Weihnachtskarte - Stiftung Liebenau

ES SEI DER FRIEDE GEBOREN
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G ESEG N E TES WEI H N ACH TSFEST
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FRI EDVO LLES N EU ES JA H R
2017
VO RSTA N D STI F T U N G LI EBEN AU
Prälat Michael H. F. Brock
Dr. Berthold Broll
Dr. Markus Nachbaur
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M ENSCH
D
ies ist mein 55. Weihnachtsfest, das ich erlebe,
und seit ich denken kann, frage ich mich, ob man
diesen Satz aussprechen darf: „Es sei der Friede geboren und Rettung und Heil.“ Ich habe noch kein Weihnachten erlebt ohne Krieg. Noch keinen Tag auf diesem
Planeten ohne Angst, Furcht, Vertreibung, Elend, Unterdrückung, Hass und Rache. Natürlich habe ich auch erlebt: Liebe, Freundschaft, Glück, Zufriedenheit. Aber ich
habe Weihnachten immer als gefährdet erlebt. Angefochten. Und all die Träume, die wir verbinden mit der
Geburt des Friedens an Weihnachten. Freiheit im Denken. Ohne die Angst von Zensur. Freiheit im Glauben
an einen Gott des Friedens und der Versöhnung. Frieden zwischen den Völkern und Nationen. Gerechtigkeit
zwischen den Kontinenten und die Achtung der Menschen untereinander. Befreiung von Knechtschaft und
Unterdrückung. Ein Ende der H
­ errschaft von Menschen
über Menschen. Mit einem Wort: Versöhnung zwischen
Himmel und Erde. All das war damals nicht in der Heiligen Nacht und all das ist umfänglich, irdisch, weltlich
im Hier und Jetzt auch nicht geworden. Und also wohl
auch nicht in dieser Nacht – Heilige Nacht.
R
ettung wurde verkündet, inmitten von Angst und
Furcht stand ein Wort der Erlösung. Und es war
ein himmlisches Wort. Ein Engel sprach es aus. Dort in
­Betlehem sei es geschehen – in diesem unbedeutenden
Flecken Erde. Ja, im Unbedeutenden wäre Rettung.
­Friede den Menschen seines Gefallens ward verkündet.
Aber geboren wurde ein Mensch. Fernab vom Himmel, auch fernab von aller Macht und weit entfernt von
Freiheit. Flucht und Sorge begleitete die Geburt. Und
es war ein Wachsen und Reifen im Unbedeutenden.
Ein Lernen und Gehorchen. Ein Zuhausesein im Alten –
auch im alten Glauben. Ich stelle mir das Wachsen und
Reifen Jesu sehr aufmerksam vor. Ein junger Mann, der
wissen will, woher er kommt, was seine Bestimmung ist,
was seine Bedeutung ist für sich selbst und für andere.
Ich sehe ihn daheim, auf den Dächern von Sepphoris,
auf den Märkten und Straßen von Kafarnaum. Denken,
fühlen, fragen. Und er hat sie erlebt, wie wir sie heute
erleben, eine Welt im Unfrieden. Eine Welt in Konkurrenz. Eine Welt in Unterdrückung. Und immer dazwischen eine Welt der Hoffnung. Eine Welt des Glaubens. Eine blinde Welt und eine, die sehen kann. Eine
taube Welt und eine, die das Hören lernt. Er suchte in
dieser Welt als erstes die Botschaft des Friedens. Und
er fand sie als erstes als Sehnsucht und Verkündigung.
Als er als junger Mann die Schriften des Jesaja las, wie
uns Menschen die Hand aufgelegt werde. Blinden das
Augenlicht, Lahmen das Gehen zugesagt und Gefangenen Freiheit. Da spürte er, dass der Frieden nicht nur
Hoffnung sein darf, nicht nur Sehnsucht und vor allem
nicht fern, verbannt in Heilige Schriften, und er sprach
das Wort, das diese Welt befreien möchte. Heute, in
diesem Augenblick soll Frieden sein. Und er wusste und
spürte, Frieden wird immer nur der Augenblick sein, der
Augenblick seiner eigenen Handlung im Denken, im Fühlen, im Tun. Und also sei Frieden als ­erstes Begegnung.
