorne zu verschieben, biete ein
LAK derzeit vor allem die Gelegenheit, Beruf und Privatleben
besser zu vereinbaren. Die angesammelten Guthaben auf
dem LAK müssten daher auch
künftig jederzeit im Rahmen
des dienstlich Vertretbaren
und ohne besonderen Verwaltungsaufwand verwendet werden können. Das bisher mitunter noch sehr aufwendige
Beantragungs- und Genehmi-
dbb
gungsverfahren hingegen solle
erheblich vereinfacht werden,
forderte der dbb Hessen. Überlegungen zum Einfrieren der
Guthaben mit der Maßgabe,
sie nur in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ruhestandsversetzung zu verwenden, erteile man dagegen
eine klare Absage.
mitgliedsgewerkschaften
44
Ein weiterer wichtiger Aspekt
im Zusammenhang mit dem
LAK sei für den dbb Hessen die
Wochenarbeitszeit. Mit Einführung der 41-Stunden-Woche
zum 1. August 2017 (vorher:
42 Stunden, Anmerkung der
Redaktion) würde es wegen
der bisherigen Gutschrift der
42. Stunde nicht mehr zu einem
Anwachsen der Guthaben auf
dem LAK kommen. Das würde
mittelfristig dazu führen, dass
die Guthaben aufgebraucht und
das LAK damit ad absurdum geführt werde. Hinsichtlich der
„echten“ Wochenarbeitszeit
würde sich auch nichts ändern,
so der dbb Hessen, da aus der
bisherigen rechnerischen eine
tatsächliche 41-Stunden-Woche
werde. Um einen Vertrauensverlust zu vermeiden, solle die
Landesregierung daher die Gutschrift der 41. Stunde ab dem
1. August regeln.
<< DSTG
Dem Staat entgehen
Milliardeneinnahmen
> Thomas Eigenthaler,
Bundesvorsitzender der DSTG
Im Interview mit der „Augs­
burger Allgemeinen“ am
24. Oktober 2016 hat der Bundesvorsitzende der Deutschen
Steuer-Gewerkschaft und stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Thomas Eigenthaler dar-
> dbb magazin | Dezember 2016
auf hingewiesen, dass dem
Staat Milliarden Euro an Einnahmen entgehen. Ein Grund
dafür seien unter anderem die
bestehenden Vollzugsdefizite,
die nur mit mehr Personal beseitigt werden könnten. Von
1 000 Kleinunternehmen in
Deutschland würden jedes
Jahr im Schnitt nur 24 geprüft,
machte Eigenthaler deutlich.
Seien die Betriebsprüfer einmal im Haus gewesen, dauere
es rein rechnerisch 40 Jahre,
bis sie wiederkämen. Mit mehr
Betriebsprüfern in den Finanzämtern könnten nicht nur diese Prüfungsintervalle reduziert, sondern auch sehr viel
gezielter geprüft werden.
<< VDStra.
Aufklärung über „Infrastrukturgesellschaft Verkehr“
> Siegfried Damm,
Bundesvorsitzender des VDStra.
Die VDStra.-Fachgewerkschaft
der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten hat vom Bundesverkehrsminister eine zeitnahe
Aufklärung über die Pläne für
die „Infrastrukturgesellschaft
Verkehr“ des Bundes gefordert.
„Die Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse in
den Straßenverwaltungen und
Landesbetrieben und die Sicherheit des Arbeitsplatzes haben für uns als die Fachgewerkschaft im Straßenwesen
die oberste Priorität in den
künftigen Strukturen, wie auch
immer diese aussehen werden“, teilte die VDStra. am
21. Oktober 2016 mit.
Bund und Länder hatten sich
zuvor auf eine Grundgesetzänderung in Bezug auf die Auftragsverwaltung der Bundes-
<< kurz notiert
Der Vorsitzende des DBB NRW, Roland Staude, und weitere führende Vertreter des Landesbundes haben am 11. November 2016
bei einem Gespräch mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, Finanzminister Norbert Walter-Borjans und Staatssekretär Bernhard
Nebe wichtige Themen des öffentlichen Dienstes erörtert. Dazu
gehörten neben grundsätzlichen Themen rund um das Dienstrecht
auch die Frauenförderung, die Jubiläumszuwendung sowie die
Neueinstufungen in die Erfahrungsstufen. Außerdem auf der
Agenda: Lehrerbesoldung, Zulagen im kommunalen Bereich sowie
die kommenden Besoldungsgespräche.
autobahnen und sonstigen
Bundesstraßen des Fernverkehrs geeinigt. Demnach soll
es die genannte Infrastrukturgesellschaft des Bundes geben,
um die Investitionen ins Fernstraßennetz zu bündeln. Die
Einigung war Teil eines Gesamtpaketes zur Neuregelung
des Bund-Länder-Finanzausgleichs einschließlich des Solidarpaktes II. Die Zustimmung
zu der Infrastrukturgesellschaft erfolgte gegen einen Beschluss der Verkehrsministerkonferenz, wie die VDStra.
bemängelte. Den „Bundesländern die Kompetenzen im Rahmen der Auftragsverwaltung
zu nehmen, hätte niemals mit
einer politischen Mehrheit umgesetzt werden können, wenn
sie jetzt nicht Teil des Verhandlungspakets zu den Bund-Länder-Finanzen gewesen wäre“.
