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DER NACKTMULL – EIN WUNDER DER NATUR
Nacktmulle sind besondere Tiere. Sie sehen nicht nur ungewöhnlich aus, sondern sie haben
vor allem viele besondere Eigenschaften: Die Tiere empfinden kaum Schmerz, kommen
ohne viel Sauerstoff aus und leben länger als andere Nagetiere. Die Wissenschaft untersucht
jetzt die Nacktmulle, um die Geheimnisse dieser Fähigkeiten aufdecken zu können. Sie
hoffen, dass man mit den Erkenntnissen auch dem Mensch helfen kann.
MANUSKRIPT
SPRECHER:
Aufregung bei den Nacktmullen: Es ist Zeit zum Saubermachen. Sie sind hier nicht in
ihrer Heimat, den ostafrikanischen Halbwüsten, sondern in einem Berliner Labor. Unter
strengen Hygienebedingungen sorgt Tierpflegerin Gabriela Pflanz fürs Wohlbefinden.
GABRIELA PFLANZ (Tierpflegerin):
Sie sind sehr, sehr agil, also sehr lebhaft. Und die Haut ist so glatt. Ja, Sie sehen ja, also
man kann sie kaum festhalten, ne.
SPRECHER:
Einen Bau aus Röhrensystemen errichten Nacktmulle normalerweise unter der Erde.
GABRIELA PFLANZ:
Also, hier ist jetzt sozusagen meistens das Schlafzimmer … dann sieht man ja, da, wo das
Laufrad ist, [ist] sozusagen der Fitnessraum … dahinten das Kleine, die werden meistens als
Toilette benutzt.
SPRECHER:
Nacktmulle leben in Kolonien – ungewöhnlich für ein Säugetier! Wie bei Insekten gibt
es Arbeiter, Soldaten und eine Königin, die die Jungen bekommt. Außerdem hat sich der
Nacktmull im Laufe der Evolution an extreme Lebensbedingungen anpassen müssen.
Das führte zu besonderen Eigenschaften, für die sich die Wissenschaft brennend
interessiert. Der Molekularbiologe Gary Lewin erforscht den Nacktmull seit mehreren
Jahren.
GARY LEWIN (Molekularbiologe):
Wir wollen die molekularen Veränderungen entdecken, aufgrund derer sich das Genom
während der Evolution so entwickelt hat, dass der Nacktmull diese extremen Fähigkeiten
erlangte.
SPRECHER:
So haben die Forscher Mechanismen in den Zellen entschlüsselt, die dazu führen, dass
Nacktmulle kaum Schmerz empfinden – Erkenntnisse, die in Schmerztherapien für den
Menschen münden sollen. Jetzt sind die Wissenschaftler einer weiteren Besonderheit im
Genom des Nacktmulls auf der Spur. Er sieht nicht so aus, aber er
bleibt quasi ewig jung – und lebt für ein Nagetier außergewöhnlich
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lang.
JANE REZNICK (Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin):
Weil sie 30 Jahre alt werden können, ohne krank zu werden, wollen wir herausfinden, was
an ihrem Stoffwechsel besonders ist – denn das schützt sie vor Krankheiten wie
Diabetes, Herz- und Krebserkrankungen.
SPRECHER:
Fütterungszeit: Der Nacktmull mag Pflanzen. Außerdem trinkt er kein Wasser, das
gewinnt er aus der Nahrung – auch eine Anpassung an die Lebensbedingungen in
trockenen Regionen. In seinen unterirdischen Höhlen herrscht zudem ein hoher
Kohlendioxidgehalt. Der Nacktmull hat gelernt, mit wenig Sauerstoff
auszukommen.
GARY LEWIN:
Das ist wirklich ein interessantes Phänomen, weil es für den Menschen nützlich sein kann.
Zum Beispiel bei einem Schlaganfall, wo das Hauptproblem ist, dass das Gehirn dadurch
geschädigt wird. Und das liegt daran, dass es zu wenig Sauerstoff bekommt.
SPRECHER:
Der Nacktmull ist ein besonderes Forschungsobjekt. Da er sich nur sparsam vermehrt,
wollen die Forscher seine molekularen Geheimnisse auch auf anderem Weg entschlüsseln:
mit Nierenzellen des Nagers und modernen Methoden der Stammzellforschung.
KARLIEN DEBUS (Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin):
Wir versuchen aus den Nierenzellen Stammzellen zu machen, aus denen wiederum zum
Beispiel Hirn- oder Bauchspeicheldrüsenzellen entstehen können. Dann brauchen w ir
nicht mehr den Nacktmull selbst oder sein Gewebe, sondern können diese Zellen für
unsere Experimente nutzen.
SPRECHER:
Die Nager sollen sich hier wohlfühlen. Für die Tierpflegerin ist das nicht nur ein Job, sie hat
auch selbst etwas davon.