Begegnung mit den Ausgegrenzten, Begegnung mit der
verwundeten Seele. Begegnung mit den blind gewordenen Augen, den stummen Mündern, den verstopften Ohren, den Lahmgewordenen. Und er versuchte
zu berühren mit den Händen, mit den Worten, mit den
­Augen. Und ja, seine Berührungen machten Menschen
heil, weil sein Wort des Friedens erlebbar war durch
ihn als Person, weil Frieden für ihn zur Haltung wurde.
Und er spürte und machte spürbar, dass der Frieden
des Himmels auf Erden möglich ist, wo Menschen ihn
ergreifen, wo er nicht zur Parole oder zur Handels­ware
wird, sondern zur Berührung von Mensch zu Mensch.
Und also will ich das 55. Mal, da ich die Geburt des
Friedens feiere, deutlich aussprechen, was ich denke
und fühle. Der Frieden wird Verkündigung bleiben und
Vision. Denn nicht Friede wird geboren, sondern jeden
Tag neu – ein Mensch. Und da es keinen Fortschritt
im Erkennen des Lebens gibt, sondern jeder Mensch
es neu erlernen muss in seiner Zeit, in seiner Welt, in
seinem Leben, wünsche ich mir auch in dieser Nacht,
Menschen würden sich für den Frieden entscheiden. Für
die Freiheit im Denken, für die Freiheit im Glauben, für
den Frieden zwischen Völkern. Ja, auch für den Frieden
inmitten von Fremdheit. Menschen mussten sich entscheiden vor gut einem Jahr, ob wir gastfreundlich Menschen
der Fremde bei uns aufnehmen. Auch wir in der Stiftung
Liebenau haben dies getan. Heute sind es Freunde,
weil wir einander begegneten, weil wir die Fremdheit
respektierten, weil wir auch schwierige Begegnungen
zuließen und uns nicht gescheut haben, auch miteinander zu ringen. Wir wurden Freunde, weil Respekt und
Wertschätzung unsere Begegnungen getragen haben.
Und Frieden wurde es, weil wir uns dafür entschieden
haben. Und also sollte auch unsere Verkündigung heute
heißen: „Friede wurde geboren in einem fremden Land,
als ein Mensch geboren wurde“. Und folgen möchte ich
ihm, weil er in seinem Leben keinen Unterschied machte
zwischen Menschen – hoch oder niedrig, fremd oder
nah – mit welchem Glauben auch immer. Er fragte stets:
„Was brauchst Du, damit Dein Leben gelingt?“ Und das
sprachen seine Hände, seine Augen, seine Worte, seine Gesten, seine Begegnungen: „Friede auf Erden“.
Gemälde:
SCA RLE T T SCH Ä FER
Scarlett Schäfer malt seit vielen Jahren in der
Kreativwerkstatt Rosenharz.
Mit diesem Bild hat sie das Logo der Stiftung Liebenau künstlerisch neu
interpretiert und zeigt zwei Menschen in heilender Begegnung.
Text:
PR Ä L AT M I CH A EL H. F. BRO CK
Vorstand Stiftung Liebenau
Herstellung:
BO D ENSEE M ED I ENZEN TRU M TE T TN A N G –
Eine Marke der ASTOV-Gruppe
Verpackung und Versand der Karten:
M ENSCH EN M IT B EH I N D ERU N G I N D EN
LI EB EN AU ER A RB EITSWELTEN
Stiftung Liebenau
Siggenweilerstraße 11
88074 Meckenbeuren
www.stiftung-liebenau.de
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