Ferner sehe die Vereinbarung
zwischen Bund und Ländern
zwar vor, dass ein Verbot der
Privatisierung von Autobahnen
und Bundesstraßen verfassungsrechtlich verankert werden solle. Diese Klausel be­d­eute jedoch nicht, dass eine
Privatisierung der Infrastrukturgesellschaft – oder Teile von
dieser – ausgeschlossen seien,
stellte die VDStra. fest. Positiv
sei hingegen, dass die Interessen der Beschäftigten hinsichtlich Status, Arbeitsplatz und
Arbeitsort berücksichtigt und
die Personalvertretungen bei
der Neustrukturierung eingebunden werden sollen.
Insgesamt stelle man fest, so
die VDStra., dass der Beschluss
zur Infrastrukturgesellschaft
„sehr unbestimmt ist und viele
Interpretationen erlaubt“. Daher wolle man auch vom Bundesverkehrsminister erfahren,
mit welchen organisatorischen
und personellen Auswirkungen
er rechne.
<< BDR
34. Rechtspflegertag
> Mario Blödtner ist der neue
Bundesvorsitzende des BDR
Der 34. Deutsche Rechtspflegertag, der vom 26. bis 28. Oktober 2016 in Trier tagte, hat
Mario Blödtner zum neuen
Bundesvorsitzenden des Bundes Deutscher Rechtspfleger
(BDR) gewählt. Der bisherige
Bundesvorsitzende Wolfgang
Lämmer wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt.
Wiedergewählt wurden die
stellvertretenden Vorsitzenden Achim Müller, Klaus
Reller­meyer, Manfred Georg
(Schatzmeister), Elke Strauss
(Schriftleiterin des Rechtspflegerblattes) und Claudia Kammermeier (Öffentlichkeitsreferentin). Neu gewählt und mit
den Aufgaben der Geschäftsführerin betraut wurde Antje
Keilhaue.
dbb
<< dbb mecklenburgvorpommern
Kritik am Koalitionsvertrag
„Aufrechterhaltung einer leistungsstarken und bürgernahen
Justiz“ wie ein Hohn vorkommen, nachdem in den letzten
Jahren als Konsequenz aus der
gegen viele Widerstände
durchgesetzten Strukturreform viele Gerichte schließen
mussten.
<< dbb rheinland-pfalz
> Dietmar Knecht,
Vorsitzender des dbb
mecklenburg-vorpommern
mitgliedsgewerkschaften
46
Der zwischen SPD und CDU
ausgehandelte Koalitionsvertrag für die nächste Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern geht nach Ansicht
des dbb Landesvorsitzenden
Dietmar Knecht in weiten Teilen an der Realität vorbei. „So
gewinnt man kein Vertrauen
und schafft kein Gefühl von
Wertschätzung“, sagte Knecht
am 25. Oktober 2016.
Kritik übte der dbb Landesvorsitzende insbesondere an der
Fortsetzung des „GießkannenPersonalkonzepts 2010“. Bei
den unzureichenden Stellenerhöhungen bei der Polizei könne
man in Kombination mit den
zu erwartenden Krankenständen davon ausgehen, dass in
Notfällen künftig bis zum Eintreffen der Polizisten mehr als
21 Minuten vergehen würden.
Auch den Justiz-Beschäftigten
müssten Formulierungen im
Koalitionsvertrag bezüglich der
Gegen Stellenabbau im
öffentlichen Dienst
> Lilli Lenz, Vorsitzende des
dbb rheinland-pfalz
Der dbb rheinland-pfalz lehnt
den von der Landesregierung
geplanten Abbau von 2 000
Stellen im öffentlichen Dienst
nachdrücklich ab. „Weniger
Schultern können immer mehr
Aufgaben und einen stetigen
Arbeitszuwachs keinesfalls tragen“, sagte die dbb Landesvorsitzende Lilli Lenz am 15. November 2016.