GABRIELA PFLANZ:
Also, wenn ich irgendwie mal Ärger habe oder ein bisschen im Stress bin … wenn ich hierher
komme und hab die Tiere gemacht, bin ich die Ruhe wieder selber.
SPRECHER:
Die Nacktmulle bergen noch einige Geheimnisse. Zielstrebig wie die Tiere selbst, arbeitet
die Wissenschaft daran, auch die zu entschlüsseln.
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GLOSSAR
Nacktmull, -e (m.) – ein kleines Tier mit langen Zähnen, das vor allem in Ostafrika unter
der Erde lebt
Wüste, -n (f.) – ein Gebiet, in dem es wenig regnet und viel Sand gibt (z. B. die Sahara)
Labor, -s (n.) – der Raum, in dem Wissenschaftler Versuche machen
Hygiene (f., nur Singular) – die Sauberkeit
Wohlbefinden (n., nur Singular) – die Tatsache, dass man sich wohl fühlt
agil – so, dass man sich viel und schnell bewegt
Röhrensystem, -e (n.) – mehrere lange, runde und hohle Gegenstände, die miteinander
verbunden sind
etwas errichten – etwas aufbauen
Kolonie, -n (f.) – hier: eine Gruppe von Tieren gleicher Art
Säugetier, -e (n.) – ein Tier, das sich am Anfang seines Lebens von der Milch der Mutter
ernährt
Insekt, -en (n.) – ein Tier mit sechs Beinen, das klein und von außen hart ist
Junge, -n (n.) – ein Tier, das gerade erst geboren wurde
Evolution, -en (f.) – die langsame Entwicklung einer Lebewesensart
extrem – so stark, dass es nicht mehr normal ist
sich an|passen – hier: so werden, wie es fürs Überleben notwendig ist
brennend – hier: sehr; besonders stark
Molekularbiologe, -n/ Molekularbiologin, -nen – Wissenschaftler der Biologie, die
sich mit den kleinsten Teilen von Lebewesen beschäftigen
molekular – so, dass etwas mit den kleinsten Teilen, aus denen Lebewesen bestehen, zu
tun hat
Genom, -e (n.) – alle Teile eines Lebewesens, die die vererbbaren Informationen tragen
Mechanismus, Mechanismen (m.) – hier: die Art oder Idee, wie
etwas funktioniert
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Zelle, -n (f.) – hier: der kleinste Teil von Menschen, Tieren und Pflanzen
etwas entschlüsseln – hier: herausfinden, wie etwas funktioniert
etwas empfinden – etwas fühlen
in etwas münden – hier: in etwas enden; bei etwas helfen
etwas auf der Spur sein – etwas untersuchen
quasi – sozusagen; gewissermaßen
Nagetier, -e (n.) – ein kleines, pflanzenfressendes Tier mit großen Zähnen
Stoffwechsel, - (m.) – die chemischen Vorgänge in einem Lebewesen
Diabetes (m., nur Singular) – die Zuckerkrankheit; eine Krankheit, bei der der Körper ein
Problem damit hat, Zucker zu verarbeiten
Krebs (m., nur Singular) – hier: eine sehr schlimme, oft lebensgefährliche Krankheit
etwas aus etwas gewinnen – hier: etwas durch etwas erhalten; etwas durch etwas
bekommen
unterirdisch – unter der Erde
Kohlendioxid (n., nur Singular) – ein Gas, das aus Kohlenstoff und Sauerstoff besteht und
das in großen Mengen klimaschädlich ist
Gehalt, -e (m.) – hier: die Menge von etwas; der Anteil
mit etwas aus|kommen – hier: von etwas leben
Sauerstoff (m., nur Singular) – der Bestandteil der Luft, den die Menschen zum Leben
benötigen
Phänomen, -e (n.) – hier: das zu untersuchende Thema; die Erscheinung
Schlaganfall, -anfälle (m.) – eine Krankheit, bei der plötzlich nicht mehr genug Blut
durchs Gehirn kommt
sich vermehren – hier: sich fortpflanzen; die Anzahl vergrößern
sparsam – hier: wenig; selten
Stammzelle, -n (f.) – die Zelle, die sich noch nicht weit entwickelt hat
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Bauchspeicheldrüse,- n (f.) – ein Organ, das sich hinter dem Magen befindet und
Nahrung verarbeitet
Gewebe, - (n.) – eine Vielzahl von Zellen eines Lebewesens, die alle dieselbe Funktion
haben
Experiment, -e (n.) – hier: der wissenschaftliche Versuch
die Ruhe selbst sein – sehr ruhig sein; nicht gestresst sein
bergen – hier: in sich haben
zielstrebig – so, dass man immer an ein bestimmtes Ziel denkt und versucht, es zu
erreichen
Autoren: Mabel Gundlach/Benjamin Wirtz
Redaktion: Raph aela Häuser
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