Der öffentliche Landesdienst
arbeite schon in zahlreichen
Bereichen an der absoluten Belastungsgrenze. Beim Personal
herrsche daher große Aufre-
<< kurz notiert
Der NBB Niedersächsische Beamtenbund und Tarifunion hat am
4. November 2016 einen Vorstoß von SPD und Grünen, die in Niedersachsen die Regierungskoalition bilden, zur Reform des Familienzuschlags für Beamte scharf kritisiert. Nach Medienberichten
sieht der von den beiden Parteien in den Haushaltsauschuss eingebrachte Entschließungsantrag vor, den Familienzuschlag für Verheiratete abzuschaffen. Bisherige Empfänger sollen allerdings Bestandsschutz bekommen. Stattdessen soll der Familienzuschlag
zukünftig nur noch an Beamte mit Kindern – unabhängig vom
Familienstatus – gezahlt werden. Einer möglichen Besserstellung
von Kindern von Alleinerziehenden oder Unverheirateten erteilte
NBB-Chef Friedhelm Schäfer eine klare Absage: Dies wäre „ein
Affront, der zudem unstreitig auch verfassungswidrig wäre“.
gung und Verunsicherung in
Bezug auf die Regierungspläne.
Bevor Beschlüsse über die abzubauenden Stellen gefasst
werden, müsse zunächst eine
gründliche Aufgabenkritik und
daraus resultierend eine objektive Analyse des Personalbedarfs erfolgen.
Stellenabbau sei insbesondere
in Zeiten des demografischen
Wandels verantwortungslos,
denn für einen angemessenen
Altersdurchschnitt des Personals müssten unbedingt Einstellungskorridore offengehalten werden. „Ansonsten sehen
wir in Zukunft schwarz für die
Qualität öffentlicher Dienstleistungen in Rheinland-Pfalz“,
sagte die dbb Landesvorsitzende.
<< BTB
Bundeszuständigkeit
für Fernstraßen bedenklich
<< kurz notiert
Der dbb berlin hat am 21. Oktober 2016 darauf hingewiesen, dass
durch die Gewährung von zinslosen Darlehen nach den Voraussetzungen der AV Rechtsschutz (Ausführungsvorschriften über
Rechtsschutzmaßnahmen in Zivil- und Strafsachen für Bedienstete des Landes Berlin) entstehende Zinsvorteile künftig ebenso wenig versteuert werden müssen wie der Verzicht auf die Rückzahlung des Darlehens selbst. Diese Darlehen werden von öffentlichen
Arbeitgebern gewährt, wenn gegen einen Beschäftigten im Zusammenhang mit einer dienstlichen Tätigkeit ein Ermittlungsverfahren eingeleitet oder Klage erhoben worden ist, um die Kosten
der Rechtsverteidigung abzudecken. Auf Anregung des dbb berlin
habe die Staatssekretärin in der Berliner Senatsverwaltung für Finanzen, Margaretha Sudhoff, dieses Anliegen auf Bund-LänderEbene vorgetragen und einen entsprechenden Beschluss erwirken
können.
> dbb magazin | Dezember 2016
> Jan-Georg Seidel,
Bundesvorsitzender des BTB
Bund und Länder haben sich
auf eine Grundgesetzänderung
in Bezug auf die Auftragsverwaltung der Bundesautobah-
nen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs geeinigt.
Demnach soll es eine Infrastrukturgesellschaft des Bundes geben, um die Investitionen ins Fernstraßennetz zu
bündeln. Die Gewerkschaft
Technik und Naturwissenschaft BTB hat diesbezüglich
am 1. November 2016 verschiedene Bedenken mitgeteilt. Es sei unklar, welchen Einfluss die Länder zukünftig noch
auf ihr Straßennetz haben und
wie ein zusammenhängendes
Bundes- und Landesstraßennetz gewährleistet werde.
Auch sei fraglich, ob der Bund
die Bundesfernstraßen damit
privatisieren könne oder über
einen Umweg die AutobahnMaut einführe.
Der BTB sieht daher die Gefahr,
dass der Straßenbau zukünftig,
insbesondere in der Fläche und
jenseits von gewinnorientierten Überlegungen, nicht mehr
angemessen koordiniert und
vorangetrieben werde. Durch
mögliche Privatisierungen
könnten zudem die Kosten
steigen.
„Aus Sicht des BTB ist die Ver­
lagerung der Zuständigkeit von
den Ländern zum Bund fachlich
falsch“, stellte die dbb Fachgewerkschaft klar. „Auf lange
Sicht werden die Autofahrer zur
Kasse gebeten, Berufstätige
und Unternehmen werden Einschnitte erleben. Mit dieser
Entscheidung ist ein Schritt in
Richtung Privatisierung und
Maut gemacht worden.“
dbb
e
r.d
/ Fo
t o lia
> dbb magazin | Dezember 2016
47
kulisse
© eyeQ / Fotolia
Pinguin statt Geißbock –
Hauptsache Maskottchen. Was
dem 1. FC Köln recht ist, darf
der norwegisch-königlichen Leibgarde billig
sein. Seit 1972 dient
ein Königspinguin
aus dem Edinburger Zoo namens
Sir Nils Oliver dem
Regiment als Wappentier. Der Pinguin nimmt nicht nur
die jährliche Ehrenparade ab, sondern
wird auch regelmäßig
befördert: 2008 wurde er
zum Ritter geschlagen, in diesem Jahr avancierte Sir Nils
­Oliver zum Brigade­general.
Ob das den Kölner Geißbock
wurmt, ist nicht ­bekannt.
Er heißt schlicht „Hennes“.
to
re eingerichtet. Als Dekoelemente dienen mechanische
Schreibmaschinen, Röhrenradios, Bleistiftspitzmaschinen
oder schwarze Wählscheibentelefone. Die Gäste nehmen
stilecht an Nierentischen Platz
und frönen ihrer Lust am Amt,
wenn denn geöffnet ist. Das ist
allerdings nur stundenweise
der Fall und teils sogar wetterabhängig. Wie im richtigen
(Behörden-)Leben nennt sich
der Gastronom „Amtsleiter“.
Wenn der Hahn kräht – auf
dem Mist, ändert sich nicht
nur das Wetter, sondern die
Ruh ist hin und der Seelen­
frieden so mancher Nachbarn
auch. In dem Brandenburger
Dörflein Zitz, das 300 Einwohner zählt, tobt seit Jahren ein
erbittert geführter (Hahnen-)
Kampf um Kräh- und Ruhezeiten der rund 150 ortsansässigen Gockel. Der Nachbar eines
Hobbyzüchters ging bereits
mehrfach vor Gericht, weil er
eine strikt einzuhaltende Krähund Ruhezeit durchsetzen
wollte. Eine solche so mir
nichts, dir nichts zu
verordnen, sahen
©s
ho
ck
sich die Richter
f
außerstande.
Jetzt soll der
Züchter
nachweisen,
dass das
Hähnekrähen ortsüblich ist, und
der Kläger
muss Protokoll
darüber führen, wie
viele Hähne, wie lange
und zu welchen Zeiten seine
Ruhe stören. Damit dürfte der
Kikeriki-Konflikt neue Nahrung, aber noch längst kein
Ende finden.
sm
ac
Sattes Grün – will liebevoll
­gepflegt sein. So erhielt eine
offenbar wild ausgesamte
Staude in einem Bielefelder
Vorgarten die besondere Zuwendung sämtlicher Haus­
bewohner. 2,60 Meter hoch
wuchs das unbekannte Gewächs, bevor die Polizei der
weiteren Pflege Einhalt gebot.
Die Mieter hatten eine gigantische Cannabispflanze vor ihrer
Haustüre mit voll ausgebildeten Blütenständen herangezüchtet. Beamte des Rauschgiftdezernates ernteten und
vernichteten das berauschende
Gewächs sehr zum Ärger der
Hausbewohner, die sich an
dem kräftigen Wachstum der
Grünpflanze immer wieder
­erfreut hatten.
Von wegen kalter Kaffee – der
mag zwar als Bürolabsal in vielen Amtstuben zum Standard
gehören, doch nicht in einem
nostalgischen Beamten-Kaffeehaus in Bremen. Dort munden Kaffee und Kuchen den
Gästen bestens, was kaum
dem Ambiente geschuldet sein
kann. Das Etablissement ist im
Stil einer Behörde der 60er-Jah-
© Iveta Angelova / Fotolia
Seid fruchtbar und mehret
euch – heißt es schon in der
Bibel. Und Italien macht damit
– zumindest in einer Werbekampagne – ernst. Ob des
drastischen Geburtenrückganges hat die Regierung nicht nur
vor Kurzem einen „Fertility
Day“ ausgerufen, sondern
gleich eine ganze Fortpflanzungskampagne gestartet. Die
Kritiker der umstrittenen Aktion können gewichtige Argumente gegen den staatlichen
Kinderappell vorbringen. Etwa
40 Prozent der jungen Italiener
sind arbeitslos und finanziell
gar nicht in der Lage, eine Familie zu gründen. Da nutzt es
wenig, wenn der umstrittenste
Slogan lautet: „Fruchtbarkeit
ist ein Gemeingut“, während
von konkreten Familienhilfen
nicht die Rede ist.
Ehre, wem Ehre gebührt –
heißt es zu Recht. Und so avanciert endlich das schlichte Gänseblümchen zur Heilpflanze
des Jahres 2017. „Bellis perennis“, die „Ewig Schöne“, so der
botanische Name, empfiehlt
sich als Zutat in jedem Kindertee und hilft bei Schwäche­
zuständen, Erkältungen,
Durchfall, Hautausschlag und
Menstruationsbeschwerden.
Literaturnobelpreisträger Bob
Dylan sollte allein aus Seelenverwandtschaft dem kleinen
weiß-gelben Blümchen eine
Ballade widmen.